1 Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 51 EStG
1.1 Definition des Trinkgeldbegriffs
1.2 Steuerpflichtiges Trinkgeld
2 Krankheitskosten
3 Trinkgelder bei Bewirtungskosten
4 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung
5 Verwandte Lexikonartikel
Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern vom 8.8.2002 neu verfasst.
Mit Urteil vom 30.3.2010 (6 K 87/09, LEXinform 5010226) setzt sich das FG Hamburg u.a. mit der Definition des Trinkgeldbegriffs auseinander.
Steuerfrei sind gem. § 3 Nr. 51 EStG Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem ArbN von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dabei wird der Begriff »Trinkgeld« durch die genannte Bestimmung nicht abschließend definiert. Nicht jede »anlässlich einer Arbeitsleistung dem ArbN von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag …, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist«, hingegebene Geldleistung ist daher ein Trinkgeld i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG. Es handelt sich vielmehr um einen durch den allgemeinen Sprachgebrauch geprägten unbestimmten Gesetzesbegriff (Typusbegriff), den der Gesetzgeber in die gesetzliche Regelung übernommen hat (BFH Urteil vom 18.12.2008, VI R 49/06, BStBl II 2009, 820). Ob eine Leistung Trinkgeld i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG ist, lässt sich demnach nicht generell, sondern nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles entscheiden. Aus dem Spielbanktronc finanzierte Zahlungen an die ArbN der Spielbank sind keine steuerfreien Trinkgelder i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG.
Wesentlich und prägend ist dabei die Beziehung zwischen dem Geber und dem Empfänger des Trinkgelds. Diese wird in der Rechtsprechung – typisierend – wie folgt umschrieben: Trinkgeld sei eine »dem dienstleistenden ArbN vom Kunden oder Gast gewährte zusätzliche Vergütung«, die »eine gewisse persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten« voraussetze (BFH Urteil vom 18.12.2008, VI R 49/06, BStBl II 2009, 820). Es handle sich um eine »freiwillige und typischerweise persönliche Zuwendung an den Bedachten als eine Art honorierende Anerkennung seiner dem Leistenden gegenüber erwiesenen Mühewaltung in der Form eines kleineren Geldgeschenks« (BFH Urteil vom 3.5.2007, VI R 37/05, BStBl II 2007, 712). Der Trinkgeldempfänger stehe dabei faktisch in einer doppelten Leistungsbeziehung und erhalte entsprechend dazu auch doppeltes Entgelt, nämlich das Arbeitsentgelt seitens seines ArbG und das Trinkgeld seitens des Kunden.
Freiwillige Zahlungen von Notaren an Notarassessoren für deren Vertretungstätigkeit sind keine Trinkgelder i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG, sondern stpfl. Arbeitslohn. Die rechtliche Ausgestaltung des Notarberufs schließt es aus, freiwillige Zahlungen von Notaren an Notarassessoren für deren Vertretung als Trinkgelder i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG anzusehen. Es liegt insbes. kein Kunden- oder kundenähnliches Verhältnis vor, wie es der Begriff des Trinkgelds, der auch § 3 Nr. 51 EStG zugrunde liegt, voraussetzt. Notarassessoren gehören nicht zu der typischen Berufsgruppe, in der Arbeitnehmertrinkgelder traditionell einen flankierenden Bestandteil der Entlohnung darstellen (vgl. BFH vom 10.3.2015, VI R 6/14, BStBl II 2015, 767).
Trinkgelder, auf die der ArbN einen Rechtsanspruch hat, z.B. Bedienungszuschlag im Gaststättengewerbe, unterliegen in voller Höhe dem Lohnsteuerabzug (R 19.3 Abs. 1 Nr. 5 LStR).
Nach dem Urteil des FG Hamburg vom 30.3.2010 (6 K 87/09, LEXinform 5010226) ist das den Tänzerinnen und Tänzern eines Tabledance-Clubs von den Gästen zugesteckte »Spielgeld«, wenn es vom ArbG teilweise wieder in Geld eingetauscht wird, kein steuerfreies Trinkgeld, sondern ein steuerpflichtiger – erfolgsabhängiger – Lohnbestandteil.
Entscheidungsfall:
Die Einkünfte der Klägerin setzten sich aus drei Bestandteilen zusammen: Für jeden Abend, an dem die Klägerin als Tänzerin auftrat, erhielt sie von ihrem ArbG eine Tagesgage i.H.v. 75 €; für jeden Tanz, den die Klägerin auf einem der »Tables« aufführte, erhielt sie eine zusätzliche Gage von jeweils 10 €; und schließlich erhielt die Klägerin am Ende eines Arbeitstages von ihrem ArbG Geld für die »A-Spielgeldscheine«, die sie während der einzelnen Darbietungen von den Gästen erhalten hatte. Bei diesen »A-Spielgeldscheinen« handelte es sich um eine Art Spielgeld, das den Gästen des Lokals zu einem festen Preis und nur für den genannten Zweck angeboten wurde; Getränke (oder Ähnliches) konnten damit nicht bezahlt werden. Ein Rückumtausch erworbener und nicht verbrauchter »A-Spielgeldscheine« durch die Gäste war ausgeschlossen.
Über das Geld, das die Tänzerinnen und Tänzer von ihrem ArbG für die von den Gästen zugesteckten »A-Spielgeldscheine« von ihrem ArbG erhielten, gab es keine schriftlichen Vereinbarungen. Den Feststellungen des FA zufolge wurden die »A-Spielgeldscheine« den Tänzerinnen und Tänzern zu dem Preis vergütet, den die Gäste vorher dafür bezahlt hatten; allerdings behielt der ArbG einen Teil des Geldes für sich. Den Angaben der Klägerin zufolge variierte der »Wechselkurs« auf Veranlassung der Geschäftsführung in unregelmäßigen Abständen und lag üblicherweise unter dem, was die Gäste für die »A-Spielgeldscheine« zu zahlen hatten.
Entscheidungsgründe:
Die Zahlungen, die die Klägerin aufgrund der »A-Spielgeldscheine« erhalten hat, können nicht dem Typus »Trinkgeld« zugeordnet werden.
Der ArbG der Klägerin hat über das System der »A-Spielgeldscheine« einen direkten Austausch von Bargeld zwischen den Gästen einerseits und den als Tänzerinnen und Tänzern angestellten ArbN andererseits ausgeschlossen. Das Bargeld ist bei Erwerb der »A-Spielgeldscheine« durch die Gäste unmittelbar an den ArbG geflossen. Die ArbN haben ihrerseits nur einen Teil dieses Geldes (wenn auch regelmäßig den überwiegenden Teil) bei Eintausch der »A-Spielgeldscheine« am Ende eines Arbeitstages von ihrem ArbG erhalten. Dabei hat es für den Rückumtausch der »A-Spielgeldscheine« in Euro durch den ArbG weder schriftliche Vereinbarungen noch sonstige feste Regeln gegeben. Die Klägerin hat ausdrücklich bestätigt, dass die »Wechselkurse« für den Rückumtausch auf Veranlassung der Geschäftsleitung in unregelmäßigen Abständen variierten. Letztlich bestimmte damit aber nicht der Gast, was dem einzelnen ArbN an Geld zufloss, sondern allein der ArbG. Dies ist für ein Trinkgeld untypisch. Dem Gesamtbild nach entspricht das System der »A-Spielgeldscheine« damit eher einer Beteiligung der ArbN an den von ihnen durch die Tanzdarbietungen erwirtschafteten Einnahmen, die zunächst allein dem ArbG zugeflossen sind. Die streitigen Zahlungen sind daher als ein von dem ArbG der Klägerin gewährter erfolgsabhängiger Lohnbestandteil zu werten; dieser wird nicht von § 3 Nr. 51 EStG erfasst.
Bei Messstipendien handelt es sich um von Dritten gezahlten Arbeitslohn. Dabei ist ohne Bedeutung, dass Messstipendien als unvollkommene Verbindlichkeiten zwar erfüllbar, aber nicht einklagbar sind; vgl. Niedersächsisches FG vom 10.10.2003, 11 K 191/03.
Eine andere Einzelfallentscheidung hat der BFH mit dem Urteil vom 18.6.2015, VI R 37/14, getroffen. Bei freiwilligen Zahlungen von Besuchern einer Spielbank für das Bedienen von Speisen und Getränken an Croupiers ist die Steuerfreiheit i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG gegeben. Das Eintauschen des Spielgelds bei seinem ArbG in Geld ist kein Ausschlusskriterium. Die Steuerfreiheit entfällt nicht dadurch, dass der ArbG als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist.
Trinkgelder, die im Zusammenhang mit der ärztlich angeordneten Behandlung einer Krankheit hingegeben werden, sind nicht als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG; → Außergewöhnliche Belastungen) zu berücksichtigen (BFH Urteil vom 30.10.2003, III R 32/01, BStBl II 2004, 270; H 33.1–33.4 [Trinkgelder] EStH).
Nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Stpfl. schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen. Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen. Nach R 4.10 Abs. 5 Satz 3 EStR sind Bewirtungsaufwendungen Aufwendungen für den Verzehr von Speisen, Getränken und sonstigen Genussmitteln. Dazu können auch Aufwendungen gehören, die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Bewirtung anfallen, wenn sie im Rahmen des insgesamt geforderten Preises von untergeordneter Bedeutung sind, wie z.B. Trinkgelder und Garderobengebühren.
Umsatzsteuerrechtlich gehören freiwillig an den Unternehmer gezahlte Trinkgelder zum Entgelt, wenn zwischen der Zahlung und der Leistung des Unternehmers eine innere Verknüpfung besteht. Die an das Bedienungspersonal gezahlten freiwilligen Trinkgelder rechnen nicht zum Entgelt für die Leistungen des Unternehmers (Abschn. 10.1. Abs. 5 Satz 1 UStAE).
Redaktioneller Hinweis:
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