1 Termingeschäfte
1.1 Begriff und Zustandstatbestand eines Termingeschäfts
1.2 Begriff und Zustandstatbestand eines Optionsgeschäftes
1.3 Inhalt eines Optionsgeschäftes
1.4 Die steuerliche Behandlung eines Optionsgeschäftes
1.5 Sonderfall: »Die Glattstellung« einer Verkaufsoption
2 Aktuelle Rechtsprechung
3 Investmentgeschäfte
3.1 Grundfragen und wirtschaftliche Erscheinungsformen
3.2 Überblick über die Besteuerung von Einkünften aus Investmentfonds (ab 2003)
4 Das InvStRefG (2018)
4.1 Anwendungsbereich
4.2 Spezial-Investmentfonds (s. hierzu Tz. 2.3 des BMF-Schreibens)
4.3 Besteuerung
4.4 Aktuelle Rechtsprechung
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel
Der Begriff des Termingeschäfts umfasst sämtliche als Options- oder Festgeschäft ausgestaltete Finanzinstrumente sowie Kombinationen zwischen Options- und Festgeschäften, deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von:
dem Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren,
dem Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten,
dem Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten,
Zinssätzen oder anderen Erträgen oder
dem Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen.
Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Termingeschäft in einem Wertpapier verbrieft ist oder an einer amtlichen Börse oder außerbörslich abgeschlossen wird. Zu den Termingeschäften gehören insbesondere Optionsgeschäfte, Swaps, Devisentermingeschäfte und Forwards oder Futures (vgl BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Tz. 9 und 10, geändert durch BMF vom 16.11.2010, BStBl I 2011, 1305).
In Abgrenzung zum Termingeschäft hat der Käufer der Option das Recht, jedoch nicht die Verpflichtung, zu einem späteren Zeitpunkt ein Geschäft, z.B. den Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers, zu vorab festgelegten Konditionen abzuschließen (bedingtes Termingeschäft). Im Gegensatz dazu gehen beim Festgeschäft beide Vertragsparteien bereits bei Abschluss des Geschäfts die feste Verpflichtung ein, zu einem späteren Zeitpunkt z.B. einen bestimmten Kaufgegenstand zum vereinbarten Preis zu erwerben oder zu liefern (unbedingtes Termingeschäft).
Beim Optionsgeschäft erwirbt der Käufer der Option (Optionsnehmer) vom Verkäufer der Option (Optionsgeber oder sog. »Stillhalter«) gegen Bezahlung einer Optionsprämie das Recht, eine bestimmte Anzahl Basiswerte (z.B. Aktien) am Ende der Laufzeit oder jederzeit innerhalb der Laufzeit der Option (so möglich bei EUREX-Optionen) zum vereinbarten Basispreis entweder vom Verkäufer der Option zu kaufen (Kaufoption oder »call«) oder an ihn zu verkaufen (Verkaufsoption oder »put«). Diesem Recht des Optionskäufers steht die entsprechende Verpflichtung des Verkäufers der Option gegenüber, die Basiswerte zu liefern oder abzunehmen, wenn der Optionskäufer sein Optionsrecht ausübt (BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Tz. 11).
Kauft ein Anleger eine Option, sind die von ihm gezahlten Beträge genauso Anschaffungskosten wie die auf die Transaktion entfallenden Spesen, Provisionen und Gebühren der Bank. Verkauft der Anleger eine Option, erzielt er daraus Kapitaleinkünfte i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG. Gewinn i.S.d. § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen Anschaffungskosten (inkl. Anschaffungsnebenkosten) und den Einnahmen aus der Veräußerung; bei in Fremdwährung getätigten Optionsgeschäften sind die Einnahmen zum Veräußerungszeitpunkt und die Anschaffungs(-neben)kosten zum Zeitpunkt des Kaufes in Euro zum Stichtagskurs umzurechnen.
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG erweitert den Anwendungsbereich um drei weitere Fälle:
Versprochene Geldbeträge, die sich an der Wertentwicklung von Wertpapieren oder anderen Bezugsgrößen (Indices, Future, Zinssätze) orientiert. Hierunter fallen sog. Partizipationsscheine oder Indexzertifikate, bei denen die Rückzahlung nicht garantiert ist. Die Höhe des versprochenen Geldbetrages bemisst sich dabei nach der Wertentwicklung des zu Grunde gelegten Basiswertes.
Die Fallgruppe wird erstreckt auf Zertifikate, die sich auf eine Aktie beziehen. Dabei erwirbt der Stpfl. einen Anspruch auf Zahlung eines festgelegten Geldbetrages oder auf die Lieferung einer Aktie. Überschreitet der Börsenkurs der Aktie den festgelegten Betrag, so wird der Geldbetrag bezahlt, andernfalls wird die Aktie geliefert.
Geschäfte, bei denen dem Stpfl. Geldbeträge für den Fall versprochen werden, dass sich der Kurs der Bezugsgröße (z.B. DAX-Wert) während der Laufzeit innerhalb einer bestimmten Bandbreite bewegt (»Korridor«-Optionsscheine).
Die Veräußerung von Finanzinstrumenten, die als Termingeschäft ausgestaltet sind (§ 20 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b EStG).
Beispiel 1:
Der Stpfl. S erwirbt im Februar 2012 DAX-Optionsscheine zu 10 000 € AK, die ihm bis 25.10.2013 (Ausübungstag) das Recht auf Auszahlung eines Differenzbetrages (Schlusskurs ./. Basispreis) gewähren. Mit dem Kauf der Optionsscheine sind Bankgebühren i.H.v. 500 € verbunden. Wegen der Kursentwicklung im Sommer 2013 veräußert S die Optionsscheine Ende August 2013 zu 15 000 €. Bei der Veräußerung fallen Transaktionskosten i.H.v. 750 € an.
Lösung 1:
Der Veräußerungsgewinn von 4 750 € (15 000 € ./. 750 € ./. 10 000 € + 500 €) ist gem. § 20 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b EStG steuerpflichtig.
Glattstellung bedeutet, dass der Inhaber eines Optionsscheines (Kaufoption) ein Gegengeschäft tätigt, in dem er eine Option aus derselben Serie verkauft und dieses Geschäft auch als Glattstellungsgeschäft bezeichnet wird.
Die Erträge aus solch einem Optionsverkauf sind gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG steuerpflichtig (BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Tz. 31).
Lässt der Steuerpflichtige diese Verkaufsoption wirkungslos verfallen, sind ihre Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten einkommenssteuerrechtlich ohne Bedeutung und können nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend gemacht werden (BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Tz. 32).
Grundsätzlich gilt, dass beim Verfall eines Anlageinstrumentes der resultierende Verlust nicht berücksichtigt werden kann. Nach einer Änderung der zum § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. ergangenen Rechtsprechung des BFH (BFH Urteil vom 26.9.2013, IX R 12/11, BFH/NV 2013, 28) gilt dies nicht mehr. Im Umkehrschluss bedeutet diese Änderung der BFH-Rechtsprechung eine parallele Anwendung für Fälle des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG. Diese wird von der Finanzverwaltung jedoch abgelehnt (BMF vom 27.3.2013, BStBl I 2013, 403). Eine hohe Anzahl an Klagen vor den Finanzgerichten scheint unausweichlich, da die Steuerpflichtigen ihre persönlichen Ansprüche auf die Geltendmachung von Verlusten verfallener Optionen und Termingeschäfte seitens der Finanzämter berücksichtigt lassen möchten. Zu weiteren (verfassungsrechtlichen) Bewertungen dieser Ungleichbehandlung vgl. Dahm/Hamacher, DStR 2014, 455.
Das BMF hat als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 26.9.2012, IX R 50/09, BStBl II 2013, 231 einen Nichtanwendungserlass der im Urteil ausgeurteilten Grundsätze erlassen. Der BFH hatte für Recht erkannt, dass das Recht auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil auch dann i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. beendet wird, wenn ein durch das Basisgeschäft indizierter negativer Differenzausgleich durch Nichtausüben der (wertlosen) Forderung aus dem Termingeschäft vermieden wird. Gemäß BMF-Schreiben vom 27.3.2013, BStBl I 2013, 403 soll dieser Grundsatz nicht auf Fälle des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG anwendbar sein.
Die folgende Übersicht fasst tabellarisch diverse derzeit beim BFH geführte Verfahren hinsichtlich Termingeschäfte zusammen:
Beschreibung des Verfahrens |
zuständiges Gericht |
Aktenzeichen |
Vorinstanz |
Berücksichtigung wertlos gewordener Optionsscheine als Verlust bei Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG |
BFH |
VIII R 45/14 |
FG Düsseldorf, 7 K 2180/13 E |
Ein auf Differenzausgleich gerichtetes Devisentermingeschäft kann auch vorliegen, wenn das Gegengeschäft dem Eröffnungsgeschäft nachfolgt. Jedoch müssen beide Geschäfte derart miteinander verknüpft sein, dass der auf die Realisierung einer positiven oder negativen Differenz aus beiden Geschäften gerichtete Wille der Vertragsbeteiligten ersichtlich ist. |
BFH |
VIII R 35/15 |
FG München, EFG 2016, 563 |
Verfassungsmäßigkeit der Verlustausgleichsbeschränkung bei privaten Veräußerungsgeschäften |
BVerG |
2 BvR 1109/14 |
BFH, IX R 10/12 |
Berücksichtigung von Anschaffungs(-nebenkosten) verfallener Optionsscheine |
BFH |
VIII R 31/14 |
FG Düsseldorf, 1 K 3740/13 E |
Anwendungsvoraussetzungen des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG |
BFH |
I R 25/14 |
FG Nürnberg, 1 K 1333/10 |
Im Unterschied zu den bei § 20 EStG vorliegenden Kapitalanlagen (Wertpapiere, Beteiligungen, kurz: Kapitalforderungen als Stammrecht) führt der Erwerb von Investmentanteilen nur zu einer Mitberechtigung an einem gesonderten Fondsvermögen. Im Fonds werden die Gelder vieler Anleger gebündelt, um sie in verschiedenen Vermögenswerten (Wertpapiere, Grundstücke, stillen Beteiligungen oder – neuerdings bei Dachfonds – andere Fonds) anzulegen. Für die steuerliche Beurteilung ist es von besonderer Bedeutung, dass der Anleger mit seinen Investmentfonds nicht Mitgesellschafter der Kapitalanlagegesellschaft wird. Die Einzahlungen der Anleger werden getrennt vom Eigenvermögen der Anlagegesellschaft, die mit dem Status eines Kreditinstitutes versehen ist, einem Sondervermögen zugeführt, das von der Gesellschaft verwaltet wird. Die Anteilsscheine (Zertifikate) werden nicht an der Börse gehandelt, so dass die Rücknahmepreise nicht »amtlich«, sondern nur in den Tageszeitungen veröffentlicht werden.
Je nach der Zielsetzung werden offene und geschlossene Fonds unterschieden. Letztere, bei denen die Anzahl der Anteile und die Anlagesumme fest begrenzt ist (Closed-end-Prinzip), werden meist in der Form einer KG betrieben und hier nicht weiter dargestellt; s.a → Investmentfonds und Immobilienfonds.
Der offene Investmentfonds ist in der »Vertragsform« ausgestaltet. Dabei kommt es zu direkten vertraglichen Beziehungen zwischen der Anlagegesellschaft und den Anteilsinhabern einerseits und zwischen der Anlagegesellschaft und der Depotbank andererseits. Eine direkte vertragliche Beziehung zwischen der Bank und den Anteilseignern besteht demnach nicht. Bedingt durch diese Vertragsform sind zunächst drei Besteuerungsebenen zu unterscheiden:
die Anlagegesellschaft (Geltung des KStG),
das Sondervermögen und
der Anteilsinhaber.
Mit dem InvStG, das die bis 2003 geltenden KAGG und das AuslInvestmG ersetzt hat, werden Einkünfte aus in- und ausländischen Investmentvermögen grundsätzlich gleich behandelt. Erstmals werden auch sog. »Hedgefonds« zugelassen. Für die Investmenteinkünfte gilt das Transparenzprinzip, d.h. trotz Zwischenschaltung des Investmentfonds wird der Fondsanleger dem Direktanleger weitgehend gleichgestellt. Daher sind alle Ausschüttungen und thesaurierten Erträge beim Fondsanleger laufend zu versteuern. Aus verfahrensrechtlichen Gründen bleibt das Sondervermögen Steuersubjekt, ist aber vollständig von inländischen Ertragsteuern befreit.
Die nach dem KAGG a.F. bestehende Unterscheidung zwischen »weißen«, »grauen« und »schwarzen« Fonds wurde aufgehoben. Trotzdem gelten, je nachdem inwieweit bestehende Ermittlungs- und Bekanntmachungspflichten erfüllt werden, unterschiedliche Besteuerungsfolgen.
Sofern alle Besteuerungsgrundlagen ordnungsgemäß bekannt gegeben werden, gilt (im Vergleich zur Direktanlage) folgende Privilegierung: Thesaurierte Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren und Termingeschäften unterliegen nicht der Besteuerung. Werden diese Gewinne ausgeschüttet, sind sie bei im Privatvermögen gehaltenen Fondsanteilen grundsätzlich steuerfrei. Bei im Betriebsvermögen gehaltenen Fondsanteilen sind sie steuerpflichtig (mit Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bzw. des § 8b KStG). Zinsen und Dividenden, die der Fonds vereinnahmt, werden unabhängig davon, ob diese ausgeschüttet oder thesauriert werden, wie bei der Direktanlage besteuert (d.h. für Dividenden gilt wiederum das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG). Gewinne aus der Veräußerung von Fondsanteilen sind bei im Privatvermögen gehaltenen Fondsanteilen voll steuerpflichtig, wenn die Veräußerung innerhalb eines Jahres nach Erwerb erfolgt. Bei Veräußerung nach Ablauf der Jahresfrist ist nur der sog. Zwischengewinn steuerpflichtig, d.h. der Teil des Veräußerungsgewinns, der auf dem Anleger noch nicht zugerechnete Zinsen entfällt. Wenn der Zwischengewinn nicht gesondert ermittelt wird, unterliegen pauschal 6 % des Veräußerungs- bzw. Rücknahmepreises der (Straf-) Besteuerung. Bei im Betriebsvermögen gehaltenen Fondsanteilen ist der Veräußerungsgewinn mit Ausnahme des sog. Aktiengewinns, für den wiederum das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG gilt, voll steuerpflichtig.
Wenn nicht alle Besteuerungsgrundlagen (Zusammensetzung der Fondserträge) gesondert bekannt gemacht werden, finden steuerliche Privilegierungen (also bspw. DBA-Steuerbefreiungen und § 8b KStG) keine Anwendung.
Sofern die Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen insgesamt unterbleibt, erfolgt eine Strafbesteuerung. Neben den Ausschüttungen des Fonds werden dann 70 % der Wertsteigerung der Anteile, mindestens jedoch 6 % des letzten Rücknahmepreises der Besteuerung unterworfen.
Sonderregelungen (insbesondere Erleichterungen im Hinblick auf die erforderlichen Bekanntmachungen) gelten für Spezialfonds, d.h. Fonds, an denen keine natürlichen Personen und qua Satzung weniger als 30 Anleger beteiligt sind. Sowohl ausgeschüttete als auch thesaurierte Erträge werden wie bereits nach dem KAGG als Kapitaleinkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG behandelt – mit KapESt-Abzug. Gem. § 7 InvStG (2003) werden ab 1.1.2004 auch die ausgeschütteten Erträge aus Investmentanteilen der KapESt (25 %) und dem Solidaritätszuschlag (5,5 %) unterworfen. Damit wird erstmalig die Quellensteuer für inländische Investmentanteile (vormals § 38b KAGG) wie für ausländische Investmentanteile (vorher § 19a AuslInvestmG) gleich behandelt. Mit dem EURLUmsG ergeben sich für das InvestmentG folgende Änderungen:
die Anrechnung der (fiktiven) Quellensteuer auch bei ausländischen Investmentanteilen,
eine einjährige Besitzzeit bei Investmentanteilen (§ 23 EStG!),
die Nichtberücksichtigung des § 17 EStG sowie des Teileinkünfteverfahrens bei Rückgabe bzw. Veräußerung von Investmentanteilen.
Das InvStRefG brachte eine grundlegende Neukonzeption der Investmentbesteuerung unter Abkehr einer Besteuerung nach dem Transparenzprinzip für Publikums-Investmentfonds. Unter bestimmten engen Voraussetzungen sollen künftig allein Spezial-Investmentfonds nach einem modifizierten transparenten System besteuert werden. Das InvStG unterscheidet ab 1.1.2018 also zwischen zwei voneinander unabhängigen Besteuerungssystemen, nämlich einem intransparenten Besteuerungssystem für Investmentfonds und einer Besteuerung nach dem eingeschränkten Transparenzprinzip für Spezial-Investmentfonds. Mit Schreiben vom 21.5.2019 (Az.: IV C1 – S 1980 – 1/16/10010:001) hat das BMF zu Zweifelsfragen detailliert Stellung genommen. Nachfolgend wird hierauf nur zu den wichtigsten hier abgehandelten Fragen Bezug genommen (zitiert: Tz. x.y, BMF).
Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 KAGB ist jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist (s. Tz. 1.2 – 1.6 BMF).
§ 1 Abs. 2 Satz 2 InvStG erweitert den Anwendungsbereich des Investmentsteuergesetzes im Wege einer gesetzlichen Fiktion über das Aufsichtsrecht hinaus auf (fiktive Investmentfonds):
Ein-Anleger Fonds (Nr. 1)
Vermögensverwaltende steuerbefreite KapGes (Nr. 2)
Konzerneigene Investmentfonds (Nr. 3)
Nach Tz. 1.10 BMF fallen gemeinnützige Körperschaften nicht hierunter.
§ 1 Abs. 3 InvStG regelt insbes. folgende Ausnahmen vom Anwendungsbereich des InvStG:
Gesellschaften, Einrichtungen und Organisationen nach § 2 Abs. 1 und 2 KAGB (Nr. 1). Das sind insbes.
Holdinggesellschaften
Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (Pensionsfonds, Pensionskassen, Unterstützungskassen, CTA)
Arbeitnehmerbeteiligungssysteme
Finanzdienstleistungsinstitute, Kreditinstitute
Investmentvermögen in der Rechtsform einer PersGes oder einer vergleichbaren ausländischen Rechtsform; Ausnahme: OGAW und Altersvorsorgevermögensfonds nach § 53 InvStG (Nr. 2). S. hierzu Tz. 1.15 BMF.
Damit unterliegen die typischen Private-Equity-Fonds nicht dem InvStG.
REIT-Gesellschaften (Nr. 5).
Zur Umbrella-Konstruktion s. Tz. 1.17 BMF
Für Spezial-Investmentfonds eröffnet der Gesetzgeber weiterhin die Möglichkeit einer semi-transparenten Besteuerung, vergleichbar der Regelbesteuerung für Investmentfonds nach dem alten Investmentsteuerrecht. Das Gesetz knüpft die transparente Besteuerung als Spezial-Investmentfonds an besondere Voraussetzungen, vgl. § 26 InvStG. Diese sind nicht identisch mit der aufsichtsrechtlichen Definition bzw. den in § 284 KAGB geregelten Voraussetzungen. Ein Investmentfonds kann also steuerlich als Spezial-Investmentfonds qualifizieren und aufsichtsrechtlich ein Publikums-Investmentvermögen darstellen. Auch denkbar ist, dass der Fonds steuerlich nicht die Voraussetzungen für einen Spezial-Investmentfonds erfüllt, aufsichtsrechtlich jedoch als Spezial-AIF qualifiziert.
Ein Investmentfonds gilt dann als Spezial-Investmentfonds, wenn er die folgenden in § 26 InvStG geregelten drei Voraussetzungen erfüllt und den damit verbundenen Status als Spezial-Investmentfonds geltend macht:
Gewerbesteuerbefreiung
Zulässige Rechtsform (Sondervermögen und Investment-AG)
Anlagebestimmungen (altes Recht gilt weiter) mit folgenden Bestandteilen
Investmentaufsicht
Risikomischung (> 3 Vermögens-Gegenstände)
Zulässige Gegenstände (90 % Wertpapiere sowie Surrogate)
Beteiligungsgrenzen
kurzfristige Kredite mit Begrenzung auf den (30 %) Fondswert
Anlegergrenzen (max. 100 Anleger)
Bei einem wesentlichen Verstoß gegen diese Vorgaben (s, hierzu ausführlich Tz. 2.18 – 2.2.4 des BMF) gilt der Spezialinvestmentfonds als aufgelöst.
In Tz. 3.1 – 3.9 sind die gesetzlichen Vertreter geregelt.
§ 5 InvStG (Tz. 5.1 – 5.3 BMF) setzen sich mit der steuerlichen Überprüfung auseinander, während § 5a InvStG die Übertragung von WG in einen Investmentfonds regelt (Tz. 5a.1 – 5a.8 des BMF).
Wesentliche Änderung durch das Investmentsteuerreformgesetz ist der Wegfall der Steuerbefreiung auf Fondsebene (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG a.F.).
§ 6 Abs. 2 Satz 1 InvStG regelt die sachliche Steuerpflicht auf Fondsebene abschließend (Tz. 6.4 des BMF). Im Grundsatz erstreckt der Gesetzgeber die Steuerpflicht auf alle (inländischen) Einkünfte, für die Deutschland ein Besteuerungsrecht zusteht. Das sind:
inländische Beteiligungseinnahmen (§ 6 Abs. 3 InvStG: sehr ausführlich Tz. 6.5 – 6.26 BMF),
inländische Immobilienerträge (§ 6 Abs. 4 InvStG; Tz. 6.27 – 6.34 BMF),
sonstige inländische Einkünfte (§ 6 Abs. 5 InvStG; Tz. 6.35 – 6.38 InvStG).
Diese Ertragskomponenten werden erst im Zeitpunkt der Ausschüttung oder bei Veräußerung der Investmentanteile auf Ebene des Anlegers besteuert (Cash-Flow-Besteuerung). Zur KapESt s. § 7 InvStG sowie Tz. 7.1. – 7.31 BMF).
§ 8 InvStG sieht die Möglichkeit vor, auf Antrag auf Fondsebene bestimmte Einkünfte von der Besteuerung auszunehmen. § 8 InvStG unterscheidet im Hinblick auf den Umfang der Steuerbefreiung dabei zwei Fallgruppen:
Fallgruppe 1: Sämtliche Einkünfte i.S.d. § 6 Abs. 2 InvStG werden auf Fondsebene freigestellt (§ 8 Abs. 1 InvStG; s. Tz. 8.6 – 8.12 BMF)
Fallgruppe 2: Nur inländische Immobilienerträge werden auf Fondsebene freigestellt (§ 8 Abs. 2 InvStG; Tz. 8.13 – 8.20 BMF)
Die Steuerbefreiung ist möglich, soweit an dem Investmentfonds sog. »steuerbegünstigte Anleger« beteiligt sind (Tz. 8.21 – 8.23 BMF); zum Nachweis s. § 9 InvStG (Tz. 9.1 – 9.14 BMF).
§ 15 Abs. 1 InvStG fingiert eine sonstige juristische Person des privaten Rechts nach § 2 Abs. 3 GewStG (Hierzu Tz. 15.1 – 15.46 BMF). Der Investmentfonds ist gewerbesteuerpflichtig, soweit er einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (vgl. Wortlaut § 2 Abs. 3 GewStG). Der Investmentfonds ist allerdings unter folgenden Voraussetzungen von der Gewerbesteuer befreit (vgl. § 15 Abs. 2 InvStG):
Der objektive Geschäftszweck ist auf die Anlage und Verwaltung der Mittel für gemeinschaftliche Rechnung beschränkt und
die Vermögensgegenstände werden nicht in wesentlichem Umfang aktiv unternehmerisch bewirtschaftet.
Für die Besteuerung von Spezial-Investmentvermögen verweist § 29 Abs. 1 InvStG auf die für die Besteuerung von Investmentfonds geltenden Vorschriften (§§ 6, 7 InvStG).
Gem. § 30 Abs. 1 Satz 1 InvStG kann der Spezial-Investmentfonds die partielle Körperschaftsteuerpflicht für inländische Beteiligungseinnahmen vermeiden, indem er gegenüber der Verwahrstelle oder – bei ausländischen Spezial-Investmentvermögen – der letzten inländischen Stelle i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 EStG unwiderruflich erklärt, dass den Anlegern des Spezial-Investmentfonds Steuerbescheinigungen gem. § 45a Abs. 2 EStG ausgestellt werden sollen (Transparenzoption).
§ 30 Abs. 4 InvStG erweitert die Transparenzoption für Beteiligungseinnahmen auf Dach-Spezial-Investmentfonds i.S.d. § 2 Abs. 5 Satz 2 InvStG.
Im Hinblick auf die Immobilien-Transparenzoption wurde § 33 EStG durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz geändert und um einen neuen Absatz ergänzt, um zu verhindern, dass ausländische Anteilseigner bei Dachfondsstrukturen die inländischen Immobilienerträge vollständig steuerfrei hätten vereinnahmt werden können.
Anleger des Investmentvermögens unterliegen mit ihren Investmenterträgen grds. der Besteuerung. Investmenterträge sind (§ 16 InvStG; Tz. 16.1 – 16.22):
Ausschüttungen (§ 2 Abs. 11 InvStG),
Vorabpauschalen (§ 18 InvStG; Tz. 18.1 – 18.14 BMF),
Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen (§ 19 InvStG).
Die Besteuerung von Erträgen aus Investmentvermögen auf Anlegerebene erfolgt nach (modifizierten) Cashflow-Grundsätzen.
Wichtig ist auch die Regelung zur Teilfreistellung (§ 20 InvStG und Tz. 20.1 – 20.20).
Ausschüttungen sind dem Anleger gezahlte oder gutgeschriebene Beträge einschließlich des Steuerabzugs auf den Kapitalertrag, § 2 Abs. 11 InvStG. Als Ausschüttungen kommt neben Barausschüttungen auch die Wiederanlage der Erträge unter Ausgabe neuer Anteile in Betracht.
Gewinne aus der Veräußerung, Rückgabe, Abtretung, Entnahme oder verdeckten Einlage von Investmentanteilen sind nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 InvStG Erträge aus Investmentfonds und werden im EStG den Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG zugeordnet.
Nach § 50 Abs. 1 InvStG unterliegen sowohl die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge als auch der Gewinn aus der Veräußerung der Spezial-Investmentanteile dem Steuerabzug (hierzu Tz. 50.1 – 50.12 BMF). Soweit Bestandteile der ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträge nach § 43 InvStG von der Besteuerung freizustellen sind, sind diese auch bei der Bemessung der Kapitalertragsteuer herauszurechnen.
Für die Frage einer Teilwertabschreibung auf Anteile an einem offenen Immobilienfonds gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist die Entscheidung des BFH vom 13.2.2019 (Az.: XI R 41/17) von Bedeutung. Danach liegt eine voraussichtlich dauernde Wertminderung von Anteilen, deren Ausgabe und Rücknahme endgültig eingestellt ist, erst dann vor, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter demjenigen im Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile gesunken ist und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Anschaffungskosten beim Erwerb überschreitet.
Möllers, Umfang und Grenzen des Anlegerschutzes im Investmentgesetz – Der Trennungsgrundsatz und die Grenzen der Aufrechnung im InvG, BKR 2011, 353; Schmidt/Renner, Die steuerliche Behandlung von Optionen nach dem BFH-Urteil vom 06.3.2013, I R 18/12, DStR 2013, 2734; Meinert/Herlios, Die Abzugsfähigkeit vergeblicher Aufwendungen bei Termingeschäften im Privatvermögen – Zugleich Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 26.9.2012, IX R 50/09, DStR 2013, 508; Dahm/Hamacher, Termingeschäfte im EStG – Eine Besteuerungsruine, DStR 2014, 455; Köhler, InvestmentsteuerG Kommentar, 2019.
→ Investmentfonds und Immobilienfonds
→ Einkünfte aus Kapitalvermögen
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