Aufsichtsratsvergütung

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Aufsichtsratsvergütung ist eine Zuwendung für ein Mandat, z.B. im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, einer Genossenschaft oder einer GmbH.
  • Die Höhe der finanziellen Zuwendung wird in der jeweiligen Satzung festgelegt und in der Hauptversammlung bewilligt.
  • Die Vergütung ist nicht als Arbeitslohn zu verstehen, sondern zählt zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit.
  • Deshalb ist ein Aufsichtsratsmandat keine Beschäftigung im Sinne einer Sozialversicherung.

Inhaltsverzeichnis

1 Überblick
2 Begriff der Aufsichtsratsvergütung
2.1 Allgemeines
2.2 Kreis der betroffenen Personen und Gremien
2.3 Überwachungsfunktion
2.4 Vom Abzugsverbot erfasste Vergütungen
3 Steuerliche Behandlung der Aufsichtsratsvergütungen
3.1 Behandlung bei der Körperschaft
3.2 Behandlung beim Aufsichtsratsmitglied
3.3 Besonderheiten bei ausländischen Aufsichtsratsmitgliedern
3.4 Zusammentreffen von Abzugsverbot und vGA
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel

1. Überblick

Vergütungen, die eine Körperschaft an zur Überwachung der Geschäftsführung beauftragte Personen bezahlt (sog. Aufsichtsratsvergütungen), sind zur Hälfte für körperschaftsteuerliche Zwecke nicht abziehbar (§ 10 Nr. 4 KStG). Dabei kommt es nicht auf die Bezeichnung der Personen bzw. des entsprechenden Überwachungsorgans an, sondern allein auf die tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben. Die Vergütungen fallen ferner nur insoweit unter das hälftige Abzugsverbot, als es sich nicht um die Erstattung von gesondert nachgewiesenen Aufwendungen handelt.

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Wird die Aufsichtsratsvergütung an ausländische Aufsichtsratsmitglieder gezahlt, ist von den Vergütungen eine gesonderte → Quellensteuer (sog. Aufsichtsratsteuer) einzubehalten (§ 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG).

2. Begriff der Aufsichtsratsvergütung

2.1. Allgemeines

Aufsichtsratsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine Vergütung gewährt werden. Sie kann in der Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt werden und soll in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen (§ 113 Abs. 1 AktG).

Einen Aufsichtsrat zu bestellen haben grundsätzlich die AG und die KGaA (§§ 95 ff. AktG), die GmbH mit mehr als 500 Arbeitnehmern (§§ 95 ff. AktG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG) sowie Genossenschaften (§§ 36 ff. GenG). Aufgrund des Gesellschaftsvertrags kann die Kontrollbefugnis auch auf ein anderes Gesellschaftsorgan, z.B. auf einen Beirat, übertragen werden.

2.2. Kreis der betroffenen Personen und Gremien

Das Gesetz zählt in § 10 Nr. 4 KStG beispielhaft Mitglieder des Aufsichtsrats und des Verwaltungsrats auf. Daneben sind nach dem Gesetzeswortlaut auch andere mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragte Personen erfasst. Die Vorschrift bezieht sich somit auf alle aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder auf freiwilliger Basis betraute Überwachungspersonen einer Körperschaft. Dies können z.B. auch Beiräte sein, die ggf. neben einem Aufsichtsrat bestellt sind. Das Gesetz trifft zudem keine Entscheidung, dass Beamte oder Arbeitnehmer des Unternehmens nicht betroffen wären, sodass auch für diese das hälftige Abzugsverbot gilt. Nicht erfasst werden hingegen Vergütungen an ehemalige Aufsichtsratsmitglieder, da es nur auf die gegenwärtige Überwachung der Geschäftsführung ankommt (BFH Urteil vom 16.10.1968, I 85/65, BStBl II 1969, 147). Entscheidend für die Frage, ob Vergütungen i.S.v. § 10 Nr. 4 KStG vorliegen, ist stets, ob das jeweilige Organ eine Überwachungsfunktion oder aber eine erweiterte Geschäftsführung wahrnimmt (BFH Urteil vom 11.3.1981, I R 8/77, BStBl II 1981, 623; vgl. auch BFH Urteil vom 28.8.2003, IV R 1/03, BStBl II 2004, 112).

2.3. Überwachungsfunktion

Jegliche Vergütungen, die für die Überwachung der Geschäftsführung gezahlt werden, werden von § 10 Nr. 4 KStG erfasst. Der Begriff der Überwachung ist weit auszulegen (vgl. FG Düsseldorf Urteil vom 8.3.2005, 6 K 5037/01 K, EFG 2005, 1380; R 10.3 Abs. 3 Satz 1 KStR). Unter das hälftige Abzugsverbot soll jede Tätigkeit fallen, die innerhalb des möglichen Rahmens der Überwachungstätigkeit liegt (R 10.3 Abs. 3 Satz 2 KStR; FG Hessen Urteil vom 13.9.2011, 4 K 829/07, BB 2012, 1134; BFH Urteil vom 15.11.1978, I R 65/76, BStBl II 1979, 193). Nicht erforderlich ist, dass die Tätigkeit ausschließlich auf die Überwachung der Geschäftsleitung gerichtet ist. Voraussetzung ist jedoch, dass die beauftragte Person aufgrund der Überwachungsfunktion auch gesellschaftsrechtlich verantwortlich und gegebenenfalls schadensersatzpflichtig ist (FG Düsseldorf, Urteil vom 8.3.2005, 6 K 5037/01 K, EFG 2005, 1380).

Nach dem BFH-Urteil vom 28.8.2003 (IV R 1/03, BStBl II 2004, 112) greift das hälftige Abzugsverbot des § 10 Nr. 4 KStG aber nur dann, wenn es sich um reine Überwachungstätigkeiten gegenüber der Geschäftsleitung handelt. Werden – wie in der Praxis häufig – gleichzeitig Beraterverträge ausgeübt, die im Wesentlichen Aufgaben der Geschäftsführung zum Inhalt haben, sind die Beraterhonorare hierfür nicht als Entgelt für Aufsichtsratstätigkeit zu qualifizieren. Mangels dieser Zuordnung beim Empfänger greift hier auch seitens der zahlenden KapGes (→ Kapitalgesellschaften) nicht das hälftige Abzugsverbot des § 10 Nr. 4 KStG.

Beispiel 1: nach BFH-Urteil vom 28.8.2003, IV R 1/03, BStBl II 2004, 112

A ist – überwiegend über ein Treuhandverhältnis als Treugeber – an der Z-GmbH beteiligt, mit der er einen Beratungsvertrag z.B. betreffend Kosten/Erlösplanung, Controlling, Personalplanung, Marketing, Standort-/Kostenbeurteilung für die Eröffnung neuer Filialen abgeschlossen hat. Im Gesellschaftsvertrag der Z-GmbH ist nicht geregelt, dass ein Aufsichtsrat oder ein ähnliches Gremium zu bestellen ist.

Lösung 1:

A übt mit den im Beratervertrag aufgezählten Tätigkeiten keine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus, da er nicht mit der Überwachung der Geschäftsführung der Z-GmbH beauftragt ist. Von A sind vielmehr im Wesentlichen Aufgaben der Geschäftsführung selbst wahrzunehmen. Die Vergütungen des A fallen daher nicht unter das hälftige Abzugsverbot gem. § 10 Nr. 4 KStG.

Tipp:

Mit dieser Rspr. besteht eine reelle Gestaltungsmöglichkeit für den vollen BA-Abzug, wobei – wegen § 42 AO (→ Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO) – darauf zu achten ist, dass die gesellschaftsrechtlichen Aufgaben der Überwachung der Geschäftsleitung eingehalten werden. Es sollten beide Komponenten (die Organbestellung zum Aufsichtsrat sowie der Beratervertrag) getrennt vereinbart und getrennt abgegolten werden. Wegen des generellen Aufteilungsverbots (bei einem einheitlichen Vertrag) der Rspr. müssen beide Tätigkeiten »ganz klar« getrennt werden; ansonsten unterliegen die Vergütungen wieder komplett dem hälftigen Abzugsverbot des § 10 Nr. 4 KStG.

2.4. Vom Abzugsverbot erfasste Vergütungen

Zu den von § 10 Nr. 4 KStG erfassten Vergütungen gehören alle Leistungen, die als Entgelt für die (Aufsichtsrats-)Tätigkeit gewährt werden. Hierunter fallen insbes. auch pauschale Aufwandsentschädigungen wie z.B.:

Beispiel 2:

Dem Aufsichtsratsmitglied wird neben der vereinbarten Aufsichtsratsvergütung ein Tagegeld von 150 € pro Sitzungstag gezahlt, ohne dass das Aufsichtsratsmitglied einen gesonderten Nachweis für zusätzliche Aufwendungen erbringen muss.

Lösung 2:

Die Tagegelder zählen ebenfalls zu den Zahlungen i.S.v. § 10 Nr. 4 KStG, sodass sie dem in dieser Vorschrift vorgeschriebenen hälftigen Abzugsverbot unterliegen.

Nicht dem hälftigen Abzugsverbot unterliegen (und damit voll abzugsfähig sind) Vergütungen, die dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied für gesondert nachgewiesene Aufwendungen erstattet werden, vorausgesetzt, dass die geleistete Erstattung den tatsächlichen Aufwendungen entspricht (R 10.3 Abs. 1 Satz 3 KStR; s. auch OFD Niedersachsen vom 22.7.2011, S 2755-13-St 241 zur Übernahme von Seminarkosten).

3. Steuerliche Behandlung der Aufsichtsratsvergütungen

3.1. Behandlung bei der Körperschaft

Gem. § 10 Nr. 4 KStG ist die Hälfte der Aufsichtsratsvergütungen im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens von → Kapitalgesellschaften (Körperschaft) nicht abziehbar. Das Gesetz unterscheidet insofern nicht zwischen Vergütungen an inländische und ausländische Aufsichtsratsmitglieder.

Da die an die »Überwacher« der KapGes gezahlten Vergütungen an sich handelsrechtlich sowie nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 4 EStG → Betriebsausgaben darstellen, ist die Hälfte der aufwandswirksam verbuchten Vergütungen außerhalb der Bilanz wieder hinzuzurechnen.

3.2. Behandlung beim Aufsichtsratsmitglied

Vergütungen für die Tätigkeit als Aufsichtsrat sind → Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.

Hinweis:

Aufgrund der Corona-Krise sieht das BMF in seinem Schreiben vom 9.4.2020 (IV C 4-S 2223/19/10003:003, BStBl I 2020, 498) vor, dass bei Verzicht eines Aufsichtsratsmitglieds vor Fälligkeit oder Auszahlung auf Teile seiner Aufsichtsratsvergütung diese Teile steuerlich außer Ansatz bleiben sollen. Da es sich auf Seiten der Gesellschaft gleichwohl um Aufsichtsratsvergütungen und nicht um Spenden handelt, bleibt die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG davon unberührt. Begrenzt wurde diese Maßnahme vorerst auf den Zeitraum vom 1.3.2020 bis längstens zum 31.12.2020. Mit BMF-Schreiben vom 18.12.2020 (IV C 4-S 2223/19/10003:006, BStBl I 2021, 57) wurde der zeitliche Anwendungsbereich über den 31.12.2020 hinaus auf alle Maßnahmen erweitert, die bis 31.12.2021 durchgeführt werden. Mit BMF-Schreiben vom 15.12.2021 (IV C 4-S 2223/19/10003:006) erfolgte die Erweiterung bis 31.12.2022.

Hinweis:

Wenn das Aufsichtsratsmitglied als → Unternehmer i.S.d. § 2 UStG einzustufen ist (vgl. Abschn. 2.2 Abs. 2 Satz 7 UStAE unter Verweis auf BFH vom 27.7.1972, V R 136/71, BStBl II 1972, 810, BFH vom 20.8.2009, V R 32/08, BStBl II 2010, 88), wird es der KapGes eine Rechnung mit USt-Ausweis ausstellen, soweit er nicht Kleinunternehmer i.S.d. § 19 UStG ist. Nimmt die Kapitalgesellschaft den Vorsteuerabzug nach § 15 EStG in Anspruch, ist die → Bemessungsgrundlage für das Abzugsverbot gem. § 10 Nr. 4 KStG die Hälfte des Aufsichtsrats-Nettobetrags (R 10.3 Abs. 2 KStR). Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es entgegen bisheriger Rspr. jedoch nicht als Unternehmer tätig (BFH vom 27.11.2019, V R 23/19, V R 62/17, BStBl II 2021, 542; siehe hierzu auch EuGH vom 13.6.2019, C-420/18, ABl EU 2019, Nr. C 263, 19; BMF vom 29.3.2022, III C 2-S 7104/19/10001:005, BStBl I 2022, 567). Besteht die Vergütung sowohl aus variablen als auch festen Bestandteilen, ist die Tätigkeit grds. als selbstständig anzusehen, wenn die variablen Bestandteile mehr als 10 % der Gesamtvergütung im Kj. betragen. Die Voraussetzungen sind für jedes Mandat eines Aufsichtsrates separat zu prüfen (OFD Frankfurt Vfg. vom 11.5.2022, S 7100 A-287-St 110.2).

Die Unternehmereigenschaft ist bei Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft nicht erfüllt, wenn sie die Aufsichtsratstätigkeit auf Anweisung ihres Dienstherren übernommen haben und dienstrechtlich dazu verpflichtet sind, die Vergütung zumindest teilweise an die Dienststelle abzuführen. Durch die enge Verflechtung der Aufsichtsratstätigkeit mit dem Dienstverhältnis ist sie als Teil der unselbstständigen Arbeit unabhängig vom Vergütungsrisiko einzustufen. In derartigen Fällen unterliegt die Tätigkeit der Beamten als Aufsichtsratsmitglieder daher keiner Umsatzsteuer (vgl. OFD Frankfurt vom 11.5.2022, S 7100 A-287-St 110.2).

Aufsichtsratsvergütungen unterliegen grundsätzlich der Regelbesteuerung. Mit Urteil vom 20.8.2009 (V R 32/08, BStBl II 2010, 88) hat der BFH seine frühere Auffassung aufgegeben und befunden, dass für den Ausnahmefall der Vergütungen für die Aufsichtsratstätigkeit einer Volksbank die Tätigkeit nicht ehrenamtlich, mithin die Vergütung nicht nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG steuerfrei sei (vgl. auch FG Niedersachsen Urteil vom 30.11.2010, 16 K 29/10, DStRE 2012, 370). Grund dafür sei, dass Volksbanken im Wettbewerb mit anderen Banken stünden und nicht (mehr) ersichtlich sei, dass der allgemeine Sprachgebrauch zwischen Volksbanken und anderen Geschäftsbanken unterscheide. Außerdem seien Steuerbefreiungen im Zweifel eng auszulegen. Zur weiteren umsatzsteuerlichen Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen vgl. zusammenfassend OFD Frankfurt vom 11.5.2022, S 7100 A-287-St 110.2.

3.3. Besonderheiten bei ausländischen Aufsichtsratsmitgliedern

Aufsichtsratsvergütungen, die von inländischen Körperschaften (d.h. Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, § 73a Abs. 1 EStDV) an ausländische Aufsichtsratsmitglieder (d.h. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland) gezahlt werden, unterliegen gem. § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG einem besonderen Steuerabzug. Diese sog. Aufsichtsratsteuer, die von der Körperschaft einzubehalten ist, beträgt grds. 30 % der gesamten Einnahmen (§ 50a Abs. 2 Satz 1 EStG). Bei Aufsichtsratsmitgliedern, die Staatsangehörige eines EU/EWR-Staates sind und in einem dieser Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, können von den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden (§ 50a Abs. 3 EStG). Das Unternehmen kann die Beträge von den Einnahmen abziehen, wenn sie durch das Aufsichtsratsmitglied in einer für das Bundeszentralamt für Steuern nachprüfbaren Form nachgewiesen wurden oder das Unternehmen die Kosten übernommen hat. Trägt die beaufsichtigte Körperschaft die Aufsichtsratsteuer, erhöht sich der Steuerabzug auf 42,85 % der ausgezahlten Vergütung. Die Aufsichtsratsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütungen dem Aufsichtsratsmitglied zufließen (§ 50a Abs. 5 EStG). In diesem Zeitpunkt ist der Steuerabzug durch die Körperschaft als Vergütungsschuldner vorzunehmen. Zuständig ist das Bundeszentralamt für Steuern. Vom Vergütungsschuldner ersetzte oder übernommene Reisekosten gehören nur insoweit zu den Einnahmen, als die Fahrt- und Übernachtungsauslagen die tatsächlichen Kosten und die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand die Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG übersteigen. (§ 50a Abs. 2 Satz 2 EStG).

Die abkommensrechtliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen richtet sich nach Art. 16 i.V.m. Art. 23 A und 23 B OECD-MA. Danach wird das Besteuerungsrecht dem Staat zugewiesen, in dem die überwachte und kontrollierte Gesellschaft ansässig ist.

Hinweis:

Zwischen der deutschen und der polnischen Sprachfassung des Art. 16 Abs. 1 DBA-Polen besteht eine Abweichung. Während der polnische Text auch Vergütungen an den Geschäftsführer einer KapGes umfasst, beschränkt sich der deutsche Text auf Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen entsprechend dem OECD-Musterabkommen. Vergütungen, die das für die Geschäftsführung verantwortliche Personal bezieht, sind in Art. 16 Abs. 2 DBA-Polen geregelt. Im Unterschied zu Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen i.S.d. Art. 16 Abs. 1 DBA-Polen, für die Deutschland die Doppelbesteuerung im Wege der Anrechnung vermeidet, wendet Deutschland auf Einkünfte i.S.d. Art. 16 Abs. 2 DBA-Polen die Freistellungsmethode an (vgl. OFD Münster vom 22.3.2010, S 1301-70-St 45-32, IStR 2010, 300; OFD Niedersachsen, vom 20.1.2010, S 1301-478-St 111). Einschlägig ist dies bei der Frage der Besteuerung der in Deutschland ansässigen Geschäftsführer polnischer Gesellschaften. Die vom OECD-Musterabkommen abweichende Sonderregelung des Art. 16 Abs. 2 DBA-Polen 2003, in der die Besteuerungsbefugnis für Vergütungen einer Person in ihrer Eigenschaft als »bevollmächtigter Vertreter« geregelt wird, gilt auch für Geschäftsführer einer deutschen GmbH (BFH Beschluss vom 30.9.2020, I R 76/17, BStBl II 2021, 275).

3.4. Zusammentreffen von Abzugsverbot und vGA

Bei überhöhten Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder, die zugleich Gesellschafter sind, hat das Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung (→ Verdeckte Gewinnausschüttung) gegenüber § 10 Nr. 4 KStG Vorrang (vgl. BFH Urteil vom 20.1.1993, I R 55/92, BStBl II 1993, 376).

Beispiel 3:

Eine AG bezahlt an die drei Aufsichtsratsmitglieder (alles Aktionäre) eine Vergütung i.H.v. jeweils 80 T€. Die angemessene Vergütung liegt bei jeweils 60 T€. Die AG hat die Vergütung in voller Höhe als Betriebsausgabe (240 T€) abgezogen.

Lösung 3:

Der Abzug der Aufsichtsratsvergütungen als Betriebsausgabe ist richtig. I.H.d. unangemessenen Vergütung von insgesamt (für drei Aufsichtsratsmitglieder) 60 T€ hat eine volle (vGA), i.H.d. angemessenen Vergütung eine hälftige Hinzurechnung (§ 10 Nr. 4 KStG) von insgesamt 90 T€ zu erfolgen. Beim Aufsichtsratsmitglied (= Anteilseigner) liegen in Bezug auf die unangemessenen Vergütungen Einnahmen aus Kapitalvermögen, i.H.d. angemessenen Teils Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) vor.

Hinweis:

Es kann sich die Situation ergeben, dass (ohne Einbeziehung von steuerlichen Folgen auf der Einkommensverwendungsebene der KapGes) die als vGA bezogene Aufsichtsratsvergütung geringer besteuert wird, da sie beim Anteilseigner der Abgeltungsteuer unterliegt.

4. Literaturhinweise

Clemm, Die körperschaftsteuerliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen ist sinn-, system- und verfassungswidrig, BB 2001, 1873; Kästner, Abzugsfähigkeit von D&O-Prämien für Aufsichtsratsmitglieder als Betriebsausgaben, DStR 2001, 422; Lühn, Steuerliche Behandlung der Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen nach den Doppelbesteuerungsabkommen, IWB 2007, Fach 3, Gr. 2, 1369; Vetter, Aufsichtsratsvergütung und Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern, ZIP 2008, 1; Peetz, Aufsichtsratsvergütung als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben, GmbHR 2009, 977; Köhler/Goebel/Schmidt, Neufassung des § 50a EStG durch das JStG 2009 – Ende einer Dauerbaustelle?, DStR 2010, 8; Decker/Looser, Neuregelung des Steuerabzugs nach § 50a EStG ab 2009, IStR 2010, 8; Knapp, Die Entwicklung des Rechts des Aufsichtsrats – Aktuelle Gesetze und Rechtsprechung für die Praxis, DStR 2010, 56; Strothenke, Wegzug und Zuzug von Aufsichtsratsmitgliedern, IStR 2010, 350; Portner, Neue Vergütungsregeln für Manager – Welche Folgen ergeben sich daraus für die Besteuerung?, DStR 2010, 577; Brouwer, Zum Erfordernis einer Satzungserlaubnis für Organvergütungen bei steuerbefreiten Berufsverbänden, BB 2010, 865; Maser/Göttle, Rechtlicher Rahmen für die Vergütung des Aufsichtsrats, NZG 2013, 201; Preen/Pacher/Bannas, Woher kommt der Strukturwandel bei der Aufsichtsratsvergütung, DB 2014, 1633; Holthaus, Aktuelle Probleme mit der EU-Konformität des Steuerabzugs nach § 50a EStG, IStR 2014, 628; Gerstenberg, Die Besteuerung grenzüberschreitender Aufsichtsratsvergütungen, IWB 2016, 246; Riegler/Riegler, Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen an Steuerausländer im Lichte der neueren Rechtsprechung, IStR 2016, 291; Klapdor/Prang/Wittenhorst/Horyon, Der »Directors Article« im neuen DBA Deutschland/Niederlande – Zweifelsfragen und Lösungsansätze, IStR 2017, 56; Anger/Capozzi: Leitende Angestellte und Mitglieder von Führungs- und Kontrollgremien in Doppelbesteuerungsabkommen, IStR 2018, 575; Gilcher/Nolde: Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat? Das DrittelbG – Anwendbarkeit, Unternehmenspflichten und Aufsichtsratswahl der Arbeitnehmer, BB 2018, 1268; Heidner, Zur Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern, DB 2020, 470.

5. Verwandte Lexikonartikel

Nichtabziehbare Aufwendungen gem. § 10 KStG

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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