1 Umfang des Wirtschaftsjahres
2 Zustimmung des Finanzamts zum abweichenden Wirtschaftsjahr gem. § 8b EStG
3 Antrag auf Umstellung des Wirtschaftsjahres außerhalb des Veranlagungsverfahrens
4 Einkünfteermittlung bei Umstellung von einem abweichenden Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr
5 Gewinnschätzung bei abweichendem Wirtschaftsjahr
6 Betriebe der Land- und Forstwirtschaft
7 Gewerbetreibende und Freiberufler
8 Zusammenfassende Übersicht
9 Verwandte Lexikonartikel
Nach § 8b Abs. 1 EStDV umfasst das Wj. einen Zeitraum von zwölf Monaten. Nach § 8b Satz 2 Nr. 1 und 2 EStDV darf das Wj. einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten umfassen (Rumpf-Wj.), wenn
ein Betrieb eröffnet, erworben, aufgegeben oder veräußert wird oder
ein Stpfl. von regelmäßigen Abschlüssen auf einen bestimmten Tag zu regelmäßigen Abschlüssen auf einen anderen bestimmten Tag übergeht.
Das Finanzamt erklärt konkludent seine Zustimmung zur Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb eines Land- und Forstwirts, wenn es im Einkommensteuerbescheid der Steuererklärung folgt, der eine solche Gewinnermittlung für das abweichende Wj. zugrunde liegt. Die Zustimmung kann nach § 130 Abs. 2 AO zurückgenommen werden, wenn sich nachträglich ihre Rechtswidrigkeit herausstellt (vgl. BFH Urteil vom 7.11.2013, IV R 13/10, BStBl II 2015, 226).
Das Wahlrecht zur Bestimmung des Wj. kann durch die Erstellung des Jahresabschlusses oder außerhalb des Veranlagungsverfahrens ausgeübt werden. Bei Umstellung des Wj. nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG ist dem Antrag zu entsprechen, wenn der Stpfl. Bücher führt, in denen die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und für den Gewerbebetrieb getrennt aufgezeichnet werden, und der Stpfl. für beide Betriebe getrennte Abschlüsse fertigt.
Die Zustimmung ist nur dann zu erteilen, wenn der Stpfl. in der Organisation des Betriebs gelegene gewichtige Gründe für die Umstellung des Wj. anführen kann; es ist jedoch nicht erforderlich, dass die Umstellung des Wj. betriebsnotwendig ist (BFH vom 9.1.1974, BStBl II 1974, 238).
Die Umstellung des Wj. eines im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf Erben übergegangenen Unternehmens auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum bedarf der Zustimmung des Finanzamtes (BFH vom 22.8.1968, BStBl II 1969, 34).
Wird die Umstellung des Wj. wegen Inventurschwierigkeiten begehrt, kann die Zustimmung zur Umstellung des Wj. zu versagen sein, wenn die Buchführung nicht ordnungsmäßig ist und auch nicht sichergestellt ist, dass durch die Umstellung des Wj. die Mängel der Buchführung beseitigt werden (BFH vom 9.11.1966, BStBl III 1967, 111).
Will ein Pächter sein Wj. auf das vom Kj. abweichende Pachtjahr umstellen, weil dieses in mehrfacher Beziehung für die Abrechnung mit dem Verpächter maßgebend ist, ist die Zustimmung im Allgemeinen zu erteilen (BFH vom 8.10.1969, BStBl II 1970, 85).
Über einen außerhalb des Veranlagungsverfahrens gestellten Antrag auf Erteilung der Zustimmung zur Umstellung des Wj. hat das Finanzamt durch besonderen Bescheid zu entscheiden (BFH vom 24.1.1963, BStBl III 1963, 142; BFH vom 23.9.1999, IV R 4/98, BStBl II 2000, 5).
Im Veranlagungszeitraum der Umstellung von einem zulässigerweise abweichenden Wj. eines Gewerbetreibenden auf das Kj. enden zwei Wj. (letztes abweichendes Wj. und Rumpfwirtschaftsjahr). Diese Grundsätze gelten für die Umstellung von einem unzulässigerweise gewählten abweichenden Wj. auf das Kj. im Jahr der letzten noch änderbaren Veranlagung entsprechend (BFH Urteil vom 12.7.2007, X R 34/05, BStBl II 2007, 775).
Wird bei einem abweichenden Wj. der Gewinn geschätzt, ist die Schätzung nach dem abweichenden Wirtschaftsjahr vorzunehmen.
Bei Land- und Forstwirten ist ein Wj. der Zeitraum vom 1.7. bis 30.6. (§ 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Nach § 8c EStDV können bestimmte Land- und Forstwirte einen anderen Ermittlungszeitraum bestimmen. Bei Land- und Forstwirten ist die Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahres enumerativ abschließend in § 8c EStDV geregelt. Danach ist für den reinen Ackerbaubetrieb kein Wahlrecht eröffnet, sodass es bei dem landwirtschaftlichen Normalwirtschaftsjahr verbleiben muss (Niedersächsisches FG Urteil vom 28.7.2017, 2 K 86/17). Nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in der Weise zu ermitteln, dass der Gewinn des abweichenden Wj. auf das Kj., in dem das Wj. beginnt, und auf das Kj., in dem das Wj. endet, entsprechend dem zeitlichen Anteil aufzuteilen ist. Veräußerungsgewinne nach § 14 EStG sind vor der zeitanteiligen Aufteilung der Gewinne auszuscheiden und dem Gewinn des Kj. hinzuzurechnen, in dem sie entstanden sind (Jahr der Veräußerung).
Ermittlungszeitraum ist bei Gewerbetreibenden, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist, der Zeitraum, für den sie regelmäßig Abschlüsse machen (§ 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG). Bei anderen Gewerbetreibenden ist dies das Kj. Das Wj. kann auf einen vom Kj. abweichenden Zeitraum mit steuerlicher Wirkung nur im Einvernehmen mit dem Finanzamt umgestellt werden (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG). Die Wahl eines abweichenden Wj. ist bei Betriebseröffnung ohne Zustimmung des Finanzamts möglich. Eine Umstellung des Wirtschaftsjahres liegt nicht vor, wenn ein Stpfl., der Inhaber eines Betriebs ist, einen weiteren Betrieb erwirbt und für diesen Betrieb ein anderes Wirtschaftsjahr als der Rechtsvorgänger wählt. Werden mehrere bisher getrennt geführte Betriebe eines Stpfl. zu einem Betrieb zusammengefasst und führt der Stpfl. das abweichende Wirtschaftsjahr für einen der Betriebe fort, liegt keine zustimmungsbedürftige Umstellung des Wirtschaftsjahres vor. Nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG gilt bei Gewerbetreibenden der Gewinn des Wj. als in dem Kj. bezogen, in dem das Wj. endet. Eine Aufteilung des Gewinns wie bei Land- und Forstwirten kommt nicht in Betracht. Freiberufler mit Überschussrechnung können kein abweichendes Wj. geltend machen (BFH Urteil vom 18.5.2000, IV R 26/99, BStBl II 2000, 498; BFH vom 13.10.2009, VIII B 62/09, BStBl II 2010, 180). Bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr ist der Gewinn in dem Kalenderjahr des Ausscheidens bezogen. § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG ist auf den ausscheidenden Mitunternehmer nicht anwendbar (BFH vom 18.8.2010, X R 8/07, BStBl II 2010, 1043). Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer fortbestehenden Personengesellschaft führt nicht zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres (BFH vom 24.11.1988, IV R 252/84, BStBl II 1989, 312; BFH vom 18.8.2010, X R 8/07, BStBl II 2010, 1043).
Abb.: Gewinnermittlungszeitraum
Beispiel 1:
D ist Inhaberin eines kleinen Weinbaubetriebes in Edenkoben. Die Gewinne haben im Wj. 15/16 4 800 € und 5 200 € im Wj. 16/17 betragen.
Nebenbei verarbeitet D einen Teil der Trauben in ihrer Brennerei zu Traubenbrand. Daraus hat sie im Wj. 15/16 einen Gewinn von 200 € und im Jahr 16/17 einen Gewinn von 380 € erwirtschaftet.
Lösung 1:
D erzielt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der Gewinn ist nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG aufgrund des abweichenden Wj. nur zeitanteilig, d.h. im VZ 16 sind je zur Hälfte die Gewinne der Wj. 15/16 und 16/17 zu berücksichtigen:
1/2 Wj. 15/16 |
2 400 € |
|
1/2 Wj. 16/17 |
2 600 € |
|
5 000 € |
5 000 € |
Die Brennerei stellt einen land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb dar, weil sie dazu bestimmt ist, dem Hauptbetrieb zu dienen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG und R 15.5 Abs. 3 Nr. 1 EStR).
Für diesen Nebenbetrieb gilt der gleiche Ermittlungszeitraum wie für den Hauptbetrieb:
1/2 Wj. 15/16 |
100 € |
|
1/2 Wj. 16/17 |
190 € |
|
290 € |
290 € |
|
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im VZ 16 demnach |
5 290 € |
Beispiel 2:
Der Landwirt A erwarb am 15.4.15 seinen Betrieb unentgeltlich von seinen Eltern. Er befasst sich ausschließlich mit Ackerbau. Die Gewinne betragen im
1. Wj. |
5 000 € |
2. Wj. |
98 000 € |
3. Wj. |
12 000 € |
Lösung 2:
Gewinnermittlungszeitraum ist das Wj. vom 1.7.–30.6. (§ 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Das 1. Wj. ist ein Rumpf-Wj. vom 15.4.05–30.6.05 (§ 8b Satz 2 Nr. 1 EStDV). Nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG wird der Gewinn entsprechend dem zeitlichen Anteil der Wj. auf das Kj. verteilt.
01 |
02 |
03 |
|
Rumpf-Wj. 15 |
5 000 € |
||
Wj. 15/16 |
49 000 € |
49 000 € |
|
Wj. 16/17 |
6 000 € |
6 000 € |
|
Einkünfte |
54 000 € |
55 000 € |
6 000 € |
Beispiel 3:
Der Stpfl. B hat folgende Betriebe:
Futterbau in Schleswig-Holstein (Futterbauanteil von 90 % der gesamten Nutzfläche);
Forstbetrieb in Bayern,
Maschinenfabrik in Ludwigshafen (Abschlusszeitpunkt 31.3.).
Welcher Zeitraum ist jeweils Ermittlungszeitraum?
Welche Gewinne sind bei der Veranlagung zur ESt für den VZ 16 zu erfassen?
Lösung 3:
Es handelt sich um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 13 EStG. Wj. ist nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG vom 1.7.16–30.6.17. Bei der Veranlagung zur ESt 16 ist der Gewinn dieses Wj. zur Hälfte zu erfassen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG). Nach § 8c Abs. 1 Nr. 1 EStDV kann das Wj. auch vom 1.5.16–30.4.17 laufen. Bei der Veranlagung zur ESt 16 ist der Gewinn dieses Wj. zu 8/12 zu erfassen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG).
Es handelt sich um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 13 EStG. Wj. ist nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG vom 1.7.16–30.6.17. Bei der Veranlagung zur ESt 16 ist der Gewinn dieses Wj. zur Hälfte zu erfassen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG). Nach § 8c Abs. 1 Nr. 2 EStDV kann das Wj. auch vom 1.10.16–30.9.17 laufen. Bei der Veranlagung zur ESt 16 ist der Gewinn dieses Wj. zu 3/12 zu erfassen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG). Nach § 8c Abs. 2 Satz 1 EStDV können reine Forstbetriebe auch das Kj. als Wj. bestimmen. Bei der Veranlagung zur ESt 16 ist der Gewinn dieses Wj. voll zu erfassen.
Es handelt sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG. Nach § 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG ist Wj. der Zeitraum, für den regelmäßig Abschlüsse gemacht werden; hier vom 1.4.16–31.3.17. Nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG gilt der Gewinn des Wj. als in dem Kj. bezogen, in dem das Wj. endet. Der Gewinn des Wj. 1.4.15–31.3.16 ist bei der Veranlagung zur ESt 16 in voller Höhe zu erfassen.
Beispiel 4:
Der buchführende Landwirt (Ackerbau und Viehzucht) hat folgende Gewinne ermittelt:
1. Wj. 15/16 |
40 000 € |
2. Wj. 16/17 |
85 000 € |
Im Gewinn des Wj. 16/17 ist ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn i.S.d. § 14 EStG i.H.v. 25 000 € enthalten, der am 30.6.17 entstanden ist.
Welche Gewinne sind bei der Veranlagung zur ESt 16 zu erfassen?
Lösung 4:
Zur Definition des buchführenden Land- und Forstwirts siehe § 8c Abs. 3 EStDV.
Das Wj. nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG ist vom 1.7.–30.6.
Die Einkünfte aus § 13 EStG sind bei der Veranlagung zur ESt 16 wie folgt zu erfassen:
Wj. 15/16: 40 000 € davon 1/2 = |
20 000 € |
|
Wj. 16/17 |
85 000 € |
|
Der Veräußerungsgewinn i.H.v. |
./. 25 000 € |
|
ist in voller Höhe dem Gewinn des Kj. 17 zuzurechnen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG). |
||
zu verteilen |
60 000 € |
|
davon 1/2 |
30 000 € |
|
insgesamt |
50 000 € |
→ Einkünfteermittlung bei der Einkommensteuer
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