Sonstige Einkünfte

Stand: 2. Mai 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Überblick über die Besteuerungstatbestände
2 Das Subsidiaritätsprinzip
3 Private wiederkehrende Bezüge
4 Kaufpreisraten und Zeitrenten
4.1 Kaufpreisraten
4.2 Entgeltliche Zeitrenten
4.2.1 Behandlung wie Kaufpreisraten
4.2.2 Behandlung beim Empfänger
4.2.3 Behandlung beim Verpflichteten
4.3 Unentgeltliche Zeitrenten
4.4 Behandlung der entgeltlichen wiederkehrenden Leistungen im Überblick
5 Freiwillige Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG
5.1 Allgemeiner Überblick
5.2 Abgrenzung der Versorgungsleistungen von den Unterhaltsleistungen
6 Leistungseinkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG
7 Abgeordnetenbezüge
8 Literaturhinweise
9 Verwandte Lexikonartikel

1. Überblick über die Besteuerungstatbestände

Als letzte Einkunftsart (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) enthält § 22 EStG unterschiedliche private Besteuerungstatbestände. Es sind dies im Einzelnen:

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  • Leistungen aus wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Zur Definition der wiederkehrenden Bezüge i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG s. das BFH-Urteil vom 14.4.2015 (IX R 35/13, BStBl II 2015, 795).

    Gem. § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG sind sonstige Einkünfte Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören. Entscheidend ist, dass sich die Bezüge auf Grund eines einheitlichen Entschlusses oder eines einheitlichen Rechtsgrunds mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch nicht immer in gleicher Höhe, wiederholen (BFH Urteil vom 25.8.1987, IX R 98/82, BStBl II 1988, 344). Eine Mindestdauer ist nicht erforderlich (BFH Urteil vom 27.11.1959, VI 172/59 U, BStBl III 1960, 65). Einmalige Leistungen begründen keine wiederkehrenden Bezüge. Allein die Tatsache, dass eine Leistung nicht in einem Betrag, sondern in Form wiederkehrender Zahlungen zu erbringen ist, kann jedoch ihre Steuerbarkeit nach § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG nicht begründen (BFH Urteil vom 9.2.2010, VIII R 43/06, BStBl II 2010, 818). § 22 Nr. 1 EStG ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die Leistungen andere steuerbare Einnahmen ersetzen (BFH Urteil vom 26.11.2008, X R 31/07, BStBl II 2009, 651; s.a. das BMF-Schreiben vom 15.7.2009, BStBl I 2009, 836 zur Steuerbarkeit von Schadensersatzrenten). Eine bloße Umschichtung von Privatvermögen ist nicht vom Begriff der sonstigen Einkünfte erfasst (BFH Urteil vom 25.10.1994, VIII R 79/91, BStBl II 1995, 121). Die Bezüge dürfen sich daher bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht als Kapitalrückzahlungen (z.B. Kaufpreisraten) darstellen (BFH Urteil vom 12.10.1982, VIII R 72/79, BStBl II 1983, 128).

    Hat der Leistende nicht die Möglichkeit, durch seine Leistung das Entstehen des Anspruchs auf die Leistung des Vertragspartners positiv zu beeinflussen, genügt die Annahme der Leistung der Gegenseite nicht, um den fehlenden besteuerungsrelevanten Veranlassungszusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen; vgl. BFH Urteil vom 13.3.2018, IX R 18/17. Für die Steuerbarkeit nach § 22 Nr. 3 EStG reicht es zwar aus, dass eine Leistung erbracht wird, für die der Leistende eine Gegenleistung nicht unbedingt erwarten kann, sie aber annimmt (z.B. bei der Teilnahme an Fernsehshows). Der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung bestand im Streitfall nach dem Verständnis des BFH jedoch für eine »Break Fee« nicht.

    Der steuerrechtliche Begriff der Leibrente setzt gleichmäßige Leistungen voraus; daran fehlt es, wenn die Höhe der Rente an Bemessungsgrößen wie Umsatz oder Gewinn anknüpft, deren Schwankungen über die von Wertsicherungsklauseln hinausgehen. Wiederkehrende Leistungen in Gestalt von Destinatärsvergütungen sind keine Leibrenten und daher in voller Höhe als sonstige Einkünfte zu versteuern, wenn die zu erwartende Leistungshöhe infolge der Abhängigkeit von einer variablen Bemessungsgrundlage nicht im Voraus bestimmbar ist; vgl. Hessisches FG vom 21.10.2019, 11 K 1534/18.

  • Einkünfte aus Leistungen und Zahlungen nach § 10 Abs. 1a EStG, soweit für diese die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug beim Leistungs- oder Zahlungsverpflichteten nach § 10 Abs. 1a EStG erfüllt sind. Es handelt sich dabei um folgende Einkünfte (§ 22 Nr. 1a EStG):

    Durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl I 2014, 2417) wurde u.a. § 10 EStG neu gefasst. In § 10 Abs. 1a EStG werden die Sonderausgabentatbestände zusammengefasst, bei denen der Abzugstatbestand des Leistenden mit einer Besteuerung beim Leistungsempfänger korrespondiert. § 22 Nr. 1a EStG regelt ab 1.1.2015 einheitlich die steuerliche Behandlung der in § 10 Abs. 1a EStG genannten Einkünftetransfers beim Empfänger. § 22 Nr. 1b und 1c EStG entfallen, da sie mit ihren korrespondierenden Normen nun einheitlich in § 10 Abs. 1a EStG geregelt sind. Die Neuregelung gilt erstmals für im Veranlagungszeitraum 2015 geleistete Aufwendungen.

  • Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG; → Private Veräußerungsgeschäfte);

  • Einkünfte aus Leistungen (§ 22 Nr. 3 EStG; → Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG);

  • Abgeordnetenbezüge (§ 22 Nr. 4 EStG); bei den von § 22 Nr. 4 EStG erfassten Einkünften handelt es sich um eine besondere Art von Bezügen, die sich keiner anderen Einkunftsart zuordnen lassen, da bei Abgeordneten weder ein Vertrags- oder Dienstverhältnis oder eine Weisungsgebundenheit vorliegt noch ein Arbeitserfolg geschuldet ist. Die Regelung dieser Einkünfte in einer eigenständigen Nummer wird der Sonderrolle der Abgeordneten gerecht.

  • Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen (§ 22 Nr. 5 EStG; → Besteuerung von Versorgungsleistungen).

2. Das Subsidiaritätsprinzip

§ 22 EStG tritt grundsätzlich hinter alle anderen Einkunftsarten zurück, siehe § 22 Nr. 1 Satz 1, Nr. 3 Satz 1, Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG. Zur Anwendung des § 22 Nr. 5 EStG siehe → Besteuerung von Versorgungsleistungen.

Sonstige Einkünfte sind gem. § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören. Deshalb können zum Beispiel wiederkehrende Bezüge, die im Rahmen einer anderen Einkunftsart anfallen, etwa die Pensionsbezüge eines ArbN (§ 24 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 4 und § 19 Abs. 1 EStG), nicht lediglich mit einem Ertragsanteil versteuert werden, wie das z.B. bei den Renten aus der gesetzlichen Angestelltenversicherung der Fall ist. Die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung von Pensionen einerseits und Angestelltenversicherungsrenten andererseits liegt darin begründet, dass nur die erstgenannten aus früheren Dienstleistungen resultieren, während den Versicherungsrenten unmittelbar nicht das frühere Dienstverhältnis, sondern das Versicherungsverhältnis zugrunde liegt. Die aus diesem Versicherungsverhältnis fließenden Renten sind daher nicht nachträgliches Entgelt für frühere Dienstleistungen, sondern die Gegenleistung der Versicherung an den Versicherungsnehmer für die von diesem oder für diesen geleisteten Prämien (s. Urteil FG Schleswig-Holstein vom 28.2.2014, 5 K 183/11, EFG 2014, 1191, rkr.). Das FG hat dabei auch die Verwaltungsregelung hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung bestätigt. Die für die erweiterte Honorarverteilung einbehaltenen Beträge sind beim Kassenarzt bzw. seinem Rechtsnachfolger erst in dem Zeitpunkt als zugeflossen anzusehen, in dem sie aufgrund einer Berufsunfähigkeit ausgeschüttet werden. Sie sind beim Kassenarzt oder dessen Hinterbliebenen bei Zahlung als nachträgliche Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig. Dabei ist es gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Zahlungen besteht oder nicht (s.a. OFD Frankfurt vom 10.10.2014, S 2245 A – 5 – St 210, LEXinform 5235262). Es handelt sich dabei nicht um die Besteuerung der Leistungen aus einem Versorgungswerk i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG.

3. Private wiederkehrende Bezüge

Wiederkehrende Bezüge sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die auf Grund eines einheitlichen Entschlusses oder eines einheitlichen Rechtsgrundes wiederholt mit einer gewissen Regelmäßigkeit erbracht werden. Sie brauchen jedoch nicht stets in derselben Höhe geleistet zu werden (Ausnahme: Renten; R 22.1 Abs. 1 EStR). Zu der Rentenversteuerung siehe → Renten.

Voraussetzung ist ein mehrfacher (mindestens zweifacher) Leistungsbezug. Maßgebend ist hierbei die ursprüngliche Planung. Wenn also eine mehrfache Leistungsgewährung geplant war, ist es für die Beurteilung als wiederkehrende Leistung nicht schädlich, wenn der Leistungsbezug aufgrund besonderer Umstände (z.B. Tod des Berechtigten) nach der ersten Leistungsgewährung endet.

4. Kaufpreisraten und Zeitrenten

Bei einer betrieblichen Veräußerungsrente (Veräußerung eines Teilbetriebs, gesamten Betriebs, MU-Anteils usw. gegen Leibrente) besteht für den Rentenberechtigten (= Veräußerer) ein Wahlrecht zwischen Sofortversteuerung und Zuflussversteuerung. Im ersten Fall bedeutet dies steuerlich neben der sofortigen Versteuerung des Veräußerungsgewinns die Versteuerung der laufend zufließenden Rentenzahlungen mit dem Ertragsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG.

4.1. Kaufpreisraten

Kaufpreisraten sind keine wiederkehrenden Bezüge i.S.d. § 22 EStG. Es handelt sich dabei um eine feste Gegenleistung für die Hingabe eines Vermögensgegenstandes (R 22.1 Abs. 1 Satz 1 EStR).

4.2. Entgeltliche Zeitrenten

4.2.1. Behandlung wie Kaufpreisraten

Entgeltliche Zeitrenten, als feste Gegenleistung für die Hingabe eines Vermögensgegenstandes, gelten im Privatbereich grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Laufzeit nicht als wiederkehrende Bezüge, sondern als Kaufpreisraten.

4.2.2. Behandlung beim Empfänger

Der Empfänger der Zeitrente bzw. der Kaufpreisrate besteuert als Veräußerer den Zinsanteil nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (Rz. 79 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227). I.H.d. Barwerts der Kapitalforderung liegt ein Veräußerungspreis vor, der nach den §§ 17, 23 EStG oder § 21 UmwStG steuerpflichtig sein kann.

4.2.3. Behandlung beim Verpflichteten

Die Anschaffungskosten bemessen sich nach dem Barwert der wiederkehrenden Leistungen, ggf. nach dem anteiligen Barwert, der nach §§ 12 ff. BewG (bei lebenslänglichen Leistungen nach § 14 Abs. 1 BewG) oder nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnet werden kann (vgl. R 6.2 Satz 1 EStR). Bei der Berechnung des Barwerts ungleichmäßig wiederkehrender Leistungen (dauernde Lasten) ist als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen, der – aus der Sicht des Anschaffungszeitpunkts – in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt wird (BFH vom 18.10.1994, BStBl II 1995, 169).

Der Zinsanteil ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Summe der jährlichen Zahlungen und der jährlichen Minderung des Barwertes der wiederkehrenden Leistungen. Die jährliche Barwertminderung ist nach § 13 Abs. 1 BewG zu bestimmen. Aus Vereinfachungsgründen kann der Zinsanteil auch nach der Tabelle des § 55 Abs. 2 EStDV ermittelt werden (Rz. 79 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227). Dient das erworbene WG einer Einkunftsart, ist der in den einzelnen Zahlungen enthaltene Zinsanteil als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu berücksichtigen (Rz. 79 i.V.m. Rz. 72 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227). I.H.d. Barwerts liegen Anschaffungskosten vor, die die Bemessungsgrundlage für die AfA bilden. Der Barwert ist nach den §§ 12 ff. des BewG zu ermitteln (Rz. 69 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227).

4.3. Unentgeltliche Zeitrenten

Es handelt sich dabei um wiederkehrende Bezüge i.S.d. § 22 Nr. 1 EStG (H 22.1 [Wiederkehrende Bezüge sind:] und H 22.4 [Zeitrente] EStH). Die Ermittlung des Ertrags erfolgt nach § 55 Abs. 2 EStDV.

4.4. Behandlung der entgeltlichen wiederkehrenden Leistungen im Überblick

Wiederkehrende Leistungen werden entgeltlich im Austausch mit einer Gegenleistung erbracht, wenn die Beteiligten Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen haben (→ Vorweggenommene Erbfolge).

Die wiederkehrenden Leistungen sind zu unterscheiden:

Wiederkehrende Leistungen

auf Lebenszeit (Renten oderDauernde Last)

auf bestimmte Zeit

Barwert

Zinsanteil

Barwert

Zinsanteil

Der Barwert ermittelt sich nach § 14 Abs. 1 BewG und der jeweiligen im BStBl I veröffentlichten Tabelle (→ Vorweggenommene Erbfolge).

Ermittlung nach der Tabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV.

Der Barwert ermittelt sich nach dem BMF-Schreiben vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810) nach der Tabelle 7 oder nach versicherungsmathematischen Grundsätzen.

Die Ermittlung des Zinsanteils bei dauernden Lasten erfolgt nach dem BMF-Schreiben vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810) nach der Tabelle 7. Bei abgekürzten Leibrenten ist der Zinsanteil der Unterschiedsbetrag zwischen der Summe der jährlichen Zahlungen und der jährlichen Minderung des Barwerts.

Beim Verpflichteten: Anschaffungskosten = Bemessungsgrundlage für die AfA.

Beim Verpflichteten: Nicht abzugsfähig.

Ausnahme: Das erworbene WG dient der Einkunftserzielung. Der Zinsanteil ist dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig.

Beim Verpflichteten: Anschaffungskosten = Bemessungsgrundlage für die AfA.

Beim Verpflichteten: Nicht abzugsfähig.

Ausnahme: Das erworbene WG dient der Einkunftserzielung. Der Zinsanteil ist dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig.

Beim Berechtigten: Veräußerungspreis.

Beim Berechtigten: Dauernde Lasten: Auf Laufzeit der wiederkehrenden Leistung als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG verteilen.

Leibrenten: Der Ertragsanteil ist nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu versteuern.

Beim Berechtigten: Veräußerungspreis.

Beim Berechtigten: Dauernde Lasten, Kaufpreisraten und entgeltliche Zeitrenten: Auf die Laufzeit der wiederkehrenden Leistung als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG verteilen.

Abb.: Entgeltliche Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen

5. Freiwillige Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG

5.1. Allgemeiner Überblick

§ 22 Nr. 1 Satz 2 EStG steht in engem sachlichen Zusammenhang zu § 12 Nr. 2 EStG (R 22.1 Abs. 2 EStR).

Nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG sind Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören, als sonstige Einkünfte steuerbar. Werden die Bezüge jedoch freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt, sind diese – außerhalb der für die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen geltenden Sonderregelung – beim Bezieher nicht als wiederkehrende Leistungen steuerbar und beim Zahlenden nicht als Sonderausgaben abziehbar (s.a. BFH Urteil vom 7.3.2006, X R 12/05, BFH/NV 2006, 1395).

Begnügt sich ein Ehegatte mit der Zuwendung von laufenden Zahlungen unter Verzicht auf Pflichtteils- oder ähnliche Ansprüche (Zugewinnausgleich), ist im Regelfall von einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG auszugehen, sofern das den Vermögensübernehmern/Erben überlassene Vermögen ausreichend ertragfähig ist und die Parteien ihren Verpflichtungen wie vereinbart oder durch Vermächtnis bestimmt nachkommen. Die Abziehbarkeit der Versorgungsleistungen korrespondiert lediglich materiell-rechtlich mit der Steuerbarkeit der privaten Versorgungsrente. Der Begünstigte ist deshalb zum Klageverfahren des Verpflichteten nicht notwendig beizuladen; vgl. BFH vom 25.2.2014, X R 34/11.

5.2. Abgrenzung der Versorgungsleistungen von den Unterhaltsleistungen

Versorgungsleistungen (§ 22 Nr. 1a i.V.m. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG), die im Rahmen von vorweggenommenen Erbfolgeregelungen vereinbart werden, sind von den nicht abzugsfähigen Unterhaltszahlungen i.S. von § 12 Nr. 2 EStG abzugrenzen.

Beispiel:

V überträgt im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sein vermietetes Grundstück im realen Wert von 200 000 € auf seinen Sohn S. S hat lebenslängliche Zahlungen im Kapitalwert (§ 14 BewG) von 800 000 € an seinen Vater zu erbringen.

Lösung:

Es handelt sich um nicht abziehbare Zuwendungen an eine unterhaltsberechtigte Person i.S. von § 12 Nr. 2 EStG, weil der Wert des übertragenen Vermögens nicht mindestens 50 % des Wertes der Leistungsverpflichtung beträgt (Rz. 66 des BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227).

Unterhaltsleistungen liegen demzufolge vor, wenn der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistung mehr als doppelt so hoch ist wie das übertragene Vermögen. Bei der Überprüfung dieser Grenze ist zu beachten, dass dem Wert der wiederkehrenden Zahlungen nur der Wert des unentgeltlich übertragenen Vermögens gegenübergestellt wird. Dies ist z.B. bei gleichzeitiger Vereinbarung von Ausgleichszahlungen und Schuldübernahme bedeutsam (→ Vorweggenommene Erbfolge).

6. Leistungseinkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG

Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 6) noch zu den Einkünften i.S.d. Nr. 1, 1a, 2 oder 4 gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände. Solche Einkünfte sind nicht einkommensteuerpflichtig, wenn sie weniger als 256 € im Kj. betragen haben. Als Leistung gilt jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann. er Anwendungsbereich des § 22 Nr. 3 EStG bezieht sich auf den Tätigkeitsbereich oder die Vermögensnutzung, verlangt also eine Form von Leistungsaustausch. Die steuerneutrale Vermögensumschichtung muss an dieser Stelle streng abgegrenzt werden. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten der Stpfl. veranlasst ist. Ausreichend ist, dass er eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun gewährte Gegenleistung als solche annimmt. Auf diese Weise ordnet er sein Verhalten der erwerbswirtschaftlich und damit auch steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu. Erhält der Innendienst-Mitarbeiter einer Lebensversicherungsgesellschaft von dieser für die einmalige Vermittlung eines Lebensversicherungsvertrags mit seinem Ehegatten eine Provision, zählt diese zu den Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG. § 22 Nr. 3 EStG ist hinreichend tatbestandlich bestimmt (Art. 20 Abs. 3 GG, Rechtsstaatsprinzip). Der Grundsatz der Normenklarheit ist nicht verletzt; der Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG ermöglicht es insbes. dem Stpfl., seine sachliche Steuerpflicht zu erkennen. Die Anwendung des § 22 Nr. 3 EStG führt nicht zu einer Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Steuerbelastung der Ehegatten. Denn die Gleichheit im Belastungserfolg wird – anders als z.B. bei der Besteuerung von privaten Spekulationsgeschäften in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 – nicht durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt; vgl. BFH vom 17.7.2007, IX R 1/06.

Ein dem Gewinner der Fernsehshow »Big Brother« ausgezahltes Preisgeld (»Projektgewinn«) ist als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu besteuern, wenn die Auskehrung des Preisgeldes nach Maßgabe und Durchführung des entgeltlichen (Teilnahme-)Vertrags als Gegenleistung für sein (aktives wie passives) Verhalten während seines Aufenthaltes im »Big-Brother-Haus« zu beurteilen ist; vgl. BFH vom 24.4.2012, IX R 6/10.

Leistungen aufgrund eines Fördervertrags mit der »Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen« sind unter bestimmten Umständen nicht steuerbar; vgl. BFH vom 11.12.2020, IX R 33/18.

7. Abgeordnetenbezüge

Entschädigungen, Amtszulagen, Zuschüsse zu Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen, Übergangsgelder, Überbrückungsgelder, Sterbegelder, Versorgungsabfindungen, Versorgungsbezüge, die auf Grund des Abgeordnetengesetzes oder des Europaabgeordnetengesetzes, sowie vergleichbare Bezüge, die auf Grund der entsprechenden Gesetze der Länder gezahlt werden, und die Entschädigungen, das Übergangsgeld, das Ruhegehalt und die Hinterbliebenenversorgung, die auf Grund des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments von der Europäischen Union gezahlt werden. Werden zur Abgeltung des durch das Mandat veranlassten Aufwandes Aufwandsentschädigungen gezahlt, so dürfen die durch das Mandat veranlassten Aufwendungen nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Wahlkampfkosten zur Erlangung eines Mandats im Bundestag, im Europäischen Parlament oder im Parlament eines Landes dürfen nicht als Werbungskosten abgezogen werden.

Auch erfolglose Bewerber um ein Mandat im EU-Parlament können ihre Wahlkampfkosten nicht als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften abziehen. Wahlkampfkosten zur Erlangung eines Mandats im EU-Parlament sind auch Aufwendungen für die Erlangung des Kandidatenstatus, die organisatorische Vorbereitung als Kandidat sowie die Aufwendungen zum Erhalt des Nachrückerstatus; vgl. BFH vom 10.12.2019, IX R 32/17. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich darauf, dass ihr kein gesetzlicher Anspruch auf steuerfreie Wahlkostenerstattung zustehe. Das Abzugsverbot in § 22 Nr. 4 Satz 3 EStG beruht auch auf dem Regelungsgedanken, dass nach § 18 des Parteiengesetzes den politischen Parteien die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes bei Erreichen bestimmter Stimmenanteile pauschal ersetzt werden.

8. Literaturhinweise

Wagner, Besteuerung von Stillhalterprämien – Ist die Zuordnung der Stillhalterprämien zu den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG rechtens?, NWB Fach 3, 14041.

9. Verwandte Lexikonartikel

Abgeordnetenbezüge

Begrenztes Realsplitting

Bestechungs- und Schmiergelder

Besteuerung von Versorgungsleistungen

Betreuungsleistungen

Einkommensteuer

Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG

Entfernungspauschale

Freigrenzen, Freibeträge, Pausch- und Höchstbeträge, ABC-Form

Liebhaberei

Lohnsteuerermäßigungsverfahren

Nießbrauch

Renten

Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge

Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen

Verlustabzug nach § 10d EStG

Vermögensverwaltung

Vorweggenommene Erbfolge

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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