Entschädigungszahlung

Stand: 2. Mai 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei sexuellen Übergriffen, Mobbing oder auch willkürlichen Kündigungen etc. ist der Arbeitnehmer gesetzlich abgesichert.
  • Trifft eine dieser Zuwiderhandlungen zu, kann der Arbeitnehmer eine Entschädigungszahlung beanspruchen.
  • Folgende Entschädigungszahlungen sind steuerfrei:
    • Entschädigungen auf Grundlage eines Versicherungsvertrages
    • Entschädigungen als Folge einer Schmerzensgeldzahlung
    • Abfindungen im Rahmen der Rentenversicherung
    • Abfindungszahlungen aufgrund eines aufgelösten Arbeitsvertrages

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeines
2 Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG
2.1 Entschädigungszahlungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG
2.1.1 Entschädigung wegen Entlassung aus dem Dienstverhältnis
2.1.2 Entschädigung wegen Widerruf der betrieblichen Versorgungszusage
2.1.3 Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung
2.1.4 Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld
2.1.5 Entgelt für die vorzeitige Beendigung eines Genussrechtsverhältnisses
2.1.6 Abfindung wegen Auflösung des Mietverhältnisses
2.1.7 Entlassungsentschädigung eines Kommanditisten und Gesellschafter-Geschäftsführers
2.1.8 Entschädigung wegen Körperverletzung
2.1.9 Unfallentschädigung für Verdienstausfall
2.1.10 Entschädigung wegen Überspannung eines Grundstücks mit einer Stromleitung
2.1.11 Entschädigung eines Erwerbslosen wegen Erwerbsschaden
2.2 Entschädigungszahlungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG
2.3 Entschädigungszahlungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG
3 Gewerbeertrag i.S.d. des Gewerbesteuergesetzes
4 Entschädigungszahlungen in der Umsatzsteuer
5 Verwandte Lexikonartikel

1. Allgemeines

Nach § 24 Nr. 1 EStG gehören die dort aufgezählten Entschädigungen für entgangene Einnahmen zu den Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG. Die Vorschrift schafft keine weiteren Besteuerungstatbestände, sondern weist die genannten Einnahmen der Einkunftsart zu, der die entgangenen oder künftig entgehenden Einnahmen angehört hätten, wenn sie tatsächlich erzielt worden wären (H 24.1 [Allgemeines] EStH sowie BFH-Urteil vom 12.6.1996, XI R 43/94, BStBl II 1996, 516). Voraussetzung für die Besteuerung nach § 24 Nr. 1 EStG ist, dass die entschädigten entgangenen Einnahmen, sofern sie erzielt worden wären, auch steuerpflichtig gewesen wären (BFH vom 16.8.1978, I R 73/76, BStBl II 1979, 120).

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Nach Meinung von Rspr. und Fachliteratur versteht man unter dem gesetzlich nicht definierten Begriff der »Entschädigung« eine Ersatzleistung zum Ausgleich eines finanziellen Schadens in Gestalt eines Verlusts von Einnahmen oder einer Einnahmemöglichkeit, den oder die der Stpfl. erlitten haben muss bzw. erlitten hätte, wenn er die Ersatzleistung nicht erhalten hätte (s.a. EStR 24.1). Ersatzleistungen, mit denen der Stpfl. ganz oder teilweise die Erfüllung eines gesetzlichen oder vertraglichen Anspruchs erlangt, werden dagegen nicht als Entschädigung angesehen; die Entschädigung muss vielmehr auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitshaftung beruhen (FG Hessen vom 19.1.2000, 13 K 5103/96, EFG 2001, 139, LEXinform 0571140, bestätigt durch BFH vom 28.2.2002, IV R 64/00, BStBl II 2002, 658; s.a. BMF vom 1.11.2013 zu Zweifelsfragen bei der Behandlung von Entlassungsentschädigungen (§ 34 EStG), BStBl I 2013, 1326, Rz. 2 sowie BFH vom 12.7.2016, IX R 33/15, BStBl II 2017, 158, Rz. 15). Eine Entschädigung liegt somit nicht vor, wenn die bisherige Vertragsgrundlage bestehen bleibt und sich nur die Zahlungsmodalitäten geändert haben (BFH Urteile vom 11.1.2005, IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044; vom 16.9.2015, III R 22/14, BFH/NV 2016, 26, Rz 18) oder die Vertragsparteien den Vertrag zwar einvernehmlich beenden, sich aber noch zu Zahlungen verpflichten, die bürgerlich-rechtlich als Erfüllungsleistungen aus dem beendeten Rechtsverhältnis anzusehen sind.

Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG gehören zu den außerordentlichen Einkünften nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG, die der tarifermäßigten Besteuerung nach der sog. Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG unterliegen (→ Abfindungen, → Entlassungsentschädigungen, → Außerordentliche Einkünfte). Die Tarifermäßigung wird gewährt, weil es sich bei den Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG um Zahlungen handelt, die mehrere Jahre betreffen, aber in geballter Form in einem einzigen Jahr gezahlt und versteuert werden. Die bei der Besteuerung eintretende höhere Progressionswirkung soll durch die Tarifermäßigung nach § 34 Abs.1 EstG abgemildert werden.

Verzichtet der Betreiber einer mobilen Altenpflege zur Beilegung eines Rechtsstreits auf die ihm zustehende Förderung nach dem LPflegeHG und erhält er hierfür von Land und Landkreis eine Entschädigung, so handelt es sich um eine steuerbegünstigte Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG (BFH Urteil vom 25.8.2015, VIII R 2/13, BStBl II 2015, 1015, vgl. LEXinform 0947277). Die entgangenen Einnahmen in Gestalt von Zuschüssen zur Investitionsförderung gem. § 12 Abs. 2 LPflegeHG wären, falls sie erzielt worden wären, als Betriebseinnahmen zu versteuern gewesen wären, wenn der Stpfl. von seinem Wahlrecht nach Abschn. 6.5 EStR, die Zuschüsse erfolgsneutral zu behandeln, keinen Gebrauch gemacht hätte.

Zur Besteuerung von Entschädigungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter s. BFH vom 31.1.2017, IX R 10/16, BFH/NV 2017, 680, LEXinform 0950723.

Das BVerwG hat mit Urteil vom 30.10.2014 (2 C 3/13, LEXinform 1594514) einem Beamten aufgrund § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung zugesprochen, weil seine Besoldung gegen das Verbot der Benachteiligung wegen Alters verstoßen hatte. Bei den Entschädigungszahlungen nach § 15 Abs. 2 AGG handelt es sich um sog. »echten« Schadensersatz, der nach H 19.3 [Beispiele – Nicht zum Arbeitslohn gehören] LStH) keine Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft (R 19.3 Abs. 1 LStR) darstellt und damit nicht zum stpfl. Arbeitslohn gehört. Im Ergebnis sind Entschädigungen, die ein ArbNwegen Verletzung des Benachteiligungsverbots durch den ArbG für immaterielle Schäden (z.B. Diskriminierung wegen des Alters) erhält, steuerfreie Schadensersatzleistungen und fallen daher nicht unter § 24 Nr. 1 EStG.

2. Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG

2.1. Entschädigungszahlungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG

Die Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG muss als Ersatz für unmittelbar entgangene oder entgehende konkrete Einnahmen gezahlt werden (BFH vom 9.7.1992, XI R 5/91, BStBl II 1993, 27). Der Stpfl. muss einen Schaden durch Wegfall von Einnahmen erlitten haben und die Zahlung muss unmittelbar dazu bestimmt sein, diesen Schaden auszugleichen (vgl. BFH vom 29.2.2012, IX R 28/11, BStBl II 2012, 569).

Für den Begriff der Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist nicht entscheidend, ob das zur Entschädigung führende Ereignis ohne oder gegen den Willen des Stpfl. eingetreten ist. Eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG kann vielmehr auch vorliegen, wenn der Stpfl. bei dem zum Einnahmeausfall führenden Ereignis selbst mitgewirkt hat. Ist dies der Fall, muss der Stpfl. bei Aufgabe seiner Rechte aber unter erheblichem wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt, darf das das schadenstiftende Ereignis aber keinesfalls aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben. Der Begriff des »Entgehens« von Einnahmen schließt freiwilliges Mitwirken oder gar die Verwirklichung eines eigenen Strebens aus (BFH vom 20.7.1978, IV R 43/74, BStBl II 1979, 9, BFH vom 4.9.2002, XI R 53/01, BStBl II 2003, 177; s.a. H 24.1 [Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG] EStH sowie BMF vom 1.11.2013, BStBl I 2013, 1326, Rz. 2 und 3). Eine Steuerermäßigung ist nur gerechtfertigt, wenn der Stpfl. sich dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen nicht hat entziehen können (Zwangssituation, BFH vom 29.2.2012, IX R 28/11, BStBl II 2012, 569).

Der Ersatz »für entgangene oder entgehende Einnahmen« (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG) setzt vom Wort- und Sinnverständnis voraus, dass Einnahmen gar nicht erst angefallen, sondern ausgefallen sind oder der Ausfall (künftig) entgehender Einnahmen zu erwarten ist; der Stpfl. hat also die entsprechenden Einnahmen nicht oder noch nicht erhalten. Daher werden zunächst erhaltene (zugeflossene) und danach zurückzuzahlende oder zurückgezahlte Einnahmen ebenso wenig von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfasst wie Ausgaben bzw. Aufwendungen oder als solche zu behandelnde negative Einnahmen (BFH vom 18.10.2011, IX R 58/10, BStBl II 2012, 286).

Bei ArbN wird bei einer Entschädigung wegen Auflösung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses das Erfordernis des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als erfüllt angesehen, wenn die Auflösung des Dienstverhältnisses vom ArbG veranlasst worden ist. In H 24.1 [Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG] EStH sind konkrete Einzelfälle aufgezählt, in denen der BFH das Vorliegen einer steuerbegünstigten Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG bejaht bzw. verneint hat.

Im Bereich der Gewinneinkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 EStG (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbstständiger Tätigkeit) ist eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht anzunehmen bei Einnahmen aus Geschäftsvorfällen, die der laufenden Geschäftsführung zuzurechnen sind. Solche Einnahmen führen zu laufenden Einkünften, die mangels Zusammenballung nicht tarifbegünstigt besteuert werden können (BFH vom 10.7.2012, VIII R 48/09, BStBl II 2013, 155). Welche Geschäftsvorfälle im Einzelfall zur laufenden Geschäftsführung gehören, hängt maßgebend von der Art der Tätigkeit ab. Bei Stpfl., die im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit üblicherweise eine Vielzahl von Verträgen abschließen, gehören auch die Kündigung oder Auflösung einzelner Verträge sowie deren Abwicklung nach Leistungsstörungen zur laufenden Geschäftsführung. Es handelt sich insofern nicht um ungewöhnliche Geschäftsvorfälle. Eine Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist deshalb grds. noch nicht anzunehmen, wenn Schadensersatz oder Ausgleich für die Nichterfüllung eines (üblichen) Vertrags geleistet wird, einschließlich des entgangenen Gewinns. Dabei kommt es auf den Umfang und die Bedeutung des Geschäfts nicht an.

Diese Grundsätze gelten entsprechend auch für selbstständig tätige Rechtsanwälte. Schuldet ein Rechtsanwalt seine Leistung trotz Beibehaltung der rechtlichen Selbstständigkeit aufgrund eines Beratungsvertrags im Wesentlichen wie ein ArbN, so kommt im Zusammenhang mit diesem Vertrag eine Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nach den für ArbN geltenden Regelungen in Betracht (BFH vom 10.7.2012, VIII R 48/09, BStBl II 2013, 155).

2.1.1. Entschädigung wegen Entlassung aus dem Dienstverhältnis

Eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, die aus Anlass einer Entlassung aus dem Dienstverhältnis vereinbart wird (→ Entlassungsentschädigungen), setzt den Verlust von Einnahmen voraus, mit denen der ArbN rechnen konnte. Weder Abfindung noch Entschädigung sind Zahlungen des ArbG, die bereits erdiente Ansprüche des ArbN abgelten, wie z.B. rückständiger Arbeitslohn, anteiliges Urlaubsgeld, Urlaubsabgeltung, Weihnachtsgeld, Gratifikationen, Tantiemen oder – bei rückwirkender Beendigung des Dienstverhältnisses – eventuelle bis zum steuerlich anzuerkennenden Zeitpunkt der Auflösung noch zustehende Gehaltsansprüche des ArbN. Das gilt auch für freiwillige Leistungen, wenn sie in gleicher Weise auch den verbleibenden ArbN tatsächlich zugewendet werden (BMF vom 1.11.2013, BStBl I 2013, 1326, Rz. 3).

Eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG kann auch vorliegen, wenn der ArbG seinem ArbN eine (Teil-)Abfindung zahlt, weil dieser seine Wochenarbeitszeit aufgrund eines Vertrags zur Änderung des Arbeitsvertrags unbefristet reduziert (BFH vom 25.8.2009, IX R 3/09, BStBl II 2010, 1030; s.a. → Abfindungen).

Eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG verlangt, dass das zugrunde liegende Rechtsverhältnis beendet wird. Insoweit lehnt die Rspr. die Annahme einer Entschädigung bei bestehen bleibendem Arbeitsverhältnis regelmäßig ab. Nach dem BFH Urteil vom 10.10.2001 (XI R 54/00, BStBl II 2002, 181) setzt die Beurteilung des einem ArbN geleisteten Ersatzes für entgangene oder entgehende Einnahmen als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG voraus, dass das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis beendet wird (s.a. FG Münster Urteil vom 27.4.2013, 12 K 1625/12 E, EFG 2013, 1222, LEXinform 5015154, rkr.).

Unter dem Begriff der als Ersatz für »entgehende Einnahmen« geleisteten Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sind auch solche Zahlungen zu verstehen, die dafür geleistet werden, dass infolge des schadenstiftenden Ereignisses kein neuer Vertrag abgeschlossen werden kann (BFH Urteil vom 12.7.2016, IX R 33/15, BStBl II 2017, 158; s.a. Anmerkung vom 15.11.2016, LEXinform 0948257).

Sachverhalt und Entscheidung:

Hat die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) eine Bank durch einen später als rechtswidrig befundenen Bescheid aufgefordert, den Stpfl. wegen vermeintlich mangelnder fachlicher Eignung als Vorstandsmitglied abzuberufen, so kann eine später von der BaFin als Schadensersatz für den rechtswidrigen Verwaltungsakt (wegen der darauf folgenden außerordentlichen Kündigung durch die Bank und des Nichtabschlusses eines neuen Vertrags) nach Amtshaftungsgrundsätzen geleistete Zahlung an den Steuerpflichtigen als Entschädigung gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 19 Abs. 1 EStG steuerbar sein (s.a. Mitteilung des FG Münster vom 17.8.2015 (LEXinform 0443491).

In seinem Urteil vom 12.7.2016 (IX R 33/15, BStBl II 2017, 158) verweist der BFH u.a. auch auf sein Urteil vom 10.7.2008 (IX R 84/07, BFH/NV 2009, 130), in dem er feststellt, dass es sich nicht um eine Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG handelt, wenn sie dafür geleistet wird, dass kein neuer Vertrag abgeschlossen wird. Die beiden Urteile unterschieden sich in folgender Hinsicht:

  • Im Urteilsfall vom 10.7.2008 wurde eine Entschädigung während eines laufenden befristeten Dienstverhältnisses dafür vereinbart und geleistet, dass das Dienstverhältnis vertragsgemäß auslief und nicht verlängert wurde.

  • Dagegen wurden im Urteilsfall vom 12.7.2016 mit der Entschädigung konkret die Verdienst- und betrieblichen Rentenausfälle des Stpfl. für den Zeitraum nach fristloser Kündigung und der unterbundenen Weiterbeschäftigung ersetzt. Somit stellt der im Streitfall gegenständliche Betrag bestimmungsgemäß den Ersatz für den Verdienst- und betrieblichen Rentenausfall des Stpfl. dar. Die Ersatzzahlung ist somit – auch nach den dargelegten Grundsätzen des Urteils vom 10.7.2008 – als Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG anzusehen.

2.1.2. Entschädigung wegen Widerruf der betrieblichen Versorgungszusage

Mit Urteil vom 13.3.2018 (IX R 12/17, LEXinform 0951320) hat der BFH Folgendes entschieden: Widerruft der ArbG einseitig die bisherige betriebliche Versorgungszusage und bietet er den Beschäftigten stattdessen eine neue, zu wesentlich niedrigeren Versorgungsansprüchen führende betriebliche Altersversorgung an, so handelt es sich bei der Zahlung des ArbG, die den zukünftigen Einnahmenverlust der Beschäftigten teilweise ausgleichen soll, um eine tarifbegünstige Entschädigung gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist seit etwa zehn Jahren Angestellter der Firma A, die ihren Beschäftigten über eine eigene Versorgungseinrichtung eine betriebliche Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zugesagt hatte. Zum 31.12.2009 schloss A diese Versorgungseinrichtung und bot den Beschäftigten an, die bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Anwartschaften nach Maßgabe einer Dienstvereinbarung in ein beitragsfinanziertes System zu überführen. Bei Zustimmung zu diesem Angebot gewährte A den ArbN eine individuell berechnete Wechselprämie. Der Kläger nahm das Angebot an und vereinnahmte im Streitjahr eine Wechselprämie von rund 45 600 €. Die bis zum 31.12.2009 gewährte Zusage hätte beim Kläger zu einer Altersrente von ca. 3 700 € monatlich, die neue Zusage zu einer Altersrente von voraussichtlich nur noch ca. 2 700 € monatlich geführt.

Während der Kläger der Meinung war, die Wechselprämie stelle eine tarifbegünstigte Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG dar, unterwarf das zuständige FA die Wechselprämie dem Regeltarif, das vom Kläger geführte Einspruchs- und Klageverfahren hatte keinen Erfolg.

Nach den Ausführungen des BFH (IX R 12/17, LEXinform 0951320) sind Entschädigungen i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG Leistungen, die »als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen« gewährt werden, d.h. an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen treten. Der Steuerpflichtige muss einen Schaden durch Wegfall von Einnahmen erlitten haben und die Zahlung muss unmittelbar dazu bestimmt sein, diesen Schaden auszugleichen. Insoweit bestätigt der BFH die bisherige Rechtsprechung (vgl. BFH vom 29.2.2012, IX R 28/11, BStBl II 2012, 569). Aus der Auslegung der Verträge ergibt sich, dass die vom Kläger vereinnahmte Wechselprämie nicht nur einen Anreiz für die Zustimmung zur Umstellung der betrieblichen Altersversorgung bieten sollte, sondern auch dazu bestimmt war, den zustimmenden ArbN wenigstens teilweise für den Verlust zukünftiger Rentenansprüche zu entschädigen. Somit handelt es sich zumindest teilweise um eine Ersatzleistung für entgehende Einnahmen.

Der BFH widerspricht der Auffassung der Vorinstanz (Urteil FG München vom 26.7.2016, 6 K 1608/13, EFG 2017, 1174), nach der eine tarifbegünstigte Entschädigung nur anzunehmen sei, wenn darüber hinaus das zugrunde liegende Rechtsverhältnis vollständig beendet werde. Er folgt insoweit auch nicht der möglicherweise anders zu verstehenden Rechtsprechung des XI. Senats (z.B. BFH Urteil vom 10.10.2001, XI R 54/00, BStBl II 2002, 181 und vom 12.4.2000, XI R 1/99, BFH/NV 2000, 1195). Voraussetzung für eine begünstigte Entschädigung ist lt. BFH nicht die vollständige Beendigung des Arbeitsverhältnisses, es reicht vielmehr aus, wenn im Rahmen eines fortgesetzten Rechtsverhältnisses auf neuer Rechtsgrundlage eine Entschädigung bzw. Teilentschädigung für den Verlust bzw. den Wegfall zukünftiger Ansprüche geleistet wird. Dies hatte der BFH bereits im Fall einer Entschädigung für die unbefristete Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit bei Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses bejaht (BFH Urteil vom 25.8.2009, IX R 3/09, BStBl II 2010, 1030). Die diesbezügliche Rechtsprechung ist lt. BFH auch auf den Streitfall übertragbar: Widerruft der ArbG einseitig die bisherige betriebliche Versorgungszusage und bietet er den Beschäftigten eine neue betriebliche Altersversorgung an, die zu wesentlich niedrigeren Ansprüchen führt, so handelt es sich bei einer Zahlung des ArbG, die den zukünftigen Einnahmenverlust teilweise ausgleichen soll, um eine Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Weggefallen sind die Anwartschaften aus der bisherigen Versorgungszusage, die Abfindungszahlung, mit der dieser Verlust teilweise ausgeglichen werden soll, beruht insoweit auf einer neuen Rechtsgrundlage. Darin liegt nicht lediglich eine Modifikation des bisherigen Vertrags. Das gilt jedenfalls, wenn – wie im Streitfall – das System der betrieblichen Altersversorgung vom ArbG vollständig um- und auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt wird.

Unproblematisch ist nach Meinung des BFH auch, dass der Kläger der Verständigung mit dem ArbG zugestimmt hat. Eine »Zwangssituation«, auf die es nach der Rechtsprechung für die Annahme einer Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ankommt, ist beim ArbN jedenfalls nicht deshalb zu verneinen, weil er einer gütlichen Einigung zugestimmt hat. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass ihm A bei Nichtzustimmung in Aussicht gestellt habe, keine Abfindung und lediglich reduzierte Versorgungsleistungen zu zahlen. Wenn der ArbN unter diesen Bedingungen dem neuen Regelwerk zustimmt, steht er dabei unter einem nicht unerheblichen Druck. Auch die zusätzliche Voraussetzung für die Anwendung des § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG, dass es im Streitjahr zu einer Zusammenballung von Einkünften und infolgedessen zu einer Progressionssteigerung gekommen ist, liegt vor, da sich die Abfindung von rund 45 600 € tariferhöhend ausgewirkt hat.

2.1.3. Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung

Nach einem Urteil des FG Münster vom 27.4.2013 (12 K 1625/12 E, EFG 2013, 1222, LEXinform 5015154, rkr.) stellt die Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung keine Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG dar, wenn mit der zugrunde liegenden Vereinbarung keine bereits feststehenden Ansprüche auf eine laufende Vergütung abgegolten werden, sondern erstmalig ein Vergütungsanspruch festgestellt wird. Im Gegensatz dazu hatte der BFH mit Urteil vom 29.2.2012 (IX R 28/11, BStBl II 2012, 569) die Abfindung einer Arbeitnehmererfindervergütung als steuerbegünstigte Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG angesehen. Im Unterschied zum dem o.a. Urteil des FG Münster zugrunde liegenden Sachverhalts trat die Abfindung im Urteilsfall des BFH an die Stelle der künftigen Ansprüche aus der Vereinbarung auf Arbeitnehmererfindervergütung, die sich mit der Erfüllung der Abfindungsvereinbarung erledigen.

Beispiel 1:

Der Stpfl. X schloss anlässlich der Verlagerung seines Arbeitsplatzes bei der A mit seinem ArbG einen Aufhebungsvertrag zum 31.12.12. Danach wurde das Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Gründen gekündigt. Für den Verlust des Anstellungsverhältnisses erhielt er eine Entschädigung von 1 176 000 €, die das FA nach §§ 34 Abs. 1 und 2, 24 Nr. 1 Buchst. a EStG begünstigt versteuerte. Nach dem Aufhebungsvertrag wurde dem X eine weitere Abfindungszahlung in Höhe eines Einmalbetrages von 358 000 € brutto für den Fall zugesagt, dass er bis zum 31.3.13 keine Mitarbeiter des Konzerns der A abwerbe oder abwerben lasse.

Zum 1.1.13 nahm X bei B eine neue Tätigkeit auf. Diese sagte ihm u.a. Folgendes zu: »Als Ausgleich für die bei Ihrem früheren Arbeitgeber entgangene Sonderzahlung für den Zeitraum 1.1.13 bis 31.3.13 zahlen wir Ihnen im April 13 eine Sonderzahlung i.H.v. brutto 358 000 €. Die Auszahlung steht unter dem Vorbehalt, dass Sie das Arbeitsverhältnis während der ersten 6 Monate nicht kündigen und diese Zahlung Ihnen entgeht.« Auf Veranlassung des X wechselten 13 Mitarbeiter der A zur B, sodass die A die zweite Zahlung verweigerte und die B die Sonderzahlung leistete. Das FA lehnte eine Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG ab.

Lösung 1:

Sachverhalt und Lösung entsprechen dem Entscheidungsfall des BFH-Beschlusses vom 25.8.2005 (XI B 40/04, BFH/NV 2006, 274, LEXinform 5901764).

Verspricht der neue ArbG seinem ArbN eine Entschädigung dafür, dass dieser die von seinem bisherigen ArbG zugesagte bedingte »Abfindung« ggf. nicht erhalte, so ist für jede der beiden Zusagen das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 24 Nr. 1 EStG gesondert zu prüfen.

Für die Zusage der B ist von einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG auszugehen. Dabei ist zu prüfen, ob X bei deren Abschluss unter rechtlichem, tatsächlichem oder wirtschaftlichem Druck gehandelt habe, was vorliegend zu verneinen ist. Die geleistete Zahlung stellt die Erfüllung der von B abgegebenen bedingten (Entschädigungs-)Zusage dar. Die Zusage sollte den X für (bedingt) entgehende Einnahmen entschädigen. X hat den Bedingungseintritt und damit das Schadensereignis aber selbst freiwillig herbeigeführt. Das von ihm als Motiv angeführte eigene berufliche Fortkommen begründet keinen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck, zumindest wenn man eine sichere Stellung innehat.

2.1.4. Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld

Nach Auffassung des FG Düsseldorf (FG Düsseldorf Urteil vom 25.10.2010, 11 K 2909/09 E, LEXinform 5011603, rkr.) stellen die nach Insolvenz des bisherigen ArbG für die Dauer eines Veranlagungszeitraums von einer zur Abwicklung eingeschalteten Transfergesellschaft gezahlten Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG dar, die nach der sog. Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG tarifermäßigt zu besteuern seien. Die Umwandlung des Dienstverhältnisses in ein Abwicklungsbeschäftigungsverhältnis ohne Arbeitsverpflichtung (Kurzarbeit Null) stehe nach Meinung des Gerichts der Annahme einer neuen Rechtsgrundlage nicht entgegen.

In Übereinstimmung mit dem FG Düsseldorf hatte auch das FG Münster mit Urteil vom 15.11.2017 (7 K 2635/16, Pressemitteilung Nr. 13/2017 vom 15.12.2017, LEXinform 0447545) zunächst entschieden, dass Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld ermäßigt besteuert werden können. Allerdings hatte die vom zuständigen FA gegen das Urteil des FG Münster eingelegte Revision Erfolg. Der BFH sah die Revision als begründet an und hob die gegenteilige Vorentscheidung des FG Münster mit Urteil vom 12.3.2019 (IX R 44/17, BFHE 264, 1, LEXinform 0951647) auf.

Im Leitsatz seiner Entscheidung stellt der BFH fest, dass Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld, die auf der Grundlage eines Transfer-Arbeitsverhältnisses und mit Rücksicht auf dieses von der Transfergesellschaft geleistet werden, regelmäßig nicht als Entschädigungen i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG, sondern als laufender Arbeitslohn i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusehen seien. Die Tatsache, dass sich die Verpflichtungen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag mit der Transfergesellschaft in erster Linie auf die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen, die Durchführung eines Profilings nach § 111 SGB III oder sonstige Maßnahmen zur Verbesserung seiner Arbeitsmarktchancen bezogen, spreche nicht gegen die Annahme laufender Einnahmen i.S.d. § 19 EStG.

Der Entscheidung des BFH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war seit über 20 Jahren als Arbeitnehmer bei einer AG beschäftigt, die mit ihm und einer rechtlich eigenständigen Transfer-GmbH ohne gesellschaftsrechtliche Verbindung zur AG aufgrund der Stilllegung des Werks der AG zum 31.12.2014 einen dreiseitigen Vertrag schloss. Danach wurde das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der AG zum 31.3.2015 gegen Zahlung einer hohen sechsstelligen Abfindung aus betriebsbedingten Gründen aufgehoben. Außerdem begründete der Kläger mit der Transfer-GmbH ein auf den Zeitraum 1.4.2015 bis zum 31.3.2017 befristetes Arbeitsverhältnis, mit dem Ziel, dem Kläger Qualifizierungsmöglichkeiten zu eröffnen und dessen Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Geschäftsgrundlage dafür war die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld i.S.v. § 111 SGB III für diesen Zeitraum, wobei die GmbH sich zur Zahlung eines Zuschusses zum Transferkurzarbeitergeld verpflichtete. Einen Anspruch auf Beschäftigung hatte der Kläger gegenüber der GmbH nicht.

Im Streitjahr 2015 erhielt der Kläger von der AG bis zum 31.3.2015 laufenden Arbeitslohn sowie die vereinbarte sechsstellige Abfindung. Ferner erhielt er vom 1.4.2015 bis zum 31.3.2016 Transferkurzarbeitergeld gem. § 111 SGB III von der Bundesagentur für Arbeit, wobei die Transfer-GmbH vereinbarungsgemäß Aufstockungsbeträge i.H.v. rund 6 800 € im Jahr 2015 und rund 7 600 € im Jahr 2016 beisteuerte.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 erfasste das beklagte Finanzamt sämtliche von der AG und der Transfer-GmbH geleisteten Zahlungen beim Kläger als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Abfindung unterwarf es als außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG dem ermäßigten Tarif, die Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld erfasste es dagegen als laufenden Arbeitslohn. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das FG Münster gab mit dem o.a. Urteil vom 15.11.2017 (7 K 2635/16, LEXinform 0447545) der hiergegen erhobenen Klage statt und unterwarf die Einkünfte des Klägers i.H.v. rund 6 800 € unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids des Streitjahrs dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG. Die Revision des Finanzamts hatte Erfolg und führte unter Aufhebung der Vorentscheidung zur Abweisung der Klage.

2.1.5. Entgelt für die vorzeitige Beendigung eines Genussrechtsverhältnisses

Wird dem Inhaber von Genussrechten, die keine Beteiligung am Unternehmensvermögen vermitteln, ein Entgelt dafür gewährt, dass ihm aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Genussrechtsverhältnisses Einnahmen aus der Verzinsung des Genussrechtskapitals entgehen, handelt es sich dem Grunde nach um eine gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerpflichtige Entschädigung (BFH Urteil vom 11.2.2015, VIII R 4/12, BStBl II 2015, 647). Als Entgelt für die Aufgabe des Genussrechts wurde dem Genussrechtsinhaber eine Einmalzahlung i.H.d. dreifachen Nominalwerts gewährt. Die Zahlung von 22 195,20 € wurde i.H.v. 11 097,60 € gleichmäßig auf zwei Veranlagungszeiträume verteilt.

Die Einmalzahlung i.H.d. dreifachen Nennbetrags gehört nicht unmittelbar zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG. Denn die Zahlung erfolgte nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt nicht als Gegenleistung für die Nutzung des vom Stpfl. überlassenen Kapitals. Vielmehr wurde sie gerade dafür vereinbart, dass der auf die entgeltliche Nutzung des Kapitals gerichtete Vertrag einvernehmlich aufgelöst wurde. Die Einmalzahlung ist aber als Entschädigung, die als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährt worden ist, gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerpflichtig; denn die Einnahmen, die der Stpfl. erzielt hätte, wenn er die Genussrechte behalten hätte, wären gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu besteuern gewesen.

§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ergänzt die Einkünftetatbestände der §§ 13 bis 23 EStG, schafft jedoch keinen neuen Besteuerungstatbestand. Es muss demgemäß eine kausale Verknüpfung zwischen der Entschädigung und den entgangenen Einnahmen bestehen. Die entgangenen Einnahmen müssen, falls sie erzielt worden wären, steuerpflichtig sein.

Die als Entschädigung zu beurteilende Einmalzahlung unterliegt jedoch nicht der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG, da sie sich i.H.v. jeweils 11 097,60 € gleichmäßig auf zwei Veranlagungszeiträume verteilte. Damit fehlt es an einem zusammengeballten Zufluss als Voraussetzung für eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG (s.a. Anmerkung vom 18.6.2015, LEXinform 0946942).

2.1.6. Abfindung wegen Auflösung des Mietverhältnisses

Abfindungszahlungen zur Auflösung eines Mietverhältnisses, die als Entgelt für die Räumung und Rückgabe des Mietgegenstandes gezahlt werden, sind nicht als tarifbegünstigte Entschädigungszahlungen zu qualifizieren. Etwas anderes gilt, wenn die Entschädigungszahlungen nach den getroffenen Vereinbarungen als Ausgleich für den entgangenen Gewinn in den Folgejahren geleistet werden (FG Hessen Urteil vom 1.8.2012, 10 K 761/08, LEXinform 5014067, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. BFH: VIII B 129/12).

In dem Verfahren (Az. 10 K 761/08) hatte ein Wirtschaftsprüfer/Steuerberater im Rahmen eines Zeitmietvertrages Praxisräume in einem Bürogebäude angemietet, das der Vermieter noch während der vertraglich vereinbarten Mietzeit veräußerte. Der neue Eigentümer beabsichtigte den Abriss des Gebäudes und einen anschließenden Neubau. Deshalb wurde das Mietverhältnis mit dem Kläger im Rahmen einer gesonderten Vereinbarung gegen Zahlung einer Abfindung vorzeitig aufgelöst. Das Hessische FG urteilte, dass die Abfindungszahlung, die der Kläger von dem neuen Eigentümer für die Auflösung des Mietverhältnisses erhalten hatte, keine steuerbegünstigte Entschädigung i.S.d. §§ 24 Nr. 1 Buchst. a, 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG darstelle. Maßgeblich sei dabei die Sichtweise der Vertragsparteien, die aus deren vertraglichen Vereinbarungen, erforderlichenfalls im Wege der Auslegung, abzuleiten sei. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung des Klägers mit dem neuen Eigentümer sei die gesamte Abfindung jedoch ausschließlich als Entgelt für die Räumung und Rückgabe des Mietgegenstandes gezahlt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung – steuerbegünstigt – als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen des Klägers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit gezahlt worden sei, seien nicht zu erkennen. Gegenstand der Vertragsverhandlungen sei lediglich der Preis für die Entmietung gewesen, was das Vorliegen einer steuerbegünstigten Entschädigung für entgangenen Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers ausschließe (s.a. Pressemitteilung des Hessischen FG vom 6.9.2012, LEXinform 0438375).

Beispiel 2:

Der Stpfl. erzielte im Kj. 06 u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem Gesamt-Objekt bestehend aus insgesamt neun Reihenhäusern. Die Gebäude waren seit Juli 01 für zehn Jahre an die Bundesrepublik Deutschland vermietet und wurden von niederländischen Streitkräften bewohnt. Die Vermietung der Reihenhäuser erfolgte umsatzsteuerfrei gem. § 4 Nr. 7 UStG. Die vom Finanzamt erstatteten Vorsteuerbeträge aus den Baukosten i.H.v. insgesamt 131 805,18 € (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG) wurden im Jahr der Erstattung vom Stpfl. als Einnahme versteuert.

Die Mietverträge wurden im Kj. 06 zu unterschiedlichen Terminen mit jeweiligen Aufhebungsverträgen einvernehmlich aufgehoben. Sämtliche gegenseitigen Ansprüche waren mit der Unterzeichnung abgegolten. Nach den Aufhebungsverträgen erhielt der Stpfl. pro Einzel-Objekt »für die vorzeitige Auflösung des Mietverhältnisses und der sich daraus für den Vermieter (den Stpfl.) ergebenden finanziellen Nachteile (z.B. Umsatzsteuerrückzahlung) und Risiken (z.B. Anschlussvermietung) …. eine einmalige Zahlung« i.H.v. insgesamt 147 918 € als Abgeltungsbetrag. Die Abgeltung für das Gesamt-Objekt betrug danach:

Risiko der Anschlussvermietung

93 950 €

Umsatzsteuerrückzahlung

52 233 €

Schadensersatzleistung

1 735 €

Gesamtsumme:

147 918 €

Lösung 2:

Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH Urteil vom 18.10.2011 (IX R 58/10, BStBl II 2012, 286).

Die Zahlung von 52 233 € ist als laufende Einnahme zu behandeln. Die Zahlung an den Stpfl. stellt sich nicht als Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen dar. Dem Stpfl. sind die Vorsteuererstattungen als Einnahmen zugeflossen, die der Stpfl. nach Beendigung der Mietverhältnisse aufgrund der Aufhebungsverträge möglicherweise z.T. wieder hätte zurückzahlen müssen. Es handelt sich somit um den Ausgleich eventuell zurückzuzahlender Einnahmen, die sich beim Stpfl. als Ausgaben (Werbungskosten) auswirken, also um einen von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht erfassten Ausgabenausgleich.

2.1.7. Entlassungsentschädigung eines Kommanditisten und Gesellschafter-Geschäftsführers

Zur Entlassungsentschädigung eines Kommanditisten und Gesellschafter-Geschäftsführers der Komplementär-GmbH nimmt die OFD Frankfurt mit Vfg. vom 20.10.2016 (S 2241 A – 098 – St 213, DStR 2016, 2856) Stellung:

Der Kommanditist einer GmbH & Co. KG, der gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH (die keine eigene Geschäftstätigkeit entfaltet) ist und der bei seinem Ausscheiden aus der Unternehmensleitung eine Abfindung erhält, möchte dafür die Steuervergünstigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG in Anspruch nehmen. Nach der OFD Frankfurt sind diese Fälle wie folgt zu behandeln:

Es besteht hier zwar ein zivilrechtliches Anstellungsverhältnis. Der Stpfl. nimmt jedoch eine Doppelfunktion wahr, da er nicht nur Organ der GmbH, sondern auch Mitunternehmer der KG ist. Die Geschäftsführertätigkeit kann nicht von seiner Eigenschaft als Mitunternehmer gelöst werden. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist zumindest immer dann anzuwenden, wenn – wie hier – der Unternehmensgegenstand der Komplementär-GmbH sich nur auf die Geschäftsführung der KG beschränkt.

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb sind neben den Gewinnanteilen auch die Vergütungen für die Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft als Sonderbetriebseinnahmen hinzuzurechnen. Durch die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG soll der Mitunternehmer im Bereich der Tätigkeitsvergütungen dem Einzelunternehmer gleichgestellt werden. Da es für den Einzelunternehmer nicht möglich ist, Verträge mit sich selbst abzuschließen, kann er auch keine – steuerbegünstigte – Abfindung für seine Arbeitsleistung beziehen. Dementsprechend ist auch die Abfindung, die der Mitunternehmer erhält, nicht nach § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG steuerbegünstigt, sondern unselbstständiger Bestandteil des Gewinns aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils.

Scheidet der Kommanditist lediglich aus der Geschäftsführung der GmbH aus, ohne gleichzeitig seinen Kommanditanteil zu veräußern, handelt es sich bei der Abfindung um eine laufende Sonderbetriebseinnahme.

Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG sind u.a. nur dann nach § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigt, wenn sie in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und zu einer Zusammenballung von Einnahmen führen. Zur Zusammenballung von Einkünften s. die Erläuterungen zu → Entlassungsentschädigungen sowie → Abfindungen.

2.1.8. Entschädigung wegen Körperverletzung

Bei Entschädigungen wegen Körperverletzung ist zu unterscheiden zwischen Beträgen, die den Verdienstausfall ersetzen, und solchen, die als Ersatz für Arzt- und Heilungskosten und die Mehraufwendungen während der Krankheit sowie als Ausgleich für immaterielle Einbußen in Form eines Schmerzensgelds gewährt werden. Nur soweit entgangene oder entgehende Einnahmen auf Grund der verminderten Erwerbsfähigkeit ersetzt werden, besteht Steuerpflicht i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Dies gilt auch, wenn der Ersatz für entgehende Einnahmen von einem Dritten, hier der Versicherung des Unfallverursachers, gezahlt wird (BFH Urteil vom 21.1.2004, XI R 40/02, BStBl II 2004, 716).

Erhält der Stpfl. wegen der Körperverletzung durch einen Dritten auf Grund von mehreren gesonderten und unterschiedliche Zeiträume betreffenden Vereinbarungen mit dessen Versicherung Entschädigungen als Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen, so steht der Zufluss der Entschädigungen in verschiedenen Veranlagungszeiträumen der tarifbegünstigten Besteuerung jeder dieser Entschädigungen nicht entgegen (BFH Urteil vom 21.1.2004, XI R 40/02, BStBl II 2004, 716).

2.1.9. Unfallentschädigung für Verdienstausfall

Eine Unfallentschädigung für Verdienstausfall, die ein Gewerbetreibender erhält, zählt nach § 24 Nr. 1a EStG als → Betriebseinnahmen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Nach dem BFH-Urteil vom 26.5.2020, IX R 15/19, BFH/NV 2020, 1331 (veröffentlicht am 15.10.2020) kommt die Anwendung des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht in Betracht, wenn ein Unfallopfer von der Versicherung des Schädigers Ersatz für den rein hypothetisch berechneten Erwerbs- und Fortkommensschaden erhält, die Versicherungsleistung aber trotz der Bezeichnung als Verdienstausfall nicht als Ersatz für steuerbare Einnahmen aus einer konkreten Einkunftsquelle i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG angesehen werden kann.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin hatte im Kindesalter einen schweren Autounfall und leidet seitdem unter irreversiblen körperlichen und geistigen Folgeschäden, so dass sie zeitlebens nicht in der Lage ist, eine Ausbildung zu beginnen oder Arbeitseinkommen zu erzielen. Die Versicherung des Schädigers leistete nach einer juristischen Auseinandersetzung im Jahr 2015 eine als Verdienstausfall bezeichnete Zahlung von 695 000 €, die das zuständige FA als stpfl. Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG der ermäßigten Besteuerung nach der Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG unterwarf, wobei die diesbezüglichen Rechtsanwaltskosten von 57 000 € als Werbungskosten berücksichtigt wurden. Auch das zuständige FG folgte dieser Einschätzung mit der Begründung, die Versicherungsleistung sei von den Beteiligten im Zivilrechtsstreit ausdrücklich als Verdienstausfall und damit als Ersatz für entgehende Einnahmen bezeichnet worden.

Im Gegensatz dazu entschied der BFH mit o.a. Urteil, die Versicherungsleistung sei nicht steuerbar und die Rechtsanwaltskosten folglich nicht als Werbungskosten, sondern als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen. Eine Zahlung zum Ausgleich des Erwerbs- oder Fortkommensschadens nach § 842 BGB könne nur dann als Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG behandelt werden, wenn die Zahlung unmittelbar dazu dient, steuerbare und stpfl. Einnahmen zu ersetzen. Das bedeutet, dass zwischen Entschädigung und entgangenen Einnahmen eine kausale Verknüpfung bestehen muss (BFH vom 21.8.1990, VIII R 17/86, BStBl II 1991, 76). Andernfalls sei der Ersatz des Erwerbs- und Fortkommensschadens ebenso steuerfrei wie die durch ihn ersetzten Leistungen.

Wird einer als Kind geschädigten Person auch ohne konkrete Erwerbsaussichten der Ersatz eines Erwerbs- und Fortkommensschadens unter dem Gesichtspunkt zugestanden, dass ein junger Mensch auf Dauer nicht ohne Erwerbseinkünfte sein wird, bedeute dies nicht den Ersatz bestimmbarer Einnahmen, sondern den Ausgleich für den Verlust der abstrakten Chance, sich ein Erwerbsleben aufzubauen. Aus einem solchen prognostizierten rein hypothetischen Erwerbsleben könne jedoch weder auf eine bestimmte Einkunftsart noch auf die Steuerbarkeit der hierbei lediglich abstrakt unterstellten Einkünfte geschlossen werden. Im Streitfall fehle es an einer bestimmbaren Einkunfts- bzw. Erwerbsquelle und somit auch an der erforderlichen kausalen Verknüpfung zwischen Entschädigung und entgangenen steuerbaren Einnahmen.

Im Rahmen des § 842 BGB ist jeder Einsatz der Arbeitskraft, mit der eine sonst am Markt nur gegen Entgelt erhältliche Dienstleistung erbracht wird, als Vermögensschaden zu werten. Zivilrechtlich entsteht demnach ein Erwerbs- und Fortkommensschaden selbst dann, wenn der Geschädigte überhaupt nicht beabsichtigt, einen Beruf zu ergreifen oder gegen Entgelt tätig zu sein. Im Gegensatz dazu entsteht eine steuerbare Ersatzleistung nur dann, wenn die Entschädigung als Ersatz für steuerbare Einnahmen aus einer bestimmten oder hinreichend bestimmbaren Einkunftsquelle gezahlt wird. Bei Verletzungen im Kindesalter sind etwaige Prognosen, ob und gegebenenfalls welche Erwerbstätigkeit der Geschädigte aufgenommen hätte, allerdings mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und daher rein spekulativ. Anders läge der Fall bei Zahlungen an ein bereits im Berufsleben stehendes Unfallopfer. Im Übrigen – so der BFH weiter – kann auch eine auf Ersatzansprüche entfallende steuerliche Belastung einen Schaden darstellen, den der Geschädigte gegen den Schädiger geltend machen kann (BGH vom 10.4.1979, VI ZR 151/75, NJW 1979, 1501). Ein Geschädigter werde daher eine Leistung nur dann als »Ersatz für entgehende Einnahmen« i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG akzeptieren, wenn auch über den Ersatz des Steuerschadens eine Vereinbarung mit dem Schädiger, also eine Bruttoabfindungsvereinbarung getroffen werde. Auch eine derartige Einigung, die auf den Ersatz stpfl. Einnahmen hindeuten könnte, sei im Streitfall jedoch nicht erfolgt.

2.1.10. Entschädigung wegen Überspannung eines Grundstücks mit einer Stromleitung

Mit Urteil vom 2.7.2018, IX R 31/16 (LEXinform 0951053) hat der BFH entschieden, dass eine einmalige Entschädigung für das mit einer immerwährenden Dienstbarkeit gesicherte und zeitlich unbegrenzte Recht auf Überspannung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung nicht zu den steuerbaren Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG gehört. Es liegen weder eine unter § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fallende entgeltliche Nutzungsüberlassung noch eine sonstige Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG vor. Zum geschilderten Verfahren vgl. auch Pressemitteilung des BFH vom 10.10.2018 (LEXinform 0448797).

Im Urteilsfall schloss der Stpfl. anlässlich der Planung einer Hochspannungsleitung über ein ihm gehörendes bebautes Grundstück, das er gemeinsam mit seinem Ehegatten zu eigenen Wohnzwecken nutzte, mit der Betreiber-GmbH des Stromnetzes eine Vereinbarung, wonach die GmbH berechtigt war, das Grundstück für Zwecke des Baus, Betriebs und der Unterhaltung elektrischer Leitungen in zeitlich unbegrenztem Umfang in Anspruch zu nehmen. Darin verpflichtete sich der Grundstückseigentümer gleichzeitig zur Eintragung einer entsprechenden Dienstbarkeit im Grundbuch. Als Gegenleistung erhielt der Stpfl. von der Betreiber-GmbH eine einmalige Entschädigung in Höhe von 18 000 €, die Höhe der Entschädigung bemaß sich nach der Minderung des Verkehrswerts des überspannten Grundstücks. Vereinbarungsgemäß wurde das Grundstück mit elektrischen Leistungen überspannt, die Errichtung eines eigenen Strommastes auf dem Grundstück war nicht erforderlich.

Im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zur ESt erfasste das örtlich zuständige FA die Entschädigungszahlung als Einkünfte aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG. Die dagegen erhobene Klage wies das FG Düsseldorf mit Urteil vom 20.9.2016 (10 K 2412/13 E) ab und vertrat die Auffassung, es lägen zwar keine Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG vor, da die Überspannung des Grundstücks und die Eintragung einer Dienstbarkeit notfalls auch zwangsweise hätten durchgesetzt werden können. Stattdessen gehöre die Entschädigungszahlung jedoch zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Zur Begründung führte das FG aus, die Belastung des Grundstücks mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit habe keinen endgültigen Rechtsverlust zur Folge. Außerdem bestehe die Gegenleistung des Stpfl. ausschließlich darin, der Betreiber-GmbH einen Teil des Luftraums über seinem Grundstück für den Betrieb der Leitung zur Nutzung zu überlassen und der Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit zuzustimmen. Bei dieser Vereinbarung handele es sich aus wirtschaftlicher Sicht um eine Nutzungsüberlassung gegen Entgelt, so dass die Entschädigungszahlung den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sei.

In seinem o.a. Urteil vom 2.7.2018 führt der BFH aus, die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung setze voraus, dass einem Dritten zeitlich begrenzt unbewegliches Vermögen oder grundstücksgleiche Rechte gegen Entgelt zum Gebrauch oder zur Nutzung überlassen werden. Demzufolge könne das Entgelt für die zeitlich begrenzte Belastung eines Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zwar grundsätzlich als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu beurteilen sein, weil die Belastung mit einer Dienstbarkeit zur Nutzung eines Grundstücks keinen endgültigen Rechtsverlust in Form eines Eigentumsverlusts zur Folge habe. Diesbezüglich spiele es auch keine Rolle, ob der Grundstückseigentümer die Grunddienstbarkeit freiwillig oder zwangsweise bspw. aufgrund eines behördlichen Besitzeinweisungsbeschlusses einräume. Die Grenze vom Nutzungsbereich zum Vermögensbereich sei jedoch überschritten, wenn die tatsächliche Durchführung der durch die Dienstbarkeit gesicherten Vereinbarungen dazu führe, dass der Besteller zwar bürgerlich-rechtlich Eigentümer des belasteten Grundstücks bleibe, er aber seine Herrschaftsgewalt wirtschaftlich in vollem Umfang auf Dauer verliert, d.h. auch eine Rückübertragung der Grunddienstbarkeit praktisch unmöglich wird. Entscheidend dafür, ob eine zeitlich begrenzte unter § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG fallende Nutzungsüberlassung oder eine nicht steuerbare unbefristete dingliche Belastung des Grundstücks vorliege, sei der wirtschaftliche Gehalt der zugrunde liegenden Vereinbarung. Im Streitfall fehle es an einer zeitlich begrenzten Nutzungsüberlassung. Die der GmbH eingeräumten Befugnisse seien weder schuldrechtlich noch dinglich auf eine bestimmte Dauer beschränkt, da dem Grundstückseigentümer kein Recht auf Rückübertragung der der GmbH übertragenen Rechte eingeräumt worden sei. Diese Tatsache habe zur Folge, dass der Stpfl. in seinen Eigentumsrechten endgültig eingeschränkt sei. Außerdem stelle die Entschädigung – so der BFH weiter – bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Gegenleistung für die Grundstücksnutzung, sondern einen Ausgleich für die dingliche Eigentumsbeschränkung und die damit verbundene Wertminderung des Grundstücks dar. Dies könne insbesondere auch daraus abgeleitet werden, dass sich die Berechnung der Entschädigungszahlung an der Minderung des Verkehrswerts des Grundstücks aufgrund der Dienstbarkeit orientiere. Im Vordergrund stehe nach wirtschaftlicher Betrachtung somit nicht die zeitlich begrenzte Nutzungsüberlassung des Grundstücks, sondern die endgültige Aufgabe eines Vermögenswerts. In der Konsequenz bedeute dies, dass der Streitfall wie eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung zu behandeln sei und daher nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führe.

Die Entschädigungszahlung gehört nach Auffassung des BFH auch nicht zu den Einnahmen aus sonstigen Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG. Darunter falle ganz allgemein jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und eine Gegenleistung auslöse, nicht jedoch Veräußerungs- und veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich. Da das Entgelt im vorliegenden Urteilsfall für die endgültige substanzielle Aufgabe eines Vermögensgegenstandes gezahlt wird, liegen keine sonstigen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG vor. Dass der Steuerpflichtige sich zur Vermeidung einer drohenden Enteignung dazu bereit erklärt habe, eine Beschränkung seines Eigentums gegen Entschädigung hinzunehmen, führe nicht zu einer anderen Beurteilung.

Perspektivisch betrachtet kann der Entscheidung des BFH im Hinblick auf die bundesweit geplante Erstellung von Stromtrassen künftig große Bedeutung zukommen. Nach Auffassung des Gerichts sind insbesondere die jeweiligen Vereinbarungen zwischen Grundstückseigentümer und Netzbetreiber maßgeblich für die steuerliche Beurteilung. Auch dürfte die Frage der Steuerbarkeit der Entschädigungszahlungen bei den Verhandlungen der Parteien eine entscheidende Rolle spielen. Dabei ist zu beachten, dass eine Entschädigung jedenfalls dann nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehört, wenn nicht die zeitlich vorübergehende Nutzungsmöglichkeit am Grundstück, sondern die unbefristete dingliche Belastung mit einer Dienstbarkeit und damit die Aufgabe eines Eigentumsbestandteils vergütet wird.

2.1.11. Entschädigung eines Erwerbslosen wegen Erwerbsschaden

Mit Urteil vom 20.7.2018, IX R 25/17 (LEXinform 0951483), hat der BFH entschieden, dass es für die Erfassung einer Entschädigung, die ein im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses Erwerbsloser vom Schädiger nach § 842 BGB als Ersatz für den verletzungsbedingt erlittenen Erwerbsschaden erhält, als steuerpflichtige Einnahmen i.S.d. EStG darauf ankommt, ob mit der Entschädigungszahlung steuerbare und steuerpflichtige Einnahmen ersetzt werden sollen.

Im Urteilsfall schied der Stpfl. zum Ende des Jahres 2000 im Alter von 36 Jahren nach langjähriger Arbeitnehmertätigkeit aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Betrieb aus und war seitdem arbeitslos gemeldet. Im Jahr 2003 wurde er in der Folge einer missglückten Operation dauerhaft erwerbsunfähig und bezog seit Februar bzw. März 2004 Arbeitslosengeld nach dem SGB II, bekannt auch unter den Bezeichnungen »Arbeitslosengeld II« oder »Hartz IV«.

Im Streitjahr 2009 erklärte sich der Haftpflichtversicherer des Schädigers in einer vom Stpfl. unterzeichneten gegenseitigen Vereinbarung bereit, zum Ausgleich aller aufgrund der missglückten Operation eingetretenen und noch eintretenden Schäden einen Betrag von insgesamt 490 000 € zu zahlen. Von diesem Gesamtbetrag entfallen 255 000 € auf Schmerzensgeld und Haushaltsführungsschaden sowie 235 000 € auf Verdienstausfall. Grundlage der Vereinbarung war die Zusicherung des Stpfl., dass er keine Leistungen eines Sozialversicherungsträgers erhalte. Bereits vor dem Jahr 2009 geleistete Vorschüsse i.H.v. insgesamt 50 000 € sollten auf den Betrag von 490 0000 € angerechnet werden. Die Versicherung bemaß den Erwerbsschaden des Stpfl. für die Vergangenheit mit 60 000 € und für die Zukunft mit 175 000 €, sodass sich insgesamt der o.a. Betrag von 235 000 € ergibt. Zur Ermittlung des Verdienstausfalls hatte der Stpfl. der Versicherung die Lohnabrechnungen eines Arbeitskollegen mit ähnlicher Berufsqualifikation und vergleichbarer Tätigkeit zur Verfügung gestellt. Nachdem der Stpfl. der Vereinbarung zugestimmt hatte, zahlte die Versicherung noch im Jahr 2009 den nach Anrechnung der Vorschüsse von 50 000 € verbleibenden Betrag von 440 000 € aus.

Im Rahmen der ESt-Veranlagung für das Jahr 2009 schätzte das zuständige FA die Einkünfte des Stpfl. aus nichtselbstständiger Arbeit entsprechend der o.a. Vereinbarung auf 235 000 €, setzte die ESt nach dem ermäßigten Tarif gem. § 34 Abs. 1 EStG (sog. Fünftel-Regelung) fest und berücksichtigte dabei, dass die Verdienstausfallentschädigung bereits teilweise in den Vorschusszahlungen enthalten war. Das FG Köln wies die dagegen gerichtete Klage des Stpfl. mit Urteil vom 1.6.2017, 10 K 3444/15 ab und stellte insbesondere fest, es sei für die steuerliche Erfassung der Entschädigung unerheblich, dass der Kläger zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.

Im gegen die Entscheidung des FG gerichteten Revisionsverfahren führte der BFH aus, die Schadenersatzpflicht wegen einer Körperverletzung erstrecke sich nach § 842 BGB auf die Nachteile, die die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführe. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit komme eine Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nur für solche Zahlungen in Betracht, die den Erwerbs- und Fortkommensschaden ausgleichen sollten, da nur insoweit Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen geleistet werde. Im Gegensatz dazu fielen Zahlungen, mit denen Arzt-, Heilungskosten oder andere verletzungsbedingte Mehraufwendungen ersetzt werden oder Zahlungen, die immaterielle Schäden ausgleichen sollen (= Schmerzensgelder), nach dem BFH-Urteil vom 11.10.2017, IX R 11/17 (BFH/NV 2018, 360) nicht unter die Vorschrift.

Weiterhin müsse es sich bei den Einnahmen, deren Ausfall ersetzt werden soll, um steuerbare und stpfl. Einnahmen handeln, die hypothetisch unter eine bestimmte Einkunftsart fielen. Entscheidend für die steuerliche Erfassung als Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sei daher, ob mit der Zahlung steuerbare und stpfl. Einnahmen ersetzt werden sollten (sog. Verdienstausfall). Sollten mit der Zahlung hingegen der Wegfall des Anspruchs auf steuerfreie Sozialleistungen wie das ALG nach dem SGB III (sog. ALG I, § 3 Nr. 2 EStG a.F., § 3 Nr. 2 Buchst. a EStG n.F.) oder das ALG II (sog. Hartz IV, § 3 Nr. 2b EStG a.F., § 3 Nr. 2 Buchst. d EStG n.F.) ausgeglichen werden, so liege keine steuerpflichtige Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vor. Außerdem spiele es – so der BFH weiter unter Berufung auf das diesbezügliche BFH-Urteil vom 12.7.2016, IX R 33/15, BStBl II 2017, 158 – für die Erfassung der Entschädigung als steuerpflichtige Einnahmen keine Rolle, ob die Entschädigungszahlungen vom Schädiger selbst oder von dritter Seite, z.B. von einer Versicherung, geleistet werden, wenn der leistende Dritte dem Geschädigten gegenüber zur Leistung verpflichtet sei.

Beruhe die Leistung wie vorliegend auf einer Vereinbarung zwischen den Beteiligten, müsse nach Auffassung des BFH im Zweifelsfall durch Auslegung ermittelt werden, ob der Schädiger den zukünftigen Verdienstausfall oder ob er nur den Schaden ersetzen wolle, der darin besteht, dass der Anspruch auf steuerfreie Sozialleistungen weggefallen sei. Dabei müssten die genauen Umstände berücksichtigt werden, die zum Zustandekommen der betreffenden Vereinbarung geführt haben. Auch sei bei der notwendigen Auslegung einer Entschädigungsvereinbarung nicht die Bezeichnung der Entschädigungszahlung entscheidend, sondern der Zweck der Leistung.

Unter diesem Gesichtspunkt hob der BFH das FG-Urteil auf, da daraus nicht hervorgehe, auf welcher Grundlage die Entschädigung errechnet wurde bzw. welchen Schaden die Versicherung ersetzen wollte. Zwar habe der Stpfl. auf die Lohnabrechnungen eines Berufskollegen verwiesen, das FG habe jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Versicherung diese Umstände tatsächlich berücksichtigt habe. Stattdessen sei zu vermuten, die Versicherungsleistung orientiere sich ihrer Höhe nach eher am Grundbedarf des Stpfl. als am Verdienstausfall. Da der Stpfl. im Zeitpunkt der Entschädigungszahlung bis zur Pensionierung noch rund 20 Erwerbsjahre vor sich habe, ergebe sich bei der gezahlten Gesamtentschädigung von 175 000 € – ohne Berücksichtigung einer eventuellen Abzinsung – eine Ersatzleistung von weniger als 9 000 € pro Jahr, ein im Vergleich zum realistischen Verdienstausfall viel zu geringer Betrag.

Weiterhin stehe die Tatsache, dass der Stpfl. vor der missglückten Operation bereits drei Jahre arbeitslos war, der Erfassung der Zahlung als Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht entgegen. Auch sei nicht entscheidend, wie wahrscheinlich er bei gut verlaufener Operation wieder eine Anstellung gefunden und entsprechende Einnahmen hätte erzielen können. Maßgeblich sei allein, ob dies aus Sicht des Schädigers bzw. dessen Versicherung bei objektiver Beurteilung als hinreichend wahrscheinlich erachtet und ob aus diesem Grund Ersatz für künftigen Verdienstausfall geleistet worden sei. Diese Frage sei durch Auslegung der Umstände zu ermitteln, die für die Zahlung bzw. die dazu abgeschlossene Vereinbarung maßgeblich waren. Im Ergebnis verwies der BFH den Fall daher zur weiteren Sachverhaltsfeststellung an das zuständige FG zurück. Das FG hat nunmehr insbesondere zu klären, auf welcher Grundlage die Entschädigung errechnet wurde und welchen Schaden die Versicherung ersetzen wollte. Die entsprechenden Feststellungen des FG sind dann im weiteren Verfahrensverlauf gem. § 118 Abs. 2 FGO für den BFH bindend.

2.2. Entschädigungszahlungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG

§ 24 Nr. 1 Buchst. b EStG erfasst Entschädigungen, die als Gegenleistung für den Verzicht auf eine mögliche Einkunftserzielung gezahlt werden. Eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst b EStG liegt auch vor, wenn die Tätigkeit mit Willen oder mit Zustimmung des ArbN aufgegeben wird. Der Ersatzanspruch muss nicht auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen (BFH Urteil vom 13.2.1987, VI R 230/83, BStBl II 1987, 386). Ein solches Erfordernis lässt sich aus dem Wortlaut des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG nicht ableiten. Eine Ersatzleistung in diesem Sinne setzt § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG nicht voraus; die Entschädigung ist vielmehr eine Gegenleistung »für« die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit. Dass hierdurch künftige Einnahmen wegfallen könnten, ist eine zwar mögliche mittelbare Folge der Aufgabe oder Nichtausübung der Tätigkeit. Die Entschädigung wirkt aber nicht als Ersatz hierfür, sondern wird allein wegen der Aufgabe oder Nichtausübung der Tätigkeit erbracht.

Die einem angestellten Verkaufsberater im Arbeitsvertrag für eine Wettbewerbsenthaltung nach Vertragsbeendigung zugesagte Karenzentschädigung kann eine außerordentliche Einkunft i.S.v. § 34 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG sein (BFH Urteil vom 13.2.1987, VI R 230/83, BStBl II 1987, 386).

Die Entschädigung für die Nichtausübung einer Tätigkeit kann auch als Hauptleistungspflicht vereinbart werden (H 24.1 [Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG] EStH).

Zur Abgrenzung der Tatbestände des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG von denen der Nr. 1 Buchst. b und c und den dabei auftretenden Schwierigkeiten s. das BFH Urteil vom 20.7.1978 (IV R 43/74, BStBl II 1979, 9). Danach liegen Entschädigungen in den Fällen des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG und des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG auch vor, wenn der Stpfl. an einer Vereinbarung über die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit oder die Beendigung seines Handelsvertretervertrages mitwirkt.

Der allgemeine Entschädigungsbegriff des § 24 Nr. 1 EStG setzt – jedenfalls in seiner allgemeinen, für Nr. 1 Buchst. a bis c des § 24 EStG gleichmäßig geltenden Bedeutung – voraus, dass der Stpfl. infolge einer Beeinträchtigung der durch die einzelne Vorschrift geschützten Güter einen finanziellen Schaden erlitten hat und die Zahlung unmittelbar dazu bestimmt ist, diesen Schaden auszugleichen.

Beispiel 3:

Die Stpfl. Z arbeitete bis zum Kj. 11 als Flugbegleiterin (Stewardess) bei einer Fluggesellschaft. In diesem Jahr schied sie gegen Gewährung einer Abfindung nach einer Bestimmung des entsprechenden Manteltarif- Vertrages für das Bordpersonal (MTV) aus den Diensten der Fluggesellschaft aus. Die Bestimmung des MTV lautet auszugsweise wie folgt:

»(1) Mit Vollendung des 32. Lebensjahres wird dem Flugbegleiter folgendes Optionsrecht angeboten:

Beendet der Flugbegleiter sein fliegerisches Arbeitsverhältnis und scheidet er aus dem Konzern aus, erhält er eine einmalige Abfindungszahlung in Höhe von zweieinhalb (2,5) Grundgehältern für jedes bis zum Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis als Flugbegleiter vollendete Dienstjahr. …

(3) Die Rechte nach Abs. 1 können im Laufe des Kalenderjahres geltend gemacht werden, in dem das maßgebliche Lebensalter vollendet wird. …

(4) Sofern nach Geltendmachung des Optionsrechts dauernde Fluguntauglichkeit festgestellt wird, gilt die dauernde Fluguntauglichkeit als Beendigungsgrund für das fliegerische Beschäftigungsverhältnis. In diesem Fall entfällt der Anspruch auf die Abfindungszahlung aufgrund der Option.«

Z begehrte im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung 11, die Abfindungszahlung dem ermäßigten Steuersatz gem. § 34 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG zu unterwerfen. Das FA lehnte die Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes ab.

Lösung 3:

Sachverhalt und Lösung entsprechen dem Entscheidungsfall des BFH Urteils vom 8.8.1986 (VI R 28/84, BStBl II 1987, 106).

Die Voraussetzungen von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sind hier deshalb nicht gegeben, weil ein schadenauslösendes Ereignis, das unmittelbar zum Wegfall von Einnahmen geführt hätte, nicht vorliegt. Der mit dem Wegfall der Einnahmen aus der Tätigkeit als Flugbegleiterin verbundene Schaden ist vielmehr – wirtschaftlich betrachtet – die Folge der von Z gewählten Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Fluggesellschaft. Derartige Gestaltungen können unter § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG fallen. Insbesondere schließt es der auch für Nr. 1 Buchst. b des § 24 EStG maßgebende Begriff der Entschädigung nicht aus, dass der Schaden erst mittelbar durch den Wegfall von Einnahmen eintritt.

Die gezahlte Abfindung entspricht auch im Übrigen dem Entschädigungsbegriff des § 24 Nr. 1 EStG. Dieser setzt – jedenfalls in seiner allgemeinen, für Nr. 1 Buchst. a bis c des § 24 EStG gleichmäßig geltenden Bedeutung – voraus, dass der Stpfl. infolge einer Beeinträchtigung der durch die einzelne Vorschrift geschützten Güter einen finanziellen Schaden erlitten hat und die Zahlung unmittelbar dazu bestimmt ist, diesen Schaden auszugleichen. So ist es hier. Denn die Abfindung dient dem Ausgleich des finanziellen Schadens, der durch den Wegfall der Einnahmen als Flugbegleiterin eintritt. Dieser Schaden wäre ohne die Ausübung des Optionsrechts nicht eingetreten.

2.3. Entschädigungszahlungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG

Nach § 89b HGB kann der Handelsvertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

  1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und

  2. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbes. der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

Wie Handelsvertreter werden Versicherungsvertreter (§ 89b Abs. 5 HGB) und Bausparkassenvertreter (§ 92 Abs. 5 HGB) behandelt. Ausgleichszahlungen an andere Kaufleute als Handelsvertreter, z.B. Kommissionsagenten oder Vertragshändler, sind wie Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter zu behandeln, wenn sie in entsprechender Anwendung des § 89b HGB geleistet werden (BFH Urteil vom 12.10.1999, VIII R 21/97, BStBl II 2000, 220).

Die Begünstigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG setzt voraus, dass die Ausgleichszahlung in Erfüllung eines Anspruchs nach § 89b HGB geleistet wird. Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB gehören auch dann zu den Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG, wenn sie zeitlich mit der Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit zusammenfallen (BFH Urteil vom 5.12.1968, IV R 270/66, BStBl II 1969, 196). Ausgleichszahlungen an einen Handelsvertreter nach § 89b HGB gehören auch dann zum laufenden Gewinn und damit zum Gewerbeertrag, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Aufgabe des Betriebs zusammenfällt (BFH Urteil vom 14.10.1980, VIII R 184/78, BStBl II 1981, 97). Entscheidend für die Zugehörigkeit des Ausgleichsanspruchs zum Gewerbeertrag ist, dass die Entstehung des Anspruchs der letzte laufende Geschäftsvorfall des Gewerbebetriebs des Handelsvertreters ist. Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters entsteht mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses (BFH Urteil vom 26.3.1969, I R 141/66, BStBl II 1969,485). Wenn somit der Ausgleichsanspruch nicht nach, sondern mit Beendigung des Vertragsverhältnisses entsteht, kann dieses rechtliche Ereignis nur als letzter Geschäftsvorfall des werbenden Betriebs – nicht dagegen als Geschäftsvorfall nach der Einstellung der werbenden Tätigkeit – angesehen werden. Die Zugehörigkeit des Ausgleichsanspruchs zum laufenden Gewinn ändert sich auch nicht dadurch, dass der Handelsvertreter mit der Beendigung seines Vertragsverhältnisses gleichzeitig auch seinen Betrieb aufgibt. Denn der Grund für die Entstehung des Ausgleichsanspruchs ist auch in diesem Fall die Beendigung des Vertragsverhältnisses als Handelsvertreter, nicht die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Das wird besonders dadurch deutlich, dass einem Handelsvertreter bei Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit einem Unternehmer der Ausgleichsanspruch auch dann zusteht, wenn er seinen Gewerbebetrieb weiterführt, weil er noch für andere Unternehmer werbend tätig bleibt. Im Falle des zeitlichen Zusammenfalls der Beendigung des Vertragsverhältnisses und der Aufgabe des Betriebes kommt es für die Zurechnung des Ausgleichsanspruchs zum Gewerbeertrag auch nicht darauf an, nach welchen Vorschriften der Handelsvertreter seinen Gewinn ermittelt hat. Hat der Handelsvertreter den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt, so ist der Ausgleichsanspruch zu aktivieren und der aufgrund der Aktivierung erhöhte Gewinn als Gewerbeertrag zu behandeln. Da der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB bereits mit Beendigung des Vertragsverhältnisses entsteht, ist der Ausgleichsanspruch deshalb grundsätzlich auch zu diesem Zeitpunkt zu aktivieren (BFH Urteil vom 26.3.1969, I R 141/66, BStBl II 1969, 485; bestätigt durch BFH Urteil vom 9.2.2011, IV R 37/08, BFH/NV 2011, 1120, LEXinform 0179472; s. dort auch in Rz. 38 Erläuterungen zu den wertbestimmenden Erkenntnissen).

Ebenso ist aber zu verfahren, wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt worden ist; denn der Stpfl. ist wegen der Aufgabe seines Betriebes so zu behandeln, als wäre er zu diesem Zeitpunkt zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich übergegangen. Die wegen des Übergangs erforderliche Hinzurechnung der Ausgleichsanspruchsforderung findet beim laufenden Gewinn des Wj. statt, in dem die Aufgabe erfolgt ist.

Nach gefestigter Rspr. des BFH handelt es sich bei dem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB um eine Forderung. Deren Entstehung ist (auch) einkommensteuerrechtlich dem laufenden Gewinn und nicht dem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn zuzuordnen; dies gilt auch dann, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs des Handelsvertreters zusammenfällt (zuletzt BFH Urteil vom 9.2.2011, IV R 37/08, BFH/NV 2011, 1120, LEXinform 0179472). Führt der Handelsvertreterausgleichsanspruch zu laufendem Gewinn, so kommt hierfür die Steuerbegünstigung für außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG in Betracht. Führt der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters zu außerordentlichen Einkünften i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG, so ist eine Steuerbegünstigung nur nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 EStG (sog. Fünftel-Regelung) zu gewähren; die in Abs. 3 der Norm geregelte Steuerbegünstigung kommt nicht zur Anwendung, denn sie wird auf Antrag nur für Veräußerungsgewinne i.S.v. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG gewährt.

Mit Urteil vom 8.12.2016 (III R 41/14, BStBl II 2017, 630) erfolgt eine Abgrenzung für ausgezahlte Versicherungssummen aus Lebensversicherungen zwischen den Einkunftsarten Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen bei einem Versicherungsvertreter, die die Leistungen aus der Lebensversicherung an Stelle eines Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB erhielt (s.a. Anmerkung vom 28.4.2017, LEXinform 0880249).

Entscheidungssachverhalt und Entscheidungsgründe:

Der Stpfl. war Inhaber einer Versicherungsagentur und für zwei Versicherungen tätig. Mit seinem Eintritt in den Ruhestand errechneten die Versicherungsgesellschaften im ersten Schritt einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB von ca. 118 000 € und kürzten diesen Betrag um von ihnen geleistete Beiträge sowie die darauf aufgelaufenen Zinsen für zwei Lebensversicherungsverträge. Diese Beträge beliefen sich auf ca. 114 000 €, sodass als Ausgleichsanspruch noch 4 000 € ausgezahlt wurden.

Der BFH entschied, dass der Anspruch des Vertreters auf die Altersversorgung steuerrechtlich als solcher zu behandeln ist und kann im Streitfall auch nicht allein deshalb, weil er im Wesentlichen an die Stelle des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB getreten ist, den Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG zugerechnet werden.

Die von den beiden Versicherungsgesellschaften geleisteten Beiträge zur Altersversorgung waren eine Gegenleistung für die Tätigkeit des Klägers als Versicherungsvertreter und von ihm als Betriebseinnahmen erfasst. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen deshalb dem Betriebs- und nicht dem Privatvermögen des Klägers zuzuordnen waren. Denn für die Frage der Zuordnung ist vielmehr grundsätzlich auf die Natur des versicherten Risikos abzustellen. Der Abschluss einer Lebensversicherung ist in der Regel privat veranlasst, sodass Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag grundsätzlich zum Privatvermögen gehören. Der Anspruch aus einer Lebensversicherung kann ausnahmsweise zum Betriebsvermögen gehören, wenn ein Stpfl. aus betrieblichem Anlass einen Lebensversicherungsvertrag zu Gunsten eines Dritten abschließt.

Ausgleichszahlungen i.S.d. § 89b HGB gehören nicht zu den Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG, wenn ein Nachfolgevertreter aufgrund eines selbstständigen Vertrags mit seinem Vorgänger dessen Handelsvertretung oder Teile davon entgeltlich erwirbt. Ein selbstständiger Vertrag liegt aber nicht vor, wenn der Nachfolger es übernimmt, die vertretenen Firmen von Ausgleichsansprüchen freizustellen (H 24.1 [Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter] EStH).

Hinweis:

Das Schleswig-Holsteinische FG hat mit Urteil vom 19.2.2013 (3 K 111/12, EFG 2013, 688, LEXinform 5014687, rkr.) entschieden, dass Entschädigungen für die Nichtausübung der Vertretertätigkeit bis zur zivilrechtlichen Beendigung des Handelsvertretervertrages grundsätzlich nicht dem ermäßigten Steuersatz gem. § 34 Abs. 1 EStG unterliegen, da es an der Zusammenballung von Einkünften fehle. Nach Auffassung des FG sind der Ausgleichsanspruch für die abgegebenen Versicherungsbestände i.S.d. § 89b HGB (im Urteilsfall ca. 89 000 €) und der Ausgleich für entgehende Provisionen (im Urteilsfall ca. 77 000 €) nicht als einheitliche Entschädigung anzusehen. Danach gelangt das FG zu der Rechtsfolge, dass die – getrennt von der Handelsvertreterausgleichszahlung zu beurteilende – Provisionsausgleichszahlung keine außerordentlichen Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 1 und 2 EStG darstellt (s.a. Mitteilung des FG Schleswig-Holstein vom 25.6.2013, LEXinform 0439881).

Entscheidungssachverhalt und Entscheidungsgründe:

Der Kläger war als Versicherungskaufmann für die X-Versicherung in A als selbstständiger Handelsvertreter tätig. Am 19.3.08 kündigte die X den Handelsvertretervertrag zum 31.12.08. In gegenseitigem Einvernehmen wurde der Kläger von jeder weiteren Tätigkeit bis zur Beendigung des Vertretervertrags entbunden und erhielt als Ausgleich für entgehende Provisionen während des Freistellungszeitraums (April bis Dezember 08) einen monatlichen Betrag i.H.v. 8.559,00 €, der sich an der monatlichen Durchschnittsprovision des Vorjahres orientierte (ca. 77 000 €). Zum 31.12.08 rechnete die X den Ausgleichsanspruch des Klägers gem. § 89b HGB ab (ca. 89 000 €). Mit Einkommensteuerbescheid für 08 gewährte das FA den ermäßigten Steuersatz gem. § 34 Abs. 1 EStG nur für den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB (89 000 €), nicht aber für die monatlichen Zahlungen im Freistellungszeitraum (insgesamt ca. 77 000 €).

Die Anwendung des § 34 Abs. 1 und 2 EStG verlange, so das FG, dass in den Fällen des § 24 Nr. 1 Buchst a EStG bzw. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG die Entschädigung für entgehende mehrjährige Einnahmen bzw. für die Nichtausübung einer mehrjährigen Tätigkeit in einem Betrag gezahlt worden sein muss oder dass Entschädigungen für entgehende einjährige Einnahmen bzw. für die Nichtausübung einer einjährigen Tätigkeit in einem anderen Jahr ausgezahlt worden sind und dadurch ein Progressionsnachteil entstanden ist.

Mit Urteil vom 27.10.2015 (X R 12/13, BFH/NV 2016, 898, LEXinform 0929592) nimmt der BFH zur tarifbegünstigten Besteuerung von Abschlagszahlungen an einen Handelsvertreter Stellung (s.a. Anmerkung vom 19.4.2016, LEXinform 0652883).

Entscheidungssachverhalt und Entscheidungsgründe:

Handelsvertreter H erzielte mit der Firma X eine Vereinbarung, wonach sowohl die künftigen als auch die in der Vergangenheit zugrunde zu legenden Provisionssätze des H vermindert werden. Im Gegenzug dafür erhielt der Handelsvertreter eine Ausgleichszahlung für die verminderten Provisionen sowie einen Abschlag auf seine spätere Ausgleichszahlung nach § 89b HGB. Die Firma X zahlte dem H insgesamt 308 076 €, davon entfallen 60 % = 184 845,60 € als Vorauszahlung auf den künftigen Ausgleichsanspruch des H. 40 % = 123 230,40 € dienten als Ausgleich für die Minderung von Provisionsansprüchen.

Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die in § 24 Nr. 1 Buchst. a und c EStG geregelten Entschädigungszwecke sich rechtlich und wirtschaftlich gegenseitig ausschließen. Eine gleichwie geartete »Vermischung« der beiden Begünstigungstatbestände kommt nicht in Betracht. Soweit die Zahlung Ersatz für die Einbußen aus der Minderung der Provisionsansprüche darstellt, ist sie nach § 34 Abs. 1 EStG begünstigt. Soweit sie als Vorauszahlung auf den Ausgleichsanspruch aus § 89b HGB wirkt, ist sie es nicht.

Gem. § 34 Abs. 1 EStG ist die Einkommensteuer für außerordentliche Einkünfte nach einem ermäßigten Steuersatz zu berechnen. Zu den außerordentlichen Einkünften gehören u.a. gem. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG, die gewährt werden für entgangene oder entgehende Einnahmen (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG), für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche (§ 24 Nr. 1 Buchst. b EStG) sowie als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB (§ 24 Nr. 1 Buchst. c EStG).

Allen außerordentlichen Einkünften des § 34 Abs. 2 EStG und damit auch des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG ist gemein, dass die in Frage kommenden Einkünfte steuerlich jeweils in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind, erhöhte steuerliche Belastungen also allein durch die Zusammenballung von Einnahmen entstehen.

Soweit ein Handelsvertreter veranlagungszeitraumübergreifend Vorauszahlungen als Teilzahlungen auf einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB erhält, sind diese nicht nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG begünstigt. Der Ausgleichsbetrag muss, dem Grundsatz der Zusammenballung entsprechend, in einer Summe gezahlt werden. Anders verhält es sich mit dem die Einbußen aus der Provisionskürzung abgeltenden Teil der Zahlung i.H.v. 123 230,40 €. Insoweit liegt eine Entschädigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vor.

3. Gewerbeertrag i.S.d. des Gewerbesteuergesetzes

Zum → Gewerbeertrag i.S.d. § 7 GewStG gehören die gewerblichen Einkünfte, die innerhalb des Gewerbebetriebs anfallen. Dazu können auch Entschädigungen gehören, die eine Versicherungsgesellschaft an den Unternehmer des Gewerbebetriebes zur Abgeltung eines Unfallschadens zahlt. Das ist z.B. der Fall, wenn der Unternehmer selbst sich im Rahmen des Betriebs gegen eine erhöhte betriebliche Unfallgefahr versichert und die Versicherungsprämien als Betriebsausgaben behandelt hat (BFH Urteile vom 8.4.1964, VI 343/62 S, BStBl III 1964, 271; BFH Urteil vom 5.8.1965, IV 42/65 S, BStBl III 1965, 650). Wird die Entschädigung nicht aufgrund einer Eigenversicherung des Unternehmers, sondern aufgrund der Haftpflichtversicherung des Schädigers gezahlt, gehört die Entschädigung nicht zum Gewerbeertrag i.S.d. § 7 GewStG (BFH Urteil vom 20.8.1965, VI 154/65 U, BStBl III 1966, 94).

Wenn auch nach § 24 Nr. 1 EStG solche Entschädigungen einkommensteuerrechtlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind, so sind sie deswegen doch nicht ohne weiteres auch Gewerbeertrag i.S.d. § 7 GewStG. Die Begriffe »gewerblicher Gewinn« und »Gewerbeertrag« sind zwar, wie § 7 GewStG anordnet, grundsätzlich gleich zu bestimmen. Aber sie decken sich doch nicht voll. In Grenzfällen können sich Abweichungen daraus ergeben, dass die → Gewerbesteuer eine Objektsteuer und auf den Gewerbebetrieb als Objekt bezogen ist. Die Gewerbesteuer will nur den Ertrag eines werbenden (lebenden) Betriebs erfassen, wie der Große Senat des BFH in der Entscheidung GrS 1/63 S vom 13.11.1963 (BStBl III 1964, 124) ausgesprochen hat, als er für ruhende Gewerbebetriebe die Gewerbesteuerpflicht verneinte. Gewerbliche Einnahmen i.S.d. § 15 EStG gehören deshalb nur zum Gewerbeertrag, wenn sie unmittelbar im gewerblichen Betrieb erwirtschaftet werden. Die Vorgänge der Gründung und der Auflösung des Gewerbebetriebs werden aus diesem Grund nicht mit der GewSt erfasst, v.a. nicht die Gewinne, die bei der Veräußerung eines Gewerbebetriebes entstehen. Für Unfallentschädigungen der vorliegenden Art müssen die gleichen Grundsätze gelten. Sie stehen zwar auch in einer Beziehung zum gewerblichen Betrieb insofern, als sie zum Ausgleich für die Minderung künftiger Gewinnaussichten aus dem Betrieb gezahlt werden. Sie sind aber nicht unmittelbar ein Ertrag aus dem werbenden Betrieb, sondern die Folgen eines Körperschadens, den der Betriebsinhaber erlitten hat (s.a. BFH Urteil vom 28.8.1968, I 252/65, BStBl II 1969, 8).

Wie bereits oben erläutert, gehören Ausgleichszahlungen an einen Handelsvertreter nach § 89b HGB auch dann zum laufenden Gewinn und damit zum Gewerbeertrag, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Aufgabe des Betriebs zusammenfällt (BFH Urteil vom 14.10.1980, VIII R 184/78, BStBl II 1981, 97). Entscheidend für die Zugehörigkeit des Ausgleichsanspruchs zum Gewerbeertrag ist, dass die Entstehung des Anspruchs der letzte laufende Geschäftsvorfall des Gewerbebetriebs des Handelsvertreters ist. Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters entsteht mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses (BFH Urteil vom 26.3.1969, I R 141/66, BStBl II 1969,485).

4. Entschädigungszahlungen in der Umsatzsteuer

Zum Grundtatbestand der Umsatzsteuerbarkeit einer Leistung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG gehört das Vorliegen eines Leistungsaustauschs, d.h. die Leistung ist nur dann umsatzsteuerbar, wenn sie gegen Entgelt erbracht wird. Die Annahme einer Leistung gegen Entgelt setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch i.S.d. gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. BFH Urteile vom 8.11.2007, V R 20/05, BStBl II 2009, 483, vom 9.11.2006, V R 9/04, BStBl II 2007, 285). Darüber hinaus muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Das Entgelt für die Leistung kann aus Geld, oder aus einer tatsächlich erhaltenen Gegenleistung (Tausch oder tauschähnlicher Umsatz), die in Geld ausdrückbar sein muss, bestehen. Grundlage für den Leistungsaustausch ist ein Kausalzusammenhang, d.h. eine innere Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung. Gegen Entgelt ist eine Leistung nur dann erbracht, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Ein solcher Leistungsaustausch liegt vor, wenn sich die Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet und damit die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung auslöst, sodass schließlich die wechselseitig erbrachten Leistungen miteinander inhaltlich verbunden sind. Leistung und Gegenleistung müssen insoweit durch den Zweck des Handelns (Finalität) verbunden sein, wobei es nach der Rspr. des BFH auch genügt, wenn eine Gegenleistung erwartbar ist. Insoweit kann auch die kausale Verknüpfung zwischen der Gegenleistung und der Leistung genügen. Dabei kommt es nicht auf die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung an.

Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der USt ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG das Entgelt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG gehört zum Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Bereits anhand dieser gesetzlichen Formulierung ist erkennbar, dass sich der Begriff des Entgelts aus der Sicht des Leistungsempfängers bestimmt. Eine Zahlung oder anderweitige Aufwendung ist danach grundsätzlich nur dann Entgelt oder Gegenleistung für eine bestimmte Leistung, wenn sie für diese Leistung gewährt wird bzw. der Leistende sie hierfür erhält. Entscheidend ist auch hierbei, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich aus dem Rechtsverhältnis, d.h. in der Regel aus den vertraglichen Beziehungen zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ergibt, wobei der Leistungsempfänger bestimmt, ob es sich insoweit noch um einen Teil der Gegenleistung handelt (BFH Urteil vom 6.6.2002, V R 59/00, BStBl II 2003, 215). Im Gegensatz zum Entgeltbegriff des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, bei dem aus der Sicht des Leistenden dem Grunde nach bestimmt wird, ob ein Leistungsaustausch vorliegt, dient der Entgeltbegriff des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG dazu, die Bemessungsgrundlage der Höhe nach festzulegen. Besteht der genannte unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung, so handelt es sich bei der Aufwendung des Leistungsempfängers um eine Gegenleistung und damit um umsatzsteuerpflichtiges Entgelt, unabhängig von der Frage, ob diese aufgrund einer rechtlichen – vertraglichen oder gesetzlichen – Verpflichtung geschuldet oder freiwillig erbracht wird.

Von den umsatzsteuerbaren Umsätzen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG sind die nicht steuerbaren Schadensersatzleistungen abzugrenzen (→ Schadensersatz). Eine Schadensersatzzahlung liegt vor, wenn die Zahlung nicht für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat (BFH Urteil vom 16.1.2003, V R 36/01, BFH/NV 2003, 667). Demgegenüber sind unechte Schadensersatzleistungen umsatzsteuerbar. Dabei handelt es sich zumeist um Zahlungen, die bei der vorzeitigen Beendigung von vertraglichen Rechtsverhältnissen oder bei der Aufgabe von Rechten in Gestalt von Entschädigungen oder Abfindungen erfolgen und die eine Gegenleistung für eine konkrete sonstige Leistung des Zahlungsempfängers darstellen (BFH Urteil vom 7.7.2005, V R 34/03, BStBl II 2007, 66).

Die Ausgleichszahlung für Handelsvertreter nach § 89b HGB ist kein → Schadensersatz, sondern eine Gegenleistung des Geschäftsherrn für erlangte Vorteile aus der Tätigkeit als Handelsvertreter. Dies gilt auch dann, wenn der Ausgleichsanspruch durch den Tod des Handelsvertreters fällig wird (Abschn. 1.3 Abs. 12 UStAE).

Mit rkr. Urteil vom 13.1.2010 (9 K 4447/08, EFG 2010, 828, LEXinform 5009832) nimmt das FG Köln zur Einordnung einer Vergleichszahlung als steuerpflichtiges Entgelt im Rahmen eines Mietverhältnisses wegen unterlassener Instandhaltungsmaßnahmen Stellung. Für die Frage, ob die Instandhaltungsverpflichtungen eines Mieters als Gegenleistung für die Überlassung des Mietgegenstands anzusehen ist und damit zum umsatzsteuerlichen Entgelt gehört, ist nicht ihr vertraglicher oder gesetzlicher Entstehungsgrund ausschlaggebend, sondern allein das Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Nutzungsüberlassung und der Instandhaltungspflicht. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht aber deshalb nicht, weil die Instandhaltungspflicht aus der Sicht des Leistungsempfängers nicht als Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung verstanden wird, sondern als gesetzliche oder vertragliche Verlagerung des Erhaltungsrisikos vom Eigentümer auf den Nutzer, die auch dem Nutzungsinteresse des Leistungsempfängers dient.

Der Mieter erbringt mit dem von ihm an den Vermieter geleisteten Mietzins die Gegenleistung, das Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Mietobjekts, mit dem Instandsetzungsaufwand wird jedoch das Ziel verfolgt, den Zustand des Objekts für seine eigenen vertragsgemäßen Nutzungs- und Gebrauchszwecke aufrechtzuerhalten und einer entsprechenden Nutzung und Abnutzung zuzuführen. Ähnlich wie bei den vom Mieter getragenen Betriebskosten wird auch dieser Aufwand von ihm selbst verbraucht, und zwar durch Abnutzung, und nicht der Vermögenssphäre des Vermieters zugewandt. Deshalb kann es sich bei dem Instandsetzungsaufwand um keine Gegenleistung an den Vermieter und damit um kein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG handeln.

5. Verwandte Lexikonartikel

Abfindungen

Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 12 und 13 EStG

Außerordentliche Einkünfte

Entlassungsentschädigungen

Entschädigungszahlung

Schadensersatz

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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