1 Vorbemerkungen
2 Zeitlicher Ablauf
3 Änderungen im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz
3.1 Grundsätzliche Anmerkungen
3.2 Ermittlung des begünstigten Vermögens
3.3 Verschonungsregelungen
3.3.1 Regelverschonung
3.3.2 Optionsverschonung
3.3.3 Lohnsummenregelung
3.3.4 Abschmelzung der Regel- und Optionsverschonung
3.3.5 Verschonungsbedarfsprüfung
3.3.6 Besonderer Abschlag für familiengeführte Unternehmen
3.3.7 Stundungsregelung in Todesfällen
3.4 Neuerungen im Bewertungsrecht
4 Verfassungsrechtliche Bedenken
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte in seinem Urteil vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12, BGBl I 2015, 4) die Verschonungsregelungen nach §§ 13a und 13b des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zwar grundsätzlich für notwendig gehalten. Allerdings wurde festgestellt, dass die bestehenden Verschonungsregelungen angesichts ihres Übermaßes aber gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Die festgestellten Gleichheitsverstöße umfassen wichtige Bausteine der Gesamtregelung und damit des gesamten Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts. Das BVerfG hat daher die §§ 13a und 13b in Verbindung mit der Steuertarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG und damit die Erhebung der derzeitigen Erbschaft- und Schenkungsteuer insgesamt für mit der Verfassung unvereinbar erklärt.
Der im Juli 2015 vorgelegte Gesetzentwurf zielte daher auf eine verfassungsgemäße Ausgestaltung der Verschonung betrieblichen Vermögens ab. Die Sicherung der vorhandenen Beschäftigung in den übergehenden Betrieben und die Bewahrung der ausgewogenen deutschen Unternehmenslandschaft machen es erforderlich, die Unternehmensnachfolge bei Erwerben von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden in den vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Grenzen weiterhin zu erleichtern. Die deutsche Unternehmenslandschaft, insbesondere charakterisiert durch einen breiten Mittelstand, steht für eine bestimmte Unternehmenskultur. Die Unternehmen sind teils in dünn besiedelten Regionen gewachsen, stärken dort die Wirtschaft entscheidend und wirken einer Abwanderung aus diesen Gebieten entgegen. Traditionelle Unternehmen werden vielfach seit Generationen fortgeführt und sichern über Jahrzehnte zahlreiche Arbeitsplätze. Durch ihr Engagement auch im sozialen und kulturellen Bereich sorgen sie für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt in der jeweiligen Region. Die deutschen Unternehmensstrukturen, insbesondere die mittelständischen und inhabergeführten Unternehmen, haben sich in Krisenzeiten als stabilisierend für die Beschäftigung und damit für den Wohlstand der deutschen Gesellschaft insgesamt erwiesen.
Um einen verfassungsgemäßen Zustand zu schaffen, beabsichtigte bereits der erste Entwurf des nunmehr verabschiedeten Gesetzes die vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelungen anzupassen:
die Freistellung von Kleinstbetrieben von den Lohnsummenregelungen,
korrigierte Abgrenzung des begünstigten von dem nicht begünstigten Vermögen,
die Einführung einer Verschonungsbedarfsprüfung für den Erwerb großer Betriebsvermögen sowie
die Einführung eines Abschmelzmodells für den Erwerb großer Betriebsvermögen.
Ferner wurden in der nun verabschiedeten Reform diverse weitere Änderungen vorgenommen.
Das vom Bundestag am 24.6.2016 beschlossene Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wurde nach Maßgabe des gemeinsamen Beschlusses des zwischenzeitlich einberufenen Vermittlungsausschusses vom 22.9.2016 nochmals modifiziert. Die Vermittler einigten sich hierbei letztendlich bei den bis zuletzt strittigen Kriterien zur Unternehmensbewertung (vgl. 3.6), insbesondere zum Kapitalisierungsfaktor von 13,75 für das vereinfachte Ertragswertverfahren, zum Vorwegabschlag bei Familienunternehmen (vgl. 3.4.5), zur Optionsverschonung (vgl. 3.4.2) sowie zu den Voraussetzungen für eine Steuerstundung (vgl. 3.4.6). Außerdem hatte der Vermittlungsausschuss Maßnahmen zur sog. Missbrauchsbekämpfungen vorgeschlagen. So sollte es keine Wiedereinführung der sogenannten Cash-Gesellschaften geben; Freizeit- und Luxusgegenstände wie Oldtimer, Yachten, Kunstwerke sollten grundsätzlich nicht begünstigt werden. Der Bundestag hat den Einigungsvorschlag am 29.9.2016 bestätigt. Der Bundesrat bestätigte diesen am 14.10.2016.
Die Änderungen treten grundsätzlich rückwirkend zum 1.7.2016 in Kraft. Lediglich der neue Kapitalisierungsfaktor in der Unternehmensbewertung soll bereits ab 1.1.2016 gelten, was gewisse verfassungsrechtliche Bedenken aufwirft (vgl. Tz. 4).
Obgleich es zwischenzeitlich im Gesetzgebungsverfahren anders aussah, ist im Rahmen der Änderung die bisher geltende Grundsystematik erhalten geblieben. Dies bedeutet, dass bei der Beurteilung des Betriebsvermögens zunächst das sog. begünstigte Vermögen vom unbegünstigten Vermögen getrennt werden muss. Hierbei sind nunmehr jedoch einige spezielle Änderungen zu beachten. Festzuhalten ist jedoch, dass viele Fälle von den Änderungen in der Begünstigung kaum betroffen sein werden, da die wesentlichste Änderung (Abschmelzung der Verschonung) erst ab 26 Mio. € übertragenen Vermögens einsetzt und für alle Fälle unterhalb dieser Grenze mithin die bisherigen Befreiungsvorschriften nur geringfügig verändert weiter gelten. In weiteren erfolgen dann etwaige Vergünstigen, insbesondere nach den bisher schon bekannten Regel- oder Optionsverschonungen. In der Ausgestaltung dieser haben sich jedoch nennenswerte Änderungen ergeben, ferner wurden neue Tatbestände geschaffen. An der Bewertung hat sich bis auf den Kapitalisierungsfaktor im vereinfachten Ertragswertverfahren nichts geändert.
Ein zentraler Punkt der Erbschaftsteuerreform ist die Neuregelung des begünstigten Vermögens. Hierdurch soll gewährleistet sein, dass künftig die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen nur noch auf das begünstigte Unternehmensvermögen gewährt werden. Die Ermittlung des begünstigten Vermögens erfolgt in mehreren Schritten. Wie bisher sind auch künftig Einzelunternehmen und Beteiligungen an Personengesellschaften in der EU oder des EWR unabhängig einer Beteiligungshöhe begünstigt (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), während bei Anteilen an Kapitalgesellschaften weiterhin die Mindestbeteiligung beim Schenker/Erblasser von mehr als 25 % vorliegen muss (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Bei den Personengesellschaften ist darauf hinzuweisen, dass entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf auch die gewerblich geprägte Personengesellschaft begünstigt ist, da die Neufassung des § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F. ausdrücklich nur von Gesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG spricht.
Liegt nach der grundsätzlichen Abgrenzung sog. begünstigungsfähiges Unternehmensvermögen vor, ist in einem weiteren Schritt das Unternehmensvermögen in begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen aufzuteilen (§ 13b Abs. 2 ErbStG). Das begünstigungsfähige Vermögen ist immer dann im Grundsatz begünstigt, wenn der Anteil des Verwaltungsvermögens nicht über 90 % liegt. Andernfalls scheidet eine Begünstigung bereits an dieser Stelle vollständig aus. Die Prüfung der 90 %-Grenze erfolgt gem. § 13b Abs. 2 ErbStG unter Beachtung diverser Modifikationen, u.a. der Umwidmung von Finanzmitteln in begünstigtes Vermögen, welche zur Bestreitung von Altersvorsorgeverpflichtungen notwendig sind. Besteht betriebliches Vermögen oder das Vermögen einer Gesellschaft zu mindestens 90 % aus Verwaltungsvermögen wird – ausweislich der Gesetzesbegründung – davon ausgegangen, dass das gesamte betriebliche Vermögen nicht schutzwürdig ist. Hierbei erfolgt eine Betrachtung des Bruttoverwaltungsvermögens (Details vgl. Erbschaftsteuerreform 1. Juli 2016: Begünstigtes Unternehmensvermögen §§ 13a/13b ErbStG (Schnellberechnung), LEXinform-Dokument 0382986).
Beispiel 1:
Gemeiner Wert des Betriebsvermögens des Betriebs |
1 000 000 € |
Finanzmittel |
|
Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen des Betriebs (Finanzmittel): |
250 000 € |
= Finanzmittel nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG (Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen usw.) |
250 000 € |
Übriges Verwaltungsvermögen |
|
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten |
50 000 € |
+ Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt |
125 000 € |
+ Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine u.a. sowie typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände |
25 000 € |
+ Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen |
25 000 € |
= Übriges Verwaltungsvermögen des Betriebs nach § 13b Abs. 4 Nr. 1–4 ErbStG |
225 000 € |
Schulden |
|
Schulden des Betriebs |
75 000 € |
Abzug von Altersvorsorgedeckungsvermögen vom Verwaltungsvermögen/von den Finanzmitteln nach § 13b Abs. 3 ErbStG |
0 € |
Prüfung der 90 %-Grenze nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG |
|
Vollständiger Begünstigungsausschluss, wenn das Bruttoverwaltungsvermögen mindestens 90 % des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt |
|
Finanzmittel nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG (Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen usw.): |
250 000 € |
+ Übriges Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 Nr. 1–4 ErbStG |
225 000 € |
= Bruttoverwaltungsvermögen |
475 000 € |
/ Gemeiner Wert des Betriebsvermögens des Betriebs |
1 000 000 € |
= Anteil Bruttoverwaltungsvermögen am begünstigungsfähigen Vermögen des Betriebs (Bruttoverwaltungsvermögensquote) |
47,50 % |
Der Anteil des Bruttoverwaltungsvermögens beträgt weniger als 90 % des begünstigungsfähigen Vermögens des Betriebs. Das begünstigungsfähige Vermögen ist nach § 13b Abs. 2 ErbStG begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 7 ErbStG gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 6 ErbStG übersteigt.
Mit der Ausnahme bzw. Nichtbegünstigung solcher Gesellschaften sollen Gestaltungsmöglichkeiten ausgeräumt werden, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) verfassungswidrig sein könnten.
Vom grundsätzlich nach den obigen Kriterien festgestellten begünstigungsfähigen Vermögen ist jedoch wiederum nur das sog. begünstigte Vermögen begünstigt. Insofern ist eine Trennung vom nicht begünstigen Verwaltungsvermögen nötig. Das begünstigungsfähige Vermögen ist gem. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG nur insoweit begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen i.S.v. Abs. 7 gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens i.S.v. Abs. 6 übersteigt.
Während die Entwurfsfassung davon ausging, dass zum begünstigten Vermögen alle Teile des begünstigungsfähigen Vermögens eines Betriebs gehören, die im Übertragungszeitpunkt jeweils überwiegend einer originären gewerblichen oder freiberuflichen als Hauptzweck dienen, wird in dem nunmehr verabschiedeten Gesetz wiederum das sog. Verwaltungsvermögen i.w.S. als nicht begünstigt angesehen. Eine Betrachtung, ob diese dem Hauptzweck dienen, findet mithin nicht statt.
Eine wichtige Änderung der Erbschaftsteuerreform besteht darin, dass nach dem bisherigen Recht grundsätzlich begünstigtes Vermögen von einer Begünstigung ausgeschlossen war, wenn das sog. schädliche Verwaltungsvermögen mehr als 50 % des Gesamtvermögens ausmachte. Diese pauschale 50 %-Grenze ist mit der Novellierung abgeschafft. Stattdessen wird nun der Teil des Betriebsvermögens nicht mehr begünstigt, der auf das sog. Verwaltungsvermögen entfällt, welches jedoch nach § 13b Abs. 2 ff. ErbStG diversen Anpassungen unterworfen wird.
Entsprechend der Regelung in § 13b Abs. 3 ErbStG werden Altersversorgungsverpflichtungen und zur Erfüllung dieser angeschaffte Vermögensgegenstände entsprechend ihres vorgegebenen Verwendungszwecks aus dem Verwaltungsvermögenskatalog ausgenommen. Die Regelung lehnt sich an § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB an. Damit sollen insbesondere CTA-Strukturen (Contractual Trust Arrangement) von der eine Qualifizierung als Verwaltungsvermögen folgenden Besteuerung ausgenommen werden. Bei den CTA-Strukturen handelt es sich um Modelle der betrieblichen Altersvorsorge, bei dem das Unternehmen die Pensionszahlungen und Pensionsforderungen aus der eigenen Bilanz wirtschaftlich ausgliedern, indem es diese auf eine Treuhandgesellschaft überträgt. Das für die Altersversorgungsverpflichtungen vorgesehene Vermögen ist dem Zugriff des Erwerbers und anderer Gläubiger entzogen. Es ist daher gerechtfertigt dieses Vermögen aus der Besteuerung vollständig auszunehmen.
Das nach Anwendung des § 13b Abs. 3 ErbStG aus dem begünstigten Vermögen auszuscheidende Verwaltungsvermögen entspricht nach der Definition in § 13b Abs. 4 ErbStG nahezu dem bisher geltenden Recht.
Als sog. schädliches Verwaltungsvermögen werden grundsätzlich insbesondere angesehen:
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten,
Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung im Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt,
Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist,
Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes dienen.
Der Katalog des Verwaltungsvermögens wurde in einigen Bereichen jedoch angepasst und u. a. eine weitere Rückausnahme bei der Überlassung von Grundstücken an Dritte aufgenommen. Dies lässt sich stark vereinfacht wie folgt skizzieren:
Hinzuweisen ist an dieser Stelle insbesondere auf vier wesentliche Änderungen zum bisherigen Recht:
Der bisherige § 13b Abs. 2 Nr. 3 ErbStG a.F., welcher im Betriebsvermögen vorhandene Beteiligungen mit einem Verwaltungsvermögen von mehr als 50 % ausgeschlossen hat, ist systembedingt abgeschafft worden. Die bisher hiervon erfassten Beteiligungen werden in die konsolidierte Nettobetrachtung nach Abs. 9 einbezogen.
In Buchst. e wurde eine neue Rückausnahme für die Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritten eingeführt. Sind diese Grundstücke zu dem Zweck überlassen worden, damit eigene Erzeugnisse des erworbenen Betriebs im Rahmen von Lieferverträgen (so die endgültige Formulierung nach den Beratungen des Vermittlungsausschusses) dort abgesetzt werden, stellt die Überlassung kein typisches Vermögensverwaltung dar. Ein Beispiel hierfür sind Brauereigaststätten, die an Dritte bei gleichzeitigem Abschluss eines Bierlieferungsvertrags verpachtet werden und in denen vorrangig das von der Brauerei hergestellte Bier ausgeschenkt wird.
Die bisherige Rückausnahme in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 3 ErbStG für Cash-Pooling-Gesellschaften von verbundenen Unternehmen kann wegen der konsolidierten Ermittlung des Verwaltungsvermögens entfallen.
Im Rahmen der Vermittlungsverfahrens erfolgte zudem eine Ergänzung in § 13b Abs. 4 Nr. 3 ErbStG dahingehend, dass Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten und Segelflugzeuge, mithin Wirtschaftsgüter, die überwiegend privat genutzt werden, als nicht begünstigt gelten, soweit nicht mit diesen gehandelt wird, diese hergestellt oder verarbeitet werden oder diese entgeltlich zur Nutzung überlassen werden.
Zum Verwaltungsvermögen gehört auch u. a. der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (Finanzmittel), soweit er 15 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt (vgl. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG). Nach Auffassung der Finanzverwaltung in R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR zählen zu den Finanzmitteln auch aktivierte Anzahlungen (z.B. für Warenlieferungen). Der BFH hat jedoch entschieden, dass geleistete Anzahlungen keine Finanzmittel i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG darstellen (BFH vom 1.2.2023, II R 36/20, LEXinform 0953316).
Beispiel 2:
Der gemeine Wert des Gesamthandsvermögens der A und B OHG beträgt 10 000 000 €. Zum Gesamthandsvermögen gehört ein Dritten zur Nutzung überlassenes Grundstück (Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG) im Wert von 4 000 000 €. Die Finanzmittel betragen 6 000 000 € und die abzugsfähigen Schulden 2 000 000 €.
Zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters A gehören Finanzmittel im Wert von 1 000 000 € und eine abzugsfähige Schuld im Wert von 1 500 000 €.
A ist in Höhe von 50 % an der Gesellschaft beteiligt. Die Gewinn- und Verlustverteilung beträgt je 50 %. Der gemeine Wert der Beteiligung des A (§ 97 Abs. 1a BewG) beträgt 5 300 000 €. A überträgt seine gesamte Beteiligung auf Sohn M.
Finanzmittel im Gesamthandsvermögen |
6.000.000 € |
|
abzugsfähige Schulden im GHV |
./. 2.000.000 € |
|
verbleiben |
4 000 000 € |
|
Anteil des A (1/2, Verhältnis gem. § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG) |
2.000.000 € |
|
Finanzmittel im SBV des A |
1.000.000 € |
|
abzugsfähige Schulden im SBV des A |
./. 1.500.000 € |
|
verbleiben |
./. 500 000 € |
./. 500 000 € |
verbleiben insgesamt |
1 500 000 € |
|
Freibetrag = 15 % von 5 300 000 € (vgl. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) |
./. 795 000 € |
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übersteigender Betrag |
705 000 € |
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Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 ErbStG) |
705 000 € |
|
anderes Verwaltungsvermögen |
4 000 000 € |
|
Anteil des A (1/2, Verhältnis gem. § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG) |
./. 2 000 000 € |
|
verbleiben |
2 000 000 € |
2 000 000 € |
Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 ErbStG |
2 705 000 € |
|
Nettowert Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 6 ErbStG) |
2 705 000 € |
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Gemeiner Wert begünstigungsfähiges Vermögen (§ 13b Abs. 1 ErbStG) |
5 300 000 € |
|
Nettowert Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 6 ErbStG) |
./. 2 705 000 € |
|
Vorläufiger gemeiner Wert begünstigtes Vermögen |
2 595 000 € |
|
Nettowert Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 1 ErbStG) |
2 705 000 € |
|
Kürzung um unschädliches Verwaltungsvermögen = 10 % von 259 500 € |
./. 259 500 € |
|
Schädliches Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 ErbStG) |
2 445 500 € |
|
Vorläufiger gemeiner Wert begünstigtes Vermögen |
2.595.000 € |
|
+ unschädliches Verwaltungsvermögen |
+ 259.500 € |
|
Gemeiner Wert begünstigtes Vermögen |
2.854500 € |
Beachte:
Im Unterschied zur alten Rechtslage ist bei der Aufteilung des Verwaltungsvermögens auf die Gesellschafter nicht mehr auf das Beteiligungsverhältnis abzustellen. Für die Aufteilung des Verwaltungsvermögen ist nach den neuen ErbStR das Verhältnis des Anteils des Gesellschafters i.S.d. § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG zum gemeinen Wert des Gesamthandsvermögens maßgebend, vgl. R E 13b.12 Abs. 4 Satz 2 ErbStR und R E 13b.23 Abs. 9 ErbStR.
Im Vermittlungsverfahren wurde hierbei folgende Klarstellung aufgenommen: »Voraussetzung für die Anwendung des Prozentsatzes von 15 % des Satz 1 ist, dass das nach Abs. 1 begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck einer Tätigkeit im Sinne des § 13 Abs. 1 EStG, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG dient. Die Voraussetzungen des Satz 4 sind auch erfüllt, wenn die Tätigkeit durch Gesellschaften im Sinne des § 13 Abs. 7 EStG, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder des § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG ausgeübt wird.«
Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind immer schädliches Verwaltungsvermögen.
Bei mehrstöckigen Gesellschaften konnten durch Kaskadeneffekte mittels Verwaltungsvermögen Gestaltungen vorgenommen werden, die zu ungerechtfertigten Steuerbefreiungen führten, aber von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht nach § 42 AO beurteilt wurden. Soweit ein Betrieb oder eine Gesellschaft Beteiligungen an Personengesellschaften oder unter Beachtung der Mindestbeteiligung Anteile an Kapitalgesellschaften hält, erfolgt nunmehr nach § 13b Abs. 9 ErbStG eine konsolidierte Betrachtung im Wege einer Verbundvermögensaufstellung. Damit wird sichergestellt, dass das zielgenau und folgerichtig abgegrenzte Vermögen in zutreffender Höhe beim Erwerber erfasst wird. Gehören zu dem zu betrachtenden Vermögen mithin unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften, sind anstelle der Beteiligungen oder Anteile die gemeinen Werte der diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht (vgl. § 13b Abs. 9 ErbStG). Diese Zusammenrechnung wird als sog. Verbundaufstellung bezeichnet. Soweit sich in der Verbundvermögensaufstellung Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften untereinander oder im Verhältnis zu dem übertragenen Betrieb oder der übertragenen Gesellschaft gegenüberstehen, sind diese nicht anzusetzen.
Hinweis:
Soweit zwischen Gläubiger- und Schuldnerunternehmen Beteiligungsidentität besteht, findet laut Gesetzesbegründung eine Konsolidierung im Wege des Nichtansatzes von Forderung und Verbindlichkeit statt. Auch wenn die Forderung auf einen geringeren Wert abgeschrieben sein sollte, die zugehörige Verbindlichkeit aber gleichwohl mit dem vollen Wert anzusetzen ist, kann der rechnerische Überhang der Verbindlichkeit nicht anderweitig verrechnet werden. Der Nichtansatz von Forderung und Verbindlichkeit sichert also eine als unberechtigt angesehene rechnerische Wertminderung.
Beispiel 3:
Die A-GmbH hält 100 % der Anteile an der B-GmbH (gemeiner Wert = 10 Mio. € und gemeiner Wert Verwaltungsvermögen gem. 13b Abs. 7 ErbStG = 5 Mio. €) und 100 % der Anteile an der C-GmbH (gemeiner Wert ohne D-GmbH = 3 Mio. € und gemeiner Wert Verwaltungsvermögen ohne D-GmbH gem. 13b Abs. 7 ErbStG = 2 Mio. €). Zum Vermögen der C-GmbH gehört unter anderem eine Beteiligung von 100 % an der D-GmbH (gemeiner Wert 7 Mio. € und gemeiner Wert Verwaltungsvermögen gem. § 13b Abs. 7 ErbStG = 7 Mio. €). Schulden i.S.d. § 13b Abs. 8 ErbStG sind nicht vorhanden.
Aus der Beteiligung der A-GmbH an der B-GmbH ergibt sich ein gemeiner Wert von 10 Mio. € und nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen von 5 Mio. € und aus der Beteiligung der A-GmbH an der C-GmbH ein gemeiner Wert von 10 Mio. € und nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen von 9 Mio. €, in dem der gemeine Wert der D-GmbH von 7 Mio. € und das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen der D-GmbH von 7 Mio. € enthalten ist.
Der gemeine Wert der A-GmbH beträgt 20 Mio. € und besteht gem. § 13b Abs. 9 ErbStG i.H.v. 14 Mio. € aus nicht begünstigtem Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 7 ErbStG.
In Abs. 5 wird eine Investitionsklausel für das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen bei Erwerben von Todes wegen eingeführt, um Härtefälle im Zusammenhang mit der Stichtagsbesteuerung abzumildern. Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Vermögensgegenständen zum Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 5 ErbStG rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG), wenn der Erwerber innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) diese Vermögensgegenstände in Vermögensgegenstände innerhalb des vom Erblasser erworbenen, begünstigungsfähigen Vermögens i.S.d. Abs. 1 investiert hat, die unmittelbar einer Tätigkeit i.S.v. § 13 Abs. 1 EStG, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG oder § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG dienen und kein Verwaltungsvermögen darstellen. Voraussetzung für die Anwendung dieser Umwidmungsklausel ist, dass die Investition auf Grund eines bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) vorgefassten Plans des Erblassers erfolgt und keine anderweitige Ersatzbeschaffung von Verwaltungsvermögen vorgenommen wird oder wurde.
Soweit die zum Betrieb gehörenden Schulden nicht bereits mit den zur Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen dienenden Vermögensgegenständen verrechnet wurden (§ 13b Abs. 3 ErbStG) oder bei der Ermittlung der begünstigten Finanzmittel (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) berücksichtigt worden sind, sieht Abs. 6 einen anteiligen Schuldenabzug vor. Hierbei sind die verbleibenden Schulden anteilig vom gemeinen Wert des nicht begünstigten Vermögens abzuziehen (Nettowert des Verwaltungsvermögens). Für Zwecke der anteiligen Schuldenermittlung ist ein Zuordnungsschlüssel maßgebend, der sich aus einer Berechnung auf Grundlage des gemeinen Werts des erworbenen betrieblichen Vermögens ergibt.
Da ein Betrieb zur Gewährleistung seiner unternehmerischen Unabhängigkeit und seines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs einen gewissen Umfang an Vermögen benötigt, wird nach Abs. 7 typisierend und pauschalierend ein Teil des Nettowerts des Verwaltungsvermögens wie begünstigtes Vermögen behandelt und auch verschont (unschädliches Verwaltungsvermögen). Die Wertgrenze wurde nunmehr auf 10 % des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Werts des Betriebsvermögens festgelegt. Diese Wertgrenze (10 %-Quote) hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) nicht beanstandet.
Beispiel 4:
Gemeiner Wert begünstigungsfähiges Vermögen (§ 13b Abs. 1 ErbStG) |
10.000.000 € |
Nettowert Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 6 ErbStG) |
./. 3.000.000 € |
Vorläufiger gemeiner Wert begünstigtes Vermögen |
7.000.000 € |
Nettowert Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 6 ErbStG) |
3000 000 € |
Kürzung um unschädliches Verwaltungsvermögen = 10 % von 7.000.000 € |
./. 700 000 € |
Schädliches Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 ErbStG) |
2 300 000 € |
Vorläufiger gemeiner Wert begünstigtes Vermögen |
7 000 000 € |
+ unschädliches Verwaltungsvermögen |
+ 700 000 € |
Gemeiner Wert begünstigtes Vermögen |
7 700 000 € |
Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind somit gem. Abs. 9 immer schädliches Verwaltungsvermögen.
Entsprechend dem geltenden Recht beträgt die grundsätzliche Regelverschonung weiterhin 85 % (Verschonungsabschlag) und erlaubt zusätzlich über § 13a Abs. 10 ErbStG einen Abzugsbetrag von 150 000 €. Voraussetzung ist wie bisher, dass die Lohnsummenregelung (in der nunmehr modifizierten Form, vgl. 3.3.3) eingehalten wird und die Höchstgrenzen nicht überschritten werden. Bei Überschreitung der Höchstgrenze von 26 Mio. € kommt die Abschmelzung der Verschonung zur Anwendung (vgl. 3.3.4). Außerdem ist zu beachten, dass für bestimmte Familienunternehmen vor der Anwendung des Abschlages nach § 13a Abs. 1 ErbStG ein weiterer »Wertminderungsabschlag« gewährt wird, welcher in § 13a Abs. 9 ErbStG geregelt ist (vgl. 3.3.6).
Entsprechend dem geltenden Recht beträgt die Optionsverschonung des Abs. 10 weiterhin 100 % (Verschonungsabschlag). Voraussetzung ist wie bisher, dass die Lohnsummenregelung (in der nunmehr modifizierten Form, vgl. 3.3.3) eingehalten wird und die Höchstgrenzen nicht überschritten werden. Bei Überschreitung der Höchstgrenze von 26 Mio. € kommt die Abschmelzung der Verschonung zur Anwendung (vgl. 3.3.4). Neu ist auch, dass die Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung ferner ist, dass das begünstigungsfähige Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 3 und 4 ErbStG besteht. Sollte diese Grenze überschritten werden, scheidet eine Optionsverschonung vollständig aus.
Die Steuerbefreiungen des Betriebsvermögens werden u.a. nur dann vollumfänglich gewährt, wenn die sog. Mindestlohnsumme innerhalb der Behaltensfrist erreicht wird. Die Anzahl der Arbeitnehmer, bei der Betriebe von der Einhaltung der Lohnsummenregelung ausgenommen werden, wird durch das geplante Gesetz auf fünf abgesenkt. Weiterhin findet die Lohnsummenregelung keine Anwendung, wenn die Ausgangslohnsumme 0 € beträgt.
Bei Betrieben mit 6 bis 10 Arbeitnehmern soll dem besonderen Bedürfnis für eine Flexibilisierung der Lohnsummenregelung Rechnung getragen werden. Dazu wird die Mindestlohnsumme bei einer Lohnsummenfrist von 5 Jahren auf 250 % (anstelle der regulären 400 %) bzw. bei einer Lohnsummenfrist von 7 Jahren auf 500 % (anstelle der regulären 700 %, vgl. § 13a Abs. 3 ErbStG) herabgesenkt. Im Gesetz ist zudem eine weitere Erleichterung für Betriebe mit 11 bis 15 Arbeitnehmern geregelt. Diese müssen innerhalb von 5 Jahren eine Mindestlohnsumme von 300 % und bei der für die Optionsverschonung maßgeblichen Frist von 7 Jahren von 565 % einhalten. Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Langzeiterkrankte und Auszubildende werden nicht mitgerechnet.
Missbräuchlichen Gestaltungen soll durch Zusammenrechnung der Beschäftigtenzahl und der Lohnsummen entgegengewirkt werden. § 13a Abs. 3 ErbStG regelt daher, dass zum Betriebsvermögen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, unmittelbar oder mittelbar gehörende Beteiligungen an Personengesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, in die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten dieser Gesellschaften des Anteils einzubeziehen sind, zu dem die unmittelbare und mittelbare Beteiligung besteht. Dies gilt für Anteile an Kapitalgesellschaften entsprechend, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung mehr als 25 % beträgt. Im Fall einer Betriebsaufspaltung sind die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft zusammenzuzählen.
Nach den aktuell geltenden Regelungen gelten die Verschonungsregeln auch bei der Übertragung von großen Betriebsvermögen, ohne dass geprüft wird, ob es überhaupt einer Verschonung bedarf. Dies sieht das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig an.
Insofern wurde in § 13c ErbStG eine spezielle wertmäßige Begrenzung eingeführt. Sollte der Erwerb begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG zuzüglich der Erwerbe von begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG von derselben Person innerhalb von 10 Jahren insgesamt 26 Mio. € nicht übersteigen, werden die Abschläge ungeschmälert gewährt. Wird die Grenze von 26 Mio. € durch einen oder mehrere innerhalb von 10 Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe überschritten, entfällt die Steuerbefreiung jedoch anteilig. Die im Gesetz genannte Formulierung »auf Antrag« kann nur so verstanden werden, dass ohne Antrag bei Überschreitung ein vollständiger Wegfall der Begünstigung eintritt, was in Zusammenhang mit der gesetzlichen Formulierung in § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch denklogisch erscheint.
Überschreiten die Erwerbe von begünstigtem Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG die Grenze des § 13a Abs. 1 Satz 1 von 26 Mio. €, verringert sich auf Antrag des Erwerbers der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 oder Abs. 10 ErbStG um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750 000 €, die der Wert des begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG den Betrag von 26 Mio. € übersteigt. Im Fall des § 13a Abs. 10 ErbStG wird ab einem Erwerb von begünstigtem Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG i.H.v. 90 Mio. € ein Verschonungsabschlag nicht mehr gewährt (vgl. § 13c Abs. 1 Satz 2 ErbStG).
Hinweis:
Im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2015 ist zu beachten, dass sich die bisherigen Regelungen des § 13c ErbStG zur Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke nunmehr in § 13d ErbStG befinden.
Beispiel 5:
Das begünstigte Vermögen hat einen Wert von 50 Mio. €:
50 Mio. € ./. 26 Mio. € = 24 Mio. € : 750 000 € = 32.
Bei einem Verschonungsabschlag von 85 % reduziert sich demnach der Abschlag auf 53 % (85 % ./. 32 %) und bei einem Verschonungsabschlag von 100 % auf 68 % (100 % ./. 32 %).
Beispiel 6:
Das begünstigte Vermögen hat einen Wert von 90 Mio. €:
90 Mio. € ./. 26 Mio. € = 64 Mio. € : 750 000 € = 85.
Bei einem Verschonungsabschlag von 85 % reduziert sich demnach der Abschlag schon rechnerisch auf 0 % und bei einem Verschonungsabschlag von ursprünglich 100 % erfolgt die Minderung auf 0 % gem. § 13c Abs. 1 Satz 2 ErbStG.
Beim Erwerb großer Unternehmensvermögen mit einem begünstigen Vermögen von über 26 Mio. € wurde eine neue Verschonungsbedarfsprüfung eingeführt. Diese Prüfung ist ausschließlich für diese großen Erwerbe vorgesehen. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung (vgl. § 28a ErbStG) muss der Erwerber nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuerschuld aus sonstigem nichtbetrieblichem bereits vorhandenen oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen nicht begünstigtem Vermögen zu begleichen. Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen.
Die Verschonungsbedarfsprüfung wird auf Antrag des Steuerpflichtigen wie folgt durchgeführt:
Hat der Erwerber genügend übrige Mittel zur Verfügung, um die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuerlast zu tragen, scheidet eine Verschonung aus.
Soweit 50 % des mitübertragenen und des bereits vorhandenen nicht begünstigten Nettovermögens des Erwerbers nicht zur vollen Entrichtung der Steuer ausreicht, besteht ein Bedarf für eine Verschonung. Die Steuer wird in entsprechendem Umfang unter der Bedingung erlassen, dass der Erwerber die Lohnsummen- und die Behaltensregelungen einhält. Dies ist eine auflösende Bedingung für den Erlass der Steuer (vgl. § 28 Abs. 4 Nr. 1 und 2 ErbStG).
Die Unternehmensführung bei familiengeführten Unternehmen ist typischerweise auf die langfristige Sicherung und Fortführung des Unternehmens ausgerichtet. Aus diesem Grund wird bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale vor Anwendung der Regelverschonung ein weiterer Abschlag für diese Unternehmen gewährt.
Gewährt wird ein solcher Abschlag, wenn durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung folgende wertbeeinflussende Bestimmungen vorliegen:
die Entnahme oder Ausschüttung muss auf höchstens 37,5 % des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränkt sein; Entnahmen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen bleiben mithin von der Beschränkung der Entnahme oder Ausschüttung unberücksichtigt, und
die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft muss auf Mitgesellschafter, auf Angehörige i.S.d. § 15 AO oder auf eine Familienstiftung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) beschränkt sein, und
für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft muss eine Abfindung vorsehen sein, die erheblich unter dem tatsächlichen gemeinen Wert der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt.
Diese genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Die Höhe des dann gewährten Abschlags entspricht der im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung vorgesehenen prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert und darf 30 % nicht übersteigen.
Ferner ist zu beachten, dass die aufgeführten Bedingungen zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) vorliegen müssen. Die Steuerbefreiung entfällt darüber hinaus mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht über einen Zeitraum von 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) eingehalten werden; die §§ 13c und 28a ErbStG bleiben unberührt.
In § 28 Abs. 1 ErbStG ist im nunmehr verabschiedeten Gesetz geregelt, dass beim Erwerb von Todes wegen von begünstigten Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG, dem Erwerber die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu sieben Jahre zu stunden ist. Der erste Jahresbetrag ist ein Jahr nach der Festsetzung der Steuer fällig und bis dahin zinslos zu stunden. Für die weiteren zu entrichtenden Jahresbeträge sind die §§ 234 und 238 AO ab dem zweiten Jahr nach der Festsetzung der Steuer anzuwenden. § 222 AO bleibt unberührt, d.h. es erfolgt eine Verzinsung. Die Stundung endet, sobald der Erwerber, ausgehend vom Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG), den Tatbestand nach § 13a Abs. 3 ErbStG nicht einhält oder einen der Tatbestände nach § 13a Abs. 6 ErbStG erfüllt. Mit einem Verstoß gegen die Lohnsummen- oder die Behaltensregelung endet die Stundung und die Steuer wird sofort fällig. Hierbei gelten folgende Lohnsummen- und Behaltensfristen:
der Erwerber nimmt keine Verschonung in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von fünf Jahren wie bei der Regelverschonung;
der Erwerber nimmt die Regelverschonung in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von fünf Jahren;
der Erwerber nimmt die Abschmelzregelung nach § 13c ErbStG ausgehend von einem Verschonungsabschlag von 85 % in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von fünf Jahren;
der Erwerber nimmt die Abschmelzregelung nach § 13c ErbStG ausgehend von einem Verschonungsabschlag von 100 % in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von sieben Jahren;
der Erwerber nimmt die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von sieben Jahren.
Hat der Erwerber die Lohnsummenregelung nicht eingehalten oder gegen die Behaltensregelung verstoßen, kann für die dafür zu entrichtende Nachsteuer die Stundung nach § 28 Abs. 2 nicht in Anspruch genommen werden.
In Niedrigzinsphasen kann die bisherige Anknüpfung an den Basiszinssatz zu Überbewertungen bei der Wertermittlung nicht börsennotierter Kapitalgesellschaften und von Betriebsvermögen kommen. Das vereinfachte Ertragswertverfahren verrentet den nach § 202 BewG korrigierten Jahresgewinn in die Ewigkeit anhand der derzeit erzielbaren Rendite einer risikoarmen Kapitalmarktanlage (Basiszinssatz) zuzüglich eines Zuschlags i.H.v. 4,5 %. Der Unternehmenswert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ist folglich derjenige Betrag, der im Bewertungszeitpunkt verzinslich angelegt werden müsste, um dauerhaft den bereinigten Jahresgewinn des Unternehmens aus der Anlage zu beziehen. Je niedriger die langfristig erzielbare Rendite öffentlicher Anleihen ist, desto mehr Geld müsste im Bewertungszeitpunkt angelegt werden, um dauerhaft den Unternehmensgewinn zu beziehen. Sinkt der Basiszinssatz, steigen folglich die Unternehmenswerte.
Ausweislich der Gesetzesbegründung vertritt der Gesetzgeber die Ansicht, dass niedrige Zinsen tatsächlich zu höheren, d.h. unrealistischen Unternehmenswerten führen, jedoch nicht in dem Maße, wie sich der Kapitalisierungsfaktor aufgrund des niedrigen Basiszinssatzes erhöht. Daher wird der gem. § 203 BewG zu berücksichtigende Kapitalisierungsfaktor auf 13,75 gesetzlich festgelegt. Der neue Faktor gilt rückwirkend ab dem 1.1.2016. Zu den hieraus resultierenden verfassungsrechtlichen Bedenken vgl. 4.
Es dürfte kaum verwunderlich sein, dass sich auch bei dieser Erbschaftsteuerreform erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel ergeben. Diese sind jedoch sehr differenziert zu betrachten.
Streitig war u.a., welche Rechtslage ab dem 1.7.2016 anzuwenden ist, da bis zum 30.6.2016 keine Neuregelung verabschiedet wurde. Grundsätzlich kamen hierbei unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht. Denkbar wäre, dass das gesamte ErbStG ist mit Ablauf des 30.6.2016 hinfällig ist. Ferner könnte in Betracht gezogen werden, dass nur die §§ 13a, 13b, 19 Abs. 1 ErbStG nicht mehr zur Anwendung kommen, das übrige ErbStG jedoch weiterhin gilt (so z.B. Aussage vom Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der FAZ vom 7.3.2016). Letztendlich wäre auch denkbar gewesen, dass die bis dato geltenden Regelungen des ErbStG über den 30.6.2016 hinaus gelten.
Das BVerfG hatte durch seinen Sprecher Michael Allmendinger bereits im März 2016 eine Stellungnahme abgegeben (vgl. FAZ vom 31.3.2016). Nach dieser Verlautbarung des BVerfG sei das ErbStG auch nach Ablauf des 30.6.2016 zunächst weiterhin anwendbar, sofern der Gesetzgeber bis dahin noch nicht reagiert hat. Begründet wird dies mit zwei Sätzen, die im Tenor des Urteils des BVerfG vom 17.12.2014 stehen: »Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30.6.2016 zu treffen.« Beide Aussagen seien unabhängig voneinander zu betrachten. Das bisherige Recht ist daher bis zu einer Neuregelung anzuwenden; wenn diese erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem 30.6.2016 erfolgt, so ist das bisherige Recht eben bis zu diesem späteren Zeitpunkt anwendbar. Durch den Gesetzesbeschluss des Bundestages vom 29.9.2016 soll genau diese Problematik ausgehebelt geworden, da die neuen Regelungen bereits ab 1.7.2016 anwendbar sind. Durch diese Regelung könnte eine echte Rückwirkung vorliegen, wenn der Erbfall z.B. am 1.7.2016 eingetreten ist. Fraglich dürfte indes sein, ob der Steuerpflichtige noch Vertrauensschutz in den Fortbestand der alten Rechtslage genießen konnte. Soweit nicht bereits das Urteil des BVerfG das Vertrauen der Steuerpflichtigen hat entfallen lassen, dürfte spätestens die Einbringung eines Gesetzentwurfes in den Bundestag das Vertrauen in den zukünftigen Bestand einer Rechtslage in Frage gestellt haben. Ein Beschluss des Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG erfolgte am 24.6.2016 im Bundestag. Obgleich im Vermittlungsausschuss noch Änderungen beschlossen wurden, dürften diese kaum ausreichen, ein Vertrauen der Steuerpflichtigen in die alten Regelungen auch nach dem 30.6.2016 aufrechtzuerhalten.
Eine andere Betrachtung ergibt sich hingegen bei der »Herabsetzung« des Kapitalisierungsfaktors bei der Unternehmensbewertung auf 13,75. Dieser soll rückwirkend ab dem 1.1.2016 anwendbar sein. Obgleich dies zunächst kaum kritisch erscheint, weil der Faktor herabgesetzt wird, könnten sich hieraus auch negative Folgen ergeben. Denkbar wäre zum Beispiel, dass sich der niedrigere Kapitalisierungsfaktor negativ auf die zwischen dem 1.1.2016 und dem 30.6.2016 noch bestehende Verwaltungsvermögensquote von 50 % auswirkt. Im schlimmsten Fall könnte so rückwirkend eine vollständige Verschonung verhindert sein. Es dürfte äußert zweifelhaft sein, ob sich der Steuerpflichtige auf eine derartige Folge einstellen musste. Dass es durch die Rückwirkung zu einer Verschlechterung für den Steuerpflichtigen kommt, dürfte jedoch auf eine überschaubare Anzahl von Fällen begrenzt sein. Um den verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenzuwirken, hat die Finanzverwaltung zu den mittelbaren Folgen der rückwirkenden Anwendung des § 203 BewG Stellung genommen. Um Nachteile zu vermeiden, kann im Einzelfall auf Antrag der bisherige Kapitalisierungsfaktor von 17,8571 für die Berechnungen zugrunde gelegt werden. Diese abweichende Berechnung des gemeinen Wertes gilt dann aber nur isoliert z.B. für die Quote des Verwaltungsvermögens (gleichlautender Ländererlass vom 11.5.2017, BStBl I 2017, 751).
Das Bundesland Bayern hat im Juni 2023 vor dem BVerfG Verfassungsklage gegen die Erbschaftsteuer eingereicht (abstrakte Normenkontrolle). Dabei sind aber nicht die Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen im Fokus, sondern die Höhe der Erbschaftsteuer insgesamt. Bayern strebt u.a. eine Anpassung der persönlichen Freibeträge und eine Art Öffnungsklausel an. Erreicht werden soll eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer, um den unterschiedlichen Immobilienpreisentwicklungen Rechnung tragen zu können.
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