1 Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer bis 31.12.2007
1.1 Allgemeiner Überblick
1.2 Laufzeit beträgt mehr als ein Jahr
1.3 Kürzere Laufzeiten
1.4 Abgrenzung laufender Geschäftsverkehr zum nicht laufenden Geschäftsverkehr
1.5 Kontokorrentschulden
1.6 Dauerschuldzinsen ähnliche Beträge mit Entgeltcharakter
1.7 Übersicht über Dauerschulden bei der Gewerbesteuer
2 »Schulden« (ab 1.10.2008)
2.1 Sinn und Zweck der Hinzurechnungen und Kürzungen
2.2 Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG
2.2.1 Die Tatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG
2.2.2 Entgelte für Schulden (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG)
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel
Nach § 8 Nr. 1 GewStG war dem gewerblichen Gewinn die Hälfte der bei seiner Ermittlung abgezogenen Entgelte für solche Schulden hinzuzurechnen, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetrieb) oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhingen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienten (Abschn. 47 Abs. 1 GewStR). Die so abgegrenzten Schulden werden als Dauerschulden bezeichnet. Der Begriff der Dauerschulden wird in Abschn. 45 GewStR 1998 näher erläutert. Zum Begriff der Dauerschuldzinsen bei Kontokorrentkrediten s. z.B. auch BFH Urteil vom 15.9.2011, I R 51/10, BFH/NV 2012, 446.
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) wird der Tatbestand der Hinzurechnungen deutlich ausgeweitet. Die Änderung des § 8 Nr. 1 GewStG fasst die bisher auf die Nr. 1 bis 3 und 7 aufgeteilten Hinzurechnungstatbestände für Geld- und Sachkapitalüberlassung zusammen. Die Hinzurechnung wird unabhängig von der steuerlichen Behandlung beim Gläubiger der jeweiligen Entgelte vorgenommen. Eine Unterscheidung danach, ob die Verpflichtung im Rahmen der Betriebs- oder Teilbetriebsgründung bzw. des Erwerbs eines Anteils am Betrieb oder seiner Erweiterung begründet worden ist, entfällt. Die Geld- und Sachkapitalüberlassung werden künftig unabhängig von der Dauer der Überlassung. Auf die Dauerhaftigkeit der Schulden kommt es im Rahmen der Neuregelung des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ab 2008 nicht mehr an (insbesondere auch Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs fallen unter die Neuregelung). S. dazu näher → Gewerbeertrag.
In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass Schulden mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr Dauerschulden sind.
Verbindlichkeiten, die mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Anteils am Betrieb zusammenhängen, sind auch bei einer kürzeren Laufzeit Dauerschulden, wenn sie nicht dem laufenden Geschäftsverkehr zuzurechnen sind.
Zum laufenden Geschäftsverkehr gehören insbesondere Warenschulden sowie Wechselschulden und Bankschulden, die zur Bezahlung von Warenschulden oder Löhnen aufgenommen werden.
Schulden, die nicht zum laufenden Geschäftsverkehr gehören, sind grundsätzlich Dauerschulden, wenn sie nicht binnen zwölf Monaten getilgt werden. Sie bleiben Dauerschulden bis zum Erlöschen des Schuldverhältnisses.
Der BFH hat mit Urteil vom 19.8.1998 (XI R 9/97, BStBl II 1999, 33) wie folgt entschieden: Ein längerfristiger Kredit dient dem laufenden Geschäftsverkehr und ist auch ohne Nachweis einer vorangegangenen besonderen Tilgungsvereinbarung nicht als Dauerschuld zu behandeln, wenn er einem bestimmten Geschäftsvorfall unmittelbar zuzuordnen ist und der sich aus der Abwicklung dieses Geschäfts ergebende Erlös ausschließlich zur Rückzahlung des Kredits verwendet wird.
Kontokorrentschulden sind im Allgemeinen laufende Schulden, es sei denn, die Schuld hat während des ganzen Wj. bestanden. In diesem Fall stellt der Mindestkredit der während des Wj. ausgewiesenen Schuld eine dauernde Verstärkung des Betriebskapitals dar mit der Folge, dass in dieser Höhe eine Dauerschuld anzunehmen ist (Abschn. 47 Abs. 8 GewStR).
Hinzuzurechnen sind die Zinsen und auch solche Entgelte, die zwar nicht als Zinsen bezeichnet werden, aber wie diese Entgeltcharakter haben, wie z.B. das Damnum (→ Damnum/Disagio). Nach dem BFH-Urteil vom 25.2.1999 (IV R 55/97, BStBl II 1999, 473) ist eine Vorfälligkeitsentschädigung Entgelt für den vorzeitig zurückgezahlten Kredit und gehört deshalb zu den Dauerschuldzinsen i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG. Laufende Verwaltungskostenbeiträge, die sich ihrer Höhe nach prozentual an dem Darlehensbetrag bemessen und bezogen auf die gesamte Laufzeit des Darlehens zu zahlen und nicht für besondere, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen des Kreditgebers zu erbringen sind, stellen Entgelte für Dauerschulden i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG dar (BFH Urteil vom 9.8.2000 I R 92/99, BStBl II 2001, 609).
Abb.: Dauerschulden
Die meisten Hinzurechnungen nach § 8 GewStG sowie Kürzungen nach § 9 GewStG dienen im Wesentlichen dem Objektsteuercharakter der GewSt. Mit ihnen soll idealtypisch der objektivierte Gewerbeertrag ermittelt werden. Während mit den Hinzurechnungen weitgehend eine Gleichstellung des eigen- und fremdfinanzierten Betriebs erreicht werden soll, verhindern Kürzungen eine Doppelbelastung des Gewerbebetriebes mit Objekt- oder Realsteuern.
Hinzurechnungen i.S.d. § 8 GewStG sind grundsätzlich nur dann vorzunehmen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 7 GewStG zuvor gewinnmindernd abgezogen wurden.
Einen ersten Überblick über § 8 GewStG vermittelt die nachfolgende Tabelle.
Übersicht über § 8 GewStG |
||
§ 8 (…) GewStG |
Art der Hinzurechnung |
|
Nr. 1 |
Buchst. a |
Entgelte für Schulden |
Buchst. b |
Renten und dauernde Lasten |
|
Buchst. c |
Gewinnanteile des stillen Gesellschafters |
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Buchst. d |
Miet- und Pachtzinsen bewegliche WG |
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Buchst. e |
Miet- und Pachtzinsen unbewegliche WG |
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Buchst. f |
Überlassung von Rechten |
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Nr. 4 |
Gewinnanteile der persönlichen haftenden Gesellschafter einer KGaA |
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Nr. 5 |
Bestimmte dem Teileinkünfteverfahren (TEV) bzw. § 8b KStG unterliegende Bezüge |
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Nr. 8 |
Verlustanteile an PersGes oder vergleichbaren Gesellschaften |
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Nr. 9 |
Spenden |
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Nr. 10 |
Gewinnminderungen durch Teilwertabschreibungen und ausschüttungsbedingte Gewinnminderungen in Fällen des Schachtelprivilegs sowie abführungsbedingter Gewinnminderungen in Organschaftsfällen |
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Nr. 12 |
Ausländische Steuern |
§ 8 Nr. 1 GewStG umfasst in sechs Unterpunkten die Hinzurechnung bestimmter Aufwendungen. Die Summe der in § 8 Nr. 1 GewStG bezeichneten Aufwendungen (Schuldzinsen, Renten, Mieten, Lizenzgebühren etc.) wird um einen Freibetrag von 100 000 € gekürzt und anschließend mit dem Faktor 0,25 multipliziert. Einen allgemeinen Überblick gibt das nachfolgende Schema:
Hinzurechnungen |
||
Entgelte für Schulden |
+ 100 % |
der Schuldzinsen |
Renten und dauernde Lasten |
+ 100 % |
der Rentenzahlungen (gilt nicht für Pensionszahlungen auf Grund einer unmittelbar vom AG erteilten Versorgungszusage) |
Gewinnanteile typisch stiller Gfter |
+ 100 % |
der Gewinnanteile |
Miete/Pacht/Leasing bewegliche WG des AV |
+ 20 % |
der Miet-, Pacht- und Leasingraten |
Miete/Pacht/Leasing unbewegliche WG des AV |
+ 50 % |
der Miet-, Pacht- und Leasingraten |
Entgelte für die Überlassung von Rechten |
+ 25 % |
der Lizenzentgelte (bei befristeter Überlassung) |
./. |
100.000 E (FB) |
|
× |
25 % |
Zweifelsfragen zu § 8 Nr. 1 GewStG werden – neben den GewStR – in gleichlautenden Ländererlassen vom 2. 7.2012 beantwortet (BStBl I 2012, 654, nachfolgend LE). Vorab sind die folgenden allgemeinen (d.h. für alle Tatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG geltenden) Hinweise zu beachten:
Die Bildung einer auf einen Hinzurechnungstatbestand gerichteten Rückstellung ist dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen. Dabei dürfen aber Erträge aus deren Auflösung nicht zu einer doppelten Besteuerung führen (Verbot der Doppelerfassung). Der Umfang der in diesem Zeitpunkt durchzuführenden Minderung richtet sich nach der Höhe der tatsächlichen Hinzurechnung (R 7.1 Abs. 1 GewStR).
Dementsprechend führt auch die Rückzahlung entsprechender Entgelte im Jahr der Rückzahlung zur Minderung des Hinzurechnungsbetrags (H 7.1 Abs. 1 GewStH Stichwort »Korrektur nach erfolgter Hinzurechnung«).
Sondervergütungen eines MU i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und Gewinnanteile des atypisch stillen Gesellschafters werden nicht hinzugerechnet (LE Rn. 2).
Bei einer ARGE i.S.d. § 2a GewStG erfolgt die Hinzurechnung folgerichtig auf Ebene der einzelnen Partner (LE Rn. 2).
Für die Unternehmen in einem Organkreis wird der Gewerbeertrag weiterhin jeweils gesondert ermittelt (LE Rn. 4).
Die Hinzurechnung erfolgt unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim Überlasser des Betriebskapitals (LE Rn. 5).
In der Praxis bedeutsam sind gemischte Verträge, die mehrere Hauptpflichten begründen und deren Leistungskomponenten aber nur teilweise unter eine der Hinzurechnungen des § 8 Nr. 1 GewStG fallen. Kann ein solcher Vertrag in seine wesentlichen Elemente zerlegt werden, erfolgt die Hinzurechnung der anteiligen von § 8 Nr. 1 GewStG erfassten Entgelte (s. H 8.1 Abs. 4 GewStH Stichwort »Gemischte Verträge«). Deren Trennbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die verschiedenen Leistungselemente voneinander abhängig sind und sich der Vertragszweck nur durch die Verbindung dieser Hauptleistungen erreichen lässt (BFH vom 15.6.1983, BStBl II 1984, 17). Ist aber aufgrund eines einheitlichen und unteilbaren Vertrages (z.B. Typenverschmelzungsvertrag) eine Aufteilung nicht möglich, so ist die Komponente entscheidend, die dem Vertrag das Gepräge gibt. Nur wenn eine Komponente, die einen Tatbestand des § 8 Nr. 1 GewStG erfüllt, dem gesamten Vertrag ihr Gepräge gibt, unterliegt dieser Vertrag insgesamt der Hinzurechnung (LE Rn. 7).
Nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG unterliegen grundsätzlich 25 % aller Entgelte der Hinzurechnung, die für wirtschaftlich mit dem Gewerbebetrieb zusammenhängende Schulden gezahlt werden. Entgegen der Rechtslage bis einschließlich EZ 2007 kommt es einerseits nicht mehr auf die Dauer der Schuldverhältnisse an (H 8.1 Abs. 1 GewStH Stichwort »Allgemeines«) und andererseits wird mit dem Begriff der »Entgelte« (statt zuvor Zinsen) klargestellt, dass alle möglichen Formen der Vergütung für die Nutzung von Fremdkapital, wie z.B. die Gewinnanteile bei partiarischen Darlehen, erfasst werden.
Entscheidend für die Einordnung der Entgelte/Schulden ist nach der Auffassung der Finanzverwaltung (R 8.1 Abs. 1 GewStR) nicht deren Bezeichnung, sondern der wirtschaftliche Gehalt der Leistung. Eine Hinzurechnung kommt daher für sog. negative Einlagezinsen nicht in Betracht, da diese nicht für die Nutzung von Fremdkapital, sondern für die Verwahrung von Eigenkapital entrichtet werden und damit keine Entgelte für Schulden darstellen.
Die in der Praxis üblicherweise einzuordnenden Aufwendungen lassen sich wie folgt qualifizieren:
Abgrenzungsfälle der Fälle des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG (nach R 8.1 Abs. 1 GewStR und H 8.1 Abs. 1 GewStH) |
|
Kein Entgelt/keine Schuld nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Keine Hinzurechnung des Aufwandes |
Entgelt/Schuld nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Hinzurechnung des Aufwandes |
Bereitstellungs- und Zusageprovisionen (keine Gegenleistung für die eigentliche Kapitalnutzung) |
Zinsen für die eigentliche Kapitalnutzung bei festem oder variablem Zinssatz; Vergütungen für partiarische Darlehen, Genussrechte und Gewinnobligationen |
Umsatzprovision der Bank, soweit diese nicht als Entgelt für die Überlassung der Bank, sondern für andere Leistungen anzusehen ist |
Damnum/Disagio, soweit es sich auf den Finanzierungsanteil bezieht, enthaltene Nebenkosten (Verwaltungsgebühren, Risikoprämien, Wertermittlungskosten und vergleichbare Kosten) sind nicht hinzuzurechnen |
Provisionen und Garantieentgelte der Banken, die nicht im Zusammenhang mit den in Anspruch genommenen Krediten stehen |
Regelmäßig Provisionen und Garantie-entgelte bei Bankkrediten |
Nebenkosten, die mit den Schulden zusammenhängen (z.B. Geldbeschaffungskosten, laufende Verwaltungskosten, Depotgebühren, Währungsverluste, Bereitstellungszinsen) |
Verwaltungskosten, wenn sie ihrer Höhe nach prozentual an dem Darlehensbetrag bemessen und bezogen auf die gesamte Laufzeit des Darlehens zu zahlen sind (kein Entgelt für eine Zusatzleistung) |
Als HK aktivierte Bauzeitzinsen; auch in den EZ, in denen sie sich über die AfA gewinnmindernd ausgewirkt haben (LE Rn. 13) |
Skonti und vergleichbare Vorteile, sofern diese nicht dem üblichen Geschäftsverkehr entsprechen (LE Rn. 16) |
Avalprovisionen/Avalgebühren |
Regelmäßig Vorfälligkeitsentschädigungen |
Abzinsungsbeträge nach § 6 Abs. 1 Nr. 3, 3a und § 6a Abs. 3 EStG (LE Rn. 12) |
Zinsen für betriebliche Steuerschulden nach §§ 233 ff. AO (LE Rn. 24a) |
Teilwertabschreibungen auf Forderungen (LE Rn. 18) |
Zahlung von Überpreisen des Kunden an den Lieferanten, deren Gutschrift auf einem besonderen Konto mit banküblicher Verzinsung erfolgt, führt zu einer Schuld beim Lieferanten |
In der Praxis sind folgende Themen besonders relevant:
»Durchlaufende Kredite«
Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt auch bei einem Unternehmen, das einen Kredit aufgenommen und weitergeleitet hat, ein hinzurechnungspflichtiger Tatbestand vor. Eine Saldierung von Zinsaufwendungen und Zinseinnahmen im Zusammenhang mit diesem durchgeleiteten Darlehen kommt demnach nicht in Betracht (LE Rn. 11).
Die ältere Rspr., nach der Entgelte für Schulden, die nur der vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienten, nicht der Hinzurechnung unterlagen (BFH vom 7.7.2004, BStBl II 2005, 102 m.w.N.) ist aufgrund der Änderung des § 8 Nr. 1 GewStG nicht mehr einschlägig.
Auch für den Fall, dass ein BesitzU ein Darlehen zur Modernisierung von Betriebsgebäuden aufgenommen hat und dieses Darlehen an die Betriebs-GmbH weiterreicht, sind die gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungen der rechtlich selbstständigen Unternehmen jeweils gesondert zu beurteilen (BFH vom 7.7.2004, BStBl II 2005, 102). Eine Saldierung dürfte hingegen im Falle eines sog. Zinsverbilligungszuschusses zur Verringerung der Zinslast in Betracht zu ziehen sein (H 8.1 Abs. 1 GewStG Stichwort »Verrechnung von Entgelten für Schulden mit erhaltenen Erstattungen«).
Beteiligung an einer vermögensverwaltenden GbR
Ist ein gewerbliches Unternehmen an einer nicht gewerblichen Grundstücksgemeinschaft (Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaft) beteiligt, gehören auch die im Rahmen der Grundstücksgemeinschaft aufgenommenen Schulden anteilig zu den Schulden des Gewerbebetriebs (H 8.1 GewStH Stichwort »Beteiligung an einer nicht gewerblichen Grundstücksgemeinschaft«).
Behandlung von Factoring und Forfaitierung
Gegenstand der Hinzurechnung sind gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 GewStG auch Diskontbeträge bei der Veräußerung (ohne Nebenkosten) von Wechsel- und anderen Geldforderungen, insbes. Abschläge vom Nennwert aus dem Verkauf von aktivierten Forderungen (sog. echtes Factoring, LE Rn. 17; Gebühren beim sog. unechten Factoring sind schon gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG als Gegenleistung für eine Kreditgewährung hinzuzurechnen).
Dies gilt gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 GewStG auch dann, wenn eine Forderung aus einem schwebenden Vertragsverhältnis veräußert wird (sog. Forfaitierung).
Der hinzuzurechnende Aufwand ergibt sich aus der Differenz zwischen der Summe der zu erwartenden Raten (jeweils zum Nominalwert), die der aus dem Vertrag Verpflichtete über die Laufzeit zu entrichten hat, und des vom Verkäufer an den Käufer zu entrichtenden Entgelts (LE Rn. 19). Maßgebend sind die Werte, die die Vertragsparteien ursprünglich vereinbart haben, so dass Entgeltanpassungsklauseln außer Betracht gelassen werden.
Der Erlös aus der Forfaitierung ist linear verteilt über die Restlaufzeit des schwebenden Vertrages hinzuzurechnen.
Hinweis:
In diesem Zusammenhang kommt der Rspr. des BFH (zum alten Recht) aktuelle Bedeutung zu. Für einen in der Praxis wichtigen Fall der Leasing-Forfaitierung (entgeltliche Abtretung der Ansprüche des Leasinggebers gegen den Leasingnehmer an einen Dritten) hat der BFH am 8.11.2000 (BStBl II 2001, 722) entschieden, dass es sich dabei grundsätzlich um einen Kauf handelt, der eine Behandlung als Dauerschuld ausschließt. Für den Fall allerdings, dass das sog. Bonitätsrisiko der Forderung beim Leasinggeber verbleibe (»Forfaitierung von Restwertforderungen aus Teilamortisations-Leasingverträgen«), läge eine (Dauer-)Schuld mit der Konsequenz des § 8 Nr. 1 GewStG vor (vgl. hierzu auch den Erlass vom 27.11.2009, BStBl I 2009, 1595).
Einen Sonderfall hatte der BFH im Rahmen von sog. Asset-Backed-Securities-Modellen (ABS) zu entscheiden. Hier hatten Stpfl. versucht, die gewerbesteuerliche Hinzurechnung (für Dauerschulden bei Forderungsverkäufen) zu vermeiden. Dem ist der BFH mit Urteil vom 26.8.2010 (BFH/NV 2011, 143) entgegengetreten. Demnach verbleibt das wirtschaftliche Eigentum an einer Forderung im Rahmen eines ABS beim Forderungsverkäufer, wenn er das Bonitätsrisiko (weiterhin) trägt. Dies ist der Fall, wenn der Forderungskäufer bei der Kaufpreisbemessung einen Risikoeinbehalt vornimmt, der den erwartbaren Forderungsausfall deutlich übersteigt, aber nach Maßgabe des tatsächlichen Forderungseingangs erstattungsfähig ist. Ist das wirtschaftliche Eigentum nach dieser Maßgabe beim Forderungsverkäufer verblieben, stellen die an den Forderungskäufer geleisteten »Gebühren« Entgelte für Schulden i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG (a.F.) dar, wenn der Vorfinanzierungsbetrag dem Forderungsverkäufer für mindestens ein Jahr zur Verfügung steht.
Behandlung der Kreditinstitute und gleichgestellter Unternehmen (§ 19 GewStDV)
Kreditinstitute und diesen gleichgestellte Gewerbebetriebe bleiben auch unter den neuen Hinzurechnungsbestimmungen begünstigt (§§ 35c GewStG, 19 GewStDV; sog. Bankenprivileg). Die faktische Freistellung von der Hinzurechnung der Finanzierungsentgelte für Kreditinstitute nach § 19 GewStDV ist durch das JStG 2009 auf andere Finanzdienstleister (Factoring- und Finanzleasingunternehmen) erweitert worden (§ 19 Abs. 3 GewStDV). Zu Anwendungsfragen vgl. auch R 8.8 und 8.9 GewStR sowie den Erlass vom 27.11.2009 (BStBl I 2009, 1595) zur Abgrenzung von Hilfs- und Nebengeschäften zu Finanzdienstleistungsgeschäften zu anderen Geschäften bei Leasing- und Factoringunternehmen.
»Verrechnungsmöglichkeiten«
Grundsätzlich können Zinserträge und Zinsaufwendungen für Zwecke des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG nicht saldiert werden. Die Verwaltung und die Rechtsprechung lassen jedoch Ausnahmen zu:
Eine Verrechnung von Entgelten für Schulden mit erhaltenen Erstattungen und Zuschüssen ist ausnahmsweise zulässig, wenn zwischen Aufwand und Zufluss ein ursächlicher Zusammenhang (für einen bestimmten Kredit) besteht (H 8.1 Abs. 1 GewStH Stichwort »Verrechnung von Entgelten für Schulden mit erhaltenen Erstattungen«).
Eine Saldierung einer Schuld mit einem Guthaben bei demselben Kreditgeber kann nur im Ausnahmefall bei Einheitlichkeit, Regelmäßigkeit oder gleichbleibender Zweckbestimmung der Kreditgeschäfte, bei regelmäßiger Verrechnung der Konten oder dann in Betracht kommen, wenn der über ein Konto gewährte Kredit jeweils zur Abdeckung der aus dem anderen Konto ausgewiesenen Schuld verwendet wird.
Auswirkungen der Zinsschranke
Der nach § 4h Abs. 1 EStG bzw. § 8a KStG nicht abziehbare Zinsaufwand hat den Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht verringert und ist deshalb der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG hinzuzurechnen. Zinsaufwendungen, die den Gewinn aus Gewerbebetrieb reduziert haben, sind nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG aber auch dann hinzuzurechnen, wenn sie nicht im Erhebungszeitraum angefallen sind, sondern aus einem Zinsvortrag i.S.v. § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG stammen.
Eisolt u.a., Die neue Hinzurechnungsbesteuerung, NWB Fach 5, 1659.
Redaktioneller Hinweis:
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