Praxiswert

Stand: 2. Mai 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Praxiswert stellt den entsprechenden Mehrwert freiberuflicher Praxen dar.
  • Praxiswert ist der den Substanzwert einer freiberuflichen Praxis übersteigende Wert, der sich aus den verschiedenen wertbildenden Einzelbestandteilen zusammensetzt, z. B. Patienten- oder Mandantenstamm, Standort, Umsatz.
  • Er ergibt sich aus dem Vertrauen der Mandanten (bzw. Patienten) in die Leistungsfähigkeit und Tüchtigkeit (Kenntnisse, Erfahrung, Beziehungen) des Praxisinhabers und ist daher eng mit seiner Person verbunden.
  • Auch bei einem Praxiswert unterscheidet man zwischen einem originären (d. h. selbstgeschaffenen) und einem derivativen (d. h. entgeltlich erworbenen) Wert.
    • Letzterer tritt beim Kauf einer Praxis, Teilpraxis oder eines Anteils an einer Sozietät in Erscheinung, wenn vom Käufer ein über den Substanzwert der übernommenen Wirtschaftsgüter hinausgehender Mehrwert gezahlt wird.

Inhaltsverzeichnis

1 Begriff und Abgrenzung
2 Steuerliche Behandlung
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel

1. Begriff und Abgrenzung

Der Mehrwert eines erworbenen Unternehmens über den Substanzwert der materiellen und immateriellen WG abzüglich der Verbindlichkeiten ist regelmäßig als »Geschäftswert« zu aktivieren. Den entsprechenden Mehrwert einer freiberuflichen Praxis hat die Rechtsprechung wegen der Besonderheiten freiberuflicher Tätigkeit als »Praxiswert« vom Geschäftswert abgegrenzt. Zur Abgrenzung zwischen Praxiswert und Geschäftswert (→ Firmenwert) nimmt das BFH-Urteil vom 13.3.1991 (I R 83/89, BStBl II 1991, 595) Stellung. Ein etwaiger Praxiswert beruht auf dem persönlichen Vertrauensverhältnis der Mandanten zum beratenden Praxisinhaber. Er umfasst als wertbildende Faktoren neben der Lage, der Qualität der Mitarbeiter und der Organisation der Praxis auch den Mandantenstamm als oft wesentlichsten Teil. Im Gegensatz zum Praxiswert kann der Mandantenstamm als selbstständiges WG übertragen werden (vgl. BFH vom 18.12.1996, BStBl II 1997, 546). Dies gilt ebenso für den Patientenstamm der gesetzlich versicherten Patienten (vgl. BFH Urteil vom 9.8.2011, VIII R 13/08, BStBl II 2011, 875). Bei Erwerb einer Vertragsarztpraxis ist neben dem Erwerb des Praxiswerts die »Vertragsarztzulassung« in der Regel kein weiteres eigenständiges WG (vgl. BFH vom 9.8.2011, BStBl II 2011, 875, BFH Urteil vom 21.2.2017, VIII R 7/14, BStBl II 2017, 689). Ist die Vertragsarztzulassung ausnahmsweise alleiniger Gegenstand des privatrechtlichen Übertragungsvertrages, so konkretisiert sich der Vorteil aus dieser zu einem selbstständigen WG, das mangels Abnutzung nicht abschreibungsfähig ist (BFH Urteil vom 21.2.2017, VIII R 56/14, BStBl II 2017, 694).

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2. Steuerliche Behandlung

Der entgeltlich erworbene, derivative Praxiswert ist wie der Geschäftswert ein selbstständiges immaterielles WG, das analog § 5 Abs. 2 EStG behandelt wird und der Abnutzung unterliegt, weil nach dem Ausscheiden des bisherigen Praxisinhabers das Vertrauensverhältnis zu den Mandanten zwangsläufig endet, mit der Folge, dass sich der Praxiswert verhältnismäßig rasch verflüchtigt (vgl. BFH vom 29.4.2011, VIII B 42/10, BFH/NV 2011, 1345). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist im Einzelfall zu schätzen und wird in der Regel mit drei bis fünf Jahren angesetzt (vgl. BFH vom 24.2.1994, IV R 33/93, BStBl II 1994, 590). Ein von einer Anwaltssozietät entgeltlich erworbener Praxiswert ist ein immaterielles, abnutzbares Wirtschaftsgut und nach § 5 Abs. 2 EStG mit den Anschaffungskosten unter Berücksichtigung von AfA anzusetzen. Als Zeitraum, in dem sich der erworbene Praxiswert abgenutzt hat, konnte im Streitfall ein Mittelwert von vier Jahren angesetzt werden (BFH Urteil vom 16.9.2014, VIII R 1/12, NV; StuB 2015, 316). Zur steuerlichen Behandlung des WG »Praxiswert« siehe auch BMF vom 15.1.1995 (BStBl I 1995, 14). Zu einer Einbringung i.S.d. § 24 UmwStG gehören neben dem Mandantenstamm und den Einrichtungsgegenständen auch der Praxiswert; nicht dagegen zurückbehaltene Forderungen (vgl. BFH vom 4.12.2012, VIII R 41/09, BStBl II 2014, 288). Der selbst geschaffene, originäre Praxiswert ist kein abnutzbares WG.

Die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis (§ 18 Abs. 3 i.V.m. § 34 EStG) setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen (hierzu zählt auch der Mandantenstamm) entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt (vgl. BFH Urteil vom 21.8.2018, VIII R 2/15, BStBl II 2019, 64; vgl. auch BFH Beschluss vom 11.2.2020, VIII B 131/19, BFH/NV 2020, 507). Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen.

3. Literaturhinweise

Dr. Levedag, Behandlung der Vertragsarztzulassung beim Praxiserwerb, NWB 34/2017, 2585.

4. Verwandte Lexikonartikel

Firmenwert

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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