Berufsbildende Einrichtungen, Umsatzsteuerbefreiung

Stand: 2. Mai 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeiner Überblick
2 Unionsrechtliche Befreiung i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL
2.1 Allgemeine Grundsätze
2.2 Definition des »Schul- und Hochschulunterrichts«
2.3 Private Bildungseinrichtungen mit Gewinnstreben
2.4 Eng verbundene Umsätze
3 Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen
3.1 Grundsätzliches
3.2 Deutschkurse für Flüchtlinge und Migranten
3.3 Lieferungen von Lehr- und Lernmaterial
4 Ersatzschulen
5 Ergänzungsschulen und andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen
5.1 Grundsätzliches zur Umsatzsteuerbefreiung
5.2 Ergänzungsschulen
5.3 Allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen
5.3.1 Grundsätzliches
5.3.2 Allgemeinbildende Einrichtungen
5.3.2.1 Definition der allgemeinbildenden Einrichtung
5.3.2.2 Nachhilfeinstitute
5.3.3 Berufsbildende Einrichtung
6 Berufs- oder Prüfungsvorbereitung
6.1 Grundsätzliches
6.2 Berufsvorbereitung
6.2.1 Allgemeiner Überblick
6.2.2 Eingliederungsleistungen nach SGB II und Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach SGB III ab 1.1.2015
6.2.3 Integrationskurse
6.2.3.1 Integrationskurse nach § 3 Abs. 2b SGB II i.d.F. bis 28.12.2016 i.V.m. § 43 AufenthG
6.2.3.2 Deutschkurse für Flüchtlinge und Migranten, die keine Integrationskurse i.S.d. § 43 AufenthG sind
6.2.3.3 Berufsbezogene Deutschsprachförderung
6.2.4 Integrationsfachdienste
6.2.5 Computerkurse
6.2.6 Fahrschulen
6.2.7 Jagdschulen
6.2.8 Ballett- und Tanzschulen
6.2.8.1 Abgrenzung Schul- und Hochschulunterricht zur Freizeitgestaltung
6.2.8.2 Gemeinwohlinteresse
6.2.9 Schwimmunterricht
6.2.10 Surf- und Segelschulen
6.2.11 Kampfsportschulen
6.2.12 Yogaschulen
6.2.13 Sofortmaßnahmen am Unfallort
6.2.14 Musikschulen
6.2.15 Fortbildungsseminare der Bundessteuerberaterkammer
6.2.16 Hebammen- und Pflegeschulen
6.3 Prüfungsvorbereitung
6.4 Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen einer Bildungseinrichtung
7 Bescheinigungsverfahren
8 Literaturhinweise
9 Verwandte Lexikonartikel

1. Allgemeiner Überblick

Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen sind gem. § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG steuerfrei, wenn sie von privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen erbracht werden, die im Falle der Doppelbuchst.

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  1. als Ersatzschulen gem. Art. 7 Abs. 4 des GG staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder

  2. die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

Die ausschließliche Zuständigkeit zur Regelung des Privatschulwesens obliegt gem. Art. 30, 70 ff. GG den Ländern. Die auf Bundesrecht beruhende Erteilung der Fahrschulerlaubnis durch Aushändigung oder Zustellung der Erlaubnisurkunde gem. § 13 FahrlG ist deshalb keine staatliche Genehmigung als Ersatzschule nach Art. 7 Absatz 4 GG und auch keine landesrechtliche Genehmigung (BFH Urteil vom 23.5.2019, V R 7/19, BFH/NV 2019, 1210, LEXinform 0952203, Rz. 14; s.u. unter dem Gliederungspunkt »Fahrschulen«).

2. Unionsrechtliche Befreiung i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL

2.1. Allgemeine Grundsätze

Unionsrechtlich beruht § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL.

Die Mitgliedstaaten befreien nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL die Umsätze von der Steuer, die »….

  • den Schul- oder Hochschulunterricht,

  • die Ausbildung,

  • die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie

  • die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen

  • durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder

  • andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung«

betreffen.

Ziel der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL ist, dass durch die Gewährleistung einer günstigeren mehrwertsteuerlichen Behandlung von Bildungsdienstleistungen der Zugang zu diesen Leistungen erleichtert wird, indem höhere Kosten vermieden werden, die sich aus ihrer Unterwerfung unter die Mehrwertsteuer ergeben würden (EuGH Urteil vom 28.11.2013, C-319/12, LEXinform 0589405, Rz. 26).

2.2. Definition des »Schul- und Hochschulunterrichts«

In seiner Entscheidung vom 14.6.2007 (»Haderer«, C-445/05, UR 2007, 592, LEXinform 5210495) weist der EuGH in Rz. 17, 24 ff.) darauf hin, dass bei der Auslegung des Begriffs »Schul- und Hochschule« die Gefahr besteht, dass jeder Mitgliedstaat den Begriff unterschiedlich auslegt, da die jeweiligen Unterrichtssysteme der Mitgliedstaaten unterschiedlich gestaltet sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Steuerbefreiungen nach Art. 132 MwStSystRL autonome gemeinschaftsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems vermeiden sollen (EuGH C-445/05, Rz. 17).

Art. 132 Abs. 1 Buchst. i oder j MwStSystRL enthält keine Definition des Begriffs »Schul- oder Hochschulunterricht. Der gemeinschaftliche Begriff »Schul- und Hochschulunterricht« beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern dass er andere Tätigkeiten einschließt, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH Urteile vom 28.1.2010, C-473/08, DStR 2010, 219, LEXinform 0589213, Rz. 29 und vom 14.3.2019, C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546, Rz. 22). Nach dieser Rspr. können Tätigkeiten, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben, vom Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts erfasst werden, sofern die Unterweisung in Schulen oder Hochschulen erfolgt (EuGH C-449/17, Rz. 23; s.a. Verein für Internationale Steuern und Finanzen, München, Anmerkung vom 14.3.2019, LEXinform 0401996).

Für die Zwecke der Mehrwertsteuerregelung verweist der Begriff des »Schul- und Hochschulunterrichts« allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen. Es darf sich nicht um einen spezialisierten Unterricht handeln, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (s.a. BFH vom 15.12.2021, XI R 3/20, BFH/NV 2022, 1010, LEXinform 0952801, Rz. 22 ff. sowie → Lehrtätigkeit und Unterrichtsvergütung unter dem Gliederungspunkt »Selbstständige Lehrer als freie Mitarbeiter« und dort »Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL«).

In der Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil Haderer (C-445/05, UR 2007, 592, LEXinform 5210495) hat der BFH mit Urteil vom 27.9.2007 (V R 75/03, BStBl II 2008, 323) die Sache an das FG zurückverwiesen. Der BFH neigt aber zu der Auffassung, dass die vom Kläger an einer Volkshochschule erteilte »Schularbeitshilfe« als Schul- und Hochschulunterricht i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL anzusehen sein könnte.

Beachte:

Der EuGH definiert in seiner Fahrschulentscheidung vom 14.3.2019 (C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546) den Begriff »Schul- und Hochschulunterricht« wie folgt (s.a. Hartmann, NWB 22/2019, 1586):

  • Die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vom Unterrichtenden an die Schüler und Studierenden ist ein besonders wichtiger Bestandteil der Unterrichtstätigkeit (Rz. 21).

  • Die Unterrichtstätigkeit besteht aus einer Gesamtheit von Elementen, zu denen neben denjenigen, die die zwischen den Unterrichtenden und den Studierenden zustande kommenden Beziehungen betreffen, gleichzeitig auch diejenigen gehören, die den organisatorischen Rahmen der fraglichen Einrichtung ausmachen (EuGH vom 14.6.2007, C-434/05, UR 2007, 587, LEXinform 5210494, Rz. 20 sowie C-449/17, Rz. 24).

  • Die Unterweisung muss in Schulen und Hochschulen erteilt werden (Rz. 22).

  • Die Unterweisung in Schulen und Hochschulen darf nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (Rz. 22, 23).

  • Mit dem Begriff »Schul- und Hochschulunterricht« ist auf einen bestimmten Typus von Unterrichtssystem abzustellen, der allen Mitgliedstaaten unabhängig von den jeweiligen Besonderheiten der nationalen Systeme gemeinsam ist (Rz. 25).

  • Für die Zwecke der Mehrwertsteuerregelung verweist der Begriff des »Schul- und Hochschulunterrichts« allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen.

  • Es darf sich nicht um einen spezialisierten Unterricht handeln, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (EuGH vom 14.3.2019, C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546; Rz. 29 zur Erteilung von Fahrschulunterricht; s.a. Nachfolgeentscheidung des BFH vom 23.5.2019, V R 7/19, BFH/NV 2019, 1210, LEXinform 0952203, Rz. 20).

    Mit Beschluss vom 7.10.2019 (C-47/19, UR 2019, 892, LEXinform 0651663) hat der EuGH das Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg vom 14.12.2018 (6 K 187/17, EFG 2019, 392, LEXinform 5021816) beantwortet. Das FG hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob und ggf. in welchem Umfang Surf- und Segelkurse nach der MwStSystRL von der USt befreit sind.

    Der EuGH bezieht sich in seinem Beschluss vom 7.10.2019 (C-47/19) auf sein Fahrschulurteil vom 14.3.2019 (C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546; s. den Gliederungspunkt »Fahrschulen«). Der EuGH stellt fest, dass der Surf- und Segelunterricht in Schulen die Vermittlung verschiedener praktischer und theoretischer Kenntnisse beinhaltet, aber gleichwohl ein spezialisierter und punktuell erteilter Unterricht bleibt, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (EuGH C-47/19, Rz. 33; vgl. entsprechend EuGH vom 14.3.2019, C-449/17, Rz. 29). Das gilt selbst dann, wenn der Unterricht für Schulklassen oder Universitäten erteilt wird und auch in die Notenbildung einfließen kann (s. den Gliederungspunkt »Surf- und Segelschulen«).

  • Die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen des Art. 132 MwStSystRL umschrieben sind, sind eng auszulegen, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen, sich aus Art. 2 MwStSystRL ergebenden Grundsatz darstellen, dass jede Leistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (EuGH vom 14.3.2019, C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546; Rz. 19; s.a. Bünnemann, UR 10/2019, 368).

Hinweis:

Nach den Entscheidungen des EuGH zum Fahrschul-, Surf- und Segel- sowie Schwimmunterricht (EuGH vom 14.3.2019 (C-449/17), vom 7.10.2019 (C-47/19) und vom 21.10.2021 (C-373/19)) sind auch die Umsätze der Yogaschulen nicht steuerbefreit (s. Niedersächsisches FG vom 20.2.2020, 11 K 170/19, EFG 2020, 620, LEXinform 5022860, rkr. Beachte auch die Nachfolgeentscheidung des BFH vom 23.5.2019 (V R 7/19, BFH/NV 2019, 1210, LEXinform 0952203) zum EuGH-Urteil C-449/17 (Fahrschule). Auch der Judounterricht ist kein Schul- oder Hochschulunterricht i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL (BFH vom 15.12.2021, XI R 31/21, LEXinform 0953317). Nach dem BFH-Beschluss vom 29.3.2022, XI B 72/21, BFH/NV 2022, 923, LEXinform 4249894, Rz. 7, wird der von einem Privat-lehrer erteilte Tennisunterricht, wie auch der Schwimmunterricht, nicht von § 4 Nr. 21 Buchst. a und b UStG erfasst, da dieser ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht ist, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (s.a. Fahrschulunterricht). S.a. → Lehrtätigkeit und Unterrichtsvergütung unter dem Gliederungspunkt »Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL« sowie »Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL«.

2.3. Private Bildungseinrichtungen mit Gewinnstreben

Zur Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL auf Umsätze privater Bildungseinrichtungen, die Fachschulungen und Fachkonferenzen u.a. auf den Gebieten Steuern, Finanzen und Management anbieten, hat der EuGH mit Urteil vom 28.11.2013 (C-319/12, LEXinform 0589405) Stellung genommen (s.a. Verein für Internationale Steuern und Finanzen, München, Anmerkung vom 2.1.2014, LEXinform 0401870 sowie Pfefferle u. a. NWB 12/2015, 812). Die Veranstaltungen werden im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeiten organisiert, die auf regelmäßige Gewinnerzielung ausgerichtet sind.

Angesichts des Ziels der Mehrwertsteuerbefreiung – die Gewährleistung einer günstigeren mehrwertsteuerlichen Behandlung von Bildungsdienstleistungen – schließt der gewerbliche Charakter einer Tätigkeit im Rahmen von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL nicht aus, dass es sich dabei um eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit handelt. Zudem ist der Begriff »Einrichtung« in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL grundsätzlich weit genug, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen. Der Gesetzgeber hat das Gewinnstreben in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL nicht – wie in Buchst. l, m und q – ausdrücklich ausgeschlossen.

Nach Art. 133 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die Befreiung u.a. von der Bedingung abhängig machen, dass die betreffenden Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben dürfen. Hat der nationale Gesetzgeber keine diesbezügliche Regelung getroffen, ist davon auszugehen, dass in den Fällen, in denen der Unionsgesetzgeber, wie in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen nicht ausdrücklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abhängig gemacht hat, das Streben nach Gewinnerzielung die Inanspruchnahme dieser Befreiungen nicht ausschließen kann (EuGH vom 28.11.2013, C-319/12, LEXinform 0589405, Rz. 31).

Zu beachten ist aber der Ausschluss von Steuerbefreiungen gem. Art. 134 MwStSystRL u.a. nach Buchst. i des Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL. Art. 134 MwStSystRL schließt keineswegs die Möglichkeit aus, die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL vorgesehene Befreiung auf private Einrichtungen zu erstrecken, die Bildungsdienstleistungen zu gewerblichen Zwecken erbringen. Allerdings ist Art. 134 MwStSystRL nur auf Umsätze anwendbar, die mit den befreiten Bildungsdienstleistungen i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL eng verbunden sind, also nicht auf die im Kernbereich befreiten Umsätze (EuGH vom 28.11.2013, C-319/12, LEXinform 0589405, Rz. 32).

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL sind aber die dort genannten Bildungsdienstleistungen nur dann befreit, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit Bildungsaufgaben betraut sind, oder von anderen Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung erbracht werden. Diese anderen Einrichtungen, d.h. private Einrichtungen, müssen somit die Voraussetzung erfüllen, dass sie eine vergleichbare Zielsetzung wie die genannten Einrichtungen des öffentlichen Rechts haben.

Da Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL nicht festlegt, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Modalitäten die vergleichbare Zielsetzung anerkannt werden kann, ist es grundsätzlich Sache des nationalen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die Regeln aufzustellen, nach denen den betreffenden Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt werden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen dabei über ein Ermessen.

2.4. Eng verbundene Umsätze

Zur Definition des in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL verwendeten Begriffs der »eng verbundenen Umsätze« hat der EuGH mit Urteil vom 4.5.2017 (C–699/15, UR 2017, 435, LEXinform 0589542, Rz. 24 ff.) entschieden, dass aus dem Wortlaut dieser Bestimmung hervorgeht, dass sie sich auf Dienstleistungen bezieht, die eine enge Verbindung mit »[der] Erziehung von Kindern und Jugendlichen, [dem] Schul- und Hochschulunterricht, [der] Aus- und Fortbildung [oder der] berufliche[n] Umschulung« aufweisen. Daher können Dienstleistungen nur dann als mit diesen Dienstleistungen »eng verbunden« angesehen werden, wenn sie tatsächlich als Nebenleistungen zu dem von der betreffenden Einrichtung erteilten Unterricht, der die Hauptleistung ist, erbracht werden.

Insoweit hängt die Befreiung für mit der Unterrichtsleistung »eng verbundene« Umsätze jedenfalls von drei Voraussetzungen ab, die im Wesentlichen folgendermaßen lauten (s.a. EuGH Urteil vom 14.6.2007, C-434/05, UR 2007, 587, LEXinform 5210494; s.a. Verlag für Deutsche Steuerberater, Kurzbeitrag vom 17.10.2007, LEXinform 0354397):

  • Erstens müssen sowohl diese Hauptleistung als auch die damit eng verbundenen Dienstleistungen von in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL genannten Einrichtungen erbracht werden.

  • Zweitens müssen diese Dienstleistungen für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, unerlässlich sein.

  • Drittens dürfen diese Dienstleistungen nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sein, den Einrichtungen zusätzliche Einnahmen durch einen Umsatz zu verschaffen, der in unmittelbarem Wettbewerb mit der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt wird.

Nach der EuGH-Entscheidung C-699/15 ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL dahin auszulegen, dass Tätigkeiten, die darin bestehen, dass Studenten einer höheren Bildungseinrichtung im Rahmen ihrer Ausbildung Dritten gegen Entgelt Restaurant- und Unterhaltungsdienstleistungen erbringen, als mit der Unterrichtsleistung »eng verbunden« angesehen und folglich von der Mehrwertsteuer befreit werden können, wenn diese Dienstleistungen für die Ausbildung der Studenten unerlässlich und nicht dazu bestimmt sind, dieser Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden.

3. Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen

3.1. Grundsätzliches

Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG ist ausreichend, dass die darin bezeichneten Leistungen ihrer Art nach den Zielen der Berufsaus- oder der Berufsfortbildung dienen. Es ist unerheblich, wem gegenüber sich der Unternehmer zivilrechtlich zur Ausführung dieser Leistungen verpflichtet hat. Stellt der Unternehmer im Rahmen der Erteilung des Unterrichts Lehrkräfte oder für den Unterricht geeignete Räume zur Verfügung, fallen auch diese Leistungen unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG. Auf die Ziele der Personen, welche die Einrichtungen besuchen, kommt es nicht an. Unerheblich ist deshalb, ob sich die Personen, an die sich die Leistungen der Einrichtung richten, tatsächlich auf einen Beruf oder eine Prüfung vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts vorbereiten (BFH Urteil vom 3.5.1989, V R 83/84, BStBl II 1989, 815). Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht. Deshalb ist es auch ohne Belang, wie hoch der Anteil der Schüler ist, die den Unterricht tatsächlich im Hinblick auf eine Berufsausbildung oder eine Prüfungsvorbereitung besuchen oder später tatsächlich den entsprechenden Beruf ergreifen (BFH Urteil vom 24.1.2008, V R 3/05, BStBl II 2012, 267; Abschn. 4.21.4 Abs. 1 UStAE und BayLfSt vom 9.3.2012, S 7179 1.1 – 10/1 St 33, LEXinform 5233865).

Für die Annahme eines Schul- und Bildungszwecks ist entscheidend, ob vergleichbare Leistungen in Schulen erbracht werden und ob die Leistungen der bloßen Freizeitgestaltung dienen. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, dass eine Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet, kann ein Indiz dafür sein, dass Leistungen, die tatsächlich dem Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen (s.u. und Abschn. 4.21.4 Abs. 1a Satz 2 UStAE). Solche gegenteiligen Anhaltspunkte, die zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führen, können sich zum Beispiel aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung der Unterrichtsleistung ergeben. Unterrichtsleistungen, die von ihrer Zielsetzung auf reine Freizeitgestaltung gerichtet sind, sind von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG ausgeschlossen (BFH Urteil vom 24.1.2008, V R 3/05, BStBl II 2012, 267 zu Ballett- und Tanzschulen; Abschn. 4.21.4 Abs. 1a UStAE; s.a. EuGH vom 14.3.2019, C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546, Rz. 22).

3.2. Deutschkurse für Flüchtlinge und Migranten

Deutschkurse für Flüchtlinge und Migranten, die dem Erlernen der deutschen Sprache dienen, aber keine Integrationskurse i.S.d. § 43 AufenthG sind (s.u. den Gliederungspunkt »Integrationskurse«), sind begünstigte, unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen i.S.d. § 4 Nr. 21 UStG. Sie sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei. Bildungseinrichtungen, die entsprechende Leistungen ausführen, müssen eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG vorlegen (Abschn. 4.21.2 Abs. 3a UStAE; OFD Niedersachsen vom 29.10.2015, S 7179 – 126 – St 181, UR 6/2016, 249, LEXinform 5235759).

Beachte:

Die Zulassung eines Trägers zur Durchführung von Integrationskursen nach Abschn. 4.21.2 Abs. 3a UStAE durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gilt als Bescheinigung i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG, wenn aus der Zulassung ersichtlich ist, dass sich die zuständige Landesbehörde – generell oder im Einzelfall – mit der Zulassung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einverstanden erklärt hat (Abschn. 4.21.5 Abs. 5 Satz 3 UStAE).

3.3. Lieferungen von Lehr- und Lernmaterial

Die Lieferungen von Lehr- und Lernmaterial dienen nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck. Sie sind nur insoweit steuerfrei, als es sich um Nebenleistungen handelt. Eine Nebenleistung liegt in diesen Fällen vor, wenn das den Lehrgangsteilnehmern überlassene Lehr- und Lernmaterial inhaltlich den Unterricht ergänzt, zum Einsatz im Unterricht bestimmt ist, von der Schule oder der Bildungseinrichtung oder dem Lehrer für diese Zwecke selbst entworfen worden ist und bei Dritten nicht bezogen werden kann (vgl. BFH Urteil vom 12.12.1985, V R 15/80, BStBl II 1986, 499 sowie Abschn. 4.21.4 Abs. 2 UStAE). Auch der Verkauf von Schulungsunterlagen durch Fahrschulen stellt keine Nebenleistung dar, sondern ist eine selbstständige Leistung, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt (§ 12 Abs. 2 Nr. 1, Anlage 2 Nr. 49; OFD Hannover vom 9.7.2007, S 7100 – 648 – StO 171, UR 2007, 871, LEXinform 5230908).

Zur Behandlung reiner Autorenleistungen zur Erstellung von Lehrbriefen s. → Lehrtätigkeit und Unterrichtsvergütung und dort den Gliederungspunkt »Erstellung von Lehrbriefen« sowie Abschn. 4.21.3 Abs. 2a UStAE.

4. Ersatzschulen

Ersatzschulen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG sind Privatschulen, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für in dem Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schulen dienen sollen. Als Ersatzschulen kommen vor allen Dingen diejenigen privaten Unterrichtsanstalten in Betracht, die der Allgemeinbildung dienen und den öffentlichen Schulen und Hochschulen entsprechen (z.B. ein Gymnasium in konfessioneller Trägerschaft).

Der Nachweis, dass für den Betrieb der Ersatzschule eine staatliche Genehmigung oder landesrechtliche Erlaubnis vorliegt, kann durch eine Bescheinigung der Schulaufsichtsbehörde geführt werden (Abschn. 4.21.1 UStAE; s.a. Schöngart, UR 14/2016, 540).

5. Ergänzungsschulen und andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen

5.1. Grundsätzliches zur Umsatzsteuerbefreiung

Gem. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemein bildender oder berufsbildender Einrichtungen steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

5.2. Ergänzungsschulen

Was eine Ergänzungsschule ist, ergibt sich aus den Schulgesetzen der Länder. Ergänzungsschulen sind Privatschulen – insbesondere im Bereich der beruflichen Bildung –, für die vergleichbare öffentliche Schulen in der Regel nicht existieren und in denen der Schulpflicht nicht genügt werden kann. Ergänzungsschulen sind z.B. viele Sprachschulen, Schauspielschulen, Ballettschulen, Kosmetikschulen. Träger kann jede natürliche oder juristische Person sein. Im Gegensatz zu den Ersatzschulen ist für Ergänzungsschulen eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde gem. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erforderlich (Abschn. 4.21.5 Abs. 1 UStAE; s.u.).

5.3. Allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen

5.3.1. Grundsätzliches

Zu den anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen gehören u.a. auch Fernlehrinstitute, Fahrlehrerausbildungsstätten, Heilpraktiker-Schulen, Kurse zur Erteilung von Nachhilfeunterricht für Schüler und Repetitorien, die Studierende auf akademische Prüfungen vorbereiten (Abschn. 4.21.2 Abs. 1 Satz 1 UStAE).

5.3.2. Allgemeinbildende Einrichtungen

5.3.2.1. Definition der allgemeinbildenden Einrichtung

Den Begriff der allgemeinbildenden Einrichtung hat das BVerwG mit Urteil vom 3.12.1976 (VII C 73.75, BStBl II 1977, 334) definiert.

Das Gesetz kann, aus der Erwähnung der »anderen Einrichtungen« im Zusammenhang mit den »privaten Schulen«, nicht so ausgelegt werden, dass die Tätigkeit der anderen Einrichtungen derjenigen einer Ergänzungsschule inhaltlich gleichen müsse und setze die planmäßige eigenständige Vermittlung eines bestimmten Stoffangebots voraus. Diese Gesetzesauslegung ist zu eng.

Der Begriff der allgemeinbildenden Einrichtungen stellt darauf ab, ob Allgemeinbildung vermittelt wird. Mit diesem Begriff will das Gesetz alle Einrichtungen erfassen, die Allgemeinbildung vermitteln, ohne die Organisationsform der Schule zu haben. Die Vermittlung von Allgemeinbildung erfordert nicht, dass die Einrichtung eigenen Lehrstoff anbietet oder dies in der gleichen umfassenden Weise tut wie die Schule. Auch eine die Schule unterstützende und sich auf die Verarbeitung oder Repetition des von der Schule angebotenen Stoffes beschränkende Tätigkeit ist Vermittlung von Allgemeinbildung (s.a. Abschn. 4.21.2 Abs. 2 UStAE).

Dies trifft allerdings nicht zu für die bloße Beaufsichtigung der Erledigung von Schulaufgaben, ohne dass bei der Verarbeitung des schulischen Unterrichtsstoffes erklärende Hilfe geleistet wird.

5.3.2.2. Nachhilfeinstitute

Ein Nachhilfeinstitut ist eine allgemeinbildende Einrichtung i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG. Eine Einrichtung in diesem Sinne kann auch eine natürliche Person sein (FG Hamburg Urteil vom 16.6.2011, 6 K 165/10, EFG 2012, 560, LEXinform 5012522, rkr.; Abschn. 4.21.2 Abs. 1 Satz 6 UStAE; s.a. → Lehrtätigkeit und Unterrichtsvergütung unter dem Gliederungspunkt »Träger der Bildungseinrichtung«).

Das BVerwG hat am 27.4.2017 den Revisionen zweier Betreiber von Nachhilfeinstituten stattgegeben (Urteile vom 27.4.2017, 9 C 5/16 und 9 C 6/16, Pressemitteilung des BVerwG vom 27.4.2017, LEXinform 0446380). Es hat den Freistaat Bayern verpflichtet, für die betreffenden Institute jeweils Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG zu erteilen.

Diese Bescheinigungen sind Voraussetzung für eine Befreiung der Nachhilfekurse von der USt. Sie sind zu erteilen, wenn die jeweiligen Einrichtungen ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten. Die ordnungsgemäße Prüfungsvorbereitung durch Nachhilfeeinrichtungen setzt dabei unter anderem voraus, dass die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist diese Voraussetzung nur dann erfüllt, wenn mindestens 25 % der vorgehaltenen Nachhilfekräfte die Befähigung für das Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen, die übrigen Nachhilfelehrkräfte jedenfalls fachlich geeignet sind und sichergestellt ist, dass die voll ausgebildeten Lehrkräfte für pädagogische Fragen der übrigen Lehrkräfte unterstützend zur Verfügung stehen. Auf dieser Grundlage wies der Verwaltungsgerichtshof die Berufungen der Kläger zurück.

Die Revisionen der Kläger hatten Erfolg. Das BVerwG hat entschieden, dass die erforderliche Eignung der für Nachhilfeunterricht eingesetzten Lehrkräfte nicht von einer Mindestquote an Personal mit Lehramtsbefähigung abhängig gemacht werden darf. Diese Voraussetzung findet keine Grundlage im Gesetz. Der Nachhilfeunterricht unterscheidet sich vom Schulunterricht, den er lediglich ergänzt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die jeweiligen Lehrkräfte geeignet sind, den konkreten Nachhilfeunterricht zu erteilen. Hier waren diese Mindestanforderungen aufgrund der im Einzelnen belegten Auswahl und Vorbildung der Lehrkräfte nach der Überzeugung des BVerwG erfüllt. Danach bestand ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Bescheinigungen (s.a. BVerwG Urteil vom 16.11.2017, 9 C 17/16, LEXinform 1666475).

5.3.3. Berufsbildende Einrichtung

Berufsbildende Einrichtungen sind Einrichtungen, die Leistungen erbringen, die ihrer Art nach den Zielen der Berufsaus- oder Berufsfortbildung dienen. Sie müssen spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (BFH Urteil vom 18.12.2003, V R 62/02, BStBl II 2004, 252). Auf die Rechtsform des Trägers der Einrichtung kommt es nicht an. Es können deshalb auch natürliche Personen oder Personenzusammenschlüsse begünstigte Einrichtungen betreiben, wenn neben den personellen auch die organisatorischen und sächlichen Voraussetzungen vorliegen, um einen Unterricht zu ermöglichen (Abschn. 4.21.2 Abs. 1 Satz 3 ff. UStAE).

Dass an diesen Maßnahmen Personen teilnehmen, die bereits einen Beruf erlernt und ausgeübt haben und somit bereits über eine gewisse Qualifikation verfügen, ist Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen eigen und daher für die Befreiung unschädlich. Das Gleiche gilt für Leistungen im Bereich der allgemeinen Fort- und Weiterbildung (wie z.B. IT-Schulungen, Schulungen im Bereich Sozialkompetenz, Zeitmanagement u.Ä.). Gem. Abschn. 4.21.2 Abs. 5 UStAE erbringt z.B. eine Einrichtung, die Unterricht für das Erlernen des Umgangs mit Computern erteilt, unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen (BayLfSt vom 9.3.2012, S 7179 1.1 – 10/1 St 33, LEXinform 5233865).

6. Berufs- oder Prüfungsvorbereitung

6.1. Grundsätzliches

Träger von Ergänzungsschulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen benötigen, sofern sie keine Ersatzschule i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG betreiben, nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde. Aus dieser Bescheinigung muss sich ergeben, dass die Leistungen des Unternehmers auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Abschn. 4.21.5 Abs. 1 UStAE).

6.2. Berufsvorbereitung

6.2.1. Allgemeiner Überblick

Die Vorbereitung auf einen Beruf umfasst (Abschn. 4.21.2 Abs. 3 Satz 1 UStAE)

  • die berufliche Ausbildung,

  • die berufliche Fortbildung und

  • die berufliche Umschulung.

Die Dauer der jeweiligen Maßnahme ist unerheblich (vgl. Art. 44 der MwStVO Nr. 282/2011 vom 15.3.2011, Abl. EU Nr. L 77, 1).

Dies sind unter anderem (Abschn. 4.21.2 Abs. 3 Satz 2 ff. UStAE)

  • Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (s.a. § 45 SGB III),

  • Weiterbildungsmaßnahmen,

  • Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen (einschließlich der Berufsvorbereitung und der blindentechnischen und vergleichbaren speziellen Grundausbildung zur beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderung) i.S.v. § 112 SGB III sowie

  • berufsvorbereitende, berufsbegleitende bzw. außerbetriebliche Maßnahmen nach §§ 48, 130 SGB III, §§ 51, 53 SGB III, §§ 75, 76 SGB III bzw. § 49 SGB III, die von der BA und – über § 16 SGB II – den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach §§ 6, 6a SGB II gefördert werden.

Zur Umsatzsteuerbefreiung für Maßnahmen der Arbeitsförderung s.a. die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 4.10.2016 (S 7179 – 105 – St 182, UR 2016, 933) sowie LfSt Niedersachsen vom 1.8.2018 (S 7171 b – 1 – t 182, UR 2018, 729).

Hinweis:

Für Eingliederungsleistungen für Maßnahmen der Arbeitsförderung ist ab 1.1.2015 die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 15b UStG zu beachten.

Zur Definition der »Berufsvorbereitung« hat das BVerwG mit Urteil vom 12.6.2013 (9 C 4/12, LEXinform 1584911) Stellung genommen. Aufgrund der Erweiterung des Bildungsauftrags der Schulen ist es gerechtfertigt und mit Blick auf die vom Gesetzgeber bezweckte steuerrechtliche Gleichbehandlung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in öffentlich-rechtlicher und privater Trägerschaft geboten, das Merkmal »Vorbereitung auf einen Beruf« in § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erweiternd auszulegen. Nicht nur die Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind, sondern auch die Vorbereitung auf einen Beruf schlechthin ist als steuerrechtlich begünstigte Berufsvorbereitung zu verstehen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung; s.a. Pressemitteilung des BVerwG Nr. 34/2013 vom 12.6.2013, LEXinform 0439816).

Die Veranstaltung einzelner Vorträge oder einer Vortragsreihe erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Unterrichtsleistung. Unschädlich ist jedoch die Einbindung von Vorträgen in ein Lehrprogramm für die Befreiung der Unterrichtsleistungen des Trägers der Bildungseinrichtung (Abschn. 4.21.2 Abs. 2 Satz 6 und 7 UStAE).

6.2.2. Eingliederungsleistungen nach SGB II und Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach SGB III ab 1.1.2015

Durch Art. 9 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014 (BGBl I 2014, 1266) wurde mit § 4 Nr. 15b UStG ab 1.1.2015 eine neue Steuerbefreiungsnorm in das UStG eingefügt (BT-Drs. 18/1529, 76). S.a. Vfg. LfSt Niedersachsen vom 1.8.2018 (S 7171b – 1 –, St 182, UR 2018, 729, LEXinform 5236677). Mit der Einfügung des § 4 Nr. 15b UStG ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL im Bereich der Arbeitsförderung umgesetzt worden.

Steuerfrei sind

  • Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte in Ausbildung oder Arbeit oder für deren Eingliederung im Rahmen des SGB II,

  • Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, die von den Agenturen für Arbeit im Rahmen des SGB III über besondere Einrichtungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte, Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende oder Ausbildungsuchende erbracht werden,

  • vergleichbare Leistungen, die im Rahmen von Bundes- und Landesprogrammen sowie Programmen anderer Gebietskörperschaften an die genannten Personenkreise mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt (Ausbildung oder Arbeit) erbracht werden.

Begünstigt sind neben den juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch andere Einrichtungen mit sozialem Charakter. Eine andere Einrichtung mit sozialem Charakter ist eine Einrichtung,

  • die nach § 178 SGB III zugelassen ist,

  • die für ihre o.g. Leistungen Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II geschlossen hat oder

  • die für vergleichbare Leistungen Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen hat.

Nach § 176 SGB III ist die Zulassung des Trägers durch eine fachkundige Stelle grds. Voraussetzung für die Durchführung von Maßnahmen der Arbeitsförderung. Eine solche fachkundige Stelle wird durch die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) überwacht und akkreditiert, Verträge im oben genannten Sinn liegen auch dann vor, wenn der Leistungsaustausch auf einem Zuwendungsbescheid beruht, der die gegenseitigen Rechte und Pflichten bestimmt.

Der Begriff Einrichtungen umfasst unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen. Nicht ausreichend ist, dass der Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig wird, es sei denn er erfüllt selbst die Voraussetzungen der Vorschrift.

Beachte:

Der Träger der jeweiligen Einrichtung benötigt für die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 15b UStG keine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde. Die Einrichtung muss die Voraussetzungen des § 4 Nr. 15b Satz 2 Buchst. a, b oder c UStG erfüllen.

6.2.3. Integrationskurse

6.2.3.1. Integrationskurse nach § 3 Abs. 2b SGB II i.d.F. bis 28.12.2016 i.V.m. § 43 AufenthG

Die nach § 43 AufenthG (Gesetz vom 25.2.2008, BGBl I 2008, 162) erbrachten Leistungen (Integrationskurse) dienten als Maßnahme der Eingliederung in den Arbeitsmarkt dem Erwerb ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache (§ 3 Abs. 2b SGB II i.d.F. bis 28.12.2016). Diese Maßnahmen fallen unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG, wenn sie von einem vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Durchführung der Integrationskurse zugelassenen Kursträger erbracht werden (Abschn. 4.21.2 Abs. 3a UStAE). Die Zulassung gilt als Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG und ersetzt die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde (Abschn. 4.21.5 Abs. 5 Satz 3 UStAE; OFD Niedersachsen vom 29.10.2015, S 7179 – 126 – St 181, UR 6/2016, 249, LEXinform 5235759).

Hinweis:

§ 3 Abs. 2b SGB II wurde durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22.12.2016 aufgehoben. Damit stellen die Integrationskurse keine Leistungen zur Eingliederung in Arbeit i.S.d. § 3 SGB II dar.

Nach § 43 AufenthG wird die Integration von rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland gefördert und gefordert. Es handelt sich daher nicht um Eingliederungsleistungen nach dem SGB II oder SGB III.

6.2.3.2. Deutschkurse für Flüchtlinge und Migranten, die keine Integrationskurse i.S.d. § 43 AufenthG sind

Deutschkurse für Flüchtlinge und Migranten, die dem Erlernen der deutschen Sprache dienen, aber keine Integrationskurse i.S.d. § 43 AufenthG sind, sind ebenfalls begünstigte, unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen i.S.d. § 4 Nr. 21 UStG. Sie sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei.

  • Bildungseinrichtungen, die entsprechende Leistungen ausführen, müssen eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG vorlegen;

  • selbstständige Dozenten benötigen eine Bestätigung nach Abschn. 4.21.3 Abs. 3 und 4 UStAE, die u.a. beinhaltet, dass die Bildungseinrichtung, an der unterrichtet wird, über eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG verfügt.

6.2.3.3. Berufsbezogene Deutschsprachförderung

Seit Januar 2018 wird das bisherige ESF-BAMF-Programm der berufsbezogenen Sprachförderung auf der Grundlage des § 45a AufenthG in die Berufssprachkurse (BSK) des Bundes als dauerhaftes nationales Regelangebot überführt.

Nach § 45a Abs. 1 AufenthG kann die Integration in den Arbeitsmarkt durch Maßnahmen der berufsbezogenen Deutschsprachförderung unterstützt werden. Diese Maßnahmen bauen in der Regel auf der allgemeinen Sprachförderung der Integrationskurse auf (s.o. den Hinweis und dort § 43 AufentG). Die berufsbezogene Deutschsprachförderung wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge koordiniert und durchgeführt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bedient sich zur Durchführung der Maßnahmen privater oder öffentlicher Träger.

Beachte:

Die nach § 45a AufenthG zugelassenen Maßnahmenträger sind andere Einrichtungen mit sozialem Charakter i.S.d. § 4 Nr. 15b Satz 2 Buchst. c UStG. Daher sind die nach § 45a AufenthG erbrachten Leistungen steuerfrei nach § 4 Nr. 15 b UStG (LSF Sachsen vom 3.7.2019, 213 – S 7171-b/1/6-2019/26962, UR 2019, 791).

Ein Ausländer ist zur Teilnahme an einer Maßnahme der berufsbezogenen Deutschsprachförderung verpflichtet, wenn er Leistungen nach dem SGB II bezieht und die Teilnahme an der Maßnahme in einer Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB II vorgesehen ist (§ 45a Abs. 2 Satz 1 AufenthG).

Hinweis zum ESF-BAMF-Programm:

Die OFD Frankfurt nimmt mit Vfg. vom 4.4.2016 (S 7179 A – 21 – St 16, UR 2016, 615, LEXinform 5235930) Stellung zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG für berufsbezogene Sprachkurse der ESF-BAMF-Programme.

Menschen mit Migrationshintergrund können berufsbezogenen Deutschunterricht, verknüpft mit Elementen der beruflichen Weiterbildung, in Anspruch nehmen und so ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Das Angebot reicht vom Sprachunterricht im klassischen Sinne unter Einbeziehung beruflichen Fachvokabulars bis zum konkreten Berufspraktikum im Betrieb. Durch Verzahnung der berufsbezogenen Maßnahmen zur Stärkung der Sprachkompetenz mit den Integrationskursen nach dem Aufenthaltsgesetz erfährt das Grundförderangebot des Bundes eine sinnvolle Ergänzung. Die umsetzenden Bildungsträger sind verpflichtet, Kooperationen mit Betrieben vor Ort aufzubauen. Dies erfolgt mit dem Ziel der Vermittlung von Praktikumsplätzen, aber auch mit Blick auf die Integration in Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisse.

Maßnahmen zur berufsbezogenen Sprachförderung für Personen mit Migrationshintergrund, die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) mitfinanziert werden, fallen unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG.

Eine generelle Ausnahme von der Verpflichtung zur Vorlage einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG – unter entsprechender Anwendung des Abschn. 4.21.2 Abs. 3 Satz 4 UStAE – besteht hierbei jedoch nicht.

6.2.4. Integrationsfachdienste

Nach § 192 Abs. 1 SGB IX sind Integrationsfachdienste Dienste Dritter, die bei der Durchführung der Maßnahmen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben beteiligt werden.

Hinweis:

Das SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – ist als Art. 1 Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl I 2016, 3234) verkündet worden und größtenteils am 1.1.2018 in Kraft getreten.

Die Integrationsfachdienste können zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben (Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer möglichst dauerhaften Beschäftigung) beteiligt werden, indem sie

  1. die schwerbehinderten Menschen beraten, unterstützen und auf geeignete Arbeitsplätze vermitteln,

  2. die Arbeitgeber informieren, beraten und ihnen Hilfe leisten.

Zu den Aufgaben des Integrationsfachdienstes gehört es (§ 193 Abs. 2 SGB IX),

  1. die Fähigkeiten der zugewiesenen schwerbehinderten Menschen zu bewerten und einzuschätzen und dabei ein individuelles Fähigkeits-, Leistungs- und Interessenprofil zur Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in enger Kooperation mit den schwerbehinderten Menschen, dem Auftraggeber und der abgebenden Einrichtung der schulischen oder beruflichen Bildung oder Rehabilitation zu erarbeiten,

  2. die Bundesagentur für Arbeit auf deren Anforderung bei der Berufsorientierung und Berufsberatung in den Schulen einschließlich der auf jeden einzelnen Jugendlichen bezogenen Dokumentation der Ergebnisse zu unterstützen,

  3. die betriebliche Ausbildung schwerbehinderter, insbesondere seelisch und lernbehinderter Jugendlicher zu begleiten,

  4. geeignete Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erschließen,

  5. die schwerbehinderten Menschen auf die vorgesehenen Arbeitsplätze vorzubereiten,

  6. die schwerbehinderten Menschen, solange erforderlich, am Arbeitsplatz oder beim Training der berufspraktischen Fähigkeiten am konkreten Arbeitsplatz zu begleiten,

  7. mit Zustimmung des schwerbehinderten Menschen die Mitarbeiter im Betrieb oder in der Dienststelle über Art und Auswirkungen der Behinderung und über entsprechende Verhaltensregeln zu informieren und zu beraten,

  8. eine Nachbetreuung, Krisenintervention oder psychosoziale Betreuung durchzuführen sowie

  9. als Einheitliche Ansprechstellen für ArbG zur Verfügung zu stehen, über die Leistungen für die ArbG zu informieren und für die ArbG diese Leistungen abzuklären,

  10. in Zusammenarbeit mit den Rehabilitationsträgern und den Integrationsämtern die für den schwerbehinderten Menschen benötigten Leistungen zu klären und bei der Beantragung zu unterstützen.

Die Aufgaben der Integrationsfachdienste (§§ 192 ff. SGB IX) entsprechen in Teilbereichen den in § 45 SGB III genannten Tätigkeiten, gehen jedoch insgesamt darüber hinaus. Da eine Trennung der einzelnen Aufgaben nicht möglich ist, kommt eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG für die Leistungen der Integrationsfachdienste insgesamt nicht in Betracht (Abschn. 4.21.2 Abs. 4 UStAE).

Hinweis:

Die Leistungen der Integrationsfachdienste können nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. e UStG steuerfrei sein (→ Pflegedienstleistungen i.S.d. § 4 Nr. 16 UStG unter dem Gliederungspunkt » Integrationsfachdienste (§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. e UStG)«).

6.2.5. Computerkurse

Eine Einrichtung, die Unterricht für das Erlernen des Umgangs mit Computern erteilt (z.B. Grundkurse für die Erstellung von Textdokumenten), erbringt unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen. Sie kann somit die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG erfüllen (Abschn. 4.21.2 Abs. 5 UStAE). Es handelt sich dabei um Fortbildungsmaßnahmen i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL. Leistungen der Fortbildung sind solche, die Kenntnisse in einem bereits erlernten oder ausgeübten Beruf vertiefen oder der allgemeinen Qualifizierung für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit dienen, wie z.B. IT-Schulungen, Computer-Anwenderkurse, Sprachkurse, Kommunikationsseminare u.Ä.

6.2.6. Fahrschulen

Zur Steuerbefreiung für Fahrsuchulen nimmt die Vfg. der OFD Frankfurt vom 11.3.2010 (S 7179 A – 2 – St 112, UR 2010, 711, LEXinform 5232696) u.a. auch Stellung zu Lehrgängen zur Erlangung der speziellen Fahrberechtigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen der freiwilligen Feuerwehr, der Rettungs- und Hilfsdienste sowie des Katastrophenschutzes (s.a. Abschn. 4.21.2 Abs. 6 Satz 9 UStAE).

Fahrschulen können grundsätzlich nicht als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen beurteilt werden (BFH Urteil vom 14.3.1974, V R 54/73, BStBl II 1974, 527). Eine Steuerfreiheit der Umsätze nach § 4 Nr. 21 UStG kann aber insoweit in Betracht kommen, als Fahrschulen Lehrgänge zur Ausbildung für die Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L durchführen, da diese Leistungen in der Regel der Berufsausbildung dienen. Eine Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, D, DE, D1 und D1E darf nur erteilt werden, wenn der Bewerber bereits die Fahrerlaubnis der Klasse B besitzt oder die Voraussetzungen für deren Erteilung erfüllt hat (§ 9 Fahrerlaubnis-Verordnung). Eine Steuerbefreiung kommt deshalb auch in Betracht, wenn der Fahrschüler im Rahmen seiner Ausbildung zeitgleich neben den Klassen C und CE die Fahrerlaubnis der Klasse B erwerben möchte; die Ausbildungsleistung, die auf die Klasse B entfällt, ist aber steuerpflichtig. Als Lehrgang ist die dem einzelnen Fahrschüler gegenüber erbrachte Leistung anzusehen (Abschn. 4.21.2 Abs. 6 UStAE).

Hinweis:

Auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur ist eine Übersicht über die Fahrerlaubnisklassen abrufbar (www.bmvi.de/dort unter Suchbegriff eingeben: Fahrerlaubnisklassen/Übersicht über die Fahrerlaubnisklassen).

Lehrgänge zum Erwerb der Grundqualifikation nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BKrFQG (Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz), der beschleunigten Grundqualifikation nach § 4 Abs. 2 BKrFQG sowie die in § 5 BKrFQG vorgeschriebenen Weiterbildungskurse können von Fahrschulen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BKrFQG) sowie von anderen anerkannten Ausbildungseinrichtungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 BKrFQG) erbracht werden.

Die von Fahrschulen erbrachten Kurse nach dem BKrFQG sind umsatzsteuerfrei. Als Bescheinigung i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG für den Nachweis, dass Fahrschulen ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten, gilt i.d.R. die Fahrschulerlaubnis (vgl. Abschn. 4.21.2 Abs. 6 Satz 6 und 7 UStAE). Die Anerkennung von anderen Ausbildungsstätten durch eine nach Landesrecht zuständige Behörde gilt nunmehr ebenfalls als Bescheinigung i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG (BMF vom 21.11.2013, BStBl I 2013, 1583).

Zum Bescheinigungsverfahren i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG bei Fahrschulen s. Abschn. 4.21.2 Abs. 6 Satz 6 bis 8 UStAE.

Für Umsätze aus Lehrgängen zum Führen von Gabelstaplern kann die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gewährt werden (OFD Frankfurt vom 11.3.2010, S 7179 A – 2 – St 112, UR 2010, 711, LEXinform 5232696).

Mit Beschluss vom 16.3.2017 (V R 38/16, BStBl II 2017, 1017) hat der BFH dem EuGH Zweifelsfragen zur Umsatzsteuerpflicht bei Fahrschulen vorgelegt. Anlass dafür war das Revisionsverfahren gegen das Urteil des Niedersächsischen FG vom 1.4.2016 (11 K 10284/15, EFG 2016, 1481, LEXinform 5019215). Der BFH zweifelt an der Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B (Pkw-Führerschein) und C1. Mit Beschluss vom 16.3.2017 (V R 38/16, BStBl II 2017, 1017; s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 49/2017 vom 26.7.2017, LEXinform 0446868) hat der BFH dem EuGH u.a. folgende Fragen vorgelegt:

  1. Umfasst der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL den Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1?

  2. Sollte Frage 1 zu bejahen sein:

    Kann sich die Anerkennung der Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL aus den gesetzlichen Regelungen über die Fahrlehrerprüfung und die Erteilung der Fahrlehr- und der Fahrschulerlaubnis im Gesetz über das Fahrlehrerwesen vom 25.8.1969 (BGBl I 1969, 1336), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28.11.2016 (BGBl I 2016, 2722, FahrlG) und dem Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung von Fahrschülern zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern ergeben?

Die Fragen 3 und 4 betreffen die Steuerbefreiung als Privatlehrer (→ Lehrtätigkeit und Unterrichtsvergütung).

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Fahrschule. In den von ihr ausgestellten Rechnungen wies sie keine Umsatzsteuer gesondert aus. Nach Auffassung des BFH in seinem Vorabentscheidungsersuchen sind die Leistungen der GmbH nach nationalem Recht nicht steuerfrei. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG sind nicht erfüllt, weil weder eine staatliche Genehmigung gem. Art. 7 Abs. 4 GG noch eine landesrechtliche Erlaubnis vorliegt.

Weiterhin liegt auch keine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde i.S.v. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG vor. Die Voraussetzungen des Abschn. 4.21.2 Abs. 6 Satz 6 UStAE sind nicht zu prüfen, weil es sich im Streitfall um die nicht in Abschn. 4.21.2 Abs. 6 Satz 6 UStAE genannten Leistungen zur Erlangung der Fahrerlaubnisklassen B und C1 handelt.

Auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG greift nicht ein. Denn die Klägerin ist weder eine Hochschule i.S.d. §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes noch eine öffentliche allgemeinbildende oder berufsbildende Schule und auch keine private Schule oder andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung, die die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG erfüllt.

Nach Auffassung des BFH könnte sich die Klägerin auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i oder j MwStSystRL berufen. Die Tätigkeit der Klägerin erfülle die leistungsbezogenen Voraussetzungen sowohl des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i als auch des Buchst. j MwStSystRL, weil die Fahrschulleistung Schulunterricht sei. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Buchst. i und j MwStSystRL gleich auszulegen sei.

Allerdings hat der BFH Zweifel, ob die Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL anerkannt ist (s.o. Frage 2; s.a. Anmerkung vom 2.8.2017, LEXinform 0653225).

Der EuGH hat mit Urteil vom 14.3.2019 (C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546 zur Erteilung von Fahrschulunterricht) entschieden, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL den Fahrunterricht, der von einer Fahrschule im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 nicht umfasst. Nach Ansicht des EuGH stellt der Fahrunterricht in einer Fahrschule, wenn er sich überhaupt auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art bezieht, gleichwohl einen spezialisierten Unterricht dar, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (s.a. Nachfolgeentscheidung des BFH – zum EuGH-Urteil C-449/17 – vom 23.5.2019, V R 7/19, BFH/NV 2019, 1210, LEXinform 0952203; Pressemitteilung des EuGH vom 14.3.2019, LEXinform 0449514 sowie Pressemitteilung des BFH Nr. 50/2019 vom 16.8.2019, LEXinform 0450167).

Da kein Schul- und Hochschulunterricht vorlag, musste sich der EuGH nicht mit der weiteren Frage befassen, ob die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL vorlagen (Trinks u.a., NWB 14/2019, 940 sowie Hartmann, NWB 22/2019, 1586).

6.2.7. Jagdschulen

Eine »Jagdschule«, die Schulungen zur Vorbereitung auf die Jägerprüfung durchführt, ist keine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung i.S.d. § 4 Nr. 21 UStG. Eine Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift kommt daher nicht in Betracht (BFH Urteil vom 18.12.2003, V R 62/02, BStBl II 2004, 252 und Abschn. 4.21.2 Abs. 7 UStAE).

Der Umstand, dass eine bestandene Jägerprüfung zum Erwerb des Jagdscheins führt, der wiederum zur Ausübung einiger Berufe notwendig ist, macht die Lehrgänge noch nicht zu einer berufsbildenden Einrichtung. Die Lehrgänge sind nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung. Die Rechtslage ist ähnlich wie bei Fahrschulen, die ebenfalls keine berufsbildenden Einrichtungen sind, soweit sie auf den Erwerb des Führerscheins vorbereiten, obwohl dieser von zahlreichen Steuerpflichtigen bei Ausübung ihres Berufs genutzt wird.

6.2.8. Ballett- und Tanzschulen

6.2.8.1. Abgrenzung Schul- und Hochschulunterricht zur Freizeitgestaltung

Ballett- und Tanzschulen können als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen beurteilt werden. Eine Steuerfreiheit der Umsätze von Ballett- und Tanzschulen nach § 4 Nr. 21 UStG kommt insoweit in Betracht, als vergleichbare Leistungen in Schulen erbracht werden und die Leistungen nicht der bloßen Freizeitgestaltung dienen.

Steuerfrei sind die bei einem Tangotanzkurs erbrachten Leistungen daher nach der Rechtsprechung des BFH nur, wenn es der Kurs zumindest einzelnen Teilnehmern ermöglicht, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung auch beruflich zu nutzen (BFH Urteil vom 24.1.2019, V R 66/17, BFH/NV 2019, 53, LEXinform 0951687, Rz. 15). Ermöglicht ein Kurs einem Teilnehmer, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung später beruflich zu nutzen, genügt dies für die Steuerfreiheit selbst dann, wenn hiervon nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen (s.a. Anmerkung vom 26.6.2019, LEXinform 0881606).

Steuerfrei können auch Kurse der tänzerischen Früherziehung und Kindertanzen für Kinder ab drei Jahren und klassischer Ballettunterricht sein (Abschn. 4.21.2 Abs. 8 Satz 3 UStAE). Unter Kurse, die von ihrer Zielsetzung auf reine Freizeitgestaltung gerichtet sind, fallen zum Beispiel Kurse für Senioren oder Kurse für allgemein am Tanz interessierte Menschen (BFH Urteil vom 24.1.2008, V R 3/05, BStBl II 2012, 267). Kurse für allgemein am Tanz interessierte Menschen können z.B. spezielle Hochzeits- und Crashkurse sein (Abschn. 4.21.2 Abs. 8 UStAE). Kurse für »Mütter mit Babys«, oder völlig offene Teilnehmerkreise (z.B. Kurse »Pilates«, »Rückenfitness«) sind reine Freizeitgestaltung (Niedersächsisches FG vom 29.10.2015, 5 K 316/14, EFG 2016, 149, LEXinform 5018621, rkr.).

Mit Vfg. vom 18.3.2015 (S 7179 – 103 – St 181, UR 2015, 767, LEXinform 5235503) nimmt die der OFD Niedersachsen zu den Umsätzen von Tanzschulen, insbes. zu Kursen »Welttanzprogramm« und »Medaillentanzen«, Stellung.

Zu beachten gilt, dass der BFH im Zusammenhang mit einer anderen Rechtsfrage in seinem Urteil vom 27.4.2006 (V R 53/04, BStBl II 2007, 16) bereits entschieden hat, dass Tanzkurse zum Erlernen von Standardtänzen (Standard/Latein, Tango-Argentino und Salsa/Merengue) nicht unter die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL fallen, weil sie weder Schul- oder Hochschulunterricht sind noch Aus- oder Fortbildungszwecken, sondern der Freizeitgestaltung der Teilnehmer dienen.

Es werden außerdem keine vergleichbaren Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht. Das Erlernen von Gesellschaftstänzen ist kein Teil des in allgemeinbildenden Schulen verpflichtend durchgeführten Unterrichts. Soweit an öffentlichen Hochschulen Tanz gelehrt wird, beschränkt sich der Unterrichtsinhalt auf die künstlerischen Formen des Tanzes; Gesellschaftstänze gehören nicht dazu. Für die evtl. gegenteilige Behauptung trägt der Stpfl. die Nachweispflicht (BFH Urteil vom 28.5.2013, XI R 35/11, BStBl II 2013, 879). Kurse, die z.B. im Freizeitbereich der Schulen und Hochschulen erteilt werden, können bei der gebotenen engen Auslegung der Befreiungsvorschrift nicht dem Schul- und Hochschulunterricht in diesem Sinne zugerechnet werden.

Für Umsätze aus Kursen tänzerischer Früherziehung und Kindertanzen für Kinder ab drei Jahren sowie aus klassischem Ballettunterricht kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG in der Regel gewährt werden (Abschn. 4.21.2 Abs. 8 UStAE).

6.2.8.2. Gemeinwohlinteresse

Nach dem BFH-Urteil vom 24.1.2019 (V R 66/17, BFH/NV 2019, 53, LEXinform 0951687) sind die bei einem Tangotanzkurs erbrachten Leistungen nur umsatzsteuerfrei, wenn es der Kurs zumindest einzelnen Teilnehmern ermöglicht, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung auch beruflich zu nutzen. In seiner Begründung bezieht sich der BFH auf seine bisherige Rechtsprechung vom 24.1.2008 (V R 3/05, BStBl II 2012, 267) und vom 28.5.2013 (XI R 35/11, BStBl II 2013, 879). Zu berücksichtigen ist auch die Frage, ob ein Gemeinwohlinteresse an der ausgeübten Unterrichtung besteht. So kann ein besonders hohes Gemeinwohlinteresse wie es z.B. an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, bestehen, das die Annahme einer steuerfreien Unterrichtsleistung rechtfertigt (s. den folgenden Gliederungspunkt »Schwimmunterricht«).

Zur Steuerbefreiung der zum Gemeinwohl dienender Tätigkeiten i.S.d. Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL hat der EuGH in seiner Entscheidung vom 14.3.2019 (C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546 – Fahrschulurteil) auf Grund des Vorlagebeschlusses des BFH vom 16.3.2017 (V R 38/16, BStBl II 2017, 1017) Stellung genommen (s. oben den Gliederungspunkt »Fahrschulen«). Der EuGH betont, dass die Steuerbefreiungen des Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten betreffen, sondern nur diejenigen, die in der Vorschrift einzeln aufgeführt und genau beschrieben sind (EuGH C-449/17, Rz. 17).

Ballett- und Tanzunterricht kann damit nur unter den in Art. 132 Abs. 1 – hier Buchst. i – MwStSystRL streng auszulegenden Begriffen steuerfrei sein. Danach muss es sich bei dem Ballett- und Tanzunterricht um »Schul- und Hochschulunterricht« handeln. Es darf sich nicht um einen spezialisierten Unterricht handeln, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (EuGH C-449/17, Rz. 29; s.a. Nachfolgeentscheidung des BFH vom 23.5.2019, V R 7/19, BFH/NV 2019, 1210, LEXinform 0952203, Rz. 20; s.o. den Gliederungspunkt »Definition des ‘Schul- und Hochschulunterrichts’«; s.a. Anmerkung vom 26.6.2019, LEXinform 0881606).

Hinweis:

Nach der bisherigen – durch die EuGH-Rechtsprechung revidierten – Auffassung des BFH gehörte auch die Ausbildung von Fahrschülern zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern zum Gemeinwohlinteresse und wäre daher nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL steuerfrei (vgl. BFH Vorlagebeschluss vom 16.3.2017, V R 38/16, BStBl II 2017, 1017). Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 14.3.2019 (C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546 – Fahrschulurteil) zwar bestätigt, dass Art. 132 MwStSystRL Steuerbefreiungen vorsieht, mit denen, wie die Überschrift des Kapitels zeigt, zu dem dieser Artikel gehört, die Förderung bestimmter, dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten bezweckt wird. Diese Befreiungen betreffen jedoch nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten, sondern nur diejenigen, die in der Vorschrift einzeln aufgeführt und genau beschrieben sind.

Nach den Entscheidungen des EuGH zum Fahrschul-, Surf- und Segel- sowie Schwimmunterricht (EuGH vom 14.3.2019 (C-449/17), vom 7.10.2019 (C-47/19) und vom 21.10.2021 (C-373/19) sind auch die Umsätze der Ballett- und Tanzschulen nicht steuerbefreit (s. Niedersächsisches FG vom 20.2.2020, 11 K 170/19, EFG 2020, 620, LEXinform 5022860, rkr. im Gliederungspunkt »Kampfsportschulen«). Beachte auch die Nachfolgeentscheidung des BFH vom 23.5.2019 (V R 7/19, BFH/NV 2019, 1210, LEXinform 0952203) zum EuGH-Urteil C-449/17 (Fahrschule).

Das Niedersächsische FG schließt sich mit Urteil vom 20.2.2020 (11 K 170/19, EFG 2020, 620, LEXinform 5022860, rkr) der EuGH- und BFH-Rspr. an und hat entschieden, dass für die Umsätze einer Kampfsportschule grds. weder eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL noch nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG in Betracht kommt. Eine Steuerbefreiung scheidet in diesem Fall selbst dann aus, wenn der Unternehmer über eine entsprechende Bescheinigung der Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG verfügt.

In diesem Sinne hat das Niedersächsische FG mit Urteil vom 10.3.2022 (11 K 119/17, EFG 2022, 1060, LEXinform 5024682) auch bezüglich einer Tanzschule entschieden. Das FG kam zu dem Ergebnis, dass eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG schon deshalb ausscheidet, weil es sich bei den Tanzkursen nicht um unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dienende Leistungen einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung gehandelt hat. Denn Leistungen, die der bloßen Freizeitgestaltung dienten, seien weder allgemeinbildend noch berufsbildend (vgl. EuGH vom 21.10.2021, C-373/19). Wesentlich für die Frage, ob reine Freizeitgestaltungen vorliegen oder nicht, sind nach Ansicht des FG z.B. der Teilnehmerkreis oder die thematische Zielsetzung eines Kurses. Zu Kursen, die von ihrer Zielsetzung her auf reine Freizeitgestaltung gerichtet sind, zählt das FG insbes. solche, die sich allgemein an am Tanz interessierte Menschen richten. Das FG wies darauf hin, dass die Klägerin kein breit gefächertes Wissen vermittelt hat, das Gegenstand der Allgemeinbildung ist. Auch seien durch die Erwachsenenkurse keine berufsbildenden Leistungen angeboten worden. Es sollten – so das FG – vielmehr Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden, die von allen am Tanz interessierten Erwachsenen benötigt werden, um sich bei gesellschaftlichen Anlässen entsprechend zur Musik bewegen zu können (s.a. Anmerkung vom 4.5.2022, LEXinform 0888142).

6.2.9. Schwimmunterricht

Nach der bisherigen Auffassung des BFH in seinem Urteil vom 5.6.2014, V R 19/13, BFH/NV 2014, 1687, LEXinform 0929743, Rz. 18) können bestimmte Schwimmkurse unter die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i oder j MwStSystRL fallen. Dies gilt insbes. für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht (s.a. Abschn. 4.21.2 Abs. 8 Satz 3 UStAE) und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist.

Nachdem der EuGH mit Urteil vom 14.3.2019 (C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546 – Fahrschulurteil) über die Steuerpflicht einer Fahrschule i.S. einer steuerpflichtigen Leistung entschieden hat, legt der BFH dem EuGH nun die Frage der Umsatzsteuerpflicht von Leistungen einer Schwimmschule vor. Per Vorabentscheidungsersuchen vom 27.3.2019 (V R 32/18, BStBl II 2019, 457) fragt der BFH den EuGH, ob diese Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind.

Mit dem Vorabentscheidungsersuchen will der BFH nun klären lassen, ob der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL auch die Erteilung von Schwimmunterricht umfasst. Für die Steuerfreiheit auf dieser Grundlage spricht die bisherige Rspr. des BFH. Danach ist Schwimmunterricht steuerfrei, wenn er von Einzelunternehmern erteilt wird (s. → Lehrtätigkeit und Unterrichtsvergütung). Die Vorlage an den EuGH war erforderlich, weil der EuGH in seinem Urteil vom 14.3.2019 (C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546) eine einschränkende Auslegung des Unterrichtsbegriffs »in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen« vorgenommen hat. Es wird dann weiter zu klären sein, ob die für die Annahme einer Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL notwendige Anerkennung der Unterrichtsleistungen aus dem mit den Tätigkeiten verbundenen Gemeinwohlinteressen ergeben. Denn die Fähigkeit zu schwimmen ist für jeden Menschen durchaus elementar (s.o.; Pressemitteilung des BFH Nr. 26/2019 vom 8.5.2019, LEXinform 0449736).

Bei einer weiteren Frage des Vorabentscheidungsersuchens geht es dem BFH darum, ob auch eine Gesellschaft nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL steuerbefreit sein kann. Bislang ging es in der EuGH-Rspr. um Einzelunternehmer (s. → Lehrtätigkeit und Unterrichtsvergütung). Sprachlich legt der Begriff des »Lehrers« nahe, dass es sich um eine natürliche Person handelt. Allerdings könnte es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbieten, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleiche Umsätze bewirken, bei der Steuererhebung unterschiedlich behandelt werden. Unter Berücksichtigung des Neutralitätsgrundsatzes sieht der BFH keine sachliche Rechtfertigung für eine ungleiche Behandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften (s.a. Anmerkung vom 14.5.2019, LEXinform 0881499).

Mit Urteil vom 21.10.2021 (C-373/19, LEXinform 0651673) hat der EuGH die Vorlagefrage des BFH vom 27.3.2019 (V R 32/18, BStBl II 2019, 457) beantwortet und entschieden, dass der Begriff Schul- und Hochschulunterricht i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass er nicht den von einer Schwimmschule erteilten Schwimmunterricht umfasst.

Entscheidungsgründe des EuGH-Urteils C-373/19:

Der EuGH verneint in Rz. 29 ff. seiner Entscheidung, dass am Schwimmunterricht ein ausgeprägtes Gemeinwohlinteresse bestehe (so der BFH). Nach Auffassung des BFH in seinem Vorabentscheidungsersuchen erlaube das ausgeprägte Gemeinwohlinteresse für die Zwecke der in Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL vorgesehenen Steuerbefreiung, diesen Unterricht von anderen Lernangeboten wie beispielsweise dem von einer Fahrschule erteilten Fahrunterricht zu unterscheiden, der in der Rechtssache in Rede stand, in der das Urteil vom 14.3.2019 (C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546) ergangen ist.

Nach Auffassung des EuGH ist der Schwimmunterricht in einer Schwimmschule zwar unzweifelhaft von Wichtigkeit ist und verfolgt ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, jedoch bleibt der Schwimmunterricht gleichwohl ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (vgl. entsprechend EuGH vom 14.3.2019, C-449/17, Rz. 29). S.a. unten den EuGH-Beschluss vom 7.10.2019 (C-47/19, UR 2019, 892, LEXinform 0651663, Rz. 33) im nachfolgenden Gliederungspunkt.

Auch wenn sich im Übrigen die Bedeutung der im Rahmen von Fahrunterricht und Segelunterricht vermittelten Kenntnisse nicht leugnen lässt, insbes. für die Bewältigung von Notsituationen und ganz allgemein für die Gewährleistung der Sicherheit und körperlichen Unversehrtheit von Personen, hat der Gerichtshof dennoch im Urteil vom 14.3.2019 (C-449/17) und im Beschluss vom 7.10.2019 (C-47/19 entschieden, dass diese Unterrichtsangebote nicht unter den Begriff der »Schul- oder Hochschulausbildung« i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL fallen (s.a. Monfort, Anmerkung zum EuGH-Urteil v. 21.10.2021 – C-373/19, UStB 2022, 26).

Mit Urteilen vom 16.12.2021 (V R 31/21, LEXinform 0953707 und vom 15.3.2022, V R 35/21, LEXinform 0953699, Nachfolgeentscheidungen zum EuGH-Urteil C-373/19) hat der BFH in Änderung seiner bisherigen Rspr. entschieden, dass der Begriff »Schul- und Hochschulunterricht« i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL nicht den von einer Schwimmschule erteilten Schwimmunterricht umfasst (s.a. Anmerkung vom 16.3.2022, LEXinform 0888016 sowie Brill, NWB 11/2022, 731).

6.2.10. Surf- und Segelschulen

Mit Beschluss vom 14.12.2018 (6 K 187/17, EFG 2019, 392, LEXinform 5021816) hat das FG Hamburg dem EuGH (C-47/19, LEXinform 0651663) im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens die Frage vorgelegt, ob und ggf. in welchem Umfang Surf- und Segelkurse nach der MwStSystRL von der USt befreit sind.

Der Kläger betreibt eine Surf- und Segelschule. Seine Kurse werden überwiegend von Privatpersonen, aber auch von Schulklassen im Rahmen von Klassenreisen gebucht und sind insoweit teilweise Bestandteil des Sportunterrichts. Ferner nehmen Hochschulgruppen an den Kursen teil, etwa im Rahmen der Sportlehrerausbildung. Für die Kursteilnehmer bietet der Kläger auch Übernachtungsmöglichkeiten an. Er ist der Ansicht, dass seine Kurse nebst Beherbergungsleistungen nach nationalem und nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer befreit sind.

Das FG verneint in seinem Beschluss eine Steuerbefreiung nach nationalem Recht, hält aber eine Berufung des Klägers auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, j oder h MwStSystRL für möglich. Das FG hat aber Zweifel, ob die Steuerbefreiung nach Unionsrecht derart weit ausgelegt werden kann und möchte deshalb u.a. vom EuGH wissen, ob Surf- und Segelunterricht unter den unionsrechtlichen Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts fällt und ob es dafür ausreichend ist, wenn er an mindestens einer Schule oder Hochschule des Mitgliedstaates angeboten wird (s. FG Hamburg Pressemitteilung vom 24.1.2019, LEXinform 0449249; s.a. Lange u.a., NWB 28/2019, 2060, 2066).

Mit Beschluss vom 7.10.2019 (C-47/19, UR 2019, 892, LEXinform 0651663) hat der EuGH das Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg vom 14.12.2018 beantwortet. Der EuGH bezieht sich dabei auf sein Fahrschulurteil vom 14.3.2019 (C-449/17, UR 2019, 294, LEXinform 0651546). Der EuGH stellt fest, dass der Surf- und Segelunterricht in Schulen die Vermittlung verschiedener praktischer und theoretischer Kenntnisse beinhaltet, aber gleichwohl ein spezialisierter und punktuell erteilter Unterricht bleibt, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (EuGH C-47/19, Rz. 33; vgl. entsprechend EuGH vom 14.3.2019, C-449/17, Rz. 29). Das gilt selbst dann, wenn der Unterricht für Schulklassen oder Universitäten, bei denen dieser Unterricht zum Sportprogramm bzw. zur Ausbildung von Sportlehrern gehört, erteilt wird, der auch in die Notenbildung einfließen kann.

6.2.11. Kampfsportschulen

Nach dem BFH-Urteil vom 28.5.2013 (XI R 35/11, BStBl II 2013, 879) können die Umsätze aus dem Betrieb einer Kampfsportschule nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL steuerfrei sein, soweit die Leistungen nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht werden (s.a. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 9.10.2014, 6 K 2249/12, LEXinform 5017268, rkr.).

In den jeweiligen Rechtsstreitigkeiten hatte der Kläger eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vorgelegt, die bestätigt, dass die vom Kläger durchgeführten und noch durchzuführenden Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

  • zum Sport- und Fitnesskaufmann/-frau,

  • zum Sport- und Fitnessfachmann/-frau,

  • in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und

  • in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche

ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen i.S.v. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG darstellen (s.a. Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 12.12.2014, LEXinform 0442709).

Die Steuerfreiheit der Leistungen hängt nicht davon ab, dass die angebotenen Lehrgänge weder Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind noch auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht. Deshalb ist es auch ohne Belang, wie hoch der Anteil der Schüler ist, die die Lehrgänge der Kampfsportschule tatsächlich im Hinblick auf eine Berufsausbildung oder eine Prüfungsvorbereitung besuchten oder später tatsächlich den Beruf des Kampfkunstlehrers ergriffen haben (s.a. das BFH-Urteil zur Ballettschule vom 24.1.2008, V R 3/05, BStBl II 2012, 267 sowie Abschn. 4.21.4 Abs. 1a UStAE).

Zu berücksichtigen ist, dass Lehrgänge, die es einem Teilnehmer – wie z.B. Polizisten oder Soldaten – ermöglichen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung beruflich zu nutzen, auch dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn von dieser Möglichkeit nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen (vgl. Art. 44 der MwStVO Nr. 282/2011 vom 15.3.2011, Abl. EU Nr. L 77, 1).

Anmerkung:

Nach dem Urteil des Niedersächsischen FG vom 20.2.2020 (11 K 170/19, EFG 2020, 620, LEXinform 5022860, rkr.) kommt für die Umsätze einer Kampfsportschule grds. weder eine Steuerbefreiung nach Art.132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL noch nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG in Betracht. Eine Steuerbefreiung scheidet in diesem Fall selbst dann aus, wenn der Unternehmer über eine entsprechende Bescheinigung der Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG verfügt.

Bei dessen Leistungen handelt es sich nicht um unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dienende Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen. Insoweit verwies des FG auf die Entscheidungen des EuGH zum Fahrschul-, Surf- und Segelunterricht (EuGH vom 14.3.2019 (C-449/17) und vom 7.10.2019 (C-47/19). In diesen Urteilen befasste sich der EuGH mit der Auslegung der Steuerbefreiungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL. Nach Ansicht des Gerichtshofs ist insoweit für eine Steuerbefreiung erforderlich, dass der angebotene Unterricht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt. Das Kursangebot des Stpfl. war dagegen lediglich auf die Vermittlung von Spezialkenntnissen – insbes. im Bereich der Selbstverteidigung – angelegt. Auch wenn die Kursinhalte teilweise zum Inhalt von Schul- oder auch Hochschulunterricht gehörten, blieben sie trotzdem Spezialkenntnisse.

Ein anderes Ergebnis folgt nach Ansicht des FG auch nicht daraus, dass es Kurse gab, die die Teilnehmer im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder einer angestrebten Tätigkeit nutzen konnten. Auch insoweit wurden nur Spezialkenntnisse vermittelt. Nach Meinung des FG kommt einer Bescheinigung i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG nur eingeschränkt Bedeutung zu. Denn auch bei Vorliegen einer solchen Bescheinigung ist es Aufgabe des FG zu beurteilen, ob die jeweiligen Leistungen i.S.d. § 4 Nr. 21 UStG unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dienen (vgl. BFH Beschluss vom 8.10.2019, XI B 49/19, BFH/NV 2020, 114, LEXinform 5908916).

Der BFH hat zwar in seiner Entscheidung vom 28.5.2013 (XI R 35/11, s.o.) die Möglichkeit einer Steuerbefreiung für Leistungen einer Kampfsportschule grds. bejaht. Dies geschah jedoch, bevor sich der EuGH mit der Steuerpflicht der Umsätze von Fahr-, Surf- und Segelschulen beschäftigen musste (s. Anmerkung vom 25.3.2020, LEXinform 0889292). Beachte auch das mittlerweile ergangene Urteil des EuGH vom 21.10.2021 (C-373/19, LEXinform 0651673) zur Steuerpflicht der Umsätze einer Schwimmschule.

6.2.12. Yogaschulen

Zur Umsatzsteuerpflicht bzw. -befreiung hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 13.11.2013 (5 K 2434/09 U, EFG 2014, 686, LEXinform 5016155, rkr.) entschieden, dass die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde gem. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG insoweit Indizwirkung für das Vorliegen umsatzsteuerfreier, unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienender Leistungen hat, als – sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen – davon auszugehen ist, dass Leistungen, die tatsächlich dem Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben (Anschluss an Urteil des BFH vom 28.5.2013, XI R 35/11, BStBl II 2013, 879).

Hinweis:

Nach den Entscheidungen des EuGH zum Fahrschul-, Surf- und Segel- sowie Schwimmunterricht (EuGH vom 14.3.2019 (C-449/17), vom 7.10.2019 (C-47/19) und vom 21.10.2021 (C-373/19) sind auch die Umsätze der Yogaschulen nicht steuerbefreit (s. Niedersächsisches FG vom 20.2.2020, 11 K 170/19, EFG 2020, 620, LEXinform 5022860, rkr. im vorhergehenden Gliederungspunkt). Beachte auch die Nachfolgeentscheidung des BFH vom 23.5.2019 (V R 7/19, BFH/NV 2019, 1210, LEXinform 0952203) zum EuGH-Urteil C-449/17 (Fahrschule).

6.2.13. Sofortmaßnahmen am Unfallort

Durch Urteil vom 10.1.2008 (V R 52/06, BFH/NV 2008, 725, LEXinform 0588037) entschied der BFH, dass Umsätze aus der Durchführung von Kursen mit dem Gegenstand »Sofortmaßnahmen am Unfallort« umsatzsteuerfrei sein können (s.a. BFH Urteil vom 28.1.2009, XI R 77/07, BFH/NV 2009, 1676, LEXinform 0179509).

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte eine GmbH u.a. die Kurse »Sofortmaßnahmen am Unfallort« durchgeführt, die fast ausschließlich von Fahrschülern besucht worden sind.

Der BFH ließ offen, ob die Steuerfreiheit dieser Umsätze aus dem UStG (§ 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb) folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist. Steuerfrei sind danach »die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten«.

Denn die Klägerin könne sich für die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen auf das Gemeinschaftsrecht (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) berufen. Nach dieser Bestimmung befreien »die Mitgliedstaaten von der Steuer die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung … durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung«.

Die streitigen Kurse »Sofortmaßnahmen am Unfallort« der Klägerin könnten als »Schul- oder Hochschulunterricht« i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL angesehen werden. Denn die Kultusministerien der Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern hielten es für erforderlich oder zumindest für wünschenswert, den Inhalt der in Rede stehenden Kurse in den Schulunterricht zu integrieren.

Anmerkung:

Nach der bisherigen Auffassung des BFH war für die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL entscheidend, dass der erteilte Unterricht generell als Schul- oder Hochschulunterricht geeignet war. Über die Steuerfreiheit ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nach Maßgabe des Teilnehmerkreises und der thematischen Zielsetzung des jeweiligen Kurses zu entscheiden. Hiermit aber nicht vereinbar ist eine abstrakt-generelle Betrachtung nach dem Kriterium, ob Ballett-, Tango-, Kampfsportunterricht oder Kurse zum Bestandteil der Lehrpläne allgemeinbildender Schulen in bestimmten Unterrichtsfächern des Hochschulsports gehört (BFH Urteil vom 24.1.2019, V R 66/17, BFH/NV 2019, 53, LEXinform 0951687, Rz. 14). Die Unterweisung muss tatsächlich in Schulen oder Hochschulen stattfinden (s.o. den Gliederungspunkt »Definition des ‘Schul- und Hochschulunterrichts’«).

Die Klägerin erfülle auch die persönlichen Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL. Sie sei eine »andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung« i.S. dieser Bestimmung. Der Begriff »Einrichtung« erfasse auch eine GmbH mit Gewinnerzielungsabsicht. Ferner habe die örtlich zuständige Bezirksregierung der Klägerin bescheinigt, dass sie mit ihrem Kurs »Sofortmaßnahmen am Unfallort« auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereite (Pressemitteilung des BFH Nr. 20/08 vom 27.2.2008, LEXinform 0174010).

Anmerkung:

Unter den Voraussetzungen des Art. 44 EU-VO 282/2011 vom 15.3.2011 (ABl. EU Nr. L 77, 1) sind Dienstleistungen der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL befreit, wenn die entsprechende Bescheinigung vorliegt.

6.2.14. Musikschulen

Bildungseinrichtungen, die Kurse für Kinder ab einem Alter von drei Jahren anbieten (z.B. musikalische und tänzerische Frühausbildung oder naturwissenschaftliche Grundausbildung), können allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen sein, sofern die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass die Bildungsmaßnahme auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts anzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Ordnungsgemäß ist die Leistung insbesondere, wenn

  • sie hinsichtlich des Lehrplans, der Lernmethode und des Lehrmaterials objektiv dazu geeignet ist, der Vorbereitung auf einen Beruf oder eine Prüfung zu dienen,

  • insbesondere hinsichtlich der Kündigungsbedingungen und der Zahlungsmodalitäten sowie der Voraussetzung für den Zugang zur Prüfung angemessene Teilnahmebedingungen gegeben sind und

  • die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen.

Legt der Unternehmer die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG für die Einrichtung dem FA vor, so sind – wenn auch die übrigen Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind – sämtliche Umsätze aus Leistungen, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck der Einrichtung dienen, von der USt befreit. Eine Beschränkung der Steuerbefreiung auf einzelne Unterrichtsleistungen kommt nicht in Betracht.

Das bedeutet, dass bei Vorliegen einer Bescheinigung für die Einrichtung die Unterrichtsleistungen an alle Schüler der Einrichtung von der USt befreit sind, da die entsprechende Bescheinigung insoweit bindend ist. Die zuständige Landesbehörde kann jedoch die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG auf einzelne Kurse beschränken, die dann genau bezeichnet werden müssen.

Das schließt jedoch nicht aus, dass das FA, wenn es im Einzelfall die Bescheinigung der Fachbehörde für unzutreffend hält, sich mit dieser in Verbindung setzt mit dem Ziel, eine Überprüfung der Bescheinigung, ggf. deren Aufhebung, zu erreichen (Abschn. 4.21.5 Abs. 2 Satz 4, Halbsatz 2 UStAE).

Eine Anregung zur Überprüfung ist z.B. geboten bei Unterricht an Kinder unter drei Jahren (Vfg. OFD Koblenz vom 17.10.2007, S 7179 A – St 442, UR 2008, 127, LEXinform 5231128).

Beachte:

Das VG Darmstadt hat mit Urteil vom 9.7.2009 (7 K 97/08. DA (3), LEXinform 0434347) der Klage einer Musikschule gegen das Land Hessen stattgeben und festgestellt, dass bereits die musikalische Früherziehung von Säuglingen und Kleinkindern unter drei Jahren der Ausbildung dient und die Musikschule insoweit von der Umsatzsteuerpflicht befreit ist.

Das Staatliche Schulamt hatte der privaten Musikschule zunächst für ihr Gesamtprogramm eine Bescheinigung gem. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ausgestellt. Nachdem das FA das Staatliche Schulamt um Überprüfung und Änderung der Bescheinigung im Hinblick auf die Programmpunkte »Musikgarten für Babys« und »Musikgarten für Kleinkinder« gebeten hatte, hob das Staatliche Schulamt seine Bescheinigung, soweit sie sich auf Kleinkinder unter drei Jahren bezog, auf. Die Musikschule hatte gegen die Änderung der Bescheinigung Klage vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt erhoben.

Das VG Darmstadt führt in seiner Entscheidung aus, das beklagte Land habe die Bescheinigung zu Unrecht geändert, da die Musikschule grundsätzlich zu den hiervon erfassten Einrichtungen zähle und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung und Qualifikation besitzen.

Anmerkung:

M.E zweifelhaft ist, ob die Musikschule die Voraussetzungen des Art. 44 EU-VO 282/2011 (s. Abschn. 4.21.2 Abs. 3 UStAE) erfüllt. Es muss sich bei den Leistungen der Musikschule um solche der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung handeln. Die Schulungsmaßnahmen stehen nicht in direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf und dienen nicht dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse.

6.2.15. Fortbildungsseminare der Bundessteuerberaterkammer

Mit Urteil vom 17.4.2008 (V R 58/05, BFH/NV 2008, 1418, LEXinform 0586855) hat der BFH zu der bis zum 31.3.1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG entschieden, dass die Durchführung von eintägigen Fortbildungsseminaren der Bundesteuerberaterkammer für Steuerberater durch einen selbstständigen Referenten gegen Entgelt umsatzsteuerpflichtig ist. Gleichzeitig verneinte der BFH unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 14.6.2007, C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, LEXinform 5210495) die Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL, weil diese Vorschrift nur den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht, nicht dagegen die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen befreit (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 65/08 vom 2.7.2008, LEXinform 0174331).

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die zuständige Bezirksregierung der Bundessteuerberaterkammer eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG (aktuelle Fassung) erteilte, die wie folgt lautet: »… Ihrer Einrichtung wird zur Vorlage bei dem zuständigen Finanzamt bescheinigt, dass folgende berufliche Bildungsmaßnahme/n i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG durchgeführt wird/werden: …«.

Mit Urteil vom 17.4.2008 (V R 58/05, BFH/NV 2008, 1418, LEXinform 0586855) und auch in seiner neueren Rechtsprechung vom 20.3.2014 (V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, LEXinform 0929458) gelangt der BFH zu dem Ergebnis, dass die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG nicht anzuwenden ist, da es sich nicht um eine ordnungsgemäße Bescheinigung handelt. Es muss sich aus der Bescheinigung ergeben, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen, für die die Steuerfreiheit beansprucht wird, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten, sodass es nicht ausreicht, dass sich aus der Bescheinigung – wie im Streitfall – nur ergibt, dass berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt werden.

Weiterhin stellt der BFH in seinen Urteilen fest, dass auch die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL nicht vorliegen. Die von der Bundessteuerberaterkammer erbrachten Leistungen sind schon deshalb nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL von der Steuer zu befreien, weil die Kammer mangels Anerkennung nicht als »andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung« anzusehen ist (keine ordnungsgemäße Bescheinigung).

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL sind aber die dort genannten Bildungsdienstleistungen nur dann befreit, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit Bildungsaufgaben betraut sind, oder von anderen Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung erbracht werden. Diese anderen Einrichtungen, d.h. private Einrichtungen, müssen somit die Voraussetzung erfüllen, dass sie eine vergleichbare Zielsetzung wie die genannten Einrichtungen des öffentlichen Rechts haben. Aus dem Wortlaut von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL geht mithin eindeutig hervor, dass diese Bestimmung den Mitgliedstaaten nicht erlaubt, die Mehrwertsteuerbefreiung von Bildungsdienstleistungen sämtlichen privaten Einrichtungen zu gewähren, die solche Leistungen erbringen, unter Einschluss der Einrichtungen, deren Zielsetzung nicht mit der von Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergleichbar ist.

Eine Mehrwertsteuerbefreiung für Fachschulungen und -konferenzen in verschiedenen Bildungs- und Schulungsbereichen, wie Steuern, Buchführung und Finanzen durch eine GmbH, die allgemein für sämtliche Bildungsdienstleistungen unabhängig davon gilt, welches Ziel die privaten Einrichtungen verfolgen, die diese Leistungen erbringen, ist mit Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, so wie der Unionsgesetzgeber ihn konzipiert hat, unvereinbar (EuGH Urteil vom 28.11.2013, C-319/12, DB 2014, 37, Rz. 35 ff.).

Da Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL nicht festlegt, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Modalitäten die vergleichbare Zielsetzung anerkannt werden kann, ist es grundsätzlich Sache des nationalen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die Regeln aufzustellen, nach denen den betreffenden Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt werden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen dabei über ein Ermessen.

Mit Änderung seiner Rechtsprechung kommt der BFH in seinem Urteil vom 20.3.2014 (V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, LEXinform 0929458) zu dem Ergebnis, dass für den Referenten die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL anzuwenden sein könnte. Der BFH bezieht sich dabei auf das EuGH-Urteil vom 28.1.2010 (C-473/08, Eulitz, BFH/NV 2010, 583, LEXinform 0589213). Danach ist für die Zwecke der Mehrwertsteuer nicht zwischen dem Unterricht, der Schülern oder Studierenden erteilt wird, die an einer erstmaligen Schul- oder Hochschulausbildung teilnehmen, und dem Unterricht zu unterscheiden, der Personen erteilt wird, die bereits über einen Schul- oder Hochschulabschluss verfügen und die aufgrund dieses Abschlusses ihre Berufsausbildung betreiben. Das Gleiche gilt für die Unterrichtseinheiten, die sich auf diesen Unterricht beziehen. Auch andere Tätigkeiten als die Lehrtätigkeit im eigentlichen Sinne können solche Unterrichtseinheiten sein, sofern diese Tätigkeiten im Wesentlichen im Rahmen der sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehenden Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende ausgeübt werden. Im Gegensatz zu der im BFH-Urteil vom 23.8.2007 (V R 10/05, BFH/NV 2007, 2217, LEXinform 0586408) festgestellten Maxime können berufliche Fortbildungsmaßnahmen von Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL erfasst werden.

Der BFH folgt dem EuGH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung. Es kommt nicht darauf an, dass

  • der Privatlehrer an einer Schule oder Hochschule tätig ist,

  • sich an Schüler oder Hochschüler wendet oder

  • es sich um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht handelt (so noch BFH Urteil vom 17.4.2008, V R 58/05, BFH/NV 2008, 1418, LEXinform 0586855 und FG Köln Urteil vom 3.7.2013, 5 K 2618/09, EFG 2014, 502, LEXinform 5015915, rkr, Philipowski, UR 2013, 817),

da sich Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL auf jegliche Aus- und Fortbildung bezieht, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat. Entgegen der Auffassung des FA ist ein Lehrplan nicht unabdingbar für die Steuerfreiheit.

Allerdings stellt der EuGH in seinem Urteil vom 28.1.2010 (C-473/08, Eulitz, BFH/NV 2010, 583, LEXinform 0589213, Rz. 55) fest, dass eine Lehrkraft, die im Rahmen der von einer dritten Einrichtung angebotenen Lehrveranstaltung (hier Steuerberaterkammer) Leistungen erbringt, nicht als »Privatlehrer« i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL angesehen werden kann (so auch das FG Köln in seinem Urteil vom 3.7.2013, 5 K 2618/09, EFG 2014, 502, LEXinform 5015915, rkr.; s. → Lehrtätigkeit und Unterrichtsvergütung).

Anmerkung:

Hätte die zuständige Landesbehörde eine ordnungsgemäße Bescheinigung i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ausgestellt, dann wären die Umsätze aus der Tätigkeit des Referenten für die Steuerberaterkammer unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei. Die Vorbereitung auf einen Beruf, wie es in § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gefordert wird, umfasst u.a. auch die berufliche Fortbildung (Abschn. 4.21.2 Abs. 3 Satz 1 UStAE sowie Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL).

6.2.16. Hebammen- und Pflegeschulen

Mit dem Pflegeberufegesetz (PflBG) vom 17.7.2017 (BGBl I 2017, 2581) wurden die bisherigen Ausbildungen nach dem Altenpflegegesetz und dem Krankenpflegegesetz zu einer neuen generalistischen Pflegeausbildung zusammengeführt.

Nach dem Hebammengesetz vom 22.11.2019 (BGBl I 2019, 1759) werden Hebammen in einem dualen Studium ausgebildet (§§ 9 ff. HebG). Die Praxiseinsätze finden im Krankenhaus statt. Das Studium wird mit einem Bachelor und einer staatlichen Prüfung abgeschlossen. Der Abschluss ist Voraussetzung, um die Berufsbezeichnung »Hebamme« führen zu dürfen. Die angehenden Hebammen erhalten während des gesamten Studiums eine Vergütung. Grundsätzlich kann jeder das Studium beginnen, der eine zwölfjährige allgemeine Schulausbildung bzw. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Pflegeberuf hat.

Sowohl nach dem Pflegeberufe- als auch nach dem Hebammengesetz wirken dabei die Schulen bzw. Hochschulen, die Träger der praktischen Ausbildung und die weiteren an der praktischen Ausbildung beteiligten Einrichtungen auf der Grundlage von Kooperationsverträgen zusammen.

Die Finanzierung der beruflichen Ausbildung regeln § 26 PflBG bzw. § 15 HebG. Die Kosten der Ausbildung werden durch einen Ausgleichsfonds finanziert (§ 33 PflBG).

Die zuständige Stelle im Land ermittelt den erforderlichen Finanzierungsbedarf und erhebt Umlagebeträge bei den Einrichtungen. Sie verwaltet die eingehenden Beträge einschließlich der Beträge aus Landesmitteln als Sondervermögen und zahlt Ausgleichszuweisungen an die Träger der praktischen Ausbildung und die Pflegeschulen aus (§ 26 Abs. 4 PflBG).

Mit Kurzinformation vom 8.4.2021 (VI 358 – S 7172 – 110, UR 2021, 571) nimmt das FinMin Schleswig-Holstein zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Leistungen in Kooperationsverträgen nach dem PflBG sowie der Hebammenausbildung nach dem HebG Stellung. Danach sind Ausgleichszuweisungen aus dem Ausgleichsfonds an die Träger der praktischen Ausbildung – bei der Hebammenausbildung das ausbildende Krankenhaus, nach dem PflBG an die Träger der praktischen Ausbildung und die Pflegeschulen – kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches und auch kein Entgelt von dritter Seite für die an die Auszubildenden erbrachten Ausbildungsleistungen.

Die von den Kooperationspartnern an die verantwortliche Praxiseinrichtung (Krankenhaus nach § 108 SGB V) erbrachten Kooperationsleistungen nach dem HebG, die aus den finanziellen Mitteln des Ausgleichsfonds finanziert werden, können unter den näheren Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG umsatzsteuerfrei sein.

Bei Übernahme der organisatorischen Aufgaben (z.B. Erstellung eines Ausbildungsplans) durch eine Pflegeschule (§ 8 Abs. 4 PflBG) sind die entgeltlich gegenüber dem Träger erbrachten Leistungen umsatzsteuerbar, jedoch als eng mit der Ausbildungsleistung der Pflegeschule verbundene Leistungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG umsatzsteuerfrei. Die von den Kooperationspartnern an die Träger der praktischen Ausbildung und die Pflegeschulen erbrachten Kooperationsleistungen nach dem PflBG, die aus den finanziellen Mitteln des Ausgleichsfonds finanziert werden, könnten unter den näheren Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG ebenfalls umsatzsteuerfrei sein.

Hinsichtlich des Bescheinigungsverfahrens nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG genügt, wenn nur die Träger der praktischen Ausbildung und nicht auch die Kooperationspartner eine Bescheinigung bei der zuständigen Landesbehörde beantragen. Die Kooperationspartner müssen entsprechend Abschn. 4.21.3 Abs. 3 und 4 UStAE eine Bestätigung des Ausbildungsträgers vorlegen, woraus sich ergibt, dass der Ausbildungsträger über eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG verfügt und die Ausbildungsleistungen des Kooperationspartners aufgrund des Kooperationsvertrags erbracht werden.

6.3. Prüfungsvorbereitung

Den Begriff der »Prüfungsvorbereitung« hat u.a. das BVerwG mit Urteil vom 3.12.1976 (VII C 73.75, BStBl II 1977, 334) definiert.

Zunächst stellt das BVerwG fest, dass Schularbeitskreise bzw. Nachhilfeeinrichtungen nicht der Vorbereitung auf einen Beruf dienen. Mit der »Vorbereitung auf einen Beruf« meint das Gesetz nur die Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf, die Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind.

Eine Prüfungsvorbereitung verlangt nicht eine unmittelbare und systematische Prüfungsvorbereitung durch eine selbstständige und umfassende Darbietung des Prüfungsstoffes. Es genügt eine Tätigkeit, die einen Bildungsgang fördert, der im Allgemeinen mit einer staatlichen Prüfung abschließt.

Vorbereitung auf eine Prüfung ist auch eine Tätigkeit, die der schulischen nahekommt und sie ergänzt, wie dies für einen die Schule unterstützenden Nachhilfeunterricht zutreffen kann. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass der Nachhilfeunterricht primär auf die nächste Versetzung hinwirkt, da regelmäßig die Versetzung Vorbedingung ist für einen Schulabschluss und die bei der Versetzung erteilten Noten Einfluss auf die Abschlussprüfung haben.

Eine umfassende Darbietung des Prüfungsstoffes verlangt auch nicht die vom Gesetz geforderte »ordnungsgemäße« Prüfungsvorbereitung. Damit werden qualitative Anforderungen an die die Prüfungsvorbereitung betreibende Einrichtung und die von ihr eingesetzten Lehrkräfte gestellt. Ordnungsgemäß ist die steuerlich privilegierte Leistung dann, wenn sie objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht wird und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen.

Die gesetzlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung werden seitens der Finanzverwaltung wie folgt konkretisiert: Es sind u.a. ein festliegendes Lehrprogramm und Lehrpläne zur Vermittlung eines Unterrichtsstoffes für die Erreichung eines bestimmten Lehrgangsziels sowie geeignete Unterrichtsräume und -vorrichtungen erforderlich, zudem muss der Betrieb der Bildungseinrichtung auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Die Einrichtung braucht im Rahmen ihres Lehrprogramms keinen eigenen Lehrstoff anzubieten. Daher reicht es aus, wenn sich die Leistung auf eine Unterstützung des Schul- oder Hochschulangebots bzw. auf die Verarbeitung oder Repetition des von der Schule angebotenen Stoffs beschränkt (vgl. Abschn. 4.21.2 Abs. 2 UStAE sowie OFD Frankfurt vom 25.7.2011, S 7179 A – 7 – St 112, DB 2011, 2633, LEXinform 5233480).

Eine ordnungsgemäße Prüfungsvorbereitung findet allerdings nicht statt bei der bloßen Beaufsichtigung von Schulaufgaben, die sich darauf beschränkt, bei der Erledigung der Hausaufgaben für Ruhe zu sorgen und lediglich die Tatsache der Herstellung einer Aufgabe in Schönschrift zu überwachen. Dies gilt auch dann, wenn bei Durchsicht der Arbeiten gelegentlich Verbesserungen angebracht werden, ohne dem Schüler die Fehler und deren Berichtigung zu erklären. Vielmehr muss regelmäßig dort, wo Hilfe notwendig erscheint, helfend eingegriffen werden, um Wissens- und Verständnislücken zu erklären und zu beseitigen.

6.4. Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen einer Bildungseinrichtung

Die Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen von Bildungseinrichtungen stellen grundsätzlich keine mit einer Bildungsleistung eng verbundenen Umsätze i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL dar. Sie können daher nicht in richtlinienkonformer Auslegung des § 4 Nr. 21 und 22 UStG umsatzsteuerfrei sein (BFH Urteil vom 17.3.1981, VIII R 149/76, BStBl II 1981, 746). Dies gilt auch dann, wenn die Bildungsleistungen ohne Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Unterkunfts- und/oder Verpflegungsleistungen angeboten werden (OFD Frankfurt vom 4.3.2011, S 7179 A – 47 – St 112, UR 2011, 877). Diese Leistungen können aber unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei sein (Abschn. 4.21.4 Abs. 3 UStAE).

7. Bescheinigungsverfahren

Träger von Ergänzungsschulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen benötigen, sofern sie keine Ersatzschule i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG betreiben, nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde. Aus dieser Bescheinigung muss sich ergeben, dass die Leistungen des Unternehmers auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

Die zuständige Behörde wird vom jeweiligen Landesgesetzgeber bestimmt (s. Vfg. OFD Frankfurt vom 14.10.2013, S 7179 A – 1 – St 16, LEXinform 5234706, LfSt Niedersachsen vom 24.9.2018, S 7179 – 17 – St 182, UR 2018, 928, OFD Karlsruhe vom 15.8.2018, S 7177 – Karte 1, UR 2019, 38).

Wie der BFH mit Urteil vom 17.4.2008 (V R 58/05, BFH/NV 2008, 1418 unter II.2.c) entschieden hat, muss sich aus der Bescheinigung ergeben, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen, für die die Steuerfreiheit beansprucht wird, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten, so dass es nicht ausreicht, dass sich aus der Bescheinigung nur ergibt, dass berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Bescheinigung kommt eine dem Wortlaut widersprechende Auslegung aufgrund einer bloßen Bezugnahme auf den bei der Landesbehörde gestellten Antrag nicht in Betracht (BFH Urteil vom 20.3.2014, V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, LEXinform 0929458).

Die für die Erteilung der Bescheinigung zuständige Landesbehörde kann nicht nur vom Unternehmer, sondern auch von Amts wegen eingeschaltet werden; hierüber ist der Unternehmer zu unterrichten. Die Bescheinigung ist zwingend zu erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen. Die zuständige Landesbehörde befindet darüber, ob und für welchen Zeitraum die Bildungseinrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Die entsprechende Bescheinigung bindet die Finanzbehörden insoweit als Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 i.V.m. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO (BFH Urteile vom 20.8.2009, V R 25/08, BStBl II 2010, 15 sowie vom 20.4.2016, XI R 6/14, BFH/NV 2016, 1334, LEXinform 0934567); das schließt nicht aus, dass die Finanzbehörden bei der zuständigen Landesbehörde eine Überprüfung der Bescheinigung anregen. Die Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörde können zu Änderungen von Umsatzsteuerbescheiden führen (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Die Entscheidung, ob eine Bildungseinrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet, obliegt der zuständigen Landesbehörde und unterliegt der Nachprüfung durch die allgemeinen Verwaltungsgerichte (FG Nürnberg Urteil vom 26.8.20104, 2 K 110/14, LEXinform 5017026, rkr.).

Die Finanzbehörden entscheiden jedoch in eigener Zuständigkeit, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit im Übrigen vorliegen. Dazu gehören insbesondere die Voraussetzungen einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung nach Abschn. 4.21.2 UStAE (BFH Urteil vom 3.5.1989, V R 83/84, BStBl II 189, 815 und Abschn. 4.21.5 Abs. 1 und 2 UStAE (s.a. Vfg. der OFD Niedersachsen vom 18.3.2015, S 7179 – 103 – St 181, LEXinform 5235503 und FG Nürnberg Urteil vom 26.8.20104, 2 K 110/14, LEXinform 5017026, rkr.).

Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 4 Nr. 21 UStG bzw. im Fall der unmittelbaren Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL ist zudem zu prüfen, ob vergleichbare Leistungen in Schulen erbracht werden (Schul- und Hochschulunterricht) und die Leistungen nicht der bloßen Freizeitgestaltung dienen (Abschn. 4.21.2 Abs. 8 Satz 2, Abschn. 4.21.4 Abs. 1a UStAE, s.o.).

Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist Indiz dafür, dass die Leistungen, die tatsächlich dem Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen. Solche gegenteiligen Anhaltspunkte, die zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führen, können sich zum Beispiel aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung der Unterrichtsleistung ergeben. Unterrichtsleistungen, die von ihrer Zielsetzung auf reine Freizeitgestaltung gerichtet sind, sind von der Steuerbefreiung ausgeschlossen (Abschn. 4.21.4 Abs. 1a Sätze 2 bis 4 UStAE).

Eine für zurückliegende Zeiträume erteilte Bescheinigung kann nur unter den Voraussetzungen des § 171 Abs. 10 AO eine Ablaufhemmung auslösen (Abschn. 4.21.5 Abs. 2 Satz 7 UStAE i.V.m. AEAO zu § 171 Nr. 6.1, 6.2 und 6.5; BMF vom 17.7.2018, BStBl I 2018, 820). S.a. Erlass des FinMin Sachsen-Anhalt vom 19.7.2018 (42 – S 7177 – 30, SIS 18 17 09).

Für alle nach dem 31.12.2016 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen der Folgebescheide gilt § 171 Abs. 10 Satz 1 bis 3 AO (Art. 97, § 10 Abs. 14 EGAO). Nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO endet die Festsetzungsfrist für einen Folgebescheid, soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids.

Bei Grundlagenbescheiden, die nicht von einer Finanzbehörde erlassen werden, beginnt die Zweijahresfrist nach § 171 Abs. 10 Satz 2 AO in dem Zeitpunkt, in dem die für den Erlass des Folgebescheids zuständige Finanzbehörde Kenntnis von diesem Grundlagenbescheid erlangt hat (s.a. AEAO zu § 171 Nr. 6.1). Die Bescheinigung i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG ist u.a. ein solcher Grundlagenbescheid einer anderen Behörde (s.a. BayLfSt vom 6.10.2017, S 0353.1.1 – 2/3 St 42, SIS 17 18 17, Tz. 10.1).

Ein Grundlagenbescheid, der nicht den Vorschriften der Feststellungsverjährung (§ 181 AO) unterliegt, löst die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 oder 2 AO nur dann aus, wenn er vor Ablauf der Festsetzungsfrist des Folgebescheids bei der für den Erlass des Grundlagenbescheids zuständigen Behörde beantragt worden ist (§ 171 Abs. 10 Satz 3 AO). Hierunter fallen u.a. Grundlagenbescheide ressortfremder Behörden (z.B. Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG). Die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid läuft in diesen Fällen nicht ab, solange über den Antrag auf Erlass des Grundlagenbescheids noch nicht unanfechtbar entschieden worden ist (AEAO zu § 171, Nr. 6.5).

Hinweis:

Durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (ZollkodexAnpG) vom 22.12.2014 (BStBl I 2015, 58) wurde § 171 Abs. 10 AO um eine Regelung ergänzt, wonach Grundlagenbescheide ressortfremder Behörden, die nicht den Vorschriften der Feststellungsverjährung (§ 181 AO) unterliegen, die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO nur auslösen, wenn sie vor Ablauf der Festsetzungsfrist des Folgebescheides bei der für den Grundlagenbescheid zuständigen Behörde beantragt wurden (§ 171 Abs. 10 Satz 2 AO, jetzt Satz 3).

Diese Regelung gilt für alle Fälle, in denen die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid am 31.12.2014 noch nicht abgelaufen war. War die Festsetzungsfrist am 31.12.2014 bereits abgelaufen, ist die Vertrauensschutzregelung laut BMF-Schreiben vom 31.1.2014 (BStBl I 2014, 159) zu beachten. Vgl. dazu auch BFH Urteil vom 20.4.2016 (XI R 6/14 (BStBl II 2016, 828, Rz. 32; s.a. BayLfSt vom 8.10.2017, S 0353.1.1 – 2/3 St 42, SIS 17 18 17, Tz. 10.1).

Zur Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist bei ressortfremden Grundlagenbescheiden vor Inkrafttreten von § 171 Abs. 10 Satz 2 AO hat der BFH mit Urteil vom 20.4.2016 (XI R 6/14 (BStBl II 2016, 828) entscheiden, dass ein Grundlagenbescheid einer ressortfremden Behörde nur dann nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO eine Ablaufhemmung bewirkt, wenn er vor Ablauf der Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer erlassen wurde.

Mit Wirkung zum 1.1.2017 ist § 171 Abs. 10 AO durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016 BGBl I 2016, 1679) erneut geändert worden. Danach beginnt die Zweijahresfrist nach § 171 Abs. 10 Satz 2 AO in dem Zeitpunkt, in dem die für den Erlass des Folgebescheids zuständige Finanzbehörde Kenntnis von diesem Grundlagenbescheid erlangt hat. Der bisherige Satz 2 (s.o.) wird Satz 3 (s.a. BMF vom 17.7.2018, BStBl I 2018, 820).

Beispiel:

Unternehmer U hat im Jahre 2003 seine Tätigkeit aufgenommen. Eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG hat U nicht beantragt; aus seinen Eingangsumsätzen hat er den Vorsteuerabzug geltend gemacht. Auf Antrag des zuständigen FA (gestellt am 15.12.2017) will die zuständige Landesbehörde am 10.4.2018 rückwirkend bescheinigen, dass die Leistungen des U auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereiten (Abschn. 4.21.5 Abs. 1 Satz 2 UStAE). Die Leistungen des U wären demnach umsatzsteuerfrei. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde wird nach § 93a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 93c AO am 14.4.2018 elektronisch an die Finanzbehörde übermittelt.

Lösung:

Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde i.S.d. § 6 Abs. 2 AO ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Diese Grundsätze gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist (§ 171 Abs. 10 Satz 1 bis 3 AO i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.20106, BGBl I 2016, 1679). Die Rechtslage des § 171 Abs. 10 Satz 1 bis 3 AO gilt für alle am 31.12.2016 noch nicht abgelaufene Festsetzungsfristen (§ 10 Abs. 14 EGAO i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.20106, BGBl I 2016, 1679). Lt. Sachverhalt endet die Festsetzungsfrist für die USt des Kj. 2011 mit Ablauf des 31.12.2016. Die Regelung des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.20106 (BGBl I 2016, 1679) ist für die USt des Jahres 2011 nicht anzuwenden.

Nach § 171 Abs. 10 Satz 3 AO gilt die Zweijahresfrist aber nur dann, sofern der Grundlagenbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist des USt-Bescheids bei der zuständigen Landesbehörde beantragt worden ist. Lt. Sachverhalt wurde der Antrag am 15.12.2017 durch das FA gestellt. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10 Satz 2 AO gilt für die USt-Bescheide, deren Festsetzungsfrist im Kj. 2017 und den Folgejahren endet. Lt. Sachverhalt betrifft dies die USt-Bescheide der Kj. 2012 ff.

Für die USt des Kj. 2012 läuft die Festsetzungsfrist aufgrund der Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO (Abgabe der Steuererklärung für 2012 in 2013) mit Ablauf des Jahres 2017 ab. Der Grundlagenbescheid ist vor Ablauf der Festsetzungsfrist des USt-Bescheids für das Kj. 2012 (31.12.2017) bei der ressortfremden Behörde beantragt worden (lt. Sachverhalt am 15.12.2017). Die USt-Bescheide der Kj. 2012 ff. unterliegen somit der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 und 2 AO.

Lt. Sachverhalt wird der Grundlagenbescheid am 10.4.2018 bekannt gegeben, das zuständige FA erfährt dies am 14.4.2018. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10 Satz 2 AO endet mit Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung, somit mit Ablauf des 14.4.2020.

8. Literaturhinweise

Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Stichwort: Privatschulen, Berufsausbildung und -fortbildung (Loseblatt); Philipowski, Fortbildungsleistungen freiberuflich tätiger Dozenten – Steuerfrei, aber unter welchen Voraussetzungen –, UR 2013, 817; Schöngart, Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen an privaten Schulen, UR 14/2016, 540; Trinks u.a., Fahrschul-Entscheidung des EuGH v. 14.3.2019 – Rs. C-449/17, NWB 14/2019, 940; Hartmann, Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen, NWB 22/2019, 1586; Bünnemann, Sind Fahr- und Surfschulen Schulen? – Zur Umsatzsteuerbefreiung von Schul- und Hochschulunterricht, UR 10/2019, 368; Nieskens, Immer Ärger mit der Bildung 2.0, UR 2020, 607.

9. Verwandte Lexikonartikel

Lehrtätigkeit und Unterrichtsvergütung

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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