1 Gesellschaftsrechtlicher Hintergrund
1.1 Historie/Entwicklung
1.2 Die heutige Fassung
1.3 Präzisierungen
2 Geltung des § 15 Abs. 3 EStG?
2.1 Die Abfärbetheorie gem. § 15 Abs. 3 Nr.1 EStG
2.2 Die gewerblich geprägte doppelstöckige PersG gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
3 Bilanz- und Ertragsfragen
3.1 Die Beteiligung an der Untergesellschaft
3.2 Sonderbilanz und Sondervergütungen
3.2.1 Anteile an der KapG
3.2.2 Sonder- und Tätigkeitsvergütungen
3.3 Ergänzungsbilanzen
3.4 Die Ermittlung des Gewinns
3.4.1 Der Gewinn der Untergesellschaft
3.4.2 Der Gewinn der Obergesellschaft
4 Veräußerungstatbestände
4.1 Die einzelnen Veräußerungstatbestände
4.2 Veräußerung des Betriebs
4.3 Veräußerung der Obergesellschaft
4.4 Veräußerung des Anteils der Gesellschafter (natürliche Personen)
5 Begünstigung nach § 34a EStG
6 Anwendung von § 15a EStG bei doppelstöckigen Personengesellschaften
7 Literaturhinweise
8 Verwandte Lexikonartikel
Die doppelstöckige PersG verdankt ihre Existenz der Tatsache, dass zivilrechtlich Personen(handels)gesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften selbst wiederum Gesellschafter (Obergesellschaft) einer anderen PersG (Untergesellschaft) sein können. Die PersG (1) wird Untergesellschaft, die an ihr beteiligte PersG (2) wird Obergesellschaft genannt. Mit ihr konnten – vor allem – bis 1991 aktive und nachträgliche Tätigkeitsvergütungen (Pensionsverpflichtungen), die gegenüber der Untergesellschaft erbracht wurden, bei dieser als BA abgezogen werden.
Beispiel 1:
An der X-KG ist die Y-KG als Komplementärin mit den Gesellschafterinnen A und B beteiligt. Kommanditisten der X-KG sind Frau A und ihr Mann. Frau B erledigt die Geschäfte der X-KG und bekommt dafür ein Gehalt von 100 000 €/Jahr.
Vor Einführung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG hat der BFH (BFH vom 25.2.1991, BStBl II 1991, 691) den Charakter einer jeden einzelnen PersG als eigenständiges Steuersubjekt betont und demzufolge nur die Y-KG als Mitunternehmerin in der X-KG (neben den Kommanditisten Herrn A und Frau A) behandelt. Die Folge war, dass die Gesellschafterin der Y-KG, die nicht an der X-KG beteiligt war (Frau B), steuerlich nicht an der Untergesellschaft beteiligt war. Auf diese Weise hätten Leistungsaustauschbeziehungen zwischen diesen Gesellschaftern auf der »Subebene« und der Untergesellschaft aufgebaut werden können, deren steuerliche Folgen zu Betriebsausgaben bei der Y-KG geführt hätten, da die spezielle Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG (Tätigkeitsvergütungen und dgl. dürfen den Gewinn der PersG nicht mindern) nicht gegriffen hätte. Vor allem sollten mit dieser Gestaltung Pensionsverpflichtungen der Hauptgesellschafter zur Untergesellschaft mit der Folge gewerbe- und ertragsteuermindernder Wirkung aufgebaut werden.
Mit Einführung des 2. Satzes in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG hat der Gesetzgeber (StÄndG 1992) diesen Gestaltungsmöglichkeiten einen Riegel vorgeschoben. Von einer doppelstöckigen PersG spricht man seither, wenn eine gewerblich tätige oder geprägte PersG als Gesellschafterin (sog. Obergesellschaft) an der Untergesellschaft beteiligt und deren Gesellschafter durch eine ununterbrochene Mitunternehmer-Kette mit der Untergesellschaft verbunden sind.
Danach sind Gesellschafter, die über eine andere PersG (Y-KG) an einer Untergesellschaft (X-KG) beteiligt sind (hier: die Frauen A/B) den unmittelbar beteiligten Gesellschaftern (hier: Herr A) gleichzustellen, wenn und soweit alle im verbindenden Beteiligungsstrang als Mitunternehmer anzusehen sind und somit keine der beteiligten PersG gem. § 1a KStG zur Körperschaftsbesteuerung optiert hat, vgl. nachfolgend unter Ziffer 1.3.
Lösung 1: Geschäftsführergehalt Frau B
Als erstes Ergebnis werden die Gesellschafter der Y-KG auf die gleiche Stufe wie Herr A gestellt, soweit davon ihr steuerliches Verhältnis zur X-KG betroffen ist. Dies ist – wie hier bei Frau B – bei Dienstleistungen oder Nutzungsüberlassungen im Verhältnis zur X-KG der Fall. Die Geschäftsführer-Vergütung, die Frau B von der Untergesellschaft erhält, wird im Rahmen der Gewinnermittlung der X-KG nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als gewerblicher Gewinnanteil von Frau B behandelt.
Als weiteres Ergebnis ist darauf hinzuweisen, dass Frau A in zwei Gewinnermittlungsverfahren einbezogen ist, einmal zur X-KG und sodann zur Y-KG, bei der sie Hauptgesellschafterin ist.
Die Fiktion der Beteiligung der Subgesellschafter an der Untergesellschaft greift nur dann, wenn es sich bei der vermittelnden Obergesellschaft um eine PersG handelt und beide Gesellschafter (der Subgesellschafter wie die vermittelnde Obergesellschaft) in ihrem Beteiligungsstrang als Mitunternehmer anzusehen sind.
Schließlich wurde mit der Pluralformulierung im Einleitungssatz (Satz 2: »Der … über eine oder mehrere PersG beteiligte G’fter …«) erreicht, dass selbst bei einem über mehrere Ebenen in die Tiefe reichenden Beteiligungsstrang (mehrstöckige PersG) steuerlich der unmittelbare Bezug zur Untergesellschaft hergestellt wird. Auch unendlich viele zwischengeschaltete PersG entfalten keine Abschirmwirkung.
Die vorgenannten Grundsätze gelten nicht für PersG, die nach § 1a KStG zur Körperschaftsbesteuerung optiert haben. Bei der sog. optierenden Gesellschaft ist § 15 EStG nicht anzuwenden und daher eine Mitunternehmerstellung an dieser nicht möglich (s. § 1a Abs. 3 Satz 2 und 3 KStG).
Unter zwei Aspekten wird § 15 Abs. 3 EStG bei der doppel-(mehr-)stöckigen PersG diskutiert.
Nach früherer BFH-Rspr. galt die Infektionstheorie uneingeschränkt bei der doppelstöckigen PersG.
Beispiel 2:
Y-KG im obigen Bsp. ist nur vermögensverwaltend tätig und hält eine Beteiligung an der gewerblichen X-KG (Untergesellschaft).
Bei der Y-KG handelt es sich um eine landwirtschaftliche (freiberufliche) PersG, die eine Beteiligung an der gewerblichen X-KG hält.
Hiervon machte der BFH im Fall 1 (vermögensverwaltende Obergesellschaft) eine Ausnahme: Mit dem Urteil vom 6.10.2004 (BFH vom 6.10.2004, BFH/NV 2005, 129) sollte § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG a.F. bei der Beurteilung der Einkunftsart der Obergesellschaft, die an einer gewerblichen Untergesellschaft beteiligt ist, jedoch nicht mehr gelten, wenn es sich um eine vermögensverwaltende Obergesellschaft handelt. Die Tendenz der BFH-Rspr., die Abfärbetheorie generell einzuschränken (restriktive Anwendung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), machte auch vor dieser Fallgruppe nicht Halt. Nur im Fall (2) mutiert(e) die Y-KG durch die Beteiligung an der X-KG zu einer gewerblichen PersG.
Der Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung zur o.g. BFH-Rspr. (BMF vom 18.5.2005, BStBl I 2005, 698) wurde gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 bereits für VZ vor 2005 in das Gesetz übernommen. Danach führen künftig auch allein gewerbliche Beteiligungserträge eine Abfärbung der gewerblichen auf die übrigen Einkünfte herbei.
In Fortsetzung seiner restriktiven Rechtsprechung entschied der BFH darüber hinaus, dass gewerbliche Einkünfte im Sonderbereich eines Gesellschafters keine Abfärbung auf eine freiberufliche GbR bewirken können (vgl. BFH vom 28.6.2006, BStBl II 2007, 378).
Nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF vom 1.6.2006, DB 2006, 1763) führt jedoch die Vereinbarung von sog. Fallpauschalen mit ärztlichen Gemeinschaftspraxen im Rahmen der integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V zu einer gewerblichen Infizierung der gesamten Einkünfte der Gemeinschaftspraxis, sofern die Geringfügigkeitsgrenze von 1,25 % gemäß der BFH-Rechtsprechung (BFH vom 11.8.1999, BStBl II 2000, 229) überschritten ist. Diese Auffassung ist jedoch für Steuertatbestände nach dem 31.12.2008 nicht mehr anzuwenden, da das BMF-Schreiben vom 1.6.2006 mit Wirkung des BMF-Schreibens vom 23.4.2010 (BStBl I 2010, 391) aufgehoben wurde.
Weiterhin sollte nach Auffassung des BFH keine Abfärbung eintreten, wenn negative gewerbliche Einkünfte (Verluste) erzielt werden (BFH vom 12.4.2018, IV R 5/15, BStBl II 2020, 118). Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 EStG in der Fassung des »Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften« (»JStG 2019« vom 12.12.2019, BStBl I 2020, 17) tritt jedoch eine Abfärbung auch dann ein, wenn die erzielten gewerblichen Einkünfte negativ sind. Damit ist die vorgenannte BFH-Rspr. hinfällig. Nach § 52 Abs. 23 Satz 1 EStG ist die Neuregelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für VZ vor 2019 anzuwenden.
Mit Urteil vom 6.6.2019, IV R 30/16, BStBl II 2020, 649, hat der BFH entschieden, dass für die Abfärbung durch gewerbliche Beteiligungseinkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG keine Geringfügigkeitsgrenze gilt. Die Abfärberegelung sei in diesem Fall auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze verfassungsgemäß. Danach führe einkommensteuerlich jede Beteiligung, aus der die Gesellschaft gewerbliche (positive wie negative oder auch nur geringfügige) Einkünfte bezieht, zu einer Umqualifizierung aller weiteren Einkünfte dieser Gesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb. Jedoch sei § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein durch Abfärbung gewerblicher Beteiligungseinkünfte entstandenes gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind die im Urteil zum Ausdruck kommenden gewerbesteuerlichen Grundsätze nicht allgemein anzuwenden, da sie nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens gewesen seien. Streitig sei allein die gesondert und einheitliche Feststellung der Einkünfte einer PersGes gewesen, nicht hingegen Fragen zur Gewerbesteuer (vgl. gleich lautende Ländererlasse vom 1.10.2020, BStBl I 2020, 1032). Im Ergebnis vertritt damit die Finanzverwaltung weiterhin die Auffassung, dass eine Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG stets auch zu gewerbesteuerpflichtigen Einkünften i.S.d. § 2 Satz 1 GewStG führt. Hiergegen sind beim BFH unter den Az. VIII R 1/22 und IV R 18/22 aktuell weitere Revisionsverfahren anhängig.
In einem weiteren Urteil vom 12.10.2016, I R 92/12, BStBl II 2022, 123, hat der BFH die in dem konkreten Fall nicht streiterhebliche Aussage getroffen, dass der Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG voraussetze, dass neben den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Einkünfte einer anderen Einkunftsart erzielt werden. Besteht die Geschäftstätigkeit einer PersGes ausschließlich in dem Halten der Anteile an einer anderen PersGes und verfügt die PersGes über kein weiteres Vermögen, mittels dessen Einkünfte erzielt werden, sei § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht anwendbar. Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 14.1.2022, StEd 2022, 82, bekanntgegeben, diese Auslegung des Wortlauts des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden. Hieraus folgt, dass die Abfärbetheorie des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nach Auffassung der Finanzverwaltung wie bisher auch dann eintritt, wenn die Oberpersonengesellschaft ausschließlich eine Beteiligung an einer anderen gewerblichen Unterpersonengesellschaft hält.
Ohne dass es sich bei der Obergesellschaft um eine KapG handelt, führt die Implementierung einer Komplementär-GmbH bei der Obergesellschaft dazu, dass die Untergesellschaft gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 EStG als gewerblich geprägt zu bezeichnen ist.
Die Beteiligung an einer PersG, die nicht nach § 1a KStG zur Körperschaftsbesteuerung optiert hat, ist nach den allgemeinen Grundsätzen kein WG und entsprechend nicht in der Steuerbilanz auszuweisen (vgl. BFH vom 26.7.2011, X B 208/10, BFH/NV 2011, 1868), auch wenn in der Handelsbilanz eine Aktivierung des Vermögensgegenstands »Beteiligung an einer Personengesellschaft« vorgenommen werden muss. Innerhalb der Steuerbilanz entspricht der Beteiligungsansatz der (Ober-)Personengesellschaft den Anteilen der einzelnen WG des Gesellschaftsvermögens der (Unter-)Personengesellschaft.
Die Beteiligung an einer PersG, die nach § 1a KStG zur Körperschaftsbesteuerung optiert hat, gilt hingegen (nur) für ertragsteuerliche Zwecke als Beteiligung an einer KapGes und gehört somit zu den »Anteilen an einer Kapitalgesellschaft« (s. § 1a Abs. 3 Satz 1 KStG und § 2 Abs. 8 GewStG). Innerhalb der Steuerbilanz ist die Beteiligung an der optierenden Gesellschaft dann ein eigenständiges WG (BMF vom 10.11.2021, BStBl I 2021, 2212 unter Rn. 61).
Im Falle der gewerblich geprägten doppelstöckigen PersG sind zwei Varianten denkbar:
die Anteile an der Komplementär-GmbH werden von den Gesellschaftern der Obergesellschaft gehalten und
die Anteile an der Komplementär-GmbH werden von den Direkt-Gesellschaftern der Untergesellschaft gehalten.
In beiden Fällen stellen die Anteile notwendiges Sonderbetriebsvermögen II der jeweiligen Gesellschafter bei der Untergesellschaft dar (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).
Hieraus folgt, dass Gewinnanteile als gewerbliche Erträge umzuqualifizieren sind – und zwar auf der Ebene der Gewinnermittlung bei der Untergesellschaft. Das Teileinkünfteverfahren ist zu beachten und entsprechend anzuwenden.
Vergütungen der Gesellschafter der Obergesellschaft für Nutzungsüberlassungen und vergleichbare Tätigkeiten bei der Untergesellschaft werden als Sonder-Betriebseinnahmen in der Gewinnfeststellung der Untergesellschaft erfasst.
Umgekehrt verhält es sich mit den Aufwendungen dieses Gesellschafterkreises, wenn sie sich im Organisationsbereich der Untergesellschaft niederschlagen. So gehören etwa Finanzierungsaufwendungen für den Beteiligungserwerb an der Komplementär-GmbH zu Sonderbetriebsausgaben im »Buchungskreis« der Untergesellschaft. Diese Behandlung ist letztlich identisch mit derjenigen der Direktgesellschafter der Untergesellschaft. Daneben können die Gesellschafter der Obergesellschaft Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben im »Buchungskreis« der Obergesellschaft haben, wenn sie in deren Bereich tätig werden.
Beispiel 3:
B (obiges Bsp.) gewährt der gewerblich geprägten X-KG ein verzinsliches Darlehen.
Lösung 3:
Die Zinsen für das Darlehen sind bei der X-KG als Sonderbetriebseinnahmen des B in der Gewinnfeststellung der Untergesellschaft zu erfassen.
Kommt es zu einer entgeltlichen Übertragung der Beteiligung eines Gesellschafters an der Obergesellschaft, die über dem Wert des Kapitalkontos des Gesellschafters liegt, so sind zwei Ergänzungsbilanzen zu erstellen, wenn sich der Mehrwert auf beide verteilt:
In der ersten Ergänzungsbilanz, die bei der Obergesellschaft zu erstellen ist, werden die Mehrwerte dargestellt, die auf das anteilige Gesamthandsvermögen bei dieser entfallen und
in einer zweiten Ergänzungsbilanz, die bei der Untergesellschaft zu platzieren ist, werden die Mehrwerte für den Anteil an den stillen Reserven an den letztlich bei der Untergesellschaft erfassten Wirtschaftsgütern eingestellt.
Der Gesamtgewinn der Untergesellschaft wird aus deren Steuerbilanz entwickelt und um die individuellen Komponenten (Tätigkeitsvergütungen etc.) ergänzt. Die Gewinnanteile sowie die »persönlichen Einkunftskomponenten« sind den Gesellschaftern mitzuteilen. Bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnverteilung sind dies die zivilrechtlichen Gesellschafter der Untergesellschaft, einschließlich der Obergesellschaft. Zum Gesamtgewinn der Untergesellschaft gehören auch die Ergebnisse aus den Sonder- und Ergänzungsbilanzen ihrer Gesellschafter sowie als individuelle gewerbliche Erträge auch die Vergütungen für die Gesellschafter der Obergesellschaft (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).
In einer zweiten Grundlagengewinnermittlung wird auf der Ebene der Obergesellschaft zunächst deren Steuerbilanzergebnis, in das auch der Gewinnanteil aus der Beteiligung an der Untergesellschaft eingeflossen ist, festgestellt. Hinzu kommen alle individuellen gewerblichen Komponenten ihrer Gesellschafter gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG).
Neben dem Verkauf einzelner WG der Untergesellschaft, die bei ihr zu laufendem Gewinn führen, kann es bei der doppelstöckigen PersG auch zur Veräußerung des Betriebs sowie der Beteiligungen an der Untergesellschaft kommen.
Veräußert die Untergesellschaft ihren ganzen Betrieb bzw. einen Teilbetrieb (d.h. alle wesentlichen Betriebsgrundlagen inkl. des notwendigen Sonderbetriebsvermögens), so kommen §§ 16, 34 EStG zugunsten aller Gesellschafter zur Anwendung. Der begünstigte Veräußerungsgewinn wird allen Gesellschaftern anteilig zugeschrieben. Der an persönliche Voraussetzungen geknüpfte Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG kann allerdings von der Obergesellschaft nicht ausgenutzt werden.
Veräußert die Obergesellschaft ihren Betrieb (Teilbetrieb), so liegt die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor.
Veräußern die Gesellschafter ihre jeweiligen Anteile an der Untergesellschaft bzw. an der Obergesellschaft, so wird auf diese Veräußerung ebenfalls § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 16 Abs. 4, 34 EStG angewandt.
Bei doppel- und mehrstöckigen PersG sind der in der Untergesellschaft erzielte Gewinn (unter Berücksichtigung des Sonderbetriebsvermögens bei der Untergesellschaft) und die dort getätigten Entnahmen und Einlagen für Zwecke des § 34a EStG auch den mittelbar über die Obergesellschaft an der Untergesellschaft beteiligten Mitunternehmern zuzurechnen (BMF vom 11.8.2008, BStBl I 838, Rz. 21).
Zur Anwendung des § 15a EStG bei doppelstöckigen Personengesellschaften hat die OFD Frankfurt/M. in ihrer Verfügung vom 23.7.2013, DStR 2013, 2699, ausführlich Stellung genommen. Dargestellt am Beispiel einer doppelstöckigen Personengesellschaft wird seitens der OFD nachfolgende Rechtsauffassung bezüglich der Anwendung des § 15a EStG vertreten, die am folgenden Beispiel erläutert wird.
Beispiel 4:
Die A-GmbH & Co. KG (= Obergesellschaft) ist zu 100 % als Kommanditistin an der B-KG (= Untergesellschaft) beteiligt. Alleiniger Kommanditist der A-GmbH & Co. KG ist die natürliche Person A, ebenfalls mit einer Kapitalbeteiligung von 100 %.
Im VZ 22 haben sich die Kapitalkonten der Gesellschafter in der jeweiligen Steuerbilanz wie folgt entwickelt:
Ebene der Untergesellschaft |
||
Kapitalkonto der Obergesellschaft am 1.1.22 |
400 000 € |
|
Verlust 22 |
./. |
500 000 € |
Kapitalkonto der Obergesellschaft am 31.12.22 |
./. |
100 000 € |
Rechtsfolge: Der Verlustanteil der Obergesellschaft ist gem. § 15a Abs. 1 EStG i.H.v. 400 000 € ausgleichsfähig und i.H.v. 100 000 € nur mit künftigen Gewinnen verrechenbar.
Ebene der Obergesellschaft |
||
Kapitalkonto der Obergesellschaft am 1.1.22 |
400 000 € |
|
Originärer Verlust der Obergesellschaft |
./. |
650 000 € |
Verlustanteil 22 aus der Untergesellschaft |
./. |
500 000 € |
Kapitalkonto des A am 31.12.22 |
./. |
50 000 € |
Beteiligt sich eine Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft) in der Weise, dass sie Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann, so ist die Obergesellschaft – und nicht deren Gesellschafter – nicht nur zivilrechtlich Gesellschafterin, sondern auch im steuerrechtlichen Sinne Mitunternehmerin der Untergesellschaft. Dies hat zur Folge, dass der Anteil der Obergesellschaft am Gewinn oder Verlust der Untergesellschaft verfahrensrechtlich bindend bereits auf der Ebene der Untergesellschaft festgestellt und unmittelbar der Obergesellschaft zugerechnet wird (§§ 179, 180, 182 AO) und in deren Gesamtergebnis aus dem eigenen Betrieb und der Beteiligung an der Untergesellschaft eingeht (BFH vom 26.1.1995, IV R 23/93, BStBl II 1995, 467, 469). Bilanziell ist bei mehrstöckigen Personengesellschaften die dem Betriebsvermögen der Obergesellschaft zugehörige Kommanditbeteiligung steuerrechtlich, abweichend von der handelsrechtlichen Beurteilung, nicht als eigenständiges Wirtschaftsgut zu qualifizieren, sondern repräsentiert lediglich die Anteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens der Untergesellschaft (BFH vom 18.2.1993, IV R 40/92, BStBl II 1994, 224). Danach dürfte an sich die Kommanditbeteiligung der Obergesellschaft an der Untergesellschaft in der Steuerbilanz der Obergesellschaft nicht als Wirtschaftsgut »Finanzanlagen« oder »Beteiligung« ausgewiesen werden. Die Praxis löst dieses Problem regelmäßig durch Anwendung der sog. »Spiegelbildmethode« auf den Personengesellschaftsanteil der Obergesellschaft an der Untergesellschaft in der Steuerbilanz der Obergesellschaft. Dadurch entspricht das Kapitalkonto der Obergesellschaft in der Steuerbilanz der Untergesellschaft dem Beteiligungsansatz derselben an der Untergesellschaft in ihrer eigenen Steuerbilanz. Die Gewinn- und Verlustanteile der Obergesellschaft an der Untergesellschaft werden in voller Höhe in der Steuerbilanz der Obergesellschaft gewinnwirksam erfasst und wirken sich dadurch auf das Kapitalkonto des Gesellschafters der Obergesellschaft aus. Dies gilt auch für die auf der Ebene der Untergesellschaft nur als verrechenbar festgestellten Verluste, da die Frage der Zurechnung von Einkünften nicht durch die Regelung des § 15a Abs. 1 bis 4 EStG berührt wird (H 15a [Allgemeines] EStH 2022, OFD Frankfurt/M. vom 1.8.1996, FR 1996, 683). Der als nur verrechenbar festgestellte Verlust kann also durch die Zwischenschaltung einer weiteren Personengesellschaft – unabhängig von deren Kapitalausstattung – nicht in einen ausgleichsfähigen Verlust umqualifiziert werden. Über Höhe und Zurechnung der Einkünfte wird bindend allein auf der Ebene der Untergesellschaft durch eine einheitliche und gesonderte Feststellung nach §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO entschieden. Daneben ist in einem gesonderten Verfahren nach § 15a Abs. 4 EStG – ebenfalls auf der Ebene der Untergesellschaft – die Höhe des verrechenbaren Verlustanteils der Obergesellschaft gesondert festzustellen. Ein insoweit bei der Untergesellschaft festgestellter verrechenbarer Verlust bleibt aufgrund der Bindungswirkung von gesonderten Feststellungsbescheiden nach § 182 AO auch im Rahmen der Gewinnfeststellung für die Obergesellschaft als solcher erhalten. Um eine dem Sinn und Zweck des § 15a EStG widersprechende doppelte Berücksichtigung des schon bei der Untergesellschaft festgestellten verrechenbaren Verlustes zu vermeiden, ist das in der Steuerbilanz der Obergesellschaft geminderte Kapitalkonto und damit das zur Verfügung stehende Verlustausgleichspotenzial entsprechend zu berichtigen. Hierzu ist ein außerbilanzieller – nur für Zwecke des § 15a EStG maßgeblicher – Merkposten zu bilden, in dem sich die Entwicklung des verrechenbaren Verlustes aus der Untergesellschaft widerspiegelt.
Lösung 4:
Zur Anwendung des § 15a EStG bei der Obergesellschaft ergibt sich für A ein korrigiertes Kapitalkonto:
Kapital des A am 1.1.22 lt. Steuerbilanz |
1 100 000 € |
|
Verlustanteil 18 originärer Verlustanteil der Obergesellschaft |
./. 650.000 € |
|
Verlustanteil aus der Untergesellschaft |
./. 500 000 € |
./. 1 150 000 € |
Kapital des A am 31.12.22 lt. Steuerbilanz |
./. 50 000 € |
|
außerbilanzieller Merkposten für Zwecke des § 15a EStG (= Höhe des verrechenbaren Verlustes aus der Untergesellschaft |
100 000 € |
|
maßgebliches Kapital am 31.12.22 i.S.d. § 15a Abs. 1 EStG (= Verlustausgleichspotenzial für künftige Verluste) |
50 000 € |
Auf der Ebene der Obergesellschaft sind für A folgende Besteuerungsgrundlagen einheitlich und gesondert festzustellen:
zuzurechnender Verlustanteil |
1 150 000 € |
davon sind ausgleichsfähig |
1 050 000 € |
davon sind nur verrechenbar |
100 000 € |
Im Falle der Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft kann ein verrechenbarer Verlust aus der Untergesellschaft mit dem Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft insoweit verrechnet werden, als diesem entsprechende stille Reserven im Betriebsvermögen der Untergesellschaft gegenüberstehen oder er auf der Auflösung eines negativen Kapitalkontos der Obergesellschaft bei der Untergesellschaft beruht.
Zerbe/Hafner, Bestimmung des Kapitalkontos und nur verrechenbarer Verluste i.S.v. § 15a EStG bei doppelstöckigen Personengesellschaften, DStR 2015, 1292; Baschnagel, Ertragsteuerliche Aspekte doppelstöckiger Personengesellschaften, BB 2015, 349; Hülsmann, Die gewerbesteuerlichen Folgen der Veräußerung einer doppelstöckigen Personengesellschaft durch eine Kapitalgesellschaft, DStR 2014, 184; Wendt, Ungelöste Fragen zur Abfärbung durch Beteiligungseinkünfte, FR 2022, 473.
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