Grundstück im Zustand der Bebauung

Stand: 16. Dezember 2022

Inhaltsverzeichnis

1 Bewertung für die Grundsteuer
2 Definition des Grundstücks im Zustand der Bebauung
3 Bewertung für die Erbschaftsteuer nach der Rechtslage ab 1.1.2009
4 Bewertung für die Erbschaftsteuer in der Rechtslage bis zum 31.12.2009
5 Verwandte Lexikonartikel

1. Bewertung für die Grundsteuer

Bei der Einheitsbewertung bleiben bei Grundstücken im Zustand der Bebauung die nicht bezugsfertigen Gebäude oder Gebäudeteile bei der Ermittlung des Werts außer Ansatz (§ 91 BewG; Abschn. 47 Abs. 2 BewRGr).

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Der BFH hat erhebliche Zweifel, dass die derzeitigen Regelungen zur Einheitsbewertung dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz des Art. 3 GG genügen. Der BFH legte mit Beschluss vom 22.10.2014 (LEXinform 0442658) ein entsprechendes Verfahren dem BVerfG vor. In diesem ist der BFH der Ansicht, dass die im Streitfall anzuwendenden Vorschriften über die Einheitsbewertung (§§ 19, 20, 21, 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 Satz 2 BewG) verfassungswidrig sind und deshalb dem Einheitswert vom 1.1.2009 nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Zur Begründung stellte der BFH fest, dass der Hauptfeststellungszeitpunkt gesetzlich im Jahre 1965 auf den 1.1.1964 festgelegt wurde. Dies erfolgte mit der Maßgabe, dass Wertverhältnisse für Einheitswerte künftig alle sechs Jahre neu bestimmt werden. Der Gesetzgeber hätte also von 1965 an alle fünf bis sechs Jahre einen neuen Hauptfeststellungszeitpunkt mit neuen maßgeblichen Wertverhältnissen bestimmen müssen. Seit dieser Zeit wurde aber mangels spezieller gesetzlicher Anordnung keine neue Hauptfeststellung mehr durchgeführt. Diese Verknüpfung des Hauptfeststellungszeitpunkts mit den tatsächlichen Wertverhältnissen sollte die Gleichmäßigkeit der Bewertung sichern. Nur wenn sich die »tatsächlichen Verhältnisse« (z.B. Größe des Grundstücks) ändern, führt diese Änderung zu einer Wertfortschreibung des Einheitswerts. Die verminderte Ertragskraft eines Grundstücks (z.B. durch veränderte Einzelhandelsstruktur und damit veränderte Käuferströme, sinkende Kaufkraft der Region) führt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht zu einer Veränderung der »tatsächlichen Verhältnisse«, sondern betrifft lediglich die »Wertverhältnisse«, die zu keinen neuen Einheitswerten führen.

Gemäß gleichlautendem Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 18.5.2015 (FinMin BW, 3 – S-0338(66) ergehen künftige Einheitswertbescheide vorläufig, wobei dies ausweislich des Wortlautes der o.g. Verfügung kein Hinweis auf eine etwaige Verfassungswidrigkeit sein soll.

2. Definition des Grundstücks im Zustand der Bebauung

Durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) wird in § 149 Abs. 1 BewG das Grundstück im Zustand der Bebauung definiert.

Ein Grundstück im Zustand der Bebauung lag nach dem bisherigen Recht unter folgenden Voraussetzungen vor (§ 149 Abs. 1 BewG):

Abb.: Unbebautes Grundstück im Zustand der Bebauung

Abb.: Bebautes Grundstück im Zustand der Bebauung

Infolge der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des Erbschaftssteuergesetzes, wurde Ende 2008 das Erbschaftsteuergesetz umfassend novelliert. Die neue Rechtslage wird grundsätzlich für alle Erwerbe nach dem 31.12.2008 angewandt.

Bezüglich der Grundzüge der Bewertung von Grundstücken mit Gebäuden im Zustand der Bebauung hat sich dem Grunde nach nichts verändert. Anstelle des bisherigen § 149 BewG a.F. finden sich entsprechende Regelungen nunmehr in § 196 BewG. Lediglich die insgesamt festzustellende Ausweitung der Bemessungsgrundlage durch den Versuch der Bewertung zum gemeinen Wert, wird entsprechend auch auf das Gebäude im Zustand der Bebauung durchschlagen.

3. Bewertung für die Erbschaftsteuer nach der Rechtslage ab 1.1.2009

Der Grundstückswert für ein Grundstück im Zustand der Bebauung setzt sich wie folgt zusammen (§ 196 Abs. 2 BewG):

  • Wert des bisher unbebauten oder bereits bebauten Grundstückes

  • zzgl. der im Besteuerungszeitpunkt bereits entstandenen Herstellungskosten.

Der Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich regelmäßig nach ihrer Fläche und den Bodenrichtwerten (§ 196 des Baugesetzbuchs). Die Bodenrichtwerte sind von den Gutachterausschüssen nach dem Baugesetzbuch zu ermitteln und den Finanzämtern mitzuteilen. Bei der Wertermittlung ist stets der Bodenrichtwert anzusetzen, der vom Gutachterausschuss zuletzt zu ermitteln war. Lässt sich von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert nach § 196 des Baugesetzbuchs ermitteln, ist der Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten. Der bisherige pauschale Abschlag i.H.v. 20 % auf den Bodenwert (vgl. § 145 Abs. 3 BewG) wird nicht übernommen. Die Gebäude oder Gebäudeteile im Zustand der Bebauung sind nach dem Grad der Fertigstellung zu bewerten. Für eine am gemeinen Wert orientierte typisierende Bewertung ist es ausreichend, die neu errichteten Gebäude und Gebäudeteile mit den am Bewertungsstichtag bereits angefallenen Herstellungskosten dem Wert des bislang unbebauten Grundstücks oder bereits bebauten Grundstücks hinzuzurechnen. Maßgeblich sind hierbei die entstandenen Herstellungskosten; auf den tatsächlichen Zahlungsabfluss kommt es nicht an (vgl. R B 196.2 Abs. 3 ErbStR).

Für ein Grundstück mit noch nicht bezugsfertigem Gebäude ist die Verschonung nach § 13d ErbStG ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 13d ErbStG müssen im Zeitpunkt der Steuerentstehung erfüllt sein, maßgebend sind die in diesem Zeitpunkt vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse (§ 157 Abs. 1 Satz 1 BewG), vgl. hierzu BFH vom 11.12.2004 (II R 30/14).

4. Bewertung für die Erbschaftsteuer in der Rechtslage bis zum 31.12.2009

Der Grundstückswert für ein Grundstück im Zustand der Bebauung setzt sich wie folgt zusammen (§ 149 Abs. 2 BewG):

  • Wert des Grund und Bodens Grundstücksfläche × Bodenrichtwert × 80 % (§ 145 Abs. 3 BewG);

  • zzgl. des Wertes der Gebäudesubstanz im Besteuerungszeitpunkt.

1. Schritt: Wert des Grundstücks nach Fertigstellung (§ 149 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 146 BewG):

Übliche Miete nach Fertigstellung × 12,5 = Ausgangswert zzgl. eventuell Zuschlag nach § 146 Abs. 5 BewG = Grundstückswert im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Von diesem Wert ist der Gebäudewert im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit mit 80 % abzuleiten (§ 149 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG).

Beispiel 1:

Ein Einfamilienhaus wird auf einem 1 000 qm großen Grundstück errichtet. Im Besteuerungszeitpunkt ist dieses Einfamilienhaus noch nicht fertig gestellt. Die übliche Miete des Einfamilienhauses nach Fertigstellung beträgt monatlich 900 €. Der Bodenrichtwert für das Einfamilienhausgrundstück ist nach der Bodenrichtwertkarte mit 500 € anzusetzen.

Lösung 1:

Der Ertragswert des Einfamilienhauses beträgt 900 € × 12 = 10 800 € (übliche Miete) × 12,5 = 135 000 €, erhöht um den Zuschlag nach § 146 Abs. 5 BewG von 20 %; anzusetzen sind somit 162 000 €. Der Mindestwert für das Einfamilienhaus beläuft sich auf 1 000 qm × 500 €/qm × 80 % = 400 000 €. Dieser Betrag ist als Grundstückswert im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit anzusetzen. Der sich daraus ergebende Gebäudewert beträgt nach § 149 Abs. 2 Satz 2 BewG 80 % von 400 000 € = 320 000 €.

2. Schritt: Wert der Bausubstanz im Besteuerungszeitpunkt:

Der Gebäudewert im Zeitpunkt der Fertigstellung ist anteilig, nach dem Fertigstellungsgrad des im Bau befindlichen Gebäudes nach den Verhältnissen im Besteuerungszeitpunkt, aufzuteilen. Die Berechnung erfolgt nach dem Verhältnis der angefallenen Herstellungskoten bis zum Zeitpunkt der Besteuerung zu den gesamten Herstellungskosten im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit (§ 149 Abs. 2 Satz 3 BewG).

Ermittlung des Grundstückswerts:

Wert des Grund und Bodens

………….

+ Bausubstanz

………….

Grundstückswert

………….

Der Höchstwertansatz nach § 149 Abs. 2 Satz 4 BewG ist zu beachten. Der maßgebliche Wert ist nach § 139 BewG zu runden.

Beispiel 2:

A errichtet auf seinem unbebauten Grundstück (600 qm, Bodenrichtwert im Besteuerungszeitpunkt 150 €) ab Mai 03 ein Einfamilienhaus. Am 1.8.03 stirbt A. Bis zu seinem Todestag hat A insgesamt 200 000 € Herstellungskosten aufgewendet. Erbin ist seine Tochter B, die den Bau des Einfamilienhauses im Januar 04 vollendet und dafür weitere 50 000 € Herstellungskosten investiert. Die übliche Miete für das Einfamilienhaus beträgt nach der Fertigstellung 12 000 € im Jahr.

Lösung 2:

Zum Besteuerungszeitpunkt (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und 11 ErbStG) am 1.8.03 handelt es sich um ein Grundstück im Zustand der Bebauung i.S.d. § 149 Abs. 1 BewG, da das Einfamilienhaus nicht fertig gestellt ist (siehe § 145 Abs. 1 Satz 1 BewG). Die Bewertung erfolgt nach § 149 Abs. 2 i.V.m. § 146 BewG im Ertragswertverfahren.

Wert des unbebauten Grundstücks (§ 145 Abs. 3 BewG): 600 qm × 150 € × 80 % =

72 000 €

Bausubstanz im Besteuerungszeitpunkt: Grundstückswert bei Fertigstellung: 12 000 € × 12,5 =

150 000 €

Zuschlag (§ 146 Abs. 5 BewG)

30 000 €

Grundstückswert

180 000 €

davon 80 % als Gebäudewert (§ 149 Abs. 2 Satz 2 BewG)

144 000 €

Fertigstellungsgrad:

Herstellungskosten bis zum Erbfall (200 000 €): gesamte Herstellungs-kosten (250 000 €) = 0,8 × 144 000 €

115 200 €

vorläufiger Grundstückswert

187 200 €

Der Ansatz des Höchstwerts i.S.d. § 149 Abs. 2 Satz 4 BewG ist zu beachten. Der Wert des Grundstücks nach Fertigstellung beträgt 180 000 €. Dieser Wert ist als Höchstwert für das Grundstück im Zustand der Bebauung anzusetzen.

Ist die übliche Miete nicht zu ermitteln, ist der Wert entsprechend § 147 BewG zu ermitteln (§ 149 Abs. 3 BewG).

5. Verwandte Lexikonartikel

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Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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