1 Einteilung der Umsätze in Abzugs- und Ausschlussumsätze
1.1 Allgemeiner Überblick
1.2 Abzugsumsätze
1.2.1 Vorsteuerabzug für bestimmte steuerfreie Umsätze i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG
1.2.1.1 Steuerfreie Umsätze ohne Einschränkung
1.2.1.2 Steuerfreie Umsätze bezüglich Gegenstände, die ins Drittlandsgebiet ausgeführt werden
1.2.2 Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 UStG für bestimmte steuerfreie Umsätze i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG im Ausland
1.2.2.1 Grundsätzliches zum Vorsteuerausschluss
1.2.2.2 Steuerfreie Umsätze im Ausland ohne Einschränkung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a UStG)
1.2.2.3 Steuerfreie Umsätze im Ausland bezüglich Gegenstände, die ins Drittlandsgebiet ausgeführt werden oder der Leistungsempfänger ist im Drittland ansässig (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG)
1.3 Ausschlussumsätze i.S.d. § 15 Abs. 2 UStG
2 Begriff Verwendung für Ausgangsumsätze
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel
Führt der Unternehmer bestimmte steuerfreie oder bestimmte nicht steuerbare Umsätze aus, so können die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuerbeträge auf Eingangsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen nicht abgezogen werden (s.a. Abschn. 15.12 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Die durch den Unternehmer ausgeführten Umsätze müssen daher für den → Vorsteuerabzug wie folgt eingeteilt werden (s.a. Abschn. 15.12 Abs. 1 Satz 7 und 8 UStAE):
in zum Vorsteuerabzug berechtigende Ausgangsumsätze (Umsatzgruppe A = Abzugsumsätze),
in nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Ausgangsumsätze (Umsatzgruppe B = Ausschlussumsätze).
Vorsteuerbeträge aus Eingangsumsätzen, die wirtschaftlich den Ausgangsumsätzen der Umsatzgruppe A zuzurechnen sind, sind abzugsfähig. Vorsteuerbeträge aus Eingangsumsätzen, die wirtschaftlich den Ausgangsumsätzen der Umsatzgruppe B zuzurechnen sind, sind nicht abzugsfähig.
Das Recht auf Vorsteuerabzug des Unternehmers entsteht dem Grunde und der Höhe nach bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Im Rahmen des § 15 Abs. 2 und 3 UStG kommt es entscheidend darauf an, ob der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezugs die Absicht hat, die Eingangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (BFH Urteil vom 22.3.2001, V R 46/00, BStBl II 2003, 433); zum Vorsteuerabzug aus allgemeinen Aufwendungen des Unternehmens s. Abschn. 15.16 Abs. 2a UStAE. Bei jedem Leistungsbezug muss der Unternehmer über die beabsichtigte Verwendung der bezogenen Leistung sofort entscheiden (s.a. Abschn. 15.2c Abs. 16 Satz 1 und 2 UStAE). Maßgeblich ist regelmäßig die erste Leistung oder die erste unentgeltliche Wertabgabe, in die die bezogene Leistung Eingang findet (Abschn. 15.12 Abs. 1 Sätze 8 und 9 UStAE).
Zur Zuordnungsentscheidung s. Abschn. 15.2c Abs. 16 und 18 UStAE (→ Unternehmensvermögen) sowie zur zeitnahen Dokumentation die Vfg. des LSF Sachsen vom 4.8.2021 (213 – S 7300/45/2-2021/43540, DB 2021, 2190, LEXinform 7012884; BMF vom 20.7.2021, BStBl I 2021, 984 sowie BMF vom 1.4.2022, BStBl I 2022, 319). Nach dem EuGH-Urteil vom 14.10.2021 (C-45/20, C-46/20, LEXinform 0651701; Vorlagebeschluss des BFH vom 18.9.2019, XI R 3/19, BStBl II 2021, 112) ist es mit der Mehrwertsteuerrichtlinie vereinbar, dass der Stpfl. seine Entscheidung, ein Investitionsgut dem Unternehmensvermögen zuzuordnen, der Steuerverwaltung mitteilen muss, indem er entsprechende Abzüge in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung vornimmt, die spätestens bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einzureichen ist (s. → Vorsteuerabzug unter dem Gliederungspunkt »Unternehmerisch bedingte Eingangsleistungen«).
Zur Umsatzgruppe A (Abzugsumsätze) gehören nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG:
steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 1–7 UStG,
steuerfreie → Reiseleistungen nach § 25 UStG (§ 25 Abs. 2 UStG),
Umsätze, die nach den in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind.
Ebenfalls nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind Steuerbeträge, die für bestimmte Leistungsbezüge von Unternehmern anfallen, die steuerfreie Umsätze mit Anlagegold ausführen (vgl. § 25c Abs. 4 und 5 UStG).
Siehe dazu auch die Verwaltungsregelungen in Abschn. 15.13 Abs. 1 und 2 UStAE.
Zur Umsatzgruppe A (Abzugsumsätze) gehören weiterhin nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG bestimmte steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. a–g UStG, § 4 Nr. 10 oder Nr. 11 UStG. Für diese Finanz- und Versicherungsumsätze tritt der Ausschluss vom Vorsteuerabzug jedoch nur dann nicht ein, wenn sie sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden (s.a. Abschn. 15.13 Abs. 3 Satz 1 und 2 UStAE).
Beachte:
Die Voraussetzung »unmittelbar« bedeutet, dass die vorbezeichneten Umsätze in direktem Zusammenhang mit dem Gegenstand der Ausfuhr stehen müssen. Nicht ausreichend ist es, wenn diese Umsätze in Verbindung mit solchen betrieblichen Vorgängen des Unternehmers stehen, die ihrerseits erst dazu dienen, die Ausfuhr zu bewirken (Abschn. 15.13 Abs. 3 Satz 3 und 4 UStAE).
Beispiel 1:
Der Unternehmer lässt einen Gegenstand, den er in das Drittlandsgebiet ausführt, gegen Transportschäden versichern.
Lösung 1:
S. das Beispiel 1 zu Abschn. 15.13 Abs. 3 UStAE.
Der unmittelbare Zusammenhang mit dem Gegenstand der Ausfuhr ist gegeben. Die nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfreie Leistung des Versicherungsunternehmers schließt daher den Vorsteuerabzug nicht aus.
Beispiel 2:
Der Unternehmer nimmt einen Kredit zur Anschaffung einer Maschine in Anspruch, die er ausschließlich zur Herstellung von Exportgütern einsetzt.
Lösung 2:
S. das Beispiel 2 zu Abschn. 15.13 Abs. 3 UStAE.
Der unmittelbare Zusammenhang mit dem Gegenstand der Ausfuhr ist nicht gegeben. Das Kreditinstitut kann deshalb die Vorsteuerbeträge, die der nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreien Kreditgewährung zuzurechnen sind, nicht abziehen.
Eine Ausfuhr i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG ist anzunehmen, wenn der Gegenstand endgültig in das Drittlandsgebiet gelangt. Es braucht keine Ausfuhrlieferung nach § 6 UStG vorzuliegen.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden, schließen den Vorsteuerabzug aus inländischen Leistungsbezügen grundsätzlich aus (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG). Der Abzug entfällt unabhängig davon, ob der maßgebliche Umsatz nach dem Umsatzsteuerrecht des Staates, in dem er bewirkt wird, steuerpflichtig ist oder als steuerfreier Umsatz zum Vorsteuerabzug berechtigt, da sich der Ausschluss vom Vorsteuerabzug ausschließlich nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht beurteilt (s. BFH vom 22.8.2019, V R 14/17, BStBl II 2020, 720, Rz. 8). Bei einer Grundstücksvermietung im Ausland ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG zu prüfen, ob diese steuerfrei (vorsteuerabzugsschädlich) wäre, wenn sie im Inland ausgeführt würde. Dies bestimmt sich nach den Vorschriften des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a und des § 9 UStG. Die Grundstücksvermietung wäre im Inland nicht steuerfrei gewesen, wenn der Grundstücksvermieter die Grundstücksvermietung im Ausland tatsächlich als steuerpflichtig behandelt hat und die Voraussetzungen des § 9 UStG für den Verzicht auf die Steuerbefreiung einer Grundstücksvermietung vorlagen (BFH Urteil vom 6.5.2004, V R 73/03, BStBl II 2004, 856; Abschn. 15.14 Abs. 1 UStAE).
Ausgenommen vom Ausschluss des Vorsteuerabzugs sind die Umsätze im Ausland (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG), die nach den in § 15 Abs. 3 Nr. 2 UStG bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären.
Zur Umsatzgruppe A (Abzugsumsätze) gehören nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a UStG:
steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 1–7 UStG,
steuerfreie → Reiseleistungen nach § 25 UStG (§ 25 Abs. 2 UStG),
Umsätze, die nach den in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind.
Siehe dazu auch die Verwaltungsregelungen in Abschn. 15.14 Abs. 2 und 15.13. Abs. 2 UStAE.
Die Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. a–g, Nr. 10 oder Nr. 11 UStG steuerfrei wären, berechtigen dann zum Vorsteuerabzug, wenn der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG). Die Frage, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, beurteilt sich wie folgt (Abschn. 15.14 Abs. 3 UStAE):
Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer und die Leistung für das Unternehmen bestimmt, ist der Ort maßgebend, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt. Ist die Leistung ausschließlich oder überwiegend für eine Betriebsstätte des Leistungsempfängers bestimmt, ist auf den Ort der Betriebsstätte abzustellen.
Ist der Leistungsempfänger kein Unternehmer, kommt es für die Ansässigkeit darauf an, wo er seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Das Gleiche gilt, wenn der Leistungsempfänger zwar unternehmerisch tätig ist, die Leistung aber für seinen nichtunternehmerischen Bereich bestimmt ist.
Beispiel 3:
Ein Kreditinstitut in Stuttgart gewährt der in Genf gelegenen Betriebsstätte eines Unternehmens, dessen Geschäftsleitung sich in Paris befindet, ein Darlehen. Das Darlehen ist zur Renovierung des Betriebsgebäudes der Genfer Betriebsstätte bestimmt.
Lösung 3:
S.a. das Beispiel in Abschn. 15.14 Abs. 3 UStAE.
Für die Ansässigkeit des Leistungsempfängers ist der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Er liegt im Drittlandsgebiet. Das Kreditinstitut kann daher die Vorsteuern abziehen, die der nicht steuerbaren Darlehensgewährung (§ 3a Abs. 2 UStG) zuzurechnen sind.
Wäre das Darlehen für den in Paris gelegenen Teil des Unternehmens bestimmt, entfiele der Vorsteuerabzug.
Für die in § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG bezeichneten Finanz- und Versicherungsumsätze kann der Vorsteuerabzug auch in folgenden Fällen in Anspruch genommen werden (Abschn. 15.14 Abs. 4 UStAE): Der Leistungsempfänger ist zwar nicht im Drittlandsgebiet, sondern im Gemeinschaftsgebiet ansässig, die an ihn ausgeführte Leistung bezieht sich aber unmittelbar auf einen Gegenstand, der in das Drittlandsgebiet ausgeführt wird (vgl. hierzu Abschn. 15.13 Abs. 3 UStAE sowie oben die Beispiele 1 und 2).
Beispiel 4:
Ein Unternehmer in Kopenhagen lässt bei einem Versicherungsunternehmen in Hamburg einen Gegenstand gegen Diebstahl versichern. Den Gegenstand liefert der Unternehmer an einen Abnehmer in Russland.
Lösung 4:
S.a. das Beispiel in Abschn. 15.14 Abs. 4 UStAE.
Die Versicherungsleistung ist nicht steuerbar (§ 3a Abs. 2 UStG). Das Versicherungsunternehmen kann die dieser Leistung zuzurechnenden Vorsteuern abziehen.
Zur Umsatzgruppe B (Ausschlussumsätze) gehören (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG):
Steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8 ff. UStG (Nr. 9 Buchst. a, 10, 11, 12 Buchst. a, 13, 14, 28 und 29). Für steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 1 bis 7 UStG tritt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG der Vorsteuerausschluss nicht ein (s.o. und Abschn. 15.13 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStAE).
Bei Auslandsumsätzen (Leistungsort im Ausland) muss fiktiv geprüft werden, ob der Umsatz, wenn er im Inland ausgeführt worden wäre, unter die Gruppe A oder B fällt. Je nachdem greift das Vorsteuerabzugsverbot ein, bzw. nicht ein (s.a. BFH vom 22.8.2019, V R 14/17, BStBl II 2020, 720 sowie Anmerkung vom 20.11.2019, LEXinform 0881974). Bezieht ein Unternehmer im Inland Leistungen, die er im Ausland für eine Grundstücksvermietung verwendet, ist nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu prüfen, ob die Grundstücksvermietung steuerfrei (vorsteuerabzugsschädlich) wäre, wenn sie im Inland ausgeführt würde. Dies bestimmt sich nach den Vorschriften des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG und des § 9 UStG. Die Grundstücksvermietung wäre im Inland nicht steuerfrei gewesen, wenn der Grundstücksvermieter die Grundstücksvermietung im Ausland tatsächlich als steuerpflichtig behandelt hat und die Voraussetzungen des § 9 UStG für den Verzicht auf die Steuerbefreiung einer Grundstücksvermietung vorlagen (Abschn. 15.14 Abs. 1 UStAE; BFH Urteil vom 6.5.2004, V R 73/03, BStBl II 2004, 856).
Die Klägerin (BFH Urteil vom 6.5.2004, V R 73/03, BStBl II 2004, 856) hat die Leistungsbezüge, um die es hier geht, zur Ausführung von Umsätzen im Ausland – nämlich der Vermietung der Grundstücke in den Niederlanden – verwendet. Der Ort dieser Vermietungsumsätze lag nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG in den Niederlanden. Nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist deshalb zu prüfen, ob die Grundstücksvermietung steuerfrei (vorsteuerabzugsschädlich) wäre, wenn sie im Inland ausgeführt würde. Dies bestimmt sich nach den Vorschriften des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG und § 9 UStG. Nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken grundsätzlich steuerfrei. Nach § 9 UStG kann der Unternehmer aber einen derartigen Umsatz unter den dort genannten Voraussetzungen als steuerpflichtig behandeln.
Da die Klägerin die Grundstücksvermietung nach den Feststellungen des FG in den Niederlanden als steuerpflichtig behandelt hat, wäre darin auch in der Bundesrepublik ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG zu sehen, wenn die Klägerin die Grundstücke in der Bundesrepublik vermietet hätte und die übrigen Voraussetzungen des § 9 UStG vorlägen.
Auch das FG Hamburg hat mit rkr. Urteil vom 23.6.2004 (I 384/00, DStRE 2004,1425) entschieden, dass es für den Abzug der auf Eingangsleistungen lastenden inländischen Vorsteuer im Zusammenhang mit Vermietungsumsätzen an einen in einem anderen Mitgliedstaat umsatzsteuerpflichtigen Unternehmer ausreicht, wenn der Unternehmer in dem anderen Mitgliedstaat auf die Steuerfreiheit verzichtet hat.
Beispiel 5:
Die Bau GmbH aus München möchte in Italien Massivhäuser erstellen und beauftragt dafür den italienischen Architekten Giovanni Planesi mit der Planung eines Prototyps unter Beachtung des italienischen Baurechts. Die Bau-GmbH möchte dann die Massivhäuser auf den von ihr erworbenen Grundstücken in Tirol errichten und dann an dortige Kunden veräußern. Für die Planung des Prototyps vereinbart die Bau-GmbH mit den Architekten ein Honorar von 80 000 €.
Lösung 5:
Der Architekt tätigt eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG. Der Leistungsort für die Leistung des Architekten bestimmt sich nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Buchst. c UStG, da die Leistung nicht in einem engen Zusammenhang mit einem konkreten Grundstück steht (Abschn. 3a.3 Abs. 10 Nr. 1 UStAE). Der Leistungsort der B2B-Leistung des Architekten bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG und ist in München, da dort der Leistungsempfänger (Bau-GmbH) sein Unternehmen betreibt. Die Leistung ist somit steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Die Leistung des italienischen Architekten ist in Deutschland steuerpflichtig. Nach § 13b Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 UStG schuldet die Bau-GmbH die USt für die nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerpflichtige sonstige Leistung des im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Architekten (§ 13b Abs. 7 Satz 2 UStG). Die USt entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist.
Die Bemessungsgrundlage beträgt nach § 10 Abs. 1 UStG 80 000 €. Bei einem Steuersatz von 19 % (§ 12 Abs. 1 UStG) beträgt die USt 15 200 €, die von der Bau-GmbH geschuldet wird.
Unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG ist die USt der Bau-GmbH als Vorsteuer abziehbar. Die abziehbare Vorsteuer ist dann abzugsfähig, wenn sie nicht mit Ausschlussumsätzen i.S.d. § 15 Abs. 2 UStG im Zusammenhang steht. Zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung muss nach dem objektiven Inhalt der bezogenen Leistung ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen (Abschn. 15.2b Abs. 2 Satz 3 UStAE). Die bezogene Architektenleistung steht mit zukünftigen Grundstücksveräußerungen in Italien in Zusammenhang. Diese Grundstückslieferungen werden nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG in Italien ausgeführt und werden in Deutschland nicht steuerbar sein.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden, schließen den Vorsteuerabzug aus inländischen Leistungsbezügen grundsätzlich aus (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG). Der Abzug entfällt unabhängig davon, ob der maßgebliche Umsatz nach dem Umsatzsteuerrecht des Staates, in dem er bewirkt wird, steuerpflichtig ist oder als steuerfreier Umsatz zum Vorsteuerabzug berechtigt, da sich der Ausschluss vom Vorsteuerabzug ausschließlich nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht beurteilt (Abschn. 15.14 Abs. 1 UStAE). Der Verkauf der Grundstücke wäre in Deutschland nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei. Da eine Ausnahme vom Abzugsverbot nach § 15 Abs. 3 UStG nicht vorliegt, ist die von der Bau-GmbH zu entrichtende USt nicht als Vorsteuer abzugsfähig.
Beispiel 6:
D ist als Dirigent selbstständig tätig. Er übt seine Tätigkeit in Konzert-, Opern- und Theaterhäusern im Inland und im Ausland aus. Die zuständige Landesdirektion bescheinigte ihm unbefristet, die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG zu erfüllen. Für die Vermittlung von Engagements in Spanien, Italien und in den Niederlanden stellten zwei im übrigen Gemeinschaftsgebiet (Großbritannien und Italien) ansässige Künstleragenturen dem D Provisionen in Rechnung, die auch bezahlt wurden. D beantragt den Vorsteuerabzug aus diesen Vermittlungsleistungen.
Lösung 6:
Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH-Urteil vom 22.8.2019 (V R 14/17, BStBl II 2020, 720).
Die Agenturen haben als im Ausland ansässige Unternehmer Vermittlungsleistungen an den D erbracht, die nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerbar sind. Die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge schuldet D als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 UStG. Die Beträge könnten aber nicht gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG als Vorsteuer abgezogen werden, weil sie zur Verwendung für Leistungen im Ausland bezogen worden sind, die im Inland steuerfrei wären (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG).
Der Dirigent, dessen Leistungen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG steuerfrei sind, kann die Vorsteuerbeträge auf im Inland erbrachte Vermittlungsleistungen ausländischer Konzertagenturen auch dann nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG abziehen, wenn er sie für Leistungen bezieht, die er im Ausland erbringt und die dort steuerbar und steuerpflichtig sind.
Die Leistungen eines Dirigenten, dem die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass er die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllt, wie z.B. ein Orchester oder Kammermusikensemble, sind nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG steuerfrei (s.a. Anmerkung vom 20.11.2019, LEXinform 0881974).
Ist keine unternehmerische Veranlassung des Leistungsbezugs gegeben, scheidet ein Vorsteuerabzug aus.
Abb.: Einteilung der Umsätze für den Vorsteuerabzug
Der BFH hat durch Urteil vom 19.5.2010 (XI R 6/09, BStBl II 2011, 831) entschieden, dass ein Unternehmer, der auf einem deutschen Flughafen in einer Wechselstube in- und ausländische Banknoten und Münzen im Rahmen von Sortengeschäften an- und verkauft, keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen (Dienstleistungen) ausführt.
Die Klärung der Rechtsfrage war erforderlich, weil davon der von dem Betreiber der Wechselstube begehrte anteilige Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) abhing. Zwar ist der Geldwechsel im Inland unabhängig davon steuerfrei, ob es sich um eine Lieferung oder sonstige Leistung handelt (§ 4 Nr. 8 Buchst. b UStG). Für steuerfreie Umsätze scheidet grundsätzlich ein Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG aus. Ein Ausschluss des Vorsteuerabzugs tritt aber nicht ein für Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt worden wären (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG). Nach § 3a Abs. 3 Satz 3 UStG befindet sich der Ort bestimmter Dienstleistungen, zu denen auch der Geldtausch gehört, im Ausland, wenn der Empfänger kein Unternehmer ist und seinen Wohnsitz in einem sog. Drittlandsgebiet hat (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 84/10 vom 29.9.2010, LEXinform 0435724).
Der BFH entschied außerdem, dass für den Nachweis des Wohnsitzes des Kunden im Drittlandsgebiet nicht die für Ausfuhrlieferungen geltenden Buch- und Belegnachweise zu erbringen seien. Im konkreten Fall hatte der Betreiber der Wechselstube die Kunden nach ihrem Herkunftsland befragt und darüber Aufzeichnungen geführt. Das FG hatte diese Aufzeichnungen für plausibel gehalten und der BFH hat dies nicht beanstandet.
Nach dem BFH-Urteil vom 22.8.2013 (V R 30/12, BStBl II 2014, 133, Anmerkung vom 14.11.2013, LEXinform 0944338) hat die Steuerfreiheit ohne Vorsteuerabzug Vorrang vor der Steuerfreiheit mit Vorsteuerabzug. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet, ausgeschlossen. Der Unternehmer ist gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG auch insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als er Eingangsleistungen für Zwecke der dort aufgeführten steuerfreien Umsätze zu verwenden beabsichtigt. Zu diesen gehören die nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen, nicht aber z.B. die nach § 4 Nr. 17 Buchst. a UStG steuerfreie Lieferung von menschlichem Blut im Inland. Bezieht der Unternehmer Leistungen für die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen, deren Lieferung im Inland aber steuerfrei ist, hat der Unternehmer kein Recht auf Vorsteuerabzug. Nach dem Leitsatz des EuGH-Urteils vom 7.12.2006 (C-240/05, UR 2007, 98, LEXinform 5210383) eröffnet ein Umsatz, der innerhalb eines Mitgliedstaats von der Mehrwertsteuer befreit ist, kein Recht auf Vorsteuerabzug, selbst wenn es sich um einen innergemeinschaftlichen Umsatz handelt (s.a. Abschn. 15.13 Abs. 5 UStAE).
Die Eingangsleistung (Vorsteuer) wird zur Ausführung eines bestimmten Ausgangsumsatzes verwendet, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Eingangsleistung und dem Ausgangsumsatz gegeben ist. Bei der Feststellung des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten vorzugehen. Der wirtschaftliche Zusammenhang liegt vor, wenn die Eingangsleistung unmittelbar oder mittelbar in Ausgangsumsätze des Unternehmers einfließt (Abschn. 15.12 Abs. 1 Satz 8 und 9 UStAE).
Ein unmittelbarer Zusammenhang ist z.B. anzunehmen, wenn der Unternehmer Waren einkauft und sie veräußert.
Ein mittelbarer Zusammenhang liegt z.B. vor, wenn der Unternehmer eine Maschine einkauft und mit ihrer Hilfe Waren herstellt, die er weiterveräußert. Der mittelbare Zusammenhang zwischen Eingangsleistung (Maschineneinkauf) und Ausgangsumsätzen (Warenveräußerungen) liegt in der Verwendung der Maschine zur Herstellung der Waren. Auch die Verwaltungsgemeinkosten eines Unternehmens stehen noch in einem mittelbaren Zusammenhang mit seinen Ausgangsumsätzen.
Für die Frage des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist darauf abzustellen, welchem Ausgangsumsatz ein bestimmter Vorumsatz letztlich zugutekommt. Führt ein Vorumsatz zunächst zu Innenumsätzen, ist zu untersuchen, in welche Ausgangsumsätze diese Innenumsätze einfließen. S.a. die Beispiele in Abschn. 15.12 UStAE.
Schneider, Aufteilung der Vorsteuer bei gemischt genutzten Gegenständen, NWB 2013, 708.
→ Steuerbefreiungen gem. § 4 UStG
Redaktioneller Hinweis:
Redaktioneller Hinweis:
Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.
Zum Newsletter anmelden