Konsignationslager: Besonderheiten bei der Umsatzsteuer

Stand: 28. März 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Überblick über die Neuregelungen ab 1.1.2020
1.1 Sofortmaßnahmen des Rats der EU vom 4.12.2018
1.2 Neuregelung durch den nationalen Gesetzgeber
2 Begriffe
3 Inländisches Konsignationslager mit Warenbewegungen im Inland
3.1 Zivilrechtliche Eigentumsübertragung
3.2 Ort der Lieferung
3.3 Zeitpunkt der Lieferung
4 Konsignationslager im Inland mit Drittlandsware
5 Gemeinschaftsrechtliche und nationale Behandlung der Konsignationslagerregelung bis 31.12.2019
5.1 Inländisches Konsignationslager mit Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet
5.1.1 Abnehmer steht bei Beginn der Beförderung oder Versendung fest
5.1.2 Abnehmer steht bei Beginn der Beförderung oder Versendung noch nicht fest
5.2 Konsignationslager in anderen Mitgliedstaaten mit Waren aus dem Inland
5.2.1 Grundsätzliches zu den Regelungen im Inland
5.2.2 Abnehmer steht bei Beginn der Beförderung oder Versendung fest
5.2.3 Abnehmer steht bei Beginn der Beförderung oder Versendung noch nicht fest
5.3 Die Konsignationslagerregelung vor dem 1.1.2020 im Vergleich
5.3.1 Die Regelung nach der MwStSystRL bis 31.12.2019
5.3.2 Die Regelung nach nationalem Recht
5.3.3 Vereinfachungsregelungen in einzelnen Mitgliedstaaten der EU
6 Konsignationslagerregelung ab 1.1.2020 nach Art. 17a MwStSystRL sowie § 6b UStG
6.1 Die Regelung nach der Konsignationslagerregelung des § 6b UStG im Überblick
6.2 Die Voraussetzungen der Konsignationslagerregelung des § 6b UStG im Einzelnen
6.2.1 Lager i.S.d. § 6b UStG
6.2.2 Verbleiben im Bestimmungsmitgliedstaat
6.2.3 Bekannter Erwerber
6.2.4 Vertragliche Vereinbarung
6.2.5 USt-IdNr. des Erwerbers
6.2.6 Ansässigkeit des liefernden Unternehmers
6.2.7 Aufzeichnungspflichten und Angaben in der Zusammenfassenden Meldung
6.2.8 Rechtsfolge des § 6b UStG
6.3 Ausschluss und Rückausnahme vom Ausschluss von der Rechtsfolge der Konsignationslagerregelung
6.4 Die Aufzeichnungspflichten des § 22 Abs. 4f UStG im Einzelnen
6.5 Die Aufzeichnungspflichten des § 22 Abs. 4g UStG im Einzelnen
6.6 Zusammenfassende Meldung
6.7 Auswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU
7 Literaturhinweise

1. Überblick über die Neuregelungen ab 1.1.2020

1.1. Sofortmaßnahmen des Rats der EU vom 4.12.2018

Am 2.10.2018 beschloss der Rat vier Anpassungen der derzeitigen Mehrwertsteuervorschriften der EU zur Behebung spezifischer Probleme. Dabei handelt es sich um folgende vier Sofortmaßnahmen (sog. Quick Fixes) für die USt im Handel zwischen den Mitgliedstaaten:

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  1. Konsignationslager (Art. 17a MwStSystRL);

  2. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL; → Umsatzsteuer-Identifikationsnummer);

  3. Reihengeschäft (Art. 36a MwStSystRL);

  4. Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 45a MwStSystRL; → Innergemeinschaftliche Lieferung).

Mit der Einführung von Art. 17a MwStSystRL durch Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie (EU) 2018/1910 des Rates vom 4.12.2018 (ABl. L 311 vom 7.12.2018, 3) wird erstmals eine unionsrechtliche Regelung der Konsignationslager geschaffen.

Nach Art. 2 der Richtlinie 2018/1910 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bis zum 31.12.2019 entsprechende Rechtsvorschriften zu erlassen sowie diese ab dem 1.1.2020 anzuwenden.

1.2. Neuregelung durch den nationalen Gesetzgeber

Da der nationale Gesetzgeber verpflichtet ist, die EU-Norm zum Konsignationslager in nationales Recht umzusetzen, hat der Gesetzgeber in Art. 12 Nr. 8 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) § 6b UStG neu eingefügt.

Die Neuregelung sowohl des Art. 17a MwStSystRL als auch des § 6b UStG regelt erstmals, unter welchen Voraussetzungen von der Konsignationslagerregelung auszugehen ist.

Das BMF hat mit Schreiben vom 10.12.2021 (LEXinform 7012976) ein Einführungsschreiben zur Konsignationslagerregelung nach § 6b UStG erlassen und dabei u.a. Abschn. 6b.1 und 6b.2 UStAE neu eingefügt. Weiterhin wird in Abschn. 18a.3 UStAE ein neuer Abs. 2 eingefügt, der die Angaben in der ZM in den Fällen des § 6b Abs. 1 UStG regelt.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 10.12.2021 sind auf alle Umsätze anzuwenden, die die Lieferung von Gegenständen in ein Lager i.S.d. § 6b UStG betreffen, anzuwenden, für die der Transport durch Beförderung oder Versendung am oder nach dem 1.1.2020 begonnen hat. Für alle vor dem 1.1.2020 im Abgangsmitgliedstaat begonnen, aber erst nach dem 31.12.2019 im Bestimmungsmitgliedstaat endenden Lieferungen ist die Vereinfachungsregelung nicht anzuwenden.

Zum Verfahren zur Abgabe der ZM nach § 18a UStG für Lieferungen im Rahmen der Konsignationslagerregelung nach § 6b UStG wird auf die Regelung des BMF-Schreibens vom 28.1.2020 (BStBl I 2020, 224) hingewiesen.

2. Begriffe

Zu der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Warenlieferungen in und aus Konsignationslagern hat die OFD Frankfurt mit Vfg. vom 8.11.2018 (S 7100a A – 004 – St 110, UR 2019, 628, LEXinform 5236755) ausführlich Stellung genommen. Die Vfg. regelt die Warenlieferungen bis zum 31.12.2019. Für inländische Warenbewegungen in inländische Konsignationslager gilt die Vfg. weiter. Ab 1.1.2020 sind für innergemeinschaftliche Warenlieferungen in sowie aus Konsignationslagern die Voraussetzungen des § 6b UStG sowie die Verwaltungsregelungen des Abschn. 6b.1 und 6b.2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.12.2021 (LEXinform 7012976) anzuwenden.

Der Begriff des Konsignationslagers ist weder im deutschen UStG noch im Unionsrecht definiert. Im Allgemeinen wird als Konsignationslager eine Gestaltung bezeichnet, bei der ein Lager in der Nähe der Kunden eingerichtet wird, um diese möglichst zeitnah beliefern zu können. Das Lager selbst kann vom Lieferanten oder vom Kunden selbst betrieben werden, es kann aber auch von einem Spediteur oder von einem externen Dienstleister unterhalten werden (Niedersächsisches FG Urteil vom 18.6.2015, 5 K 335/14, EFG 2015, 1754, LEXinform 5018294, rkr.).

Ein Konsignationslager ist ein Warenlager,

  • das ein Unternehmer (Konsignant) bei einem Abnehmer (Konsignatar) unterhält und

  • aus dem der Abnehmer bei Bedarf Waren entnehmen kann.

Es können durchaus auch mehrere Abnehmer Zugriff auf die Waren haben.

Ein »Call-off-stock« stellt ebenfalls eine Form des Konsignationslagers dar (Scholz u.a., UR 11/2016, 420). Von einem Konsignationslager unterscheidet es sich nach allgemeinem Verständnis dadurch, dass beim Call-off-stock nur ein Kunde oder Abnehmer auf das Lager zugreifen darf, wohingegen beim Konsignationslager durchaus auch mehrere Abnehmer Zugriff auf die Waren haben können (OFD Frankfurt vom 8.11.2018, S 7100a A – 004 – St 110, UR 2019, 628, LEXinform 5236755 unter Tz. 1).

3. Inländisches Konsignationslager mit Warenbewegungen im Inland

3.1. Zivilrechtliche Eigentumsübertragung

Zu der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von inländischen Warenlieferungen in und aus inländischen Konsignationslagern hat die OFD Frankfurt mit Vfg. vom 8.11.2018 (S 7100a A – 004 – St 110, UR 2019, 628, LEXinform 5236755) ausführlich Stellung genommen.

Hinweis:

Die Neuregelung des § 6b UStG ab dem 1.1.2020 lässt die inländische Warenbewegung in inländische Konsignationslager unberührt. Betroffen sind lediglich innergemeinschaftliche Warenbewegungen.

Bei reinen Inlandssachverhalten verbringt ein im Inland ansässiger Unternehmer Waren in sein in Deutschland belegenes Konsignations- oder Auslieferungslager.

Bei einem Konsignationslager bleibt der Lieferer (Konsignant) zivilrechtlicher Eigentümer der im Lager befindlichen Ware. Erst wenn der Abnehmer (Konsignatar) die Ware entnimmt, geht das Eigentum an dieser vom Konsignanten (Lieferer) auf den Konsignatar (Abnehmer) über.

3.2. Ort der Lieferung

Hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung ist darauf abzustellen, wann die Lieferung ausgeführt wurde. Hierfür ist maßgeblich, ob der Abnehmer bei Beginn der Beförderung oder Versendung bereits verbindlich feststand, denn eine Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG setzt die Beförderung oder Versendung an einen Abnehmer voraus (BFH Urteile vom 20.10.2016, V R 31/15, BStBl II 2017, 1076 und vom 16.11.2016, V R 1/16, BStBl II 2017, 1079; → Ort der Lieferung).

Von einem feststehenden Abnehmer ist bereits dann auszugehen, wenn der Abnehmer die Ware bei Beginn der Beförderung oder Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat (BFH Urteil vom 16.11.2016, V R 1/16, BStBl II 2017, 1079; Abschn. 1a.2 Abs. 6 Satz 4 UStAE). In diesem Fall steht es der Annahme einer Beförderungs- oder Versendungslieferung nicht entgegen, wenn

  • die Ware von dem mit der Versendung Beauftragten zunächst in ein inländisches Lager des Lieferanten gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Abnehmer (shipment on hold) herausgegeben wird (BFH Urteil vom 30.7.2008, XI R 67/07, BStBl II 2009, 552), oder

  • die Ware kurzzeitig (für einige Tage oder Wochen) in einem auf Initiative des Abnehmers eingerichteten Auslieferungs- oder Konsignationslager im Inland, welches nicht in den Anwendungsbereich der Konsignationslagerregelung nach § 6b UStG fällt, zwischengelagert wird und der Abnehmer vertraglich ein uneingeschränktes Zugriffsrecht auf die Ware hat (BFH Urteil vom 20.10.2016, V R 31/15, BStBl II 2017, 1076). Es liegt dann nur eine kurze Unterbrechung, aber kein Abbruch der begonnenen Beförderung oder Versendung vor (s.o. und Abschn. 1a.2 Abs. 6 Satz 6 und Abschn. 3.12 Abs. 3 Satz 8 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.12.2021, LEXinform 7012976).

Ort und Zeitpunkt der Lieferung bestimmt sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG. Die Lieferung gilt dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer beginnt. § 3 Abs. 6 UStG regelt den Lieferort und zugleich den Zeitpunkt.

Ein im Zeitpunkt des Beginns der Beförderung oder Versendung nur wahrscheinlicher Abnehmer ohne tatsächliche Abnahmeverpflichtung ist nicht einem zu diesem Zeitpunkt bereits feststehenden Abnehmer gleichzustellen (BFH Urteil vom 16.11.2016, V R 1/16, BStBl II 2017, 1079, Rz. 24).

Im Urteilsfall V R 1/16 wurde nach den Vertragsgestaltungen zwischen dem Lieferer und dem Abnehmer ein verbindlicher Kaufvertrag erst nach der Einlagerung der Waren geschlossen, weil der Abnehmer nicht von vornherein dazu verpflichtet war, die vom Lieferer in das Lager verbrachten Waren abzunehmen. Der Abnehmer war auch erst nach der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager zur Zahlung verpflichtet.

Die Einlagerung in das Konsignationslager des späteren Abnehmers führt deshalb nicht lediglich zu einer nur kurzen Unterbrechung der begonnenen Versendung an den bereits feststehenden Abnehmer (vgl. hierzu BFH vom 20.10.2016, V R 31/15, BStBl II 2017, 1076, s.o.).

Die Warenbestände befinden sich während der Lagerung im Bestand des Zulieferers, dieser ist zivilrechtlicher Eigentümer der Ware im Konsignationslager. Bis zur tatsächlichen »Entnahme« der Ware handelt es sich um ein Verbringen von Gegenständen. Das Verbringen von Gegenständen im Inland führt zu keinem umsatzsteuerrechtlichen Vorgang, da die Ware lediglich zwischen zwei inländischen Orten verbracht wird und keine Eigentumsübertragung stattfindet (sog. Innenumsatz, s.a. Abschn. 14.1 Abs. 4 UStAE).

Der Übergang der Verfügungsmacht an den gelagerten Gegenständen i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG findet erst mit »Entnahme« der Ware aus dem Lager statt. Zu diesem Zeitpunkt tätigt der Zulieferer (Konsignant) eine Lieferung an seinen Kunden (§ 3 Abs. 6 UStG). Diese Lieferung ist am Lagerort steuerbar und stpfl. Je nach Art des Gegenstandes unterliegt die Lieferung dem Regelsteuersatz oder dem ermäßigten Steuersatz.

3.3. Zeitpunkt der Lieferung

Nach dem BFH-Urteil vom 6.12.2007 (V R 24/05, BStBl II 2009, 490 unter II.1.b.) regeln die Abs. 6 und 7 des § 3 UStG den Leistungsort und zugleich auch den Zeitpunkt der Leistung (s.a. Abschn. 13.1 Abs. 2 Satz 2 und Abschn. 3.12 Abs. 7 UStAE); dies gilt hinsichtlich der Verschaffung der Verfügungsmacht auch in den Fällen einer Beförderungs- oder Versendungslieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, in denen der Liefergegenstand nach dem Beginn der Beförderung oder Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungs- oder Konsignationslager gelagert wird (Abschn. 3.12. Abs. 7 Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.10.2017, BStBl I 2017, 1442).

Steht der Abnehmer bei der Einlagerung der Ware im Konsignationslager noch nicht fest, stellt die »Entnahme« durch den Abnehmer den Lieferzeitpunkt dar. Erst zu diesem Zeitpunkt hat der liefernde Unternehmer den Umsatz zu versteuern.

4. Konsignationslager im Inland mit Drittlandsware

Hinweis:

Die Neuregelung des § 6b UStG ab dem 1.1.2020 lässt die Warenbewegung in Konsignationslager im Drittland unberührt. Betroffen sind lediglich innergemeinschaftliche Warenbewegungen.

Fertigt der Abnehmer der Konsignationslagerware diese zum zollrechtlich freien Verkehr ab, so wird er Schuldner der EUSt nach §§ 13a Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG i.V.m. Art. 77 Abs. 3 UZK i.d.F. ab 1.5.2016. Zollschuldner wird die Person, die die Zollanmeldung in eigenem Namen abgibt oder in deren Namen eine Zollanmeldung abgegeben wird, also der Anmelder (hiervon erfasst wird auch der indirekte Stellvertreter).

Ob der Abnehmer befugt ist, die EUSt als Vorsteuer geltend zu machen, hängt davon ab, ob er im Zeitpunkt der Abfertigung die Verfügungsmacht an der Drittlandsware hatte. Der Übergang erfolgt – wie bereits oben ausgeführt – abhängig davon, ob der Abnehmer bei Beginn der Beförderung oder Versendung bereits verbindlich feststand. Ist die Verfügungsmacht bereits bei Beginn der Beförderung oder Versendung auf den Abnehmer übergegangen, kann der Abnehmer die EUSt (unter den weiteren Tatbestandsmerkmalen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG) als Vorsteuer abziehen.

Wenn der Abnehmer zu Beginn der Warenbewegung bereits feststeht, ist die Lieferung analog nach § 3 Abs. 6 UStG im Drittland steuerbar und unter analoger Anwendung des § 4 Nr. 1a i.V.m. § 6 UStG steuerfrei. Der Abnehmer hat im Inland eine steuerbare und stpfl. Einfuhr zu versteuern (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG).

Andernfalls kann der leistende Unternehmer unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG die vom Abnehmer entrichtete EUSt als Vorsteuer geltend machen, sofern er im Besitz eines entsprechenden zollamtlichen Belegs (Einfuhrabgabenbescheid) oder eines zollamtlich bescheinigten Ersatzbelegs ist.

Steht der Abnehmer bei Beginn der Warenbewegung noch nicht fest, bewirkt der leistende Unternehmer mit Entnahme der Ware aus dem Konsignationslager eine in Deutschland steuerbare und stpfl. Lieferung, denn zu diesem Zeitpunkt wird dem Abnehmer Verfügungsmacht an der Ware verschafft. Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 4b UStG ist nicht einschlägig, da die Lieferung der Einfuhr zeitlich nachgeht. Der Lieferant ist daher verpflichtet, sich für Umsatzsteuerzwecke in Deutschland registrieren zu lassen.

Sofern der Abnehmer feststeht und der leistende Unternehmer die Konsignationslagerware zum zollrechtlich freien Verkehr abfertigt, ist für die Lieferung die Ortsverlagerung in das Inland nach § 3 Abs. 8 UStG zu beachten. Dies hat ebenfalls eine in Deutschland steuerbare und stpfl. Lieferung zur Folge.

In den Fällen des § 3 Abs. 8 UStG ist davon auszugehen, dass dem Abnehmer die Verfügungsmacht an dem Gegenstand erst im Inland verschafft wird. Dementsprechend ist in diesen Fällen der Lieferer zum Abzug der EUSt berechtigt (Abschn. 15.8 Abs. 6 UStAE).

Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über das Recht zum Vorsteuerabzug der entstandenen EUSt.

Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über den Ort die Lieferung.

5. Gemeinschaftsrechtliche und nationale Behandlung der Konsignationslagerregelung bis 31.12.2019

5.1. Inländisches Konsignationslager mit Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet

5.1.1. Abnehmer steht bei Beginn der Beförderung oder Versendung fest

Steht der Abnehmer bei der im übrigen Gemeinschaftsgebiet beginnenden Beförderung oder Versendung bereits fest, liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen, sondern eine Beförderungs- oder Versendungslieferung vor, die grundsätzlich mit Beginn der Beförderung oder Versendung im übrigen Gemeinschaftsgebiet als ausgeführt gilt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Hiervon ist auszugehen, wenn der Abnehmer die Ware bei Beginn der Beförderung oder Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat (vgl. BFH vom 16.11.2016, V R 1/16, BStBl II 2017, 1079). In diesem Fall steht es der Annahme einer Beförderungs- oder Versendungslieferung nicht entgegen, wenn

  • die Ware von dem mit der Versendung Beauftragten zunächst in ein inländisches Lager des Lieferanten gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Abnehmer (»shipment on hold«) herausgegeben wird (vgl. BFH vom 30.7.2008, XI R 67/07, BStBl II 2009, 552), oder

  • die Ware kurzzeitig (für einige Tage oder Wochen) in einem auf Initiative des Abnehmers eingerichteten Auslieferungs- oder Konsignationslager im Inland zwischengelagert wird und der Abnehmer vertraglich ein uneingeschränktes Zugriffsrecht auf die Ware hat (vgl. BFH vom 20.10.2016, V R 31/15, BStBl II 2017, 1076). Es liegt dann nur eine kurze Unterbrechung, aber kein Abbruch der begonnenen Beförderung oder Versendung vor (Abschn. 1a.2 Abs. 6 Satz 4 ff. UStAE).

Die Beförderung oder Versendung beginnt in diesen Fällen im übrigen Gemeinschaftsgebiet. Die Lieferung ist dort steuerbar und unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a UStG steuerfrei. Die Lieferung unterliegt beim inländischen Abnehmer der Erwerbsbesteuerung nach § 1a UStG und führt nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG bei diesem zum Vorsteuerabzug.

Der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer muss sich nicht in Deutschland registrieren, da er im Inland keine stpfl. Leistung ausführt.

5.1.2. Abnehmer steht bei Beginn der Beförderung oder Versendung noch nicht fest

Sofern der Abnehmer noch nicht feststeht, verwirklicht der ausländische Unternehmer mit dem Verbringen der Ware im Inland (§ 3d UStG) einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a Abs. 2 Satz 1 UStG. Im Zeitpunkt der Entnahme durch den Leistungsempfänger aus dem Konsignationslager bewirkt der ausländische Unternehmer wiederum eine in Deutschland (§ 3 Abs. 7 Satz 1 UStG) steuerbare und steuerpflichtige Lieferung. Dies hat zur Folge, dass der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer verpflichtet ist, sich in Deutschland für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren zu lassen (s.a. Abschn. 1a.2 Abs. 6 Satz 7 ff UStAE).

Eine darüber hinausgehende – von der MwStSystRL nicht abgedeckte – Verwaltungsregelung existierte in Deutschland nicht und ist auch nicht vorgesehen.

5.2. Konsignationslager in anderen Mitgliedstaaten mit Waren aus dem Inland

5.2.1. Grundsätzliches zu den Regelungen im Inland

Verbringt ein Unternehmer Ware aus dem Inland in sein in einem anderen Mitgliedstaat belegenes Konsignationslager, handelt es sich hierbei – je nachdem, ob der Abnehmer im Bestimmungsmitgliedstaat bereits verbindlich feststeht – um eine innergemeinschaftliche Lieferung in Form des Verbringens (§§ 3 Abs. 1a und 6a Abs. 2 UStG) oder um eine innergemeinschaftliche Lieferung (§§ 3 Abs. 1 und 6a Abs. 1 UStG).

5.2.2. Abnehmer steht bei Beginn der Beförderung oder Versendung fest

Wenn der Abnehmer zu Beginn der Beförderung oder Versendung feststeht, bestimmt sich der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 6 UStG und befindet sich in Deutschland. Die in Deutschland steuerbare Lieferung ist unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a UStG steuerfrei (innergemeinschaftliche Lieferung). Der Abnehmer hat im Mitgliedstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb analog § 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 1a i.V.m. § 3d UStG zu versteuern.

5.2.3. Abnehmer steht bei Beginn der Beförderung oder Versendung noch nicht fest

Die Warenbewegung in das Gemeinschaftsgebiet stellt ein Verbringen i.S.d. § 3 Abs. 1a UStG dar. Mit der Beförderung oder Versendung in das Konsignationslager im Gemeinschaftsgebiet wird die Ware nicht nur zur vorübergehenden Verwendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Das Verbringen wird einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt. Der inländische Unternehmer gilt dabei als Lieferer (§ 3 Abs. 1a Satz 2 UStG). Diese Lieferung gilt nach § 6a Abs. 2 UStG als innergemeinschaftliche Lieferung, die unter den weiteren Voraussetzungen des § 6a UStG nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfrei ist (Abschn. 1a.2 Abs. 2 Satz 1 und 2 UStAE).

Die Steuerbefreiung in Deutschland löst beim inländischen Unternehmer im jeweiligen Mitgliedstaat einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb aus (analog § 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 1a Abs. 2 UStG). Der inländische Unternehmer muss die USt für den innergemeinschaftlichen Erwerb im Mitgliedstaat abführen, kann aber diese USt als Vorsteuer geltend machen (analog § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG).

Die »Entnahme« der Ware durch den Kunden führt im jeweiligen Mitgliedstaat zu einer steuerbaren und stpfl. Lieferung, da im Zeitpunkt der »Entnahme« die Verfügungsmacht übertragen wird. Der inländische Unternehmer muss diese Lieferung mit der USt des jeweiligen Mitgliedstaats abrechnen und an das dort zuständige FA abführen.

Wegen des innergemeinschaftlichen Erwerbs und der Lieferung aus dem Konsignationslager im jeweiligen Mitgliedstaat muss sich der inländische Unternehmer in dem jeweiligen Mitgliedstaat registrieren.

5.3. Die Konsignationslagerregelung vor dem 1.1.2020 im Vergleich

5.3.1. Die Regelung nach der MwStSystRL bis 31.12.2019

Der Vergleich der einzelnen Lagerregelungen soll anhand des folgenden Beispiels erfolgen:

5.3.2. Die Regelung nach nationalem Recht

Maßgeblich für umsatzsteuerrechtliche Behandlung ist, ob der Abnehmer bei Beginn der Beförderung oder Versendung bereits verbindlich feststand. Denn eine Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG setzt die Beförderung oder Versendung an einen Abnehmer voraus (BFH vom 20.10.2016, V R 31/15, BStBl II 2017, 1076 und vom 16.11.2016, V R 1/16, BStBl II 2017, 1079; → Ort der Lieferung). Das BMF hat mit Schreiben vom 10.10.2017 (BStBl I 2017, 1442) den UStAE in Abschn. 1a.2 und Abschn. 3.12 an die BFH-Rspr. angepasst.

5.3.3. Vereinfachungsregelungen in einzelnen Mitgliedstaaten der EU

Entgegen der MwStSystRL haben einige Mitgliedstaaten die Besteuerung der Lagergeschäfte vereinfacht (s.a. OFD Frankfurt vom 8.11.2018, S 7100a A – 004 – St 110, UR 2019, 152, LEXinform 5236755, Tz. 5.1). Die von der MwStSystRL abweichende Regelung besteht darin, dass diese Mitgliedstaaten bei der Warenverlagerung in ein Konsignationslager nicht von einem innergemeinschaftlichen Verbringen in das Lager ausgehen, sondern von einer innergemeinschaftlichen Lieferung an den dortigen Abnehmer im Zeitpunkt der Einlagerung oder Entnahme aus dem Lager.

Die Vereinfachungsregelung dieser Mitgliedstaaten hat zur Folge, dass nicht der liefernde deutsche Unternehmer, sondern sein Abnehmer die Erwerbsbesteuerung in dem Bestimmungsmitgliedstaat durchzuführen hat. Für den deutschen Unternehmer besteht daher in dem anderen Mitgliedstaat keine Registrierungspflicht, sodass er keine USt-IdNr. für seinen in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Unternehmensteil erhält. Dies führt dazu, dass der deutsche Lieferer nicht in der Lage ist, den für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erforderlichen Buchnachweis nach § 17c Abs. 3 UStDV zu erbringen.

Hinweis:

Solange die EU-Kommission bzw. die Mitgliedstaaten das Problem noch nicht aufgegriffen und gelöst haben, kann im Einzelfall zugelassen werden, dass der Unternehmer den Tatbestand der Warenentnahme aus dem ausländischen Konsignationslager – parallel zur Erwerbsbesteuerung des Leistungsempfängers im anderen Mitgliedstaat – als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt. Damit entfällt die umsatzsteuerliche Erfassung als innergemeinschaftliches Verbringen beim Transport der Ware in das Konsignationslager. Die »Innergemeinschaftlichen Lieferungen« an den Abnehmer sind dementsprechend in der Zusammenfassenden Meldung nach § 18a UStG anzugeben (OFD Frankfurt vom 8.11.2018, S 7100a A – 004 – St 110, UR 2019, 152, LEXinform 5236755, Tz. 5.1).

Neben Deutschland kennen nach derzeitigem Kenntnisstand

  • Dänemark,

  • Estland,

  • Griechenland,

  • Luxemburg,

  • Malta,

  • Portugal,

  • Schweden,

  • Spanien und

  • Zypern

keine Vereinfachungen und setzen die MwStSystRL damit zutreffend um.

Die unterschiedliche Behandlung in den einzelnen Mitgliedstaaten hatte zur Folge, dass für den Fall des Verbringens der Ware aus einem Mitgliedstaat ohne »Vereinfachungsregelung« (s.o. Deutschland) in einen anderen Mitgliedstaat mit »Vereinfachungsregelung« (s.o. Belgien) erhebliche Unstimmigkeiten im innergemeinschaftlichen Kontrollverfahren (sog. MIAS-Verfahren) verursacht wurden.

Hinweis:

MIAS-Verfahren: Mehrwertsteuer-Informationsaustausch-System; s. → Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.

Zum einen entstanden hierdurch Inkongruenzen hinsichtlich des Liefer- und Erwerbszeitpunkts. Das Verbringen in ein Konsignationslager in einen anderen Mitgliedstaat wurde im Sitzstaat des leistenden Unternehmers bereits zu diesem Zeitpunkt als innergemeinschaftliche Lieferung erfasst und in der Zusammenfassenden Meldung erfasst und im Rahmen des MIAS-Verfahrens an den Bestimmungsstaat übermittelt. Dort hingegen wurde das Verbringen noch nicht als innergemeinschaftliche Lieferung bewertet und infolgedessen nicht als solche erfasst. Eine entsprechende Erfassung als innergemeinschaftlicher Erwerb erfolgte erst im Zeitpunkt der Auslieferung der Ware aus dem Lager. Eine weitere Inkongruenz entstand hinsichtlich der USt-IdNrn., weil die Mitgliedstaaten mit »Vereinfachungsregelungen« erst den Abnehmer der später ausgelieferten Ware als Empfänger der innergemeinschaftlichen Lieferung behandelten. Die Inkongruenzen hinsichtlich des Zeitpunkts der innergemeinschaftlichen Lieferung/des innergemeinschaftlichen Erwerbs und hinsichtlich der USt-IdNrn. führten dazu, dass die Warenbewegungen für die Verwaltung nicht mehr nachvollziehbar waren und effiziente Prüfmöglichkeiten entfielen (BT-Drs. 19/13436, 154 ff.).

6. Konsignationslagerregelung ab 1.1.2020 nach Art. 17a MwStSystRL sowie § 6b UStG

6.1. Die Regelung nach der Konsignationslagerregelung des § 6b UStG im Überblick

Zur Änderung der MwStSystRL (Richtlinie 2006/112/EG) in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems zur Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten hat der Rat der Europäischen Union die Richtlinie (EU) 2018/1910 vom 4.12.2018 (ABl. EU L 311, 3) erlassen und dort u.a. Art. 17a MwStSystRL – Konsignationslagerregelung – in die MwStSystRL eingefügt.

Da der nationale Gesetzgeber verpflichtet ist, die EU-Norm zum Konsignationslager in nationales Recht umzusetzen, hat der Gesetzgeber in Art. 12 Nr. 8 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) § 6b UStG neu eingefügt.

§ 6b Abs. 1 UStG regelt, unter welchen Voraussetzungen von der Konsignationslagerregelung auszugehen ist und beruht auf Art. 17a Abs. 2 MwStSystRL. Ausgangspunkt der Konsignationslagerregelung ist, dass ein Gegenstand aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat transportiert wird (grenzüberschreitendes innergemeinschaftliches Verbringen) mit dem Zweck, dass der Gegenstand erst im Ankunftsmitgliedstaat (nach seinem Transport dorthin) verkauft wird. § 6b Abs. 1 UStG führt in seinen Nummern 1 bis 4 abschließend und kumulativ die Voraussetzungen auf, die zur Anwendbarkeit der Konsignationslagerregelung führen (s.a. DATEV-Serviceinformation unter LEXinform 1008319).

§ 6b UStG beinhaltet eine Vereinfachungsregelung für Lieferungen in ein Lager zu Abrufzwecken im Gemeinschaftsgebiet (Konsignationslagerregelung; Abschn. 6b.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.12.2021).

6.2. Die Voraussetzungen der Konsignationslagerregelung des § 6b UStG im Einzelnen

6.2.1. Lager i.S.d. § 6b UStG

Lager i.S.d. § 6b UStG (vgl. Artikel 17a Abs. 1 MwStSystRL) sind Warenlager,

  • in welche der liefernde Unternehmer oder ein von ihm beauftragter Dritter

  • Gegenstände aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates (Abgangsmitgliedstaat)

  • in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates (Bestimmungsmitgliedstaat)

  • in einen zum Verbleib gedachten Bestand und zur Entnahme nach eigenem Ermessen

  • durch einen dem liefernden Unternehmer bekannten Erwerber

  • befördert oder versendet (Abschn. 6b.1 Abs. 1 Satz 2 UStAE).

6.2.2. Verbleiben im Bestimmungsmitgliedstaat

Die Konsignationslagerregelung setzt ein Verbleiben des Liefergegenstandes im Bestimmungsmitgliedstaat vom Zeitpunkt der Einlagerung bis zur Entnahme durch den Erwerber voraus. Eine der Entnahme des Liefergegenstandes aus dem Lager i.S.d. § 6b UStG nachfolgende Lieferung des Erwerbers über die Grenzen des Bestimmungsmitgliedstaates hinaus, ist unschädlich. Die Beförderung oder Versendung in ein anderes im Bestimmungsmitgliedstaat gelegenes Lager i.S.d. § 6b UStG vor Entnahme aus dem ursprünglichen Lager durch den Erwerber führt ebenfalls nicht zum Ausschluss dieser Regelung. Die Beförderung oder Versendung in ein Lager i.S.d. § 6b UStG in einem anderen als dem vereinbarten Mitgliedstaat setzt eine Rücklieferung (§ 6b Abs. 4 UStG) voraus (s.u. Abb. 4 Fall c). Erfolgt der Verzicht auf die Rücklieferung und werden die Gegenstände unmittelbar in einen weiteren Mitgliedstaat oder ins Drittland befördert oder versendet, tritt die Rechtsfolge nach § 6b Abs. 6 UStG ein (Abschn. 6b.1 Abs. 13 UStAE).

6.2.3. Bekannter Erwerber

Für die Anwendung der Konsignationslagerregelung müssen dem Unternehmer aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zum Beginn der Beförderung oder Versendung die folgenden Angaben des Erwerbers bekannt sein:

  • der vollständige Name,

  • die vollständige Adresse,

  • die dem Erwerber vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte USt-IdNr. (Abschn. 6b.1 Satz 3 UStAE).

Es können auch Vereinbarungen mit mehreren Erwerbern geschlossen werden (Abschn. 6b.1 Abs. 3 Satz 6 UStAE).

Zum Wechsel des Erwerbers nach § 6b Abs. 5 UStG s. Abschn. 6b.1 Abs. 6 UStAE und dort die Beispiele 1 und 2. Zum Erwerberwechsel s.u. die Abb. 3.

6.2.4. Vertragliche Vereinbarung

Die vertragliche Vereinbarung mit dem dem liefernden Unternehmer bekannten späteren Erwerber muss die Verschaffung der Verfügungsmacht zu einem späteren Zeitpunkt als dem der Beendigung der Beförderung oder Versendung vorsehen (Abschn. 6b.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE). Ausreichend ist ein (Rahmen-)Vertrag, der die Modalitäten bestimmt, unter denen der Erwerber zur Entnahme der im Bestand des Lagers befindlichen Waren berechtigt, aber nicht verpflichtet, ist.

Beachte:

Beim → Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6a UStG) kommt die Vereinfachungsregelung nach § 6b UStG nicht in Betracht, da bei Reihengeschäften im Rahmen der Warenbewegung dem Erwerber bereits die Verfügungsmacht an dem Gegenstand der Lieferung verschafft wird (Abschn. 6b.1 Abs. 14 UStAE).

Die Beförderung (vgl. § 3 Abs. 6 Satz 2 UStG) oder Versendung (vgl. § 3 Abs. 6 Satz 3 UStG) in den Bestimmungsmitgliedstaat muss durch den Unternehmer oder durch einen von ihm beauftragten Dritten erfolgen. Übernimmt der spätere Erwerber den Transport, darf dies für die Anwendung der Konsignationslagerregelung nur ausdrücklich und erkennbar im Namen des liefernden Unternehmers erfolgen, und ohne dass dem späteren Erwerber bereits die Verfügungsmacht an dem Gegenstand verschafft wird. Hiervon kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn entsprechende Vereinbarungen z.B. in einem Rahmenvertrag aufgenommen wurden (Abschn. 6b.1 Abs. 7 UStAE).

Sind entsprechende Vereinbarungen mit mehreren Erwerbern geschlossen, muss für jeden Erwerber entsprechend des § 22 Abs. 4f und 4g UStG sichergestellt sein, dass die Gegenstände dem jeweiligen Erwerber eindeutig und klar zugeordnet werden können (Abschn. 6b.1 Abs. 3 Satz 6 UStAE).

Wichtig:

Wichtige Voraussetzungen für die Anwendung der Konsignationslagerregelung sind:

  • Der Unternehmer kennt den potentiellen Erwerber der Ware zum Zeitpunkt des Beginns des Transports.

  • Der Unternehmer muss außerdem im Zeitpunkt des Endes des Warentransports im Bestimmungsmitgliedstaat umsatzsteuerlich noch die Verfügungsmacht an der Ware haben.

  • Außerdem muss die in den Bestimmungsmitgliedstaat verbrachte Ware mit der der späteren Lieferung identisch sein.

Die Konsignationslagerregelung gilt deshalb z.B. nicht im Fall des Verbringens von Waren, die im Bestimmungsmitgliedstaat zur Ausführung einer Werklieferung an den späteren Erwerber verwendet werden sollen (Abschn. 6b.1 Abs. 8 UStAE).

Beachte:

Der Ort, an den der Gegenstand im Zuge des Transports im Bestimmungsmitgliedstaat gelangt, wird in der Vorschrift (ebenso wie im zugrundeliegenden Unionsrecht) nicht definiert und muss somit nicht zwingend ein Lager als solches sein. Die Ware kann an jedem räumlich und physisch bestimmbaren Ort im Bestimmungsmitgliedstaat zwischengelagert werden (z.B. auch in einem Eisenbahnwaggon). Für den Fall, dass es sich um ein Lager als solches handelt, kann dieses sowohl auf Initiative des Unternehmers, der den Gegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat befördert oder versendet hat, als auch auf Initiative des späteren Erwerbers der Ware oder auf Initiative eines Dritten (selbstständiger Lagerhalter) eingerichtet sein (Abschn. 6.1 Abs. 4 UStAE).

Die Regelung des § 6b Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt Art. 17a Abs. 2 Buchst. a und (teilweise) Buchst. c MwStSystRL um.

6.2.5. USt-IdNr. des Erwerbers

Nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 UStG setzt die Anwendbarkeit der Konsignationslagerregelung voraus, dass der Erwerber, an den die Lieferung bewirkt werden soll, gegenüber dem Unternehmer bis zum Beginn des Warentransports die ihm vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte USt-IdNr. verwendet hat. Der Begriff »Verwendung« setzt ein positives Tun des Erwerbers bei der Vereinbarung mit dem Unternehmer über den späteren Erwerb der Ware voraus. Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der Verwendung der von einem anderen Mitgliedsstaat erteilten und gültigen USt-IdNr. siehe Abschn. 3a.2 Abs. 10 Satz 2 bis 10 UStAE. Die Verwendung einer anderen als vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilten USt-IdNr. schließt die Anwendung des § 6b UStG hingegen aus (Abschn. 6b.1 Abs. 5 UStAE).

6.2.6. Ansässigkeit des liefernden Unternehmers

Nach § 6b Abs. 1 Nr. 2 UStG ist die Konsignationsregelung nur dann zur Anwendung, wenn der Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte (s. Abschn. 3a.1 Abs. 3 UStAE) oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bereits ein im Eigentum des Unternehmers befindliches Lager oder ein durch den Unternehmer angemietetes oder gepachtetes Lager, welches mit eigenen Mitteln (z.B. mit eigenem Personal), aus dem Bestimmungsmitgliedstaat betrieben wird, begründet eine solche Ansässigkeit (s.u. Abb. 4 Fall b). Eine alleinige Registrierung für mehrwertsteuerliche Zwecke im Bestimmungsmitgliedstaat begründet jedoch noch keine Ansässigkeit (Abschn. 6b.1 Abs. 2 UStAE).

Für Lieferungen eines im Drittland ansässigen Unternehmers aus einem Mitgliedstaat in ein Lager i.S.d. § 6b UStG in einem anderen Mitgliedstaat (Bestimmungsmitgliedstaat) kann die Konsignationslagerregelung angewendet werden. Voraussetzung ist die Registrierung für mehrwertsteuerliche Zwecke des Unternehmers im Abgangsmitgliedstaat. Auf die tatsächliche Ansässigkeit der Vertragsparteien ist nicht abzustellen. Der Unternehmer kann auch Gegenstände, die zur Einlagerung und Entnahme durch einen oder mehrere berechtigte(n) Erwerber in einem Lager i.S.d. § 6b UStG bestimmt sind, aus verschiedenen anderen Mitgliedstaaten in das Lager i.S.d. § 6b UStG im Bestimmungsmitgliedstaat befördern oder versenden (Abschn. 6b.1 Abs. 11 UStAE).

6.2.7. Aufzeichnungspflichten und Angaben in der Zusammenfassenden Meldung

Nach § 6b Abs. 1 Nr. 4 UStG setzt die Anwendbarkeit der Konsignationslagerregelung voraus, dass der Unternehmer den Warentransport in den Bestimmungsmitgliedstaat nach Maßgabe des neu in das Gesetz aufgenommenen § 22 Abs. 4f UStG gesondert aufzeichnet und seiner Pflicht zur Aufnahme der USt-IdNr. des potenziellen Erwerbers in die ZM nach § 18a Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Nr. 3 und Abs. 7 Nr. 2a UStG rechtzeitig, richtig und vollständig nachkommt. Die Regelung setzt Art. 17a Abs. 2 Buchst. d MwStSystRL um (s.u. den Gliederungspunkt »Die Aufzeichnungspflichten des § 22 Abs. 4f UStG im Einzelnen«).

Der Umfang der Aufzeichnungspflichten für den Erwerber ergibt sich aus § 22 Abs. 4g UStG (s.a. Abschn. 22.3b UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.12.2021; s.u. den Gliederungspunkt »Die Aufzeichnungspflichten des § 22 Abs. 4g UStG im Einzelnen«).

6.2.8. Rechtsfolge des § 6b UStG

§ 6b Abs. 2 UStG regelt die Rechtsfolge, die sich aus der Konsignationslagerregelung ergibt, in Form einer Fiktion. Wenn die Voraussetzungen nach § 6b Abs. 1 UStG erfüllt sind, wird

  • zum Zeitpunkt der Lieferung des Gegenstands an den Erwerber, sofern diese Lieferung innerhalb der 12-Monatsfrist nach § 6b Abs. 3 UStG bewirkt wird, die Lieferung an den Erwerber einer im Abgangsmitgliedstaat steuerbaren und steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a UStG) gleichgestellt (§ 6b Abs. 2 Nr. 1 UStG).

  • Überdies wird die Lieferung an den Erwerber einem im Bestimmungsmitgliedstaat steuerbaren innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1a Abs. 1 UStG) gleichgestellt (§ 6b Abs. 2 Nr. 2 UStG; s.u. Abb. 1).

Die Gleichstellung mit einer im Abgangsmitgliedstaat bewirkten innergemeinschaftlichen Lieferung bedeutet insbes., dass diese Lieferung ohne weitere Nachweisvoraussetzungen steuerfrei ist. Neben den Aufzeichnungen nach § 6b Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 22 Abs. 4f UStG (s.u.) bzw. der Angabe der USt-IdNr. des Erwerbers nach § 6b Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 18a Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Nr. 3 und Abs. 7 Nr. 2a UStG muss der Unternehmer somit keine weiteren Nachweise führen, um die Steuerbefreiung seiner innergemeinschaftlichen Lieferung anwenden zu können. Die Regelung setzt Art. 17a Abs. 3 MwStSystRL um.

6.3. Ausschluss und Rückausnahme vom Ausschluss von der Rechtsfolge der Konsignationslagerregelung

Für den Ausschluss und die Rückausnahme vom Ausschluss von der Rechtsfolge der Konsignationslagerregelung ist die 12-Monatsfrist von Bedeutung. Die besonderen Ereignisse innerhalb und außerhalb der 12-Monatsfrist und deren Rechtsfolgen werden in den folgenden Übersichten dargestellt.

Beachte:

Zur Berechnung der 12-Monatsfrist des § 6b Abs. 3 UStG s. Abschn. 6b.1 Abs. 15 UStAE mit Beispiel. Der Zeitraum von 12 Monaten beginnt am Tag nach Beendigung des Warentransportes im Bestimmungsmitgliedstaat (Einlagerung im Lager). Für die Berechnung der Frist gelten die Grundsätze der Art. 2 und 3 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 vom 3.6.1971; § 108 Abs. 1 AO findet insoweit keine Anwendung. Der Unternehmer hat die Einhaltung der Frist durch Angabe des Tags der Einlagerung und des Tags der Entnahme (Lieferung i.S.d. § 6b Abs. 2 UStG) nachzuweisen. Der Inhalt und der Umfang der Aufzeichnungspflichten ergibt sich aus § 22 Abs. 4f UStG.

Abbildung 1: Warenbewegung innerhalb und außerhalb der 12-Monatsfrist

Abbildung 2: Rückführung der Ware innerhalb und außerhalb der 12-Monatsfrist

Abbildung 3: Erwerberwechsel i.S.d. § 6b Abs. 5 UStG

Abbildung 4: Ausschluss der Konsignationslagerregelung nach § 6b Abs. 6 UStG

Hinweis:

Die Voraussetzungen nach § 6b Abs. 1 und 5 UStG gelten an dem Tag, an dem die Zerstörung, der Verlust oder der Diebstahl festgestellt wird, als nicht mehr erfüllt.

Gewöhnliche, branchenübliche, sich aus den Erfahrungen der letzten Lagerungsjahre ergebende Mengenverluste von Gegenständen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder infolge unvorhersehbarer Umstände nach dem Ende der Beförderung oder Versendung und vor dem Zeitpunkt der Lieferung entstanden sind, gelten als sog. »kleine Verluste«, für die § 6b Abs. 6 Satz 4 UStG keine Anwendung findet. Von »kleinen Verlusten« ist im Regelfall auszugehen, wenn diese wert- oder mengenmäßig weniger als 5 % des Gesamtbestands (Freigrenze) der identischen Gegenstände betragen, der an dem Tag der Zerstörung, des Verlustes oder des Diebstahls oder, falls ein solcher Tag nicht bestimmt werden kann, an dem Tag, an dem die Zerstörung oder das Fehlen der Gegenstände erkannt worden ist, festgestellt wurde (Abschn. 6b.1 Abs. 22 UStAE).

6.4. Die Aufzeichnungspflichten des § 22 Abs. 4f UStG im Einzelnen

Der Unternehmer, der nach Maßgabe des § 6b UStG einen Gegenstand aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet, hat über diese Beförderung oder Versendung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

  1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Erwerbers i.S.d. § 6b Abs. 1 Nr. 1 oder des § 6b Abs. 5 UStG (s.o. Abbildung 3 zum Erwerberwechsel);

  2. den Abgangsmitgliedstaat;

  3. den Bestimmungsmitgliedstaat;

  4. den Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung im Abgangsmitgliedstaat;

  5. die von dem Erwerber i.S.d. § 6b Abs. 1 oder § 6b Abs. 5 UStG (Erwerberwechsel) verwendete USt-IdNr.;

  6. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Lagers, in das der Gegenstand im Rahmen der Beförderung oder Versendung in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt;

  7. den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat;

  8. die USt-IdNr. eines Dritten als Lagerhalter;

  9. die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG, die handelsübliche Bezeichnung und Menge der im Rahmen der Beförderung oder Versendung in das Lager gelangten Gegenstände;

  10. den Tag der Lieferung i.S.d. § 6b Abs. 2 UStG (innergemeinschaftliche Lieferung i.S.d. § 6a UStG);

  11. das Entgelt für die Lieferung nach Nr. 10 sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;

  12. die von dem Erwerber für die Lieferung nach Nr. 10 verwendete USt-IdNr.;

  13. das Entgelt sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der Gegenstände im Fall des einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten Verbringens i.S.d. § 6b Abs. 3 UStG (s.o. die Abbildungen);

  14. die Bemessungsgrundlage der nach § 6b Abs. 4 Nr. 1 in den Abgangsmitgliedstaat zurückgelangten Gegenstände und den Tag des Beginns dieser Beförderung oder Versendung (s.o. Abbildung 2).

6.5. Die Aufzeichnungspflichten des § 22 Abs. 4g UStG im Einzelnen

Der Unternehmer (Erwerber), an den der Gegenstand nach Maßgabe des § 6b UStG geliefert werden soll, hat über diese Lieferung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:

  1. die von dem Unternehmer i.S.d. § 6b Abs. 1 Nr. 1 UStG verwendete USt-IdNr.;

  2. die handelsübliche Bezeichnung und Menge der für den Unternehmer als Erwerber i.S.d. § 6b Abs. 1 oder des § 6b Abs.5 UStG (Erwerberwechsel) bestimmten Gegenstände;

  3. den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung der für den Unternehmer als Erwerber i.S.d. § 6b Abs. 1 oder des § 6b Abs. 5 UStG bestimmten Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat;

  4. das Entgelt für die Lieferung an den Unternehmer sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände;

  5. den Tag des innergemeinschaftlichen Erwerbs i.S.d. § 6b Abs. 2 Nr. 2 UStG;

  6. die handelsübliche Bezeichnung und Menge der auf Veranlassung des Unternehmers i.S.d. § 6b Abs. 1 Nr. 1 UStG aus dem Lager entnommenen Gegenstände;

  7. die handelsübliche Bezeichnung der i.S.d. § 6b Abs. 6 Satz 4 UStG zerstörten oder fehlenden Gegenstände und den Tag der Zerstörung, des Verlusts oder des Diebstahls der zuvor in das Lager gelangten Gegenstände oder den Tag, an dem die Zerstörung oder das Fehlen der Gegenstände festgestellt wurde (s.o. Abbildung 4).

Wenn der Inhaber des Lagers, in das der Gegenstand i.S.d. § 6b Abs. 1 Nr. 1 UStG befördert oder versendet wird, nicht mit dem Erwerber i.S.d. § 6b Abs. 1 Nr. 1 oder des § 6b Abs. 5 UStG identisch ist, ist der Unternehmer von den Aufzeichnungen N. 3, 6 und 7 entbunden.

6.6. Zusammenfassende Meldung

Durch das JStG 2019 wird in § 18a Abs. 6 UStG die Nr. 3 angefügt. Es handelt sich um eine Folgeänderung zu der Konsignationslagerregelung gem. § 6b UStG. Mit der Bestimmung wird der Warentransport i.S.d. § 6b Abs. 1 UStG vom Ausgangsmitgliedstaat in den Bestimmungsmitgliedstaat einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt (§ 6b Abs. 2 Nr. 1 UStG). Der systematische Zweck der Regelung ist, die Pflicht zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung neben den bisher in § 18 Abs. 6 Nr. 1 und 2 UStG aufgeführten Tatbeständen auch in den Fällen des Warentransports i.S.d. § 6b Abs. 1 UStG auszulösen. Die Regelung beruht auf Artikel 1 Nr. 5 der Richtlinie 2018/1910 des Rates vom 4.12.2018 zur Änderung der MwStSystRL in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems zur Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten (ABl. L 311 vom 7.12.2018, 3), mit dem Art. 262 MwStSystRL neu gefasst wurde und setzt (teilweise) Artikel 262 Abs. 2 MwStSystRL um.

Durch das JStG 2019 wind in § 18a Abs. 7 UStG die Nr. 2a eingefügt. Es handelt sich um eine Folgeänderung zu der Konsignationslagerregelung gem. § 6b UStG. Mit der Bestimmung, die auf die neue Nr. 3 in § 18a Abs. 6 UStG verweist, wird der Unternehmer verpflichtet, in den Fällen des Warentransports gem. § 6b Abs. 1 UStG im Rahmen der Konsignationslagerregelung die USt-IdNr. des Erwerbers i.S.d. § 6b Abs. 1 Nr. 1 und 3 UStG (ursprünglich vorgesehener Erwerber der Ware) oder des § 6b Abs. 5 UStG (neuer Erwerber im Falle eines Erwerberwechsels) in der Zusammenfassenden Meldung anzugeben (s.o. Abb. 3).

Tritt innerhalb der Frist von 12 Monaten nach dem Ende der Beförderung oder Versendung des Gegenstandes i.S.v. § 6b Abs. 1 Nr. 1 UStG und vor dem Zeitpunkt der Lieferung ein anderer Unternehmer an die Stelle des Erwerbers (Erwerberwechsel nach § 6b Abs. 5 UStG) und liegen die in § 6b Abs. 5 Nr. 1 bis 3 UStG genannten Voraussetzungen vor, ist die USt-IdNr. des neuen Erwerbers in der ZM für den Meldezeitraum, in dem das Ereignis eingetreten ist, anzugeben (s.o. Abb. 3). Wird die von einem Unternehmer beabsichtigte Lieferung des in den Bestimmungsmitgliedstaat beförderten oder versendeten Gegenstandes innerhalb der 12 Monatsfrist nach Einlagerung nicht bewirkt und gelangt der Gegenstand innerhalb dieser 12-Monatsfrist in den Abgangsmitgliedstaat zurück (Rücklieferung nach § 6b Abs. 4 UStG), ist die USt-IdNr. des ursprünglich vorgesehenen Erwerbers in der ZM für den Meldezeitraum, in dem das Ereignis eingetreten ist, anzugeben (Abschn. 18a.3 Abs. 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.12.2021; s.o. Abb. 2).

6.7. Auswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU

Mit Schreiben vom 10.12.2020 (BStBl I 2020, 1370) äußert sich das BMF zu den Auswirkungen des Brexit.

Am 31.12.2020 ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (im Folgenden: »Vereinigtes Königreich«) aus der Europäischen Union ausgetreten.

Grds. ist das Vereinigte Königreich, mithin Großbritannien und Nordirland, für umsatzsteuerrechtliche Zwecke nach dem 31.12.2020 als Drittlandsgebiet i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 3 UStG anzusehen (Abschn. 6b.1 Abs. 24 Satz 1 i.V.m. Abschn. 1.10 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.12.2021).

Eine Ausnahme gilt für Nordirland, für das im »Protokoll zu Irland / Nordirland« zum Austrittsabkommen ein besonderer Status vereinbart wurde. Im Ergebnis ist bei der Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs mit dem Vereinigten Königreich zwischen Großbritannien und Nordirland zu unterscheiden. Während Großbritannien auch insoweit als Drittlandsgebiet zu behandeln ist, wird Nordirland für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs auch nach dem 31.12.2020 als zum Gemeinschaftsgebiet gehörig behandelt (Abschn. 1.10 Abs. 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.12.2021). Innerhalb des Vereinigten Königreichs sind dessen Behörden für die Anwendung und Durchführung der für Nordirland weiter geltenden Vorschriften des Mehrwertsteuerrechts der Union zuständig. Für nordirische Umsatzsteuer-Identifikationsnummern findet das Präfix »XI« Anwendung. Entsprechende USt-IdNrn. gelten als von einem anderen Mitgliedstaat erteilt (BMF vom 10.12.2020, Rz. 4).

Zusammengefasst unterliegen nach dem 31.12.2020 ausgeführte Umsätze vorbehaltlich etwaiger Übergangsregelungen

  • im Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Großbritannien sowie im Dienstleistungsverkehr mit Nordirland den für das Drittlandsgebiet bzw.

  • im Warenverkehr mit Nordirland den für den innergemeinschaftlichen Handel

geltenden Vorschriften zur Umsatzsteuer.

Die Regelungen des § 6b UStG gelten demnach nicht für die Lieferung gem. § 6b UStG, deren Warentransport durch Beförderung oder Versendung nach dem 31.12.2020 in das oder aus dem Vereinigten Königreich Großbritannien (ohne Nordirland) erfolgt.

Für die Entnahme der Waren, die vor dem 1.1.2021 eingelagert wurden und für die die Voraussetzungen nach § 6b Abs. 1 UStG vorliegen, wird bei einer Entnahme nach dem 31.12.2020 im Zeitpunkt der Entnahme die Lieferung an den Erwerber einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a UStG) gleichgestellt, unabhängig davon, ob das Lager i.S.d. § 6b UStG in dem Vereinigten Königreich Großbritannien (ohne Nordirland) oder in Deutschland belegen ist. Für die entsprechenden Lieferungen können keine Angaben in der ZM gemacht werden. Es sind jedoch die Aufzeichnungen entsprechend § 22 Abs. 4f und 4g UStG vorzuhalten und aufzubewahren.

Für einen Gegenstand, der vor dem 1.1.2021 im Rahmen der Konsignationslagerregelung aus dem Vereinigten Königreich Großbritannien (ohne Nordirland) in ein Lager i.S.d. § 6b UStG in einen Bestimmungsmitgliedstaat befördert oder versendet worden ist, für den der liefernde Unternehmer die beabsichtigte Lieferung nicht innerhalb der Frist bewirkt hat und der Gegenstand binnen 12 Monaten nach Einlagerung im Bestimmungsmitgliedstaat in den Abgangsmitgliedstaat zurückbefördert oder -versendet wird (s. § 6b Abs. 4 UStG), gelten die Regelungen für die → Ausfuhrlieferung i.S.d. § 6 UStG.

Für Waren, die nicht innerhalb der 12-Monatsfrist (letzter Stichtag: 31.12.2021) durch den Erwerber entnommen wurden, wird aus Vereinfachungsgründen auf eine Anwendung des § 6b Abs. 3 UStG verzichtet, sofern sich aus den Aufzeichnungen nach § 22 Abs. 4f und 4g UStG ergibt, dass sich die Gegenstände weiterhin im Vereinigten Königreich Großbritannien (ohne Nordirland) befinden und keine Anzeichen für einen Betrug vorliegen. Darüber hinausgehende zusätzliche Verpflichtungen bestehen nicht (s. Abschn. 6b.1 Abs. 24 UStAE).

7. Literaturhinweise

Fietz u.a., Die sog. Quick Fixes der neuen Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – Neuerungen bei Konsignationslagern, Reihengeschäften und innergemeinschaftlichen Lieferungen ab 1.1.2020, NWB 7/2019, 433; Becker, Fallstudien zur Umsatzsteuer: Was ändert sich ab 1.1.2020 durch die sog. Quick Fixes?, Steuer & Studium 12/2018, 843; Meyer-Burow u.a., Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Lieferungen über Konsignationsläger, UStB 5/2018, 348; Hoss u.a., Warenlieferungen über ein Konsignationslager, UR 16/2019, 615; Körner, Die erstmalige gesetzliche Regelung der Konsignationslager im Inland in einem neuen § 6b UStG, UR 23/2019, 873; Meyer-Burow u.a., Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Lieferungen über Konsignationslager ab dem 1.1.2020, UStB 9/2019, 271; Sterzinger, Änderungen des UStG und der UStDV durch das sog. JStG 2019 und das BEG III, UR 1/2020, 1.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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