1 Allgemeine Grundsätze
2 Finanzverwaltung
2.1 Überlassung an Endverbraucher
2.2 Überlassung an andere Unternehmer
3 Rechtsprechung
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel
Im Rahmen der Überlassung von Sportanlagen stellt sich umsatzsteuerrechtlich die Frage, ob eine einheitliche → Leistung anzunehmen ist oder ob von mehreren selbstständigen Leistungen auszugehen ist. Dabei sind die durch die Rechtsprechung des EuGH und BFH entwickelten Grundsätze zu berücksichtigen, nach denen zum einen jede Dienstleistung in der Regel eine eigene, selbstständige Leistung ist, zum anderen aber eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden darf. Es ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer gegenüber dem Leistungsempfänger mehrere selbstständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen.
Die Finanzverwaltung nimmt in Abschn. 4.12.11. UStAE zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen ausführlich Stellung.
Es ist zu unterscheiden, an wen die Überlassung der Sportanlage erfolgt.
Die Überlassung von Sportanlagen durch den Sportanlagenbetreiber an Endverbraucher ist eine einheitliche stpfl. Leistung und nicht nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerbefreit.
Dies gilt auch für die Überlassung anderer Anlagen an Endverbraucher (Abschn. 4.12.11. Abs. 1 UStAE).
Überlässt ein Unternehmer eine gesamte Sportanlage einem anderen Unternehmer als Betreiber zur Überlassung an Dritte (sog. Zwischenvermietung), ist die Nutzungsüberlassung an diesen Betreiber in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen (Abschn. 4.12.11. Abs. 2 Satz 1 UStAE).
BFH vom 21.5.2004
Mit Urteil vom 21.5.2004 (V B 30/04, BFH/NV 2004, 1553) hat der BFH entschieden, dass Umsätze aus der Nutzung einer Bowlingbahn grundsätzlich steuerpflichtig sind. Dem Benutzer einer Sportanlage (als »Durchschnittsverbraucher«) kommt es in erster Linie darauf an, die beabsichtigte sportliche Betätigung mithilfe der dafür erforderlichen Vorrichtungen ausüben zu können. Der von ihm in Anspruch genommene Leistungsgegenstand ist ein anderer, als er vom Zweck der Umsatzsteuerbefreiung gem. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG umfasst wird, auch wenn regelmäßig das Grundstück/Gebäude wesentliche Voraussetzung für die darauf errichtete Sportanlage ist.
BFH vom 26.4.2018
Mit Urteil vom 26.4.2018 (V R 23/16, BFH/NV 2018, 1205 Nr. 11) entschied der BFH über die Vorsteueraufteilung bei einer Schulsportanlage.
Leitsatz
Bei einer zeitlich abwechselnden Nutzung desselben Gebäudes zu steuerfreien oder stpfl. Zwecken führt die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG (aktuell: § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG) als der (unternehmensbezogene oder objektbezogene) Umsatzschlüssel.
Sachverhalt
Die Klägerin war eine Privatschule, an die eine Sporthalle sowie ein Sportplatz angebaut wurden. Diese wurden teilweise für steuerfreie eigenschulische Zwecke und teilweise für stpfl. Vermietungszwecke an Vereine genutzt. Die Klägerin ging aufgrund einer Jahresbetrachtung von einer stpfl. Verwendung von 78,2 % aus. Diesen Anteil berechnete sie, indem sie einen täglichen Zeitraum von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr in eine vorsteuerschädliche Nutzung durch die Schule von 8.00 Uhr bis 15.00 Uhr in den Schulzeiten und die gesamte verbleibende Zeit für die Vermietung aufteilte. Das FA ging hingegen von einer außerschulischen Auslastung von 70 % abzüglich der Zeiten für schulische Sonderveranstaltungen aus, woraus sich insgesamt ein abziehbarer Vorsteueranteil von 55 % in allen Streitjahren ergab. Es sei nicht die abstrakt mögliche, sondern die realistisch zu erwartende Vermietungszeit zugrunde zu legen.
Das FG Berlin-Brandenburg wies die dagegen erhobene Klage ab. Die von der Klägerin vorgenommene Aufteilung sei nicht sachgerecht, soweit sie die gesamten Leerstandszeiten der beabsichtigten stpfl. Nutzung zuordne, denn eine Vollauslastung außerhalb der Schulzeiten könne nicht erwartet werden.
Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück.
Entscheidungsgründe
Bei einer zeitlich abwechselnden Nutzung desselben Gebäudes zu steuerfreien oder stpfl. Zwecken führt die Aufteilung der Vorsteuern nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung. In den unterschiedlichen Nutzungszeiten drückt sich die Zuordnung des Gebäudes zu den mit ihm ausgeführten Umsätzen aus, ist damit verwendungsbezogen und führt zu sachgerechteren Ergebnissen als der (unternehmensbezogene oder objektbezogene) Umsatzschlüssel.
Neue Entwicklung in der Rechtsprechung
Nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ist die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken steuerfrei. Unionsrechtlich beruht dies auf dem insoweit gleichlautenden Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL. Von dieser Steuerfreiheit schließt § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG insbes. die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art aus, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Unionsrechtlich ergibt sich dies aus Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL, der die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen von der Steuerfreiheit ausschließt. Zudem ordnet Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL an, dass die Mitgliedstaaten Ausnahmen von der Befreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL vorsehen können.
Der BFH ist in seiner bisherigen Rspr. davon ausgegangen, dass sich in Bezug auf Betriebsvorrichtungen aus § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ein Aufteilungsgebot ergibt. Danach ist die Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen nicht von der Umsatzsteuer befreit, selbst wenn diese wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Das Aufteilungsgebot lasse auch keine Einbeziehung der Überlassung von Betriebsvorrichtungen in die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung unter dem Gesichtspunkt der unselbstständigen Nebenleistung zu (BFH vom 28.5.1998, V R 19/96, BStBl II 2010, 307). Dem folgte auch die Finanzverwaltung (Abschn. 4.12.10. Satz 1 UStAE).
Demgegenüber ist nach dem in diesem Rechtsstreit ergangenen EuGH-Urteil »Finanzamt X« Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden, wenn diese eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l dieser Richtlinie steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden (EuGH vom 4.5.2023, C 516/21 »Finanzamt X«).
BFH vom 17.8.2023
Mit dem Aufteilungsgebot bei Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen befasst sich der BFH im Beschluss vom 17.8.2023 (V R 7/23).
Leitsatz:
§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ist nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden, wenn es sich hierbei um eine Nebenleistung zur Verpachtung eines Gebäudes als Hauptleistung handelt, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen Vertrags nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist, sodass eine einheitliche Leistung vorliegt (Folgeentscheidung zum EuGH-Urteil »Finanzamt« X vom 4.5.2023, C-516/21, EU:C:2023:372 und Aufgabe des Senatsurteils vom 28.5.1998, V R 19/96, BStBl II 2010, 307).
BFH vom 18.10.2023
In diesem Zusammenhang ist auch der BFH-Beschluss von 18.10.2023 (XI B 41/23, AdV, n.v.) heranzuziehen, in dem der BFH sich mit der Thematik »Einheitlichkeit der Leistung – keine (steuerfreie) Nebenleistung ohne (steuerfreie) Hauptleistung« auseinandersetzt.
Huschens, Umsatzsteuerpflicht bei Überlassung von Sportanlagen, INF 2001, 673; Völkel u.a., ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt).
→ Leistung
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