1 Glücksspiel – »Vorkommen« im Einkommensteuer- und Umsatzsteuerrecht
2 Glücksspielgewinne
2.1 Definition
2.2 Rechtsfolgen
2.2.1 Keine Zuordnung zum (gewillkürten) Betriebsvermögen
2.2.2 Steuerpflicht von Glücksspielgewinnen
2.2.3 »Einwand« gegen »Schwarzeinnahmen«
3 Umsatzsteuerliche Behandlung von Gewinnen aus Glücksspielen
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel
Unter mehreren Aspekten wird das Thema der Glücksspielgewinne im Einkommensteuerrecht aufgegriffen:
Steuerbarkeit von Glücksspielgewinnen,
Steuerbarkeit der Trinkgelder,
Steuerpflicht der Veranstalter von Glücksspielen,
Steuerbarkeit der Trinkgelder,
Glücksspielgewinne als Schutzbehauptung bzw. zur Widerlegung von behaupteten »Schwarzeinnahmen« bei einer Außenprüfung (anlässlich einer Geldverkehrsrechnung).
Daneben gab es einen Streit über die Umsatzsteuerbarkeit von Glücksspielumsätzen, auf den der Gesetzgeber inzwischen mit einer Gesetzesänderung reagiert hat. Nach der Neuregelung werden auch die Umsätze öffentlich zugelassener Spielbanken in die Umsatzsteuerpflicht einbezogen. Auch nach der Einführung der sog. virtuellen Automatensteuer (§ 36 ff. RennwLottG i.d.F. vom 25.6.2021) bestehen an der Umsatzsteuerpflicht der Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit keine ernstlichen Zweifel (BFH Beschluss vom 26.9.2022, XI B 9/22, BStBl II, 276,467).
In dem Urteil vom 20.4.1999 definiert der BFH (BFH vom 20.4.1999, VIII R 73/96, BStBl II 1999, 466) ein Glücksspiel – im Unterschied zu Termingeschäften – wie folgt:
»… Es wird darauf hingewiesen, daß zwischen den … Termingeschäften und den reinen Glücksspielen grundlegende Unterschiede bestünden. Reine Glücksspiele um Geld fänden außerhalb des Wirtschaftskreislaufs im gesellschaftlichen Bereich statt und schüfen sich ihre Risiken gleichsam selbst. Ihre Ergebnisse hingen meist vom Zufall ab. Sie erforderten regelmäßig weder eine nennenswerte geistige Tätigkeit, noch würden sie nach den anerkannten Prinzipien einer (professionellen) Vermögensanlage überwacht. Sie dienten dem Zeitvertreib, der Zerstreuung und dem »Nervenkitzel« des Spielers. Demgegenüber nehme sich der Terminspekulant der Risiken an, die im Wirtschaftskreislauf vorgegeben seien. Bei der seriösen, auf Kenntnissen beruhenden Terminspekulation handle es sich um eine geistige Tätigkeit, welche aus den Erfahrungen der Vergangenheit und aus der Beobachtung der gegenwärtigen Ereignisse die künftige Entwicklung prognostiziere, um durch entsprechende geschäftliche Handlungen wirtschaftliche Vorteile zu erzielen …«
Unter »reinen« Glücksspielen werden in der Rspr. des BFH sodann verstanden: Lotto, Toto oder Roulette (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.9.1970, I R 133/68, BStBl II 1970, 865,; BFH-Urteil vom 3.10.1989, VIII R 184/85, BStBl II 1990, 319). Abzugrenzen sind nicht steuerbare Glücksspielgewinne insbes. auch von sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG. So sind Preisgelder für die Teilnahme an Unterhaltungsveranstaltungen und Fernsehshows als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern, wenn die Kandidaten mit ihrer Teilnahme eine Leistung gegenüber dem Veranstalter, Produzenten bzw. Fernsehsender erbringen (vgl. BFH-Urteil vom 28.11.2007, IX R 39/06, BStBl II 2008, 469 zu »Dating-Show« sowie das hierzu ergangene BMF-Schreiben vom 30.5.2008, IV C 3 – S 2257/08/10001, BStBl I 2008, 645 für Normalbürger und das BMF-Schreiben vom 27.6.2006, IV B 2 – S 2246 – 6/06, BStBl I 2006, 342 zur ertragsteuerlichen Behandlung der Einnahmen prominenter Kandidaten aus Spiel- und Quizshows im Fernsehen). Zur Begriffsbestimmung des Glücksspiels vgl. auch § 3 Abs. 1 des Glücksspielstaatsvertrags 2021 (GlüStV 2021), wobei derzeit ein Verfahren beim EuGH zur Unvereinbarkeit des deutschen Glücksspielstaatsvertrages mit EU-Recht unter dem Az. C-440/23 anhängig ist.
Unter der theoretischen Voraussetzung, dass nur solche Geschäfte dem gewillkürten BV zugeordnet werden können, die objektiv zur Förderung des Betriebs geeignet sind, spricht der BFH in seinem Urteil vom 20.4.1999 (a.a.O.) voraussetzungslos Glücksspielen die Eignung zum gewillkürten BV ab. Im Urteil sah er indessen für eine Textilienhandels-KG durchaus die Möglichkeit, dass branchenuntypische Devisentermingeschäfte Eingang in das Betriebsergebnis finden könnten.
Während (private) Glücksspielgewinne – mangels Zuordenbarkeit zu den Einkunftsarten i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG bzw. mangels marktoffenbarer Betätigung – nicht steuerbar sind, kann die Veranstaltung von Glücksspielen zu steuerbaren und stpfl. Einkünften aus Gewerbebetrieb führen (vgl. BFH Beschluss vom 28.6.1996, BFH/NV 1996, 750, 751, m.w.N. und BFH Beschluss vom 12.1.1998, BFH/NV 1998, 854). In diesem Zusammenhang wird § 41 AO bemüht, wonach von der Rechtsordnung nicht erlaubte Geschäfte durchaus zu gewerblichen Einkünften i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG führen können. Der BFH (Urteil vom 16.9.2015, X R 43/12, BStBl II 2016, 48) hat diesbezüglich entschieden, dass die Teilnahme an Turnierpokerspielen als Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG zu qualifizieren sei. Die im Urteilsfall gespielten Pokervarianten »Texas Hold’em« und »Omaha« seien nicht als reines – und damit nicht einkommensteuerbares – Glücksspiel, sondern als Hybrid zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspiel zu qualifizieren. Die Feststellung von einkommensteuerbaren Einkünften unterliege dabei einer Würdigung des Einzelfalls. Für die Feststellung der Teilnahme an Pokerturnieren als Einkünfte aus Gewerbebetrieb müssen insbes. die Merkmale »Nachhaltigkeit« und »Gewinnerzielungsabsicht« überprüft werden und gegen das Negativmerkmal »private Vermögensverwaltung« abgegrenzt werden. Im Urteilsfall lagen gemäß der Auffassung des BFH die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs vor. Der Kläger habe am allgemeinen Verkehr dergestalt teilgenommen, dass er eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt für Dritte äußerlich erkennbar angeboten habe. Er sei nach außen in Erscheinung getreten und habe sich mit seiner Tätigkeit an die (beschränkte) Allgemeinheit gewendet. Durch die öffentliche Darbietung seiner Fähigkeiten und die Bezahlung in Abhängigkeit von der erreichten Platzierung sind diese Voraussetzungen nach Auffassung des BFH erfüllt. Die private Vermögensverwaltung sei durch die professionelle Ausgestaltung seiner Spielbedürfnisse ebenfalls überschritten (die Entscheidung des BFH wurde als Verfassungsbeschwerde beim BVerfG eingereicht, durch dieses jedoch nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG Beschluss vom 16.8.2017, 2 BvR 2387/15). Zu beachten in diesem Zusammenhang sind die Urteile des EuGH vom 21.10.2014, C-344/13 und C-367/13, die zur Besteuerung von Gewinnen bei Glücksspielen in anderen Mitgliedstaaten und zur Steuerbefreiung solcher Gewinne, wenn sie aus dem Inland stammen, ergangen sind. In den Urteilsfällen hatte der EuGH entschieden, dass die einkommensteuerliche Freistellung von Gewinnen aus inländischen (im Urteilsfall: italienischen) Gewinnen bei gleichzeitiger einkommensteuerlicher Besteuerung von Gewinnen aus im Ausland durchgeführten Glücksspielen eine diskriminierende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auslösen. Rechtfertigungsgründe für die unterschiedliche einkommensteuerliche Behandlung von Gewinnen aus Glücksspielen waren für den EuGH nicht erkennbar; die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung zur Bekämpfung von Geldwäsche konnte den EuGH nicht überzeugen. Weiterhin kritisierte der EuGH das vorgebrachte Motiv der Bekämpfung der Spielsucht durch die (Nicht-)Besteuerung von Gewinnen aus in- bzw. ausländischen Glücksspielen. Es sei widersprüchlich, dass ein Mitgliedstaat, der die Spielsucht bekämpfen möchte, einerseits die Verbraucher, die an Glücksspielen in anderen Mitgliedstaaten teilnehmen, besteuere, und andererseits dieselben Verbraucher von der Steuer befreie, wenn sie an Glücksspielen in Italien teilnehmen würden. Eine solche Befreiung könne nämlich für die Verbraucher einen Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel darstellen und sei daher nicht geeignet, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten.
Auch ein erzielter »Projektgewinn« aus dem TV-Sendeformat »Big Brother« ist einkommensteuerpflichtig – dies hat der IX. Senat des BFH mit Urteil vom 24.4.2012 (IX R 6/10) entschieden. Damit bestätigt der IX. Senat das Urteil aus der ersten Instanz (vgl. FG Köln vom 29.10.2009, 15 K 2917/06). Der Kläger schuldete – wie alle anderen Teilnehmer – dem Veranstalter seine ständige Anwesenheit im Big-Brother-Haus. So musste er sich ununterbrochen filmen lassen und nach Auswahl an Wettbewerben mit anderen Kandidaten teilnehmen. Das aktive sowie passive Verhalten des Klägers hat der BFH dabei in Anbetracht des entgeltlichen Teilnahmevertrags als stpfl. sonstige Leistung angesehen. Der Projektgewinn wird dabei als Gegenleistung für die erbrachte Leistung des Klägers angesehen. Mit Annahme des Projektgewinnes hat der Kläger den Gewinn seiner erwerbswirtschaftlichen und damit steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zugeordnet. Mit dem Urteil stellt der BFH fest: Die Teilnahme an der Big-Brother-Show wird nicht als Spiel oder Wette gewertet. Dagegen zählen z.B. Lottogewinne nicht zu Einkünften i.S.d. Einkommensteuerrechts, sie müssen demnach nicht versteuert werden. Das Gleiche gilt für Gewinne bei Quizshows wie »Wer wird Millionär?«.
Aus den eben genannten Gründen wird oftmals der Einwand erhoben, dass sich die seitens des FA behaupteten und glaubhaft geltend gemachten »Lücken« in der Geldverkehrsrechnung bzw. die Kassenfehlbeträge durch erfolgreiche Besuche in der Spielbank erklären lassen.
Hierzu hat das FG Baden-Württemberg seinerzeit dezidiert Stellung bezogen und die Anforderungen, die das Gericht für eine Anerkennung von nicht aufklärbaren Einzahlungen verlangt, dargelegt. Demnach sei gem. § 158 AO für ein Beweisangebot zum Nachweis von Spielbankgewinnen die Angabe über die Höhe der einzelnen Gewinne und der gespielten Einsätze im fraglichen Zeitraum sowie die Verwendung der Gewinne notwendig (FG Baden-Württemberg vom 17.3.1998, EFG 1998, 919). Das Zeugnis über Gewinne allein reiche insoweit nicht aus. Die Rechtsauffassung des FG Baden-Württemberg wurde durch das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 24.8.1998, IX 142/95) bestätigt. Nach Ansicht des FG Berlin-Brandenburg obliegt der Nachweis über Höhe und Zeitpunkt oder Zeitraum von nicht einkommensteuerpflichtigen Geldzuflüssen aus Spielbankgewinnen rechtmäßig dem Stpfl. Ein Zeugenbeweis für die Tatsache, dass Spielgewinne erzielt worden sind, ist ohne Beweisantritt zu Spielverlusten und zur Verwendung von Überschüssen untauglich zum Nachweis von Vermögenszuflüssen aus dem Spiel.
Hinweis:
Die herkömmlichen und beweisbaren Behauptungen in diesem Zusammenhang über den Spielbankbesuch als solchen und die Gewinne reichen nicht mehr aus. Es muss folglich über die einzelnen Gewinne »Buch geführt« werden und dies von einem kompetenten Zeugen!
Gem. § 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG sind Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen, steuerfrei. Wetten am Totalisator sind gem. §§ 10, 11 RennwLottG steuerbar, § 17 sieht die Lotteriesteuerpflicht für inländische öffentliche Lotterien und § 21 die Lotteriesteuerpflicht für in das Inland eingebrachte ausländische Lose vor. Umsatzsteuerfrei ist entsprechend der Veranstalter der Wette oder der Lotterie. Umsatzsteuerfrei sind entsprechend Oddset-Wetten, der Betrieb von Losbuden auf Jahrmärkten, Geschicklichkeitsspiele und Ausspielungen auf Tombolas. Wird die Durchführung der Lotterie auf ein anderes Unternehmen übertragen, ist die dafür enthaltene Gegenleistung umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig (BFH vom 10.12.1970, V R 50/67, BStBl II 1971, 193). Analog dazu sind Vermittler von Wetten und Lotterien nicht rennwett- und lotteriesteuerpflichtig und unterliegen mit ihren Umsätzen entsprechend der Umsatzsteuer (BFH vom 4.5.2011, XI R 4/09, BFH/NV 2011, 1736). Hierzu zählen insbes. Toto- und Lottoannahmestellen (BFH vom 20.2.1951, II 134/50, BStBl III 1951, 59). Ebenfalls umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig sind Preisausschreiben (BFH vom 23.2.1961, V 262/58 U, BStBl II 1961, 220) und sog. Fun-Games. Bei diesen erhält der Spieler die Möglichkeit zur Wiedererlangung seines Geldeinsatzes bzw. die Möglichkeit weiterzuspielen. Da bei diesen Spielen die Möglichkeit für den Spieler die Chance, einen Geldgewinn zu gewinnen, nicht besteht, handelt es sich hierbei nicht um ein Glücksspiel mit Geldeinsatz. Entsprechend ist die Anwendung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG ausgeschlossen (BFH vom 29.5.2008, V R 7/06, BStBl II 2009, 64). Für alle gem. § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG steuerbefreiten Umsätze gilt, dass auf die Steuerbefreiung nicht gem. § 9 UStG verzichtet werden kann. Ein Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist demnach stets ausgeschlossen. Die Bemessungsgrundlage für die stpfl. Umsätze (§ 10 UStG) bilden grundsätzlich die vollen Spieleinsätze (die Einnahmen der Veranstalter) abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer (BFH vom 18.8.2005, V R 42/02, BFH/NV 2005, 2335). Bei Spielautomaten kommt als Bemessungsgrundlage auch der Anteil der Spieleinsätze in Betracht, die nicht wieder an den Spieler ausgeschüttet werden. Voraussetzung dafür sind eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestausschüttung sowie die Möglichkeit der Trennung der ausgeschütteten und der einbehaltenen Einsätze. Bezüglich der Umsatzsteuerpflicht hinsichtlich des Betriebs von Glücksspielautomaten mit Geldspieleinsatz hat der BFH mit Beschluss vom 22.2.2017 (Az. V B 122/16, BFH/NV 2017) entschieden, dass diese umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig sind. Der BFH führt diesbezüglich aus, dass die vom Kläger angeführte Umsatzsteuerbefreiung aufgrund von § 6 Abs. 1 SpielbkV durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG verdrängt worden ist. Nach Auffassung des BFH hat § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1967 eine Steuerfreiheit für »die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind«, vorsah, diese Norm die Umsatzsteuerfreiheit nach der SpielbkV als junges und spezielles Gesetz verdrängt. Damit ist entschieden, dass die Regelung in § 6 Abs. 1 SpielbkV heute für den Bereich der Umsatzsteuer nicht mehr gilt. Zudem ist durch die Rspr. geklärt, dass die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten aufgrund der am 6.5.2006 in Kraft getretenen – mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Neuregelung – des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG stpfl. sind (BFH vom 10.11.2010, XI R 79/07, BStBl II 2011, 311; BFH vom 4.7.2016, V B 115/15, BFH/NV 2016, 1592 unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 10.6.2010, C-58/09, BFH/NV 2010, 1590). Diese Bestimmung ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 16.4.2012. 1 BvR 523/11, BFH/NV 2012, 1405).
Hinsichtlich der für die Ermittlung der Umsatzsteuer zugrunde zu legenden Bemessungsgrundlage (§ 10 UStG) ist durch die Rspr. des EuGH (Urteil vom 24.10.2013, C-440/12, »Metropol«, MwStR 2013, 693) bestätigt worden, dass als Bemessungsgrundlage für Umsätze mit Spielgeräten die monatlichen Kasseneinnahmen zugrunde gelegt werden können, die ihrerseits von der Höhe der Gewinne und Verluste der jeweiligen Spieler abhängen. Dies verstößt nicht schon deshalb gegen das Unionsrecht, weil keine Proportionalität zwischen der geschuldeten Mehrwertsteuer und den isoliert betrachteten Einsätzen der einzelnen Spieler besteht. Zwar hat sich der EuGH dabei auf Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28.11.2006 (MwStSystRL) im Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 2 Satz 1 MwStSystRL bezogen. Es sind jedoch keine Gründe erkennbar, aus denen sich unter zusätzlicher Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL Abweichendes ergeben sollte. Der BFH hat diese Rechtsauffassung mit Beschluss vom 30.9.2015 (Az. V B 105/14, BFH/NV 2016, 84) bestätigt.
Mit Schreiben vom 27.5.2019 hat das BMF (Az. III C 2 – S 7100/19/10001:005, BStBl I 2019, 512) zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von platzierungsunabhängigen Preisgeldern Stellung genommen. Ansatzpunkt ist hier die Entscheidung des BFH vom 2.8.2018 (Az. V R 21/16, BStBl II 2019, 339). Dieser hatte in seiner Entscheidung betont, dass die Teilnahme an Turnieren zur Erzielung von platzierungsabhängigen Preisgeldern nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolge. Der V. Senat hat sich dabei sowohl auf die Entscheidung des EuGH vom 10.11.2016 (C-432/15, MwStR 2016, 991) als auch auf die zuvor ergangene Entscheidung des XI. Senats vom 30.8.2017 (Az. XI R 37/14, BStBl II 2019, 336) bezogen. Die Urteilsgrundsätze des BFH und die darin umgesetzte Rspr. des EuGH gelten für platzierungsabhängige Preisgelder des Veranstalters bei Pferderennen und Pokerturnieren, bei sportlichen Wettbewerben, Schönheitskonkurrenzen, Ausscheidungsspielen, Glücksspielen und Ähnlichem. Sie gelten nicht für Leistungen eines Geldspielautomatenaufstellers oder Spielbankbetreibers, da deren sonstige Leistung in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance besteht und der Spieleinsatz der Teilnehmer hierfür entgeltliche Gegenleistung ist. Die Fälle der Zahlung eines platzierungsabhängigen Preisgeldes sind von solchen Fällen zu unterscheiden, in denen jeder Teilnehmer eines Wettbewerbs eine Zahlung seitens des Veranstalters erhält und nur die Höhe der Zahlung ungewiss ist. Die Ungewissheit beseitigt den Leistungsaustausch in diesen Fällen nicht, da die vom Veranstalter geleistete Zahlung die tatsächliche Gegenleistung für die Teilnahme am Wettbewerb und nicht für das Erreichen einer bestimmten Platzierung ist. Im Gegensatz zu der Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses stellt die Teilnahme einen verbrauchsfähigen Vorteil dar. In diesen Fällen hat die Ungewissheit dann allein Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage des Umsatzes jedes Teilnehmers. Überdies ist die Rspr. nicht auf alle Arten von Leistungen zu übertragen, die gegen Zahlung einer erfolgsabhängigen Vergütung erbracht werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie Bestimmungen zu Vermittlungsleistungen enthält, deren Gegenleistung typischerweise erfolgsabhängig. Im Regelfall wird auch eine erfolgsabhängige Vergütung als Gegenleistung für eine steuerbare Leistung (z.B. Vermittlung, Verkaufsförderung, Versteigerung, Währungsumtausch o.Ä.) gezahlt. Die Ungewissheit der Zahlung des Entgelts beseitigt den unmittelbaren Zusammenhang mithin nicht ausnahmslos. Folglich ist bei der Prüfung, ob bei erfolgsabhängigen Vergütungen ein Leistungsaustausch vorliegt, zukünftig danach zu differenzieren, ob die Zahlung für einen (ungewissen) Erfolg oder aufgrund einer tatsächlich erbrachten Leistung gezahlt wird.
Mit Urteil vom 11.12.2019 (Az. XI R 13/18, BStBl II 2020, 296) hat der BFH bestätigt, dass Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten umsatzsteuerbar sind. Aufsteller von Geldspielautomaten können sich seit dem 6.5.2006 nicht mehr auf die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG oder Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen. Der BFH bestätigt durch dieses Urteil das Urteil vom 10.11.2010 (Az. XI R 79/07, BStBl II 2011, 311). Bezüglich Umsatzsteuer ist § 6 SpielbkV seit dem 1.1.1968 außer Kraft getreten. Zudem stellt der BFH in seinem Urteil fest, dass Umsatzsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe auf Glücksspiele kumulativ erhoben werden dürfen, sofern die Sonderabgabe nicht einer Umsatzsteuer entspricht (Verweis auf EuGH vom 24.10.2013, C-440/12, HFR 2013, 1166). Nicht entscheidungserheblich war für den BFH ein möglicher Verstoß gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot hinsichtlich der Anrechnung der Umsatzsteuer auf die Spielbankabgabe.
Leipold in Sölch/Ringleb, UStG, Stand: März 2020 (88. EL), § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG; Rock, Aktuelle Rechtsprechung zum Glücksspielrecht, ZfWG 2019, 427–442; Blank/Webel, Poker und Roulette – auch online möglich, PStR 2021, 191–192.
→ Einkünfte aus Gewerbebetrieb
→ Steuerfreie Einnahmen nach dem EStG, ABC-Form
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