Verzicht auf Steuerbefreiungen nach § 9 UStG

Stand: 28. März 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Sinn und Zweck des Verzichts
2 Voraussetzungen des Verzichts nach § 9 Abs. 1 UStG
2.1 Maßgebliche Leistungen
2.2 Überblick über die Tatbestandsmerkmale
2.3 Teiloption
2.4 Unternehmer als Leistender
2.5 Option für steuerbare Umsätze
2.6 Unternehmer als Leistungsempfänger
2.7 Leistungsbezug für das Unternehmen des Leistungsempfängers
2.8 Vornahme der Option
2.8.1 Form und Frist der Option
2.8.2 Option im Zusammenhang mit dem Reverse-Charge-Verfahren des § 13b UStG
2.8.2.1 Finanzdienstleistungen i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG
2.8.2.2 Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG
2.8.2.3 Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 12 UStG
2.8.2.4 Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 13 UStG
2.8.2.5 Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 19 UStG
2.8.3 Vorsorgliche Option im Immobilienkaufvertrag
2.9 Rückgängigmachung der Option
3 Einschränkungen des Verzichts nach § 9 Abs. 2 UStG
3.1 Sachliche Einschränkungen
3.2 Nachweis der Voraussetzungen
3.3 Unrichtiger Steuerausweis
3.4 Option bei Grundstücksvermietungen
3.4.1 Grundstücksmietverträge
3.4.2 Abfindungszahlungen zur vorzeitigen Auflösung von Mietverträgen
3.4.3 Optionsbedingte Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer
3.5 Option bei Zwischenvermietung
3.6 Zeitliche Einschränkungen
4 Einschränkungen des Verzichts nach § 9 Abs. 3 UStG
4.1 Verzichtserklärung
4.2 Rücknahme des Verzichts
5 Zusammenfassende Übersicht zur Optionsmöglichkeit des § 9 UStG
6 Auswirkung des Verzichts im Ertragsteuerrecht
7 Literaturhinweise

1. Sinn und Zweck des Verzichts

Durch den Verzicht auf eine Steuerbefreiung i.S.d. § 4 UStG kann der Unternehmer, dessen Leistung dadurch stpfl. wird, den sonst unzulässigen → Vorsteuerabzug vornehmen und ihn damit kosten- und preismäßig neutralisieren. Außerdem kann er seinem Abnehmer die eigene USt gesondert in Rechnung stellen und ihm durch den Vorsteuerabzug, den der Abnehmer hat, Kostenentlastung verschaffen. Letzteres ist allerdings nur von Bedeutung bei Abnehmern, die Unternehmer sind und bei denen die Leistung an ihr Unternehmen erbracht wird. Für Unternehmer der Endstufe und ihre Abnehmer ist die Beibehaltung der Steuerbefreiung von Vorteil.

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2. Voraussetzungen des Verzichts nach § 9 Abs. 1 UStG

2.1. Maßgebliche Leistungen

Der Verzicht ist nur für Umsätze an andere Unternehmer für deren Unternehmen zulässig, und zwar bei elf Befreiungstatbeständen, die sich häufig gerade zwischen Unternehmern und weniger auf der Endstufe abspielen (§ 9 Abs. 1 UStG). Es handelt sich um die abschließende Aufzählung folgender Umsätze nach § 4 UStG (s.a. Abschn. 9.1 Abs. 1 UStAE):

  • Nr. 8 Buchst. a: Kreditgewährung, Vermittlung und Verwaltung,

  • Nr. 8 Buchst. b: Verkauf und Vermittlung von gesetzlichen Zahlungsmitteln,

  • Nr. 8 Buchst. c: Umsätze von Geldforderungen und deren Vermittlung,

  • Nr. 8 Buchst. d: Umsätze im Einlagengeschäft, Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr,

  • Nr. 8 Buchst. e: Umsätze von Wertpapieren und Optionsgeschäfte mit Wertpapieren,

  • Nr. 8 Buchst. f: Umsätze von Gesellschaftsanteilen und deren Vermittlung,

  • Nr. 8 Buchst. g: Schuldübernahme,

  • Nr. 9 Buchst. a: Umsätze, die unter das GrEStG fallen,

  • Nr. 12: Umsätze aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken,

  • Nr. 13: bestimmte Leistungen von Wohnungseigentümergemeinschaften an ihre Wohnungseigentümer,

  • Nr. 19: Umsätze der Blinden.

Für eine Steuerbefreiung, die in § 9 Abs. 1 UStG nicht erwähnt ist, kann eine Option zur Steuerpflicht nicht durchgeführt werden.

Hinsichtlich der Besteuerung von Umsätzen mit Anlagegold regelt § 25c Abs. 3 UStG außerhalb des § 9 UStG eine eigenständige Optionsmöglichkeit.

2.2. Überblick über die Tatbestandsmerkmale

Die Verzichtserklärung ist nach § 9 Abs. 1 UStG nur unter folgenden Voraussetzungen wirksam:

  1. Nur → Unternehmer können zur Steuerpflicht optieren.

  2. Es muss sich um steuerbare Umsätze handeln.

  3. Die steuerbaren Umsätze müssen unter die in § 9 Abs. 1 UStG genannten Steuerbefreiungen fallen.

  4. Der Umsatz muss an einen anderen Unternehmer bewirkt werden.

  5. Der Umsatz muss für dessen Unternehmen bewirkt werden.

Der Verzicht ist auch dann möglich, wenn der leistungsempfangende Unternehmer nur steuerfreie Umsätze ausführt und deshalb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. § 9 Abs. 1 UStG enthält insoweit keine Einschränkung (s. aber § 9 Abs. 2 UStG).

Die Option kann für jede einzelne steuerfreie Leistung gesondert vorgenommen werden (Abschn. 9.1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 UStAE; Teiloption). Bei Teilleistungen kann der Unternehmer für jede Teilleistung gesondert über den Verzicht entscheiden. Teilleistungen werden wie selbstständige Leistungen behandelt (s. Abschn. 12.1 Abs. 4 und Abschn. 13.4 Abs. 1 UStAE sowie BFH Urteil vom 9.9.1993, V R 42/91, BStBl II 1994, 269).

2.3. Teiloption

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung kann bei der Lieferung vertretbarer Sachen sowie bei aufteilbaren sonstigen Leistungen auf deren Teile begrenzt werden (Teiloption). Eine Teiloption kommt z.B. bei der Gebäudelieferung, insbes. bei unterschiedlichen Nutzungsarten der Gebäudeteile, in Betracht. Unter Zugrundelegung unterschiedlicher wirtschaftlicher Funktionen ist auch eine Aufteilung nach räumlichen Gesichtspunkten (nicht dagegen eine bloße quotale Aufteilung) möglich (vgl. BFH Urteile vom 26.6.1996, XI R 43/90, BStBl II 1997, 98 und vom 24.4.2014, V R 27/13, BStBl II 2014, 732). Bei der Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden kann die Option für eine Besteuerung nur zusammen für die Gebäude oder Gebäudeteile und den dazugehörigen Grund und Boden ausgeübt werden (Abschn. 9.1 Abs. 6 UStAE).

2.4. Unternehmer als Leistender

Grundsätzlich kann jeder → Unternehmer unter den weiteren Voraussetzungen des § 9 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten. Auch ausländischen Unternehmern steht die Möglichkeit der Option zu (s.u. den Gliederungspunkt »Option im Zusammenhang mit dem Reverse-Charge-Verfahren des § 13b UStG«). Voraussetzung für eine Option ist, dass der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger den Gegenstand der Leistung zulässigerweise (anteilig) ihrem Unternehmen zugeordnet haben (Abschn. 9.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE; s.u. den Gliederungspunkt »Option für steuerbare Umsätze«).

Von der Optionsmöglichkeit ausgenommen sind:

  1. Kleinunternehmer. Nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG ist für Kleinunternehmer i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG der Verzicht nach § 9 UStG ausgeschlossen (Abschn. 9.1 Abs. 2 Satz 1 UStAE).

    Auf Steuerbefreiungen können diese Unternehmer daher nur dann verzichten, wenn sie außerdem eine Verzichtserklärung nach § 19 Abs. 2 UStG abgeben (sog. Doppeloption). Die Option nach § 19 Abs. 2 UStG kann ebenfalls bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung für das betreffende Kj. abgegeben werden (→ Wechsel der Besteuerungsform);

  2. pauschalierende Land- und Forstwirte. Werden die in § 9 UStG bezeichneten Umsätze im Rahmen eines unter § 24 UStG fallenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (→ Land- und Forstwirtschaft) ausgeführt, so kommt ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nicht in Betracht (§ 24 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 UStG). Der Verzicht ist nur dann möglich, wenn der Landwirt auch auf die Anwendung des § 24 UStG gem. § 24 Abs. 4 UStG verzichtet (Abschn. 9.1 Abs. 2 Satz 2 UStAE; → Wechsel der Besteuerungsform);

  3. unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG (Abschn. 9.1 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abschn. 3.2 Abs. 2 Satz 4 UStAE).

Hinweis:

Eine Option nach § 19 Abs. 2 bzw. § 24 Abs. 4 UStG ist nur dann sinnvoll, wenn die Umsätze des Kleinunternehmers bzw. Land- und Forstwirts nur an Unternehmer und nicht an Privatkunden ausgeführt werden. Bei Kundenbeziehungen mit Endverbrauchern wirkt sich die Option nachteilig aus.

Zu beachten gilt weiterhin, dass der Kleinunternehmer oder der pauschalierende Land- und Forstwirt nach § 19 Abs. 2 bzw. § 24 Abs. 4 UStG für mindestens fünf Kj. an den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung bzw. die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung gebunden sind.

Die Verzichtsmöglichkeit für den leistenden Unternehmer beginnt oder endet mit dem Eintritt oder Wegfall der Unternehmereigenschaft. S. dazu die Erläuterungen unter → Unternehmer.

2.5. Option für steuerbare Umsätze

Voraussetzung für einen Verzicht auf die Steuerbefreiung der in § 9 Abs. 1 UStG genannten Umsätze ist u.a., dass steuerbare Umsätze ausgeführt werden (s.a. Abschn. 9.1 Abs. 5 Satz 1 UStAE). Umsätze, die im Ausland ausgeführt werden, können somit nicht als stpfl. behandelt werden.

Ein Umsatz ist unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar. Es muss sich um Umsätze handeln, die

  • ein Unternehmer

  • im Inland

  • gegen Entgelt

  • im Rahmen seines Unternehmens

ausführt.

2.6. Unternehmer als Leistungsempfänger

Leistungsempfänger der steuerbefreiten Leistung muss ein anderer → Unternehmer sein. Eine Option nach § 9 Abs. 2 UStG ist auch dann zulässig, wenn der Leistungsempfänger

  • Reiseleistungen erbringt (§ 25 UStG) oder

  • die Differenzbesteuerung für die Umsätze von beweglichen körperlichen Gegenständen anwendet (§ 25a UStG).

Ein Unternehmer, bei dem die USt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht erhoben wird, ist als ein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigter Leistungsempfänger anzusehen. Die Option ist in diesem Fall somit nicht möglich (Abschn. 9.2 Abs. 2 Satz 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 6.11.2020, BStBl I 2020, 1202).

Beachte:

Mit Urteil vom 1.3.2018 (V R 35/17, BStBl II 2020, 749) hat der BFH entgegen Abschn. 9.2 Abs. 2 UStAE a.F.) entschieden. Bei der Vermietung an einen Pauschallandwirt ist kein Verzicht auf die Steuerfreiheit möglich (s.a. Becker, NWB 30/2018, 2200).

Nach dem BFH-Urteil kommt es für den Verzicht auf die Steuerfreiheit darauf an, ob der leistungsempfangende Unternehmer aus der konkret an ihn erbrachten Leistung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Denn § 9 Abs. 2 UStG verlangt einen leistungsbezogenen Vorsteuerabzug. Diese Voraussetzung trifft entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung auf Unternehmer nicht zu, die ihre Umsätze nach § 24 Abs. 1 UStG erfassen und denen das Gesetz deshalb einen Vorsteuerabzug unabhängig von tatsächlichen Leistungsbezügen pauschal gewährt (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 25/2018 vom 16.5.2018, LEXinform 0448234; s.a. Becker, NWB 30/2018, 2200).

Durch das BMF-Schreiben vom 6.11.2020 (BStBl I 2020, 1202) wird Abschn. 9.2 Abs. 2 UStAE neu gefasst.

Eine Option nach § 9 Abs. 2 UStG ist dann nicht zulässig, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist,

  • der das Grundstück für Umsätze verwendet, für die er seine abziehbaren Vorsteuerbeträge nach Durchschnittssätzen entsprechend den Sonderregelungen nach §§ 23, 23a UStG berechnet, oder

  • der seine Umsätze nach den Durchschnittssätzen nach § 24 UStG versteuert (Abschn. 9.2 Abs. 2 Satz 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 6.11.2020, BStBl I 2020, 1202).

Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 6.11.2020 sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn für Umsätze, die vor dem 1.1.2020 bewirkt wurden, die Vorgaben dieses BMF-Schreibens nicht angewendet werden.

Beachte:

Die Pauschalbesteuerung des § 24 UStG (→ Land- und Forstwirtschaft) knüpft an die konkret erbrachten Umsätze an (Abschn. 24.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Nicht alle Umsätze eines Land- und Forstwirts unterliegen zwingend der Pauschalbesteuerung. Werden gemietete Grundstücke und Gebäude nicht nur für pauschalbesteuerte, sondern auch für regelbesteuerte Umsätze verwendet, bleibt die Option des Vermieters hinsichtlich der regelbesteuerten Nutzung durch den Land- und Forstwirt grds. möglich.

Zu beachten ist aber auch das BFH-Urteil vom 24.4.2014 (V R 27/13, BStBl II 2014, 732). Danach ist der Verzicht gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG auch teilweise für einzelne Flächen eines Mietobjekts wirksam, wenn diese Teilflächen eindeutig bestimmbar sind. Einer derartigen Teiloption muss ein hinreichend objektiv nachprüfbarer Aufteilungsmaßstab zugrunde liegen. Dies ist bei einer Abgrenzung der Teilflächen nach baulichen Merkmalen wie etwa nach den Räumen eines Mietobjekts zu bejahen. Teilflächen innerhalb eines Raums sind demgegenüber im Regelfall wie z.B. bei der Vermietung eines Büros nicht hinreichend abgrenzbar.

Wird das Grundstück oder einzelne Grundstücksteile (der einzelne Raum) nur in sehr geringem Umfang für Ausschlussumsätze genutzt, ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung zulässig. Nach der Bagatellgrenze i.S.d. Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE ist eine vorsteuerabzugsschädliche Nutzung bis zu 5 % für die Optionsausübung unschädlich.

Beispiel 1:

Ein Land- und Forstwirt mietet ein Ladenlokal (100 qm), in dem er Erzeugnisse seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs als auch zugekaufte Produkte verkauft.

  1. Die Nettoumsätze aus dem Verkauf der zugekauften Produkte betragen nicht mehr als 4 000 € im laufenden Kj. (Abschn. 24.6 UStAE).

  2. Der auf die zugekauften Produkte entfallende Anteil der Einnahmen beträgt 97 %.

  3. Das Ladenlokal weist eine räumliche Trennung auf. Auf den Verkauf der eigenen land- und forstwirtschaftlichen Produkte entfallen auf den vorderen Teil des Ladenlokals insgesamt 60 qm.

Lösung 1:

Die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG findet lediglich auf den Verkauf der selbst erzeugten Lebensmittel Anwendung (Abschn. 24.2 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStAE). Die übrigen Umsätze unterliegen der Regelbesteuerung. Eine Option des Vermieters auf die Vermietungsleistung ist grundsätzlich nur für die Verwendung für die regelbesteuerten Umsätze möglich (Teiloption).

  1. Die der Regelbesteuerung unterliegenden Umsätze können aus Vereinfachungsgründen in die Durchschnittsbesteuerung einbezogen werden, da die Nettoerlöse nicht mehr als 4 000 € im laufenden Kj. betragen (Abschn. 24.6 Abs. 1 und 2 UStAE).

    Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung gem. § 9 Abs. 2 UStG ist in diesem Fall nicht möglich, da der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich zur Ausführung von pauschalbesteuerten Umsätzen nutzt.

    Betragen die Nettoerlöse mehr als 4 000 € im Kj., ist die Vereinfachungsregelung des Abschn. 24.6 UStAE nicht anzuwenden, so dass der Mieter sowohl pauschal- als auch regelbesteuerte Umsätze ausführt.

  2. Weist das Ladenlokal (einzelner Grundstücksteil) keine räumliche Trennung auf, ist eine Teiloption i.S.d. § 9 Abs. 2 UStG grds. nicht möglich.

    Da das Ladenlokal zu nicht mehr als 5 % für die pauschalbesteuerten Umsätze genutzt wird (zu 3 %), ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung weiterhin möglich (Bagatellgrenze des Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE). Für die Vorsteueraufteilung durch den Mieter gelten die allgemeinen Grundsätze des § 15 Abs. 4 UStG (Abschn. 9.2 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abschn. 15.16 bis 15.18 UStAE).

  3. Durch die räumliche Trennung des Ladenlokals ist eine Teiloption denkbar. Eine Teiloption ist für 40 % der Vermietungsumsätze möglich.

Beachte die besonderen Optionsvoraussetzungen des § 9 Abs. 2 UStG (s.u.). Zum Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft s. → Unternehmer.

Weist ein unter die Regelbesteuerung fallender Unternehmer bei der Ausführung eines steuerfreien Umsatzes an einen Nichtunternehmer in einer Rechnung USt gesondert aus, handelt es sich, da die Voraussetzungen des § 9 UStG nicht erfüllt sind, um eine unzulässige Verzichtserklärung. Auf Grund der unzulässigen Verzichtserklärung liegt beim Unternehmer ein unzulässiger USt-Ausweis gem. § 14c Abs. 1 UStG vor. Der Unternehmer schuldet die unzulässig ausgewiesene USt (Abschn. 14c.1 Abs. 1 UStAE). Er hat aber die Möglichkeit der Rechnungsberichtigung (→ Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis).

2.7. Leistungsbezug für das Unternehmen des Leistungsempfängers

Die Leistungen müssen »für das Unternehmen« des Leistungsempfängers ausgeführt werden (Abschn. 9.1 Abs. 5 Satz 3 und 4 UStAE). S. dazu die Ausführungen zu → Unternehmensvermögen und → Vorsteuerabzug. Wird ein Gegenstand nur teilweise unternehmerisch genutzt, steht dem Leistungsempfänger das Wahlrecht zu, den Gegenstand insgesamt oder nur im Umfang der unternehmerischen Nutzung dem Unternehmensvermögen zuzuordnen (Abschn. 9.1 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Abschn. 15.2c UStAE). Ordnet der Leistungsempfänger nur einen Teil des Leistungsbezugs seinem Unternehmen zu, ist eine Option nur möglich, soweit der Leistungsempfänger die Leistung für sein Unternehmen bezieht.

Die Vermietung an ein Unternehmen liegt immer dann vor, wenn das durch den Mietvertrag begründete Nutzungsrecht dem Unternehmen des Mieters zuzurechnen ist (Unternehmensvermögen des Mieters wird). Dies ist nach denselben Kriterien zu beurteilen, die für die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung des Mieters gelten. Nach Abschn. 15.2c Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStAE erfolgt bei sonstigen Leistungen immer eine Aufteilung in einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bezug. Vermietungsleistungen bezieht ein Unternehmer nur insoweit für sein Unternehmen, als er das Grundstück unternehmerisch nutzt.

Die OFD Karlsruhe nimmt mit Vfg. vom 5.4.2011 (S 7198 – Karte 2, DStR 2011, 1034, LEXinform 5233314) zum Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Grundstücksvermietungen ausführlich mit mehreren Beispielen Stellung.

Hinweis:

§ 9 Abs. 1 UStG fordert nicht zwingend, dass der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Die in § 9 Abs. 2 UStG aufgeführten Ausnahmen für Grundstücksnutzungen sind jedoch zu beachten (s.u.).

Beispiel 2:

V vermietet an Rechtsanwalt R ein Einfamilienhaus mit sieben Räumen, die eine Nutzfläche von insgesamt 200 qm aufweisen, für eine Miete von monatlich 1 920 €. Hiervon nutzt R drei Räume (80 qm Nutzfläche) als Kanzlei und die restlichen vier Räume (120 qm Nutzfläche) zu Wohnzwecken. V möchte im Einvernehmen mit R bei der Vermietung soweit möglich auf die Befreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG gem. § 9 UStG verzichten.

Lösung 2:

Die Vermietung des V an R ist steuerbar, jedoch grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei. Ein Verzicht auf die Befreiung gem. § 9 Abs. 1 UStG ist nur insoweit möglich, als die Vermietung an das Unternehmen des R erfolgt.

Nach Abschn. 15.2c Abs. 2 Nr. 1 UStAE kann die bezogene Vermietungsleistung nur hinsichtlich der unternehmerischen Nutzung dem unternehmerischen Bereich zugeordnet werden. R hat nicht die Möglichkeit, die Vermietungsleistung in vollem Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung für die Vermietung zu Wohnzwecken (4 Räume) ist nicht möglich, weil R die Räume nicht unternehmerisch nutzt (§ 9 Abs. 1 UStG).

Die Option erstreckt sich allein auf die Kanzleinutzung. S.a. Abschn. 9.2 Abs. 1 UStAE und dort das Beispiel 6 (s.a. Beispiel 1 der Vfg. der OFD Karlsruhe vom 5.4.2011, S 7198, LEXinform 5233314). S.u. den Gliederungspunkt »Einschränkungen des Verzichts nach § 9 Abs. 2 UStG«.

2.8. Vornahme der Option

2.8.1. Form und Frist der Option

Für die Option ist keine besondere Form vorgeschrieben (Abschn. 9.1 Abs. 3 Satz 5 UStAE). Sie kann auch konkludent vorgenommen werden, wenn der Unternehmer die USt offen ausweist und den Umsatz in der USt-Voranmeldung bei den steuerpflichtigen Umsätzen erfasst.

Bei Gutschriften des Leistungsempfängers kann die Option dadurch ausgeübt werden, dass der leistende Unternehmer als Gutschriftempfänger dem in der Gutschrift gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag nicht widerspricht (s. Abschn. 14.3 Abs. 4 UStAE). Der Verzicht kann auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden, soweit aus den Erklärungen und sonstigen Verlautbarungen, in die das gesamte Verhalten einzubeziehen ist, der Wille zum Verzicht eindeutig hervorgeht (BFH-Urteil vom 16.7.1997, XI R 94/96, BStBl II 1997, 670).

Die Optionserklärung nach § 9 UStG sowie die Rücknahme der Option (Widerruf) sind zulässig, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung anfechtbar oder aufgrund eines Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 AO noch änderbar ist (BFH Urteile vom 19.12.2013, V R 6/12, BStBl II 2017, 837 und V R 7/12, BStBl II 2017, 841; vom 2.10.2015, XI R 40/13, BFH/NV 2016, 353, LEXinform 0934502; Abschn. 9.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE; s.a. Sterzinger, UStB 9/2017, 268). Zur Unanfechtbarkeit s. Abschn. 19.2 Abs. 6 UStAE sowie → Geschäftsveräußerung unter dem Gliederungspunkt »Wahlrechtsausübung bis zur Unanfechtbarkeit«. Zum Widerruf der Optionserklärung bei Grundstücksverkäufen s.u. den Gliederungspunkt »Einschränkungen des Verzichts nach § 9 Abs. 3 UStG« und dort »Rücknahme der Verzichts«.

Merke:

Die Optionsmöglichkeit besteht für jeden einzelnen Umsatz. Erbringt der Unternehmer mehrere steuerfreie Leistungen, für welche die Voraussetzungen der Option nach § 9 UStG gegeben sind, muss die Option nicht für alle diese Leistungen vorgenommen werden.

Tätigt der Unternehmer nur eine einzige einheitliche Leistung, für welche die Voraussetzung der Option nach § 9 UStG gegeben ist, kann er die Option hierfür grundsätzlich nur einheitlich vornehmen. Gliedert sich diese Leistung in Teilleistungen, kann die Option auch für die einzelne Teilleistung gesondert vorgenommen werden (s.a. Abschn. 9.1 Abs. 1 und 6 UStAE).

2.8.2. Option im Zusammenhang mit dem Reverse-Charge-Verfahren des § 13b UStG

2.8.2.1. Finanzdienstleistungen i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG

Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung hinsichtlich der in § 4 Nr. 8 UStG genannten Finanzumsätze eröffnet dem Finanzdienstleister den → Vorsteuerabzug. Der Vorsteuerabzug wäre ansonsten nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Der Vorsteuerabzug ist entweder im allgemeinen Besteuerungsverfahren oder im → Vorsteuervergütungsverfahren geltend zu machen.

Von den in § 9 Abs. 1 UStG genannten optionsfähigen Steuerbefreiungen könnte nach einer Option zur Steuerpflicht der Leistungsempfänger unter den Voraussetzungen des § 13b UStG die dann entstandene USt schulden.

Die nach einer Option steuerpflichtigen Finanzdienstleistungen i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG gelten nach dem Empfängersitzprinzip des § 3a Abs. 2 UStG an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt. Eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers könnte entweder nach § 13b Abs. 1 oder nach Abs. 2 Nr. 1 UStG in Betracht kommen. Voraussetzung für die Anwendung des § 13b UStG ist in diesen Fällen, dass der Leistungserbringer sein Unternehmen im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im Ausland betreibt.

Da Finanzdienstleistungen im Inland i.d.R. von Banken ausgeführt werden, die auch im Inland eine Betriebsstätte unterhalten, gelten diese Banken als im Inland ansässig. Sie haben diese Umsätze im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu erklären. Die Bank kann die Option in diesem Fall konkludent so vornehmen, indem sie die USt offen in einer Rechnung i.S.d. § 14 UStG ausweist. Der Leistungsempfänger schuldet nicht die Steuer für diese Umsätze (s.a. Abschn. 13b.11 Abs. 1 und 2 UStAE). Die wirksame Option zur Steuerpflicht hat zur Folge, dass der Finanzdienstleister die gesondert in Rechnungen ausgewiesene USt nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuer abziehen kann. Durch die Option ist der Vorsteuerausschluss des § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG entfallen.

Ist der Finanzdienstleister im Inland ansässig (Betriebsstätte im Inland) und erteilt der Finanzdienstleister dem Leistungsempfänger fälschlicherweise eine Rechnung nach § 14a Abs. 5 UStG, in der die USt nicht gesondert ausgewiesen und die Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« enthalten ist, wird der Leistungsempfänger dadurch nicht zum Steuerschuldner (Umkehrschluss aus Abschn. 13b.14 Abs. 1 Satz 4 UStAE). Wegen der Ansässigkeit im Inland sind die Voraussetzungen des § 13b Abs. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht erfüllt und der Finanzdienstleister hat den Umsatz im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu erklären.

Durch die Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« in der Rechnung gem. § 14a Abs. 5 UStG gibt der Finanzdienstleister durch konkludentes Handeln zu erkennen, dass er den Finanzumsatz als steuerpflichtigen Umsatz behandelt und nach § 9 Abs. 1 UStG zur Steuerpflicht optiert hat. Es handelt sich nicht um eine ordnungsgemäße Rechnung i.S.d. § 14 Abs. 4 UStG, da der Steuersatz und der Steuerbetrag nicht gesondert ausgewiesen sind (§ 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG). Bei zu niedrigem Steuerausweis schuldet der Finanzdienstleister die gesetzlich vorgeschriebene Steuer. Der Unternehmer hat in diesem Fall die Steuer unter Zugrundelegung des maßgeblichen Steuersatzes aus dem Gesamtrechnungsbetrag herauszurechnen (Abschn. 14c.1 Abs. 9 UStAE mit Beispiel und → Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis). Dem Finanzdienstleister steht der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu.

Der Leistungsempfänger hat keinen Vorsteuerabzug weder nach

  • § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG, da er die USt nicht als Leistungsempfänger schuldet noch nach

  • § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, da die USt nicht gesondert ausgewiesen ist (s.a. Abschn. 15.2a Abs. 1 Satz 1 UStAE; → Vorsteuerabzug).

Der Finanzdienstleiter kann die Rechnung gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigen (§ 14c Abs. 1 UStG und Abschn. 14c.1 Abs. 5 UStAE; → Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis).

Ohne Option nach § 9 Abs. 1 UStG wäre der Umsatz steuerfrei und die Folgen des § 13b UStG würden nicht eintreten. In der Rechnung des Finanzdienstleisters an den Leistungsempfänger wäre nach § 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG auf die Steuerbefreiung hinzuweisen. Der Vorsteuerabzug des Dienstleisters wäre nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen.

Die Voraussetzungen des § 13b UStG sind dann erfüllt, wenn der Finanzdienstleister seine Umsätze vom übrigen Gemeinschaftsgebiet (§ 13b Abs. 1 UStG) oder vom Ausland aus (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG) erbringt und dabei auf die Steuerbefreiung gem. § 9 Abs. 1 UStG verzichtet.

Die Option zur Steuerpflicht führt beim ausländischen Finanzdienstleister zur Möglichkeit, die inländischen Vorsteuerbeträge im → Vorsteuervergütungsverfahren zu beantragen (§§ 59 ff. UStDV). Führt der Finanzdienstleister nur Umsätze aus, für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldet, kann er unter den weiteren Voraussetzungen des § 59 UStDV die Vergütung der abziehbaren Vorsteuerbeträge beantragen.

Der Verzicht kann z.B. durch vertragliche Regelungen oder dadurch erfolgen, dass der ausländische Finanzdienstleister eine Rechnung nach § 14a Abs. 1 und 5 UStG erteilt, in der er die Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« aufnimmt.

Fehlt diese Angabe und weist der leistende Unternehmer die Steuer in der Rechnung gesondert aus wird

  1. der Leistungsempfänger von der Steuerschuldnerschaft nicht entbunden und

  2. die ausgewiesene Steuer vom Leistungserbringer nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet.

Trotz des fehlenden Hinweises auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ist dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG zu gewähren, da nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG das Vorliegen einer Rechnung nach §§ 14, 14a UStG nicht Voraussetzung für den Abzug der nach § 13b Abs. 5 UStG geschuldeten Steuer als Vorsteuer ist (Abschn. 13b.15 Abs. 2 sowie Abschn. 15.10 Abs. 1 und 4 UStAE).

Der Finanzdienstleiter kann die Rechnung gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigen (§ 14c Abs. 1 UStG und Abschn. 14c.1 Abs. 5 UStAE; → Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis). Die Rechnungsberichtigung hat keine Auswirkung auf den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers, da lediglich die gesondert ausgewiesene Steuer rückgängig gemacht und die Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« aufgenommen wird.

2.8.2.2. Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG

Der Ort der nach einer Option steuerpflichtigen Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG – Umsätze von unbebauten und bebauten Grundstücken – bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG nach dem Lageort des Grundstücks. Eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers tritt nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG unabhängig davon ein, ob der Leistungserbringer sein Unternehmen vom Ausland oder vom Inland aus betreibt. Für die Anwendung des § 13b UStG ist erforderlich, dass ein wirksamer Verzicht auf die Steuerbefreiung durch den Grundstückslieferer vorliegt (Abschn. 13b.1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 und Abschn. 9.2 Abs. 8 und 9 UStAE; s.u. unter dem Gliederungspunkt »Einschränkungen des Verzichts nach § 9 Abs. 3 UStG«). Die Option ist bei Grundstücksveräußerungen außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens im notariell zu beurkundenden Vertrag zu erklären (§ 9 Abs. 3 UStG, s.u.). Die Option zur Steuerpflicht kann zur → Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 8 UStG führen; sie kann aber auch eine Vorsteuerberichtigung verhindern (Beispiele s.u.).

Hinweis:

Die Option zur Steuerpflicht bei einer Grundstückslieferung setzt die Steuerbarkeit des Umsatzes voraus. Die Option ist daher ausgeschlossen, wenn die Grundstückslieferung im Rahmen einer → Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG bewirkt wird. S.a. die Beispiele unter → Vorweggenommene Erbfolge.

2.8.2.3. Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 12 UStG

Der Ort der nach einer Option steuerpflichtigen Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 12 UStG – insbes. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken – bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG nach dem Lageort des Grundstücks. Eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers tritt nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG nur dann ein, wenn ein im Ausland ansässiger Unternehmer ein im Inland belegenes Grundstück an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen vermietet. Nach der Verwaltungsregelung in Abschn. 13b.11 Abs. 2 Satz 2 UStAE können die Voraussetzungen des § 13b UStG bei Vermietungen von Grundstücken nicht eintreten, da Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, insoweit als im Inland ansässig zu behandeln sind.

Beachte:

Nach dem EuGH-Urteil vom 3.6.2021 (C-931/19, LEXinform 4232229; Anmerkung vom 25.3.2021, LEXinform 0402254) stellt eine in einem Mitgliedstaat vermietete Immobilie keine feste Niederlassung i.S.d. Art. 44 und 45 MwStSystRL dar, wenn der Eigentümer der Immobilie nicht über eigenes Personal für die Leistungserbringung mit der Vermietung verfügt.

Fraglich ist, ob die in Abschn. 13b.11 Abs. 2 Satz 2 UStAE enthaltene Verwaltungsregelung nach Ergehen des EuGH-Urteils vom 3.6.2021 (C-931/19, LEXinform 4232229) noch anwendbar ist. Danach wären Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und stpfl. vermieten, insoweit als im Inland ansässig zu behandeln. S. die ausführliche Kommentierung unter → Unternehmer unter dem Gliederungspunkt »Betriebsstätten, Zweigniederlassungen bzw. feste Niederlassungen«.

2.8.2.4. Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 13 UStG

Der Ort der nach einer Option steuerpflichtigen Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 13 UStG – Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaft an die Eigentümer – bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG nach dem Lageort des Grundstücks. Eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers würde nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG dann eintreten, wenn eine im Ausland ansässiger Wohnungseigentümergemeinschaft Leistungen für die Wohnungseigentümer eines im Inland belegenen Grundstücks erbringt. Diese Konstellation ist nicht möglich, da eine Wohnungseigentümergemeinschaft eines inländischen Grundstücks nicht im Ausland ansässig sein kann.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann allerdings – unter den Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Nr. 4 und 8 UStG – selbst zum Steuerschuldner werden.

Wohnungseigentümergemeinschaften sind für Bauleistungen i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG sowie für Gebäudereinigungsarbeiten i.S.d. § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, wenn diese Leistungen als nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften an die einzelnen Wohnungseigentümer weitergegeben werden. Dies gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft derartige Umsätze nach § 9 Abs. 1 UStG als steuerpflichtig behandelt (Abschn. 13b.3 Abs. 9 UStAE). Werden die in § 13b Abs. 2 Nr. 4 und 8 UStG genannten Leistungen von einem im Inland ansässigen Unternehmer im Inland erbracht, ist der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner, wenn er Unternehmer ist und selbst nachhaltig diese Leistungen erbringt, unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Gebäudereinigungsleistung verwendet (§ 13b Abs. 5 Satz 2 UStG und Abschn. 13b.5 Abs. 4 UStAE). Werden die genannten Bauleistungen und die Gebäudereinigungsarbeiten allerdings von ausländischen Unternehmern an einem inländischen Grundstück für eine Wohnungseigentumsgemeinschaft ausgeführt, ist für diese steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungen das Reverse-Charge-Verfahren nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG anzuwenden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft schuldet als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG die USt. Da die Wohnungseigentümergemeinschaft allerdings nach § 4 Nr. 13 UStG ausschließlich Ausschlussumsätze i.S.d. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG tätigt, ist sie nicht berechtigt die Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG geltend zu machen. Das Recht zum Vorsteuerabzug besteht nur dann, wenn die Gemeinschaft unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung verzichtet. Ein Verzicht ist allerdings nur für die Leistungen möglich, die an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt werden.

2.8.2.5. Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 19 UStG

Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung hinsichtlich der in § 4 Nr.19 UStG genannten Umsätze der blinden Unternehmer und der Blindenwerkstätten eröffnet dem blinden Unternehmer den → Vorsteuerabzug. Der Vorsteuerabzug wäre ansonsten nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Der Vorsteuerabzug ist entweder im allgemeinen Besteuerungsverfahren oder im → Vorsteuervergütungsverfahren geltend zu machen.

Von den in § 9 Abs. 1 UStG genannten optionsfähigen Steuerbefreiungen könnte nach einer Option zur Steuerpflicht der Leistungsempfänger unter den Voraussetzungen des § 13b UStG die dann entstandene USt schulden.

Die nach einer Option steuerpflichtigen Umsätze der Blinden i.S.d. § 4 Nr. 19 UStG gelten nach dem Empfängersitzprinzip des § 3a Abs. 2 UStG an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt. Zur weiteren Behandlung s. die obigen Erläuterungen unter Finanzdienstleistungen i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g UStG.

2.8.3. Vorsorgliche Option im Immobilienkaufvertrag

Vertragsparteien eines notariellen Grundstückskaufvertrags gehen häufig vom Vorliegen einer nicht steuerbaren → Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG aus. In derartigen Fällen kann der Vertrag eine Klausel enthalten, dass der Veräußerer für den Fall, dass die Finanzverwaltung das Vorliegen der Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen in diesem Fall endgültig verneinen sollte, nach § 9 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuerpflicht der Grundstücksveräußerung optiere. Damit soll eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG zuungunsten des Veräußerers aufgrund der Steuerfreiheit der evtl. steuerbaren Grundstücksveräußerung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG vermieden werden.

Im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen kommt eine Option grundsätzlich nicht in Betracht (Abschn. 9.1 Abs. 3 Satz 2 UStAE). Gehen die Parteien jedoch im Rahmen des notariellen Kaufvertrags übereinstimmend von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen aus und beabsichtigen sie lediglich für den Fall, dass sich ihre rechtliche Beurteilung später als unzutreffend herausstellt, eine Option zur Steuerpflicht, gilt diese vorsorglich und im Übrigen unbedingt im notariellen Kaufvertrag erklärte Option als mit Vertragsschluss wirksam (Abschn. 9.1 Abs. 3 Satz 2 und 3 UStAE). Es reicht somit aus, wenn die Optionserklärung – neben der Erklärung über die eigene Rechtsauffassung hinsichtlich des Vorliegens einer Geschäftsveräußerung – keine Bedingung enthält (s.a. OFD Niedersachsen vom 19.12.2013, S 7198 – 117 – St 173, UR 2014, 452; OFD Frankfurt vom 11.3.2013, S 7198 A – 25 – St 111, UR 2013, 443 sowie Zugmaier u.a., NWB 48/2013, 3746).

Beispiel 3:

Die Vertragsparteien schließen im Jahr 06 einen notariellen Grundstückskaufvertrag ab. Sie gehen vom Vorliegen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG aus. Der Vertrag enthält eine bedingte Option zur Umsatzsteuerpflicht. Der Umsatzsteuerbescheid 06 für den Veräußerer wird am 30.6.08 formell bestandskräftig. Nach Abschluss einer im Jahre 11 durchgeführten Außenprüfung verneint das FA das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen.

Lösung 3:

Die bedingte Option tritt erst im Zeitpunkt des Bedingungseintritts, also nach der abschließenden rechtlichen Beurteilung im Jahr 11 ein. Da die Steuerfestsetzung für das Jahr 06 im Jahr 11 bereits formell bestandskräftig ist, liegt keine fristgerechte Option vor.

Nur im Falle einer unbedingten Steuerklausel kann von einer im Zeitpunkt des Vertrags wirksam erklärten Option ausgegangen werden. Dies ist anzunehmen, wenn im notariellen Kaufvertrag die unbedingte Option zur Steuerpflicht gem. § 9 UStG erklärt wird und die Parteien gleichzeitig vereinbaren, die Grundstückslieferung als Geschäftsveräußerung im Ganzen zu behandeln. Umsatzsteuerrechtlich muss dann entsprechend dieser Vereinbarung verfahren werden (Behandlung als Geschäftsveräußerung im Ganzen), wobei den Finanzämtern alle Informationen offen zu legen sind, die diese – bei einer Ablehnung der Geschäftsveräußerung im Ganzen – zur Festsetzung der Umsatzsteuer benötigen würden.

Mit einer solchen vertraglichen Ausgestaltung ist die Option bereits vor Eintritt der formellen Bestandskraft wirksam erklärt. Liegt tatsächlich eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, gilt die vorstehende Option als von vornherein nicht ausgeübt.

2.9. Rückgängigmachung der Option

Wie die Optionserklärung selbst (Abschn. 9.1 Abs. 3 UStAE) ist auch der Widerruf der Option zulässig, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung anfechtbar oder auf Grund eines Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 AO noch änderbar ist (Abschn. 9.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE).

Hat der Unternehmer aufgrund einer inzwischen widerrufenen Option die USt gesondert ausgewiesen, schuldet er diese USt nach § 14c Abs. 1 UStG (§ 14c Abs. 1 Satz 3 UStG). Die Berichtigung des geschuldeten Betrages ist jedoch nur zulässig, wenn die Rechnung berichtigt wird und soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt ist (Abschn. 14c.1 Abs. 11 UStAE). Zum Verfahren s.a. § 14c Abs. 2 Satz 3 ff. UStG. Zur Rückgängigmachung der Option nach § 9 UStG s. das rkr. Urteil des FG München vom 26.4.2010 (14 K 1808/08, LEXinform 5010867). Danach ist eine Berichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG erst möglich, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens dadurch beseitigt wurde, dass der Rechnungsempfänger keine Vorsteuern geltend machte bzw. die geltend gemachten Vorsteuern wieder an das FA zurück geführt hat. Eine Rückzahlung erfolgte im Streitfall nicht.

Die wirksame Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG des Leistenden (Abschn. 9.1 Abs. 4 UStAE) führt zur Korrektur des Steuerbescheides des Leistungsempfängers nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für das Jahr der Festsetzung und nicht zur Berichtigung nach § 17 UStG (BFH Urteil vom 1.1.2001, V R 23/00, BStBl II 2003, 673, vom 6.10.2005, V R 8/04, BFH/NV 2006, 835 und vom 6.12.2007, V R 3/06, BStBl II 2009, 203; Abschn. 17.1 Abs. 10 UStAE).

Zur Wirkung der Rückgängigmachung des Verzichts auf eine Steuerbefreiung hat der BFH mit Urteil vom 10.12.2009 (XI R 7/08, BFH/NV 2010, 1497, LEXinform 0588855) Folgendes entschieden: Macht der leistende Unternehmer den Verzicht auf die Steuerbefreiung rückgängig, so verliert der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug rückwirkend im Jahr des Leistungsbezugs (im Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs) und nicht erst im Zeitpunkt der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung (im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung; s.a. BFH Beschluss vom 3.4.2013, V B 64/12, BFH/NV 2013, 1135).

3. Einschränkungen des Verzichts nach § 9 Abs. 2 UStG

3.1. Sachliche Einschränkungen

Der Verzicht auf Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG ist bei der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG), bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG) und bei den in § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. b und c UStG bezeichneten Umsätzen nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet (Fallgruppe a) oder zu verwenden beabsichtigt (Fallgruppe b), die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Hinweis:

Das FG Münster hat mit Urteil vom 14.5.2020 (5 K 3624/19, LEXinform 5023043; Revision eingelegt, Az. BFH: V R 8/21) zur Auslegung des § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG Stellung genommen. Dabei ging es um die Frage, ob eine Option zur Steuerpflicht bei Vermietungsumsätzen ausgeschlossen ist, wenn der Mieter das Grundstück zunächst für stpfl. Umsätze verwendet, aber beabsichtigt, es in späteren Jahren für steuerfreie Ausgangsumsätze zu nutzen.

Eine Auslegung des § 9 Abs. 1 und 2 UStG dahingehend, dass im Fall der Vermietung der Verzicht auf die Steuerbefreiung voraussetzt, dass der Leistungsempfänger sowohl die Mietsache tatsächlich zur Ausübung vorsteuerunschädlicher Ausgangsumsätze verwendet als auch die Absicht hegt, zukünftig keine vorsteuerschädlichen Umsätze auszuführen, findet weder im Wortlaut noch in der Systematik der Regelung Halt.

Die Regelung des § 9 Abs. 2 UStG knüpft im Fall einer steuerfreien Vermietung die Behandlung der Umsätze durch den Unternehmer als steuerpflichtig an eine weitere Voraussetzung. Entweder muss der Leistungsempfänger die Vermietungsleistung zur Ausführung vorsteuerunschädlicher Umsätze verwenden (Fallgruppe a) oder er muss, wenn es an einer tatsächlichen Verwendung für Ausgangsumsätze fehlt, beabsichtigen, die Eingangsleistung für vorsteuerunschädliche Umsätze zu verwenden (Fallgruppe b). Bereits die Verwendung des Wortes »oder« lässt erkennen, dass es sich um Varianten und nicht um zwei Voraussetzungen handelt, die kumulativ vorliegen müssen. Wenn der Gesetzgeber die Absicht gehabt hätte, dass beide Voraussetzungen für die Ausübung der Option zur Steuerpflicht kumulativ erfüllt sein müssen, hätte er die Konjunktion »und« verwendet.

3.2. Nachweis der Voraussetzungen

Der Unternehmer (Leistungserbringer) hat die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiungen nachzuweisen (§ 9 Abs. 2 UStG). Der Nachweis ist an keine besondere Form gebunden. Er kann sich aus einer Bestätigung des Mieters, aus Bestimmungen des Mietvertrags oder aus anderen Unterlagen ergeben. Ständig wiederholte Bestätigungen des Mieters über die Verwendung des Grundstücks bzw. Grundstücksteils sind nicht erforderlich, solange beim Mieter keine Änderungen bei der Verwendung des Grundstücks zu erwarten sind. Im Einzelfall kann es aber erforderlich sein, vom Mieter zumindest eine jährliche Bestätigung einzuholen (Abschn. 9.2 Abs. 4 UStAE).

3.3. Unrichtiger Steuerausweis

Weist ein unter die Regelbesteuerung fallender Unternehmer bei der Ausführung eines steuerfreien Umsatzes in einer Rechnung USt gesondert aus, handelt es sich, wenn die Voraussetzungen des § 9 UStG nicht erfüllt sind, um eine unzulässige Verzichtserklärung. Auf Grund der unzulässigen Verzichtserklärung liegt beim Unternehmer ein unrichtiger USt-Ausweis gem. § 14c Abs. 1 UStG vor. Der Unternehmer schuldet die zu Unrecht ausgewiesene USt (Abschn. 14c.1 Abs. 1 UStAE). Er hat aber die Möglichkeit der Rechnungsberichtigung (→ Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis; s.a. Beispiel 5).

Zum Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Vermietungsumsätzen (§ 9 Abs. 2 UStG) und den daraus resultieren Folgen für den Vorsteuerabzug bzw. die Vorsteueraufteilung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 UStG) beim Leistungsempfänger hat der BFH mit Urteil vom 23.10.2019 (V R 46/17, DStR 2020, 49, LEXinform 0951743) Stellung genommen.

3.4. Option bei Grundstücksvermietungen

3.4.1. Grundstücksmietverträge

Unter den Begriff des Grundstücks fallen nicht nur Grundstücke insgesamt, sondern auch selbstständig nutzbare Grundstücksteile (z.B. Wohnungen, gewerbliche Flächen, Büroräume, Praxisräume). Soweit der Leistungsempfänger das Grundstück oder einzelne Grundstücksteile ausschließlich für Umsätze verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, kann auf die Steuerbefreiung des einzelnen Umsatzes verzichtet werden. Werden mehrere Grundstücksteile räumlich oder zeitlich unterschiedlich genutzt, ist die Frage der Option bei jedem Grundstücksteil gesondert zu beurteilen. Dabei ist es unschädlich, wenn die Verwendung der Grundstücksteile zivilrechtlich in einem einheitlichen Vertrag geregelt ist. Ein vereinbartes Gesamtentgelt ist, ggf. im Schätzungswege, aufzuteilen (Abschn. 9.2 Abs. 1 UStAE). S.a. die Beispiel 1 bis 6 in Abschn. 9.2 Abs. 1 UStAE. Zum Verzicht auf Umsatzsteuerbefreiung bei der Vermietung von Grundstücken für teils unternehmerische Zwecke, teils Wohnzwecke und teils nichtunternehmerische Zwecke s. die Vfg. der OFD Frankfurt vom 8.3.2016 (S 7198 A – 1/86 – St 111, UR 2016, 727).

Beispiel 4:

V vermietet ein Gebäude mit acht Räumen (R1 bis R8) an Zahnarzt Z als Praxisräume. Z betreibt in den Räumen R7 und R8 ein eigenes Zahnlabor. In diesen Räumen tätigt er ausschließlich steuerpflichtige Umsätze (§ 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 2 UStG). In den Räumen R3 bis R6 tätigt er ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG. Die Räume R1 und R2 verwendet er zu jeweils 20 % für steuerpflichtige und zu 80 % für steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG. V möchte seine Vermietungsleistungen an Z so weit wie möglich steuerpflichtig machen.

Lösung 4:

S.a. Beispiel 6 in Abschn. 9.2 Abs. 1 UStAE.

Die Vermietung von V an Z ist grundsätzlich steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Da Z die Räume ausschließlich unternehmerisch nutzt, liegen die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG für die gesamte Vermietungsleistung vor. Zum Teil greift jedoch das Optionsverbot nach § 9 Abs. 2 UStG ein. Es greift zunächst für die Räume R3 bis R6, da Z diese Räume ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 UStG ausschließen. Das Optionsverbot greift aber auch für die Räume R1 und R2, da Z diese Räume zu 20 % für vorsteuerschädliche Umsätze verwendet, also nicht ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 UStG nicht ausschließen (s.a. die Beispiele 5, 8 und 9 der Vfg. der OFD Karlsruhe vom 5.4.2011, S 7198, DStR 2011, 1034, LEXinform 5233314).

Kein Optionsverbot besteht also lediglich für die Räume R7 und R8. Insoweit kann V seine Vermietung an Z anteilig steuerpflichtig machen. Das Entgelt ist entsprechend der Nutzfläche in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Anteil aufzuteilen.

Hinweis:

Bezüglich der Räume R1 und R2 hat der BFH mit Urteil vom 24.4.2014 (V R 27/13, BStBl II 2014, 732; s.a. Anmerkung vom 31.7.2014, LEXinform 0946065) entschieden, dass der Verzicht gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG auch teilweise für einzelne Flächen eines Mietobjekts wirksam sein kann, wenn diese Teilflächen eindeutig bestimmbar sind. Für einen Teilverzicht ist kein abgrenzbarer Funktionsbereich erforderlich, der Gegenstand eines selbstständigen Mietvertrags sein kann. Möglich ist vielmehr auch ein Teilverzicht, der sich auf einzelne Räume bezieht, zumal auch die Vermietung eines Raumes in einem Büro Gegenstand eines eigenständigen Mietvertrags sein kann (s.a. Beispiel 5).

Die Vfg. der OFD Karlsruhe vom 5.4.2011 (S 7198 – Karte 2, DStR 2011, 1034, LEXinform 5233314) enthält Beispiele zum Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei der Vermietung von Grundstücken für teils unternehmerische Zwecke, teils Wohnzwecken und teils nichtunternehmerische Zwecke.

Beispiel 5:

Die X-GbR mietet mit Generalmietvertrag von der A-KG eine Geschäftspassage in Regensburg. Mietgegenstand sind sämtliche Mietflächen von 3000 qm; davon werden 1600 qm steuerpflichtig vermietet. Die Nettomiete beträgt pauschal 33 000 €, zzgl. Betriebskostenvorauszahlungen i.H.v. 4 100 € und Heizkostenvorauszahlungen i.H.v. 2 000 € insgesamt somit 39 100 €. Hinzu kommt die auf die umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstückteile (28 000 €) berechnete USt von 5 320 €; dadurch erhöht sich die Gesamtsumme auf 44 420 €.

Die GbR macht in der USt-Erklärung Vorsteuerbeträge aus der Anmietung der Passage i.H.d. von der Vermieterin ausgewiesenen USt i.H.v. 5 320 € geltend. Bei steuerfreien Umsätzen von 11 100 € und steuerpflichtigen Umsätzen von 28 000 € entspricht dies einem Vorsteuerabzug aus den Mietaufwendungen von 71,611 %.

Lösung 5:

Der Sachverhalt und die Lösung sind dem BFH-Urteil vom 15.4.2015 (V R 46/13, BStBl II 2015, 947) nachgebildet.

Die GbR hat ein Objekt (Passage) angemietet, das sie sowohl für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen (Agentur für Arbeit, Kreisverwaltung, Ärzte) als auch für solche, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (Café, Friseur, Bäckerei etc.). Der Vorsteuerabzug aus der Anmietung der Passage richtet sich daher danach, inwieweit der Vermieter zulässigerweise zur USt optiert hat.

Eine Teiloption des Vermieters (A-KG) ist nur insoweit zulässig, als Teilflächen eindeutig bestimmbar sind und diese entweder steuerpflichtig weitervermietet werden oder aber die Absicht der steuerpflichtigen Weitervermietung besteht. Vorliegend optiert die Vermieterin (A-KG) nicht auf der Grundlage der steuerpflichtig oder steuerfrei vermieteten Teilflächen. Die USt wurde auf die Summe der steuerpflichtigen Umsätze (28 000 €) berechnet. Die Aufteilung ist aber nach räumlichen Gesichtspunkten und nicht dagegen durch eine bloße quotale Aufteilung möglich (Abschn. 9.1 Abs. 6 Satz 3 UStAE). Die Option zur Steuerpflicht ist auf die mit der steuerpflichtig vermieteten Fläche von 1600 qm (von 3000 qm) erzielten Umsätze begrenzt.

Steuerpflichtig vermietet werden 1600qm/3000 qm × 100 = 53,33 % von 39 100 € Gesamtumsatz = 20 852 € anteilige steuerpflichtige Umsätze. Die USt darauf beträgt 3 961,88 €.

Die im Mietvertag gesondert ausgewiesene USt von 5 320 € überschreitet die aufgrund der Teiloption zulässigerweise nach dem Flächenschlüssel auszuweisende USt (3 961,88 €). In Höhe der Differenz (1 358,12 €) liegt ein unrichtiger Steuerausweis vor. Die A-KG als Vermieterin schuldet diese USt zwar nach § 14c Abs. 1 UStG, hieraus steht der Mieterin (X-GbR) aber kein Recht auf Vorsteuerabzug zu, da es sich insoweit um keine gesetzlich geschuldete USt handelt.

Bei räumlich oder zeitlich unterschiedlicher Nutzung von Grundstücksteilen ist die Frage der Option für jeden selbstständig nutzbaren Grundstücksteil gesondert zu beurteilen (Abschn. 9.2 Abs. 1 Satz 4 UStAE). Nach Abschn. 9.2 Abs. 3 Beispiel 1 und 2 UStAE gilt dies jedoch nicht bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung durch denselben Mieter.

Beispiel 6:

V vermietet das Erdgeschoss eines Gebäudes an den Schönheitschirurgen S. S nutzt das Erdgeschoss räumlich nicht abgrenzbar sowohl für steuerpflichtige als auch für nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfreie Ausgangsumsätze. Die steuerfreien Ausgangsumsätze führen zu einem Vorsteuerausschluss von 20 %.

Lösung 6:

V kann auf die Steuerbefreiung des Vermietungsumsatzes insgesamt nicht verzichten, da S den Gebäudeteil in nicht nur geringfügigem Umfang (Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE) für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Nach dem BFH-Urteil vom 24.4.2014 (V R 27/13, BStBl II 2014, 732, s.o.) ist der Verzicht gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG auch teilweise für einzelne Flächen eines Mietobjekts wirksam, wenn diese Teilflächen eindeutig bestimmbar sind. Einer derartigen Teiloption muss ein hinreichend objektiv nachprüfbarer Aufteilungsmaßstab zugrunde liegen. Dies ist bei einer Abgrenzung der Teilflächen nach baulichen Merkmalen wie etwa nach den Räumen eines Mietobjekts zu bejahen. Teilflächen innerhalb eines Raums sind demgegenüber im Regelfall wie z.B. bei der Vermietung eines Büros nicht hinreichend abgrenzbar. Da die Mischnutzung im Beispielsfall nicht räumlich abgrenzbar ist, ist auch nach dem BFH-Urteil vom 24.4.2014 (V R 27/13, BStBl II 2014, 732) eine Option nach § 9 Abs. 2 UStG nicht möglich.

Wird dagegen ein Grundstück oder ein Grundstücksteil von verschiedenen Mietern zeitlich unterschiedlich genutzt, kann eine Aufteilung nach Maßgabe des jeweiligen Umsatzes an den einzelnen Mieter in Betracht kommen.

Beispiel 7:

Ein Unternehmer hat das Erdgeschoss eines Gebäudes steuerpflichtig an einen Rechtsanwalt vermietet. Zum 1.7. wechselt der Mieter. Der neue Mieter ist ein Arzt, der die Räume ausschließlich für seine steuerfreien Praxiszwecke nutzt.

Lösung 7:

Für die Frage des Optionsausschlusses ist nur § 9 Abs. 2 UStG maßgebend, da die Verwendung des Grundstücksteils durch die Mieter in vollem Umfang für deren unternehmerische Bereiche erfolgt. Bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung für steuerpflichtige und steuerfreie Zwecke durch verschiedene Mieter ist die Frage der Optionsmöglichkeit für jeden Vermietungsumsatz gesondert zu beurteilen. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung hinsichtlich der Vermietungsumsätze an den Rechtsanwalt ist deshalb für das 1. Halbjahr weiterhin zulässig. Für die Vermietungsumsätze ab dem 2. Halbjahr an den Arzt ist hingegen eine Option nach § 9 Abs. 2 UStG nicht zulässig, da der Leistungsempfänger den Grundstücksteil ausschließlich für steuerfreie Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Beispiel 8:

Ein Unternehmer überlässt eine Mehrzweckhalle je nach Anforderung zeitlich abgegrenzt an unterschiedliche Mieter. Die Mieter nutzen auch die vorhandenen Betriebsvorrichtungen. Eine Nutzung zu sportlichen Zwecken findet nicht statt. Bei den Mietern handelt es sich um Unternehmer mit steuerpflichtigen Umsätzen, Unternehmer mit steuerfreien Umsätzen und um Nichtunternehmer.

Lösung 8:

Die Überlassung der Mehrzweckhalle ist in eine Grundstücksüberlassung und eine Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen (Abschn. 4.12.11 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1 UStAE). Die Überlassung der Betriebsvorrichtungen ist in jedem Falle steuerpflichtig. Die Grundstücksüberlassung ist grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei; ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nach § 9 UStG möglich. Da an verschiedene Mieter zeitlich unterschiedlich vermietet wird, ist sowohl für die Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 UStG als auch nach § 9 Abs. 2 UStG jeder Vermietungsumsatz gesondert zu beurteilen. Verwendet der jeweilige Mieter die Halle für unternehmensfremde Zwecke, ist für diesen Vermietungsumsatz ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG nicht möglich. Bei einer Verwendung für steuerpflichtige Zwecke durch den Mieter kann der Vermieter für diesen Vermietungsumsatz optieren. Dies ist hingegen nach § 9 Abs. 2 UStG nicht möglich, wenn der Mieter die Halle für steuerfreie Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, verwendet.

Beispiel 9:

Ein Unternehmer vermietet einen Raum an einen Mieter. Dieser verwendet den Raum täglich für vier Stunden, davon drei Stunden für steuerpflichtige und eine Stunde für steuerfreie Umsätze.

Lösung 9:

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 2 UStG ist nicht möglich, da derselbe Mieter den vermieteten Grundstücksteil sowohl für steuerfreie als auch für steuerpflichtige Umsätze verwendet und der Vorsteuerausschluss mehr als 5 % beträgt (Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE).

Nach dem BFH-Urteil vom 24.4.2014 (V R 27/13, BStBl II 2014, 732, s.o.) ist der Verzicht gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG auch teilweise für einzelne Flächen eines Mietobjekts wirksam, wenn diese Teilflächen eindeutig bestimmbar sind. Einer derartigen Teiloption muss ein hinreichend objektiv nachprüfbarer Aufteilungsmaßstab zugrunde liegen. Dies ist bei einer Abgrenzung der Teilflächen nach baulichen Merkmalen wie etwa nach den Räumen eines Mietobjekts zu bejahen. Teilflächen innerhalb eines Raums sind demgegenüber im Regelfall wie z.B. bei der Vermietung eines Büros nicht hinreichend abgrenzbar. Da die Mischnutzung im Beispielsfall nicht räumlich abgrenzbar ist, ist auch nach dem BFH-Urteil vom 24.4.2014 (V R 27/13, BStBl II 2014, 732) eine Option nach § 9 Abs. 2 UStG nicht möglich.

Beispiel 10:

Ein Unternehmer vermietet einen Raum an einen Verein. Dieser verwendet den Raum täglich für vier Stunden, davon drei Stunden für den unternehmerischen steuerpflichtigen und eine Stunde für den ideellen Bereich.

Lösung 10:

Ein optionsfähiger Umsatz liegt nur insoweit vor, als die Vermietungsleistung für den unternehmerischen Bereich des Vereins bestimmt ist (Abschn. 9.1 Abs. 5 UStAE). Die Verwendung für die nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne kann nicht dem unternehmerischen Bereich des Vereins zugeordnet werden (s.a. Abschn. 2.3 Abs. 1a und Abschn. 15.2b Abs. 2 UStAE). Die Aufteilung in einen optionsfähigen und in einen nicht optionsfähigen Teil i.S.d. § 9 Abs. 1 UStG kann im Wege einer sachgerechten Schätzung erfolgen.

Da der Raum zu 75 % im unternehmerischen Bereich des Vereins genutzt wird, ist ein Verzicht auf die Steuerbefreiung für 75 % der Gesamtvermietungsleistung nach § 9 Abs. 1 UStG möglich.

Hinsichtlich des unternehmerischen Anteils von 75 % ist auch ein Verzicht nach § 9 Abs. 2 UStG möglich, da der Verein für diesen Anteil zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Beispiel 11:

Ein Unternehmer hat das Erdgeschoss eines Gebäudes an eine Gemeinde vermietet. Die Gemeinde nutzt die Räume während des ganzen Jahres im Rahmen ihres Unternehmens. Bis zum 30.6. erzielt sie steuerpflichtige Umsätze, ab dem 1.7. nur noch steuerfreie Umsätze.

Lösung 11:

Für die Frage des Optionsausschlusses ist nur § 9 Abs. 2 UStG maßgebend, da die Verwendung des Grundstücksteils durch denselben Mieter in vollem Umfang für seinen unternehmerischen Bereich erfolgt. Bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung für steuerpflichtige und steuerfreie Zwecke durch denselben Mieter kommt eine gesonderte Beurteilung nicht in Betracht. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist daher ab 1.1. des Jahres der Nutzungsänderung durch die Gemeinde nicht mehr möglich, da der Grundstücksteil vom Leistungsempfänger zu 50 % für steuerfreie Umsätze verwendet wird, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Nach dem BFH-Urteil vom 24.4.2014 (V R 27/13, BStBl II 2014, 732, s.o.) ist der Verzicht gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG auch teilweise für einzelne Flächen eines Mietobjekts wirksam, wenn diese Teilflächen eindeutig bestimmbar sind. Einer derartigen Teiloption muss ein hinreichend objektiv nachprüfbarer Aufteilungsmaßstab zugrunde liegen. Dies ist bei einer Abgrenzung der Teilflächen nach baulichen Merkmalen wie etwa nach den Räumen eines Mietobjekts zu bejahen. Teilflächen innerhalb eines Raums sind demgegenüber im Regelfall wie z.B. bei der Vermietung eines Büros nicht hinreichend abgrenzbar. Da die Mischnutzung im Beispielsfall nicht räumlich abgrenzbar ist, ist auch nach dem BFH-Urteil vom 24.4.2014 (V R 27/13, BStBl II 2014, 732) eine Option nach § 9 Abs. 2 UStG nicht möglich.

3.4.2. Abfindungszahlungen zur vorzeitigen Auflösung von Mietverträgen

Der gegen Entgelt erklärte Verzicht auf eine auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage bestehende Rechtsposition ist als umsatzsteuerbar anzusehen (BFH vom 7.7.2005, V R 34/03, BStBl II 2007, 66; → Schadensersatz unter dem Gliederungspunkt »Entschädigung aufgrund von Vertragsverletzungen« sowie BFH vom 22.5.2019, XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, LEXinform 0951572, Rz. 20). Entschädigungen an den Mieter oder Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und die Aufgabe des noch laufenden Mietvertrags sind nach Abschn. 1.3 Abs. 13 Satz 1 UStAE nicht Schadensersatz, sondern Leistungsentgelt.

Beispiel 12: Mieter verzichtet im Interesse des Vermieters

Vermieter V vermietet an Mieter M ein Grundstück. V hat nach § 9 UStG zulässigerweise auf die Steuerbefreiung verzichtet. Der Mietvertrag ist auf 15 Jahre befristet (vom 1.1.05 bis 31.12.19) Aufgrund betrieblicher Belange des V wird mit Vertrag vom 1.10.10 die Laufzeit des Mietvertrages auf den 31.12.12 verkürzt. V zahlt an M den dafür vorgesehenen Abfindungsbetrag i.H.v. 25 000 € am 5.10.10. M stellt dem V den Ablösungsbetrag i.H.v. 25 000 € zzgl. 19 % USt = 4 750 € in Rechnung.

V beabsichtigt, das Grundstück zu veräußern und meint, dass der langfristige Mietvertrag einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung seines Eigentums entgegensteht.

S.a. Beispiel 13.

Lösung 12:

Der Sachverhalt und die Lösung sind dem BFH-Urteil vom 13.12.2017 (XI R 3/16, BStBl II 2018, 727) sowie dem EuGH-Urteil vom 15.12.1993 (C-63/92, BStBl II 1995, 480) nachgebildet.

Der Mieter erbringt mit Abschluss des Änderungsvertrages am 1.10.10 eine steuerbare sonstige Leistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG. Mit Urteil vom 15.12.1993 (C-63/92, BStBl II 1995, 480) hat der EuGH entschieden, dass der Mieter, wegen des Verzicht auf die Ausübung seiner Rechte aus dem Mietvertrag, das Grundstück an die Person zurückgibt, von der er seine Rechts ableitet. Diese sonstige Leistung des Mieters (Verzicht auf die Ausübung der Rechte aus dem Mietvertrag) fällt unter den Begriff der »Vermietung von Grundstücken«.

Der Vermietung eines Grundstücks ist der Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gleichzusetzen (BFH vom 22.5.2019, XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, LEXinform 0951572, Rz. 26; s.a. Abschn. 4.12.1 Abs. 1 Satz 7 UStAE).

Liegt eine steuerbare Verzichtsleistung vor, ist diese grundsätzlich von der USt befreit, soweit sich der Verzicht auf eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung bezieht. Denn die Abfindung, die eine der Vertragsparteien der anderen wegen des vertraglichen Verzichts auf die Rechte aus einem Mietvertrag gezahlt hat, ist nicht zu besteuern, wenn die in Erfüllung des Mietvertrags geleisteten Mietzinszahlungen von der Mehrwertsteuer befreit waren (EuGH vom 15.12.1993, C-63/92, BStBl II 1995, 480, Leitsatz 2). Die Verzichtsleistung (sonstige Leistung) ist dagegen steuerpflichtig, wenn eine wirksame Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 UStG vorliegt.

Wichtig:

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze erfasst sowohl die Erfüllungsleistungen als auch die Abfindung für die Aufgabe von Rechten aus dem Mietvertrag (BFH vom 22.5.2019, XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, LEXinform 0951572, Rz. 27).

Beispiel 13: Vermieter verzichtet im Interesse des Mieters

Vermieter V vermietet an Mieter M ein Grundstück. V hat nach § 9 UStG zulässigerweise auf die Steuerbefreiung verzichtet. Der Mietvertrag ist auf 15 Jahre befristet (vom 1.1.05 bis 31.12.19) Aufgrund betrieblicher Belange des M wird mit Vertrag vom 1.10.10 die Laufzeit des Mietvertrages auf den 31.12.12 verkürzt. M zahlt an V den dafür vorgesehenen Abfindungsbetrag i.H.v. 25 000 € am 5.10.10. V stellt dem M den Ablösungsbetrag i.H.v. 25 000 € zzgl. 19 % USt = 4 750 € in Rechnung.

Lösung 13:

Der Sachverhalt und die Lösung sind dem BFH-Urteil vom 22.5.2019 (XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, LEXinform 0951572) nachgebildet.

Der Vermieter hat der Auflösung des Mietvertrags gegen Abfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrags verzichtet. Statt der Miete erhält der Vermieter vom Mieter eine Abfindungszahlung.

Nach Rz. 21 des BFH-Urteils XI R 20/17 liegt sowohl in diesem Beispielsfall, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrags gegen Abfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrags verzichtet und dafür vom Mieter eine «Abfindung« erhält als auch im umgekehrten Fall des Beispiels 12, in dem die Mieter eine »Abfindung« vom Vermieter dafür erhalten, dass sie der vorzeitigen Auflösung des Mietvertrages zustimmen, ein steuerbarer Vorgang vor (s.a. Abschn. 1.3 Abs. 13 Satz 1 UStAE).

Die sonstige Leistung des Vermieters (Verzicht auf weitere Vermietung) i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG ist nicht nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei. Der Vermietung eines Grundstücks ist der Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gleichzusetzen (EuGH vom 15.12.1993, C-63/92, BStBl II 1995, 480; Abschn. 4.12.1 Abs. 1 Satz 7 UStAE). Liegt eine steuerbare Verzichtsleistung vor, ist diese zwar von der USt befreit, soweit sich der Verzicht auf eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung bezieht. Denn die Abfindung, die eine der Vertragsparteien der anderen wegen des vertraglichen Verzichts auf die Rechte aus einem Mietvertrag gezahlt hat, ist nicht zu besteuern, wenn die in Erfüllung des Mietvertrags geleisteten Mietzinszahlungen von der Mehrwertsteuer befreit waren. Dies ist aber im Beispielsfall nicht gegeben.

Die sonstige Leistung (Verzichtsleistung) des V ist dagegen steuerpflichtig, wenn eine wirksame Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 UStG vorliegt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze erfasst sowohl die Erfüllungsleistungen als auch die Abfindung für die Aufgabe von Rechten aus dem Mietvertrag (BFH vom 22.5.2019, XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, LEXinform 0951572, Rz. 26 und 27 mit weiteren Nachweisen).

Beachte:

Nach der Vfg. der OFD München vom 18.11.1996 (S 7100 – 189 – St 46, LEXinform 0138313) liegen sowohl im Beispielsfall 12 als auch im Beispielsfall 13 steuerbare, aber grds. nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Umsätze vor (s.a. FinMin Bremen Erlass vom 16.7.1996, S 7168 – 100 – 852, LEXinform 0131779).

3.4.3. Optionsbedingte Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer

Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG erstreckt sich das Entgelt auf alles, was der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll. Dazu gehören auch Nebenkosten des Leistenden, die er vom Leistungsempfänger einfordert (s. Abschn. 10.1 Abs. 3 Satz 1 und 2 UStAE; s.a. Abschn. 4.12.1 Abs. 5 UStAE).

Nach dem BGH-Urteil vom 30.9.2020 (XII ZR 6/20, DStR 2020, 2804, LEXinform 4223955) unterliegen auch die umlagefähigen Nebenkosten, nach einer Option zur Steuerpflicht, der Umsatzbesteuerung.

Entscheidungssachverhalt XII ZR 6/20:

Die Vermieterin V vermietet dem Mieter M für dessen Unternehmen eine Gewerbeimmobilie. Im Mietvertrag ist vereinbart, der Mietzins betrage monatlich 10 500 € zzgl. der jeweils gültigen USt. Weiterhin ist vereinbart:

»Der Mieter M trägt alle auf dem Grund- und Gebäudebesitz ruhenden öffentlichen und privaten Lasten einschließlich Grundsteuern, … [und] Versicherungsprämien … Der Mieter M wird dazu, soweit als möglich, in direkte Vertragsbeziehungen zu den zuständigen Versorgern und Entsorgern und sonstigen Dienstleistern treten.

Soweit Betriebs- und Nebenkosten gegenüber der Vermieterin abgerechnet werden, berechnet die Vermieterin diese zur sofortigen Begleichung bzw. Erstattung an den Mieter weiter.«

Die Vermieterin V erteilte eine Nebenkostenabrechnung über Grundbesitzabgaben und Versicherungskosten zzgl. darauf entfallender USt. Mieter M zahlte den Rechnungsbetrag ohne den Umsatzsteueranteil, da die Steuer seiner Auffassung nach nur für die Nettomiete, nicht aber für die Nebenkosten geschuldet sei.

Entscheidungsgründe:

Der Unternehmer kann einen Umsatz, der nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei ist, gem. § 9 Abs. 1 und 2 UStG als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird und der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Bei einer Option entsteht die Steuer auf den gesamten Umsatz, somit auf die gesamte Miete einschließlich der Nebenkosten. Die Steuerpflicht entfällt auch nicht anteilig insoweit, als einzelne Nebenkosten nicht mit Vorsteuern vorbelastet sind (Grundsteuer und Versicherungen). Für das deutsche Recht sind die Gebrauchsüberlassung und die hier in Rede stehenden Aufwendungen des Vermieters insoweit als eine – auch umsatzsteuerrechtlich – einheitliche Leistung an den Mieter anzusehen, die dieser durch die Grundmiete und die Nebenkostenumlage einheitlich vergütet.

3.5. Option bei Zwischenvermietung

Bei einer Zwischenvermietung ist die Option auf jeder Leistungsstufe eigenständig zu prüfen.

Beispiel 14:

Ein Unternehmer U hat das Erdgeschoss eines Gebäudes an einen Zwischenmieter Z vermietet. Dieser wiederum vermietet an einen Rechtsanwalt. Zum 1.7. wechselt der Mieter. Der neue Mieter ist ein Arzt, der die Räume ausschließlich für seine steuerfreien Praxiszwecke nutzt.

Lösung 14:

Für die Frage des Optionsausschlusses beim Zwischenmieter ist nur § 9 Abs. 2 UStG maßgebend, da die Verwendung des Grundstücksteils durch die Endmieter in vollem Umfang für deren unternehmerische Bereiche erfolgt. Bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung für steuerpflichtige und steuerfreie Zwecke durch verschiedene Mieter ist die Frage der Optionsmöglichkeit für jeden Vermietungsumsatz gesondert zu beurteilen. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung hinsichtlich der Vermietungsumsätze an den Rechtsanwalt ist deshalb für das 1. Halbjahr zulässig. Für die Vermietungsumsätze ab dem 2. Halbjahr an den Arzt ist hingegen eine Option gem. § 9 Abs. 2 UStG nicht zulässig, da der Leistungsempfänger den Grundstücksteil ausschließlich für steuerfreie Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Für die Frage des Optionsausschlusses beim Erstvermieter U ist ebenfalls nur § 9 Abs. 2 UStG maßgebend, da der Zwischenmieter Z den Grundstücksteil in vollem Umfang unternehmerisch nutzt. Bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung für vorsteuerunschädliche und vorsteuerschädliche Zwecke durch denselben Mieter kommt jedoch eine gesonderte Beurteilung nicht in Betracht. Bezogen auf den Besteuerungszeitraum verwendet der Zwischenmieter den Grundstücksteil zu 50 % für Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Der Unternehmer (Erstvermieter) kann daher auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze an den Zwischenmieter nach § 9 Abs. 2 UStG nicht verzichten.

Beispiel 15:

Sachverhalt s. Beispiel 14. Der Mieterwechsel erfolgt am 15.12.

Lösung 15:

Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung hinsichtlich der Vermietungsumsätze an den Rechtsanwalt ist bis einschließlich 14.12. zulässig. Für die Vermietungsumsätze ab dem 15.12. an den Arzt ist hingegen eine Option gem. § 9 Abs. 2 UStG nicht zulässig, da der Leistungsempfänger den Grundstücksteil ausschließlich für steuerfreie Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Für die Frage des Optionsausschlusses beim Erstvermieter ist ebenfalls nur § 9 Abs. 2 UStG maßgebend, da der Zwischenmieter den Grundstücksteil in vollem Umfang unternehmerisch nutzt. Bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung für vorsteuerunschädliche und vorsteuerschädliche Zwecke durch denselben Mieter kommt jedoch eine gesonderte Beurteilung nicht in Betracht. Bezogen auf den Besteuerungszeitraum verwendet der Zwischenmieter den Grundstücksteil zu (15/365 × 100 =) 4,11 % für Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Für den Erstvermieter U ist die Bagatellgrenze des Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE anzuwenden. U kann daher auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze an den Zwischenmieter nach § 9 Abs. 2 UStG in voller Höhe verzichten.

Beispiel 16:

Unternehmer U hat eine Tennishalle errichtet. Er vermietet die Tennishalle auf Dauer an den Betreiber Z. Z vermietet die Halle stundenweise an Tennisspieler. U möchte aus der Errichtung der Tennishalle einen höchstmöglichen Vorsteuerabzug erreichen.

Lösung 16:

Beispiel und Lösung s. Kurz/Meissner, Finanz und Steuern Band 2, 18. A., 220, Vermietung von Betriebsvorrichtungen Beispiel b).

Die Vermietung von Z an die Tennisspieler ist als Vertrag besonderer Art insgesamt steuerpflichtig (Abschn. 4.12.6 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 8 und 9 sowie Abschn. 4.12.11 Abs. 1 UStAE; s.a. BMF vom 17.4.2003, BStBl I 2003, 279).

Die Vermietung von U an Z ist grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei. Soweit allerdings Betriebsvorrichtungen enthalten sind (vgl. Abschn. 4.12.11 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b UStAE) ist die Vermietung nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig (Abschn. 4.12.11 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Infolge der teilweise steuerfreien Vermietung wäre U nur teilweise (hinsichtlich der Betriebsvorrichtungen) zum Vorsteuerabzug berechtigt. U hat jedoch die Möglichkeit, gem. § 9 Abs. 1 und 2 UStG auf die Steuerfreiheit zu verzichten. Das Optionsverbot des § 9 Abs. 2 UStG greift nicht ein, da Z ausschließlich steuerpflichtige Umsätze tätigt. Infolge des zulässigen Verzichts auf die Befreiung wird die Vermietung des U an Z insgesamt steuerpflichtig. Dadurch hat U das Recht zum vollen Vorsteuerabzug.

3.6. Zeitliche Einschränkungen

Zur Anwendung des § 9 Abs. 2 UStG sind die allgemeinen Übergangsvorschriften nach § 27 Abs. 2 UStG zu beachten. § 9 Abs. 2 UStG ist unter folgenden Voraussetzungen nicht anzuwenden:

Errichtetes Gebäude dient

§ 27 Abs. 2 Nr. 1 UStG:

§ 27 Abs. 2 Nr. 2 UStG:

§ 27 Abs. 2 Nr. 3 UStG:

Wohnzwecken

anderen nichtunternehmerischen Zwecken

weder Wohnzwecken noch anderen nicht unternehmerischen Zwecken

Fertigstellung vor dem 1.4.1985

Fertigstellung vor dem 1.1.1986

Fertigstellung vor dem 1.1.1998

Beginn der Errichtung des Gebäudes

vor dem 1.6.1984

vor dem 11.11.1993

§ 9 Abs. 2 UStG ist nicht anzuwenden.

Abb.: Zeitliche Einschränkung des § 9 Abs. 2 UStG

Zum Zeitpunkt des Beginns der Errichtung eines Gebäudes, zum An -und Ausbau und zur Veräußerung s. die Verwaltungsregelungen in Abschn. 9.2 Abs. 5 bis 7 UStAE sowie die Vfg. der OFD Karlsruhe vom 5.4.2011 (S 7198, LEXinform 5233517).

Umbaumaßnahmen (von 1999 bis 2002) an einem ursprünglich zu Lagerzwecken errichteten achtgeschossigen Gebäude führen auch dann zur Herstellung eines Neubaus i.S.d. § 27 Abs. 2 UStG, wenn zwar die tragenden Bestandteile aus Gründen des Denkmalschutzes erhalten bleiben, sich infolge der Sanierung aber der Nutzungs- und Funktionszusammenhang wesentlich geändert hat. Eine derartige Änderung des Nutzungs- und Funktionszusammenhangs liegt vor, wenn mit der Sanierung fünf in sich abgeschlossene Büroeinheiten mit zeitgemäßem Standard geschaffen wurden, während das Gebäude vor der Sanierung als Wohnung oder Büro z.T. überhaupt nicht nutzbar und z.T. nur mit einfachstem Standard (z.B. Ofenheizung) ausgestattet und gegen sehr geringe Mieten genutzt worden war (Urteil FG Hamburg vom 5.9.2012, 6 K 169/11, LEXinform 5014243, rkr.).

Beispiel 17:

Unternehmer U errichtet im Kj. 1987 eine Tennishalle. Er vermietet die Tennishalle auf Dauer an den Betreiber Z. Z vermietet die Halle stundenweise an Tennisspieler. U möchte aus der Errichtung der Tennishalle einen höchstmöglichen Vorsteuerabzug erreichen.

Lösung 17:

Beispiel und Lösung s. Kurz/Meissner, Finanz und Steuern Band 2, 18. A., 225.

Bei der Einordnung unter die drei Nutzungsarten des § 27 Abs. 2 UStG ist darauf abzustellen, wie der Mieter nutzt. Wird ein Zwischenmieter eingeschaltet, ist darauf abzustellen, wie der Endmieter nutzt. Die Endmieter nutzten die Tennishalle für nichtunternehmerische (sportliche) Zwecke. Da das Gebäude nichtunternehmerischen Zwecken dient und nach dem 31.5.1984 mit dem Beginn der Errichtung begonnen wurde, handelt es sich um ein Neugebäude. Ab dem 1.1.1994 ist das Optionsverbot des § 9 Abs. 2 UStG zu beachten.

Die Vermietung von Z an die Tennisspieler ist als Vertrag besonderer Art insgesamt steuerpflichtig (Abschn. 4.12.6 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 8 und 9 sowie Abschn. 4.12.11 Abs. 1 UStAE; s.a. BMF-Schreiben vom 17.4.2003, BStBl I 2003, 279).

Die Vermietung von U an Z ist grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei. Soweit allerdings Betriebsvorrichtungen enthalten sind (vgl. Abschn. 4.12.11 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b UStAE) ist die Vermietung nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig (Abschn. 4.12.11 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Infolge der teilweise steuerfreien Vermietung wäre U nur teilweise (hinsichtlich der Betriebsvorrichtungen) zum Vorsteuerabzug berechtigt. U hat jedoch die Möglichkeit, gem. § 9 Abs. 1 und 2 UStG auf die Steuerfreiheit zu verzichten. Das Optionsverbot des § 9 Abs. 2 UStG greift nicht ein, da Z ausschließlich steuerpflichtige Umsätze tätigt. Infolge des zulässigen Verzichts auf die Befreiung wird die Vermietung des U an Z insgesamt steuerpflichtig. Dadurch hat U das Recht zum vollen Vorsteuerabzug.

Beispiel 18:

U errichtet ein Ärztehaus. Der Baubeginn war im Oktober 1993. Fertigstellungstermin war März 1995. Seitdem wurde das Gebäude an Ärzte als Arztpraxen vermietet. Das Erdgeschoss wurde an einen Apotheker als Apotheke vermietet, der ausschließlich steuerpflichtige Umsätze tätigt. U will im Kj. 13 so viel wie möglich Vorsteuer aus Erhaltungsaufwendungen für das Gebäude abziehen und verzichtet deshalb soweit wie möglich auf die Befreiung nach § 4 Nr. 12 UStG gem. § 9 UStG.

Lösung 18:

Beispiel und Lösung s. Kurz/Meissner, Finanz und Steuern Band 2, 18. A., 230, Beispiel c) zum Optionsverbot nach § 9 Abs. 2 UStG.

Die Vermietung von U an die Ärzte und den Apotheker ist grundsätzlich steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Da die Ärzte und der Apotheker (Erstmieter und zugleich Endmieter) die Räume ausschließlich unternehmerisch nutzen, liegen die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG für die gesamten beabsichtigten Vermietungsleistungen vor.

Es ist zu prüfen, ob das Optionsverbot nach § 9 Abs. 2 UStG eingreift. Das Optionsverbot des § 9 Abs. 2 UStG greift nicht, wenn in Bezug auf die unternehmerische Nutzung ein Altgebäude i.S.d. § 27 Abs. 2 Nr. 3 UStG vorliegt. Da mit der Errichtung des Gebäudes bereits vor dem 11.11.1993 begonnen wurde und das Gebäude vor dem 1.1.1998 fertig gestellt wurde, liegt ein Altgebäude vor, und das Optionsverbot des § 9 Abs. 2 UStG greift nicht ein.

Aufgrund des Verzichts auf die Steuerbefreiung gem. § 9 Abs. 1 UStG kann U alle im Zusammenhang mit dem Gebäude anfallenden Vorsteuerbeträge abziehen.

Für die Verwendung des Erdgeschosses greift das Optionsverbot des § 9 Abs. 2 UStG von vornherein nicht ein, weil der Apotheker in seiner Apotheke ausschließlich steuerpflichtige Abzugsumsätze tätigt.

Beispiel 19:

U errichtet ein Ärztehaus. Der Baubeginn war im Kj. 2003. Fertigstellungstermin war im Kj. 2004. Seitdem wurde das Gebäude an den gewerblichen Vermieter V vermietet. Dieser vermietete das Gebäude an Ärzte als Arztpraxen weiter. U will im Kj. 2019 so viel wie möglich Vorsteuer aus Erhaltungsaufwendungen für das Gebäude abziehen und möchte deshalb soweit möglich auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG gem. § 9 UStG verzichten.

Lösung 19:

Beispiel und Lösung s. Kurz/Meissner, Finanz und Steuern Band 2, 18. A., 231, Beispiel e) zum Optionsverbot nach § 9 Abs. 2 UStG.

Die Vermietung des V an die Ärzte ist zwingend steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, weil für V das Optionsverbot nach § 9 Abs. 2 UStG eingreift. Die beabsichtigte Nutzung des Gebäudes durch seine Mieter (die Ärzte) ist zwar unternehmerisch; die Ärzte verwenden das Gebäude jedoch für ihre steuerfreien Umsätze nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG. Da mit der Errichtung des Gebäudes erst nach dem 10.11.1993 begonnen wurde, liegt bezüglich der Endnutzung ein Neugebäude vor.

Die Vermietung von U an V ist ebenfalls zwingend steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Da V das Gebäude durch die Weitervermietung an die Ärzte ausschließlich unternehmerisch nutzt, liegen zwar die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG für die gesamte Vermietungsleistung an V vor. Jedoch greift das Optionsverbot nach § 9 Abs. 2 UStG ein, da V zwingend steuerfrei an die Ärzte vermietet und somit der Leistungsempfänger des U (V) das Grundstück ausschließlich für steuerfreie Umsätze verwendet. § 9 Abs. 2 UStG findet Anwendung, da kein Altgebäude gem. § 27 Abs. 2 Nr. 3 UStG vorliegt. U kann gem. § 15 Abs. 2 UStG keine Vorsteuer aus den Erhaltungsaufwendungen geltend machen.

4. Einschränkungen des Verzichts nach § 9 Abs. 3 UStG

4.1. Verzichtserklärung

Der Verzicht auf Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG ist bei Lieferungen von Grundstücken (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin zulässig. Bei anderen Umsätzen i.S.v. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG kann der Verzicht auf Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG nur in dem gem. § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden (Abschn. 9.2 Abs. 8 und 9 UStAE). Zur zeitlichen Grenze des Verzichts nimmt der BFH mit Urteil vom 21.10.2015 (XI R 40/13, BStBl II 2017, 852) Stellung. Die Vorschrift des § 9 Abs. 3 UStG ermöglicht nach ihrem Wortlaut in diesen Fällen den Verzicht »nur« in dem der Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariell zu beurkundenden Vertrag, nämlich »in dem« Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben (vgl. § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB). Das ist der Verpflichtungsvertrag, der der Auflassung und der Eintragung in das Grundbuch vorhergeht (vgl. § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB).

Eine nachträgliche Option zur USt in einer gleichfalls notariell beurkundeten späteren Neufassung – Gleiches gilt für eine nachfolgende notarielle Ergänzung oder Änderung – eines Grundstückskaufvertrags ist im Tatbestand des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG dagegen nicht vorgesehen. Hiernach erfüllt ein nachträglich erklärter Verzicht nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG (Abschn. 9.2 Abs. 9 Satz 2 und 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.8.2017, BStBl I 2017, 1240).

4.2. Rücknahme des Verzichts

Mit Urteil vom 21.10.2015 (XI R 40/13, BStBl II 2017, 852), hat der BFH ausgeführt, dass der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung der Lieferung eines Grundstücks (außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens) nach Maßgabe des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG nur in dem dieser Grundstückslieferung zu Grunde liegenden notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden kann und dass ein späterer Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung unwirksam ist, auch wenn er notariell beurkundet wird. Wegen dieser zeitlich bindenden Beschränkung der Optionsausübung auf den ursprünglich notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag bleibt auch die Rücknahme des Verzichts auf diesen Zeitpunkt begrenzt (BMF vom 2.8.2017, BStBl I 2017, 1240 und Abschn. 9.2 Abs. 9 Satz 3 UStAE).

Zur Rücknahme des Verzichts hat der BFH mit Urteil vom 2.7.2021 (XI R 22/19, BFH/NV 2021, 1624, LEXinform 0952612) entschieden, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG widerrufen werden kann, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung noch anfechtbar oder noch nach § 164 AO änderbar ist. § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG regelt den Widerruf nicht (gegen Abschn. 9.2 Abs. 9 Satz 3 UStAE); dem stehen weder § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG noch Unionsrecht entgegen (s.a. Schmidt, NWB 48/2021, 3518).

Nach § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG ist nur der Verzicht auf die Steuerbefreiung (formal und zeitlich) begrenzt, nicht jedoch die Rückgängigmachung. Der Grundsatz, der Verzicht und sein Rückgängigmachen als actus contrarius seien gleich zu behandeln, gilt angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG jedenfalls nicht für das Erfordernis, die Rückgängigmachung in der (erstmaligen) notariellen Beurkundung des Grundstücksgeschäfts zu erklären. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Rückgängigmachung dem Verzicht – als Reaktion der Parteien auf die geänderten Verhältnisse bei der Verwendung des Grundstücks – zeitlich nachfolgt und nicht zugleich im erstmaligen Grundstückskaufvertrag beurkundet sein kann. Folgte man dieser Argumentation, wäre die Rückgängigmachung des Verzichts faktisch ausgeschlossen.

Beachte:

Bei steuerfreiem Verkauf besteht keine Rechnungsstellungspflicht (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 UStG). Bei steuerpflichtigem Verkauf darf aufgrund des Übergangs der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger in der verpflichtend auszustellenden Rechnung keine USt gesondert ausgewiesen werden. Zudem ist die Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« verpflichtend in der Rechnung aufzunehmen (§ 14a Abs. 5 UStG).

Bei der Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden kann die Option für eine Besteuerung nur zusammen für die Gebäude oder Gebäudeteile und den dazugehörigen Grund und Boden ausgeübt werden (EuGH Urteil vom 8.6.2000, C-400/98, BStBl II 2003, 452; Abschn. 9.1 Abs. 6 Satz 4 UStAE).

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung kann bei der Lieferung vertretbarer Sachen sowie bei aufteilbaren sonstigen Leistungen auf deren Teile begrenzt werden (Teiloption). Eine Teiloption kommt z.B. bei der Gebäudelieferung, insbes. bei unterschiedlichen Nutzungsarten der Gebäudeteile, in Betracht.

Beispiel 20:

Unternehmer U veräußert seine bisher betrieblich genutzte Lagerhalle an einen Getränkehändler G zur Nutzung für dessen Getränkemarkt. U hatte die Außenwände der Halle im Vorjahr reinigen lassen und die Vorsteuer aus den Reinigungsarbeiten geltend gemacht.

Lösung 20:

S.a. Becker, NWB 31/2016, 2367, Beispiel 1.

Die Veräußerung der Halle ist steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG. Die Reinigung der Außenwände stellt ein eigenes Berichtigungsobjekt i.S.d. § 15a Abs. 3 UStG mit zehnjährigem Berichtigungszeitraum dar (Abschn. 15a.6 Abs. 7 Satz 3 Nr. 2 UStAE). Die steuerfreie Veräußerung stellt eine Änderung der Verhältnisse dar, sodass eine Vorsteuerberichtigung bis zum Ablauf des Berichtigungszeitraums im Verkaufszeitpunkt vorzunehmen ist (§ 15a Abs. 8 Satz 1 und Abs. 9 UStG).

U könnte die Vorsteuerberichtigung vermeiden, indem er im Grundstückskaufvertrag zur Umsatzsteuerpflicht optiert, da der Erwerber die Halle ebenfalls unternehmerisch nutzt.

Beispiel 21:

Sachverhalt s. Beispiel 19. U veräußert die Halle für 250 000 € zzgl. 47 500 € USt an G. U hat im notariellen Kaufvertrag nach § 9 Abs. 1 und 3 UStG zur Steuerpflicht optiert.

Lösung 21:

G schuldet 47 500 € USt als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG, die er als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG abziehen kann. Obwohl die Angabe »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« in der Rechnung fehlt (Pflichtangabe nach § 14a Abs. 5 UStG), wird der Leistungsempfänger von der Steuerschuldnerschaft nicht entbunden (Abschn. 13b.14 Abs. 1 Satz 3 ff. UStAE). Weist der leistenden Unternehmer U die Steuer in der Rechnung gesondert aus, wird diese Steuere von ihm nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet (Abschn. 13b.14 Abs. 1 Satz 5 UStAE).

5. Zusammenfassende Übersicht zur Optionsmöglichkeit des § 9 UStG

In der nachfolgenden Übersicht werden die Optionsmöglichkeiten des § 9 UStG zusammengefasst.

Abb.: Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG

6. Auswirkung des Verzichts im Ertragsteuerrecht

Der durch eine Option nach § 9 UStG mögliche Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen wirkt sich ertragsteuerlich nach § 9b EStG auf die Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und somit auf die Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung (§ 7 EStG) aus. Nach § 9b Abs. 1 EStG gehört der Vorsteuerbetrag nach § 15 UStG, soweit er bei der USt abgezogen werden kann, nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 255 HGB; H 6.2 [Anschaffungskosten] und [Vorsteuerbeträge] EStH; H 6.3 [Herstellungskosten] und [Vorsteuerbeträge] EStH) des WG, auf dessen Anschaffung oder Herstellung er entfällt (vgl. R 9b Abs. 1 EStR). Wird z.B. bei Vermietungsumsätzen wirksam auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet, sind die bei den Eingangsumsätzen in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehbar, die Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung ermittelt sich »netto«, andernfalls »brutto«. Neben der ertragsteuerlichen Auswirkung auf Gewinn oder Überschuss durch die unterschiedliche Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der damit zusammenhängenden Berechnung der Absetzung für Abnutzung, ergeben sich Auswirkungen auf Gewinn oder Überschuss durch eine umsatzsteuerliche Option im Anwendungsbereich des § 11 EStG (vgl. H 9b [Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten] EStH; Bodenberger in Weimann/Lang, USt, 4. A., § 9 UStG Rz. 10).

7. Literaturhinweise

Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt); Meyer u.a., Zeitliche Grenzen der Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG, UR 2011, 214; Zugmaier u.a., Vorsorgliche Option im Immobilienkaufvertrag, NWB 48/2013, 3746; Becker, Augen auf beim Grundstückskauf, NWB 31/2016, 2367; Grebe, Neue Entwicklung bei der Option nach § 9 UStG bei Grundstücksumsätzen, UStB 11/2016, 352 (Teil I), UStB 12/2016, 376 (Teil II); Sterzinger, Zeitliche Grenze für die Erklärung des Verzichts auf die Steuerbefreiung und die Rücknahme des Verzichts, UStB 9/2017, 268; Becker, Zwang zur steuerfreien Vermietung an Pauschallandwirte, NWB 30/2018, 2200 und NWB 5/2021, 336; Duscha, Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG, Beilage zu NWB 14/2019, 15; Schmidt, Der Widerruf der Option zur Umsatzsteuerpflicht bei Grundstücksverkäufen ist möglich, NWB 48/2021, 3518.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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