1 Überblick über die Güterstände
2 Die Zugewinngemeinschaft
2.1 Allgemeiner Überblick
2.2 Die Beendigung der Zugewinngemeinschaft
2.3 Erbschaftsteuerrechtliche Behandlung
2.3.1 Die erbrechtliche Lösung
2.3.2 Die güterrechtliche Lösung
2.3.3 Die Wahlmöglichkeiten des überlebenden Ehegatten
3 Gütertrennung
4 Gütergemeinschaft
4.1 Allgemeiner Überblick
4.2 Betriebsaufspaltung
4.3 Mitunternehmerschaft und Ehegattenarbeitsverhältnis
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel
Nach den §§ 1363 ff. BGB gibt es drei Güterstände:
Eheliche Güterstände |
||
Zugewinngemeinschaft §§ 1363–1390 BGB |
Gütertrennung § 1414 BGB |
Gütergemeinschaft §§ 1415–1518 BGB |
Abb.: Eheliche Güterstände
Nach § 1408 BGB besteht der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Ehevertrag regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern. In einem Ehevertrag können die Ehegatten durch eine ausdrückliche Vereinbarung auch den Versorgungsausgleich ausschließen. Der Ausschluss ist unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt wird.
Gesetzlicher Güterstand der Zugewinngemeinschaft |
|
Ehemann |
Ehefrau |
Das Vermögen jedes Ehegatten, das er mit in die Ehe bringt oder während der Ehe erwirbt, bleibt rechtlich getrennt (§ 1363 Abs. 2 BGB). Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen selbst (§ 1364 BGB). |
|
kann über einzelne ihm gehörige Gegenstände allein verfügen. |
kann über einzelne ihr gehörige Gegenstände allein verfügen. |
Verfügungsbeschränkungen (§§ 1365 und 1369 BGB): |
|
sein Vermögen im Ganzen, seine Haushaltsgegenstände |
ihr Vermögen im Ganzen, ihre Haushaltsgegenstände |
Ein Ehegatte kann darüber nur verfügen und sich zu einer solchen Verfügung auch nur verpflichten, wenn der andere Ehegatte einwilligt. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ohne die erforderliche Einwilligung vorgenommen wird, ist auch einem Dritten gegenüber unwirksam (§§ 1376 und 1368 BGB). Das unwirksame Rechtsgeschäft ist unter den Voraussetzungen des § 41 AO unerheblich. |
|
Beim Erwerb gemeinschaftlicher Gegenstände entsteht in der Regel Bruchteilseigentum (§§ 741 und 1008 BGB). |
Abb.: Zugewinngemeinschaft
Abb.: Beendigung der Zugewinngemeinschaft
Zum jeweiligen Anfangsvermögen gehört das Vermögen, das bei Eheschließung vorhanden war; Schulden sind abzuziehen. Dadurch darf das Anfangsvermögen allerdings nicht negativ werden. Schenkungen und Erbschaften sind nach § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen, obwohl sie erst während der Ehe erworben wurden. Zum Endvermögen gehört alles Vermögen, das zum Todes- bzw. Scheidungstag vorhanden ist. Schulden sind abzuziehen. Das Endvermögen kann aber nicht negativ sein.
Beispiel 1:
Ehemann |
Ehefrau |
||||
Anfangsvermögen |
Endvermögen/Zugewinn |
Anfangsvermögen |
Endvermögen |
||
0 € |
0 € |
0 € |
|||
Erbschaft Grundstück |
300 000 € |
Grundstück |
500 000 € |
||
Anfangsvermögen |
300 000 € |
./. Anfangsvermögen |
300 000 € |
0 € |
0 € |
Zugewinn |
200 000 € |
0 € |
|||
Zugewinnausgleich |
./. 100 000 € |
+ 100 000 € |
Im Rahmen der erbrechtlichen Lösung gem. § 1371 Abs. 1 BGB wird dagegen der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht. Hierbei ist es unerheblich, ob die Ehegatten im Einzelnen einen Zugewinn erzielt haben. Stirbt z.B. der Ehemann im obigen Beispiel und hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder als gesetzliche Erben, erhöht sich der gesetzliche Erbteil der Ehefrau um 1/4 und beträgt somit bei zwei Kindern 1/2. Der gesetzliche Erbteil der Ehefrau beträgt nach §§ 1371 Abs. 1 und 1931 Abs. 1 BGB 1/2 aus 200 000 € = 100 000 €. Für erbschaftsteuerliche Zwecke ist jedoch fiktiv eine steuerfrei zu stellende Ausgleichsforderung zu ermitteln (§ 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) und vom Erwerb des Ehegatten abzuziehen (R E 5.1 ErbStR). Der Zugewinn führt bei Beendigung der Ehe zu einem Ausgleichsanspruch, der, weil gesetzlich begründet, nicht als Erwerb i.S.d. Erbschaftsteuerrechts angesehen werden kann.
Die güterrechtliche Regelung (§ 1371 Abs. 2 BGB) kommt zum Zuge, wenn der überlebende Ehegatte kein Erbe oder Vermächtnisnehmer wird oder die Erbschaft ausschlägt (§ 1371 Abs. 3 BGB). Neben dem güterrechtlichen Zugewinnausgleich steht dem überlebenden Ehegatten der kleine Pflichtteil zu (§§ 2303, 1931 Abs. 1 und 1371 Abs. 3 BGB; z.B. 1/2 von 1/4 = 1/8). Der kleine Pflichtteil beträgt die Hälfte von einem Viertel des nach Abzug der Zugewinnausgleichsforderung verbleibenden Nachlasses.
Wahlmöglichkeit des überlebenden Ehegatten beim gesetzlichen Güterstand:
Gesetzliche Erbfolge |
Testament |
|||
Alleinerbe |
Miterbe |
Alleinerbe bzw. Miterbe |
Enterbung oder Ausschlagung der Erbschaft bzw. des Vermächtnisses |
Minderzuwendung: das Erbe bzw. Vermächtnis ist geringer als der große Pflichtteil (§§ 1931 i.V.m. 1371 Abs. 1 BGB). |
§ 1371 Abs. 1 BGB. Der fiktive Zugewinnausgleich ist darin enthalten. |
§ 1371 Abs. 1 BGB: kein konkreter Zugewinnausgleich (erbrechtliche Lösung) oder |
erbrechtliche Lösung. |
der Ehegatte kann nur den kleinen Pflichtteil und daneben den konkreten Zugewinnausgleich geltend machen (§ 1371 BGB). |
der Ehegatte kann neben dem Erbteil bzw. Vermächtnis den Minderbetrag als Pflichtteilsrestanspruch geltend machen (§§ 2305, 2307 Abs. 1 BGB) oder |
Erbschaft ausschlagen und nur den kleinen Pflichtteil verlangen (§§ 1371 Abs. 3, Abs. 2 Halbsatz 2, 1931 BGB), zusätzlich aber den konkreten Zugewinnausgleich verlangen (§§ 1373 ff BGB, güterrechtliche Lösung). |
Ehegatte kann das Zugewendete ausschlagen und den kleinen Pflichtteil sowie den konkreten Zugewinn verlangen. |
Abb.: Wahlmöglichkeiten beim gesetzlichen Güterstand
Beispiel 2:
Gesetzliche Erben des verstorbenen Ehemanns sind seine Ehefrau und die Tochter. Die Ehegatten lebten im gesetzlichen Güterstand.
Ehemann |
Ehefrau |
|
Anfangsvermögen |
0 € |
1 000 000 € |
Endvermögen (Nachlass) |
8 000 000 € |
3 000 000 € |
Zugewinn |
8 000 000 € |
2 000 000 € |
Lösung 2:
Nach der erbrechtlichen Lösung erhält die Ehefrau nach § 1931 Abs. 1 BGB 1/4 zzgl. nach § 1371 Abs. 1 BGB 1/4 insgesamt somit 1/2 von 8 000 000 € = 4 000 000 €.
Nach der güterrechtlichen Lösung (z.B. nach der Ausschlagung der Erbschaft, § 1371 Abs. 3 BGB) ist zunächst der tatsächliche Zugewinnausgleich zu ermitteln. Der Zugewinn beträgt beim Ehemann 8 000 000 € und bei der Ehefrau 2 000 000 € (§ 1373 BGB). Somit steht der Ehefrau nach § 1378 Abs. 1 BGB eine Ausgleichsforderung i.H.v. 3 000 000 € zu. Der Anspruch besteht gegenüber der alleinerbenden Tochter. Aus Sicht der Tochter ist dieser Ausgleichsanspruch eine Erblasserschuld und mindert die Berechnungsgrundlage für den Pflichtteil.
Tatsächlicher Zugewinnausgleich:
(§ 1371 Abs. 2 BGB) |
3 000 000 € |
|
kleiner Pflichtteil (§ 1371 Abs. 3 BGB) |
8 000 000 € |
|
abzüglich Zugewinnausgleich |
./. 3 000 000 € |
|
somit 1/8 (1/2 des gesetzlichen Erbteils i.S.d. § 1931 Abs. 1 BGB) von |
5 000 000 € |
625 000 € |
Zivilrechtlicher Vermögensanfall nach der güterrechtlichen Lösung: |
3 625 000 € |
|
Der tatsächliche Zugewinnausgleich gehört nach § 5 Abs. 2 ErbStG nicht zum Erwerb |
./. 3 000 000 € |
|
Steuerrechtlicher Vermögensanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 4. Alt. ErbStG) |
625 000 € |
In diesem Fall ist die güterrechtliche Lösung ungünstiger. Die Tochter hat als Alleinerbin einen Vermögensanfall von 8 000 000 €, hiervon sind die Ausgleichsforderung der Mutter als Erblasserschuld (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG) und der Pflichtteilsanspruch der Mutter als Erbfallschuld (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG) abzugsfähig. Die Bereicherung der Tochter beträgt folglich 4 375 000 €.
Beispiel 3:
Albert und Berta sind verheiratet und leben
im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft,
in Gütertrennung bzw.
in Gütergemeinschaft.
Albert und Berta haben keine Kinder.
Am 15.5.02 stirbt Albert. Albert hatte zwei Brüder: Peter und Paul. Beide haben wiederum jeweils eine Tochter: Mona und Lisa. Peter ist am 14.4.00 gestorben. Am Todestag von Albert lebt noch dessen Mutter.
Lösung 3:
Nach § 1924 BGB wird die gesetzliche Erbfolge in bestimmte Ordnungen untergliedert.
1. Ordnung § 1924 BGB:
Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers also Kinder und Kindeskinder. Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus. An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).
Da Albert keine Kinder hat, liegt die gesetzliche Erbfolge der 1. Ordnung nicht vor.
Der überlebende Ehegatte (Ehefrau Berta) zählt nicht zu den gesetzlichen Erben der 1. Ordnung. Der Ehegatte hat ein eigenes Erbrecht nach § 1931 BGB.
2. Ordnung § 1925 BGB:
Gesetzliche Erben der 2. Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Leben zur Zeit des Erbfalls die Eltern, so erben sie allein und zu gleichen Teilen. Zur Zeit des Erbfalls lebt nur noch die Mutter des Erblassers. Da der Vater nicht mehr lebt, treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge nach den für die Beerbung in der 1. Ordnung geltenden Vorschriften. Die Abkömmlinge des Vaters sind Peter und Paul (Alberts Brüder). Da zur Zeit des Erbfalls Peter bereits verstorben ist, tritt an seine Stelle dessen Tochter Mona (Alberts Nichte).
Nach dem Tode von Albert liegt somit eine gesetzliche Erbfolge 2. Ordnung vor. Erben der 2. Ordnung sind nur erbberechtigt, wenn keine Kinder oder Enkel da sind. Es tritt folgende gesetzliche Erbfolge ein:
Zugewinngemeinschaft:
Nach § 1931 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Zusätzlich erhält der überlebende Ehegatte gem. § 1371 Abs. 1 BGB 1/4 als Zugewinnausgleich. Insgesamt entfällt somit auf Berta 3/4 des Erbes.
Der Gesetzgeber wollte für den Normalfall die mit der Berechnung des Zugewinnausgleichs verbundenen Schwierigkeiten und familiären Auseinandersetzungen vermeiden. Der Zugewinnausgleich wird somit pauschal abgegolten, ohne dass es darauf ankommt, ob überhaupt und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Zugewinn in der Ehe erzielt worden ist.
Berta |
||||
3/4 |
verbleibender Anteil von 1/4 entfällt auf |
|||
Alberts Mutter |
Paul |
Mona |
||
1/8 |
1/16 |
1/16 |
||
Steuerklasse nach § 15 ErbStG |
I |
I |
II |
II |
Gütertrennung bzw. Gütergemeinschaft:
Nach § 1931 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Insgesamt entfällt somit auf Berta 1/2 des Erbes.
Berta |
||||
1/2 |
verbleibender Anteil von 1/2 entfällt auf |
|||
Alberts Mutter |
Paul |
Mona |
||
1/4 |
1/8 |
1/8 |
||
Steuerklasse nach § 15 ErbStG |
I |
I |
II |
II |
Beispiel 4:
Die Eheleute Adam und Eva leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Nach dem Tod von Adam sind dessen Ehefrau und die zwei erwachsenen Kinder Kain und Abel gesetzliche Erben. Bei Eheschließung hatte Eva ein Vermögen von 100 000 € und Adam eines von 3 Mio. € (bereits indiziert, R E 5.1 Abs. 2 Satz 5 ErbStR, vgl. hierzu die Übersicht in H E 5.1 ErbStH und das BMF-Schreiben vom 19.2.2020 mit einer aktualisierten Zusammenstellung der Verbraucherpreisindizes für Deutschland). Beim Tod von Adam betrug sein Vermögen 6 Mio. € (Kapitalvermögen), das seiner Ehefrau belief sich auf 700 000 €.
Lösung 4:
Erbrechtliche Lösung:
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist der fiktive Zugewinnausgleich i.S.d. § 1371 Abs. 2 BGB steuerfrei.
Adam |
Eva |
|
Endvermögen |
6 000 000 € |
700 000 € |
Anfangsvermögen |
3 000 000 € |
100 000 € |
Zugewinn |
3 000 000 € |
600 000 € |
Ausgleichsforderung |
1 200 000 € |
Veranlagungsschema nach R E 10.1 ErbStR |
Eva |
Kain |
Abel |
Nachlass: 6 000 000 €; davon entfällt auf Eva (§§ 1931 Abs. 1 und 1371 Abs. 1 BGB) 1/2 = Vermögensanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. ErbStG) |
3 000 000 € |
1 500 000 € |
1 500 000 € |
Pauschbetrag (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) 10 300 € |
./. 5 150 € |
./. 2 575 € |
./. 2 575 € |
Bereicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG) |
2 994 850 € |
1 497 425 € |
1 497 425 € |
fiktiver Zugewinnausgleich (§ 5 Abs. 1 ErbStG) |
./. 1 200 000 € |
||
Freibeträge § 16 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ErbStG |
./. 500 000 € |
./. 400 000 € |
./. 400 000 € |
Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 1 ErbStG |
./. 256 000 € |
||
steuerpflichtiger Erwerb (gerundet, § 10 Abs. 1 Satz 1, 6 ErbStG) |
1 038 800 € |
1 097 400 € |
1 097 400 € |
ErbSt (§ 19 Abs. 1 ErbStG) jeweils 19 % |
197 372 € |
208 506 € |
208 506 € |
Ein Härteausgleich nach § 19 Abs. 3 ErbStG ist nicht durchzuführen, vgl. auch Wertgrenzen in H E 19 ErbStH. |
Güterrechtliche Lösung:
Die güterrechtliche Lösung kommt nur dann zur Anwendung, wenn der überlebende Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisnehmer geworden ist (§ 1371 Abs. 2 BGB) oder die Erbschaft ausschlägt (§ 1371 Abs. 3 BGB). Als steuerpflichtiger Erwerb von Todes wegen ist hier nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 4. Alt. ErbStG lediglich der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch anzusetzen. Der tatsächliche Zugewinnausgleich gehört nicht zum Erwerb i.S.d. § 3 ErbStG (§ 5 Abs. 2 ErbStG).
Der kleine Pflichtteilsanspruch berechnet sich wie folgt:
Endvermögen Ehemann |
6 000 000 € |
abzüglich Zugewinnausgleich |
./. 1 200 000 € |
verbleiben für den Pflichtteilsanspruch |
4 800 000 € |
davon 1/2 von 1/4 = 1/8 = |
600 000 € |
Durch die Ausschlagung der Erbschaft wird die Ehefrau so behandelt, als habe sie die Erbschaft nicht erlebt (§ 1953 Abs. 1 BGB). Wer die Erbschaft ausschlägt, verliert grundsätzlich auch sein Pflichtteilsrecht (§ 2303 Abs. 1 BGB), da er nicht durch Verfügung von Todes wegen von der Erbschaft ausgeschlossen ist. Lediglich der kleine Pflichtteil des Ehegatten bleibt erhalten (§ 1371 BGB). Den Nachlass des Vaters i.H.v. 6 Mio. € erben die Kinder je zur Hälfte.
Veranlagungsschema nach R E 10.1 ErbStR |
Eva |
Kain |
Abel |
Vermögensanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 4. Alt. ErbStG |
600 000 € |
||
Vermögensanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. ErbStG |
3 000 000 € |
3 000 000 € |
|
Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG) Zugewinnausgleich 1 200 000 € |
./. 600 000 € |
./. 600 000 € |
|
Pflichtteilsanspruch (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG) kleiner Pflichtteil 600 000 € |
./. 300 000 € |
./. 300 000 € |
|
Pauschbetrag (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) 10 300 € |
./. 5 150 € |
./. 5 150 € |
|
Bereicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG) |
600 000 € |
2 094 850 € |
2 094 850 € |
Freibeträge (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ErbStG) |
./. 500 000 € |
./. 400 000 € |
./. 400 000 € |
Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 1 ErbStG |
./. 256 000 € |
||
steuerpflichtiger Erwerb (gerundet, § 10 Abs. 1 Satz 1, 6 ErbStG) |
0 € |
1 694 800 € |
1 694 800 € |
ErbSt (§ 19 Abs. 1 ErbStG: 0 bzw. 19 % für die Kinder) |
0 € |
322 012 € |
322 012 € |
Beispiel 5:
Sachverhalt siehe Beispiel 3. Der Nachlass des Adam i.H.v. 6 Mio. € umfasst u.a. ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 1 Mio. € und einem steuerlichen Wert von 500 000 € (Grundbesitzwert). Der steuerliche Wert des Nachlasses beträgt somit 5 500 000 €.
Lösung 5:
Das Endvermögen des verstorbenen Ehegatten ist nach steuerlichen Bewertungsgrundsätzen zu ermitteln (R E 5.1 Abs. 5 ErbStR). Ist der sich ergebende Steuerwert des Endvermögens niedriger als dessen Verkehrswert, ist die nach zivilrechtlichen Grundsätzen ermittelte fiktive Zugewinnausgleichsforderung entsprechend dem Verhältnis von Steuerwert und Verkehrswert des dem Erblasser zuzurechnenden Endvermögens auf den steuerfreien Betrag zu begrenzen. Die Berechnung erfolgt vor Ansatz etwaiger Verschonungen (z.B. § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c oder auch § 13d ErbStG).
Erbrechtliche Lösung:
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist der fiktive Zugewinnausgleich i.S.d. § 1371 Abs. 2 BGB steuerfrei.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 5 ErbStG ist die Ausgleichsforderung steuerfrei entsprechend dem Verhältnis des Steuerwerts des Endvermögens des Erblassers zu dessen Vermögen:
Adam |
Eva |
|
Endvermögen |
6 000 000 € |
700 000 € |
Anfangsvermögen |
3 000 000 € |
100 000 € |
Zugewinn |
3 000 000 € |
600 000 € |
Ausgleichsforderung |
1 200 000 € |
5 500 000 : 6 000 000 × 1 200 000 = 1 100 000 €.
Veranlagungsschema nach R E 10.1 ErbStR |
Eva |
Kain |
Abel |
Nachlass: 5 500 000 €; davon entfällt auf Eva (§§ 1931 Abs. 1 und 1371 Abs. 1 BGB) 1/2 = Vermögensanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. ErbStG) |
2 750 000 € |
1 375 000 € |
1 375 000 € |
Pauschbetrag (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) 10 300 € |
./. 5 150 € |
./. 2 575 € |
./. 2 575 € |
Bereicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG) |
2 744 850 € |
1 372 425 € |
1 372 425 € |
fiktiver Zugewinnausgleich (§ 5 Abs. 1 Satz 5 ErbStG) |
./. 1 100 000 € |
||
Freibeträge (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ErbStG) |
./. 500 000 € |
./. 400 000 € |
./. 400 000 € |
Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 1 ErbStG |
./. 256 000 € |
||
steuerpflichtiger Erwerb (gerundet, § 10 Abs. 1 Satz 1, 6 ErbStG) |
888 800 € |
972 400 € |
972 400 € |
ErbSt (§ 19 Abs. 1 ErbStG) jeweils 19 % |
168 872 € |
184 756 € |
184 756 € |
Ein Härteausgleich nach § 19 Abs. 3 ErbStG ist nicht durchzuführen. |
Güterrechtliche Lösung:
Siehe Lösung Beispiel 3.
Veranlagungsschema nach R E 10.1 ErbStR |
Eva |
Kain |
Abel |
Vermögensanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 4. Alt. ErbStG |
600 000 € |
||
Vermögensanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. ErbStG |
2 750 000 € |
2 750 000 € |
|
Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG) Zugewinnausgleich 1 200 000 € |
./. 600 000 € |
./. 600 000 € |
|
Pflichtteilsanspruch (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG) kleiner Pflichtteil 600 000 € |
./. 300 000 € |
./. 300 000 € |
|
Pauschbetrag (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) 10 300 € |
./. 5 150 € |
./. 5 150 € |
|
Bereicherung des Erwerbers |
600 000 € |
1 844 850 € |
1 844 850 € |
Freibeträge § 16 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ErbStG |
./. 500 000 € |
./. 400 000 € |
./. 400 000 € |
Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 1 ErbStG |
./. 256 000 € |
||
steuerpflichtiger Erwerb (gerundet) |
0 € |
1 444 800 € |
1 444 800 € |
ErbSt (§ 19 Abs. 1 ErbStG: 19 %) |
0 € |
274 512 € |
274 512 € |
Ein Härteausgleich nach § 19 Abs. 3 ErbStG ist nicht durchzuführen. |
Gütertrennung entsteht durch Vertrag (§ 1414 BGB). Es gibt keine Verfügungsbeschränkungen und keinen Zugewinnausgleich.
Bei Zugewinngemeinschaft und bei Gütertrennung versteuert jeder Ehegatte die Einkünfte aus den ihm zuzurechnenden Einkunftsquellen. Bei der Zusammenveranlagung werden erst nach der getrennten Ermittlung der Einkünfte diese zu einem gemeinsamen Gesamtbetrag der Einkünfte zusammengefasst.
Die in Zeile 24 der Einkommensteuererklärung (ESt 1 A 2019) vorgesehene Angabe, ob Ehegatten den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben, ist insbesondere für die Beurteilung von Bedeutung, ob bestimmte Einkünfte solche des Ehemanns oder der Ehefrau sind.
Die Gütergemeinschaft regeln die §§ 1415 ff. BGB. Es sind dabei die folgenden Vermögensmassen zu unterscheiden:
Abb.: Gütergemeinschaft
Überlassen in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten zum Gesamtgut gehörende wesentliche Betriebsgrundlagen an eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter einer der Ehegatten ist, liegen die Voraussetzungen der → Betriebsaufspaltung vor, wenn die Gesellschaftsbeteiligung ebenfalls zum Gesamtgut gehört. Die Beteiligung an einer GmbH ist nicht dem Sondergut zuzurechnen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen zwar nur mit Genehmigung aller Gesellschafter möglich ist, die Übertragung an einen Ehegatten aber keiner Beschränkung unterliegt (BFH Urteil vom 19.10.2006, IV R 22/02, DStR 2006, 2207, LEXinform 5003561). Mit Beschluss vom 14.2.2008 (I BvR 19/07, LEXinform 1548116) hat das BVerfG die Entscheidung des BFH vom 19.10.2006 (IV R 22/02, LEXinform 5003561) für verfassungsgemäß erklärt. Es benachteiligt im Güterstand der Gütergemeinschaft lebende Ehegatten nicht gegenüber solchen, die in Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung leben, wenn die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit Einnahmen aus der Überlassung eines in Gütergemeinschaft stehenden Grundstücks an eine GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer der Ehegatte ist, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandeln.
In den Fällen, in denen ein Gewerbebetrieb zum Gesamtgut der in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten gehört, wird wegen der anzunehmenden → Mitunternehmerschaft ein an den mitarbeitenden Ehegatten gezahlter Arbeitslohn grundsätzlich als Gewinnanteil behandelt (BFH Urteil vom 4.11.1997, BStBl II 1999, 384). Ein Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten wird wegen der Annahme einer Mitunternehmerschaft regelmäßig auch nicht in einem zum Gesamtgut gehörenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb anerkannt. Landwirtsehegatten, die im Güterstand der Gütergemeinschaft leben, bewirtschaften ihren Hof als Mitunternehmer. Sie haben im Fall der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG selbst dann eine Gesellschaftsbilanz vorzulegen, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung i.S.d. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO handelt (BFH Urteil vom 18.8.2005, IV R 37/04, BStBl II 2006, 165).
Im Rahmen einer freiberuflichen Praxis wird ein ernstlich vereinbarter und tatsächlich durchgeführter Arbeitsvertrag zwischen Ehegatten anerkannt, wenn es sich bei der Mitarbeit des einen Ehegatten um eine untergeordnete Tätigkeit handelt.
Ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis muss zivilrechtlich wirksam vereinbart und der Vereinbarung entsprechend tatsächlich durchgeführt werden. Dabei muss es inhaltlich sowohl in der Vereinbarung als auch in der Durchführung dem entsprechen, was bei Arbeitsverträgen unter fremden Dritten üblich ist (BFH vom 27.11.1978, GrS 8/77; vom 27.11.1989, GrS 1/88). Dazu gehört, dass der Ehepartner
aufgrund eines Arbeitsvertrags beschäftigt wird,
die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und
dass alle Arbeitgeberpflichten erfüllt werden, insbesondere die der Lohnzahlung.
Hinweis:
Oft gewähren Angehörige einander auch Darlehen. Wird ein solches Privatdarlehen vom Darlehensnehmer zur Einkunftserzielung genutzt, kann er die gezahlten Schuldzinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzen und so seine Steuerschuld in Höhe des individuellen Steuersatzes von bis zu 45 % mindern. Ziel ist es dann, dass der Darlehensgeber hingegen die vereinnahmten Darlehenszinsen lediglich mit dem günstigen Abgeltungsteuersatz von 25 % versteuern muss. Eine Versteuerung zum individuellen Steuersatz erfolgt jedoch, wenn Gläubiger und Schuldner der Zinsen »einander nahe stehende Personen« sind (§ 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG). Hierzu hat der BFH mittlerweile mehrfach beurteilt, was »nahe stehende Personen« sind. Es ist nicht allein das Angehörigenverhältnis maßgebend, sondern ein Beherrschungs- oder Abhängigkeitsverhältnis. Da dies bei volljährigen Angehörigen meist nicht der Fall ist, könne der Darlehensgeber die vereinnahmten Darlehenszinsen mit dem günstigen Abgeltungsteuersatz von 25 % versteuern. Und zwar auch dann, wenn der Darlehensnehmer die gezahlten Schuldzinsen mit dem persönlichen Steuersatz als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzt (BFH vom 29.4.2014, VIII R 44/13, VIII R 9/13, VIII R 35/13).
Maier u.a., Grundkurs des Steuerrechts Band 10 (Bürgerliches Recht und Steuerrecht), 10. A.; Vfg. OFD München vom 26.6.2001, DStR 2001 zur Eigentumsübertragung bei Ehescheidungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs unter Berücksichtigung von § 23 EStG (→ Scheidung); Götz, Die Wahl des Güterstandes unter erbschaftsteuerlichen Gesichtspunkten, INF 2001, 417; Fleischmann, Der eheliche Güterstand und dessen Auswirkungen auf die Besteuerung der Eheleute sowie deren Nachfolgeplanung, NWB Fach 10, 1357; Ramb, Grundzüge des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts Teil 3, Steuer & Studium 2003, 638; Götz, Modifizierte Zugewinngemeinschaft versus § 5 ErbStG – Die Güterstände und ihre erbschaftsteuerlichen Folgen, NWB Fach 10, 1599.
→ Erbrecht
→ Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall
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