1 Grundsätzliches
2 Änderungen der MwStSystRL durch die Richtlinie 2008/8/EG
2.1 Neuregelung des Dienstleistungsortes
2.1.1 Neue Grundregelungen
2.1.2 Besonderer Unternehmerbegriff – Fiktion Steuerpflichtiger als Leistungsempfänger
2.1.3 Überblick über die besonderen Leistungsortbestimmungen der Art. 46 ff. MwStSystRL
2.1.4 Umsetzung der Ortsbestimmungen durch die nationale Gesetzgebung
2.2 Reverse-Charge-Verfahren
2.2.1 Unveränderte Regelungen
2.2.2 Zwingende Verlagerung der Steuerschuldnerschaft
2.2.3 Nichtansässigkeit im Fall der festen Niederlassung
2.3 Erweiterung der Pflicht zur Abgabe Zusammenfassender Meldungen
2.4 Erweiterungen der Sonderregelungen für erbrachte Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronische Dienstleistungen
3 Änderungen des Vorsteuererstattungsverfahrens durch die Richtlinie 2008/9/EG
3.1 Sachlicher Geltungsbereich
3.2 Persönliche Voraussetzungen
3.3 Elektronische Ermittlung des Erstattungsantrages und der weitere Verfahrensablauf
4 Verordnung 143/2008/EG zur Änderung der Zusammenarbeitsverordnung
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel
Der Rat der EU hat am 10.2.2008 drei Rechtsakte verabschiedet, die auf EU-Ebene unter dem gemeinsamen Arbeitstitel »Mehrwertsteuerpakt« beraten wurden. Mit dem Mehrwertsteuerpaket wurden folgende Änderungen verabschiedet:
Richtlinie 2008/8/EG – Dienstleistungs-Richtlinie – vom 12.2.2008 (ABl. EU Nr. L 44, 11) zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG – MwStSystRL –. Folgende wesentliche Änderungen sind eingetreten:
Neuregelung des Orts von Dienstleistungen (Art. 43 ff. MwStSystRL);
Ergänzungen des Reverse-Charge-Verfahrens (Art. 192a ff. MwStSystRL);
Erweiterung der Pflicht zur Abgabe Zusammenfassender Meldungen (Art. 262 ff. MwStSystRL);
Erweiterungen der Sonderregelungen für erbrachte Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronische Dienstleistungen (Art. 357 ff. MwStSystRL);
Richtlinie 2008/9/EG zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige vom 12.2.2008 (ABl. EU Nr. L 44, 23).
Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer vom 7.10.2003 (ABl. Nr. L 264 2003, 1); zuletzt geändert durch:
durch Verordnung/EG Nr. 143/2008 des Rates zur Änderung der Verordnung/EG Nr. 1798/2003 hinsichtlich der Einführung von Verwaltungsvereinbarungen und des Informationsaustauschs im Hinblick auf die Regelungen bezüglich des Ortes der Dienstleistung, die Sonderregelungen und die Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer vom 12.2.2008 (ABl. L 44 2008, 1, 4) und
durch Verordnung/EG Nr. 37/2009 des Rates zur Änderung der Verordnung/EG Nr. 1798/2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer zum Zweck der Bekämpfung des Steuerbetrugs bei innergemeinschaftlichen Umsätzen vom 16.12.2008 (ABl. L 44 2009, 1).
Ab 1.1.2010 wird der Dienstleistungsort in den Art. 43 ff. MwStSystRL neu geregelt. Nach der bisherigen Grundregelung des Art. 43 MwStSystRL gilt bis zum 31.12.2009 das Ursprungslandprinzip. Als Ort einer Dienstleistung gilt bisher der Ort, an dem der Dienstleistungserbringer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnsitz oder sein gewöhnlicher Aufenthaltsort.
Das neue Recht unterscheidet:
B2B-Umsätze (die Bezeichnung »B2B-Umsätze« steht für Beziehungen zwischen Unternehmern und bedeutet »Business-to-Business«) und
B2C-Umsätze (die Bezeichnung »B2C-Umsätze« steht für Beziehungen zwischen Unternehmen und Konsumenten und bedeutet »Business-to-Consumer«).
Die allgemeinen Ortsbestimmungen regeln in den Art. 44 und 45 MwStSystRL die Grundregel der Ortsvorschrift.
Der Dienstleistungsort für B2B-Umsätze bestimmt sich nach der Grundregel des Art. 44 MwStSystRL nach dem Sitzort des Leistungsempfängers (Bestimmungslandprinzip).
Der Dienstleistungsort für B2C-Umsätze bestimmt sich nach der Grundregel des Art. 45 MwStSystRL nach dem Sitzort des Leistungserbringers (Ursprungslandprinzip).
Das neue Recht arbeitet in Art. 43 MwStSystRL mit einem besonderen Unternehmerbegriff: »Für die Zwecke der Anwendung der Regeln für die Bestimmung des Ortes der Dienstleistung gilt
ein Steuerpflichtiger, der auch Tätigkeiten ausführt oder Umsätze bewirkt, die nicht als steuerbare Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen im Sinne des Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL angesehen werden, in Bezug auf alle an ihn erbrachten Dienstleistungen als Steuerpflichtiger;
eine nicht steuerpflichtige juristische Person mit Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer als Steuerpflichtiger.«
Bei Dienstleistungen, deren Ort von der Unternehmer- oder Nichtunternehmereigenschaft des Leistungsempfängers abhängt, werden Regeln zur Bestimmung, ob der Leistungsempfänger insoweit als Unternehmer oder Nichtunternehmer zu betrachten ist, erstmalig eingeführt.
Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die besonderen Leistungsortbestimmungen. Näheres dazu sowie weitere Erläuterungen s. unter → Sonstige Leistung.
Dienstleistung |
Ortsbestimmung neues Recht |
Vermittlungsleistungen an Nichtunternehmer (B2C-Vermittlungsleistung) |
Art. 46 MwStSystRL: Ort des vermittelten Umsatzes |
Vermittlungsleistungen an Unternehmer (B2B-Vermittlungsleistungen) |
Grundregel: Art. 44 MwStSystRL: Empfängersitzprinzip |
Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück (B2B- und B2C-Dienstleistungen) |
Art. 47 MwStSystRL: Lageort des Grundstücks |
B2B- und B2C-Personenbeförderungen |
Art. 48 MwStSystRL: inländische Beförderungsstrecke |
Güterbeförderungen: Beginn und Ende im Inland. Empfänger ist kein Unternehmer (B2C-Güterbeförderung) |
Art. 49 MwStSystRL findet Anwendung. Maßgeblich ist die im Inland zurückgelegte Beförderungsstrecke. |
Güterbeförderungen: Beginn im Inland und Ende in einem anderen EU-Staat (Italien); Empfänger ist kein Unternehmer (B2C-Güterbeförderung) |
Art. 49 MwStSystRL findet keine Anwendung. Es handelt sich um eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung i.S.d. Art. 51 MwStSystRL an einen Privatmann. Die Güterbeförderung wird an dem Ort ausgeführt, an dem die Beförderung des Gegenstandes beginnt (Abgangsort – Art. 50 MwStSystRL). |
Kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen (B2B- und B2C-Dienstleistungen) |
Art. 53 MwStSystRL: Tätigkeitsort |
Regelung ab 2011: Eintrittsberechtigungen sowie damit zusammenhängende B2B-Dienstleistungen für Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder für ähnliche Veranstaltungen |
Art. 53 MwStSystRL ab 1.1.2011: Veranstaltungsort |
Dienstleistungen wie oben, aber B2C-Dienstleistungen |
Art. 54 Abs. 1 MwStSystRL: Tätigkeitsort |
Die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle – Restaurationsumsätze – (B2B- und B2C-Dienstleistungen) |
Art. 55 MwStSystRL: Tätigkeitsort |
Kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels (B2B- und B2C-Vermietungen) |
Art. 56 MwStSystRL: Übergabeort. Maßgeblich ist der Ort, an dem das Beförderungsmittel körperlich dem Leistungsempfänger übergeben wird (BT-Drs. 16/11108). |
Restaurationsumsätze an Bord eines Schiffes, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebietes |
Die Vorschrift des Art. 57 MwStSystRL wird erweitert um sonstige Leistungen, die in der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistungen) in vorgenannten Beförderungsmitteln bestehen. Auch bei diesen Leistungen befindet sich der Leistungsort am Abgangsort des jeweiligen Beförderungsmittels. |
Auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen durch einen Drittlandsunternehmer, an einen Privatmann (B2C-Dienstleistung) im Gemeinschaftsgebiet) |
Art. 58 MwStSystRL: Empfängersitzprinzip |
Regelung ab 2015: Auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen, Telekommunikationsdienstleistungen sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen durch Steuerpflichtige (Unternehmer) an Nichtsteuerpflichtige (B2C-Dienstleistungen) |
Art. 58 MwStSystRL ab 2015: Empfängersitzprinzip |
Katalogdienstleistungen: B2C-Katalogdienstleistungen, Empfänger hat Wohnsitz im Drittlandsgebiet. |
Art. 59 MwStSystRL: Empfängersitzprinzip |
Katalogdienstleistungen: B2C-Katalogdienstleistungen; Empfänger hat Wohnsitz im Inland oder EU-Gebiet |
Kein Fall des Art. 59 MwStSystRL. Es gilt die Grundregelung des Art. 45 MwStSystRL: Unternehmersitzprinzip. |
Katalogdienstleistungen: B2B-Katalogdienstleistungen |
Kein Fall des Art. 59 MwStSystRL. Es gilt die Grundregelung des Art. 44 MwStSystRL: Empfängersitzprinzip |
Kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels (B2B- und B2C-Dienstleistung) durch einen Drittlandsunternehmer und Nutzung der Leistung im Inland |
Art. 59a MwStSystRL: Ort im Inland, da die Leistung hier genutzt wird |
Abb.: Übersicht über die Ortsbestimmung der MwStSystRL bei sonstigen Leistungen
Mit dem JStG 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) werden die Regelungen der Richtlinie 2008/8/EG zum 1.1.2010 in nationales Recht umgesetzt (Art. 39 Abs. 9 JStG 2009). Mit Vfg. vom 30.1.2009 (S 7030 A – 10 – A 3.11, LEXinform 5231913) nimmt die Thüringer Landesfinanzdirektion Stellung zu den Änderungen des UStG durch das JStG 2009. Siehe dazu auch die Erläuterungen unter → Sonstige Leistung.
Zu den nationalen Regelungen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers i.S.d. § 13b UStG s. → Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers.
Nach dem Grundsatz des Art. 193 MwStSystRL schuldet die Mehrwertsteuer der Steuerpflichtige, der Gegenstände steuerpflichtig liefert oder eine Dienstleistung steuerpflichtig erbringt; Ausnahmen regeln die Art. 194 ff. MwStSystRL.
Durch das Mehrwertsteuerpaket bleibt die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, bei Umsätzen die Reverse-Charge-Regelung optional anzuwenden, unverändert. Wie schon bisher bleibt die Reverse-Charge-Regelung für Lieferungen von Elektrizität und Gas zwingend (Art. 195 MwStSystRL).
Zu einer zwingenden Verlagerung der Steuerschuld kommt es zukünftig immer bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen, die der Grundregel des Art. 44 MwStSystRL i.d.F. der RL 2008/8/EG unterliegen (B2B-Umsätze; Art. 196 MwStSystRL).
Anwendungsfälle der Grundregelung des Art. 44 MwStSystRL sind zukünftig:
Langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels durch einen EU-Unternehmer an einen Unternehmer (B2B-Vermietung)
Die nationale Regelung des § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG ist nicht anwendbar, da die Ausnahme nur bei kurzfristiger Vermietung gilt. § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 UStG ist bei langfristiger Vermietung nur anzuwenden, wenn die Vermietung durch einen Drittlandsunternehmer ausgeführt wird. Grundregel: § 3a Abs. 2 UStG/Art. 44 MwStSystRL: Empfängersitzprinzip.
Vermittlungsleistungen an Unternehmer (B2B-Vermittlungsleistungen)
Bisher war keine Unterscheidung nach dem Status des Leistungsempfängers (§ 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG/Art. 44 MwStSystRL) vorzunehmen. Die bisherigen Sonderregelungen bei der Bestimmung des Leistungsorts für Vermittlungsleistungen, nach denen sich der Leistungsort in den EU-Mitgliedstaat verlagert, der dem Leistungsempfänger die von ihm für diesen Umsatz verwendete USt-IdNr. erteilt hat, entfällt (bisher: § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG). Bei diesen Leistungen bestimmt sich der Leistungsort nunmehr nach den allgemeinen Regelungen für Leistungen an Unternehmer und bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 3a Abs. 2 UStG – B2B-Dienstleistung – Art. 44 MwStSystRL).
B2B-Katalogdienstleistungen
Die Neuregelung enthält in § 3a Abs. 4 Satz 1 UStG (Art. 59 MwStSystRL) die Ortsregelung für bestimmte »immaterielle» Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet. Der Leistungsort befindet sich in diesen Fällen – wie nach dem bisherigen § 3a Abs. 3 UStG – am Wohnsitz oder Sitz des Leistungsempfängers. Die bisher in § 3a Abs. 3 UStG (Art. 56 MwStSystRL) enthaltene Regelung für Leistungen an Unternehmer enthält nunmehr die Grundsatzregelung des § 3a Abs. 2 UStG (Art. 44 MwStSystRL).
B2B-Güterbeförderungen
§ 3b Abs. 1 und Abs. 3 UStG/Art. 50 MwStSystRL sind nicht anzuwenden (gilt nur bei B2C-Güterbeförderungen). B2B-Güterbeförderungen werden nicht von § 3b UStG erfasst. Da der Vorbehalt des § 3b UStG nicht gilt, gilt die Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG (Art. 44 MwStSystRL: Empfängersitzprinzip).
B2B-Nebentätigkeiten zur Güterbeförderung
Eine Ortsverlagerung durch Verwendung einer anderen USt-IdNr. durch den Leistungsempfänger ist nicht mehr möglich.
§ 3b Abs. 2 UStG enthält die Ortsregelung für selbstständige Nebentätigkeiten zu Güterbeförderungen an Nichtunternehmer. Sie werden dort ausgeführt, wo sie vom leistenden Unternehmer tatsächlich erbracht werden. Die Regelung wurde inhaltlich aus dem bisherigen § 3b Abs. 2 UStG übernommen und an den Wortlaut von Art. 54 MwStSystRL angepasst. Leistungen an Unternehmer und bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts fallen unter die Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG (Art. 44 MwStSystRL).
B2B-Vermittlungsleistung einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung
Die bisherige Sonderregelung für die Vermittlung von innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen und selbstständigen Nebentätigkeiten entfällt ab 1.1.2010 (bisher: § 3b Abs. 5 und 6 UStG/Art. 54 MwStSystRL). Bei diesen Leistungen bestimmt sich der Leistungsort nunmehr nach den allgemeinen Regelungen für Leistungen an Unternehmer und bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 3a Abs. 2 UStG/Art. 44 MwStSystRL).
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände (B2B-Dienstleistungen)
Bisher fand keine Unterscheidung nach dem Status des Leistungsempfängers statt (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 1 UStG/Art. 55 MwStSystRL). Die bisherigen Sonderregelungen bei der Bestimmung des Leistungsorts für Be- und Verarbeitungen an und Begutachtungen von beweglichen körperlichen Gegenständen, nach denen sich der Leistungsort in den EU-Mitgliedstaat verlagert, der dem Leistungsempfänger die von ihm für diesen Umsatz verwendete USt-IdNr. erteilt hat, entfallen (bisher: § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 und 3 UStG). Bei diesen Leistungen bestimmt sich der Leistungsort nunmehr nach den allgemeinen Regelungen für Leistungen an Unternehmer und bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 3a Abs. 2 UStG – B2B-Dienstleistung – Art. 44 MwStSystRL).
Keine zwingende Ortsverlagerung erfolgt damit in den Fällen der
Dienstleistungen auf dem Gebiet der Kultur, Künste, Sport, Wissenschaft, Unterricht, Unterhaltung oder ähnliche Veranstaltungen (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG) wie Messen und Ausstellungen (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG, Abschn. 34a UStR 2008, Art. 53 MwStSystRL),
Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a UStG, Abschn. 34 UStR 2008, Art. 47 MwStSystRL),
Restaurant- und Verpflegungsleistungen, an Bord eines Beförderungsmittels oder anderswo (Art. 55 und 57 MwStSystRL),
kurzfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln (Art. 56 MwStSystRL).
Eine Verlagerung der Steuerschuld findet nicht statt, wenn die Leistung von einem Unternehmer für einen unternehmensfremden Zweck, z.B. für seinen Privatbereich oder den Bereich seines Personals, erworben wird (s.a. Art. 43 MwStSystRL).
Neu ist auch, dass ein Reverse-Charge-Verfahren auch für juristische Personen des Privatrechts, die keine Unternehmer sind, aber als solche behandelt werden, notwendig wird (Art. 196 MwStSystRL).
Nach dem neuen Art. 192a MwStSystRL i.d.F. ab 1.1.2010 gilt für Zwecke der Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens ein Steuerpflichtiger, der im Gebiet des Mitgliedstaates, in dem die Steuer geschuldet wird, über eine feste Niederlassung verfügt, als nicht in diesem Mitgliedstaat ansässig, wenn die Niederlassung im Gebiet dieses Mitgliedstaates nicht an der Lieferung oder Dienstleistung beteiligt ist.
Nach dem neu gefassten Art. 262 Buchst. c MwStSystRL wird ab 1.1.2010 die Pflicht zur Abgabe Zusammenfassender Meldungen auf B2B-Dienstleistungen erweitert, die nach Art. 44 MwStSystRL in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar sind und für die der Leistungsempfänger die Steuer gem. Art. 196 MwStSystRL schuldet. Sinn der Neuregelung ist die Sicherstellung des Empfängerortsprinzips. Zu diesem Zweck erhalten sowohl der Leistende als auch der Leistungsempfänger eine USt-IdNr., wenn sie Beteiligte eines Dienstleistungsaustauschs i.S.d. Art. 44 MwStSystRL sind (Art. 214 i.V.m. Art. 196 MwStSystRL).
Die bisherige Sonderregelung zur sog. einzigen Anlaufstelle für Drittlandsunternehmer mit elektronischen Dienstleistungen an Private (Art. 357 ff. MwStSystRL) wird in dieser Form bis 31.12.2014 verlängert und wird ab dem 1.1.2015 um Telekommunikationsdienstleistungen und Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen erweitert (Art. 358 ff. MwStSystRL). Der Anwendungsbereich dieser Sonderregelung wird darüber hinaus ab dem 1.1.2015 auf EU-Auslandsunternehmer mit Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie elektronische Dienstleistungen an Private ausgedehnt (Art. 369a ff. MwStSystRL).
Die Richtlinie 2008/9/EG regelt die Einzelheiten der Erstattung der Mehrwertsteuer gem. Art. 170 MwStSystRL an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ansässige Unternehmers. Die RL 2008/9/EG gilt für Erstattungsanträge, die nach dem 31.12.2009 gestellt werden (Art. 28 RL 2008/9/EG).
Hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen ergeben sich in Art. 3 RL 2008/9/EG keine Neuerungen (s.a. → Vorsteuervergütungsverfahren).
Neu ist, dass für nach den Rechtsvorschriften des Erstattungsstaates fälschlich in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge von der Erstattung ausgeschlossen werden (Art. 4 Buchst. a RL 2008/9/EG).
Die Antragsteller können ihre Erstattungsanträge nur noch elektronisch, nicht mehr auf Papier, einreichen (Art. 7 RL 2008/9/EG). Der Antrag ist in dem Staat, in dem der Antragsteller ansässig ist, elektronisch zu stellen. So kann z.B. ein deutscher Unternehmer, dem im europäischen Ausland Vorsteuerbeträge entstanden sind, seinen Erstattungsantrag beim BZSt einreichen (s.a. § 18g UStG).
Nach Art. 15 RL 2008/9/EG muss der Erstattungsantrag dem Ansässigkeitsstaat spätestens am 30.9. des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kj. vorliegen. Der Erstattungsstaat setzt den Antragsteller auf elektronischem Wege unverzüglich vom Datum des Eingangs des Antrags in Kenntnis (Art. 19 Abs. 1 RL 2008/9/EG). Er teilt dem Antragsteller auch innerhalb von vier Monaten ab Eingang des Erstattungsantrages mit, ob die Erstattung gewährt oder abgewiesen wird (Art. 19 Abs. 2 RL 2008/9/EG).
Wird eine Erstattung gewährt, erstattet der Erstattungsstaat den erstattungsfähigen Betrag spätestens innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Ablauf der in Art. 19 Abs. 2 RL 2008/9/EG genannten Frist (Art. 22 Abs. 1 RL 2008/9/EG).
Erfolgt die Erstattung nach Ablauf dieser Frist, schuldet der Erstattungsmitgliedstaat dem Antragsteller Zinsen auf den zu erstattenden Betrag (Art. 26 Abs. 1 RL 2008/9/EG). Die Zinshöhe richtet sich nach den geltenden Vorschriften des Erstattungsmitgliedstaates (Art. 27 Abs. 2 RL 2008/9/EG).
Die Verordnung/EG Nr. 143/2008 des Rates zur Änderung der Verordnung/EG Nr. 1798/2003 hinsichtlich der Einführung von Verwaltungsvereinbarungen und des Informationsaustauschs im Hinblick auf die Regelungen bezüglich des Ortes der Dienstleistung, die Sonderregelungen und die Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer vom 12.2.2008 (ABl. L 44 2008, 1, 4), ergänzt die Verordnung 1789/2003 wegen der Änderungen der MwStSystRL.
Die Verordnung 1789/2003 regelt die Modalitäten, nach denen die in den Mitgliedstaaten mit der Anwendung der Vorschriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer auf Warenlieferungen und Dienstleistungen, den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen und die Einfuhr von Waren beauftragten Verwaltungsbehörden untereinander und mit der Kommission zusammenarbeiten, um die Einhaltung der genannten Vorschriften zu gewährleisten. Zu diesem Zweck werden in dieser Verordnung Regeln und Verfahren festgelegt, nach denen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten untereinander zusammenarbeiten und einander Auskünfte erteilen, die für die korrekte Festsetzung der Mehrwertsteuer geeignet sind. Außerdem werden in dieser Verordnung Regeln und Verfahren für den Austausch bestimmter Informationen, vor allem mehrwertsteuerrelevanter Informationen über innergemeinschaftliche Umsätze, auf elektronischem Wege festgelegt. Des Weiteren werden Regeln und Verfahren für den elektronischen Informationsaustausch im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen sowie für einen etwaigen anschließenden Informationsaustausch und für die Überweisung von Geldbeträgen zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten festgelegt.
Huschens, Die Rechtsakte des Rats zum Mehrwertsteuerpaket, NWB Fach 7, 7063; Völkel u.a., ABC-Führer Umsatzsteuer, Stichwörter: Ort der sonstigen Leistung, Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers, Vorsteuervergütungsverfahren (Loseblatt).
→ Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers
→ Vorsteuervergütungsverfahren
Redaktioneller Hinweis:
Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.
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