1 Anrechnung nach nationalem und nach bilateralem Recht
1.1 Die Anrechnung nach nationalem Recht (§ 34c EStG)
1.1.1 Allgemeines
1.1.2 Ausländische Steuer, die der inländischen Einkommensteuer entspricht
1.1.3 Festgesetzte Steuer
1.1.4 Gezahlte Steuer
1.1.5 Fehlender Ermäßigungsanspruch im Herkunftsstaat
1.1.6 Anrechnungshöchstbetrag
1.1.7 Nachträgliche Änderung
1.1.8 Nachweispflicht
1.1.8.1 Festgesetzte ausländische Steuer
1.1.8.2 Ausländische Abzugsteuer
1.1.9 Antrag auf Abzug ausländischer Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte (§ 34c Abs. 2 EStG)
1.2 Die Anrechnung nach nationalem Recht bei Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 32d Abs. 5 EStG)
1.3 Anrechnung nach dem Recht der DBA
1.3.1 Allgemeines
1.3.2 Anwendung der DBA auf die Steuern vom Einkommen
1.3.3 Festgesetzte, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende Steuer
1.3.4 Nachweispflicht
2 Erweiterter Anwendungsbereich/Konkurrenzen und Folgefragen bei der Anrechnung
2.1 Entsprechende Anwendung des § 34c EStG bei beschränkt Steuerpflichtigen nach § 50 Abs. 3 EStG (Drittlandsregelung)
2.2 Die Steuerpauschalierung gem. § 34c Abs. 5 EStG
3 Anrechnung ausländischer Steuer bei Körperschaften (§ 26 Abs. 1 KStG)
3.1 Allgemeines
3.2 Ausländische Steuer, die der inländischen (Körperschaft-)Steuer entspricht
3.3 Steuererhebung in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen
4 Abzug ausländischer Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte (§ 34c Abs. 3 EStG)
5 Anrechnung ausländischer Steuern nach § 4 Abs. 2 bis 4 InvStG a.F.
6 Keine Anrechnung ausländischer Steuer auf die Gewerbesteuer
7 Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer
8 Literaturhinweise
9 Verwandte Lexikonartikel
Der Wohnsitzstaat, der zunächst grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeiten erfasst (»Welteinkommensprinzip« gem. § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG), gewährt in einem zweiten Schritt Erleichterungen, die zur Vermeidung oder Milderung der Doppelbesteuerung führen. Zentrale Norm dieser unilateralen Maßnahmen, die eine Doppelbesteuerung grenzüberschreitender Sachverhalte vermeiden sollen, ist § 34c EStG. Die Vorschrift ist gem. § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG auf natürliche Personen grundsätzlich nur anwendbar, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht. Nach § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG ist die Anrechnungsmethode jedoch dann bei DBA-Staaten anwendbar, wenn das DBA dessen Anwendung vorsieht (s. 1.3), vgl. Art. 23A Abs. 2 und Art. 23B OECD-Musterabkommen (OECD-MA). Für inländische Kapitalgesellschaften ergibt sich die Anrechnung ausländischer Steuer aus §§ 8 Abs. 1 und 26 KStG (s. 3). Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens werden grundsätzlich alle (auch ausländischen) positiven und negativen Einkünfte nach den allgemeinen Grundsätzen erfasst. Verlustausgleichsbeschränkungen sind dabei zu beachten, vgl. insbes. § 2a EStG. Unter den Voraussetzungen des § 34c Abs. 1 EStG kann eine im Ausland gezahlte Steuer auf die deutsche tarifliche Einkommensteuer angerechnet werden. Es handelt sich bei § 34c Abs. 1 EStG mithin um eine Steuerermäßigungsvorschrift (s. auch § 2 Abs. 6 Satz 1 EStG: »Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die anzurechnenden ausländischen Steuern […] ist die festzusetzende Einkommensteuer«). Die Anrechnung ausländischer Steuern hat zur Folge, dass das Steuerniveau für ausländische Einkünfte mindestens auf das inländische Niveau angehoben wird. Sind die inländischen Steuern höher als die ausländischen Steuern, werden die ausländischen Einkünfte im Ergebnis mit dem inländischen Niveau belastet. Ist das inländische Steuerniveau niedriger, werden die ausländischen Einkünfte durch die Anrechnung der ausländischen Steuern im Inland zwar im Ergebnis steuerfrei gestellt. Da jedoch darüber hinaus keine Erstattung der ausländischen Steuern erfolgt, bleiben die Einkünfte mit den höheren ausländischen Steuern belastet (zum »Anrechnungshöchstbetrag« s. 1.1.6). Bei fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtigen i.S.d. § 1 Abs. 3 EStG (i.V.m. § 1a EStG) bedarf es im Verhältnis zum Wohnsitzstaat keiner Vermeidung der Doppelbesteuerung, da nur die inländischen Einkünfte der Besteuerung unterliegen. Eine Anrechnung ausländischer Steuern gem. § 34c EStG kommt mithin bei fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht in Betracht.
Gem. § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
Fehlen eines DBA oder DBA, das die Anrechnung im Ansässigkeitsstaat vorsieht (§ 34c Abs. 6 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG);
Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG (oder gem. § 50 Abs. 3 EStG beschränkte Stpfl., s. 2.1). Es ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist (z.B. Doppelansässigkeit);
Steuersubjektidentität: Nach den Steuersystemen beider Staaten soll dieselbe Person besteuert werden (insbes. Bedeutung bei Beteiligung an ausländischen Gesellschaften);
Ausländische Einkünfte i.S.v. § 34d EStG (→ Ausländische Einkünfte). Die Ermittlung und Qualifizierung der ausländischen Einkünfte erfolgt nach deutschem Recht (R 34c Abs. 3 Satz 3 EStR). Dies gilt für die Bestimmung der Einkunftsart, die Auslegung der Tatbestandsmerkmale und die Höhe der Einkünfte;
Die ausländischen Einkünfte sind im Quellenstaat einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer (vgl. Anlage 6 zu R 34c EStR) unterworfen worden;
Es liegen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, auf die § 32d Abs. 1 und 3 bis 6 EStG anzuwenden ist (s. hierzu 1.2);
Die ausländische Steuer muss festgesetzt und gezahlt sein;
Sie darf weiter keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegen.
Die ausländische Steuer muss der inländischen in ihren wesentlichen Grundzügen gleichartig sein. Wesentlich ist, dass sie auf das Einkommen erhoben wird. Das erfordert die Abgrenzung zur Umsatzsteuer oder zu Verkehrsteuern. Es ist zu prüfen, ob größere Ähnlichkeit zur deutschen Einkommensteuer oder zu einer anderen deutschen Steuer (z.B. Umsatzsteuer) besteht. Weiterhin muss sich ihr Tarif am Prinzip der Leistungsfähigkeit orientieren. Unerheblich ist die Möglichkeit des Abzugs von Betriebsausgaben im Ausland. Grundsätzlich kann auch eine Steuer auf den Bruttoertrag oder eine sog. Sollertrag-Steuer eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende Steuer sein. Es ist allerdings in solchen Fällen besonders sorgfältig zu prüfen, ob nicht eine größere Ähnlichkeit zur deutschen Umsatzsteuer bzw. zu Verkehrssteuern gegeben ist. Entscheidend ist die Identität des Besteuerungsgegenstandes (BFH Urteil vom 27.3.1996, I R 49/95, BStBl II 1997, 91).
Keine der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuern liegen vor bei:
ausländischen Verkehrs- und Verbrauchssteuern,
Zöllen,
Export- und Importabgaben,
Konzessionsgebühren,
Sozialversicherungsbeiträgen,
Säumniszuschlägen, Steuerzinsen, Steuerstrafen, auch soweit sie mit einer der deutschen Körperschaftsteuer entsprechenden ausländischen Steuer zusammenhängen.
Der Abzug solcher Steuern kann ggf. nach § 34c Abs. 3 EStG (vgl. 4) in Betracht kommen bzw. als Betriebsausgaben, soweit das Abzugsverbot des § 10 Nr. 2 KStG nicht greift (→ Abzugsverfahren bei ausländischer Steuer). § 34c Abs. 3 EStG ist in Bezug zu § 12 Nr. 3 EStG die speziellere Norm und durchbricht das Abzugsverbot aus § 12 EStG.
Auf die Bezeichnung der Steuer kommt es ebenfalls nicht an, sondern auf ihren Steuergegenstand, der an das Einkommen anknüpfen muss.
Eine nähere Prüfung kann unterbleiben, wenn die ausländische Steuer in der Anlage 6 zu R 34c EStR aufgeführt ist. Hier kann unterstellt werden, dass die ausländische Steuer der deutschen Steuer entspricht. In Zweifelsfällen entscheidet das BMF (H 34c Abs. 1, 2 EStH). Weder das Verzeichnis noch eine Entscheidung des BMF sind für die Gerichte generell bindend (s. BFH Urteil vom 5.2.1992, I R 9/90, BStBl II 1992, 607). Aufgrund der Schwierigkeiten der Abgrenzung im Einzelfall ist das Verzeichnis als typisierende Richtlinie der Verwaltung allerdings insoweit bindend und damit von den Gerichten zu beachten, als die Wertung einer Plausibilitätsprüfung standhält (s. BFH Urteil vom 31.10.1990, I R 3/86, BStBl II 1991, 610), denn es geht letztlich um die Würdigung von Tatsachen, den Vergleich in- und ausländischer Rechtstatsachen. Dem Verzeichnis kommt jedenfalls keine negative Feststellungswirkung zu; nicht aufgeführte Steuern können dennoch der deutschen ESt bzw. KSt entsprechen. Wenn die ausländische Steuer nicht der deutschen Steuer entspricht, kommt ein Abzug der ausländischen Steuer gem. § 34c Abs. 3 1. Alt. EStG (ggf. i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG) in Betracht.
Die ausländische Steuer ist von Abgaben bzw. Gebühren abzugrenzen. Demgemäß muss sie auf abstrakt genereller gesetzlicher Regelung beruhen und sie darf nicht für eine Gegenleistung erfolgt sein (§ 3 AO). Sie muss von einer ausländischen Gebietskörperschaft erhoben worden sein, das kann auch eine Gemeinde sein. Der Stpfl. muss zu dieser Steuer herangezogen werden, d.h. er muss der Steuerschuldner sein und er muss die Steuer gezahlt haben (»Steuersubjektidentität«).
Dazu gehören neben veranlagten Steuern, Abzug- oder Anmeldungssteuern (s. H 34c Abs. 1, 2 [Festsetzung ausländischer Steuern] EStH). Die Art der Festsetzung bzw. Erhebung (Veranlagungs-, Abzugs- (Quellen-) oder Anmeldesteuer) ist nicht relevant (BFH Urteile vom 5.2.1992, I R 9/90, BStBl II 1992, 607; vom 27.3.1996, I R 49/95, BStBl II 1997, 91), wenn die ausländische Steuer für Rechnung desjenigen erhoben wird und von dem getragen wird, der sie geltend macht. Angerechnet werden kann damit auch die vom ArbG abgezogene Steuer, die dieser bei der zuständigen Finanzbehörde anmeldet und an diese abführt. Die Steueranmeldung tritt an die Stelle der Steuerfestsetzung. Hierzu ist der Nachweis nach § 68b EStDV zu führen.
Die Steuer muss vom Schuldner der ausländischen Steuer oder für dessen Rechnung gezahlt worden sein. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein ausländischer Vertragspartner die Zahlung der ausländischen Steuer übernimmt. Die Anrechnung fiktiver Steuern, die in DBA teilweise vorgesehen ist (vgl. 1.3.2), scheidet damit aus.
Nur wenn die Belastung mit ausländischer Steuer endgültig ist, besteht für den deutschen Fiskus Anlass zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, zu der er auch unter Fürsorgegesichtspunkten verpflichtet ist. Wenn nach einem DBA die Anrechnungsmöglichkeit besteht, ist nur die ausländische Steuer anrechenbar, die dem Quellenstaat abkommensgemäß zusteht. Die überschießende, nach nationalem ausländischem Recht erhobene Quellensteuer muss sich der Stpfl. erstatten lassen (zum deutschen Recht s. § 50d Abs. 1 und 2 EStG). Versäumt er dies, kann die Steuer nicht vollständig angerechnet werden (s. dazu H 34c Abs. 5 [Anrechnung] EStH).
Der Ermäßigungsanspruch muss sich gegen den ausländischen Steuergläubiger richten. Erstattungen gegen oder Ansprüche von Dritten, z.B. bei ausländischer Abzugsteuer, genügen nicht. Solche Zahlungen führen beim Stpfl. zu Betriebseinnahmen (BFH Urteil vom 25.4.1990, I R 70/88, BStBl II 1990, 1086).
Unterliegt eine ausländische Steuer nur zum Teil einem Ermäßigungsanspruch, ist die Anrechnung für diesen Teil zu versagen, z.B. bei einer noch ausstehenden Anrechnung von KSt im Ausland. Da der Stpfl. nicht die Wahl haben kann, ob er den ausländischen Fiskus wegen der Ermäßigung in Anspruch nimmt oder stattdessen die Doppelbesteuerung im Inland durch Anrechnung der ausländischen Steuer vermeidet, genügt es, dass der Stpfl. den nach dem ausländischen Steuerrecht bestehenden Ermäßigungsanspruch entstehen lassen kann (BFH Urteil vom 15.3.1995, I R 98/94, BStBl II 1995, 580 unter 2. [DBA-Fall]; dazu auch H 34c Abs. 5 EStH). Daraus dürfte auch folgen, dass er ggf. gegen eine zu Unrecht festgesetzte Steuer vorgehen muss, indem er bei der ausländischen Steuerbehörde einen Erstattungsantrag stellt (BFH Urteil vom 19.3.1996, VIII R 15/94, BFH/NV 1996, 672). Ob der Stpfl. den Antrag unverschuldet nicht gestellt hat, ist ohne Belang. Das Unterlassen des Antrags geht auf jeden Fall zu seinen Lasten (BFH Urteil vom 15.3.1995, I R 98/94, BStBl II 1995, 580). Ob es zumutbar ist, bei ablehnender Entscheidung das zuständige Gericht anzurufen, dürfte vom Einzelfall abhängig sein. Kein Ermäßigungsanspruch liegt jedenfalls dann vor, wenn der Steueranspruch durch eine letztinstanzliche, rechtskräftige Entscheidung zu Lasten des Stpfl. festgestellt wird.
Die ausländische Steuer kann gem. § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG nur auf die Einkommensteuer angerechnet werden, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt (»Anrechnungshöchstbetrag«). Die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages ist in § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG geregelt. Erforderlich ist eine länderweise getrennte Berechnung der Höchstbeträge (sog. Per-country-limitation, § 68a Satz 2 EStDV). Haben zusammenveranlagte Ehegatten ausländische Einkünfte aus demselben Staat bezogen, sind für die nach § 68a EStDV für jeden einzelnen ausländischen Staat gesondert durchzuführende Höchstbetragsberechnung der anrechenbaren ausländischen Steuern die Einkünfte und anrechenbare Steuern der Ehegatten aus diesem Staat zusammenzurechnen R 34c Abs. 3 EStR.
Seit dem VZ 2015 ist gem. § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG der Durchschnittssteuersatz auf die ausländischen Einkünfte anzuwenden. Daraus ergibt sich für die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags folgende Formel:
Ausländische Einkünfte × tarifliche ESt : zu versteuerndes Einkommen.
Beispiel 1:
Ein lediger Stpfl. hat im Jahr 2022 ein zu versteuerndes Einkommen i.H.v. 90 000 €. Darin enthalten sind ausländische Einkünfte aus Peru (§ 21 EStG 30 000 €, ausländische Steuer 12 000 €) sowie ausländische Einkünfte aus Brasilien (§ 18 EStG 5 000 €, ausländische Steuer 1 500 €). Die allgemeinen Voraussetzungen des § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG liegen vor.
Lösung 1:
Zu versteuerndes Einkommen, § 2 Abs. 5 EStG |
= 90 000 € |
Tarifliche ESt (VZ 2022, § 32a Abs. 5 EStG) |
28 463 € |
Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages |
|
gem. § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 68a S. 2 EStDV für jeden Staat getrennt: |
|
1. Peru (tatsächliche Steuer 12 000 €) |
|
Höchstbetrag = 30 000 € × 28 463 : 90 000 = 9 488 € |
./. 9 488 € |
2. Brasilien (tatsächliche Steuer 1 500 €) |
|
Höchstbetrag = 5 000 € × 28 463 : 90 000 = 1 582 €, daher Anrechnung der tatsächlichen ausländischen Steuer |
./. 1 500 € |
Festzusetzende ESt § 2 Abs. 6 Satz 1 EStG |
17 475 € |
Beispiel 2:
Ein verheirateter Stpfl. mit Wohnsitz im Inland, hat im Jahr 2022 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i.H.v. 100 000 € erzielt, darin sind ausländische Einkünfte i.S.d. § 34d Nr. 3 EStG i.H.v. 6 500 € enthalten. Im Ausland musste für diese Einkünfte eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende Steuer i.H.v. 2 500 € gezahlt werden. Außerdem hat er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 5 300 € erzielt. Die abzugsfähigen Sonderausgaben betragen 6 300 €.
Lösung 2:
Summe der Einkünfte |
105 300 € |
./. Sonderausgaben |
./. 6 300 € |
Zu versteuerndes Einkommen, § 2 Abs. 5 EStG |
= 99 000 € |
Tarifliche ESt (VZ 2022, § 32a Abs. 5 EStG) |
23 248 € |
Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages |
|
gem. § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG: 6 500 € × 23 284 € : 99 000 € = |
1 529 € |
Festzusetzende ESt: 23 894 € ./. 1 529 € = |
21 719 € |
Von 2 500 € ausländischer Steuer werden 1 529 € angerechnet; der Rest (sog. »Anrechnungsüberhang«) i.H.v. 971 € bleibt unberücksichtigt. Ein Abzug dieses Überhangs gem. § 34c Abs. 2 oder Abs. 3 EStG ist nicht möglich.
Beispiel 3:
Der im Inland wohnhafte ledige Einzelunternehmer U hält Aktien einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Staat A (kein DBA, Streubesitz) im Betriebsvermögen. Er erhält in 2022 Dividenden i.H.v. 1 000 € (brutto), dem stehen Betriebsausgaben i.H.v. 100 € gegenüber. 250 € (25 %) Quellensteuer werden im Staat A einbehalten. Diese Steuer entspricht der deutschen Einkommensteuer. Die übrigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen 25 000 €. Die abzugsfähigen Sonderausgaben betragen 5 000 €.
Lösung 3:
Die Dividendenbezüge (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) gehören gem. § 20 Abs. 8 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Sie sind gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG in Verbindung mit § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG i.H.v. 40 % steuerfrei. Hiermit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben dürfen gem. § 3c Abs. 2 EStG nur zu 60 % abgezogen werden.
Steuerpflichtige Einkünfte aus dem Staat A = 600 € ./. 60 € = 540 € (60 % von 900 €).
Die ausländische Steuer ist gem. § 34c Abs. 1 EStG anzurechnen, da es sich bei den Dividendenbezügen um ausländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 34d Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 34d Nr. 6 EStG handelt. Der Schuldner, d.h. die Kapitalgesellschaft, hat ihren Sitz in einem ausländischen Staat.
Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG/Summe der Einkünfte = 25 000 + 540 = 25 540 €
Zu versteuerndes Einkommen, § 2 Abs. 5 EStG = 25 540 € ./. 5 000 € = 20 540 €
Tarifliche ESt gem. § 32a Abs. 1 EStG (VZ 2022) = 2 280 €
Anrechenbare ausländische Steuer (§ 34c Abs. 1 Satz 2 EStG):
540 € × 2 280 € : 20 540 € = 60 € (von 250 € ausländischer Steuer)
Festzusetzende ESt, § 2 Abs. 6 Satz 1 EStG = 2 280 € ./. 60 € = 2 220 €.
Gehören ausländische Einkünfte der in § 34d Nr. 3, 4, 6, 7 und 8 Buchst. c EStG genannten Art zum Gewinn eines inländischen Betriebes, sind bei ihrer Ermittlung Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG. Betroffen sind beispielsweise Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, Veräußerung von Anlagevermögen, Einkünfte aus Rechteüberlassungen, aus Kapitalvermögen, die zu einem Gewerbebetrieb zählen. § 34d Nr. 2 Buchst. a 2. HS EStG bildet das Subsidiaritätsprinzip ab. § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG enthält lt. BFH mit der Bezugnahme auf die »diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen« einen spezifischen Veranlassungsbezug, der den Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen in sachlicher und zeitlicher Hinsicht begrenzt. (BFH vom 17.8.2022, I R 14/19, LEXinform 0952393). § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG stellt auf »Einnahmen« ab, daher wird der Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen im Rahmen der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags auch in zeitlicher Hinsicht begrenzt. Dieser Regelung liegt eine streng veranlagungszeitraumbezogene Betrachtungsweise zugrunde, die nur danach fragt, ob Einnahmen eines konkreten Veranlagungszeitraums in derselben Zeitspanne konkrete Betriebsausgaben oder Betriebsvermögensmehrungen gegenüberstehen. Für die Höchstbetragsberechnung ist daher keine jahresübergreifende Betrachtung vorzunehmen.
Der BFH hat in einer Entscheidung vom 15.3.2023 erneut die sachliche und zeitliche Begrenzung bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages bestätigt. Höchstbetrag für die Anrechnung einer ausländischen Steuer auf die inländische Steuer ist die festgesetzte und gezahlte ausländische Steuer; dabei gilt eine zeitliche und sachliche Begrenzung, so dass nur die Steuer anrechenbar ist, die auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen und in die inländische Veranlagung als »ausländische Einkünfte« i.S.d. § 34d EStG einbezogenen Einkünfte entfällt (»Verhältnisrechnung«), so der Leitsatz des BFH (BFH vom 15.3.2023, I R 8/20, LEXinform 0952886). Der BFH führt hierzu weiter aus, dass eine Verhältnisrechnung auch dann vorzunehmen sei, wenn im Ausland zwar eine Schedulenbesteuerung für bestimmte Einkünfte vorgesehen ist, aber in der konkreten Veranlagung der Steuersatz der Schedule letztlich einheitlich auf das Gesamteinkommen (»Taxable Income«) angewendet wird.
Ist die ausländische Steuer ganz oder teilweise nicht anrechenbar, ist ein Anrechnungsüberhang weder weiter steuerlich nutzbar noch sachlich unbillig (BFH Urteil vom 26.10.1972, I R 125/70, BStBl II 1973, 271). In Fällen, in denen die ausländische Steuer nicht in voller Höhe angerechnet werden kann, kann ein Antrag auf Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 34c Abs. 2 EStG für den Stpfl. günstiger sein (s. 1.1.9).
Bestimmte negative ausländische Einkünfte aus Drittstaaten können gem. § 2a EStG nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat ausgeglichen werden. Der Höchstbetragsberechnung nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG sind die ausländischen Einkünfte zugrunde zu legen, die bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens berücksichtigt werden, d.h. nach Anwendung des § 2a EStG. In die anzurechnenden ausländischen Steuern sind auch die ausländischen Steuern einzubeziehen, die auf die Einkünfte i.S.d. § 2a Abs. 1 EStG entrichtet worden sind. In Fällen, in denen aufgrund des § 2a Abs. 1 EStG Einkünfte aus einem Staat insgesamt bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht zu berücksichtigen sind, werden somit die auf die ausländischen Einkünfte ggf. erhobenen ausländischen Steuern im Rahmen des Höchstbetrags nach § 34c Abs. 1 EStG angerechnet oder auf Antrag des Stpfl. bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen (R 34c Abs. 2 Satz 1 und 2 EStR). Durch den Abzug nach § 34c Abs. 2 EStG erhöhen sich die nicht ausgleichsfähigen negativen ausländischen Einkünfte. Gehören ausländische Einkünfte der in § 34d Nr. 3, 4, 6, 7 und 8 Buchst. c EStG genannten Art zum Gewinn eines inländischen Betriebes, sind gem. § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG bei ihrer Ermittlung Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. In die Bemessung des Anrechnungshöchstbetrags nach § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG können auch Wertveränderungen des Vermögensstamms eingehen (BFH Urteil vom 18.4.2018, I R 37/16, BFH/NV 2018, 873, LEXinform 0951023).
Wird eine ausländische Steuer, die auf im VZ bezogene Einkünfte entfällt, nach bestandskräftiger Festsetzung der deutschen Einkommensteuer/Körperschaftsteuer erstmals festgesetzt oder die Steuer nachträglich erhöht oder erstattet, ist die deutsche Steuerfestsetzung wegen des Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern. Gem. § 153 Abs. 2 AO besteht für den Stpfl. eine dementsprechende Anzeigepflicht.
Nach § 68b EStDV hat der Stpfl. durch Vorlage von Urkunden (Steuerbescheid, Zahlungsquittung) nachzuweisen:
die Höhe der ausländischen Einkünfte,
die Festsetzung der ausländischen Steuern und
die Zahlung der ausländischen Steuern.
Danach trifft den Stpfl. eine Beweismittelbeschaffungspflicht, die sich auch schon aus der erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten nach § 90 Abs. 2 AO ergibt. Gem. § 34c Abs. 1 Satz 3 HS 2 EStG sind ausländische Einkünfte nur dann im Rahmen der Höchstbetragsberechnung gem. § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG anzusetzen, wenn sie im Ausland der Besteuerung unterliegen. Hierbei kommt es jedoch nicht auf die tatsächliche Besteuerung an, sondern auf die Möglichkeit der Besteuerung aufgrund der ausländischen Rechtsvorschriften. Ggf. muss der Stpfl. den Nachweis der im Ausland bestehenden Steuerpflicht durch Vorlage einer Übersetzung der einschlägigen ausländischen Vorschriften führen.
Bei ausländischer Abzugsteuer kann ein Nachweis einer Steuerfestsetzung naturgemäß nicht geführt werden. Eine hinreichend klare Bescheinigung des Anmeldenden (z.B. einer Bank bei ausländischer Kapitalertragsteuer) über die für Rechnung eines anderen (des Zins- oder Dividendengläubigers) abgeführte ausländische Abzugsteuer kann ein hinreichender Nachweis sein (BFH Urteil vom 15.2.1992, I R 9/90, BStBl II 1992, 607). In Zweifelsfällen muss der Stpfl. darlegen, wie die Steuer im ausländischen Staat erhoben wurde (BFH Beschluss vom 26.8.1993, I B 87/93, BFH/NV 1994, 175). Außerdem muss die Zahlung durch Erklärung des Abführenden nachgewiesen werden. Das Finanzamt kann weiter eine bestätigende Erklärung der ausländischen Finanzbehörde verlangen, aus der sich die behauptete Abführung der Steuer ergibt.
Alternativ zur Anrechnung gem. § 34c Abs. 1 EStG ist die ausländische Steuer auf Antrag des Stpfl. gem. § 34c Abs. 2 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen (→ Abzugsverfahren bei ausländischer Steuer). Die ausländische Steuer wird wie Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten behandelt und mindert die Bemessungsgrundlage (= zu versteuerndes Einkommen).
Das entsprechende Wahlrecht kann für Einkünfte aus demselben Staat nur einheitlich ausgeübt werden (R 34c Abs. 4 Satz 1 EStR). Ehegatten können getrennt optieren (R 34c Abs. 4 Satz 2 EStR). Eine Beschränkung wie bei der Höchstbetragsberechnung nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG sieht das Gesetz beim Abzug nicht vor. Ein Abzug erfolgt nur, soweit die ausländische Steuer auf Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei sind. Die ausländische Steuer auf Kapitaleinkünfte, die dem Teileinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 EStG unterliegen, kann somit nur i.H.v. 60 % abgezogen werden.
Beispiel 4:
Wie Beispiel 3, der Stpfl. stellt jedoch einen Antrag auf Abzug der ausländischen Steuer gem. § 34c Abs. 2 EStG.
Lösung 4:
Auf Antrag ist die ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, soweit sie auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei sind. Da die Dividendenbezüge i.H.v. 40 % steuerfrei sind (s. Beispiel 3), ist die ausländische Steuer (250 €) nur zu 60 %, d. h. i.H.v. 150 €, abziehbar.
Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG = 540 € + 25 000 € ./. 150 € = |
25 390 € |
Zu versteuerndes Einkommen, § 2 Abs. 5 EStG = 25 390 € ./. 5 000 = |
20 390 € |
Tarifliche ESt gem. § 32a Abs. 1 EStG (VZ 2022) = |
2 240 € |
Festzusetzende ESt = |
2 240 € |
Für U ist eine Anrechnung der ausländischen Steuer gem. § 34c Abs. 1 EStG (s. Beispiel 3 = festzusetzende ESt 2 220 €) günstiger als der Abzug bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 34c Abs. 2 EStG.
Hinweis:
Durch den Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 34c Abs. 2 EStG wird (auch) die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage um 150 € gemindert.
Gewerbeertrag § 7 GewStG = 25 390 € (Gewinn nach EStG) + 360 € (§ 8 Nr. 5 GewStG) = |
25 750 € |
Bei § 34c Abs. 1 EStG (Beispiel 3): Gewerbeertrag = 25 540 € (Gewinn nach EStG) + 360 € (§ 8 Nr. 5 GewStG) = |
25 900 € |
Die ausländische Steuer kann nicht auf die Gewerbesteuer angerechnet werden (vgl. 6).
Regelmäßig ist die Anrechnung der ausländischen Steuer günstiger als der Abzug bei den Einkünften. Der Stpfl. wird daher den Antrag auf Abzug gem. § 34c Abs. 2 EStG nur stellen, wenn besondere Umstände vorliegen. Das kann etwa der Fall sein, wenn die ausländische Steuer erheblich über dem Höchstbetrag der anrechenbaren Steuer liegt (vgl. 1.1.6). Ein Antrag gem. § 34c Abs. 2 EStG bietet sich auch dann an, wenn keine inländische Steuer auf die ausländischen Einkünfte entstanden ist, weil durch den Ausgleich mit (inländischen oder ausländischen) Verlusten kein positives Einkommen bestand. In diesen Fällen würde die Anrechnung ins Leere gehen. Wird in einem solchen Fall statt der Anrechnung der Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte gewählt, erhöht die ausländische Steuer den Verlust, der gem. § 10d EStG durch Rücktrag oder Vortrag in einem anderen VZ genutzt werden kann.
Beispiel 5:
Der Gewerbetreibende A hat mit seiner ausländischen Betriebsstätte einen Gewinn von 18 000 € erzielt und hierauf 3 500 € ausländische, der deutschen Einkommensteuer vergleichbare Steuer gezahlt. Mit seiner inländischen Betriebsstätte erwirtschaftete A in derselben Zeit einen Verlust i.H.v. 33 000 €. Seine negativen Einkünfte gem. § 15 EStG betrugen insgesamt 15 000 € und er hatte somit keine Einkommensteuer zu entrichten.
Lösung 5:
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen insgesamt ./. 15 000 € (inländische und ausländische Betriebsstätte). A kann beantragen, die ausländische Steuer i.H.v. 3 500 € bei der Ermittlung seiner Einkünfte zu berücksichtigen (§ 34c Abs. 2 EStG). Danach hätte er Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.H.v. ./. 18 500 € (./. 15 000 € abzügl. 3 500 €). Die negativen Einkünfte sind nach § 10d EStG berücksichtigungsfähig.
Für ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen verweist § 34c Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG auf § 32d Abs. 1 und Abs. 3 bis 6 EStG. Eine Berücksichtigung ausländischer Steuern erfolgt ausschließlich über die Sonderregelung in § 32d Abs. 5 EStG. Durch die ab dem VZ 2009 eingeführte Abgeltungsteuer wurde die konkrete Einzelbesteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen grundsätzlich ausgeschlossen. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegen zwar auch bestimmte ausländische Kapitalerträge dem Kapitalertragsteuerabzug, dies gilt jedoch grundsätzlich nur dann, wenn es sich bei der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle um ein inländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut handelt, vgl. § 44 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG. Das bedeutet, dass ausländische Kapitalerträge in der Regel nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen. Etwas anderes gilt nur, wenn zum Beispiel ausländische Wertpapiere von einem inländischen Kreditinstitut verwaltet werden. In diesen Fällen behält die Bank auch bei ausländischen Kapitaleinkünften Kapitalertragsteuer ein und berücksichtigt dabei die nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG anrechenbare ausländische Steuer, s. § 43a Abs. 3 EStG.
Der Stpfl. hat ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 32d Abs. 3 EStG in seiner Steuererklärung anzugeben, wenn von diesen Einkünften noch keine (deutsche) Kapitalertragsteuer einbehalten wurde. Ist der Stpfl. mit seinen ausländischen Kapitalerträgen in dem Staat, aus dem die Kapitalerträge stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen worden, ist die auf ausländische Kapitalerträge festgesetzte und gezahlte und um einen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer, jedoch höchstens 25 % ausländische Steuer auf den einzelnen stpfl. Kapitalertrag, auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf den bezogenen Kapitalertrag entfällt (§ 32d Abs. 5 Satz 1 EStG). Zu beachten ist, dass § 32d Abs. 5 Satz 1 EStG eine sog. isolierte Betrachtungsweise jedes einzelnen stpfl. ausländischen Kapitalertrags vorschreibt (»höchstens 25 % […] auf den einzelnen stpfl. Kapitalertrag«), so dass etwaige Verluste den Anrechnungshöchstbetrag nicht beeinflussen können. Bei Einkünften aus Kapitalvermögen, auf die § 32d Abs. 1 und 3 bis 6 EStG anzuwenden ist, kann nicht der Abzug ausländischer Steuern entsprechend § 34c Abs. 2 EStG (s. 1.1.9) gewählt werden.
Beispiel 6:
A erzielt Kapitaleinkünfte i.H.v. 10 000 €. In diesem Betrag sind ausländische Kapitaleinkünfte i.S.d. § 34d Nr. 6 EStG i.H.v. 5 000 € enthalten. Hierauf entfällt eine anrechenbare ausländische Steuer von 750 €. Der Kirchensteuersatz beträgt 9 %.
Lösung 6:
Die ausländische Steuer kann in voller Höhe angerechnet werden, da sie weniger als 25 % beträgt, § 32d Abs. 5 Satz 1 EStG. Für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 10 000 € ergibt sich gem. § 32d Abs. 1 Satz 3 bis 5 EStG folgende Einkommensteuer: (10 000 € ./. 4 × 750 €) : (4 + 0,09) = 1 711 €
Die Kirchensteuer beträgt 9 % von 1 711 € = 154 €.
Auch bei ausländischen Kapitaleinkünften ist (ebenso wie bei inländischen Kapitaleinkünften) auf Antrag des Stpfl. die sog. Günstigerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG vorzunehmen. Hierbei sind die Einkünfte gem. § 20 EStG zu den übrigen Einkünften hinzuzurechnen. Die gem. § 32d Abs. 5 EStG anrechenbare ausländische Steuer ist von der zusätzlichen tariflichen Einkommensteuer abzuziehen, die auf die hinzugerechneten Kapitaleinkünfte entfällt (§ 32d Abs. 6 Satz 2 EStG).
Eine → Doppelbesteuerung kann vermieden werden, indem die Quellenstaat-Steuer im Ansässigkeitsstaat bei der Ermittlung der Steuerlast als Negativgröße behandelt wird. Dies kann durch Anrechnung der ausländischen Steuer geschehen (§ 34c Abs. 6 Satz 2 EStG i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 2 bis 5 EStG bzw. § 32d Abs. 5 Satz 2 EStG für Einkünfte aus Kapitalvermögen; Anrechnungsmethode, Art. 23A Abs. 2 und Art. 23B OECD-MA). Die Anrechnungsmethode gilt nach den DBA meist für Einkünfte:
aus der Tätigkeit als Künstler oder Berufssportler,
aus der Tätigkeit als Mitglied im Aufsichts- oder Verwaltungsrat einer ausländischen Gesellschaft,
aus unbeweglichem Vermögen nur in Ausnahmefällen (z.B. nach DBA-Schweiz, DBA-Spanien und DBA-Finnland).
Der grenzüberschreitende Sachverhalt wird nach der Anrechnungsmethode folglich zweimal, im Quellenstaat und im Ansässigkeitsstaat, bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens – d.h. bei den Besteuerungsgrundlagen – berücksichtigt. Lediglich bei der Ermittlung der ESt- bzw. KSt-Schuld wird die ausländische Steuer angerechnet.
Ein Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG i.V.m. § 34c Abs. 2 EStG (s. 1.1.9) als Alternative zur Anrechnung gem. § 34c Abs. 1 EStG ist auch dann zulässig, wenn das DBA ausdrücklich nur die Anrechnung erwähnt (R 34c Abs. 5 EStR). § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG verweist nicht auf § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG, da die Voraussetzungen für die Steueranrechnung dem jeweiligen DBA zu entnehmen sind (s. auch BFH Urteil vom 4.6.1991, X R 35/88; BStBl II 1992, 187).
DBA enthalten insbes. auch eigene Regeln für die Frage, für welche Steuern vom Einkommen das DBA gilt (Art. 2 Abs. 2 und Abs. 4 OECD-MA). Nur diese Steuern können anrechenbar sein.
Die Anrechnung fiktiver ausländischer Steuer (insbes. Quellensteuer) ist nach einigen DBA (z. B. Portugal) bei bestimmten Kapitalanlagen vorgesehen. Die Anrechnung ist in diesen Fällen gem. § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG bzw. § 32d Abs. 5 Satz 2 EStG i.V.m. dem DBA vorzunehmen. Bei der Anrechnung gem. § 34c EStG sind nach § 34c Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 3 EStG die im Ausland tatsächlich nicht besteuerten Einkünfte in die Höchstbetragsberechnung nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG einzubeziehen. § 34c Abs. 1 Satz 3 EStG wird ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt. Ein Abzug fiktiver Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 34c Abs. 2 EStG ist gem. § 34c Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 3 EStG nicht zulässig.
Sind die Einkünfte (z.B. nach § 8b KStG) in Deutschland steuerfrei, kann die fiktive Steueranrechnung nicht erfolgen. Hier mangelt es an dem Erfordernis der Steuerobjektidentität, die bei fiktiver Anrechnung der ausländischen Steuer für ausländische Einkünfte fingiert wird.
Ist die ausländische Steuer nicht ausdrücklich im DBA genannt, ist zu prüfen, ob sie i.S.d. DBA eine Steuer »gleicher oder im Wesentlichen ähnlicher Art« (Art. 2 Abs. 4 Satz 1 OECD-MA) ist. Dafür kann auf die oben genannten Voraussetzungen verwiesen werden. Liegen diese nicht vor, kommt für diese Steuer gem. § 34c Abs. 6 Satz 4 EStG die entsprechende Anwendung von § 34c Abs. 1 und Abs. 2 EStG in Betracht.
Diese Voraussetzungen sind nur dann für die Anrechnung erforderlich, wenn das jeweilige DBA Entsprechendes verlangt. § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG gilt nach dem Verweis in § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG nicht (BFH vom 15.3.1995, I R 98/94, BStBl II 1995, 580). Das Erfordernis der Zahlung ergibt sich regelmäßig aus dem Wortlaut des einschlägigen DBA.
Dagegen wird das Merkmal »keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende Steuer« in den DBA nicht angesprochen. Damit kann auch dann, wenn die Ermäßigung der zunächst gezahlten Steuer noch durch die Geltendmachung von Betriebsausgaben erreicht werden kann, diese zunächst in voller Höhe angerechnet werden.
Anders sind allerdings die Fälle zu beurteilen, in denen der Steuerabzug nach dem DBA auf einen bestimmten Prozentsatz begrenzt ist, wie dies insbes. bei Zinsen und Dividenden der Fall ist. In diesen Fällen darf von vorneherein nicht mehr ausländische Steuer angerechnet werden, als dem Quellenstaat dem Grunde und der Höhe nach zusteht (BFH vom 15.3.1995, I R 98/94, BStBl II 1995, 580). Deshalb ist regelmäßig nur die in Übereinstimmung mit dem DBA und nicht zu erstattende ausländische Steuer anzurechnen (H 34c Abs. 5 EStH). Verstößt der andere Vertragsstaat gegen das DBA, muss sich der Stpfl. in diesem Staat gegen die Besteuerung wenden. Daraus folgt auch für den Fall der Anrechnung von Quellensteuern, die dem Quellenstaat nach den Zuteilungsnormen des DBA nicht zustehen, dass diese überhaupt nicht anrechenbar sind.
§ 68b EStDV ist auch bei der Anrechnung nach einem DBA anzuwenden (s. 1.1.8.1).
§ 50 Abs. 3 EStG sieht unter bestimmten Voraussetzungen (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit mit inländischem Betrieb) auch bei beschränkt Stpfl. die Berücksichtigung ausländischer Steuern gem. § 34c Abs. 1 bis 3 EStG vor. Wird der Stpfl. im Herkunftsland der Einkünfte in einem der unbeschränkten Stpfl. ähnlichen Umfang zu einer ESt herangezogen, obliegt die Beseitigung der Doppelbesteuerung diesem Staat, nicht Deutschland als Betriebsstättenstaat. Ist dies nicht der Fall, besteht die Gefahr der Doppelbesteuerung, da die Besteuerung im Inland nicht durch das ggf. bestehende DBA zwischen dem Ansässigkeitsstaat und dem Herkunftsstaat beseitigt werden kann. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wird nach § 50 Abs. 3 EStG durch die entsprechende Anwendung des § 34c Abs. 1 bis 3 EStG die Anrechnung auch beschränkt Stpfl. gewährt, soweit die Besteuerung im Herkunftsstaat nur nach den Grundsätzen der beschränkten Steuerpflicht erfolgt.
Beispiel 7:
Ein nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG beschränkt Stpfl. mit Wohnsitz in Österreich hat eine Betriebsstätte in Ludwigshafen, die Dividenden aus einer Beteiligung an einer belgischen KapG bezieht. Die belgische Quellensteuer wäre ohne § 50 Abs. 3 EStG für den Österreicher in Deutschland weder anrechenbar noch abziehbar, da er für das DBA Deutschland-Belgien nicht abkommensberechtigt ist (Art. 1 Abs. 1 DBA-Belgien: kein Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten) und mangels unbeschränkter Steuerpflicht § 34c EStG nicht direkt anwendbar ist.
Für den Fall, dass die konkreten und einschlägigen DBA-Regeln nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen, insb. volkswirtschaftlich unsinnig sind, kann mittels Pauschalierungserlass bzw. mittels Auslandstätigkeitserlass nach § 34c Abs. 5 EStG Abhilfe geschaffen werden.
Mit dem Pauschalierungserlass (BMF vom 10.4.1984, BStBl I 1984, 252; vgl. aber BMF vom 24.11.2003, BStBl I 2003, 747) können einzelne ausländische Einkünfte (Hauptfall: »aktive« gewerbliche Einkünfte einer ausländischen Betriebsstätte) mit einem einheitlichen Steuersatz von 25 % der Einkünfte (höchstens 25 % des zu versteuernden Einkommens) erfasst werden. Dabei kann die Pauschsteuer weder angerechnet (§ 34c Abs. 1 EStG) noch abgezogen (§ 34c Abs. 2 EStG) werden.
Der Auslandstätigkeitserlass (BMF vom 31.10.1983, BStBl I 1983, 470; vgl. auch BMF vom 21.7.2005, BStBl I 2005, 821; Neuregelung ab dem VZ 2023 durch BMF vom 10.6.2022, BStBl I 2022, 997) hingegen regelt ausländische Arbeitnehmer-Einkünfte. Unter bestimmten Voraussetzungen (inländischer Arbeitgeber, Montage-Auslandstätigkeit für einen inländischen Lieferanten, Hersteller etc., die mindestens drei Monate dauert) kann der ausländische Arbeitslohn freigestellt werden.
In beiden Fällen können die Länderfinanzminister – oder von ihnen beauftragte Stellen – von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen.
Die Konfliktlösungen des § 34c EStG (Anrechnung bzw. Abzug der ausländischen Steuer) werden in § 26 KStG auf inländische Körperschaften übertragen. § 26 KStG verweist auf § 34c EStG, enthält jedoch einige Sonderregelungen. So ist für die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags gem. § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG abweichend von § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG das Verhältnis der ausländischen Einkünfte zur »Summe der Einkünfte« maßgeblich. Dies hat zur Folge, dass sich Abzüge, die erst nach der Summe der Einkünfte erfolgen (z.B. Verlustabzug gem. § 10d EStG), nicht auf den Anrechnungshöchstbetrag auswirken. Zu Bedenken im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, s. Desens, IStR 2015, 77 [81 ff.].
Beispiel 8:
Die in Deutschland unbeschränkt Stpfl. A-GmbH unterhält eine Betriebsstätte im Nicht-DBA-Staat B. Das Einkommen der GmbH beträgt – vor Abzug eines Verlustabzugs – 1 000 000 €, hierbei sind ausländische Einkünfte i.H.v. 200 000 € enthalten. Auf diese entfällt eine ausländische Steuer von 30 000 € (15 % ausländische Steuer). Der Verlustabzug nach § 10d EStG aus dem Vorjahr beträgt 300 000 €.
Lösung 8:
Die festzusetzende Körperschaftsteuer berechnet sich nach Maßgabe des § 26 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 KStG wie folgt:
Steuerlicher Gewinn (GdE i.S.d. § 10d EStG) |
1 000 000 € |
abzüglich Verlustabzug gem. § 10d EStG |
300 000 € |
ergibt Einkommen ./. zu versteuerndes Einkommen (§ 7 Abs. 1, 2 KStG) |
700 000 € |
Tarifliche KSt (15 %) |
105 000 € |
Anteil KSt auf ausländische Einkünfte = 105 000 × 200 000 ./. 1 000 000 = 21 000 € |
|
Die ausländische Steuer i.H.v. 30 000 € kann nur bis 21 000 € auf die dt. KSt angerechnet werden, obwohl der ausländische Steuersatz ebenfalls 15 % beträgt. Der Verlustabzug nach § 10d EStG mindert die dt. Steuerbelastung und wirkt sich auch auf den Anrechnungshöchstbetrag aus. |
21 000 € |
Festzusetzende KSt |
84 000 € |
Der klassische Fall des § 26 KStG ist eine ausländische »Quellenstaatsteuer« für Betriebsstättengewinne (→ Betriebsstätte). Je nach ausländischer Vorbelastung wird es im »Gesamtergebnis« immer zu der definitiv höheren Steuer für die inländische KapG kommen.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG sind die Vorschriften des § 34c Abs. 1 bis 3 und 5 bis 7 EStG entsprechend anzuwenden. Ausländische Körperschaftsteuer kann unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 1 EStG auf die deutsche KSt angerechnet werden.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 KStG setzt die Anrechnung voraus, dass die ausländische Steuer der deutschen KSt entspricht (Anlage 6 zu R 34c EStR, s. 1.1.2).
Die anzurechnende ausländische Steuer muss von demjenigen Staat erhoben worden sein, aus dem die Einkünfte stammen, denn § 34d EStG enthält Anknüpfungspunkte im ausländischen Staat, die zum Vorliegen von zur Anrechnung berechtigender Einkünfte führen. Problematisch wird dieses Erfordernis in Fällen, in denen die Einkünfte, die im Ausland einer Steuer unterliegen aus einem Drittstaat stammen. Dies sind häufig Fälle mit Betriebsstätten im Ausland, denen Einkünfte aus einem Drittstaat zuzurechnen sind, aber auch Fälle der Doppelansässigkeit.
Beispiel 9:
Die in Deutschland unbeschränkt Stpfl. KapG A unterhält eine Betriebsstätte im Nicht-DBA-Staat B. Sie tätigt mit Gewinnen dieser Betriebsstätte eine Kapitalanlage bei einer Bank im Drittstaat C. Die Zurechnung erfolgt zu der Betriebsstätte. Die Bank hält von den Zinsen Quellensteuer ein, die an Staat C abgeführt wird. Kann die Quellensteuer bei der Körperschaftsteuerfestsetzung für A angerechnet werden?
Lösung 9:
Die Zinsen sind dem Betriebsstättengewinn zuzurechnen, weil die Beteiligung der Betriebsstätte zugerechnet wird und durch die Anlage des Betriebsstättengewinns auch ein untrennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Tätigkeit der Betriebstätte gegeben ist. Es liegen damit ausländische Einkünfte i.S.d. § 34d Nr. 2 Buchst. a 1. Alt. EStG hinsichtlich der laufenden Gewinne der Betriebsstätte und hinsichtlich der Zinsen solche nach § 34d Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. EStG vor.
Wenn nach § 34d Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. EStG auch Einkünfte i.S.d. § 34d Nr. 6 EStG zu den ausländischen gewerblichen Einkünften gehören, muss weiter für die Frage der Anrechnung der Quellensteuer der Herkunftsstaat bestimmt werden, da die Anrechnung nur in Betracht kommt für Einkünfte, die im gleichen Staat, in dem die Einkünfte erzielt werden, auch der dortigen Steuer unterliegen. Stellt man auf die Art der Einkünfte ab (Einkünfte aus Kapitalvermögen, die umqualifiziert werden), wäre die Auszahlung der Bank im Staat C der maßgebliche Anknüpfungspunkt. Stellt man auf die Erzielung von Einkünften in der Betriebsstätte ab, wäre Staat B der Herkunftsstaat. Eine eindeutige Auflösung der Konkurrenzsituation lässt sich aus dem Gesetz nicht ableiten. Allerdings ist für die Frage, aus welchem Staat die Einkünfte stammen, nach Maßgabe des § 34d EStG insgesamt zu beurteilen (→ Ausländische Einkünfte). Daher dürfte die Formulierung der Nr. 2 Buchst. a 2. Alt. des § 34d EStG dafür sprechen, dass gewerbliche Einkünfte vorliegen, wenn die dort genannten Einkunftsarten durch eine Betriebsstätte erzielt werden. Dafür spricht auch im umgekehrten Fall (ausländische KapG mit Betriebsstätte in Deutschland und Einkünften aus einem Drittstaat) die Vorschrift des § 50 Abs. 3 EStG. Hier wird ausnahmsweise die ausländische Steuer des Quellenstaates nach § 34c Abs. 1 EStG i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG angerechnet. Während es grundsätzlich die Angelegenheit des Ansässigkeitsstaates ist, die Doppelbesteuerung zu vermeiden, entsteht hier das Bedürfnis der Entlastung auch bei beschränkter Steuerpflicht, und zwar im Betriebsstättenstaat. Dann besteht es aber im Beispielsfall nicht für die Anrechnung der Quellensteuer im Staat C. Denn deren Berücksichtigung wäre Aufgabe des Betriebsstättenstaates B. Für eine doppelte Anrechnung der Quellensteuer auch in Deutschland besteht kein Anlass. Außerdem müsste dann die Per-country-limitation des § 68a Satz 2 EStDV angewendet werden, was u.U. für den Stpfl. nachteilig sein könnte und die Separation der Zinsen vom sonstigen Betriebsstättengewinn notwendig machen würde.
Anrechenbar ist damit die auf den Gewinn der Betriebstätte (inklusive Zinsen) erhobene Steuer des Staates B. Die Quellensteuer des Staates C ist allerdings nach § 34c Abs. 3 2. Alt. EStG (vgl. 4) bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, da es sich nach der oben vertretenen Sichtweise um Einkünfte handelt, die in Staat B erzielt werden, und die (auch) aufgrund der Ausschüttung im Staat C besteuert werden (Drittstaatensteuer).
Hinweis:
Wird im Staat B aufgrund einer dem § 50 Abs. 3 EStG entsprechenden Vorschrift die Steuer des Staates C angerechnet, mindert sich die nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 3 EStG abzuziehende Steuer. Erfolgt diese Anrechnung im Staat B nachträglich, ist der Stpfl. m.E. nach dem Willen des Gesetzes verpflichtet, die entsprechende Erklärung nach § 153 Abs. 2 AO (Steuervergünstigung) zu korrigieren.
Beispiel 10:
Die Körperschaft K ist in Deutschland (D) und im Nicht-DBA-Staat E unbeschränkt steuerpflichtig. Sie unterhält Betriebsstätten in D, im Staat E und im Drittstaat F (Nicht-DBA-Staaten). In F werden Steuern nur auf den dortigen Betriebsstättengewinn, in E auf das Welteinkommen der K erhoben.
Lösung 10:
Es liegen jeweils ausländische Einkünfte i.S.d. § 34d Nr. 2 Buchst. a 1. Alt. EStG aus E und F vor (Anknüpfungsmerkmal Betriebsstätte). Die von E und F auf die Gewinne der im gleichen Staat belegenen Betriebsstätten erhobene Steuer ist anrechenbar (keine Drittstaatensteuer). Nicht anrechenbar ist die Steuer des Staates E, die bei der Besteuerung des Welteinkommens auf die Betriebsstätten in D und F entfällt, weil E für diese Gewinne nicht Herkunftsstaat ist. Die auf die Betriebsstätte in D entfallende Steuer ist mangels ausländischer Einkünfte nach § 34c Abs. 3 3. Alt. EStG (vgl. 4) bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen (BFH Urteil vom 24.3.1998, I R 38/97, BStBl II 1998, 471). Gleiches gilt für die Steuer auf die Betriebsstätteneinkünfte in F nach § 34c Abs. 3 2. Alt. EStG (vgl. 4).
Falls die Voraussetzungen des § 34c Abs. 1 EStG nicht vorliegen, kommt ein Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 34c Abs. 3 EStG in Betracht. Insofern hat § 34c Abs. 3 EStG Auffangfunktion. Einen von Amts wegen vorzunehmenden Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte sieht § 34c Abs. 3 EStG in den nachfolgenden Fällen vor:
die ausländische Steuer entspricht nicht der deutschen Steuer;
die ausländischen Steuern werden von einem Drittstaat erhoben; Beispiele: Steuern eines Drittstaates auf Einkünfte einer Betriebsstätte, Steuern eines Drittstaates bei mehrfachem Wohnsitz;
es liegen keine ausländischen Einkünfte i.S.d. § 34d EStG vor. Hierzu zählen Fälle, in denen der ausländische Staat Steuern auf Einkünfte erhebt, die nach deutschem Steuerrecht inländische Einkünfte darstellen. Hauptfall hierfür ist die sog. Liefergewinnbesteuerung (z.B. bei kurzlebigen Montagen oder Baustellen oder bei der Veräußerung von Umlaufvermögen). Hier erhebt der ausländische Staat Steuern, obwohl inländische Einkünfte vorliegen (BFH Urteil vom 24.3.1998, BStBl II 1998, 471).
Die festgesetzte, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer ist sodann bei den Einkünften abzuziehen, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen (→ Abzugsverfahren bei ausländischer Steuer). Anders als bei § 34c Abs. 1 EStG gibt es bei § 34c Abs. 3 EStG (ebenso wie bei § 34c Abs. 2 EStG) keine Höchstbetragsberechnung.
§ 4 Abs. 2 bis 4 InvStG a.F. regelt die Anrechnung und den Abzug ausländischer Steuern auf Erträge aus Investmentanteilen und verweist hierfür auf große Teile des § 34c EStG. Eine festgesetzte und gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuer kann nach § 4 Abs. 2 InvStG a.F. auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer angerechnet werden. Statt der Anrechnung kann die ausländische Steuer auf Antrag bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden (§ 4 Abs. 2 Satz 5 InvStG a.F. i.V.m. § 34c Abs. 2 EStG).
Nach § 4 Abs. 3 InvStG a.F. sind ausländische Steuern insoweit nicht anrechnungsfähig oder abziehbar, als sie auf steuerfreie ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge entfallen. Demnach darf bei Erträgen, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, bei natürlichen Personen nur 60 % der Steuer angerechnet oder abgezogen werden, bei Körperschaften als Anteilsinhaber unterbleibt insoweit eine Anrechnung oder ein Abzug der Steuer (§ 4 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 2 und 3 InvStG a.F.; BMF vom 18.8.2009, BStBl I 2009, 931, Tz. 82). Die Vorschrift des § 7 Abs. 7 InvStG a.F. regelt hingegen die Anrechnung der Kapitalertragsteuer. Ungeachtet des § 8b KStG oder des § 3 Nr. 40 EStG kann die Kapitalertragsteuer in voller Höhe auf die festgesetzte Steuer angerechnet werden (BMF vom 18.8.2009, BStBI I 2009, 931, Tz. 161).
In der neuen Fassung des InvStG regelt § 47 InvStG Anrechnung und Abzug ausländischer Steuer bei der Besteuerung des Anlegers eines Spezial-Investmentfonds.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer, »soweit er im Inland betrieben wird«. Im Inland betrieben wird ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Damit unterliegen nicht nur inländische Sachverhalte der Gewerbesteuer, sondern auch aus dem Ausland stammende Einkünfte, die dem inländischen Betrieb zuzurechnen sind. Sie werden der Gewerbesteuer unterworfen, sofern sie nicht auf Grund einer Kürzungsvorschrift aus der inländischen Bemessungsgrundlage auszuscheiden sind. Dies ist für nicht auf eine inländische Betriebsstätte entfallende Teile des Gewerbeertrags (§ 9 Nr. 3 GewStG), aber z.B. auch für Anteile am Ergebnis von ausländischen Personengesellschaften (§ 9 Nr. 2 GewStG) und Dividenden aus ausländischen KapG nach § 9 Nr. 7 GewStG der Fall.
Hinweis:
Falls aus dem Ausland stammende Einkünfte, z. B. aufgrund einer solchen Kürzungsvorschrift, nicht der Gewerbesteuer unterliegen, ist bei einem Antrag auf Abzug der ausländischen Steuer gem. § 34c Abs. 2 EStG (vgl. 1.1.9) die ausländische Steuer gem. § 8 Nr. 12 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags wieder hinzuzurechnen (→ Abzugsverfahren bei ausländischer Steuer).
Greift eine solche spezielle Kürzungsvorschrift nicht ein, unterliegen auch aus dem Ausland stammende Einkünfte der Gewerbesteuer.
Beispiel 11:
Eine deutsche KapG entwickelt ein bestimmtes Know-how, das sie rechtlich schützen lässt. Gegen laufende Lizenzgebühren wird es einer ausländischen Gesellschaft zur Nutzung überlassen. Die ausländischen Lizenzgebühren unterliegen der deutschen Gewerbesteuer. Zu einer weiteren Steuerbelastung im Ausland kommt es dann, wenn der Lizenznehmer und Vergütungsschuldner eine Quellensteuer auf die (Brutto-)Vergütung einzubehalten hat (wie im umgekehrten Fall nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG). Kann diese nach DBA oder dem ausländischen Recht nicht ganz oder teilweise erstattet werden, kommt es zur Doppelbesteuerung. Die Anrechnung auf die deutsche Gewerbesteuer ist nicht möglich, da es an einer Anrechnungsvorschrift wie § 26 KStG oder § 34c EStG fehlt. Nur bei einem Antrag auf Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 34c Abs. 2 EStG i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG kann die ausländische Steuer auch im Rahmen der Gewerbesteuer berücksichtigt werden. Allerdings ist ein solcher Antrag in der Regel für den Stpfl. ungünstiger als die Anrechnung gem. § 34c Abs. 1 EStG (s. 1.1.9 Beispiel 3).
S. dazu das Stichwort → Anrechnung von Erbschaft- und Schenkungsteuer.
Ismer, Die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse bei Anrechnungshöchstbetrag und Progressionsvorbehalt, IStR 2013, 297; Desens, Der neue Anrechnungshöchstbetrag in § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG – ein unionsrechts- und verfassungswidriges, fiskalisches Eigentor, IStR 2015, 77; Paintner, Das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften im Überblick, DStR 2015, 1.
→ Abzugsverfahren bei ausländischer Steuer
→ Anrechnung von Erbschaft- und Schenkungsteuer
→ Ausland
→ Einkünfte aus Kapitalvermögen
Redaktioneller Hinweis:
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