1 Begriff
2 Verträge zwischen den Partnern
2.1 Allgemeines
2.2 Mietverhältnis über eine gemeinsame Wohnung
3 Einkommensteuer
3.1 Die Begründung einer doppelten Haushaltsführung
3.2 Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten
3.3 Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
3.4 Veranlagungsform
3.5 Kinderfreibetrag
3.6 Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG
3.7 Berücksichtigung des Ausbildungsfreibetrages
3.8 Andere außergewöhnliche Belastungen
3.9 Haushaltsbezogene Inanspruchnahme der Höchstbeträge des § 35a EStG
4 Kindergeld und Zählkindergeldvorteil
5 Adoptionsrecht
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel
Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ist eine auf längere Zeit und Dauer angelegte Beziehung zwischen Mann und Frau, die mit einer engen inneren Bindung zwischen den beiden Partnern – die über eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft (z.B. eine Wohngemeinschaft) hinausgeht – einhergeht (»Wilde Ehe«). Eine rechtsgültige Ehe i.S.d. BGB wird dabei nicht geschlossen; es werden demnach keine Rechte und Pflichten begründet. Eine solche Lebensgemeinschaft kann also jederzeit beendet werden.
Es gibt keine Regelungen im BGB zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Die Vorschriften über die Ehe nach §§ 1353 ff. BGB sind auch nicht analog anwendbar. Es entstehen demnach keine besonderen Rechte und Pflichten zwischen den Partnern kraft Gesetz.
Auf Verträge zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind die vom BFH aufgestellten Grundsätze für Verträge zwischen Ehegatten – ausgenommen eingetragene Lebenspartnerschaften – nicht anzuwenden, es sei denn, dass der Vertrag die gemeinsam genutzte Wohnung betrifft (BFH Urteil vom 14.4.1988, IV R 225/85, BStBl II 1988, 670; R 21.4 EStR 2012, H 4.8 [Nichteheliche Lebensgemeinschaften] EStH 2022).
Ein Mietverhältnis zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft über eine gemeinsame Wohnung ist nicht anzuerkennen (H 21.4 [Nichteheliche Lebensgemeinschaft] EStH 2022).
Bei der Begründung einer doppelten Haushaltsführung (→ Doppelte Haushaltsführung) wird die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht mit einer ehelichen Lebensgemeinschaft/eingetragenen Lebenspartnerschaft gleichgestellt. Die Rspr. des BFH, nach der eine doppelte Haushaltsführung auch dann erkannt werden kann, wenn die Eheleute/Lebenspartner zunächst an verschiedenen Orten wohnen und dort arbeiten und nach der Eheschließung/Begründung der Lebenspartnerschaft eine der beiden Wohnungen zur Familienwohnung machen, ist auf nicht eheliche Lebensgemeinschaften nicht anzuwenden (BFH vom 4.4.2001, VI R 130/99, BFH/NV 11/2001, 1384). Mit Urteil vom 15.3.2007 (VI R 31/05, BStBl II 2007, 533) bestätigt der BFH seine Rspr. und ergänzt sie dahingehend, dass die Gründung eines doppelten Haushalts bei nicht verheirateten Personen beruflich veranlasst sein kann, wenn sie vor der Geburt eines gemeinsamen Kindes an verschiedenen Orten berufstätig sind, dort wohnen und im zeitlichen Zusammenhang mit der Geburt des Kindes eine der beiden Wohnungen zur Familienwohnung machen (s.a. H 9.11 (1–4) [Ehegatten/Lebenspartner] und [Eheschließung/Begründung einer Lebenspartnerschaft] LStH 2023).
→ Kinderbetreuungskosten können unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Zum Konkurrenzverhältnis zwischen Kinderbetreuungskosten und haushaltsnahen Dienstleistungen i.S.d. § 35a Abs. 2 EStG s. → Haushaltsnahe Dienstleistungen. Fallen Kinderbetreuungskosten dem Grunde nach unter die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG, kommt ein Abzug nach § 35a EStG nicht in Betracht (§ 35a Abs. 5 Satz 1 EStG). Dies gilt sowohl für den Betrag, der zwei Drittel der Aufwendungen für Dienstleistungen übersteigt, als auch für alle Aufwendungen, die den Höchstbetrag von 4 000 € je Kind übersteigen (BMF vom 9.11.2016, BStBl I 2016, 1213, Rz. 34).
Nur alleinerziehende Stpfl. haben Anspruch auf den Entlastungsbetrag nach § 24b EStG i.H.v. 1 908 € (ab 2022 = 4 008 €; ab 2023 angehoben durch das JStG 2022 = 4 260 €).
Das BMF hat sein Anwendungsschreiben zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) überarbeitet (BMF vom 23.11.2022, BStBl I 2022, 1634). Das Schreiben ersetzt das Anwendungsschreiben vom 23.10.2017 (BStBl I 2017, 1432) und ist in Bezug auf die Änderungen durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 29.6.2020 (BGBl I 2020, 1512) und das → Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) für Veranlagungszeiträume ab 2020, im Übrigen in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft werden nach § 25 EStG einzeln veranlagt. Sie werden daher grundsätzlich immer nach dem Grundtarif (§ 32a Abs. 1 EStG) besteuert (→ Einkommensteuertarif). Mangels Ehe kann das Veranlagungswahlrecht für Ehegatten i.S.d. § 26 EStG nicht in Betracht kommen (→ Einkommensbesteuerung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften).
Mit Beschluss vom 26.4.2017 (III B 100/16, BStBl II 2017, 903) hat der BFH entschieden, dass § 2 Abs. 8 EStG auf verschiedengeschlechtliche Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine Anwendung findet. Der BFH interpretiert die Vorschrift des § 2 Abs. 8 EStG dahingehend, dass sie nur Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft i.S.d. LPartG erfasst, weil nur derartige Partnerschaften sich hinsichtlich der durch sie erzeugten rechtlichen Bindungen und gegenseitigen Einstandspflichten herkömmlichen Ehen derart angenähert haben, dass eine steuerliche Ungleichbehandlung nicht mehr zu rechtfertigen ist. Daraus folgt, dass verschiedengeschlechtliche Partner, die keine Ehe geschlossen, schon mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 LPartG auch keine Lebenspartnerschaft i.S.d. LPartG begründet und damit auch keine vergleichbaren rechtlichen Bindungen und gegenseitigen Einstandspflichten übernommen haben, nicht unter den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 8 EStG fallen.
Nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für jedes zu berücksichtigende Kind des Stpfl. ein Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein BEA-Freibetrag vom Einkommen abgezogen. Abweichend hiervon wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kj. im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist (§ 32 Abs. 6 Satz 6 EStG).
Mit der Übertragung des Kinderfreibetrags bei in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Elternteilen befasste sich der BFH mit Urteil vom 15.12.2021 (III R 24/20, BStBl II 2022, 409).
Leitsätze
Bei einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann im Hinblick auf die Übertragung des Kinderfreibetrags nach § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG grds. davon ausgegangen werden, dass die tatsächliche Verteilung der Unterhaltsleistungen zwischen den Elternteilen für im Haushalt lebende minderjährige Kinder (in Form von Natural-, Bar- und Betreuungsunterhalt) dem Willen des allein sorgeberechtigten Elternteils oder der gemeinsam sorgeberechtigten Elternteile entspricht.
Leben nicht miteinander verheiratete Eltern zusammen mit einem gemeinsamen minderjährigen Kind in einem gemeinsamen Haushalt, kann nicht allein deshalb, weil ein betreuender Elternteil keinen oder nur einen geringen Beitrag zum (gemeinsamen) Haushaltseinkommen leistet, davon ausgegangen werden, dass dieser Elternteil i.S.d. § 32 Abs. 6 Satz 6 Alt. 1 EStG seiner Unterhaltspflicht nicht im Wesentlichen nachkommt.
Eine fehlende Unterhaltspflicht mangels Leistungsfähigkeit i.S.d. § 32 Abs. 6 Satz 6 2. Alternative EStG kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass ein Elternteil ein im gemeinsamen Haushalt lebendes minderjähriges Kind überwiegend betreut und keine oder nur geringe Beiträge zum (gemeinsamen) Haushaltseinkommen leistet.
Sachverhalt:
Streitig ist, ob in den Streitjahren 2015 bis 2017 die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die auf den Kindsvater entfallenden Kinderfreibeträge auf die Kindsmutter übertragen werden können. Die Klägerin ist die Mutter eines im März 1998 geborenen Sohnes und einer im April 2001 geborenen Tochter. Mit dem Vater der beiden Kinder lebte die Klägerin in den Streitjahren in nichtehelicher Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt. Der Sohn befand sich nach Erreichen der Volljährigkeit zunächst noch in Schul- und dann in Berufsausbildung.
Unterhaltsleistungen (→ Unterhaltsaufwendungen) an den Partner können nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG nur dann als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, wenn zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel wegen der Unterhaltsleistungen gekürzt werden (H 33a.1 [Gleichgestellte Personen] EStH 2022; BMF vom 7.6.2010, BStBl I 2010, 582).
Mit Urteil vom 19.5.2004 (III R 30/02, BStBl II 2004, 943) befasste sich der BFH mit den Unterhaltsleistungen für ein nichteheliches Kind als außergewöhnliche Belastung. Er entschied, dass Aufwendungen des Vaters in Erfüllung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs der nicht mit ihm verheirateten Mutter seines Kindes aus Anlass der Geburt als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können, sofern für die Mutter des Kindes kein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf Kindergeld besteht.
Zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes, für das Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld besteht, kann nach § 33a Abs. 2 EStG ein Ausbildungsfreibetrag i.H.v. 924 € je Kj. vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Durch das JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wurde der Ausbildungsfreibetrag ab dem VZ 2023 auf 1 200 € erhöht.
Jedem Elternteil steht grundsätzlich ein halber → Ausbildungsfreibetrag gem. § 33a Abs. 2 EStG zu. Ein Elternteil kann seinen Anteil auf den anderen Elternteil übertragen.
Zu Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung nahm das FG Nürnberg mit Urteil vom 1.8.2019 (4 K 156/18) Stellung. Es kam zum Ergebnis, dass Prozesskosten im Zusammenhang mit einer Vermögensauseinandersetzung zwischen nichtehelichen Lebenspartnern in der Regel nicht zwangsläufig und damit nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, da die Partner einer derartigen Lebensgemeinschaft eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung ohne Weiteres und weitgehend ohne Beteiligung des Familiengerichts selbst eigenverantwortlich regeln und gestalten können.
§ 35a EStG regelt die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. Leben zwei Alleinstehende in einem Haushalt zusammen, können sie die Höchstbeträge nach § 35a Abs. 1 bis Abs. 3 EStG insgesamt jeweils nur einmal in Anspruch nehmen (§ 35a Abs. 5 Satz 4 EStG). Dabei kann jeder seine tatsächlichen Aufwendungen grundsätzlich nur bis zur Höhe des hälftigen Abzugshöchstbetrages geltend machen (BMF vom 9.11.2016, BStBl I 2016, 1213, Rz. 53 ff.). Beide können aber einvernehmlich eine andere Aufteilung wählen (→ Haushaltsnahe Dienstleistungen).
Leben die Eltern eines gemeinsamen Kindes in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen und sind in deren Haushalt auch zwei ältere, aus einer anderen Beziehung stammende Kinder eines Elternteils aufgenommen, erhält der andere Elternteil für das gemeinsame Kind nicht den nach § 66 Abs. 1 EStG erhöhten Kindergeldbetrag für ein drittes Kind (→ Kindesunterhalt). Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass einem in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Elternteil im Hinblick auf die in seinem Haushalt lebenden, bei ihm kindergeldrechtlich nicht zu berücksichtigenden Kinder des anderen Elternteils der Zählkindervorteil versagt wird, während einem Stiefelternteil dieser Zählkindervorteil für die Kinder seines Ehegatten gewährt wird (BFH vom 25.4.2018, III R 24/17, BStBl II 2018, 721).
Der BGH hat mit Beschluss vom 8.2.2017 (XII ZB 586/15, Pressemitteilung des BGH Nr. 31/2017 vom 6.3.2017, LEXinform 0446023) entschieden, dass eine mit ihrem Lebensgefährten weder verheiratete noch in einer Lebenspartnerschaft lebende Person dessen Kind nicht annehmen kann, ohne dass zugleich das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihrem Lebensgefährten und dem Kind erlischt.
Beispiel:
Die beiden nicht miteinander verheirateten Antragsteller F und M begehren die Adoption des minderjährigen Kindes K durch den Antragsteller M mit der Maßgabe, dass K die Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Antragsteller F und M erlangt. Der Antrag wurde abgewiesen.
Anders als bei der Stiefkindadoption durch Ehegatten oder Lebenspartner hat der Gesetzgeber für nicht verheiratete Personen keine vergleichbare Regelung geschaffen. Deshalb kann eine nicht verheiratete und nicht verpartnerte Person ein Kind gem. § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB nur allein annehmen, sodass das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu ihrem Lebensgefährten gem. § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB erlischt.
Birmanns, Vertrag zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, NWB Fach 22, 177.
→ Einkommensbesteuerung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften
→ Haushaltsnahe Dienstleistungen
→ Verträge zwischen Angehörigen
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