1 Definition des Betriebsgrundstücks
2 Einzelheiten
2.1 Bewertung von Betriebsgrundstücken
2.2 Gesonderte Feststellung der Grundbesitzwerte
2.3 Ansatz der Betriebsgrundstücke
2.3.1 Grundstück ist in vollem Umfang notwendiges Betriebsvermögen
2.3.2 Grundstück ist in verschiedene Nutzungs- und Funktionszusammenhänge aufgeteilt
2.3.3 Grundstücke bei Personengesellschaften
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel
Nach § 99 Abs. 1 BewG ist Betriebsgrundstück der zu einem Gewerbebetrieb gehörige → Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb, zum Grundvermögen gehören oder einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bilden würde (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BewG). Zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen siehe gleich lautende Ländererlasse vom 5.6.2013 (BStBl I 2013, 734).
Die Einordnung eines Grundstücks als Betriebsgrundstück richtet sich nach ertragsteuerlichen Grundsätzen (R B 99 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 ErbStR). Die Bewertungsebene folgt dem Ertragsteuerrecht. Grundstücke bzw. Grundstücksteile sind notwendiges Betriebsvermögen, soweit diese eigenbetrieblich genutzt werden und kein Grundstück von untergeordneter Bedeutung vorliegt, vgl. hierzu R 4.2 Abs. 4 und Abs. 7 EStR. Gebäudeteile sind auf Basis ihrer Nutzung in verschiedene Wirtschaftsgüter aufzuteilen (R 4.2 Abs. 4 EStR), sofern diese in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen. So kann ein Gebäude in vier unterschiedliche Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden. Eigenbetriebliche Gebäudeteile sind notwendiges Betriebsvermögen und insoweit über § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG auch ein Betriebsgrundstück. Grundsätzlich willkürbar sind Gebäudeteile, die zu fremdbetrieblichen oder fremden Wohnzwecken vermietet werden. Diese Gebäude bzw. Gebäudeteile sind nur dann ein Betriebsgrundstück, wenn der Betriebsinhaber eine Zuordnung zum Betriebsvermögen vorgenommen hat. Gebäude bzw. Gebäudeteile, die zu eigenen Wohnzwecken des Betriebsinhabers genutzt werden, sind zwingend notwendiges Privatvermögen und daher in keinem Fall ein Betriebsgrundstück. Ein Grundstück im bewertungsrechtlichen Sinne kann daher sowohl Grundstück im Grundvermögen als auch Betriebsgrundstück im Betriebsvermögen sein.
Betriebsgrundstücke sind entweder wie Grundvermögen oder wie land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten (s.a. → Bedarfsbewertung), § 99 Abs. 3 BewG. Die Bewertung erfolgt losgelöst von der Zuordnung zum Betriebsvermögen. Die wirtschaftliche Einheit Grundstück wird zunächst als Ganzes bewertet. Der für das gesamte Grundstück gesondert festgestellte Grundbesitzwert ist vom Betriebsfinanzamt (nicht von der Bewertungsstelle, vgl. H B 151.2 »Aufteilung des Grundbesitzwertes« ErbStH und R B 99 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 ErbStR) nach den ertragsteuerlichen Grundsätzen aufzuteilen (vgl. zur Aufteilung R 4.2 Abs. 6 EStR – Nutzflächenverhältnis).
Für die ErbSt sind Betriebsgrundstücke gem. § 12 Abs. 3 ErbStG mit den Grundbesitzwerten anzusetzen (→ Bedarfsbewertung, → Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer).
Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG sind Grundbesitzwerte i.S.d. § 157 BewG gesondert festzustellen (§ 179 AO).
Die Zuständigkeiten der gesonderten Feststellungen regelt der § 152 BewG. Zuständig für die gesonderte Feststellung in den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG ist das Lagefinanzamt nach § 152 Nr. 1 BewG.
§ 153 BewG regelt die Erklärungspflicht sowie weitere Verfahrensvorschriften für die gesonderte Feststellung. Nach § 153 Abs. 1 BewG kann das FA von jedem, für dessen Besteuerung eine gesonderte Feststellung von Bedeutung ist, die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen.
Beteiligte am Feststellungsverfahren sind nach § 154 Abs. 1 BewG:
diejenigen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist,
diejenigen, die das FA zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hat.
Zur Einlegung von Rechtsbehelfen gegen den Feststellungsbescheid sind die Beteiligten i.S.d. § 154 Abs. 1 BewG befugt (§ 155 BewG).
Zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist gem. § 156 BewG bei jedem Beteiligten eine Außenprüfung zulässig.
Gehört ein Grundstück nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen in vollem Umfang zum notwendigen Betriebsvermögen, bildet es bewertungsrechtlich stets insgesamt ein Betriebsgrundstück.
Die betriebliche Nutzung ist zunächst nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu entscheiden, R 4.2 Abs. 4 EStR (→ Gemischt genutzte Gebäude in der Einkommen- und Umsatzsteuer).
Inwieweit das Grundstück dem Grunde nach dem Betrieb dient, ist nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu entscheiden. Dabei ist darauf abzustellen, ob das Grundstück bei der steuerlichen Gewinnermittlung notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen bildet. Gewillkürtes Betriebsvermögen kann nur gebildet werden, wenn ein Grundstück oder ein Grundstücksteil fremdbetrieblich oder zu fremden Wohnzwecken vermietet ist. Zu den Einzelheiten vgl. R 4.2 Abs. 9 EStR. Das bis zum Besteuerungszeitpunkt ertragsteuerlich zugeordnete, gewillkürte Betriebsvermögen ist nach §§ 95, 96 BewG auch ein Betriebsgrundstück gem. § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG. Für die Ermittlung des Substanzwertes (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG) ist das Grundstück mit dem – anteiligen – Grundbesitzwert in die Vermögensaufstellung (→ Vermögens- und Verbundvermögensaufstellung) zu übernehmen. Gleiches gilt für den Ansatz im Rahmen des § 200 Abs. 2 und Abs. 4 BewG. Zum gewillkürten BV zählende Grundstücksteile (z.B. fremd vermietete Grundstücksflächen) sind im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens als nicht betriebsnotwendiges Vermögen (§ 200 Abs. 2 BewG) gesondert zum Ertragswert (§ 200 Abs. 1 BewG) anzusetzen. Diese Grundstücksteile fallen in aller Regel auch unter das Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG. In beiden Anwendungsbereichen ist der anteilige Grundbesitzwert anzusetzen.
Beispiel 1:
Ein ertragsteuerlich in vollem Umfang bilanziertes Geschäftsgrundstück wird zu 25 % zu eigenen und zu 75 % zu fremden gewerblichen Zwecken genutzt. Der Grundbesitzwert (§ 12 Abs. 3 ErbStG) des Geschäftsgrundstücks beträgt 400 000 €.
Lösung 1:
Es liegt bewertungsrechtlich ein Betriebsgrundstück vor (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG), da das Grundstück in vollem Umfang dem Gewerbebetrieb dient. Bei der Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren fällt das Betriebsgrundstück zu 75 % als nicht betriebsnotwendiges Vermögen unter § 200 Abs. 2 BewG und ist insoweit gesondert mit dem anteiligen Grundbesitzwert anzusetzen (= 300 000 €). Bei der Ermittlung des Substanzwertes (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG) ist das Betriebsgrundstück in vollem Umfang (= 400 000 €) anzusetzen. Im Rahmen der Verschonung von Betriebsvermögen zählt der vermietete Teil des Betriebsgrundstücks zum Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG (= 300 000 €).
Beispiel 2:
Variante zu Beispiel 1. Der Steuerpflichtige hat nur den eigenbetrieblich genutzten Grundstücksteil als (notwendiges) Betriebsvermögen behandelt. Für die fremd vermieteten Grundstücksteile wurden die Einkünfte im Rahmen des § 21 EStG erklärt.
Lösung 2:
Das Grundstück ist teilweise ein Betriebsgrundstück (25 %) und teilweise ein Grundstück im Grundvermögen (75 %). Die Zuordnungsentscheidung des Steuerpflichtigen für ertragsteuerliche Zwecke bildet auch die Grundlage für die bewertungsrechtliche Einordnung als Betriebsgrundstück. Der Grundbesitzwert ist zunächst für die wirtschaftliche Einheit im Ganzen zu ermitteln (= Grundbesitzbewertung nach §§ 176 ff. BewG). Das Betriebsfinanzamt teilt den Grundbesitzwert dann auf und erfasst 25 % im Rahmen der Bewertung des Einzelunternehmens. Im vereinfachten Ertragswertverfahren ist dieser Teil grundsätzlich durch den Ertragswert nach § 200 Abs. 1 BewG abgegolten. Für den Substanzwert als Mindestwert ist der Grundbesitzwert zu 25 % zu erfassen (= 100 000 €). Das Betriebsfinanzamt teilt dem Erbschaftsteuerfinanzamt nachrichtlich den Umfang des dem Grundvermögen zugerechneten Grundstücks mit (= 300 000 €). 75 % des Grundbesitzwertes sind als Grundvermögen im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung zu berücksichtigen. Sofern die Vermietung zu fremden Wohnzwecken erfolgt, greift § 13d Abs. 1 ErbStG.
Ist ein Grundstück oder ein Grundstücksteil Eigentum einer Personengesellschaft, liegt unabhängig von der Nutzung stets ein Betriebsgrundstück (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG, vgl. auch R 4.2 Abs. 11 EStR) vor. Steht ein Grundstück oder ein Grundstücksteil im Eigentum eines, mehrerer oder aller Gesellschafter, liegt bewertungsrechtlich ein Betriebsgrundstück vor, wenn das Grundstück oder der Grundstücksteil bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschaft gehört (§§ 95, 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 BewG).
Inwieweit ein Grundstück oder ein Grundstücksteil dem Grunde nach dem Gewerbebetrieb dient, hängt davon ab, ob ertragsteuerlich notwendiges oder gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen vorliegt (R 4.2 Abs. 12 EStR). § 8 EStDV gilt auch im Sonderbetriebsvermögen.
Beispiel 3:
A und B betreiben eine offene Handelsgesellschaft auf einem Grundstück, das A alleine gehört. A überlässt das Grundstück der OHG zur Nutzung.
Lösung 3:
Das Grundstück ist notwendiges Sonderbetriebsvermögen von A und damit auch ein Betriebsgrundstück (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 i.V.m. § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Der Grundbesitzwert ist in vollem Umfang bei der Ermittlung des Anteilswertes zu berücksichtigen (vgl. § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG). Das Sonderbetriebsvermögen ist stets mit dem gemeinen Wert (hier Grundbesitzwert) zu bewerten. Das vereinfachte Ertragswertverfahren gilt hierfür nicht, daher ist stets eine Bewertung des Betriebsgrundstücks durchzuführen. Für den Anteilswert inkl. Betriebsgrundstück kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 13b ErbStG die Verschonung für Betriebsvermögen in Betracht kommen. Die Vermietung an die OHG führt grds. nicht zu Verwaltungsvermögen, vgl. Rückausnahme § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG.
Beispiel 4:
A, B und C betreiben eine offene Handelsgesellschaft auf einem Grundstück, das A und B zu je 1/2 gehört.
Lösung 4:
Das Grundstück ist notwendiges Sonderbetriebsvermögen von A und B je zur Hälfte und damit auch ein Betriebsgrundstück (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 i.V.m. § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Bei der Ermittlung des Anteilswertes ist bei A und B jeweils der Grundstücksanteil zu berücksichtigen (§ 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG).
Beispiel 5:
A ist Eigentümer eines Grundstücks. Das Erdgeschoss überlässt er der offenen Handelsgesellschaft, an der A als Gesellschafter beteiligt ist für eigenbetriebliche Zwecke der Gesellschaft. Das Obergeschoss des Gebäudes nutzt A als Wohnung für eigene Wohnzwecke.
Lösung 5:
Soweit das Grundstück eigenen Wohnzwecken von A dient, kann es kein Sonderbetriebsvermögen der OHG darstellen und ist insoweit dem Grundvermögen zuzurechnen. Der Grundstücksteil, der der OHG zu eigenbetrieblichen Zwecken überlassen wird, bildet notwendiges Sonderbetriebsvermögen des A und ist insoweit auch ein Betriebsgrundstück. Der Grundbesitzwert ist anteilig im Rahmen des Betriebsvermögenswertes zu erfassen (vgl. § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG) und anteilig als Grundvermögen. Das der OHG überlassene Erdgeschoss zählt aufgrund der eigenbetrieblichen Nutzung durch die OHG nicht zum Verwaltungsvermögen, § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG. Für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung kann unter den weiteren Voraussetzungen die Verschonung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a, Nr. 4b, Nr. 4c ErbStG in Betracht kommen.
Radeisen, Die Erbschaftsteuerreform 2008/2009, Stuttgart 2008; Hegemann, Bewertungsrechtliche Behandlung des gewillkürten Betriebsvermögens, Steuer & Studium 2006, 247; Eisele, Jahressteuergesetz 2007: Neuerungen im erbschaftsteuerlichen Bewertungsrecht, INF 2007, 136.
→ Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer
→ Gemischt genutzte Gebäude in der Einkommen- und Umsatzsteuer
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