1 Allgemeines
2 Darlehensverträge zwischen Angehörigen
2.1 Allgemeine Grundsätze
2.2 Steuerliche Auswirkungen eines Darlehensvertrages zwischen nahen Angehörigen
2.3 Darlehensverträge zwischen Gesellschaften und Angehörigen von Gesellschaftern
3 Darlehen zwischen Kapitalgesellschaften
4 Darlehen im Betriebsvermögen
4.1 Darlehen bei Betriebsaufspaltung
4.2 Zinsloses Darlehen im Betriebsvermögen
5 Zu- und Abflussprinzip
6 Darlehen bei Vermietung und Verpachtung
7 Ausbildungsdarlehen
8 Arbeitgeberdarlehen an Arbeitnehmer
9 Darlehen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft
10 Darlehensausfall als nachträgliche Anschaffungskosten
11 Darlehen zur Finanzierung von Sonderausgaben
12 Darlehen zur Finanzierung von außergewöhnlichen Belastungen
13 Abgrenzung zwischen Darlehen und Vorschuss
14 Darlehen oder Schenkung
15 Literaturhinweise
16 Verwandte Lexikonartikel
Ein Darlehen (auch Kredit) ist ein schuldrechtlicher Vertrag, bei dem ein Kreditgeber oder Darlehensgeber einem Kreditnehmer oder Darlehensnehmer Geld (Banknoten, Münzen, Buchgeld) oder vertretbare Sachen (Sachdarlehen) vorübergehend zur Nutzung überlässt. Gelddarlehen sind zivilrechtlich in den §§ 488 ff. BGB geregelt: Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen. Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten. Die Hauptpflicht des Darlehensnehmers ist die Zinszahlung. Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Sachdarlehen sind in den §§ 607 ff. BGB aufgeführt. Die steuerliche Behandlung der Darlehen ist im Wesentlichen davon abhängig, ob die Darlehensforderung/-verbindlichkeit dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen zuzuordnen ist. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe Darlehen und Kredit im gleichen Sinn gebraucht. Im Kreditgewerbe versteht man unter Darlehen mittel- und langfristige Kredite, die in einer Summe ausgezahlt und für die eine regelmäßige Tilgung vereinbart werden.
Bei Darlehen in fremder Währung sind die Zinseinnahmen bzw. Zinsausgaben mit dem aktuellen Wechselkurs umzurechnen.
Bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen besteht eine erhöhte Prüfungspflicht, da der wie unter fremden Dritten gegebene Interessensgegensatz u.U. fehlt. Das BMF hat mit Schreiben vom 23.12.2010 (BStBl I 2011, 176) zur steuerlichen Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Angehörigen Stellung genommen und ersetzt die bisher geltenden BMF-Schreiben vom 1.12.1992 (BStBl I 1192, 729), vom 25.12.1993 (BStBl I 1993, 410), vom 30.5.2001 (BStBl I 2001, 348) und vom 2.4.2007 BStBl I 2007, 441). Demnach steht es Angehörigen grundsätzlich frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind. Folgende Voraussetzungen müssen allerdings zur steuerrechtlichen Anerkennung eines Darlehensvertrages zwischen Angehörigen zwingend erfüllt sein (vgl. BMF vom 23.12.2010, BStBl I 2011, 176, Rz. 2–9):
Der Darlehensvertrag muss zivilrechtlich wirksam geschlossen worden sein. Insbesondere bei Vertragskonstellationen zwischen Eltern und Kind ist die gesetzliche Vertretung durch die Eltern eingeschränkt (vgl. hierzu Schoor, NWB 2011, 2650). § 181 BGB verbietet sog. Insichgeschäfte. Die Vorschrift will verhindern, dass verschiedene und einander widersprechende Interessen durch ein und dieselbe Person vertreten werden, weil ein solches Auftreten stets die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit einer Schädigung des einen oder anderen Teils mit sich bringt. Wollen die Eltern einen Vertrag mit ihrem Kind schließen, können sie das Kind hierbei nicht vertreten. Das Gesetz verbietet außerdem die Vertretung des Kindes durch den Vormund bei einem Rechtsgeschäft zwischen seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Kind andererseits (§ 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Schließt ein Elternteil mit seinem minderjährigen Kind einen Darlehensvertrag, ist zur Vertretung des Kindes ein Ergänzungspfleger zu bestellen (§ 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 2, § 181 BGB). Die Wirksamkeit des Darlehensvertrags hängt dann von der Genehmigung des Vertreters ab (§ 108 Abs. 1 BGB). Bis zur Genehmigung durch den Ergänzungspfleger ist der Darlehensvertrag wegen Formmangels zunächst schwebend unwirksam (§ 1629 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Allerdings führt die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse nicht mehr allein zwingend dazu, dass Vertragsverhältnisse steuerrechtlich nicht anerkannt werden, sondern nur als einzelnes Indiz. Vielmehr ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung mehrerer Beweisanzeichen eine abschließende Beurteilung vorzunehmen (vgl. vom 12.5.2009, BStBl II 2011, 24).
Der Darlehensvertrag muss tatsächlich wie vereinbart durchgeführt werden.
Der Darlehensvertrag und dessen Durchführung müssen dem zwischen Fremden Üblichen (Fremdvergleich) entsprechen. Das Vereinbarte muss jedoch in jedem Einzelfall und während der gesamten Vertragsdauer nach Inhalt und Durchführung dem entsprechen, was fremde Dritte bei der Gestaltung eines entsprechenden Darlehensverhältnisses üblicherweise vereinbaren würden, vgl. BFH Urteile vom 7.11.1990 (BStBl II 1991, 291), vom 18.12.1990 (BStBl II 1991, 391) und vom 12.2.1992 (BStBl II 1992, 468). Vergleichsmaßstab sind die Vertragsgestaltungen, die zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich sind. Besteht zwischen Schenkung und Darlehensgewährung ein offensichtlicher Zusammenhang, ist das Rechtsverhältnis insgesamt nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für Rechtsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen gelten. Die langfristige Kapitalhingabe ohne Bestellung von Sicherheiten ist bei Darlehensverträgen zwischen Fremden unüblich. Das Fehlen solcher Sicherheiten steht der steuerlichen Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen entgegen.
Der Fremdvergleich ist auch durchzuführen, wenn Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen getroffen werden, sondern zwischen einer PersGes und Angehörigen der Gesellschafter, wenn die Gesellschafter, mit deren Angehörigen die Vereinbarungen getroffen wurden, die Gesellschaft beherrschen, vgl. BFH vom 18.12.1990 (BStBl II 1991, 581) und vom 15.4.1999 (BStBl II 1999, 524). Gleiches gilt, wenn beherrschende Gesellschafter einer PersGes Darlehensforderungen gegen die PersGes an Angehörige schenkweise abtreten.
Der Darlehensvertrag und seine tatsächliche Durchführung müssen die Trennung der Vermögens- und Einkunftssphären der vertragsschließenden Angehörigen (z.B. Eltern und Kinder) gewährleisten. Eine klare, deutliche und einwandfreie Abgrenzung von einer Unterhaltsgewährung oder einer verschleierten Schenkung der Darlehenszinsen muss in jedem Einzelfall und während der gesamten Vertragsdauer möglich sein (vgl. BFH vom 7.11.1990, BStBl II 1991, 291), vom 4.6.1991 (BStBl II 1991, 838) und vom 25.1.2000 (BStBl II 2000, 393). Nimmt der Steuerpflichtige zur Finanzierung des Erwerbs eines Einfamilienhauses auch ein Darlehen von 50 000 DM zum Zinssatz von 5 % vom eigenen Vater auf, so ist der Darlehensvereinbarung nicht zwingend deshalb die einkommensteuerrechtliche Anerkennung zu versagen, weil weder eine Abrede über die Tilgung getroffen noch die vereinbarte Sicherheit bestellt wurde. Der Abzug der Darlehenszinsen als Werbungskosten hängt vielmehr im Wesentlichen davon ab, dass die Zinsen tatsächlich vertragsgemäß fortlaufend gezahlt wurden.
Abb.: Überblick über die Voraussetzungen zur Anerkennung eines Darlehensvertrags zwischen nahen Angehörigen
Die o.g. Voraussetzungen für die Anerkennung eines Darlehensvertrages zwischen Angehörigen stellen allerdings weniger Tatbestandsmerkmale dar als vielmehr Indizwirkungen.
Der Formunwirksamkeit eines unter nahen Angehörigen abgeschlossenen Vertrages kommt eine Indizwirkung gegen dessen steuerrechtliche Anerkennung zu; vgl. BFH vom 22.2.2007, IX R 45/06. Halten nahe Angehörige zivilrechtliche Formerfordernisse nicht ein, spricht dies im Rahmen der steuerrechtlichen Beurteilung des Vertrages indiziell gegen den vertraglichen Bindungswillen. So ist die zivilrechtliche Wirksamkeit eines Darlehensvertrages gem. Rz. 9 (BMF vom 23.12.2010, BStBl I 2011, 176) ein Anscheinsbeweis gegen die Ernstlichkeit der Vereinbarung. Sie spricht lediglich gegen die steuerrechtliche Anerkennung (vgl. auch Niedersächsisches FG vom 18.6.2012, 15 K 417/10) Diese Indizwirkung soll verstärkt werden und wird damit regelmäßig zur Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung führen, wenn den Vertragsbeteiligten die Nichtbeachtung der Formvorschriften (insbesondere Bestellung eines Ergänzungspflegers) bei klarer Zivilrechtslage anzulasten ist. Das Anlasten sieht die Verwaltung (und Rspr., BFH Urteil vom 13.7.1999, BStBl II 2000, 386) dann als erfüllt an, wenn sich für den konkreten Einzelfall die Anwendbarkeit der Formvorschriften nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern nur im Wege erweiternder Auslegung oder eines Analogieschlusses ergibt, diese Auslegung oder Analogie sich nicht ohne Weiteres aufdrängt, keine veröffentlichte Rspr. existiert, die eine derartige Auslegung bejaht und die analoge Anwendung der Formvorschriften auf vergleichbare Fälle auch in der allgemein zugänglichen Literatur nicht erörtert wird. Außerdem muss hinzukommen, dass die Angehörigen zeitnah nach dem Erkennen der Unwirksamkeit oder dem Auftauchen von Zweifeln an der Wirksamkeit des Vertrags die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet haben, um die Wirksamkeit herbeizuführen oder klarzustellen. Es ist in aller Regel zu beachten, dass sofort nach dem Erkennen der schwebenden, zivilrechtlichen Wirksamkeit die zivilrechtliche Wirksamkeit herbeigeführt werden muss durch z.B. Genehmigung durch ein Vormundschaftsgericht bzw. Bestellung eines Ergänzungspflegers. In diesem Fall wäre der Darlehensvertrag von Anfang an steuerrechtlich anzuerkennen (vgl. Wüster, NWB 2011, 1240).
Beim Fremdvergleich dienen als Vergleichsmaßstab die Vertragsgestaltungen, die zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich sind. Insbesondere sollen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Es existiert eine Vereinbarung über die Laufzeit und über Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens.
Die Zinsen sind zu den Fälligkeitszeitpunkten zu entrichten.
Der Rückzahlungsanspruch ist ausreichend besichert. Als ausreichende Besicherung dienen bankübliche Sicherheiten wie Hypothek oder Grundschuld, Bankbürgschaften, Sicherungsübereignung von Wirtschaftsgütern, Forderungsabtretungen sowie Schuldmitübernahme oder Schuldbeitritt eines fremden Dritten oder eines Angehörigen, wenn dieser über entsprechend ausreichende Vermögenswerte verfügt.
Bei solchen Darlehensverträgen ist ein Fremdvergleich durchzuführen. So ist z.B. eine schenkweise begründete Darlehensforderung nicht anzuerkennen. Zinsen aus einem ertragsteuerlich nicht anzuerkennenden Darlehen unter nahen Angehörigen sind keine Betriebsausgaben; beim Empfänger sind sie keine Einnahmen aus Kapitalvermögen (H 4.8 [Darlehensverhältnisse zwischen Angehörigen] EStH).
Bei Darlehen zwischen Verwandten, die der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern dienen und die daher eindeutig betrieblich bzw. durch die Erzielung von Überschusseinkünften veranlasst sind, steht es der steuerlichen Anerkennung nicht entgegen, wenn das Darlehen unter im Einzelnen fremdunüblichen Bedingungen gewährt wurde, solange die laufenden Zinsen vereinbarungsgemäß gezahlt werden. Auch einem derartigen Anschaffungsdarlehen ist die steuerliche Anerkennung jedoch zu versagen, wenn es sich um eine verschleierte Schenkung handelt, weil die feste Laufzeit des tilgungsfreien Darlehens die durchschnittliche Lebenserwartung des Darlehensgebers deutlich übersteigt. Ist das Darlehen von einer verschleierten Schenkung zumindest nicht eindeutig abgrenzbar, weil die Laufzeit die durchschnittliche weitere Lebenserwartung des Darlehensgebers um sieben Jahre übersteigt, fällt im Rahmen des bei Anschaffungsdarlehen zwar untergeordneten, aber dennoch zu durchzuführenden Fremdvergleichs unter Berücksichtigung der Verteilung der Vertragschancen und -risiken die fehlende Besicherung ins Gewicht. Einem derartigen Darlehen, das i.H.v. 400 000 € gewährt wird, ist die steuerliche Anerkennung zu versagen, wenn es ohne jede Besicherung des Rückzahlungsanspruchs für eine feste Laufzeit von 30 Jahren vereinbart wird und nur der Darlehensnehmer, nicht aber der Darlehensgeber die Möglichkeit hat, sich vor Ablauf dieser Frist von dem Vertrag zu lösen; vgl. FG Hamburg vom 3.11.2017, 6 K 20/17.
Bei Darlehen zwischen nahen Angehörigen, die nach ihrem Anlass wie von einem Fremden gewährt worden sind, ist eine fehlende Besicherung als Kriterium des Fremdvergleichs zu berücksichtigen; ihr kommt aber für sich alleine genommen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (BFH Urteil vom 19.8.2008, IX R 23/07, BFH/NV 2009, 12, LEXinform 0588304).
Zur Anerkennung von Darlehensverhältnissen zwischen Eltern und Kindern (→ Verträge zwischen Angehörigen) bei vorangehender Schenkung des Darlehensbetrages hat der BFH mit Urteil vom 19.2.2002 (IX R 32/98, BStBl II 2002, 674) wie folgt Stellung genommen: Schenkt eine Mutter ihren minderjährigen Kindern einen Geldbetrag, der zeitnah dem Vater zur Finanzierung der Anschaffung eines Grundstücksanteils als Darlehen gewährt wird, überträgt der Vater alsdann die Hälfte des Grundstücks auf die Mutter und investiert diese einen Betrag in die Renovierung des Gebäudes, der dem Wert ihres Anteils entspricht, dann ist die Darlehensgewährung nicht rechtsmissbräuchlich (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 26.3.1996, IX R 51/92, BStBl II 1996, 443).
Verwendet der Stpfl. als Betreuer seines schwerbehinderten Bruders einen an diesen ausgezahlten Schadensersatzbetrag i.H.v. 1,2 Mio. € zur Gewährung eines verzinslichen Darlehens an seine Ehefrau, die den Betrag zur Ablösung eines Immobilienkredits für eine Mietimmobilie verwendet, und ist der Stpfl. und nicht etwa sein Bruder nach dem geschlossenen Darlehensvertrag Darlehensgeber, so hält der Ehegatten-Darlehensvertrag dem Fremdvergleich nicht Stand, wenn u.a. zugunsten des Ehemanns als Darlehensgeber keine Grundsicherheiten bestellt worden sind, sondern lediglich eine stille Zession der Mietforderungen erfolgt ist und der Darlehensgeber jederzeit die Abtretung zugunsten einer Bank bestellter Grundschulden verlangen kann, der Ehemann im Fall der Veränderung der Gesundheitsverhältnisse seines schwerbehinderten Bruders das Darlehen sofort kündigen kann, die vollständige Ausreichung des vereinbarten Darlehens nicht nachgewiesen wird und die vertraglich vereinbarte Verzinsung in der tatsächlichen Durchführung nicht eingehalten wird; vgl. FG Baden-Württemberg vom 19.12.2017, 11 K 3703/16.
Ein Darlehensvertrag zwischen dem Stpfl. als Darlehensnehmer und seiner 93-jährigen Mutter als Darlehensgeberin ist steuerlich nicht anzuerkennen, wenn mit der Tilgung des Darlehens erst nach 15 Jahren begonnen werden soll und der Stpfl. bei Vertragsschluss davon ausgegangen war, seine Mutter zu beerben. Bei einer solchen Sachlage ist davon auszugehen, dass mit der Auszahlung des Darlehensbetrages eine endgültige Vermögensverschiebung zugunsten des Stpfl. im Sinne einer verschleierten Schenkung herbeigeführt werden sollte; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 14.9.2017, 1 K 1883/16.
Mit Urteil vom 21.6.2005 (4 K 250/01, EFG 2005, 1943) hat das FG Baden-Württemberg zur Darlehensgewährung zwischen Familienangehörigen folgenden Fall entschieden:
Beispiel 1:
Der Stpfl. erwarb den hälftigen Miteigentumsanteil seiner Tante T an einem Zweifamilienhaus, das sie gemeinsam bewohnten. Der Kaufpreis betrug 64 000 €. Er wurde in eine Darlehensforderung umgewandelt und mit 6 % per anno verzinst. Nach Ablauf von 10 Jahren durfte die Tante jährliche Tilgungsleistungen von höchstens 2 500 € fordern. Der Neffe vermietete gleichzeitig die Wohnung im Obergeschoss an seine Tante für monatlich 320 € für die Dauer von zehn Jahren. Erst danach war eine Anpassung der Miete an den Mietspiegel möglich.
Lösung 1:
Weil sich die monatlich zu zahlenden Beträge für die Schuldzinsen (320 €) und für die Miete (320 €) exakt entsprachen, vermutete das FA gegenläufige Rechtsgeschäfte und erkannte die Vereinbarung nicht an. Außerdem wies es darauf hin, dass der Darlehensgeber (Tante) die Tilgung nicht mehr erleben würde.
Das FG hat die »Steuergestaltung« anerkannt. Danach liegt ein Gestaltungsmissbrauch ausdrücklich nicht vor, wenn im Zusammenhang mit einer Eigentumsübertragung der Verkäufer dem Erwerber die Kaufpreisforderung verzinslich stundet und gleichzeitig ein Mietzins mit einer Miete i.H.d. Schuldzinsen vereinbart. Außerdem führt die Möglichkeit, dass der Darlehensgeber die Tilgung des Darlehens nicht mehr erlebt, ohne weitere Anhaltspunkte nicht dazu, dem Darlehensvertrag die steuerliche Anerkennung zu versagen.
Der BFH entschied mit Urteil vom 22.10.2013 (X R 26/11), dass die Fremdvergleichsprüfung bei Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen je nach dem Anlass der Darlehensaufnahme unterschiedlich intensiv vorzunehmen ist. Wurden die Darlehensmittel dem Darlehensgeber zuvor geschenkt, erfolgt eine strikte, dienen sie der Finanzierung von Wirtschaftsgütern, reicht eine großzügige Prüfung aus. Als Vergleichsmaßstab ist neben den Verträgen zwischen Kreditinstituten und Darlehensnehmern, was im Bereich der Geldanlage üblich ist. In dem Streitfall betrieb der Kläger eine Bäckerei. Mit Kaufvertrag vom 1.10.1993 erwarb er von seinem Vater Anlagevermögen. Am gleichen Tag schlossen die beiden einen schriftlichen Darlehensvertrag über die Bruttokaufpreisforderung der Wirtschaftsgüter. Das Darlehen wurde mit 8 % verzinst. Verzinst wurde jeweils der Restsaldo zum 31.12. eines Jahres. Die Zinsen wurden dem Darlehen zum Ende des Jahres zugeschlagen. Das Darlehen war von beiden Seiten kündbar. Ebenfalls zum gleichen Tag gab der Vater gegenüber den noch minderjährigen Kindern des Klägers das privatschriftliche Schenkungsversprechen ab, dass er ihnen die Kaufpreisforderung zu gleichen Teilen schenke. Der Kläger und seine Ehefrau als gesetzliche Vertreter ihrer Kinder nahmen die Schenkung an. Der Kläger richtete in der Buchführung für die Kinder je ein Konto ein. Diese Konten erhöhten sich in den nachfolgenden Jahren um die Zinserträge. Tatsächliche Auszahlungen erfolgten aufgrund der Darlehensverträge nicht. Das FA erkannte den Zinsaufwand nicht als Betriebsausgabe an. Der X. Senat gab der Revision statt. Maßgeblich für die steuerliche Anerkennung sei die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten; geringfügige Abweichungen einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen schlössen die Anerkennung noch nicht aus. Der BFH unterscheidet zwischen drei Fallgruppen: Werde das Darlehen aus Mitteln gewährt, die der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber zuvor geschenkt habe, sei die Fremdvergleichsprüfung strikt vorzunehmen (sog. Umwandlungsfälle). Trete das Darlehen an die Stelle einer geschuldeten Anzahlung, sei problematisch, wenn die Vergütung stehengelassen werde, ohne diese zuvor zur Auszahlung angeboten zu haben. Diene das Darlehen hingegen zur Finanzierung der Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern, werde es selbst dann steuerlich anerkannt, wenn es unter im Einzelnen nicht fremdüblichen Bedingungen gewährt werde.
Die Finanzverwaltung sah sich durch das Urteil des BFH veranlasst, Rn. 4 ihres Schreibens vom 23.10.2010 zu ändern. Gemäß BMF-Schreiben vom 29.4.2014 (BStBl I 2014, 809) sollen Vergleichsmaßstab zwar weitgehend grds. die Vertragsgestaltungen sein, die zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich sind, dies jedoch mit der Einschränkung: »Sofern Darlehensverträge zwischen Angehörigen neben dem Interesse des Schuldners an der Erlangung zusätzlicher Mittel außerhalb einer Bankfinanzierung auch dem Interesse des Gläubigers an einer gut verzinslichen Geldanlage dienen, sind ergänzend auch Vereinbarungen aus dem Bereich der Geldanlage zu berücksichtigen.« Als Faustregel bleibt festzuhalten, dass der Zinssatz und die Modalitäten der Zinszahlung und Darlehensrückzahlung schriftlich vereinbart werden sollten. Jahrelanges Nichtzahlen der Zinsen mit entsprechender Aufsummierung des Darlehens ist problematisch. Bei überschaubaren Verhältnissen ist es dagegen für Investitionsdarlehen aus eigenen Mitteln nicht schädlich, wenn die Darlehen nicht gesichert werden. Hohe Anforderungen werden unverändert an die Ausgestaltung der Kreditverträge gestellt, wenn geschenkte Mittel dem Schenker kreditweise zurückgewährt werden.
Beispiel 2:
Der Stpfl. gewährt seiner Mutter ein Darlehen über 100 000 €. Das Darlehen wird zum Erwerb von Anlagevermögen benötigt und ist am Ende der Laufzeit von zehn Jahren zurückzuzahlen (Fälligkeitsdarlehen). Das Darlehen wird jährlich mit 3,5 % verzinst. Die anfallenden Schuldzinsen werden dem Darlehensbetrag hinzugerechnet und sollen erst am Ende der Laufzeit gezahlt werden. Bei einem Kreditinstitut wäre bei einer vergleichbaren Anlage eine Verzinsung von nur 2 % gewährt worden.
Lösung 2:
Der Vertrag ist steuerlich anzuerkennen. Als Vergleichsmaßstab ist neben den Verträgen zwischen Kreditinstituten und Darlehensnehmern, was im Bereich der Geldanlage üblich ist. Ergänzend sind die Vereinbarungen aus dem Bereich der Geldanlage zu berücksichtigen und damit das Interesse des Gläubigers an einer guten Verzinsung. Die Vereinbarung, dass die Zinsen erst am Ende des zehnjährigen Zeitraums zu bezahlen sind, ist im Bereich der Geldanlage bei aufgezinsten Sparbriefen üblich. Das Darlehen kann somit einem Fremdvergleich standhalten. Das BMF nimmt in seinem Schreiben vom 23.12.2010 (BStBl I 2011, 176, Rz. 10–16) Stellung zu schenkweise begründeten Darlehensforderung. Demnach wird es steuerrechtlich nicht anerkannt, wenn Angehörige Geldbeträge unentgeltlich zuwenden, damit der Empfänger den Betrag als Darlehen wieder zurückgibt. Eine Abhängigkeit zwischen Schenkung und Darlehen erkennt die Verwaltung unwiderleglich, wenn
die Vereinbarung von Schenkung und Darlehen in ein und derselben Urkunde geregelt werden,
die Schenkung unter der Auflage der Rückgabe als Darlehen erfolgt,
die Schenkung unter der aufschiebenden Bedingung der Rückgabe als Darlehen erfolgt.
Falls die Vereinbarung von Schenkung und Darlehen zwar in mehreren Urkunden erfolgt, aber zeitnah, führt dieser Umstand nicht zwingend zur Abhängigkeit zwischen Schenkung und Darlehen. Vielmehr sind hierbei die gesamten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen, ob eine gegenseitige Abhängigkeit der beiden Verträge vorliegt (BFH Urteil vom 18.1.2001, BStBl II 2001, 293).
Falls eine Abhängigkeit zwischen Schenkung und Darlehen erkannt wird, werden weder die vereinbarte Schenkung noch die Rückgabe als Darlehen anerkannt. Der Beschenkte erhält keine alleinige und unbeschränkte Verfügungsmacht über das Geld. Der Empfänger erhält nach Auffassung des BMF nicht die alleinige und unbeschränkte Verfügungsmacht über die Geldmittel, da er sie nur zum Zwecke der Rückgabe an den Zuwendenden oder an eine Personengesellschaft, die der Zuwendende oder dessen Angehörige beherrschen, verwenden darf. Das Gleiche gilt, wenn bei Eltern und minderjährigen Kindern die Vermögens- und Einkunftssphären nicht einwandfrei zu trennen sind. Die Schenkung wird dann in diesen Fällen erst mit der Rückzahlung oder Tilgung des Darlehens vollzogen bzw. anerkannt. Die Schenkung wird dann durch die Zahlung der Zinsen erweitert. Wüster (NWB 2011, 1240) hinterfragt diese Auffassung: »M. E. ist diese Verwaltungsauffassung zwar bei solchen Darlehen zutreffend, bei denen die Zinsen am Ende der Darlehenslaufzeit vollständig gezahlt und vom Beschenkten bezogen werden. Wenn hingegen Zinsen laufend gezahlt werden, ist es fraglich, ob unter Berücksichtigung des § 41 Abs. 1 AO grds. dieser Rechtsauffassung gefolgt werden kann, oder im Einzelfall nicht ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums vorliegt. Der Beschenkte trägt unzweifelhaft das Risiko des Untergangs der Darlehensforderung, genauso wie ihm alleine die Erträge zustehen und ggf. auch eine Abtretung des Darlehens an einen Dritten möglich ist. Wenn man dieser Rechtsauffassung folgt, können Darlehensverträge nicht alleine wegen einer Abhängigkeit zu einer Schenkung steuerrechtlich nicht anerkannt werden. Ebenfalls zu hinterfragen ist diese Rechtsauffassung bei wirtschaftlich voneinander unabhängigen Angehörigen, wenn man dem BFH in seiner Würdigung von solchen Darlehensverträgen folgen will. Demnach müssten sowohl Schenkung als auch Zinszahlung anzuerkennen sein, wenn die Zinsen regelmäßig gezahlt und beide Vereinbarungen tatsächlich vollzogen werden, d.h. auch eine Tilgung des Darlehens erfolgt, um die Schenkung zu erfüllen.«
Der Bruder des Ehemannes der Stpfl. ist als ihr Schwager ein naher Angehöriger i.S.d. Fremdvergleichsrechtsprechung des BFH. Ein Darlehensvertrag mit einem nahen Angehörigen hält dem Fremdvergleich nicht Stand, wenn u.a. die getroffenen Zins- und Tilgungsvereinbarungen tatsächlich nicht durchgeführt werden (u.a. jahrelang keine Zinszahlungen), gleichwohl keine verbindliche Vereinbarung über eine Nachzahlung der Zinsen und eine Tilgung des Darlehens getroffen worden ist, Sicherheiten fehlen, der Darlehensgeber nahezu nichts unternimmt, um die jahrelang ausstehenden Zins- und Tilgungsleistungen einzutreiben, und wenn ein Darlehen auch nach Ablauf der Darlehenslaufzeit weder zurückgezahlt noch zurückgefordert wird. Es entspricht nicht der Fremdüblichkeit, Darlehenszinsen nur »nach Maßgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Liquiditätslage« des Darlehensnehmers zu zahlen. Eine nicht ernstlich gewollte Zinsvereinbarung ist insgesamt steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Das gilt auch für Jahre, in denen (Teil-) Zinszahlungen erfolgen. Auch für das zweite Darlehen wurden dem Darlehensgeber keine werthaltigen Sicherheiten eingeräumt. Die im Darlehensvertrag genannten Sicherheiten (persönliche Bürgschaft der Klägerin und Verzicht der Klägerin auf ihr Vermieterpfandrecht) stellen für den Darlehensgeber faktisch keine Sicherheiten dar. Denn die Klägerin haftet für die sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen als Darlehensnehmerin ohnehin persönlich; vgl. FG Bremen vom 23.10.2018, 1 K 206/17.
Räumt ein freiberuflich tätiger Zahnarzt seinen minderjährigen Kindern zivilrechtlich wirksam (unter Einschaltung eines Ergänzungspflegers, mit Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht) im Wege der Schenkung jeweils eine typische stille Beteiligung an seiner Zahnarztpraxis ein, ohne dass Geldflüsse mit tatsächlichen Zahlungen von Geldern in das Betriebsvermögen erfolgt wären und wodurch jeder stille Gesellschafter mit 10 % am Gewinn der Gesellschaft, höchstens aber mit 15 % der Einlage sowie an einem Verlust ebenfalls mit 10 %, höchstens aber mit seiner Einlage beteiligt sein sollte, so sind die von dem Zahnarzt an seine Kinder gezahlten Gewinnbeteiligungen keine Betriebsausgaben, sondern Privataufwendungen (§ 12 EStG), wenn bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände des Einzelfalls die maßgebliche Veranlassung für die Einräumung der stillen Beteiligungen nicht in betrieblichen Motiven (z.B. Finanzierung einer betrieblichen Investition oder von laufenden Praxisaufwendungen), sondern in den privaten Motiven des Zahnarztes zu sehen ist, Steuern zu sparen und seinen Kindern einen Vorteil zukommen zu lassen (im Streitfall: angesichts der Gewinnsituation der Praxis nur geringfügige Indizierung einer betrieblichen Veranlassung durch die Vereinbarung auch einer Verlustbeteiligung; Motiv, die Kinder an die Tätigkeit als Zahnarzt heranzuführen und eventuell als Betriebsnachfolger aufzubauen, als nur geringwertiges Indiz für eine betriebliche Veranlassung; Gewinnbeteiligung von 10 % ohne Einlage von Mitteln in das Vermögen des Praxis als gegen betriebliche Veranlassung sprechendes Indiz); vgl. FG München vom 17.5.2019, 6 K 756/18.
Vertritt ein Rechtsanwalt als Ergänzungspfleger minderjährige Kinder beim Abschluss und bei der Durchführung eines Darlehensvertrags mit deren Eltern, so ist der Vertrag regelmäßig steuerlich anzuerkennen, weil die Verpflichtung des Pflegers zur gewissenhaften Wahrnehmung der Interessen des Pfleglings gegenüber dem bei Angehörigenverträgen typischerweise fehlenden Interessengegensatz in den Vordergrund tritt.
Verträge unter nahen Angehörigen werden in der Regel nur dann steuerlich anerkannt, wenn sie zivilrechtlich wirksam, klar, eindeutig und leicht nachprüfbar sind und dem entsprechen, was unter sonst gleichen Umständen auch zwischen fremden Personen hätte vereinbart werden können. Zudem muss die tatsächliche Durchführung des Vertrags wie unter fremden Dritten erfolgt sein. Ein Angehörigendarlehen, das auf einem wegen Vollmachtsmissbrauchs zivilrechtlich sittenwidrigem Insichgeschäft beruht, ist steuerlich nicht anzuerkennen; vgl. FG Köln vom 14.10.2020, 14 K 1414/19.
Wird ein Darlehensvertrag zwischen Angehörigen nach den im BMF-Schreiben vom 23.12.2010 (BStBl I 2011, 176) fixierten Regeln vereinbart und von der Finanzverwaltung auch steuerlich anerkannt, ist zu prüfen, welcher Steuersatz auf die Zinseinnahmen bei dem darlehensgebenden Angehörigen anzuwenden ist. Es stellt sich die Frage, ob die Guthabenzinsen beim Darlehensgeber dem (oftmals dem individuellen Steuersatz gegenüber günstigeren) Abgeltungsteuersatz i.H.v. 25 % unterliegen. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a EStG fallen diese Erträge nicht unter den abgeltenden Steuersatz von 25 %, sondern sind auch weiterhin mit dem individuellen Einkommensteuertarif zu versteuern, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind.
Durch die Änderungen des JStG 2010 gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2011 die Ausnahme von der Abgeltungsteuer nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a EStG nur noch, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG keine Anwendung findet.
Beispiel 3:
Die Mutter gibt ihrer Tochter ein Darlehen über 1 000 000 €. Das Geld wird für die Anschaffung einer Immobilie verwendet, die zu fremden Wohnzwecken vermietet wird. In dem unstreitig anzuerkennenden Darlehensvertrag sind jährliche Zinsen von 5 % vereinbart.
Lösung 3:
Es liegt eine Ausnahme vom Abgeltungsteuersatz gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a EStG vor, da die Mutter und Tochter nahestehende Personen sind und die Tochter die Schuldzinsen als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG ansetzen kann. Dies hat zur Folge, dass die Mutter die Zinserträge nach dem für sie geltenden, individuellen Steuersatz versteuern muss. Die Tochter kann die geleisteten Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (mit individuellem Steuersatz) steuermindernd geltend machen.
Mit Schreiben vom 18.1.2016 BStBl I 2016, 85 erörtert das BMF unter Rz. 136 den Begriff der nahestehenden Person: Das Verhältnis von nahestehenden Personen liegt vor, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat. Von einem solchen Beherrschungsverhältnis ist auszugehen, wenn der beherrschten Person auf Grund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt (BFH Urteile vom 29.4.2014, VIII R 9/13, VIII R 35/13, VIII R 44/13, VIII R 31/11, BStBl II 2014, 986, 990, 992 und 995). Das Abhängigkeitsverhältnis kann wirtschaftlicher oder persönlicher Natur sein (BFH Urteil vom 28.1.2015, VIII R 8/14, BStBl II 2015, 397).
Ein Näheverhältnis i.S.d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG liegt nur dann vor, wenn die Person auf den Stpfl. beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Stpfl. auf diese Person beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder der Stpfl. imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Stpfl. oder die nahestehende Person einen außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat. Die vom BFH aufgestellten Grundsätze zum Näheverhältnis i.S.d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG bei KapGes finden auf PersGes entsprechende Anwendung; vgl. FG Münster vom 28.2.2019, 3 K 2547/18 E.
Beispiel 4:
Ehegatte/Lebenspartner C gewährt dem Ehegatten/Lebenspartner D ein Darlehen zum Erwerb einer vermieteten Immobilie. Der darlehensnehmende Ehegatte/Lebenspartner D ist ansonsten mittellos. Ein fremder Dritter hätte den Erwerb der Immobilie durch D nicht zu 100 % finanziert.
Lösung 4:
D ist von C finanziell abhängig. Hinsichtlich der Finanzierung verbleibt D kein eigener Entscheidungsspielraum, sodass C bei der Darlehensgewährung einen beherrschenden Einfluss auf D ausüben kann. Die Anwendung des gesonderten Steuertarifs nach § 32d Abs. 1 EStG auf die vom darlehensgebenden Ehegatten/Lebenspartner C erzielten Kapitaleinkünfte ist nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen.
Für die Annahme eines eigenen wirtschaftlichen Interesses der Vertragsparteien an der Einkünfteerzielung des anderen reicht es nicht aus, dass der Darlehensgeber von der Besteuerung der Zinsen nach dem gesonderten Tarif gem. § 32d Absatz 1 EStG profitiert und der Schuldner die gezahlten Vergütungen im tariflichen Bereich als Betriebsausgaben abziehen kann (BFH vom 16.6.2020, VIII R 5/17 BStBl II 2020, 807).
Der Fremdvergleich ist auch durchzuführen, wenn Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen getroffen werden, sondern zwischen einer Personengesellschaft und Angehörigen der Gesellschafter, wenn die Gesellschafter, mit deren Angehörigen die Vereinbarungen getroffen wurden, die Gesellschaft beherrschen (vgl. BFH Urteil vom 18.12.1990, BStBl II 1991, 581 und vom 15.4.1999, BStBl II 1999, 524). Gleiches gilt, wenn beherrschende Gesellschafter einer Personengesellschaft Darlehensforderungen gegen die Personengesellschaft an Angehörige schenkweise abtreten (vgl. BMF vom 23.12.2010, BStBl I 2011, 176, Rz. 7): Die Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen einer Personengesellschaft (→ Personengesellschaften) und den volljährigen, finanziell unabhängigen Söhnen der Gesellschafter, bei denen die Darlehensverträge aus zuvor von den Gesellschaftern geschenkten Mitteln herrühren, richtet sich nach den gesamten Umständen des Falles unter Berücksichtigung des Fremdvergleichs. Die Kürze der zwischen Schenkung und Darlehensgewährung liegenden Zeit begründet keine unwiderlegbare Vermutung für die gegenseitige Abhängigkeit der beiden Verträge (BFH Urteil vom 18.1.2001, IV R 58/99, BStBl II 2001, 393, gegen BMF vom 1.12.1992, BStBl I 1992, 729 Tz. 9). Nach dem BMF-Schreiben vom 30.5.2001 (BStBl I 2001, 348) sind die Grundzüge des BFH-Urteils vom 18.1.2001 zu beachten. Dem BFH-Urteil vom 18.1.2001 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
GmbH & Co. KG Kommanditisten |
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H.D. zu je 50 % |
K.D. zu je 50 % |
1.7.05: H.D. schließt mit seinem Sohn A einen Vertrag über die Schenkung von 45 000 € ab. |
1.7.05: K.D. schließt mit seinem Sohn B einen Vertrag über die Schenkung von 45 000 € ab. |
9.7.05: vom Kontokorrentkonto der Gesellschaft werden jeweils 45 000 € an die Söhne überwiesen. Die Söhne sind 30 bzw. 37 Jahre alt und bei der Gesellschaft nicht selbstständig beschäftigt. Die Gehälter betragen jeweils rund 40 000 €. |
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17.7.05: A überweist den Betrag von 45 000 € auf das Kontokorrentkonto der Gesellschaft zurück. |
24.7.05: B überweist den Betrag von 45 000 € auf das Kontokorrentkonto der Gesellschaft zurück. |
1.9.05: Die Gesellschaft, vertreten durch den Gesellschafter H.D, schließt mit den beiden Söhnen jeweils einen schriftlichen Darlehensvertrag über den Betrag von 45 000 €. Nach dem Vertrag ist das Darlehen mit 9 % zu verzinsen. Diese Vereinbarung soll auch für künftige Zuführungen zu den Darlehenskonten gelten. |
Abb.: Darlehensvertrag zwischen Personengesellschaft und Kindern
Der BFH hat wie folgt entschieden:
Die Darlehensverträge und deren tatsächliche Durchführung entsprechen in allen Punkten dem zwischen fremden Dritten Üblichen. Ein Darlehensvertrag kann auch dann steuerlich anzuerkennen sein, wenn die Valutabeträge aus Mitteln stammen, die den Kindern zuvor von den Eltern geschenkt worden waren (BFH Urteil vom 18.12.1990, VIII R 1/88, BStBl II 1991, 911).
Mit Urteil vom 22.1.2002 (VIII R 46/00, BStBl II 2002, 685) hat der BFH wie folgt entschieden: Verpflichtet sich der beherrschende Gesellschafter einer Personengesellschaft in einem notariellen Vertrag, seinem Kind zu Lasten seines Darlehenskontos einen Geldbetrag unter der Bedingung zuzuwenden, dass er der Gesellschaft sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung zu stellen ist, können die Zinsen bei der steuerlichen Gewinnermittlung der Gesellschaft nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. das gilt auch bei längeren Abständen zwischen Schenkungs- und Darlehensvertrag, wenn zwischen beiden Verträgen eine auf einem Gesamtplan beruhende sachliche Verknüpfung besteht.
Gesellschaftsverträge zwischen nahen Angehörigen können – bei Vorliegenden der weiteren Voraussetzungen – auch dann anerkannt werden, wenn die Beteiligung oder die zu deren Erwerb aufzuwendenden Mittel dem in die Gesellschaft aufgenommenen Angehörigen unentgeltlich zugewendet werden. Bei schenkweiser Einräumung einer typisch stillen (Unter-)Beteiligung wird kein Vermögensgegenstand zugewendet, über den der Empfänger bereits verfügen kann. Bereichert ist der Zuwendungsempfänger erst, wenn ihm aus der (Unter-)Beteiligung tatsächlich Gewinnausschüttungen oder Liquidationserlöse zufließen; vgl. Niedersächsisches FG vom 29.9.2011, 10 K 269/08. In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 17.7.2014, IV R 52/11 wie folgt: Die unentgeltliche Zuwendung einer atypisch stillen Beteiligung ist mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags zivilrechtlich wirksam vollzogen.
Die Forderung auf Rückzahlung des Darlehens und die Forderung auf Zahlung der vereinbarten Darlehenszinsen sind getrennt voneinander zu bilanzieren. Dementsprechend schlägt die als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierende Wertberichtigung der Darlehensforderung nicht auf den Ausweis der Zinsforderungen durch; vgl. BFH vom 11.11.2015, I R 5/14, BStBl II 2016, 491. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die GmbH schloss mit einem nahen Angehörigen des Gesellschafters der GmbH einen Vertrag über die Gewährung eines Darlehens i.H.v. 100 000 €, das in den Jahren 00 bis 02 in verschiedenen Teilbeträgen ausgezahlt worden war. Das Darlehen war mit angemessenen 6 % p.a. zu verzinsen, Sicherheiten wurden für das Darlehen nicht vereinbart und auch nicht gewährt. Das Darlehenskonto wurde von der GmbH als Verrechnungskonto geführt und die vereinbarte Verzinsung dem Darlehenskonto jeweils am Jahresende belastet. Zum 31.12.05 war die Darlehensforderung auf 190 000 € und zum 31.12.06 auf 250 000 € angewachsen. Bis einschließlich des Jahres 06 wurde eine Verzinsung des Darlehenskontos vorgenommen und das Verrechnungskonto entsprechend belastet, in den Folgejahren erfolgte dagegen eine Verzinsung des Darlehenskontos und entsprechende Belastung des Verrechnungskontos nicht mehr. Die Zinsforderungen wurden zudem in der Buchführung nicht mehr erfasst. Eine Rückzahlung des Darlehens fand nicht statt.
Gewährt eine nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigte (ausländische) Kapitalgesellschaft ihrer unbeschränkt steuerpflichtigen (inländischen) Schwester-Kapitalgesellschaft ein Darlehen, werden die dafür gezahlten Zinsen nur dann nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 KStG 1999 a.F. in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert, wenn auch die (gemeinsame) Muttergesellschaft nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigt ist (BFH Urteil vom 16.1.2014, I R 30/12). Das Urteil betrifft altes Recht (für die Streitjahre 2000 und 2001 galt noch das Körperschaftsteueranrechnungsverfahren). § 8a KStG a.F. behandelte Vergütungen für Fremdkapital, das eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft von einem nicht zur Anrechnung der Körperschaftsteuer berechtigten Anteilseigner erhalten hat, unter bestimmten Voraussetzungen unabhängig von § 8 Abs. 3 KStG als verdeckte Gewinnausschüttungen. Im Streitfall erhielt eine deutsche GmbH, deren Muttergesellschaft eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft war, von ihrer irischen (nicht zur Körperschaftsteueranrechnung berechtigten) Schwestergesellschaft einen verzinslichen Kredit. Die angemessenen Zinsen wollte das Finanzamt, weil die Voraussetzungen für die Anwendung des § 8a KStG a.F. erfüllt waren, als verdeckte Gewinnausschüttungen erfassen.
Nach dem Urteil des FG Köln (FG Köln Urteil vom 4.9.2014, 13 K 2292/10, EFG 2014, 2164) ist es entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung zur Anwendung der Holding-Regelung in § 8a Abs. 4 KStG ausreichend, dass nur eine Beteiligung gehalten wird. In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 18.8.2015, I R 56/14 wie folgt: Eine Gesellschaft i.S.d. § 8a Abs. 4 Satz 1 KStG 2002 a.F. liegt vor, wenn die Haupttätigkeit der KapG darin besteht, Beteiligungen an KapGes zu halten und diese KapGes zu finanzieren (Variante 1) oder wenn deren Vermögen zu mehr als 75 % ihrer Bilanzsumme aus Beteiligungen an KapGes besteht (Variante 2). Beide (Alternativ-)Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Gesellschaft (vorübergehend oder auf Dauer) nur eine einzige Beteiligung an einer KapGes hält.
Gewähren bei einer → Betriebsaufspaltung die Gesellschafter der Betriebs-GmbH bei deren Gründung ein Darlehen, dessen Laufzeit an die Dauer ihrer Beteiligung an der GmbH gebunden ist, so gehört dieses Darlehen zu ihrem notwendigen Sonderbetriebsvermögen (→ Mitunternehmerschaft) bei der Besitzgesellschaft (H 15.7 (4) [Darlehen] EStH). Dies gilt auch für ein ungesichertes, unkündbares Darlehen der Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft an die Betriebskapitalgesellschaft, für das Zinsen erst zum Ende der Laufzeit des Darlehens gezahlt werden sollen (BFH vom 19.10.2000, BStBl II 2001, 335).
Zur Darlehenshingabe bei Betriebsaufspaltung hat der BFH wie folgt entschieden:
Abb.: Darlehensgewährung bei Betriebsaufspaltung
Zinslose Darlehen zwischen Ehegatten, die der Darlehensnehmer vereinbarungsgemäß zur Tilgung von Verbindlichkeiten seines Gewerbebetriebs bzw. seines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft verwendet, sind in den jeweiligen Bilanzen der Betriebe zu passivieren und dabei mit dem gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abgezinsten Wert auszuweisen; vgl. FG München Urteil vom 26.6.2014, 11 K 877/11. Die Ehefrau stellte ihrem Ehemann Geldbeträge u.a. für dessen Gewerbebetrieb zur Verfügung. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Geldbeträge als Darlehen zur Finanzierung des Betriebs gewährt worden und auch steuerlich anzuerkennen seien. Wegen der Unverzinslichkeit seien die Darlehen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Die Kläger trugen hiergegen u.a. vor, die Abzinsung führe bei zinslosen Gelddarlehen zwischen nahen Angehörigen zu einer Übermaßbesteuerung. Eine Ungleichbehandlung bestehe auch insoweit, als im Privatvermögen und bei der betrieblichen Überschussrechnung keine Einkünfte gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 20 EStG konstruiert würden, sondern nur bilanzierende Steuerpflichtige davon betroffen seien. Im Streitfall könne es aber schon deshalb zu keinem Abzinsungsgewinn kommen, weil die beiden Darlehen nicht als Betriebsvermögen berücksichtigt werden dürften. Zinslose Darlehen zwischen Familienangehörigen würden in der Regel nicht anerkannt. Es sei keine Besicherung der Darlehen vorgesehen gewesen, ein Zinssatz von 0 % sei unter Fremden unüblich. Das FG entschied hierzu, dass der Zuordnung zum Betriebsvermögen weder die mangelnde Besicherung noch die erst spätere schriftliche Fixierung der Darlehensmodalitäten entgegenstehe. Eine Verbindlichkeit, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und welche zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig wird, ist stets mit 5,5 % abzuzinsen. In dem anschließenden Revisionsverfahren (BFH Urteil vom 13.7.2017, VI R 62/15, BStBl II 2018, 15) kam der BFH zu dem Ergebnis, dass unverzinsliche (betriebliche) Verbindlichkeiten aus Darlehen, die ein Angehöriger einem Gewerbetreibenden, Selbstständigen oder Land- und Forstwirt gewährt, nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen sind, wenn der Darlehensvertrag unter Heranziehung des Fremdvergleichs steuerrechtlich anzuerkennen ist. Weder lässt sich dem Gesetzeswortlaut eine Einschränkung im Hinblick auf Angehörigendarlehen entnehmen noch verlangt der Zweck der Vorschrift eine Sonderbehandlung solcher Darlehen. Der Abzinsungsbetrag kann auch nicht durch Buchung einer Einlage neutralisiert werden. Zwar ist die Zinslosigkeit des Darlehens außerbetrieblich motiviert, bloße Nutzungsvorteile sind jedoch nicht einlagefähig. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht.
Vertragsbeziehungen zwischen verschwägerten Personen unterliegen als Angehörigenverträge einer Fremdvergleichskontrolle. Eine rückwirkend auf den Vertragsbeginn vereinbarte Verzinsung eines zunächst unverzinslich gewährten Darlehens ist (bilanz-)steuerrechtlich unbeachtlich, sofern diese Vereinbarung erst nach dem Bilanzstichtag getroffen wird. Gegen die Höhe des Abzinsungssatzes für unverzinsliche Verbindlichkeiten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG bestehen für das Jahr 2010 keine verfassungsrechtlichen Bedenken; vgl. BFH vom 22.5.2019, X R 19/17, BStBl. II 2019, 795.
Ein unverzinsliches und deshalb abzuzinsendes Darlehen liegt nicht vor, wenn der Darlehensnehmer bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Gegenleistung erbracht hat, da Darlehengeber und -nehmer wirksam vereinbart haben, einander wegen gegenseitiger Zahlungsansprüche einen zinslosen Kontokorrentrahmen zu gewähren; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 30.11.2021, 15 K 1146/18.
Bei der → Einnahmen-Überschussrechnung stellen Geldbeträge, die dem Betrieb durch die Aufnahme eines Darlehens zugeflossen sind, keine → Betriebseinnahmen und Geldbeträge, die zur Tilgung des Darlehens geleistet werden, keine → Betriebsausgaben dar (H 4.5 (2) [Darlehen] EStH). Diese Grundsätze gelten nicht nur bei der Einnahmen-Überschussrechnung, sondern bei allen Einkunftsarten.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften (etwa aus Vermietung und Verpachtung), sondern anteilig auch der (nicht steuerbaren) Selbstnutzung, und werden die Darlehensmittel lediglich teilweise zur Einkünfteerzielung verwandt, so sind die für den Kredit entrichteten Zinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar.
Mit Urteil vom 4.2.2020, IX R 1/18 entschied der BFH zu einem gemischt genutzten Gebäude und der Darlehenszuordnung wie folgt: Die anteilige Zuordnung von Darlehen zu den Herstellungskosten eines Gebäudes, das teilweise vermietet und teilweise veräußert werden soll, ist nach denjenigen Kriterien zu beurteilen, die die Rspr. zu anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden entwickelt hat. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und den Herstellungskosten eines künftig der Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung dienenden Gebäudeteils liegt in diesen Fällen nur vor, wenn die Herstellungskosten des später vermieteten Gebäudeteils sowie diejenigen des später veräußerten Gebäudeteils getrennt ermittelt und entsprechend ausgewiesen werden und der Stpfl. sodann mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich jene Aufwendungen begleicht, die der Herstellung des zur Vermietung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.
Tilgungsaufwendungen für ein Ausbildungsdarlehen gehören nicht zu den abzugsfähigen Aufwendungen der Berufsausbildung (→ Ausbildungskosten, H 10.9 [Ausbildungsdarlehen/Studiendarlehen] EStH); die Zinsen dagegen stellen Ausbildungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) dar.
Gewährt der ArbG dem ArbN ein unverzinsliches oder zinsverbilligtes Darlehen, so sind die Zinsvorteile als → Sachbezüge zu versteuern. Bei Arbeitgeberdarlehen bemisst sich der geldwerte Vorteil nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem marktüblichen Zins und dem Zins, den der ArbN im konkreten Einzelfall zahlt. Es ist hierbei grundsätzlich für die gesamte Vertragslaufzeit der Zinssatz bei Vertragsabschluss maßgeblich, es sei denn, es ist ein variabler Zinssatz vereinbart. Hinsichtlich der Bewertung des geldwerten Vorteils bei Arbeitgeberdarlehen ist zwischen einer Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG (z.B. ArbN eines Einzelhändlers erhält ein zinsgünstiges Arbeitgeberdarlehen) und § 8 Abs. 3 EStG (z.B. Sparkassenangestellter erhält ein zinsgünstiges Arbeitgeberdarlehen) zu unterscheiden. Laut Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 4.5.2006, VI R 28/05, BStBl I 2006, 781) erlangt der Arbeitnehmer keinen lohnsteuerlich zu erfassenden Vorteil, sofern der Arbeitgeber ihm ein Darlehen zu einem marktüblichen Zinssatz gewährt. Der Zinssatz kann sich dabei am unteren Ende einer bestehenden Bandbreite bewegen, da ein Darlehensnehmer immer die günstigste Alternative wählen würde. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Haltung angeschlossen und in einem Schreiben ausführlich zur steuerlichen Behandlung von Arbeitgeberdarlehen Stellung genommen (BMF vom 19.5.2015, IV C 5 – S 2334/07/0009 BStBl I 2015, 484).
Der Zinsvorteil aus der Überlassung eines zinslosen oder zinsverbilligten Darlehens kann nach § 8 Abs. 3 EStG ermittelt werden, wenn der Arbeitgeber Darlehen gleicher Art und mit Ausnahme des Zinssatzes zu gleichen Konditionen (insbesondere Laufzeit des Darlehens, Dauer der Zinsfestlegung, Zeitpunkt der Tilgungsverrechnung) überwiegend an betriebsfremde Dritte vergibt und der Zinsvorteil nicht nach § 40 EStG pauschal besteuert wird. Endpreis i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG für die von einem Kreditinstitut gegenüber seinen Mitarbeitern erbrachten Dienstleistungen ist grundsätzlich der Preis, der für diese Leistungen im Preisaushang des Kreditinstituts oder der kontoführenden Zweigstelle angegeben ist. Dieser Preisaushang ist für die steuerliche Bewertung auch der Dienstleistungen maßgebend, die vom Umfang her den Rahmen des standardisierten Privatkundengeschäfts übersteigen, es sei denn, dass für derartige Dienstleistungen in den Geschäftsräumen offen zugängliche besondere Preisverzeichnisse ausgelegt werden. Es ist zur Ermittlung des Zinsvorteils nach § 8 Abs. 3 EStG zulässig, von dem im Preisaushang dargestellten Preis abzuweichen. Rn. 7 und 8 des BMF-Schreibens vom 16.5.2013 (BStBl I 2013, 729), wonach am Ende von Verkaufsverhandlungen durchschnittlich gewährte Preisnachlässe zu berücksichtigen sind, gelten auch für die Ermittlung des Zinsvorteils nach § 8 Abs. 3 EStG für die von einem Kreditinstitut gegenüber seinen Mitarbeitern erbrachten Dienstleistungen. Der Abschlag von 4 % nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG ist stets vorzunehmen. Bei nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewertenden Zinsvorteilen im Zusammenhang mit Arbeitgeberdarlehen bemisst sich der geldwerte Vorteil nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Maßstabszinssatz für vergleichbare Darlehen am Abgabeort oder dem günstigsten Preis für ein vergleichbares Darlehen am Markt und dem Zinssatz, der im konkreten Einzelfall vereinbart ist. Vergleichbar in diesem Sinne ist ein Darlehen, das dem Arbeitgeberdarlehen insbesondere hinsichtlich der Kreditart (z.B. Wohnungsbaukredit, Konsumentenkredit/Ratenkredit, Überziehungskredit), der Laufzeit des Darlehens, der Dauer der Zinsfestlegung, der zu beachtenden Beleihungsgrenze und des Zeitpunktes der Tilgungsverrechnung im Wesentlichen entspricht. Die Einordung des jeweiligen Darlehens (Kreditart) richtet sich allein nach dem tatsächlichen Verwendungszweck.
Beispiel 5:
Ein ArbN erhält im Mai 07 ein Arbeitgeberdarlehen von 16 000 € zu einem – monatlich zu entrichtenden – Effektivzins von 2 % jährlich (Laufzeit 4 Jahre). Der bei Vertragsabschluss im Mai 07 von der Deutschen Bundesbank für Konsumentenkredite mit anfänglicher Zinsbindung von über 1 Jahr bis 5 Jahre veröffentlichte Effektivzinssatz (Erhebungszeitraum März 07) beträgt 5,81 %.
Lösung 5:
Nach Abzug eines Abschlags von 4 % ergibt sich ein Maßstabszinssatz von 5,58 %. Die Zinsverbilligung beträgt somit 3,58 % (5,58 % abzüglich 2 %). Danach ergibt sich ein monatlicher Zinsvorteil von 47,73 € (3,58 % von 16 000 € × 1/12). Dieser Vorteil ist – da die 44-€-Freigrenze überschritten ist – lohnsteuerpflichtig.
Verzichtet der ArbG auf die Rückzahlung des Darlehens, liegt Zufluss von Arbeitslohn vor, der als sonstiger Bezug zu versteuern ist. Es liegt eine Leistung in Geld und somit kein Sachbezug vor mit der Folge, dass u.a. eine Pauschalierung der Lohnsteuer mit 30 % von vornherein ausscheidet.
Überlässt ein Gesellschafter seiner GmbH ein Darlehen zu einem deutlich unter dem Marktzins liegenden Zinssatz und damit teilentgeltlich, dann sind die von ihm wegen der Refinanzierung dieses Darlehens gezahlten Schuldzinsen zu dem Bruchteil nicht bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Werbungskosten abziehbar, zu dem das Darlehen unentgeltlich gewährt worden ist.
Gewährt ein Gesellschafter einer Familien-GmbH dieser ein teilentgeltliches Darlehen, dann können die auf den unentgeltlichen Teil entfallenden Refinanzierungskosten nur dann ungekürzt bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, wenn das Darlehen einem Fremdvergleich standhält und auch ein den übrigen Gesellschaftern fern stehender Gesellschafter das Darlehen teilentgeltlich gewährt hätte. Andernfalls können die Aufwendungen nur zu dem der Beteiligungsquote des Gesellschafters entsprechenden Bruchteil als Werbungskosten abgezogen werden (BFH Urteil vom 25.7.2001, VIII R 35/99, BStBl II 2001, 698).
Bei einer Darlehensgewährung zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft liegt in folgenden Fällen eine verdeckte Gewinnausschüttung (→ Verdeckte Gewinnausschüttung) vor:
der Gesellschafter erhält von der Kapitalgesellschaft ein zinsloses oder ein zinsverbilligtes Darlehen,
ein Gesellschafter erhält von der Gesellschaft ein Darlehen, obwohl schon bei der Darlehenshingabe mit der Uneinbringlichkeit gerechnet werden muss,
ein Gesellschafter gibt der Gesellschaft ein Darlehen zu einem außergewöhnlich hohen Zinssatz.
Das FG Münster hat mit Urteil vom 12.3.2018, 2 K 3127/15 E entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Ausfall eines einer GmbH vom Gesellschafter gewährten Darlehens bei diesem zu negativen Einkünften aus Kapitalvermögen führt: Der Kläger war einer von sechs Gesellschaftern an einer GmbH (Beteiligung > 1 %). 2003 schloss die GmbH (vertreten durch den Kläger) mit einer Bank einen Darlehensvertrag. Als Sicherheit dienten u.a. die Verpfändung eines Festgeldkontos des Klägers sowie Grundschulden des Klägers. Anfang 2007 stellte der Kläger der GmbH ein Darlehen zur Verfügung; mit Vertrag vom 31.12.2007 erklärte der Kläger gegenüber der GmbH bzgl. des Darlehens einen Rangrücktritt hinter alle Ansprüche anderer gegenwärtiger und zukünftiger Gläubiger der GmbH. Das Darlehen diente der Ablösung des Darlehens der GmbH mit der Bank. 2011 veräußerte der Kläger seinen Gesellschaftsanteil. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger einen Verlust aus der GmbH-Beteiligung geltend. Dieser setzte sich aus dem Verlust aus der Veräußerung des Stammkapitals und dem Gesellschafterdarlehen (Ansatz jeweils 60 %) zusammen. Das FA setzte als Veräußerungsverlust nach § 17 EStG lediglich 60 % des Verlustes aus der Veräußerung des Stammkapitals des Klägers an. Das Finanzgericht führte auf, dass der endgültige Ausfall einer Darlehensforderung eines GmbH-Gesellschafters an die GmbH i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG auf der Vermögensebene zu einem Verlust i.S.d. § 20 Abs. 4 EStG führe. Zwar lag im Streitfall keine Veräußerung einer Kapitalforderung vor. Nach der Rechtsprechung des BFH führe aber auch der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 in der Vermögenssphäre zu einem Verlust i.S.d. § 20 Abs. 4 EStG, BFH Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15. Laut BFH ergebe sich aus der Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen steuerlich zu erfassen seien. Dass auch der Fall der Rückzahlung ausdrücklich der Veräußerung gleichgestellt sei, mache deutlich, dass ein Rechtsträgerwechsel nicht erforderlich ist, sondern es entscheidend auf die endgültige ausbleibende Rückzahlung ankomme. Da auch die Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter ohne Gegenleistung zu einem Veräußerungsverlust führe, sei es geboten, dem den Ausfall einer Rückzahlung gleichzustellen.
Mit Urteil vom 28.11.2019, IV R 54/16 nimmt der BFH Stellung zur Umwandlung eines Darlehens in ein partiarisches Darlehen oder eine typisch stille Beteiligung: Einem partiarischen Darlehen sind – in Abgrenzung von einer stillen Beteiligung – eine Verlustbeteiligung des Darlehensgebers und eine gemeinsame Zweckverfolgung (§ 705 BGB) fremd. Wird zur Erbringung der Einlage in eine typisch stille Gesellschaft eine Darlehensforderung gegenüber einer KapGes als Inhaberin des Handelsgewerbes abgetreten, so handelt es sich um einen tauschähnlichen Vorgang, bei dem eine Forderung für die stille Beteiligung hingegeben wird. Auch bei Hingabe einer Darlehensforderung gegen eine typisch stille Beteiligung bemessen sich die Anschaffungskosten des erlangten Wirtschaftsguts nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts. Dieser bestimmt sich nicht nach den Verhältnissen, die erst durch die Vereinbarung der stillen Beteiligung mit Wirkung für die Zukunft geschaffen werden.
Gewährt ein Gesellschafter einer GmbH seiner GmbH aus dem Privatvermögen ein Darlehen und fällt die Darlehensrückzahlung aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH aus, führt der Forderungsfall grds. zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters für seine Beteiligung an der GmbH. Entsprechendes gilt für die Übernahme einer Bürgschaft durch den Gesellschafter zugunsten »seiner« GmbH, wenn der Gesellschafter aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wurde und die Rückgriffsforderung gegenüber der GmbH wertlos ist. Die Aufwendungen können grds. nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten dem Grunde nach berücksichtigt werden, wenn es sich bei dem Darlehen oder der Bürgschaft um Eigenkapitalersatz im gesellschaftsrechtlichen Sinne handelte. Sind danach nachträgliche Anschaffungskosten dem Grunde nach zu bejahen, ist in einem zweiten Schritt deren Höhe zu prüfen. Hier ist nach der Rspr. zwischen den Fallgruppen Darlehensgewährung in der Krise, stehen gelassenes Darlehen, krisenbestimmtes Darlehen und Finanzplandarlehen zu unterscheiden; ausführlich hierzu Fuhrmann, NWB 2009, 3990.
Das FG Düsseldorf hat zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen bei Beteiligungen i.S.d. § 17 EStG entschieden; vgl. FG Düsseldorf vom 28.1.2020, 10 K 2166/16 E. Das FG gab der Klage statt: Der Verlust des im Januar 2012 gewährten Darlehens führt zu negativen Einkünften der Kläger aus KapVerm und der Ausfall des im Juni 2013 gewährten Darlehens erhöht den Auflösungsverlust des Klägers. Wegen der Vermögenslosigkeit der GmbH stand der endgültige Darlehensverlust bereits im Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft fest. Die Verluste sind daher im Streitjahr 2014 zu berücksichtigen. In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 27.10.2020, IX R 5/20 wie folgt: Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG (Anschluss an BFH vom 24.10.2017, VIII R 13/15, BStBl II 2020, 831). Für die Berücksichtigung des Verlusts aus dem Ausfall einer privaten Kapitalforderung muss endgültig feststehen, dass der Schuldner keine (weiteren) Zahlungen mehr leisten wird. Bei insolvenzfreier Auflösung einer KapGes als Forderungsschuldnerin kann davon regelmäßig erst bei Abschluss der Liquidation ausgegangen werden, sofern sich nicht aus besonderen Umständen ausnahmsweise etwas anderes ergibt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger waren zusammenveranlagte Ehegatten, die gemeinsam (unterstellt wurde: zu je 50 %) einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Ehemann war, mehrere ungesicherte und mit 5 % verzinsliche Darlehen gewährten. Die am 1.8.2010 und am 1.8.2011 gewährten Darlehen i.H.v. jeweils 10 000 € wurden nebst Zinsen am 22.3.2013 und 14.4.2014 vollständig zurückgezahlt. Ein am 10.1.2012 gewährtes Darlehen über 130 000 € wurde in der Zeit vom 14.4. bis 21.11.2014 zu rund 60 % zurückgezahlt; offen blieben 51 234,17 €. Weitere am 28.6.2013 bzw. 4.11.2013 gewährte Darlehen über 40 000 € und 10 000 € hat die GmbH nicht zurückgezahlt.
Schuldzinsen, die gezahlt werden im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Finanzierung einer als Sonderausgaben abziehbaren privaten Versorgungsrente, sind nicht ihrerseits als dauernde Last abziehbar (BFH Urteil vom 14.11.2001, X R 120/98, BStBl II 2002, 413).
Schuldzinsen für ein Darlehen, das ein Stpfl. zur Bestreitung außergewöhnlicher Belastungen i.S.v. § 33 EStG aufgenommen hat, sind nach dieser Vorschrift steuerermäßigend zu berücksichtigen, wenn bzw. soweit die Darlehensaufnahme selbst zwangsläufig erfolgt ist; vgl. BFH vom 6.4.1990, III R 60/88.
Zur Berücksichtigung eines Darlehns im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Belastungen siehe das folgende Beispiel:
Beispiel 6:
Der Stpfl. hat als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG berücksichtigungsfähige Ehescheidungskosten von 10 000 € zu tragen. Er bezahlt diesen Betrag im Dezember 02. Zur teilweisen Finanzierung dieser Zahlung hat er einen Kredit i.H.v. 6 000 € aufnehmen müssen, den er zum jeweiligen 31.12. der Jahre 03–05 mit 2 000 € tilgt. Auf dieses Darlehen entrichtet der Stpfl. in den Jahren 03 Zinsen i.H.v. 480 €, 04 Zinsen i.H.v. 320 € und 05 Zinsen i.H.v. 160 €.
Lösung 6:
Der verausgabte Betrag i.H.v. 10 000 € ist gem. § 33 EStG im Kj. 02 berücksichtigungsfähig. Unbeachtlich ist, dass ein Teilbetrag von 6 000 € aus Darlehensmitteln finanziert wurde und die Tilgung insoweit erst in den Jahren 03–05 erfolgt (H 33.1–33.4 [Darlehen] EStH). Auch die Zinsen sind dem Grunde nach gem. § 33 EStG abzugsfähig. Sie sind gleichfalls in den Jahren der Verausgabung (03 mit 480 €, 04 mit 320 € und 05 mit 160 €) zu berücksichtigen (H 33.1–33.4 [Zinsen] EStH).
Zu einer steuerlichen Ermäßigung führen die abziehbaren Beträge jedoch nur insoweit, als sie die zumutbare Belastung, deren Höhe sich nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte des jeweiligen Kj. richtet, übersteigen.
Nach dem FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 24.10.2013, 4 K 4311/10) ist die Zahlung des Auftraggebers beim Auftragnehmer als Vorschuss und nicht als Darlehen zu erfassen, wenn es sich um eine Vorauszahlung für eine vom Auftragnehmer noch zu erbringende Leistung handeln soll. Kriterien für die Einordnung als Zuschuss sind:
Die Zahlung wird als »Vorschuss« oder »Vorauszahlung«, nicht aber als Darlehen bezeichnet.
Die Zahlung steht im Zusammenhang mit den vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen.
Die Vorauszahlung wird im zugrunde liegenden Vertrag sowie von den Beteiligten der USt unterworfen.
Es fehlt eine Vereinbarung über die Rückzahlungsmodalität.
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist der Vorschuss als Betriebseinnahme zu behandeln und eine etwaige spätere Rückzahlung als Betriebsausgabe. Ein Darlehen wäre hingegen sowohl beim Erhalt als auch bei der Rückzahlung gewinnneutral.
Im Streitfall ging es um Vorauszahlungen eines Musikverlags an einen Musiker, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Nach dem Autorenvertrag sollte der Musiker »eine nichtverzinsliche, nicht rückzahlbare Vorauszahlung« erhalten, die mit den GEMA-Zahlungen verrechnet werden sollte. Das FG bejahte einen Vorschuss und erhöhte den Gewinn. Im anschließenden Revisionsverfahren entschied der BFH (Urteil vom 2.8.2016, VIII R 4/14, BStBl II 2017, 310), dass die nicht rückzahlbaren Zahlungen, die ein Verlag zum Zweck der Vorfinanzierung erwarteter GEMA-Zahlungen an den Urheber erbringt und die mit den Ausschüttungen der GEMA zu verrechnen sind, unabhängig davon, ob sie als vorzeitige Teilerfüllung einer Vergütungspflicht des Verlages anzusehen sind, mit dem Zufluss als Betriebseinnahmen zu erfassen sind. Ein Wertzuwachs ist betrieblich veranlasst, wenn ein nicht nur äußerlicher, sondern sachlicher, wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist. Als betrieblich veranlasst sind nicht nur solche Einnahmen zu werten, die aus der maßgeblichen Sicht des Unternehmers Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Es ist weder erforderlich, dass der Vermögenszuwachs im Betrieb erwirtschaftet wurde, noch, dass der Stpfl. einen Rechtsanspruch auf die Einnahme hat. Betriebseinnahmen können auch vorliegen, wenn der Stpfl. als Betriebsinhaber unentgeltliche Zuwendungen erhält, mit denen weder ein zuvor begründeter Rechtsanspruch erfüllt noch eine in der Vergangenheit erbrachte Leistung vergütet werden soll (z.B. BFH vom 2.9.2008, X R 25/07). Auch das »Behaltendürfen« des Gezahlten ist nicht Merkmal des Zuflusses einer Betriebseinnahme (vgl. BFH vom 13.10.1989 III R 30-31/85, BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze hat das FG in nicht zu beanstandender Weise durch die Auslegung des Verlagsvertrages festgestellt, dass die Zahlungen dem Kläger als Betriebseinnahmen und nicht aufgrund eines Darlehensvertrages zugeflossen sind.
Mit Urteil vom 25.2.2016, 4 K 1984/14, entschied das FG München, dass in der zinslosen Gewährung eines Darlehens schenkungsteuerlich eine freigebige Zuwendung vorliegt, wenn das Darlehen nicht nur zinslos gewährt wird, sondern vom Darlehensempfänger auch keine anderweitige Gegenleistung für die Kapitalüberlassung zu entrichten ist. Hat die Steuerpflichtige von ihrem Lebensgefährten ein zinsloses Darlehen zur Finanzierung erforderlich gewordener Sanierungs- und Umbaumaßnahmen ihres sanierungsbedürftigen, gemeinsam mit dem Lebensgefährten bewohnten Wohnhauses erhalten, so kann das Recht des Lebensgefährten, den Umbau mitzugestalten und in dem Haus zu wohnen, nicht als die Schenkungsteuerbarkeit des zinslosen Darlehens ausschließende Gegenleistung für die Darlehensgewährung gewertet werden (im Streitfall: Bewertung des jährlichen Zinsvorteils des auf zwölf Jahre laufenden zinslosen Darlehen entsprechend § 15 Abs. 1 BewG mit 5,5 %).
Osterloh, Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen und die Voraussetzungen für deren steuerliche Anerkennung, DStR 2014, 393; Fuhrmann, Darlehensausfall weiterhin nachträgliche Anschaffungskosten, NWB 2009, 3990; Kolbe, Umwandlung eines Darlehens in ein partiarisches Darlehen oder eine typisch stille Beteiligung, StuB 9/2020, 329.
→ Verträge zwischen Angehörigen
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