Gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln und Erbschaftsteuer

Stand: 28. März 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Erscheinungsform allgemein
1.1 Die Fortsetzungsklausel und die Anwachsung – gesellschaftsrechtlicher Hintergrund
1.1.1 Die gesetzliche Lösung
1.1.2 Die (notwendige) Kollision zwischen Gesellschaftsrecht und Erbrecht
1.1.3 Die vertraglichen Klauseln
2 Die erbschaftsteuerlichen Folgen
2.1 Die Steuerpflicht des Übergangs
2.2 Die Bewertung
2.3 Die Situation bei der Fortsetzungsklausel
3 Das Problem der Abfindungsvereinbarung, insbes. bei der Fortsetzungsklausel
4 Ausscheiden eines Gesellschafters zu Lebzeiten
4.1 Übertragungen von Anteilen an einer Personengesellschaft durch Anwachsung
4.2 Übertragungen von Anteilen an einer Personengesellschaft auf Rechtsnachfolger per Rechtsgeschäft
4.3 Steuerliche Auswirkungen
5 Anwendung der Steuerverschonung (§§ 13a, b, 19a ErbStG)
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel

1. Erscheinungsform allgemein

In § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG hat der Gesetzgeber den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters von Todes wegen bei gleichzeitigem Übergang der Beteiligung auf die verbleibenden Gesellschafter (bzw. auf die Gesellschaft) geregelt (sog. »Anwachsung«; nachfolgend unter »Fortsetzungsklausel« dargestellt). Diese Regelung erfolgt unterschiedslos bei Kapitalgesellschaften und nach Personengesellschaften und wirkt damit rechtsformneutral, obwohl die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen nicht vergleichbar sind. Die Regelung mit der Anwachsung greift aber nur bei Personengesellschaften.

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1.1. Die Fortsetzungsklausel und die Anwachsung – gesellschaftsrechtlicher Hintergrund

1.1.1. Die gesetzliche Lösung

Immer schon konnte die Frage der Übertragung und Vererbung von Beteiligungen an Personengesellschaften nur in Verbindung mit dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag gelöst werden. Sämtliche einzelgesetzlichen Regelungen, ob zur GbR, zur OHG, zur KG oder den sonstigen Personengesellschaften, sind in diesem Punkt dispositiv. Nur bei fehlendem Vertrag oder bei fehlender Nachfolgeklausel gelten subsidiär die gesetzlichen Regelungen.

  • Nach der seit 1.7.1998 geltenden Neufassung des HGB werden Personenhandelsgesellschaften wie die OHG beim Tode eines Gesellschafters nicht mehr ipso iure aufgelöst, sondern bleiben fortbestehen (§ 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB) und wird mit den restlichen Gesellschaftern fortgesetzt (sog. »Fortsetzungsklausel«), die Erben erhalten einen Ausgleichsanspruch und werden nicht Gesellschafter; die identische Rechtsfolge gilt auch bei Partnerschaftsgesellschaften (§ 9 PartGG).

  • Ebenso wenig berührt der Tod eines Komplementärs bei einer KG (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB) die Existenz der KG, sondern löst nur die Rechtsfolgen wie beim Ausscheiden des Gesellschafters aus (sog. »Fortsetzungsklausel«). Beim Tode des Kommanditisten (§ 177 HGB) kommt es zur Direktnachfolge mit den Erben, ohne dass die KG aufgelöst wird (sog. »Nachfolgeklausel«).

  • Anders verhält es sich nur beim Tode eines BGB-Gesellschafters (§ 727 BGB). Die GbR wird – mangels einer vertraglichen Lösung – aufgelöst.

1.1.2. Die (notwendige) Kollision zwischen Gesellschaftsrecht und Erbrecht

Allein die aufgezeigten gesetzlichen (gesellschaftsrechtlichen) Lösungen dokumentieren den Grundsatz, dass im Falle einer Kollision zwischen Erbrecht (Testament) und Gesellschaftsrecht der Grundsatz gilt, dass das Gesellschaftsrecht Vorrang vor dem Erbrecht hat. Das vom Gesellschaftsrecht zur Verfügung gestellte Arsenal an unterschiedlichen Nachfolgemöglichkeiten hat Vorrang vor der »lapidaren« Aussage des § 1922 BGB. Dies gilt erst recht bei mehreren Erben und nur einem Gesellschafter-Erben. Trotz dieser Aussage behält das Erbrecht die Hebel-Funktion. Die konkrete Nachfolgediskussion wird nur dann geführt, wenn der Anteil überhaupt vererblich gemacht wurde. Falls dies nicht der Fall ist, greifen die gesetzlichen Lösungen.

Wichtiger ist aber eine zweite Dimension des gesellschaftsrechtlichen Vorrangs. Sind mehrere Erben vorhanden und gehört zum Nachlass eine Beteiligung an einer Personengesellschaft mit einer gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel, so würde bei Geltung des § 1922 BGB die Miterbengemeinschaft unmittelbare Nachfolgerin und damit Beteiligte an der Personengesellschaft des Erblassers werden. Um der Gefahr der sodann möglichen Erbauseinandersetzung der Erbengemeinschaft als Partner der Personengesellschaft vorzubeugen, geht der Anteil des Erblassers immer im Wege der Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen unmittelbar auf die einzelnen Miterben über (Singularsukzession statt Universalsukzesssion; auch beschränkte Gesamtrechtsnachfolge genannt). Die Beteiligung fällt nicht in den noch ungeteilten Nachlass (so der BGH vom 3.7.1989, BGHZ 108, 187). Die Miterben übernehmen sofort und aufgeteilt die Gesellschafterposition des Erblassers (BGH vom 4.5.1983, NJW 1983, 2376). Dies bedeutet, dass z.B. das Kapitalkonto des Alt-Gesellschafters bei drei berufenen Miterben gesplittet wird und z.B. jeder von drei Erben in die aufgespaltene »Drittelstellung« des Erblassers bei der KG einrückt. Dies gilt unabhängig von der Eigenschaft als Komplementär oder als Kommanditist. Diese Folge setzt aber beim Komplementär eine vertragliche Vereinbarung (sog. »Nachfolgklausel«) voraus. Gleichzeitig führt der BGH in sämtlichen Entscheidungen aus, dass die Beteiligung nicht am Nachlass vorbei übertragen werden kann. Dies ist kein Paradoxon zu der obigen Aussage (Beteiligung fällt nicht in den Nachlass); damit ist nur zum Ausdruck gebracht, dass für den Fall des gesellschaftsrechtlichen Ausscheidens eines Erben, der nicht als Gesellschafter-Nachfolger berücksichtigt wird, dieser einen seiner Quote entsprechenden Ausgleichsanspruch gegen den privilegierten Gesellschafter-Erben erhält.

1.1.3. Die vertraglichen Klauseln

Losgelöst von der geltenden und differenzierenden Gesetzeslage beeinflusst jedoch das zwischenzeitlich von der Rechtsprechung des BGH entwickelte Nachfolgekonzept bei allen Beteiligungen an Personengesellschaften wesentlich stärker die Frage des Übergangs.

Hierauf aufbauend und in Anlehnung an die vertragliche Gestaltungspraxis hat sich ein Nachfolgekonzept bei Beteiligungen an Personengesellschaft entwickelt, das von folgenden Alternativen ausgeht:

  1. Bei der Auflösungsklausel wird die Personengesellschaft aufgelöst und die Erbengemeinschaft tritt an die Stelle des Alt-Gesellschafters und ist (nur in diesem Fall) Partner der zu liquidierenden Personengesellschaft (hier besteht keine Notwendigkeit für eine »Einzel-Nachfolge«. Dies entspricht dem gesetzlichen Leitbild bei der GbR (§ 727 BGB).

  2. Bei Vereinbarung der sog. »Fortsetzungsklausel« werden die Erben nicht Gesellschafter, sondern haben einen Anspruch auf das Abfindungsguthaben nach § 738 BGB, während der Gesellschafts-Anteil des Erblassers auf die verbleibenden Gesellschafter übergeht (sog. »An-/Abwachsung«). Die Personengesellschaft wird unter den Alt-Gesellschaftern fortgesetzt. Dies entspricht dem gesetzlichen Leitbild bei der OHG – vgl. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB – und der PartG).

    Hinweis: Nur diese Rechtsfolge führt zum unmittelbaren Anwendungsfall des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG!

  3. Bei der einfachen Nachfolgeklausel erhält jeder der Miterben den seiner Erbquote entsprechenden Anteil am Kapitalkonto, die Gesellschafterstellung geht somit qua Sonderrechtsnachfolge auf die einzelnen Miterben über; dies entspricht dem gesetzlichen Leitbild beim Tod eines Kommanditisten einer KG (§ 177 HGB).

  4. Bei der qualifizierten Nachfolgeklausel geht der Anteil des Alt-Gesellschafters auf einen (oder mehrere) privilegierten Miterben ungeteilt über; wegen der – verglichen mit der Erbquote – einhergehenden Privilegierung ist der Gesellschafter-Miterbe den anderen zum Ausgleich verpflichtet.

  5. Bei der Eintrittsklausel wird einem Dritten ein Optionsrecht auf Eintritt in die Personengesellschaft gewährt. Gelegentlich wird der Anwendungsbereich der Eintrittsklausel auch für den Fall reklamiert, dass ein (Mit-)Erbe nicht automatisch Nachfolger wird, sondern erst nach Ausübung des Gestaltungsrechts.

Beispiel 1:

Bestehende dreigliedrige M-KG (drei Gesellschafter L, M, und N). Keine Regelungen im Gesellschaftsvertrag zum Tod eines Gesellschafters. M verstirbt, er hat kein Testament hinterlassen und wird von seinen drei Kindern (A, B und C) als gesetzliche Erben beerbt.

  1. M ist Komplementär

  2. M ist Kommanditist

Lösung 1:

1. Die Vererbung der Komplementärbeteiligung vollzieht sich gem. § 161 Abs. 2 HGB i.V.m. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB nach den gesetzlichen Regeln der OHG. Die M-KG wird unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Die Erbengemeinschaft A, B, C hat einen Abfindungsanspruch gegen die KG.

2. Die Vererbung der Kommanditbeteiligung folgt § 177 HGB. Danach übernehmen die Erben A, B und C die Gesellschafterstellung des M und zwar im Wege der Sonderrechtsnachfolge. Jeder der Erben (und nicht etwa die Erbengemeinschaft) rückt anteilig und unmittelbar (hier: zu je 1/3) in die Rechtsstellung des M bei der M-KG ein.

2. Die erbschaftsteuerlichen Folgen

2.1. Die Steuerpflicht des Übergangs

§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG ist nur auf den Anwachsungserwerb der (des) Alt-Gesellschafter(s) anzuwenden. In den oben diskutierten Fällen kommt diese Folge nur bei der Fortsetzungsklausel oder bei der gesetzlichen Nachfolge bei einer OHG zum Tragen. Weitere Voraussetzung für einen steuerpflichtigen Erwerb ist, dass der Steuerwert des erworbenen Anteils höher ist als die Abfindungsschuld, die seitens der OHG an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlen ist und der als Auseinandersetzungsanspruch auf den (die) Erben übergeht.

Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  • Im Falle einer mehrgliedrigen (mindestens aus drei Personen) bestehenden Personengesellschaft (OHG) vollzieht sich der Übergang auf die verbleibenden Alt-Gesellschafter der bestehenden OHG.

  • Im Falle einer zweigliedrigen OHG (Personengesellschaft) wird die OHG umgewandelt in eine Einzelfirma (»Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters«) und der Ex-Gesellschafter ist nunmehr das alleinige Besteuerungssubjekt (vgl. auch R E 3.4 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStR).

  • In allen anderen Fällen vollzieht sich der Erwerb der Beteiligung bzw. des Ausscheidungsguthabens durch die Erben unmittelbar nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Bei Gesellschafternachfolge ist diese Grundnorm (1. Anwendungsfall) m.E. nur analog anzuwenden, weil eben der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge hier nicht greift (s. oben). Ansonsten – bei Geldansprüchen – kommt § 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Fall ErbStG unmittelbar zur Anwendung.

2.2. Die Bewertung

Die Bewertung des Anteils an der PersGes allgemein richtet sich nach § 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 12 Abs. 5 ErbStG (→ Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer). Für Anteile an einem Betriebsvermögen ist eine gesonderte Feststellung durchzuführen und ein sog. Betriebsvermögenswert zu ermitteln. Dabei ist gem. § 157 Abs. 5 BewG i.V.m. § 109 Abs. 2 BewG die Bewertung am gemeinen Wert auszurichten. Bei der Bewertung ist § 11 Abs. 2 BewG entsprechend anzuwenden. Die Bewertungsebene ist danach an dem erzielbaren Verkaufspreis ausgerichtet. Es soll hierdurch das Marktniveau abgebildet werden. § 11 Abs. 2 Satz 4 BewG eröffnet dabei die Bewertung in einem vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG).

Die Ermittlung des Anteilswertes erfolgt nach § 97 Abs. 1a BewG:

  • (1a) Nach Ermittlung des gemeinen Wertes für das Gesamthandsvermögen der PersGes werden die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz den Gesellschaftern vorweg zugerechnet.

  • (1b) Der verbleibende (d.h. übersteigende) gemeine Wert des Gesamthandsvermögens ist nach dem vertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter zu verteilen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.

  • (2) Die WG des Sonder-BV (Einzelbewertung mit dem gemeinen Wert) werden den jeweiligen Gesellschaftern gesondert zugerechnet; Schulden im Sonder-BV sind einzubeziehen.

  • (3) Die Werte aus (1) und (2) ergeben den gemeinen Wert des Anteils an der PersGes.

Beispiel 2:

An der A-B-C-OHG sind die Gesellschafter A, B und C zu je einem Drittel beteiligt. A hat ein Kapitalkonto von 100 T€, B und C haben ein Kapitalkonto von jeweils 70 T€. Der gemeine Wert des Gesamthandsvermögens der OHG beträgt 580 T€.

B überlässt der OHG ein – schuldenfreies – Grundstück, das mit 200 T€ in der Sonderbilanz I des B ausgewiesen ist (Grundbesitzwert § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG 300 000 €). C hat den Gesellschaftsanteil von D erworben und den Kaufpreis, soweit er das Buchkapital überschritten hat, in eine positive Ergänzungsbilanz C eingestellt, die zum Stichtag ein Mehrkapital von 80 T€ aufweist. Wie sind die Anteile von A, B und C zu bewerten?

Lösung 2:

Vorspalte

A

B

C

gemeiner Wert OHG

580 000

Kapitalkonten (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG)

./. 240 000

100 000

70 000

70 000

Restwert

340 000

je 1/3 (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG)

./. 340 000

113 333

113 333

113 334

Anteil am gemeinen Wert der OHG

213 333

183 333

183 334

So-BV (§ 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG)

300 000

Betriebsvermögenswert OHG-Anteil

213 333

483 333

183 334

Hinweis:

Ergänzungsbilanzen (C) bleiben außen vor, weil die Ergänzungsbilanzen bei der betriebswirtschaftlichen Ermittlung des Unternehmenswerts nicht berücksichtigt werden; auch gewähren sie den Gesellschaftern keine zusätzlichen Entnahmerechte.

2.3. Die Situation bei der Fortsetzungsklausel

Nachdem den Erben eine Abfindung nach § 738 BGB gegen die PersGes zusteht, fällt diese in den Nachlass und ist als Erwerb von Todes wegen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtig. Nachdem dieser Auseinandersetzungsanspruch keine betriebliche Forderung mehr darstellt, sondern privater Natur ist, zählt der Anspruch bei den Erben zum übrigen Vermögen und wird mit dem Nennwert der Kapitalforderung nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG angesetzt. Der Nennwert entspricht der tatsächlichen Höhe der gegenüber der PersGes bestehenden Forderung (Ermittlung nach Gesellschaftsrecht).

Zusätzlich fingiert § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG für die verbleibenden Altgesellschafter ebenfalls einen Erwerb von Todes wegen, soweit der ihnen zugewachsene Anteil des ausscheidenden Erblassers mehr wert ist als der Abfindungsanspruch seiner Erben. Dies gilt auch dann, wenn der Erblasser sog. »vorletzter Gesellschafter« war und aufgrund einer Übernahmeklausel der verbleibende Gesellschafter die PersGes als Einzelunternehmer fortführt. In beiden Fällen unterstellt § 3 ErbStG eine Schenkung des Erblassers auf den Todesfall zu Gunsten seiner(s) Partner(s), und zwar auch ohne subjektive Bereicherungsabsicht des Erblassers (R E 3.4 Abs. 1 ErbStR sowie BFH vom 1.7.1992, BStBl II 1992, 912). Der Erwerbstatbestand greift immer dann, wenn der Abfindungsanspruch auf den Buchwert begrenzt ist und der Steuerwert entsprechend höher ist. Darüber hinaus kann er auch bei der selten vereinbarten »Unter-Buchwert-Klausel« vorkommen, die jedoch zumindest seit der Einführung der verlängerten Maßgeblichkeit aufgrund des BiRiLiG 1993 – bereits im Vorfeld – ernsthafte Zweifel an der Stellung des Erblassers als Mitunternehmer aufkommen lässt. Den Altgesellschaftern stehen beim Anwachsungserwerb auch die Vergünstigungen des § 13a ErbStG zu (R E 13b.1 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 ErbStR sowie H E 13b.1 ErbStH).

Zum Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG hat der BFH klargestellt, dass diese Vorschrift nur positive Erwerbe besteuert. Der Ansatz eines negativen Erwerbs ist ausgeschlossen.

§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG fingiert einen Erwerb von Todes wegen, wenn bei einer Anwachsung der Anteilswert Abfindungsansprüche Dritter übersteigt. In diesen Fällen liegt ein Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall vor.

Betroffen sind insbes. die »Fortsetzungsklauseln« bei PersGes (§§ 736, 738 BGB). In diesen Fällen fällt der Gesellschaftsanteil nicht in den Nachlass, der Anteil wächst den übrigen Gesellschaftern aufgrund gesellschaftsvertraglicher Grundlage an. Den Erben steht ein Abfindungsanspruch zu, dieser gehört zum erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der Abfindungsanspruch ist als Forderung mit dem Nennwert zu bewerten.

Da die Anwachsung nicht durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfasst wird, hat der Gesetzgeber einen Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG fingiert. Dies gilt aber nur, soweit der gemeine Wert des Anteils höher ist als der Abfindungsanspruch. Im Entscheidungsfall war aber der Abfindungsanspruch der Erben höher als der gemeine Wert des KG-Anteils. Der Kläger begehrte einen negativen Erwerb in analoger Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG. Sowohl das FG als auch der BFH bestätigten die Auffassung des FA. Ein negativer Erwerb ist nicht anzusetzen. Eine erweiternde Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG ist auch nicht in den Fällen oder mit Rücksicht auf diejenigen Fälle geboten, in denen die fortsetzenden Gesellschafter zugleich Erben des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters sind. Auch in diesen Fällen entspräche es nicht der Zielsetzung der Vorschrift, einen negativen Erwerb zu berücksichtigen, der mit anderen positiven Erwerben von Todes wegen zu verrechnen wäre und zu einer Reduzierung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer der Erben führte (BFH vom 8.6.2021, II R 2/19, LEXinform 0952140).

Fazit: Bei der Fortsetzungsklausel haben die Erben den Abfindungsanspruch als (nicht nach § 13a ErbStG begünstigte) Kapitalforderung zu versteuern. Die verbleibenden Gesellschafter, denen der Anteil des Erblassers anwächst, versteuern die Differenz zwischen dem (höheren) Steuerwert und dem (niedrigeren) Abfindungsanspruch und erwerben dem Grunde nach begünstigungsfähiges Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 BewG.

3. Das Problem der Abfindungsvereinbarung, insbes. bei der Fortsetzungsklausel

Bei der Fortsetzungsklausel führt der Übergang des Gesellschaftsanteils als Schenkung auf den Todesfall zur Erbschaftsteuer, soweit der Steuerwert Abfindungsansprüche des ausscheidenden Gesellschafters bzw. dessen Erben übersteigt. Unter der Annahme, dass die Steuerwerte den Verkehrswerten entsprechen, versteuern die übrigen Gesellschafter einen Anwachsungserwerb überall dort, wo die Abfindungsansprüche unter Verkehrswertniveau liegen. Dies hängt damit zusammen, dass bei Erben, die ihren Gesellschaftsanteil an Mitgesellschafter übertragen müssen, nur der Abfindungsanspruch der Besteuerung unterliegt (§ 10 Abs. 10 ErbStG).

4. Ausscheiden eines Gesellschafters zu Lebzeiten

4.1. Übertragungen von Anteilen an einer Personengesellschaft durch Anwachsung

Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus, ohne seinen Anteil rechtsgeschäftlich auf einen Dritten zu übertragen, so wächst gem. § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB sein Anteil am Gesellschaftsvermögen der verbleibenden Gesellschafter zu. Im Gegenzug erhält der ausscheidende Gesellschafter einen Abfindungsanspruch in Höhe des Teils, den er im Zeitpunkt einer momentanen Gesellschaftsliquidation bekommen würde. (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dies gilt gleichermaßen für die GbR, die OHG (§ 105 Abs. 3 HGB i.V.m. § 738 BGB) und die KG (§ 161 Abs. 2 HGB i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB und § 738 BGB).

4.2. Übertragungen von Anteilen an einer Personengesellschaft auf Rechtsnachfolger per Rechtsgeschäft

Lange Zeit galt der Anteil einer Personengesellschaft als unveräußerliches Recht, so dass ein neuer Gesellschafter im Regelfall wohl nur über den Beitritt Zugang zu einer Gesellschaft fand.

Der Grund hierfür lag in dem besonderen Verhältnis, welches die Gesellschafter untereinander haben. Gründet man eine Personengesellschaft, so geschieht das im Regelfall nicht mit irgendwem, sondern mit bewusst gewählten Partnern. Schließlich braucht man bei solchen Unternehmungen auf Grund der persönlichen Haftungsverhältnisse in der Personengesellschaft ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern. Im dem Fall, dass ein Gesellschafter nun seinen Anteil veräußert, wäre dieses Vertrauen unter Umständen gebrochen worden, da die verbleibenden Gesellschafter keinen Einfluss darauf gehabt hätten, an wen der ausscheidende Gesellschafter seinen Anteil verkauft.

Heute hingegen gilt es als durchaus anerkannt, dass Gesellschafter durch Rechtsgeschäft seinen Anteil auf Dritte übertragen können.

Besonderheit bei der Übertragung von Anteilen ist jedoch, dass auf den Verfügungsgeschäftlichen Teil des Verkaufs nicht sachenrechtliche Vorschriften der § 854 ff. BGB Anwendung finden. Die Übertragung richtet sich in diesem Fall gem. § 413 BGB als Übertragung von Rechten nach den Vorschriften der Forderungsübertragung gem. § 398 ff. BGB.

4.3. Steuerliche Auswirkungen

Steuerlich ergeben sich für die beiden Übertragungsvorgänge unterschiedliche Folgen. Während die rechtsgeschäftliche Übertragung eher ertragssteuerlich relevant ist (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG), kann die Anwachsung Schenkungssteuer auslösen. Die Anwachsung ist grundsätzlich keine schenkungsähnliche Übertragung, da die den verbleibenden Gesellschaftern angewachsenen Anteile des zu Lebzeiten ausscheidenden Gesellschafters mit einer Abfindung vergütet werden. Übersteigt jedoch der nach § 12 ErbStG ermittelte Wert des angewachsenen Gesellschaftsanteils den Wert des Abfindungsanspruches, so begründet dies gem. § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG einen steuerlich relevanten Schenkungstatbestand.

5. Anwendung der Steuerverschonung (§§ 13a, b, 19a ErbStG)

Dem Grunde nach begünstigtes Vermögen ergibt sich aus § 13b Abs. 1 ErbStG, die Aufzählung ist abschließend und umfasst auch Anteile an einem Betriebsvermögen (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Das dort aufgeführte Vermögen wird als begünstigungsfähig bezeichnet. Bei Anteilen an PersGes ist Voraussetzung, dass der Erblasser bzw. der ausscheidende Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen war (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und die Erwerber (Erben bzw. Altgesellschafter) in die Mitunternehmerstellung eintreten. Zum begünstigungsfähigen Betriebsvermögen bei PersGes siehe auch R E 13b.5 ErbStR.

Dem Grunde nach begünstigungsfähiges Vermögen wird in folgenden Fällen übertragen:

  • Fortsetzungsklausel

    • die Altgesellschafter erben begünstigungsfähiges Vermögen, die Verschonung ist grds. anwendbar, §§ 13a ff. ErbStG,

    • die Erben erhalten lediglich eine nicht begünstigte Abfindung im übrigen Vermögen;

  • einfache Nachfolgeklausel

    • alle Erben werden entsprechend ihrer Erbquote Gesellschafter und erben daher entsprechend ihrer Erbquote begünstigungsfähiges Vermögen, §§ 13a ff. ErbStG ist grds. für alle Erben anwendbar;

  • qualifizierte Nachfolgeklausel

    • nur bei dem bzw. den qualifizierten Erben, bei der Berechnung der Verschonung ist § 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG zu beachten (sog. Begünstigungstransfer, sofern der qualifizierte Erbe nicht begünstigtes Vermögen auf die weiteren Erben überträgt),

    • für die nicht qualifizierten Erben gilt § 13a Abs. 5 ErbStG, diese erben zwar Betriebsvermögen, werden aber durch die Weitergabeverpflichtung nicht verschont.

Zur ab 1.7.2016 in Kraft getretenen Reform der §§ 13a ff. ErbStG → Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Neben der Verschonung nach §§ 13a ff. ErbStG ist – insbesondere im Rahmen der Fortsetzungsklausel – § 19a ErbStG zu beachten. Sofern die Erwerber zur Steuerklasse II oder III zählen (vgl. § 15 Abs. 1 ErbStG), wird zusätzlich ein Entlastungsbetrag gewährt. Der Entlastungsbetrag wirkt wie eine Anwendung der günstigen Steuerklasse I auf das BV (§ 19a Abs. 4 ErbStG).

6. Literaturhinweise

Götzenberger, Konsequenzen des neuen Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, BB 2009, 131; Preißer in Rödl/Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kompakt-Kommentar, 2009, §§ 13a, 13b, 810 ff; Müller in Müller/Hoffman, Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, 2009, Rn. 51 ff.

7. Verwandte Lexikonartikel

Mitunternehmerschaft

Personengesellschaften

Vertragsrecht, steuerliche Auswirkung zivilrechtlicher Gestaltungen

Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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