Lohnsteuerabzug

Stand: 2. Mai 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Jeder Arbeitnehmer untersteht in Deutschland i. d. R. der Lohnsteuerpflicht.
  • Sie wird von denjenigen erhoben, die nicht selbständig sind.
  • Arbeitgeber haben die Pflicht, die Lohnsteuer der Angestellten zu kalkulieren und an das zuständige Finanzamt zu übermitteln.
  • Dieses Vorgehen beschreibt den Lohnsteuerabzug.

Inhaltsverzeichnis

1 Durchführung für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer
1.1 Einführung des ELSTAM-Verfahrens
1.2 Berechnung der Lohnsteuer
1.2.1 Laufender Arbeitslohn
1.2.2 Sonstiger Bezug
1.2.3 Programmablaufplan für den Lohnsteuerabzug
1.3 Durchführung des Lohnsteuerabzugs ohne Lohnsteuerabzugsmerkmale
1.3.1 Nichtmitteilung der Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt
1.3.2 Lohnsteuerabzug durch Dritte
2 Im Inland nicht meldepflichtige Arbeitnehmer
2.1 Nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer
2.2 Durchführung für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer (§ 1 Abs. 4 EStG)
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel

1. Durchführung für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer

Im Gegensatz zu selbstständig tätigen Personen, die die Einkommensteuer sowie die Sozialabgaben an die Finanzämter bzw. Versicherungsträger entrichten, werden die Steuern und Sozialabgaben von Arbeitnehmern (→ Arbeitnehmer) grundsätzlich durch den → Arbeitgeber vom → Arbeitslohn einbehalten und abgeführt. Die Erhebung der Lohnsteuer durch den Abzug vom Arbeitslohn in Form der Quellenbesteuerung weist dem ArbN im Lohnsteuerverfahren eine wichtige Stellung zu. Dem ArbN werden Aufgaben übertragen, die sonst bei der Steuererhebung weitgehend vom Finanzamt selbst wahrgenommen werden.

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1.1. Einführung des ELSTAM-Verfahrens

Als Starttermin für das ELStAM-Verfahren und damit den erstmaligen Abruf der ELStAM durch den ArbN wurde der 1.1.2013 festgelegt. Bereits seit dem 1.11.2012 haben ArbN die Möglichkeit, die Daten, die bisher auf der Vorderseite der Lohnsteuerkarte standen, elektronisch abzurufen. Das neue Verfahren wird für schnellere Wege und weniger bürokratischen Aufwand sorgen. Alle für den Lohnsteuerabzug relevanten Daten werden zwischen Finanzämtern, ArbG und ArbN digital übermittelt.

Für die Durchführung des Abzugs der Lohnsteuer werden auf Veranlassung des ArbN Abzugsmerkmale gebildet (§ 39 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dies erfolgt entweder dadurch, dass der ArbN dem ArbG seine von der Finanzverwaltung zugeteilte Identifikationsnummer und sein Geburtsdatum mitteilt und der ArbG die Abzugsmerkmale mittels dieser Daten elektronisch beim Bundeszentralamt für Steuern abruft, oder dadurch, dass der ArbN selbst beim zuständigen FA (§ 39 Abs. 2 EStG) einen Antrag auf Mitteilung seiner Abzugsmerkmale stellt.

§ 39 Abs. 4 Nr. 1 bis 5 EStG beschreibt die in Betracht kommenden LSt-Abzugsmerkmale. LSt-Abzugsmerkmale sind:

  1. Steuerklasse (§ 38b Abs. 1 EStG) und Faktor (§ 39f EStG),

  2. Zahl der Kinderfreibeträge bei den Steuerklassen I bis IV (§ 38b Abs. 2 EStG),

  3. Freibetrag und Hinzurechnungsbetrag (§ 39a EStG, → Lohnsteuerermäßigungsverfahren),

  4. Höhe der Beiträge für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflege-Pflichtversicherung (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. d EStG, → Vorsorgepauschale) für die Dauer von zwölf Monaten, wenn der ArbN dies beantragt,

  5. Mitteilung, dass der von einem ArbG gezahlte Arbeitslohn nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der LSt freizustellen ist, wenn der ArbN oder der ArbG dies beantragt.

  6. die für den Kirchensteuerabzug erforderlichen Merkmale (§ 39e Abs. 3 Satz 1 EStG).

Es ist vorgesehen, die elektronischen LSt-Abzugsmerkmale insbes. um die Höhe der Beiträge für eine private Kranken- sowie Pflegepflichtversicherung ab dem Kj. 2026 zu erweitern.

Zum elektronischen LSt-Abzug nimmt das BMF mit Schreiben vom 8.11.2018, BStBl I, 1137 Stellung.

1.2. Berechnung der Lohnsteuer

1.2.1. Laufender Arbeitslohn

Der ArbG hat nach § 39b Abs. 2 Satz 1 EStG für die Berechnung der LSt folgende Feststellungen zu treffen:

  1. Höhe des laufenden Arbeitslohns und

  2. maßgeblicher Lohnzahlungszeitraum (R 39b.5 Abs. 2 und 3 LStR).

Der ArbG hat die LSt grundsätzlich bei jeder Zahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 EStG; R 39b.5 Abs. 1 LStR). Die manuelle Berechnung der LSt ergibt sich aus § 39b Abs. 2 EStG. Beim Stand der heutigen Technik wird die LSt wohl kaum noch manuell berechnet.

Für die maschinelle Berechnung ist der monatliche Arbeitslohn um bestimmte Freibeträge bzw. Hinzurechnungsbeträge zu bereinigen:

Beim Altersentlastungsbetrag, beim Versorgungsfreibetrag und beim Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag muss dagegen der ArbG in eigener Zuständigkeit und Verantwortung überprüfen, ob die Voraussetzungen für den Abzug dieser Freibeträge jeweils erfüllt sind. Den ArbG treffen also bei der Berücksichtigung dieser Freibeträge erhöhte Sorgfaltspflichten.

Abzuziehen bzw. hinzuzurechnen sind die jeweils anteiligen Frei- bzw. Hinzurechnungsbeträge; beim monatlichen Lohnzahlungszeitraum somit jeweils ein Zwölftel der maßgeblichen Beträge.

Bei regelmäßigen Vorauszahlungen gilt Folgendes: Regelmäßige Vorauszahlungen für den laufenden Lohnzahlungszeitraum liegen vor, wenn der Arbeitslohn aufgrund gesetzlicher, tariflicher oder arbeitsvertraglicher Bestimmungen jeweils zu Beginn des Lohnzahlungszeitraums gezahlt wird (z.B. die Gehälter der Beamten). Die Lohnsteuer ist nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers zu ermitteln, die für den Tag gelten, an dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Werden die individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers nachträglich mit Wirkung für den Lohnzahlungszeitraum geändert, wirkt sich diese Änderung ggf. auf die zu Beginn des Lohnzahlungszeitraums berechnete Lohnsteuer aus.

Nach Abzug bzw. Hinzurechnung der oben genannten Beträge hat der ArbG die LSt aus der für den Lohnzahlungszeitraum in Betracht kommenden Tabelle unter Berücksichtigung der als LSt-Abzugsmerkmal mitgeteilten LSt-Klasse abzulesen (R 39b.5 Abs. 1 LStR). Die als LSt-Abzugsmerkmal mitgeteilte Zahl der Kinderfreibeträge wirkt sich nur auf die Höhe des Solidaritätszuschlags und der KiSt aus (s. § 51a EStG).

Stellen Nachzahlungen oder Vorauszahlungen laufenden Arbeitslohn dar, ist die Nachzahlung oder Vorauszahlung für die Berechnung der LSt den Lohnzahlungszeiträumen zuzurechnen, für die sie geleistet werden; vgl. R 39b.5 Abs. 4 LStR.

Für die Einbehaltung der LSt vom Arbeitslohn hat der ArbG eventuell bei Steuerklasse IV den Faktor anzuwenden (§ 39f Abs. 2 EStG).

Der Lohnsteuerermittlung sind jeweils die individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers zugrunde zu legen, die für den Tag gelten, an dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Diese Regelung ist vor allem dann von Bedeutung, wenn sich die individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers im Laufe des Monats ändern. Die Monatslohnsteuertabelle ist auch dann anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer während des monatlichen Lohnzahlungszeitraumes dauernd in einem Beschäftigungsverhältnis steht, aber für einzelne Tage keinen Lohn bezogen hat. Die Lohnsteuertabelle für tägliche Lohnzahlung ist bei Arbeitnehmern anzuwenden, die im Laufe eines Monats ein- oder ausgestellt werden und bei Arbeitnehmern, deren Arbeitslohn täglich abgerechnet wird.

1.2.2. Sonstiger Bezug

Zur Abgrenzung des laufenden Arbeitslohns von den sonstigen Bezügen s. R 39b.2 LStR (→ Sonstige Bezüge). Danach ist ein sonstiger Bezug der → Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Sowohl bei der LSt als auch im Sozialversicherungsrecht werden einmalige Bezüge anders behandelt als laufender Arbeitslohn. So gilt laufender Arbeitslohn nach § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG im dem Kj. als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet, sonstige Bezüge werden in dem Kj. bezogen, in dem sie dem ArbN zufließen (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG).

Für die Einbehaltung der LSt von einem sonstigen Bezug hat der ArbG den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug sowie mit dem sonstigen Bezug festzustellen. Unter Berücksichtigung der LSt-Jahrestabelle ist jeweils die maßgebliche LSt zu ermitteln. Der Differenzbetrag ergibt die LSt für den sonstigen Bezug (s. § 39b Abs. 3 EStG). Zur Einbehaltung der LSt von sonstigen Bezügen s.a. R 39b.6 LStR.

Für die Besteuerung des sonstigen Bezugs ist somit zunächst die Jahreslohnsteuer für den maßgebenden Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug und sodann die Jahreslohnsteuer für den maßgebenden Jahresarbeitslohn einschließlich des sonstigen Bezugs zu ermitteln. Die Differenz zwischen diesen beiden Jahreslohnsteuerbeträgen ist die für den sonstigen Bezug geschuldete Lohnsteuer. Dabei sind der laufende Arbeitslohn, der für die im Kj. bereits abgelaufenen Lohnzahlungszeiträume zugeflossen ist, und die in diesem Kj. bereits gezahlten sonstigen Bezüge mit dem laufenden Arbeitslohn zusammenzurechnen, der sich voraussichtlich für die Restzeit des Kj. ergibt. Stattdessen kann der voraussichtlich für die Restzeit des Kj. zu zahlende laufende Arbeitslohn durch Umrechnung des bisher zugeflossenen laufenden Arbeitslohns ermittelt werden.

Nach § 39b Abs. 3 EStG ergibt sich für die Ermittlung des maßgebenden Jahresarbeitslohns und der Besteuerung des sonstigen Bezugs das folgende Schema (s. Lippross Basiskommentar zu EStG § 39b, LEXinform 0177858):

1.

bisher gezahlter laufender Arbeitslohn

+ bisher gezahlte sonstige Bezüge

+ voraussichtlicher laufender Arbeitslohn bis Jahresende

./. ggf. Versorgungsfreibetrag/Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag

./. ggf. Altersentlastungsbetrag

./. ggf. Freibetrag lt. LSt-Abzugsmerkmal (der Abzug des Jahresfreibetrages kann auch zu einem negativen Ergebnis führen; R 39b.6 Abs. 1 LStR)

+ ggf. Hinzurechnungsbetrag lt. LSt-Abzugsmerkmal

= maßgebender Jahresarbeitslohn ohne sonstigen Bezug

2.

maßgebender Jahresarbeitslohn gem. 1.

+ sonstiger Bezug (ggf. gekürzt um Versorgungsfreibetrag/Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag bzw. Altersentlastungsbetrag, soweit diese nicht bereits bei der Ermittlung des maßgebenden Jahresarbeitslohns berücksichtigt worden sind)

= maßgebender Jahresarbeitslohn mit sonstigem Bezug

3.

Jahres-LSt auf 2.

………… €

4.

Jahres-LSt auf 1.

./. ………… €

5.

LSt auf sonstigen Bezug

= ………… €

Abb.: Ermittlungsschema der Lohnsteuer eines sonstigen Bezugs

Beispiel:

Ein ArbN mit Steuerklasse IV erhält im Dezember 23 ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts von 4 000 €. Der maßgebende voraussichtliche Jahresarbeitslohn beträgt 48 000 € (ohne sonstigen Bezug).

Lösung:

Beim Weihnachtsgeld handelt es sich aus lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlicher Sicht grundsätzlich um einmalig gezahlten Arbeitslohn. Dieser ist als sonstiger Bezug nach der Jahreslohnsteuertabelle zu versteuern. Der maßgebende Jahresarbeitslohn mit sonstigem Bezug beträgt somit 52 000 €. Die Lohnsteuer für den sonstigen Bezug ergibt sich durch den Abzug der Lohnsteuer vom maßgebenden Jahresarbeitslohn (48 000 €) von der Lohnsteuer vom maßgebenden Jahresarbeitslohn zuzüglich sonstigen Bezugs (52 000 €):

Jahres-LSt auf 52 000 €

7 942 €

Jahres-LSt auf 48 000 €

6 886 €

LSt auf sonstiger Bezug

1 056 €

Die Differenzberechnung gilt nur für die Ermittlung der LSt. Bei der Ermittlung des SolZ (beachte hier allerdings die Nullzone) und der KiSt dürfen die Beträge nicht aus der Tabelle abgelesen und die Differenz gebildet werden. Die KiSt errechnet sich mit dem maßgeblichen KiSt-Satz auf diejenige LSt, die auf den sonstigen Bezug entfällt.

1.2.3. Programmablaufplan für den Lohnsteuerabzug

Am 3.11.2023, BStBl I 2023, 1879 hat das BMF den Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzubehaltenden LSt, des Solidaritätszuschlags und der Maßstabsteuer für die Kirchen-LSt 2024 bekannt gemacht; § 39b Abs. 6 EStG.

Der Programmablaufplan berücksichtigt die Anpassungen des Einkommensteuertarifs, der Zahlenwerte in § 39b Abs. 2 Satz 7 EStG und des Kinderfreibetrags durch das beschlossene Inflationsausgleichgesetz sowie die geplanten Beitragsbemessungsgrenzen für 2024. Es wird im Übrigen von einem Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung von 1,7 % ausgegangen.

Der Programmablaufplan berücksichtigt nicht die möglichen Änderungen durch das noch nicht abgeschlossene Gesetzgebungsverfahren zum Wachstumschancengesetz. Diesbezüglich wird Anfang 2024 – nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens – ein geänderter Programmablaufplan für die maschinelle LSt-Berechnung mit weiteren Einzelheiten zur Korrektur des LSt-Abzugs bekannt gemacht. ArbG, die die LSt manuell ermitteln, können für einen Übergangszeitraum die LSt auch auf Grundlage von LSt-Tabellen für 2023 (Bekanntmachung vom 19.6.2023, BStBl I 2023, 1014, Anlage 2) ermitteln, wenn der ArbN nicht ausdrücklich widerspricht. Der Programmablaufplan für die Erstellung von LSt-Tabellen für 2024 zur manuellen Berechnung der LSt (einschließlich der Berechnung des Solidaritätszuschlags und der Bemessungsgrundlage für die Kirchen-LSt) wird Anfang 2024 zusammen mit dem geänderten Programmablaufplan für die maschinelle Lohnsteuerberechnung bekannt gemacht.

1.3. Durchführung des Lohnsteuerabzugs ohne Lohnsteuerabzugsmerkmale

1.3.1. Nichtmitteilung der Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt

Bei unbeschränkt und beschränkt einkommensteuerpflichtigen ArbN hat der ArbG den LSt-Abzug nach Maßgabe des § 39b Abs. 2 bis 6 EStG durchzuführen (§ 39b Abs. 1 EStG).

Solange der ArbN dem ArbG zum Zweck des Abrufs der elektronischen LSt-Abzugsmerkmale (§ 39e Abs. 4 Satz 1 EStG) die ihm zugeteilte Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt schuldhaft nicht mitteilt oder das BZSt die Mitteilung elektronischer LSt-Abzugsmerkmale ablehnt, hat der ArbG die LSt nach Steuerklasse VI zu ermitteln. Kann der ArbG die elektronischen LSt-Abzugsmerkmale wegen technischer Störungen nicht abrufen oder hat der ArbN die fehlende Mitteilung der ihm zuzuteilenden Identifikationsnummer nicht zu vertreten, hat der ArbG für die LSt-Berechnung die voraussichtlichen LSt-Abzugsmerkmale i.S.d. § 38b EStG längstens für die Dauer von drei Kalendermonaten zugrunde zu legen. Hat nach Ablauf der drei Kalendermonate der ArbN die Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt nicht mitgeteilt, ist rückwirkend die LSt mit Steuerklasse VI einzubehalten. Sobald dem ArbG die – bisher wegen technischer Störungen nicht abrufbaren – elektronischen LSt-Abzugsmerkmale vorliegen, sind die LSt-Ermittlungen für die vorangegangenen Monate zu überprüfen und, falls erforderlich, zu ändern. Die zu wenig oder zu viel einbehaltene LSt ist jeweils bei der nächsten Lohnabrechnung auszugleichen.

Nach der bundesweit abgestimmten Auffassung der Finanzverwaltung kann der Arbeitgeber auch dann für die Dauer von längstens drei Monaten die voraussichtlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers anwenden, wenn ohne Änderung der persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und ohne dessen Zutun dem Arbeitgeber unzutreffende elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale bereitgestellt werden, die zu einem unzutreffenden Lohnsteuerabzug führen. Die gesetzliche Regelung des § 39c Abs. 1 Satz 2 EStG wird weit und praxisorientiert ausgelegt, auch wenn in den Fällen der Bereitstellung unzutreffender elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale keine »technische Störung« im engeren Sinne vorliegt.

1.3.2. Lohnsteuerabzug durch Dritte

In dem Ausnahmefall, dass ein Dritter zum LSt-Abzug verpflichtet ist, hat der Dritte die Pflichten des ArbG. Die Übertragung der Arbeitgeberpflichten nach § 38 Abs. 3a Satz 2 ff. EStG auf einen Dritten kann vom FA auf schriftlichen Antrag zugelassen werden (R 38.5 LStR).

Bei der Verpflichtung des Arbeitgebers zum Lohnsteuerabzug ist zwischen einer echten und einer unechten Lohnzahlung durch Dritte zu unterscheiden. Denn bei einer sog. unechten Lohnzahlung durch Dritte ergibt sich die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Lohnsteuerabzug bereits aus § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG, wohingegen die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Lohnsteuerabzug bei einer sog. echten Lohnzahlung durch Dritte in § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG gesondert geregelt ist. Eine unechte Lohnzahlung durch Dritte ist dann anzunehmen, wenn sich die Lohnzahlung des Dritten als eigene Lohnzahlung des Arbeitgebers darstellt, das heißt der Dritte fungiert lediglich als Leistungsmittler oder Erfüllungsgehilfe. Das ist z.B. der Fall, wenn der Arbeitgeber in irgendeiner Form tatsächlich oder rechtlich in die Arbeitslohnzahlung eingeschaltet ist oder der Dritte in der praktischen Auswirkung nur die Stellung einer zahlenden Kasse hat, z.B. eine selbstständige Kasse zur Zahlung von Unterstützungen oder Erholungsbeihilfen.

Bei den Zahlungen im Baugewerbe durch die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse handelte es sich immer schon um Lohnzahlungen eines Dritten. Eine Pauschalbesteuerung durch die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse war aber früher nicht zulässig. Da der Empfänger im Zeitpunkt der Zahlung in keinem Dienstverhältnis stand, konnte früher auch kein Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug durchführen. Die Lohnzahlungen waren jedoch im Rahmen einer Einkommensteuer-Veranlagung des Empfängers zu erfassen. Dazu hatte die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse eine Bescheinigung über die Höhe der Lohnzahlungen auszustellen, in der auch ein Hinweis darauf enthalten sein musste, dass der Betrag in der Einkommensteuererklärung anzugeben ist. Seit 1.1.2004 ist die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse als Dritte zum Lohnsteuerabzug gesetzlich verpflichtet. Um das Verfahren zu erleichtern, enthält § 39c EStG in Abs. 3 folgende Regelung:

In den Fällen des § 38 Abs. 3a Satz 1 kann der Dritte die Lohnsteuer für einen sonstigen Bezug mit 20 % unabhängig von den Lohnsteuerabzugsmerkmalen des ArbN ermitteln, wenn der maßgebende Jahresarbeitslohn nach § 39b Abs. 3 zuzüglich des sonstigen Bezugs 10 000 € nicht übersteigt. Bei der Feststellung des maßgebenden Jahresarbeitslohns sind nur die Lohnzahlungen des Dritten zu berücksichtigen.

Ist ein Dritter zum LSt-Abzug verpflichtet, weil er tarifvertragliche Ansprüche eines ArbN eines anderen ArbG unmittelbar zu erfüllen hat (§ 38 Abs. 3a Satz 1 EStG), kann der Dritte die LSt für einen sonstigen Bezug unter den Voraussetzungen des § 39c Abs. 3 EStG mit 20 % unabhängig von den LSt-Abzugsmerkmalen des ArbN ermitteln, wenn der maßgebende Jahresarbeitslohn nach § 39b Abs. 3 EStG zzgl. des sonstigen Bezugs 10 000 € nicht übersteigt. Bei der Feststellung des maßgebenden Jahresarbeitslohns sind nur die Lohnzahlungen des Dritten zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei nicht um eine pauschale LSt i.S.d. §§ 40 ff. EStG. Schuldner der LSt bleibt im Falle des § 39c Abs. 3 EStG der ArbN. Der versteuerte Arbeitslohn ist im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung des ArbN zu erfassen und die pauschal erhobene LSt auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen. Der Dritte hat der zuständigen Finanzbehörde für jeden ArbN eine elektronische LSt-Bescheinigung zu übermitteln (§ 41b Abs. 1 Satz 2 EStG); R 39c LStR. Nach § 38 Abs. 3a Satz 1 EStG ist ein Dritter, der Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers Arbeitslohn zahlt, gesetzlich verpflichtet den Lohnsteuerabzug durchzuführen, soweit dieser Dritte tarifvertragliche Geldansprüche erfüllt, die sich gegen ihn (also den Dritten) und nicht direkt gegen den eigentlichen ArbG richten. Hiernach sind die Sozialkassen des Baugewerbes zum Lohnsteuerabzug verpflichtet, soweit sie tarifvertragliche Geldansprüche erfüllen. Bei den Zahlungen im Baugewerbe durch die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse handelte es sich immer schon um Lohnzahlungen eines Dritten. Eine Pauschalbesteuerung durch die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse war aber früher nicht zulässig. Da der Empfänger im Zeitpunkt der Zahlung in keinem Dienstverhältnis stand, konnte früher auch kein Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug durchführen.

Ist der Dritte verpflichtet, die Aufgaben des ArbG zu erfüllen, so tritt er an die Stelle des ArbG (Haftung neben dem eigentlichen ArbN als Gesamtschuldner für zu wenig einbehaltene LSt). Der Dritte hat die Lohnkonten zu führen und die Lohnsteuerbescheinigungen zu erteilen. Alle Arbeitgeberpflichten (→ Arbeitgeber) gelten deshalb für einen Dritten, der die Arbeitgeberpflichten auf Antrag und mit Zustimmung des Finanzamts übernommen hat.

Eine freiwillige Übernahme der lohnsteuerlichen Pflichten des Arbeitgebers durch einen Dritten kann insbes. in Betracht kommen bei Auszahlung von Betriebsrenten, studentischen Arbeitsvermittlungen, Mehrfacharbeitsverhältnissen bei Versicherungsunternehmen, zentralen Abrechnungsstellen für Arbeitnehmer bei Kirchen und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, leitenden Konzernmitarbeitern sowie Arbeitnehmern von Wohnungseigentümergemeinschaften.

2. Im Inland nicht meldepflichtige Arbeitnehmer

Für im Inland nicht meldepflichtige Personen (nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN, die keinen Wohnsitz, aber einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, nach § 1 Abs. 2 EStG erweitert unbeschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN, nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag wie unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandelnde ArbN, nach § 1 Abs. 4 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN), wird die steuerliche Identifikationsnummer nicht aufgrund von Mitteilungen der Meldebehörden zugeteilt. Für diese ArbN und für im Inland meldepflichtige ArbN, die beschränkt Stpfl. sind, ist eine Teilnahme am ELStAM-Verfahren erst in einer späteren programmtechnischen Ausbaustufe vorgesehen.

In diesen Fällen hat das Betriebsstättenfinanzamt des ArbG derzeit noch auf Antrag Papierbescheinigungen für den LSt-Abzug auszustellen (Vordrucke »Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 201_ bei erweiterter unbeschränkter Einkommensteuerpflicht und für übrige Bezieher von Arbeitslohn aus inländischen öffentlichen Kassen«, »Antrag auf Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3, § 1a EStG für 201_«, »Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 20_ für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer«). Eine Bescheinigung für den LSt-Abzug für einen nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen ArbN ohne Wohnsitz im Inland stellt dagegen das Wohnsitzfinanzamt aus (§ 39e Abs. 8 Satz 1 EStG; Vordruck »Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 201_«; vgl. Rz. 105). Legt ein ArbN eine dieser Bescheinigungen für den LSt-Abzug vor, entfällt die Verpflichtung und Berechtigung des ArbG zum Abruf der ELStAM nach § 39e Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Satz 3 EStG; vgl. BMF vom 8.11.2018, BStBl I, 1137, Rz. 89 ff.

2.1. Nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer

Für Personen, die unter § 1 Abs. 2 oder 3 EStG einzustufen sind, ist die Teilnahme am ELStAM-Verfahren erst in einer späteren programmtechnischen Ausbaustufe vorgesehen. Dies gilt auch dann, wenn für diesen Arbeitnehmerkreis auf Anforderung des FA oder aus anderen Gründen (z.B. früherer Wohnsitz im Inland) steuerliche Identifikationsnummern vorliegen.

Die Teilnahme am ELStAM-Verfahren gilt noch nicht für Fälle, in denen für beschränkt stpfl. ArbN ein Freibetrag i.S.d. § 39a EStG berücksichtigt wird. Entsprechendes gilt, wenn deren Arbeitslohn nach den Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen auf Antrag von der Besteuerung freigestellt oder wenn der Steuerabzug nach den Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen auf Antrag gemindert oder begrenzt wird. In diesen Fällen und auch für ArbN, die nach § 1 Abs. 2 EStG erweitert unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag wie unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind, hat das Betriebsstättenfinanzamt des ArbG (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) wie bisher auf Antrag eine Papierbescheinigung für den LSt-Abzug auszustellen und den Arbeitgeberabruf zu sperren. Dies gilt auch dann, wenn für diesen Arbeitnehmerkreis auf Anforderung des FA oder aus anderen Gründen (z.B. früherer Wohnsitz im Inland) steuerliche Identifikationsnummern vorliegen. Der beschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN hat dem ArbG die Papierbescheinigung unverzüglich vorzulegen.

Der ArbG eines beschränkt einkommensteuerpflichtigen ArbN ist zum Abruf der ELStAM berechtigt und verpflichtet, wenn dem beschränkt einkommensteuerpflichtigen ArbN eine Identifikationsnummer zugeteilt und diese dem ArbG mitgeteilt wurde und der ArbN keine Papierbescheinigung vorgelegt wurde.

Wurde dem ArbG vom beschränkt einkommensteuerpflichtigen ArbN eine Papierbescheinigung vorgelegt, tritt diese für den vermerkten Gültigkeitszeitraum an die Stelle der bereits abgerufenen ELStAM. Der ArbG hat in diesem Fall den LSt-Abzug anhand der Papierbescheinigung vorzunehmen; vgl. Tz. 3 BMF vom 7.11.2019, BStBl I 2019, 1087.

2.2. Durchführung für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer (§ 1 Abs. 4 EStG)

Für Stpfl. mit der Steuerklasse I ohne Freibetrag für beschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN (§ 1 Abs. 4 EStG) wurde der Arbeitgeberabruf ab 1.1.2020 freigeschaltet. ArbG haben ab diesem Zeitpunkt die LSt-Abzugsmerkmale für beschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN im ELStAM-Verfahren abzurufen.

Voraussetzung für die Teilnahme von ArbN am ELStAM-Verfahren ist die Zuteilung einer Identifikationsnummer. Diese ist nach § 39 Abs. 3 Satz 1 EStG beim Betriebsstättenfinanzamt des ArbG (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) zu beantragen. Die Zuteilung einer Identifikationsnummer kann auch der ArbG beantragen, wenn ihn der ArbN dazu nach § 80 Abs. 1 AO bevollmächtigt hat. Wurde dem beschränkt einkommensteuerpflichtigen ArbN bereits eine Identifikationsnummer zugeteilt, teilt das Betriebsstättenfinanzamt diese auf Anfrage des ArbN mit. Der ArbG ist auch berechtigt, eine Anfrage im Namen des ArbN zu stellen.

Zur Beantragung der Identifikationsnummer wird ein bundeseinheitlicher Vordruck zur Verfügung gestellt. Der Vordruck wird vor dem Start des Arbeitgeberabrufes auf dem Formularserver des Bundes (http://www.formulare-bfinv.de) zum Abruf bereitgestellt; vgl. Tz. 2 BMF vom 7.11.2019, BStBl I 2019, 1087.

Abb.: Lohnsteuerabzug für nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer

3. Literaturhinweise

Harder-Buschner u.a., Vorsorgeaufwendungen im Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2010, NWB 2009, 2636.

4. Verwandte Lexikonartikel

Außerordentliche Einkünfte

Einkommensteuer

Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit

Lohnsteueranmeldung

Lohnsteuerbescheinigung

Lohnsteuerermäßigungsverfahren

Steueranmeldung

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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