Gewerbesteuer

Stand: 16. Dezember 2022

Das Wichtigste in Kürze

  • Als Gewerbetreibender müssen Sie eine Gewerbesteuererklärung abgeben und Gewerbesteuer an die Gemeinde zahlen.
  • Erzielen Sie keine Einkünfte mit Ihrem Gewerbe, müssen Sie keine Gewerbesteuer abführen. In der Gewerbesteuererklärung müssen Sie aber eine Nullmeldung angeben.
  • Die Höhe der Gewerbesteuer hängt vom erzielten Gewinn und dem Hebesatz der zuständigen Gemeinde ab. Sie ist als Vorauszahlung viermal jährlich zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August, 15. November an die Gemeinde zu entrichten.
  • Freiberufler sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe zählen nicht zu den Gewerbetreibenden und müssen daher keine Gewerbesteuer abgeben.

Inhaltsverzeichnis

1 Wesen der Gewerbesteuer
2 Steuergegenstand
3 Wirkung der Gewerbesteuer
3.1 Berechnung der Gewerbesteuer im Überblick
3.2 Einkommensteuerermäßigung § 35 EStG
3.3 Betriebsausgabenabzugsverbot ab 2008 (§ 4 Abs. 5b EStG)
3.4 Verfassungsmäßigkeit des Betriebsausgabenabzugsverbots
4 Beginn der Steuerpflicht
5 Erlöschen der Steuerpflicht
6 Exkurs: Saisonbetriebe
7 Besteuerung nach dem Gewerbeertrag
8 Steuermessbescheid
9 Gewerbesteuermessbescheid
9.1 Rechtsnatur des Gewerbesteuermessbescheids
9.2 Korrektur auf Grund von Billigkeitsmaßnahmen (§ 184 Abs. 2 AO)
9.3 Bedeutung einer tatsächlichen Verständigung
9.4 Zerlegung
10 Steuerschuldner
11 Die gewerbesteuerliche Organschaft
12 Hebesatz
13 Zerlegung des Messbetrages
14 Zuständigkeiten
15 Steuererklärungspflicht
16 Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer
16.1 Grundsätzliches
16.2 Keine Beschränkung der Gesamtsteuerbelastung auf einen »Halbteilungsgrundsatz«
16.3 Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft
17 Literaturhinweise
18 Verwandte Lexikonartikel

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Mit gleich lautendem Erlass der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 9.12.2021, BStBl I 2021, 2478, s.a. LEXinform 7012978 (ersetzt den Erlass vom 25.1.2021, BStBl I 2021, 151, LEXinform 7012606) zur Berücksichtigung der (andauernden) Auswirkungen des Coronavirus kann bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 GewStG) auch das FA bei Kenntnis veränderter Verhältnisse hinsichtlich des Gewerbeertrags für den laufenden Erhebungszeitraum die Anpassung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen veranlassen. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen das Finanzamt Einkommensteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen anpasst (R 19.2 Abs. 1 Satz 5 GewStR). Vor diesem Hintergrund können nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffene Stpfl. bis zum 31.12.2021 bzw. nunmehr bis 30.6.2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen 2021 und 2022 stellen. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Stpfl. die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Nimmt das FA eine Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen vor, ist die betreffende Gemeinde hieran bei der Festsetzung ihrer Gewerbesteuer-Vorauszahlungen gebunden (§ 19 Abs. 3 Satz 4 GewStG).

Für etwaige Stundungs- und Erlassanträge gilt auch im Hinblick auf einen möglichen Zusammenhang mit Auswirkungen des Coronavirus, dass diese an die Gemeinden und nur dann an das zuständige Finanzamt zu richten sind, wenn die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer nicht den Gemeinden übertragen worden ist (§ 1 GewStG und R 1.6 Abs. 1 GewStR).

1. Wesen der Gewerbesteuer

Die GewSt gehört wie die → Grundsteuer zu den sog. Real-, Objekt- oder Sachsteuern. Im Gegensatz zu den Personensteuern z.B. → Einkommensteuer und → Körperschaftsteuer berücksichtigen diese Steuern nicht die Leistungsfähigkeit einer Person, sondern besteuern eine Sache, das Grundstück bzw. den Gewerbebetrieb. Der GewSt unterliegt der so genannte »objektivierte Gewerbeertrag«. Dies ist die Größe, die ausgehend von dem nach den Grundsätzen des EStG und KStG ermittelten Gewinn den Ertrag des Betriebs darstellt, der insbesondere unabhängig von der Art und Weise des für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelts erwirtschaftet wird.

Die GewSt ist eine Gemeindesteuer. Der Bund und die alten Länder werden durch eine Umlage an der GewSt beteiligt.

Letztlich ist sie auch eine direkte Steuer, da Steuerschuldner und Steuerzahler identisch sind.

2. Steuergegenstand

Steuergegenstand bei der GewSt ist der Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 GewStG), soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. EStG zu verstehen (§ 2 Abs. 1 GewStG). Die Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs ist in § 15 Abs. 2 EStG enthalten (→ Einkünfte aus Gewerbebetrieb; R 2.1 GewStR 2009).

Ist der Steuergegenstand der Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft und scheiden während des Erhebungszeitraums bis auf einen Gesellschafter alle anderen Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus, wechselt ab diesem Zeitpunkt die Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft auf den verbleibenden Gesellschafter als Einzelunternehmer. Dessen ungeachtet ist der Gewerbesteuermessbetrag für den gesamten Erhebungszeitraum einheitlich unter Berücksichtigung des vollen Gewerbesteuerfreibetrags zu berechnen, BFH Urteil IV R 8/16 vom 25.4.2018 (LEXinform 0950747). In diesem Fall endet die sachliche Steuerpflicht des Gewerbebetriebs auch dann nicht, wenn während des Erhebungszeitraums bis auf einen Gesellschafter alle anderen Gesellschafter aus der Personengesellschaft ausscheiden und deren anteiliges Gesellschaftsvermögen gem. § 738 BGB dem verbleibenden Gesellschafter zuwächst (Anwachsung). Nach § 2 Abs. 5 GewStG gilt zwar der Gewerbebetrieb, wenn er im Ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht, als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt und als durch den anderen Unternehmer neu gegründet, wenn er nicht mit einem bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird. Ein Unternehmensübergang bei einem Gewerbebetrieb, der mehrere Unternehmer hat, insbesondere also bei Personengesellschaften, liegt aber nicht vor, solange ihn mindestens einer der bisherigen Unternehmer fortführt, d.h. solange die Unternehmeridentität hinsichtlich des fortgeführten Unternehmens wenigstens teilweise (partielle Unternehmeridentität) bestehen bleibt (vgl. BFH Urteil vom 26.8.1993, IV R 133/90, BFHE 172, 507, BStBl II 1995, 791). Die Steuerpflicht gemäß § 14 Satz 3 GewStG knüpft daher ausschließlich an die sachliche Steuerpflicht und nicht an die persönliche Steuerpflicht (= Steuerschuldnerschaft) an. Für den Erhebungszeitraum des Rechtsformwechsels ist für jeden Steuerschuldner ein Gewerbesteuermessbescheid zu erlassen. In den Bescheiden ist der einheitlich ermittelte Gewerbesteuermessbetrag im prozentualen Verhältnis der von den beiden Steuerschuldnern erzielten Gewerbeerträge nebst den auf sie entfallenden Hinzurechnungen und Kürzungen zu berücksichtigen (BFH Urteil vom 25.4.2018, IV R 8/16).

Der GewSt unterliegt nicht eine Betätigung, die als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft (→ Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, → Land- und Forstwirtschaft) oder als Ausübung eines freien Berufs (→ Einkünfte aus selbstständiger Arbeit) oder als eine andere selbstständige Arbeit (→ Einkünfte aus selbstständiger Arbeit) anzusehen ist.

Abb.: Steuergegenstand bei der Gewerbesteuer

Die Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen oder eines Teilbetriebs ist grundsätzlich nicht als Gewerbebetrieb anzusehen und unterliegt daher regelmäßig nicht der Gewerbesteuer (vgl. R 15.7 Abs. 1 Satz 4 EStR, R 16 Abs. 5 EStR und H 16 Abs. 5 EStH; → Betriebsverpachtung). Die Pachteinnahmen gehören zwar, solange der Verpächter nicht die Betriebsaufgabe erklärt, einkommensteuerlich zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, sie unterliegen jedoch nicht mehr der GewSt. Deshalb muss für das Wj., in dem die Verpachtung beginnt, der auf die Zeit bis zum Pachtbeginn entfallende Gewinn für die GewSt besonders ermittelt werden. Für diese Gewinnermittlung gelten die allgemeinen Grundsätze. Aus Vereinfachungsgründen ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn der Gewinn des Wj., in dem die Verpachtung beginnt, durch Schätzung auf die Zeiträume vor und nach Pachtbeginn aufgeteilt wird. Dabei kann z.B. der Gewinn des Wj. im Verhältnis des in der Zeit bis zum Pachtbeginn erzielten Bruttogewinns (Warenrohgewinn) zur Pachteinnahme aufgeteilt werden. Entsprechendes gilt für die Hinzurechnungen und Kürzungen. Ist der Gewinn vor der Verpachtung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt worden, ist für die Ermittlung des Gewerbeertrags bis zum Pachtbeginn für diesen Zeitpunkt der Übergang zum Vermögensvergleich zu unterstellen. Die dabei erforderlichen Zu- und Abrechnungen (R 4.6 Abs. 1 EStR) gehören zum laufenden Gewinn und sind deshalb bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen. In den Fällen der → Betriebsaufspaltung (H 15.7 Abs. 4 EStH) unterliegt die Verpachtung durch das Besitzunternehmen der Gewerbesteuer (R 2.2 GewStR).

3. Wirkung der Gewerbesteuer

3.1. Berechnung der Gewerbesteuer im Überblick

Besteuerungsgrundlage der GewSt ist der sog. Gewerbeertrag (§ 6 GewStG). Dieser ist aus dem gewerblichen Gewinn nach dem EStG bzw. KStG (§ 7 GewStG) unter Berücksichtigung von Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) zu ermitteln, s.a. Tz 7.

Aus dem Gewerbeertrag ist der sog. Steuermessbetrag zu ermitteln (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG). Hierzu ist auf den (abgerundeten) Gewerbeertrag – ggf. nach Abzug eines Freibetrags – eine Steuermesszahl anzuwenden.

(abgerundeter) Gewerbeertrag

./. Freibetrag (nicht in allen Fällen)

= verbleibender Betrag

× Steuermesszahl, § 11 Abs. 2 GewStG

= Steuermessbetrag

Die Gewerbesteuer ist durch Anwendung des Hebesatzes der Gemeinde auf den Steuermessbetrag zu ermitteln (§ 16 GewStG). Diesen kann die Gemeinde in ihrer Haushaltssatzung selbstständig festlegen. Er muss mindestens 200 % betragen (§ 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG).

Steuermessbetrag × Hebesatz = festzusetzende Gewerbesteuer

Die Festsetzung des Steuermessbetrages obliegt dem FA (zum Messbescheid vgl. auch § 184 AO; Hinweis auf R 4.1 Abs. 2 GewStR). Die Festsetzung der GewSt erfolgt durch Steuerbescheid (§ 155 AO), und zwar im Allgemeinen durch die Gemeinden (Ausnahme in den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin). Die festsetzende Stelle rechnet auch die GewSt ab und legt die Vorauszahlungen zur GewSt fest (vgl. §§ 19 und 20 GewStG).

3.2. Einkommensteuerermäßigung § 35 EStG

vgl. BMF vom 3.11.2016, BStBl I 2016, 1187 (mit späteren Änderungen)

§ 35 EStG dient der Reduzierung der ertragsteuerlichen Belastung von Gewerbebetrieben, soweit daran natürliche Personen beteiligt sind. Der persönliche Anwendungsbereich der Ermäßigung erstreckt sich auf Einzelunternehmer (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) und Mitunternehmer (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Begünstigt sind damit unbeschränkt und beschränkt stpfl. natürliche Personen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer oder als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG. Begünstigt sind auch die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) mit ihren Gewinnanteilen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).

Pauschale Steuerermäßigung:

GewSt-Messbetrag × 4 (ab VZ 2020, davor 3,8) = Einkommensteuerermäßigung

Begrenzt auf tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer, § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG!

Beachte:

Durch die Steuerermäßigung ergibt sich bei Hebesätzen bis 380 %/ab 2020 400 % – bei ausreichender tariflicher Einkommensteuer – eine vollständige Entlastung von der GewSt.

Mangels ausreichender tariflicher ESt nicht ausgeschöpfte Ermäßigungsbeträge gehen verloren, sog. Anrechnungsüberhang. Er ist weder rück- noch vortragsfähig.

Ist bei der Feststellung der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer nach § 35 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 EStG (bei Mitunternehmerschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder bei Kommanditgesellschaften auf Aktien i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) die festzusetzende Gewerbesteuer nach § 155 Abs. 2, § 162 Abs. 5 AO geschätzt worden, kann diese Feststellung weder gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (Anpassung an einen Grundlagenbescheid) noch gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) geändert werden, wenn die zuständige Behörde die Festsetzung der betreffenden Gewerbesteuer versäumt und deshalb Festsetzungsverjährung eintritt, vgl. BFH vom 28.10.2021, IV R 12/19 (LEXinform 0952315).

3.3. Betriebsausgabenabzugsverbot ab 2008 (§ 4 Abs. 5b EStG)

Die GewSt minderte bis zum 31.12.2007 als Betriebsausgabe (→ Betriebsausgaben) den steuerlichen Gewinn und beeinflusst damit auch die Höhe der ESt bzw. KSt. S. dazu auch → Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) wird in § 4 Abs. 5b EStG geregelt, dass die GewSt keine Betriebsausgabe darstellt. Das Betriebsausgabenabzugsverbot gilt erstmals für GewSt, die für Erhebungszeiträume festgesetzt wird, die nach dem 31.12.2007 enden (§ 52 Abs. 12 EStG). Durch den Wegfall des Betriebsausgabenabzugs der GewSt entfällt die wechselseitige Beeinflussung der Bemessungsgrundlagen der GewSt einerseits und der ESt oder KSt andererseits. Dadurch kann die Gesamtbelastung grundsätzlich durch eine einfache Addition der Teilkomponenten berechnet werden (s.a. → Gewerbesteuerrückstellung).

§ 4 Abs. 5b EStG stellt eine Sonderregelung zu § 4 Abs. 4 EStG dar. Sie ist eine Gewinnermittlungsvorschrift und ist auch von Stpfl., die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, zu berücksichtigen.

Trotz dieses Abzugsverbots ist die handelsrechtlich zu passivierende → Gewerbesteuerrückstellung aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch in der Steuerbilanz auszuweisen. Dabei ist die GewSt mit dem Betrag anzusetzen, der sich ohne ihre Berücksichtigung als Betriebsausgabe ergibt (keine Anwendung der so genannten 5/6-Methode nach R 4.9 Abs. 2 Satz 2 EStR). Allerdings sind die sich aus der Berücksichtigung der Gewerbesteuerrückstellung ergebenden Gewinnminderungen außerbilanziell wieder zu korrigieren (OFD Hannover vom 18.5.2009, S 2137 – 135 – StO 221/222, DStR 2009, 1202, LEXinform 5232156).

Soweit GewSt erstattet wird, die dem Betriebsausgabenabzugsverbot unterlegen hat, ist diese Erstattung steuerlich nicht als Betriebseinnahme zu erfassen. Eine Erstattung von bereits als Betriebsausgabe berücksichtigter GewSt ist dagegen als Betriebseinnahme zu behandeln.

Stellt eine steuerliche Regelung auf das Größenmerkmal des Betriebsvermögens ab, ist das Betriebsvermögen maßgebend, das sich unter Berücksichtigung der Gewerbesteuerrückstellung oder des Erstattungsanspruches ergibt, soweit der jeweiligen steuerlichen Norm nichts Gegenteiliges entnommen werden kann. So mindert beispielsweise die Gewerbesteuerrückstellung das maßgebliche Betriebsvermögen i.S.v. § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG.

3.4. Verfassungsmäßigkeit des Betriebsausgabenabzugsverbots

Das FG Hamburg (Urteil vom 29.2.2012, 1 K 48/12) hat das Betriebsausgabenabzugsverbot zur Gewerbesteuer als verfassungsgemäß eingestuft. Im Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz gilt das objektive Nettoprinzip, wonach nur das Nettoeinkommen besteuert werden darf. Dieses Prinzip wird durch die Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer zwar durchbrochen, was jedoch aus besonderem sachlichem Grund gerechtfertigt sei. Einen besonderen sachlichen Grund für die Durchbrechung sieht das FG in der vom Gesetzgeber angestrebten Steuerbelastungstransparenz. Denn das Abzugsverbot sollte die bis dato bestehende wechselseitige Beeinflussung der Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer und der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer beseitigen. Die Durchbrechung des Nettoprinzips sei insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber mit der Einführung des Abzugsverbots zugleich kompensierende Maßnahmen getroffen hatte (wie z.B. Herabsetzung der Gewerbesteuermesszahl). Die dem BHF zur Überprüfung vorgelegte Frage der Rechtmäßigkeit des Betriebsausgabenabzugsverbotes der Gewerbesteuer bejahte der BFH in seinem Urteil vom 16.1.2014 (I R 21/12) und entschied, dass das Abzugsverbot der Gewerbesteuer (in diesem Fall bei der Körperschaftsteuer) mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sei. In der Urteilsbegründung führte der BFH aus, dass das Abzugsverbot der Gewerbesteuer für die Ermittlung des körperschaftssteuerrechtlichen Einkommens nicht verfassungswidrig sei. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken, dass neben Körperschaft- bzw. Einkommensteuer Gewerbesteuer erhoben werde, würden nicht bestehen. Des Weiteren sei kein verfassungsrechtliches Gebot erkennbar, dass die Lasten einer Steuerart im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage einer anderen Steuerart zu berücksichtigen seien. Die gegen das Urteil des BFH vom 16.1.2014 (I R 21/12, BFHE 244, 347) sowie gegen das Urteil des FG Hamburg vom 29.2.2012 (1 K 48/12, EFG 2012, 933) erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Kammerbeschluss ohne Begründung vom 12.7.2016, 2 BvR 1559/14).

Im Urteil vom 10.9.2015 erstreckte der BFH seine Rspr. zur Verfassungskonformität des § 4 Abs. 5b EStG auf Personenunternehmen (BFH Urteil IV R 8/13 vom 10.9.2015, LEXinform 0443776).

4. Beginn der Steuerpflicht

Bei Einzelgewerbetreibenden und bei → Personengesellschaften beginnt die Gewerbesteuerpflicht in dem Zeitpunkt, in dem erstmals alle Voraussetzungen erfüllt sind, die zur Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlich sind (vgl. R 2.5 GewStR 2009 und H 15.8 (1) EStH). Bloße Vorbereitungshandlungen, z.B. die Anmietung eines Geschäftslokals, das erst hergerichtet werden muss, oder die Errichtung eines Fabrikgebäudes, in dem die Warenherstellung aufgenommen werden soll, begründen die Gewerbesteuerpflicht noch nicht. Dies hat zur Folge, dass sich Anlaufverluste aus dieser Zeit gewerbesteuerlich nicht auswirken (BFH Urteil vom 27.10.1992, VIII R 30/90, BFH/NV 1993, 264; s.a. → Gewerbeverlust).

Die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginnt bei einem Leasingunternehmen nicht bereits mit der Beschaffung des Leasinggegenstandes. Dies gilt auch dann, wenn der Leasinggeber den Leasinggegenstand vom Leasingnehmer erwirbt, sofern es sich bei dem Leasingvertrag nicht um einen verdeckten Ratenkauf handelt (BFH Urteil vom 5.3.1998, IV R 23/97, BStBl II 1998, 745).

Bei Unternehmen, die im Handelsregister einzutragen sind, ist der Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister ohne Bedeutung für den Beginn der Gewerbesteuerpflicht.

Bei gewerblich geprägten Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (→ Gewerblich tätige Personengesellschaften) beginnt nach Auffassung der Finanzverwaltung die Steuerpflicht erst, wenn der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt ist. Zum Beginn der Gewerbesteuerpflicht eines Besitzunternehmens im Rahmen einer → Betriebsaufspaltung vgl. BFH Urteil vom 15.1.1998 (IV R 8/97, BStBl II 1998, 478). S. H 2.1 Abs. 4 und H 2.2 GewStR 2009.

Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 17.11.2010, 7 K 1993/06; EFG 2011, 725) widerspricht dem. Zwar lägen formal-rechtlich Personengesellschaften vor, jedoch seien diese durch § 7 Satz 2 GewStG hinsichtlich der Besteuerung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen seit einer Gesetzesänderung in 2002 den Kapitalgesellschaften insoweit gleichgestellt. Aus Gleichbehandlungsgründen müssten daher auch Vorbereitungshandlungen wie bei Kapitalgesellschaften berücksichtigt werden. Die hiergegen gerichtete Revision der Verwaltung hatte Erfolg. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1 GewStG fallenden Gewerbebetriebe beginnt erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes erfüllt sind (ständige Rechtsprechung). Dies gilt für Personengesellschaften unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter. Die Einfügung des § 7 Satz 2 GewStG hat zu keiner Änderung dieser rechtlichen Beurteilung geführt (BFH Urteil vom 30.8.2012, IV R 54/10, BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927). Ob der anlässlich des Übergangs zu einer neuen Tätigkeit erzielte Veräußerungsgewinn einer GmbH & Co. KG (bisher mit einem originären gewerblichen Geschäftsbereich ausgestattet, nach Veräußerung lediglich gewerblich geprägte PersGes) nach § 7 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt, beurteilt sich danach, ob der »bisherige« und der »neue« Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch sind. Dies richtet sich nach den gleichen Kriterien, die für die Bestimmung der Unternehmensidentität im Rahmen des § 10a GewStG maßgeblich sind, BFH vom 10.2.2022, IV R 6/19, LEXinform 0952311.

Die Steuerpflicht kraft Rechtsform beginnt bei → Kapitalgesellschaften mit der Eintragung in das Handelsregister, bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften mit der Eintragung in das Genossenschaftsregister und bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit mit der aufsichtsbehördlichen Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb. Von diesen Zeitpunkten ab kommt es auf Art und Umfang der Tätigkeit nicht an. Bei einer Kapitalgesellschaft, die zum Zwecke der Übernahme eines Gewerbebetriebs gegründet wird, beginnt die Gewerbesteuerpflicht nicht erst mit dem Zeitpunkt der Fortführung des übernommenen Betriebs, sondern mit der Eintragung in das Handelsregister. Anders als bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften, können Kosten für Vorbereitungsmaßnahmen bei den Kapitalgesellschaften jedoch im Regelfall berücksichtigt werden, da bereits vor Eintragung mit Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages und der Aufnahme einer nach außen in Erscheinung tretenden Geschäftstätigkeit durch die sog. Vor-Gesellschaft die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sein dürften (H 2.5. Abs. 2 GewStR). Die Verwaltung eingezahlter Teile des Stammkapitals sowie ein bestehender Anspruch auf Einzahlung von Teilen des Stammkapitals lösen die Gewerbesteuerpflicht noch nicht aus. Die nach außen tätig gewordene Vorgesellschaft bildet zusammen mit der später eingetragenen Kapitalgesellschaft oder einem anderen Unternehmen i.S.d. § 2 Abs. 2 GewStG einen einheitlichen Steuergegenstand.

Bei den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und den nichtrechtsfähigen Vereinen (§ 2 Abs. 3 GewStG) beginnt die Steuerpflicht bei Vorliegen aller anderen Voraussetzungen mit der Aufnahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.

5. Erlöschen der Steuerpflicht

Die Gewerbesteuerpflicht erlischt bei Einzelgewerbetreibenden und bei Personengesellschaften mit der tatsächlichen Einstellung des Betriebs (→ Betriebsaufgabe). Die Einstellung liegt nicht erst dann vor, wenn der Betrieb für alle Zeiten, sondern schon dann, wenn er für eine gewisse Dauer aufgegeben wird. Die Einstellung darf aber nicht von vornherein nur als vorübergehend gedacht sein. Bei so genannten Saisonbetrieben (vgl. 6 Saisonbetriebe), insbesondere beim Bauhandwerk, den Bauindustrien, den Kurortbetrieben aller Art oder den Zuckerfabriken, bedeutet die Einstellung des Betriebs während der toten Zeit nicht eine Einstellung in dem eben behandelten Sinn, sondern nur eine vorübergehende Unterbrechung (Ruhen) des Gewerbebetriebs, durch die die Gewerbesteuerpflicht nicht berührt wird (vgl. § 2 Abs. 4 GewStG). Die tatsächliche Einstellung des Betriebs ist anzunehmen mit der völligen Aufgabe jeder werbenden Tätigkeit. Die Versilberung der vorhandenen Betriebsgegenstände und die Einziehung einzelner rückständiger Forderungen aus der Zeit vor der Betriebseinstellung können nicht als Fortsetzung einer aufgegebenen Betriebstätigkeit angesehen werden. Die Aufgabe eines Handelsbetriebs liegt erst in der tatsächlichen Einstellung jedes Verkaufs. Ein in Form eines Ladengeschäfts ausgeübter Gewerbebetrieb wird nicht bereits dann eingestellt, wenn kein Zukauf mehr erfolgt, sondern erst dann, wenn das vorhandene Warenlager »im Ladengeschäft« veräußert ist. Die werbende Tätigkeit ist nicht eingestellt, solange die verkauften Waren ausgeliefert werden (FG Hamburg Urteil vom 11.7.2001, VI 46/00, LEXinform 0573368, rkr.).

Mit der Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen vgl. § 16 Abs. 3b EStG (→ Betriebsverpachtung) erlischt regelmäßig die Gewerbesteuerpflicht des Verpächters. Die Frage der Beendigung der Gewerbesteuerpflicht darf nicht allein nach äußeren Merkmalen beurteilt werden. Die Einstellung der werbenden Tätigkeit oder andere nach außen in Erscheinung tretenden Umständen (z.B. Entlassung der Betriebszugehörigen, Einstellung des Einkaufs) bedeuten nicht immer die tatsächliche Einstellung des Betriebs. Es müssen auch die inneren Vorgänge berücksichtigt werden. Auch wenn ein Unternehmen wesentlichen Einschränkungen unterliegt oder bei einer nur äußerlichen Betrachtung als eingestellt erscheint, kann doch gewerbesteuerlich eine Betriebseinstellung nicht anerkannt werden, wenn sich das Unternehmen in der erkennbaren Absicht, nachhaltige Erträge zu erzielen, weiter betätigt. Vergleiche R 2.6 Abs. 1 GewStR 2009.

Bei den Kapitalgesellschaften und den anderen Unternehmen i.S.d. § 2 Abs. 2 GewStG erlischt die Gewerbesteuerpflicht – anders als bei Einzelkaufleuten und Personengesellschaften – nicht schon mit dem Aufhören der gewerblichen Betätigung, sondern mit dem Aufhören jeglicher Tätigkeit überhaupt. Das ist grundsätzlich der Zeitpunkt, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt worden ist.

Bei den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und den nichtrechtsfähigen Vereinen (§ 2 Abs. 3 GewStG) erlischt die Steuerpflicht mit der tatsächlichen Einstellung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Besteht der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in jährlich wiederkehrenden Tätigkeiten (Veranstaltungen) von jeweils kurzer Dauer, z.B. Bier-, Wein-, Schützenfeste, dann ist bei erkennbarer Wiederholungsabsicht von einem fortbestehenden Gewerbebetrieb auszugehen, bei dem nicht jeweils die Steuerpflicht nach Abwicklung der Veranstaltung erlischt und im Folgejahr neu eintritt.

6. Exkurs: Saisonbetriebe

Einen Unterfall des Gewerbebetriebs bilden die sog. »Saisonbetriebe«. Diese sind Gewerbetriebe i.S.d. § 2 GewStG, in denen (zum Teil) ganzjährig gearbeitet wird, die aufgrund der sog. »Saison« in bestimmten Perioden des Jahres über mehr Aufträge und einen größeren Bedarf an Arbeitskräften verfügen.

Typische Saisonbetriebe sind insbesondere:

  • Betriebe des Bauhandwerks bzw. der Bauindustrien,

  • Bewirtungs- und Beherbergungsbetriebe in saisonabhängigen Gebieten, z.B. in Wintersportgebieten,

  • Kurortbetriebe aller Art,

  • Süßwarenfabriken (Oster-/Weihnachtsartikel),

  • Eisdielen.

Des Weiteren sind Saisonbetriebe von sog. »Kampagnenbetrieben« abzugrenzen. Diese arbeiten nur zu einer bestimmten Jahreszeit und ruhen die restliche Zeit des Jahres.

Zu den Kampagnenbetrieben gehören primär:

  • Zuckerrüben verarbeitende Betriebe,

  • Freibäder,

  • Skischulen,

  • Surf-/Tauchschulen.

Im Inland betriebene Saisonbetriebe sind grds. gewerbesteuerpflichtig gem. § 2 Abs. 1 GewStG. Die Gewerbesteuerpflicht erlischt jedoch mit der tatsächlichen Einstellung des Gewerbebetriebs. Eine Betriebseinstellung liegt bereits ab der Aufgabe der werbenden Tätigkeit für eine gewisse Dauer und nicht erst ab vollständiger Aufgabe des Betriebs vor. Liegt eine vorübergehende Einstellung des Betriebs, ein sog. Ruhen, vor, verhindert dies die Annahme einer Betriebsaufgabe (R 2.6 Abs. 1 Satz 2 und 3 GewStR 2009). Bei den Saisonbetrieben bedeutet die Einstellung des Betriebs während der betriebslosen Zeit die vorübergehende, befristete Unterbrechung (Ruhen) des Gewerbebetriebs, durch die die Gewerbesteuerpflicht nicht berührt wird (§ 2 Abs. 4 GewStG, R 2.6 Abs. 1 Satz 3 und 4 GewStR 2009). Diese wird auch als »Betriebsunterbrechung« bezeichnet. Anders als bei einer Betriebsaufgabe, die ebenfalls das Ende der Gewerbesteuerpflicht impliziert, bleibt bei einer Betriebsunterbrechung der Betrieb als Steuersubjekt der Gewerbesteuer fortbestehen.

Vorübergehend ruhende Betriebsstätten, auch mehrfach in einem Erhebungszeitraum ruhende Betriebsstätten, sind in die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages einzubeziehen (R 28.1 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009), wenn das Unternehmen mehrere Betriebsstätten in unterschiedlichen Gemeinden unterhält.

7. Besteuerung nach dem Gewerbeertrag

Besteuerungsgrundlage sind der → Gewerbeertrag (§ 6 GewStG). Bei der Berechnung der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag (§ 7 und 10 GewStG) ist von einem Steuermessbetrag (§ 11 GewStG) auszugehen. Dieser ist durch Anwendung eines Prozentsatzes (Steuermesszahl) auf den Gewerbeertrag zu ermitteln. Der Gewerbeertrag ist auf volle 100 € nach unten abzurunden und um bestimmte Freibeträge (→ Freigrenzen, Freibeträge, Pausch- und Höchstbeträge, ABC-Form) zu kürzen.

Übersicht über die Ermittlung der GewSt:

Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG)

+

Hinzurechnungen (§ 8 GewStG)

=

Summe

./.

Kürzungen (§ 9 GewStG)

=

Gewerbeertrag (abrunden auf volle 100 €;

§ 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG)

./.

Freibetrag (24 500 € oder 5 000 €, § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG)

=

verbleibender Betrag

×

Steuermesszahl 3,5 (§ 11 Abs. 2 GewStG)

=

Steuermessbetrag × Hebesatz der Gemeinde

(§ 16 GewStG)

=

Gewerbesteuer

Beispiel 1:

Ein Gewerbebetrieb (Einzelunternehmer) hat im Wj. = Kj. 14 einen Steuerbilanzgewinn von 250 140 €. Hinzurechnungen i.S.d. § 8 GewStG sind i.H.v. 43 750 €, Kürzungen i.S.d. § 9 GewStG sind i.H.v. 39 600 € vorzunehmen. Der Hebesatz der Gemeinde beträgt 420 %.

Lösung 1:

Gewinn aus Gewerbebetrieb

250 140 €

Hinzurechnungen (§ 8 GewStG)

+ 43 750 €

Zwischensumme

293 890 €

Kürzungen (§ 9 GewStG)

./. 39 600 €

Gewerbeertrag

254 290 €

Kürzung auf volle 100 € (§ 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG)

254 200 €

abzüglich Freibetrag (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG)

./. 24 500 €

verbleibender Gewerbeertrag

229 700 €

× Steuermesszahl 3,5 % (§ 11 Abs. 2 GewStG):

Steuermessbetrag

8 039,5 €

× Hebesatz (§ 16 GewStG)

× 420 %

Gewerbesteuer

33 765,90 €

Der Freibetrag beträgt bei natürlichen Personen und Personengesellschaften 24 500 €, bei bestimmten anderen Unternehmern 5 000 € (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 GewStG).

Hinweis:

Der BFH hat kürzlich entschieden, dass Währungsverluste aus der Liquidation von Auslands- betriebsstätten den Gewerbeertrag nicht mindern (Pressemitteilung vom 13.4.2016 = LEXinform 0444322).

8. Steuermessbescheid

Wie oben bereits angedeutet worden ist, bilden die Steuermessbeträge die Grundlage für die Festsetzung der Gewerbesteuer und der → Grundsteuer durch die Gemeinden. Sie werden durch das Finanzamt erlassen und automatisch der Gemeinde zugestellt. Die Steuermessbescheide sind Grundlagenbescheide; Gewerbesteuer- und Grundsteuerbescheide sind Folgebescheide. Die Gemeinde erlässt auf Grundlage des Messbescheides den Gewerbe- oder Grundsteuerbescheid, in dem sie den gültigen Hebesatz auf den Messbetrag anwendet, und erhebt die Steuer.

Aufgrund dieser Zweiteilung ist zu beachten, dass sich der Steuerpflichtige ggf. an unterschiedliche Behörden wenden und auch bei unterschiedlichen Behörden Rechtsbehelfe einlegen muss. Soweit es um den Gewerbesteuermessbescheid geht, ist zuständig bzw. Verfahrensgegner das Finanzamt, soweit die Höhe der Steuer selbst etc. betroffen ist, das Steueramt der jeweiligen Gemeinde. Dementsprechend sind auch die außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfe unterschiedlich.

9. Gewerbesteuermessbescheid

9.1. Rechtsnatur des Gewerbesteuermessbescheids

Zunächst ist vom Finanzamt der Gewerbeertrag zu ermitteln (Bemessungsgrundlage). Der Einkommensteuerbescheid bzw. Bescheid über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung bei Mitunternehmerschaften oder Körperschaftsteuerbescheid ist kein Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO. Der Gewerbeertrag ist eigenständig für die Gewerbesteuer zu ermitteln. Dennoch bestimmt § 35b GewStG als besondere Korrekturnorm, dass der Gewerbesteuermessbescheid bzw. Verlustfeststellungsbescheid zu ändern ist, wenn der einkommensteuerliche bzw. körperschaftsteuerliche Gewinn geändert wird.

9.2. Korrektur auf Grund von Billigkeitsmaßnahmen (§ 184 Abs. 2 AO)

Die Befugnis der Finanzämter für den Erlass von Gewerbesteuermessbescheiden schließt nach § 184 Abs. 2 AO die Möglichkeit von Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 Satz 1 AO ein. Die Finanzämter können danach den Steuermessbetrag aus Billigkeitsgründen anderweitig festsetzen.

Dies gilt allerdings nur, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind.

Der Sanierungserlass vom 27.3.2003 (BStBl I 2003, 240) erfüllt diese Voraussetzung nicht, da er eine einseitige Maßnahme des BMF darstellt, mit der eine einheitliche Verwaltungspraxis sichergestellt werden soll (BFH Urteil vom 25.4.2011, I R 24/11, BFH/NV 2012, 1516). Dass in H 1.5 Abs. 1 [Sanierungsgewinn] GewStH 2009 ausdrücklich auf den Sanierungserlass hingewiesen wird, ändert daran nichts. Daher bleibt es bei der Zuständigkeit der Gemeinde (s. §§ 1 und 3 des Gesetzes über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern).

Soweit nach § 163 Satz 2 AO Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen bzw. mindern, zu einem späteren bzw. früheren Zeitpunkt berücksichtigt werden, sind solche Maßnahmen auch bei der Gewerbesteuer – ggf. durch Änderung des Gewerbesteuermessbescheides – zu beachten.

9.3. Bedeutung einer tatsächlichen Verständigung

Einigungen, die im Wege der tatsächlichen Verständigung (s. dazu BMF vom 30.7.2008, IV A 3 – S 0223/07/10002) in anderen Besteuerungsverfahren ausgehandelt wurden, können für die Gewerbesteuer beachtlich sein (BFH Urteil vom 3.4.2008, IV R 54/04, BFH/NV 2008, 1263). Der einvernehmlich festgelegte Sachverhalt ist – soweit die Einigung reicht – aufgrund der Bindung der Beteiligten an die tatsächliche Verständigung bei allen Steuerfestsetzungen und Feststellungen zu berücksichtigen, für die dieser Sachverhalt steuerlich von Bedeutung ist. Eine für Zwecke der Einkommensbesteuerung abgeschlossene tatsächliche Verständigung kann daher dazu führen, dass auch bei der Gewerbesteuerveranlagung von dem zwischen den Beteiligten einvernehmlich zugrunde gelegten Lebenssachverhalt auszugehen ist. Dagegen hat die bloße Einigung über Rechtsfolgen keine Bindungswirkung für andere Veranlagungen.

9.4. Zerlegung

Hat ein Gewerbebetrieb mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden, so ist eine Gewerbesteuerzerlegung durchzuführen (§ 28 GewStG), um den Gewerbesteuermessbetrag auf alle beteiligten Gemeinden aufzuteilen. In diesen Fällen wird der Gewerbesteuermessbescheid an den Inhaber des Gewerbebetriebes zugestellt. Die beteiligten Gemeinden erhalten eine Zerlegungsmitteilung, in der der anteilige Messbetrag mitgeteilt wird. Auf diesen anteiligen Messbetrag wendet jede Gemeinde ihren Hebesatz an.

Eine Betriebsstätte i.S.v. § 12 Satz 1 AO erfordert eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Stpfl. eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat, BFH vom 18.9.2019, III R 3/19, BFH/NV 2020, 708 Nr. 8 (LEXinform 0952329). Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Räumlichkeiten dann eigene Betriebsstätten i.S.d. § 12 Satz 1 AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht (BFH vom 23.2.2011, I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354; vom 24.8.2011, I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764). Dies gilt aber nur, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird (beispielsweise Identität der Leitungsorgane, fortlaufende nachhaltige Überwachung in den Räumlichkeiten des Auftragsnehmers). Ohne eine gewisse räumliche und zeitliche »Verwurzelung« des Unternehmens vor Ort fehlt es an dem für eine Betriebsstättenbegründung erforderlichen Dienen der Geschäftseinrichtung oder Anlage für eigene unternehmerische Zwecke i.S.d. § 12 Satz 1 AO. Allein die Übertragung von auch umfassenden Aufgaben ohne gleichzeitig eigene betriebliche Tätigkeiten vor Ort macht die Betriebsstätte des Auftragnehmers nicht zur Betriebsstätte des Auftraggebers, BFH vom 23.3.2022, III R 35/20, LEXinform 0952851.

Alles weitere siehe Tz. 13.

10. Steuerschuldner

Steuerschuldner ist der Unternehmer (§ 5 Abs. 1 GewStG). Als Unternehmer gilt der, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird. Da der Gewerbebetrieb als solcher, also losgelöst von der Person des Unternehmers, Gegenstand der Besteuerung ist, berührt ein Wechsel in der Person des Unternehmers grundsätzlich den Bestand des Gewerbebetriebs nicht, denn dieser besteht ja tatsächlich fort. Dieses an sich folgerichtige, aber aus den verschiedensten Gründen unerwünschte Ergebnis wird durch die Regelung in § 2 Abs. 5 GewStG vermieden (vgl. auch R 2.7 GewStR 2009). Danach gilt der Gewerbebetrieb als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt, wenn er im Ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht (Ende der sachlichen Steuerpflicht). Der Gewerbebetrieb gilt beim neuen Unternehmer als neu gegründet (es sei denn, er würde mit einem bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt). Damit liegt ein Unternehmerwechsel vor. Obwohl also der Gewerbebetrieb als Steuergegenstand fortbesteht, gelten in dem Erhebungszeitraum, in den der Unternehmerwechsel fällt, zwei voneinander unabhängige Gewerbebetriebe als vorhanden. Ergänzend dazu bestimmt § 5 Abs. 2 GewStG, dass in solchen Fällen der bisherige Unternehmer bis zum Zeitpunkt des Übergangs Steuerschuldner ist; danach ist der neue Unternehmer Steuerschuldner (Wechsel der Steuerschuldnerschaft).

Bei Personengesellschaften sind die Gesellschafter die Unternehmer. Kraft ausdrücklicher Anordnung in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG sind jedoch nicht die (Mit-)Unternehmer, sondern die Gesellschaft der Steuerschuldner.

Die Kürzung des Gewerbeertrags um Verluste aus früheren Erhebungszeiträumen setzt die Unternehmens- und Unternehmeridentität voraus.

Unternehmensidentität bedeutet, dass der im Anrechnungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch ist mit dem Betrieb, der im Jahr der Entstehung des Verlustes bestanden hat. Da jeder selbstständige Betrieb für sich einen Steuergegenstand i.S.d. Gewerbesteuerrechts darstellt, können aus diesem Grund – wenn ein Unternehmer mehrere Betriebe unterhält – negative Gewerbeerträge eines Betriebes nicht mit positiven Gewerbeerträgen anderer Betriebe ausgeglichen werden. Auch wenn ein Unternehmen einen Betrieb aufgibt und einen neuen gründet, können frühere Verluste des aufgegebenen Betriebes nicht vom Gewerbeertrag des neuen Betriebes abgezogen werden (R 10a.2 GewStR 2009). Geht ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über (§ 2 Abs. 5 GewStG, Unternehmerwechsel) und endet dadurch die sachliche Steuerpflicht, so kann der neue Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben (§ 10a Satz 8 GewStG).

Unternehmeridentität liegt insbesondere auch dann nicht vor, wenn ein Einzelunternehmen nach dem Tode des Inhabers von dem Erben weitergeführt wird (H 10a.3 Abs. 1 GewStH »Unternehmerwechsel«).

Beispiel 2:

A stirbt. Sein Betrieb wird von seinem Sohn B weitergeführt. Gegenüber A wurde ein Verlustvortrag festgestellt.

Lösung 2:

Mangels Unternehmeridentität kann bei dem Betrieb des B der Verlustvortrag des A nicht fortgeführt und abgezogen werden.

Bei Personengesellschaften ist Unternehmergleichheit nur dann anzunehmen, wenn an dem Unternehmen im Jahr der Entstehung des Verlustes die gleichen Personen beteiligt sind wie in dem Jahr, in dem der Verlust abgezogen werden soll. Tritt nach Entstehung des Verlustes ein Wechsel in der Person eines Gesellschafters ein, so kann der auf diesen Gesellschafter entfallende Anteil an dem Gewerbeverlust in einem späteren Erhebungszeitraum nicht abgezogen werden (vgl. R 10a.3 Abs. 3 GewStR).

Beispiel 3:

A, B und C sind Gesellschafter einer OHG. C verkauft in 02 seinen Anteil an D.

Lösung 3:

Die sachliche Steuerpflicht des Gewerbebetriebs (§ 2 Abs. 5 GewStG) und die Steuerschuldnerschaft der Gesellschaft (§ 5 Abs. 2 GewStG) werden nicht berührt. Ein vortragsfähiger Verlust der OHG ist aber um 1/3 (Anteil C) zu kürzen. Der Gewerbeertrag 03 kann nur i.H.v. 2/3 (Anteile A und B) gekürzt werden, weil nur insoweit Unternehmeridentität anzunehmen ist. Der auf D entfallende Anteil des Gewerbeertrags wird nicht gekürzt.

Auch bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG) ist die Unternehmensidentität Voraussetzung für den Abzug des Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG. Die Unternehmensidentität kann deshalb fehlen, wenn eine Personengesellschaft zunächst originär gewerblich tätig ist, anschließend Einkünfte aus Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Prägung erzielt und dabei Vorbereitungshandlungen hinsichtlich einer künftigen (wieder) originär gewerblichen Tätigkeit vornimmt (BFH Urteil vom 4.5.2017, IV R 2/14).

11. Die gewerbesteuerliche Organschaft

Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG sind die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft vollständig an die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft angepasst. Die Organgesellschaft gilt im Gewerbesteuerrecht als Betriebsstätte des Organträgers. Es erfolgt jedoch keine einheitliche Ermittlung des Gewerbeertrags des Organträgers und der Organgesellschaft (R 7.1 Abs. 5 Satz 1 GewStR 2009). Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist so zu ermitteln, als wäre sie selbst Steuergegenstand (R 7.1 Abs. 5 Satz 2 GewStR 2009). Eine gewerbesteuerliche Veranlagung der Organgesellschaft findet allerdings nicht statt.

Abb.: Gewerbesteuerliche Organschaft

Hinweis:

Erzielt die Organgesellschaft Dividendenerträge oder entsprechende Veräußerungserlöse, sind die §§ 8b Abs. 1 bis 6 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der OrgG nicht anzuwenden, sondern erst bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers (vgl. § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG).

Die Organgesellschaft kann gem. § 10a Satz 2 GewStG den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um solche Fehlbeträge kürzen, die sich vor dem rechtswirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrages ergeben haben (sog. vororganschaftliche Gewerbeverluste). Sie werden während des Bestehens der Organschaft weiterhin festgestellt und vorgetragen und können nach Beendigung der Organschaft wieder genutzt werden. Im Umkehrschluss kann der Organträger im Ergebnis allerdings seine vororganschaftlichen Gewerbeverluste unter den Voraussetzungen des § 10a Satz 1 und 2 GewStG u.a. mit dem positiven Gewerbeertrag der OrgG verrechnen.

12. Hebesatz

Die Steuer wird auf Grund des Steuermessbetrags (§ 14 GewStG) mit einem Hundertsatz (Hebesatz) festgesetzt und erhoben, der von der hebeberechtigten Gemeinde (§§ 4, 35a GewStG) zu bestimmen ist (§ 16 Abs. 1 GewStG).

Der Hebesatz muss für alle in der Gemeinde vorhandenen Unternehmen der gleiche sein. Er beträgt mind. 200 % gem. § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG, wenn die Gemeinde nicht einen höheren Hebesatz bestimmt hat. Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, so kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen. In diesen Fällen sind die §§ 28 bis 34 GewStG (Zerlegung) mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle mehrerer Gemeinden die Gebietsteile der Gemeinde mit verschiedenen Hebesätzen treten. Diese Zerlegungsregelung des § 16 Abs. 4 Satz 4 GewStG wurde durch das JStG 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) in das Gesetz eingefügt und ist erstmals für Erhebungszeiträume ab 2009 anzuwenden.

Die Entwicklung der Hebesätze der Gewerbesteuer (und der Grundsteuer) dokumentiert der DIHK alljährlich in einer Erhebung. Dabei wurden bisher ausschließlich die großen Gemeinden ab 50 000 Einwohnern erfasst (189 Gemeinden). Der DIHK hat die Umfrage 2013 erweitert: Nun werden die aktuellen Realsteuerhebesätze für alle Gemeinden ab 20 000 Einwohnern erhoben und in ihrer Entwicklung analysiert. S. dazu näher, auch mit Kritik an der aktuellen Entwicklung, DIHK, Pressemitteilung vom 9.7.2013 unter www.dihk.de. Die Statistik kann abgerufen werden unter: www.dihk.de/hebesaetze.

13. Zerlegung des Messbetrages

Der Steuermessbetrag ist nach den §§ 28 bis 34 GewStG zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum (Kj.) Betriebsstätten in mehreren Gemeinden unterhalten worden sind.

In den Fällen des § 16 Abs. 4 Satz 4 GewStG treten an die Stelle mehrerer Gemeinden die Gebietsteile der Gemeinde mit unterschiedlichen Hebesätzen.

Als Zerlegungsmaßstab werden grundsätzlich die Arbeitslöhne herangezogen. Diesbezüglich ist zu beachten, dass für den Fall, dass mehrere Personen gleichwertige Geschäftsführungsaufgaben von verschiedenen Orten aus wahrnehmen, entsprechend mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten begründet werden. Diese sind für die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags maßgebend (BFH Urteil vom 5.11.2014, IV R 30/11, BFH/NV 2015, 615). Mit der Neufassung des § 29 Abs. 1 hat der Gesetzgeber im JStG 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) einen festen Maßstab zur Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages für Betriebe, die Energieerzeugung aus Windkraft betreiben, festgelegt (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG). Danach erfolgt die Zerlegung in diesen Fällen zu 30 % nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne und zu 70 % nach dem Verhältnis der Summe der steuerlich maßgebenden Ansätze des Sachanlagevermögens (mit Ausnahme der Betriebs- und Geschäftsausstattung, der geleisteten Anzahlungen und der Anlagen im Bau in allen Betriebsstätten) zu dem Ansatz in den einzelnen Betriebsstätten. Damit soll den Belangen der Gemeinde des Geschäftssitzes und der Standortgemeinden der Windkraftanlagen aus Sicht des Gesetzgebers ausgewogen Rechnung getragen werden.

Beispiel 4:

Einzelunternehmer U betreibt in gemieteten Räumen eine Großhandlung für Spirituosen in der Gemeinde A und eine Filiale in der Gemeinde B. Er ist mit 70 % seiner Arbeitszeit in A und mit 30 % in B tätig.

Folgende Zahlen liegen vor:

Gewerbeertrag

45 364 €

Arbeitslöhne Gemeinde A

163 714 €

Arbeitslöhne Gemeinde B

72 895 €

Lösung 4:

Gewerbeertrag

45 364 €

abrunden

45 300 €

Freibetrag

./. 24 500 €

verbleiben

20 800 €

Steuermesszahl für den Gewerbeertrag nach § 11 Abs. 2 GewStG:

3,5 % von 20 800 € = 728,00 €.

Zerlegung:

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG sind die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile des Steuermessbetrages zu zerlegen (Zerlegungsanteile). Zerlegungsmaßstab sind nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG die jeweiligen Arbeitslöhne (§ 29 Abs. 2 GewStG), die auf volle 1 000 € abzurunden sind (§ 29 Abs. 3 GewStG). Für die im Betrieb tätigen Unternehmer sind die Arbeitslöhne um insgesamt 25 000 € jährlich zu

Arbeitslöhne Gemeinde A

163 714 €

zzgl. anteiliger Unternehmerlohn (70 % von 25 000 € =)

17 500 €

maßgeblicher Arbeitslohn Gemeinde A

181 214 €

Arbeitslöhne Gemeinde B

72 895 €

zzgl. anteiliger Unternehmerlohn (30 % von 25 000 € =)

7 500 €

maßgeblicher Arbeitslohn Gemeinde B

80 395 €

Summe der maßgeblichen Arbeitslöhne aller Betriebsstätten

261 609 €

Davon entfällt auf die Gemeinde A 181 214 €, dies entspricht

69,27 %

Dies entspricht einem anteiligen Steuermessbetrag

504,29 €

Davon entfällt auf die Gemeinde B 80 395 €, dies entspricht

30,73 %

Dies entspricht einem anteiligen Steuermessbetrag

223,71 €

Findet bei einem integrierten Energieversorgungsunternehmen eine Entflechtung statt, aufgrund derer das Versorgungsnetz an eine andere Gesellschaft verpachtet wird, ist eine Gewerbesteuerzerlegung auf die Netzgemeinden im Hinblick auf die bei dem Energieversorgungsunternehmen verbliebenen Geschäftsbereiche nur dann vorzunehmen, wenn das Energieversorgungsunternehmen in den einzelnen Netzgemeinden weiterhin selbst Betriebsstätten i.S.d. § 12 AO unterhält, BFH vom 18.2.2021, III R 8/19 (LEXinform 4232632).

14. Zuständigkeiten

Für die Festsetzung der Besteuerungsgrundlagen und für die Festsetzung und Zerlegung des Steuermessbetrages sind die Finanzämter zuständig. Nach § 184 AO wird der Steuermessbetrag durch einen Steuermessbescheid festgesetzt.

Die Steuer wird aufgrund des Steuermessbetrages von der Gemeinde mit einem Hundertsatz (Hebesatz) festgesetzt und erhoben (§ 4 GewStG). Der Hebesatz wird von der hebeberechtigten Gemeinde bestimmt (§ 16 GewStG) und darf 200 % nicht unterschreiten.

15. Steuererklärungspflicht

Erstmals ab Erhebungszeitraum 2011 (Steuerbürokratieabbaugesetz vom 20.12.2008, BGBl I 2008, 2850) hat der Steuerschuldner (§ 5 GewStG) für stpfl. Gewerbebetriebe eine Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrages und in Zerlegungsfällen außerdem eine Zerlegungserklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann auf Antrag auf die elektronische Übermittlung verzichtet werden (§ 14a GewStG).

16. Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer

16.1. Grundsätzliches

Der Erste Senat des BVerfG (1 BvL 2/04) hatte aufgrund einer Vorlage des Niedersächsischen FG (Beschluss vom 21.4.2004, 4 K 317/91, LEXinform 0817618) über zwei Fragen im Zusammenhang mit der GewSt zu entscheiden und kam zu folgendem Ergebnis (Beschluss des BVerfG vom 15.1.2008, 1 BvL 2/04, LEXinform 0585628):

Es ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, dass die Einkünfte der freien Berufe, der sonstigen Selbstständigen und der Land- und Forstwirte nicht der GewSt unterliegen.

Es verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz, dass nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Abfärberegelung; → Gewerblich tätige Personengesellschaften) die gesamten Einkünfte einer Personengesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten und damit der GewSt unterliegen, wenn die Gesellschaft auch nur teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Der Gesetzgeber hat bei der Entscheidung darüber, ob die freien Berufe, sonstigen Selbstständigen und die Land- und Forstwirte zusammen mit den übrigen Gewerbetreibenden zur GewSt herangezogen werden sollen, den ihm zustehenden Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Es gibt nach wie vor hinreichend tragfähige Gründe für eine Differenzierung.

Die Nichteinbeziehung der freien Berufe in die GewSt spiegelt eine mittlerweile über 70 Jahre währende Rechtstradition wider. An dieser über einen so langen Zeitraum tradierten Differenzierung zwischen Gewerbetreibenden und freien Berufen darf der Gesetzgeber so lange festhalten, bis offen zutage tritt, dass im Hinblick auf den Steuergegenstand und die wesentlichen Besteuerungsmerkmale keine tragfähigen Unterschiede mehr zwischen diesen Berufsgruppen bestehen. Dies ist indes nicht der Fall. Die im Regelfall akademische oder vergleichbare besondere berufliche Qualifikation oder schöpferische Begabung als Voraussetzung für die Erlernung und Ausübung eines freien Berufs, die besondere Bedeutung der persönlichen, eigenverantwortlichen und fachlich unabhängigen Erbringung der Arbeit, verbunden mit einem häufig höchstpersönlichen Vertrauensverhältnis zum Auftraggeber, aber auch die spezifische staatliche, vielfach auch berufsautonome Reglementierung zahlreicher freier Berufe insbesondere im Hinblick auf berufliche Pflichten und Honorarbedingungen lassen bei der gebotenen typisierenden Betrachtung auch heute noch signifikante Unterschiede zwischen freien Berufen und Gewerbetreibenden erkennen.

Diese Unterschiede stehen in einem sachlichen Bezug zu der traditionellen Rechtfertigung der GewSt aus dem Äquivalenzprinzip. Danach erweist sich die Herausnahme der freien Berufe aus der GewSt nicht als willkürlich. Der Gedanke, dass die GewSt einen pauschalen Ausgleich für die besonderen Infrastrukturlasten bietet, die durch die Ansiedlung von Gewerbebetrieben verursacht werden, hat nach wie vor Bestand. Die Annahme, dass die freien Berufe typischerweise in geringerem Umfang Infrastrukturlasten der Gemeinden verursachen als die Gewerbetreibenden, liegt nahe. Die Annäherungen im Berufsbild einer Reihe von freien Berufen auf der einen und von Gewerbetreibenden auf der anderen Seite ändern nichts an der Berechtigung zur typisierenden Einordnung der freien Berufe als im Regelfall weniger personal- und produktionsmittelintensiv. Die auf dieser Annahme beruhende Differenzierung rechtfertigt sich vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Freibeträge für die Gewerbeertrag- und bis 1993 für die Gewerbekapitalsteuer mehrfach erhöht worden sind. Dies hat dazu geführt, dass in den vergangenen Jahren nur noch etwa 30 % der Gewerbetreibenden tatsächlich mit GewSt belastet wurden. Steuerpflichtig sind danach nicht die kleineren Gewerbebetriebe, die hinsichtlich der Beanspruchung von Infrastrukturleistungen am ehesten mit den freien Berufen vergleichbar sind, sondern die ertragsstarken und damit regelmäßig die mittleren und größeren Gewerbebetriebe mit einer typischerweise höheren Verursachung von Infrastrukturlasten.

Die Land- und Forstwirte unterscheiden sich von den Gewerbetreibenden wesentlich durch das in der Flächengebundenheit ihrer Betriebe zum Ausdruck kommende besondere Gewicht des Produktionsfaktors Boden und die Abhängigkeit ihres Wirtschaftserfolges von den Wetterbedingungen. Außerdem unterliegen sie einer Sonderbelastung im Bereich der Grundsteuer. Das BVerfG hat es daher schon bisher als in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegend angesehen, die Land- und Forstwirte nicht der GewSt zu unterwerfen.

Schließlich reduzieren verschiedene Anrechnungs- oder Kompensationsbestimmungen im Einkommensteuerrecht, die die »Doppelbelastung« der Gewerbebetriebe mit ESt und GewSt mindern oder weitgehend beseitigen sollen, das Gewicht der Ungleichbehandlung zwischen Gewerbetreibenden und freien Berufen, sonstigen Selbstständigen und Land- und Forstwirten im Ergebnis beträchtlich und schließen damit ebenfalls die Annahme einer willkürlichen Entscheidung des Gesetzgebers aus.

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Abfärberegelung) ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Die hieraus folgende Ungleichbehandlung der gemischt tätigen Personengesellschaft gegenüber dem Einzelunternehmer, der im Gegensatz zur Personengesellschaft gleichzeitig mehrere verschiedene Einkunftsarten verwirklichen kann, ist durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt.

Die Regelung verfolgt in erster Linie das Ziel, die Ermittlung der Einkünfte gemischt tätiger Personengesellschaften zu vereinfachen, indem sie alle Einkünfte typisierend auf die Einkunftsart gewerblicher Einkünfte konzentriert. Der Einwand, die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Einkünfte und Abgrenzung der Einkunftsarten bestünden in gleicher Weise beim Einzelunternehmer, vernachlässigt die Dimension der Probleme bei den Personengesellschaften. Im Fall des Einzelsteuerpflichtigen geht es um die Abgrenzung mehrerer Einkunftsarten bei einem Steuersubjekt. Bei einer Personengesellschaft hingegen ist die Abgrenzung mehrerer Einkunftsarten bei mehreren Stpfl. erforderlich, die diese zudem noch in unterschiedlicher Intensität verwirklichen können. Dies eröffnet eine Vielfalt von Kombinationsmöglichkeiten an Tätigkeiten und Vermögensobjekten mit Einkunftsarten und Stpfl. bei einer Personengesellschaft, die die Möglichkeiten eines Einzelunternehmers bei weitem übertreffen. Außerdem ist die Einkünfteermittlung bei der Personengesellschaft durch eine ganze Reihe von steuerlichen Besonderheiten gekennzeichnet, die beim Einzelunternehmer fehlen. Angesichts dieser Schwierigkeiten ist es von Verfassung wegen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber bei den Personengesellschaften ein gewichtiges Vereinfachungsbedürfnis im Hinblick auf die Ermittlung der Einkünfte gesehen hat.

Ein weiterer legitimer Zweck der Regelung besteht in der Sicherung des Gewerbesteueraufkommens. Die Abfärberegelung soll verhindern, dass infolge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Tätigkeiten einer Gesellschaft gewerbliche Einkünfte der GewSt entzogen werden.

Die mit der Typisierung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG für die Personengesellschaften verbundenen Nachteile stehen in einem vertretbaren Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Zielen. Das Gewicht der mit ihr einhergehenden Ungleichbehandlung der Personengesellschaften ist zwar erheblich. Die Belastung wird allerdings vor allem durch die Möglichkeit gemildert, der Abfärberegelung durch eine gesellschaftsrechtliche Gestaltung auszuweichen, die mit keinen nennenswerten Belastungen oder Risiken verbunden ist (Pressemitteilung des BVerfG Nr. 58/2008 vom 28.5.2008, LEXinform 0174229). S.a. den koordinierten Ländererlass vom 10.10.2008 (BStBl I 2008, 934), nach dem wegen der Frage der Verfassungsmäßigkeit des GewStG ein Ruhenlassen außergerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren nicht mehr in Betracht kommt.

Nach dem BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 22.6.2009 (BStBl I 2009, 669) sind sämtliche Festsetzungen des Gewerbesteuermessbetrags für Erhebungszeiträume ab 2004 im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich der Frage des verfassungsmäßigen Zustandekommens des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vorläufig gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO durchzuführen. Das Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5.4.2011 (BStBl I 2011, 310) hat innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8.12.2009 (2 BvR 758/07) eingeräumten Übergangsfrist die Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit derjenigen Normen beseitigt. Die gleich lautenden Erlasse vom 22.6.2009 (BStBl I 2009, 669) zur vorläufigen Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags werden daher aufgehoben (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 11.5.2011, BStBl I 2011, 468). In diesem Zusammenhang erging jedoch mit Urteil vom 6.6.2019, IV R 30/16, BStBl II 2020, 649 eine stark einschränkende Entscheidung, in der der BFH zu der Auffassung gelangte und § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG dahin verfassungskonform auszulegen sei, dass ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG nicht als der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt. Einkommensteuerrechtlich führen gewerbliche Beteiligungseinkünfte unabhängig von ihrem Umfang immer zur Umqualifizierung nicht gewerblicher Einkünfte. Es handelt sich insoweit um eine grundsätzlich zulässige Typisierung, mit der Einkünfte einer Einkunftsart insgesamt einer anderen Einkunftsart zugeordnet werden. Nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls kann diese Umqualifizierung für den Stpfl. auch zu steuerrechtlichen Vorteilen wie etwa bei einer Verlustberücksichtigung oder einer Rücklagenbildung führen. Im Hinblick auf die Gewerbesteuer ist die Abfärbewirkung aufgrund gewerblicher Beteiligungseinkünfte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG) – anders als die Abfärbewirkung bei originär gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG) – aber nur dann verfassungsgemäß, wenn die infolge der Abfärbung gewerblichen Einkünfte nicht gewerbesteuerbar sind. Nur so wird eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmern vermieden. Die Abfärbewirkung aufgrund originär gewerblicher Tätigkeit verhindert, dass infolge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Tätigkeiten einer Gesellschaft gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen werden. Diese Gefahr besteht bei gewerblichen Beteiligungseinkünften nicht, so dass es insoweit keiner Abfärbewirkung bedürfe.

Zum BFH-Urteil vom 6.6.2019, IV R 30/16, BStBl II 2020, 649 äußerte sich die Verwaltung in gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 1.10.2020, BStBl I 2020, 1032 (s.a. FinMin Baden-Württemberg, 3 – G-1400/31 vom 1.10.2020, LEXinform 7012454). Demnach sind die im o.g. Urteil zum Ausdruck kommenden gewerbesteuerlichen Grundsätze nicht allgemein anzuwenden. Streitig war in dem vom BFH konkret zu entscheidenden Einzelfall in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte einer PersGes ausschließlich die Frage, ob die Beteiligung an einer gewerblichen KG i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG (Untergesellschaft) auch ohne Anwendung einer Bagatellgrenze zu einer Umqualifizierung der übrigen Einkünfte der ansonsten vermögensverwaltenden KG (Obergesellschaft) führt.

16.2. Keine Beschränkung der Gesamtsteuerbelastung auf einen »Halbteilungsgrundsatz«

Nach der Rspr. des BVerfG (BVerfG Beschluss vom 18.1.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97, DStR 2006, 555) ist eine verfassungsrechtliche Obergrenze zumutbarer Steuerbelastung selbst dann nicht erreicht, wenn sich im Zusammenwirken von Einkommensteuer und Gewerbesteuer eine Gesamtsteuerbelastung von 59,95 % des Einkommens ergibt (BFH Beschluss vom 13.12.2012, X B 104/12, BFH/NV 2013, 559). Daher kann nach Auffassung der Rspr. allein mit dem Hinweis, die Gesamtsteuerbelastung überschreite die Hälfte des Einkommens, die Verfassungswidrigkeit der maßgebenden Tarifnormen nicht begründet werden.

Dem Beschluss des BVerfG von 22.6.1995 (2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (136), BStBl II 1995, 655) lasse sich keine verbindliche verfassungsrechtliche Obergrenze für die Gesamtbelastung mit der Einkommen- und Gewerbesteuer entnehmen. In dem Beschluss vom 22.6.1995 sei es um die »Grenze der Gesamtbelastung des Vermögens« durch eine Vermögensteuer gegangen, die neben der Einkommensteuer erhoben wird. Den dortigen Ausführungen zum »Halbteilungsgrundsatz« komme auch keine Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG zu.

Der Zugriff auf das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentum sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt (BFH Beschluss vom 13.12.2012, X B 104/12, BFH/NV 2013, 559). Aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 GG lasse sich keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung (»Halbteilungsgrundsatz«) ableiten.

Grundsätzlich sei es nicht zu beanstanden, hohe Einkommen auch hoch zu belasten, soweit beim betroffenen Steuerpflichtigen nach Abzug der Steuerbelastung ein hohes, frei verfügbares Einkommen bleibt, das die Privatnützigkeit des Einkommens sichtbar macht.

Allerdings dürfe die steuerliche Belastung auch höherer Einkommen für den Regelfall nicht so weit gehen, dass der wirtschaftliche Erfolg grundlegend beeinträchtigt wird und damit nicht mehr angemessen zum Ausdruck kommt.

Das Einkommen- und Gewerbesteuerrecht ist danach auch für hohe Einkommen gegenwärtig nicht so ausgestaltet, dass eine übermäßige Steuerbelastung und damit eine Verletzung der Eigentumsgarantie festgestellt werden könnte.

16.3. Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft

Bei Einzelunternehmen unterliegt nur der laufende Gewinn der Gewerbesteuer, deswegen sind Besonderheiten bei der Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags zu beachten (H 7.1 Abs. 1 GewStH »Eigenständige Ermittlung des Gewerbeertrags« und R 7.1 Abs. 3 GewStR). Bei der Ermittlung der Gewerbesteuer von Einzelunternehmen sind demnach die folgenden Einkünfte nicht zu berücksichtigen (s.a. § 7 Satz 2 GewStG):

  • Betriebsaufgabe- und Betriebsveräußerungsgewinne (-verluste) i.S.d. § 16 EStG (s.a. R 7.1 Abs. 3 Nr. 1 GewStR),

  • Gewinne aus der Veräußerung der (gesamten) Beteiligung an einer Personengesellschaft (vgl. R 7.1 Abs. 3 Satz 3 GewStR).

  • Einkünfte aus einer ehemaligen gewerblichen Tätigkeit gem. § 24 Nr. 2 EStG wie beispielsweise Leibrenten, die der Steuerpflichtige für die Veräußerung seines Betriebs erhält, sofern er nicht ohnehin die sofortige Versteuerung nach R 16 Abs. 11 EStR gewählt hat.

  • Einkünfte aus der Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen (vgl. R 16 Abs. 5 EStR bzw. § 16 Abs. 3b EStG für Verpachtungen nach dem 4.11.2011).

Steuerpflichtig sind aber Gewinne (Verluste) aus der Veräußerung

  • einer 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (wenn nicht im Zusammenhang mit Betriebsaufgabe oder -veräußerung), siehe H 7.1 Abs. 3 GewStH »Gewinn aus der Veräußerung einer 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft«;

  • nur eines Teils eines Mitunternehmeranteils, s. § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG, R 7.1 Abs. 3 Satz 6 GewStR.

Bei Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) ist grundsätzlich der steuerliche Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft unter Beachtung der Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (z.B. Tätigkeitsvergütung an einen Gesellschafter; vgl. H 7.1 Abs. 3 GewStH »Ermittlung des Gewerbeertrags bei Mitunternehmerschaften«) maßgebend. Ebenso sind die Ergebnisse aus dem sog. Sonderbetriebsvermögen – Sonder-BE bzw. Sonder-BA – und das Ergebnis evtl. Ergänzungsbilanzen zu beachten.

Es gelten zunächst die gleichen Besonderheiten wie bei Einzelunternehmen.

Allerdings sind der Gewinn (die Verluste) aus der Veräußerung bzw. Aufgabe des (Teil-)Betriebs einer Mitunternehmerschaft nach § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG jedoch zu versteuern, soweit diese Gewinne nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligtem Mitunternehmer entfallen. Soweit der Gewinn also auf eine Körperschaft entfällt (z.B. AG, GmbH) unterliegt dieser anteilige Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn der Mitunternehmerschaft auch der Gewerbesteuer.

Bei Kapitalgesellschaften unterlagen und unterliegen grundsätzlich sämtliche Gewinne der Gewerbesteuer. Daher sind bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich auch die Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben oder Teilbetrieben oder aus der Aufgabe des Betriebs gewerbesteuerpflichtig. Allerdings ging die Rechtsprechung ungeachtet dieser gesetzlichen Fiktion davon aus, dass die Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Personengesellschaften – auch bei Kapitalgesellschaften, die ihre Anteile daran veräußern – nicht der Gewerbesteuer unterliegen (vgl. BFH Urteil vom 28.2.1990, I R 92/86, BStBl II 1990, 699). Der BFH begründete dies damit, dass der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Personengesellschaften deshalb nicht der veräußernden Kapitalgesellschaft zuzurechnen sei, weil in diesen Fällen die im Betrieb der Personengesellschaft liegenden stillen Reserven realisiert würden. Mit der Einführung des mit der Verfassungsbeschwerde (BVerfG vom 10.4.2018, 1 BvR 1236/11, BStBl II 2018, 303) mittelbar angegriffenen § 7 Satz 2 GewStG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen hat der Gesetzgeber diese Rechtslage für Mitunternehmerschaften beendet und bei ihnen auch die Gewinne aus der Veräußerung ihres Betriebs, eines Teilbetriebs oder von Anteilen eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer anzusehen ist, weitgehend der Gewerbesteuer unterworfen.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft nun die Fragen, ob die Einführung der Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft durch § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG im Juli 2002 und das rückwirkende Inkraftsetzen dieser Vorschrift für den Erhebungszeitraum 2002 verfassungsrechtlich zulässig sind (s.a. BVerfG Pressemitteilung vom 10.4.2018; LEXinform 0928553). In seiner Entscheidung kam das BVerfG zu dem Ergebnis, dass die Einführung der Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft durch § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG im Juli 2002 nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Dass die Personengesellschaft als Mitunternehmerschaft dabei die Gewerbesteuer schuldet, obwohl der Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils beim veräußernden Gesellschafter verbleibt, verletzt das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht. Auch das rückwirkende Inkraftsetzen der Vorschrift für den Erhebungszeitraum 2002 steht im Einklang mit der Verfassung.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist ein weltweit agierendes Unternehmen im Braugewerbe. Sie ist eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin in den entscheidungserheblichen Jahren 2001 und 2002 eine Offene Handelsgesellschaft war. Gesellschafterinnen der Offenen Handelsgesellschaft waren zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Kommanditisten der Beschwerdeführerin waren neben zwei weiteren GmbH eine Stiftung, vier Kommanditgesellschaften und natürliche Personen. Mit Ausnahme einer GmbH veräußerten alle an der Beschwerdeführerin beteiligten Kommanditisten in den Jahren 2001 und 2002 ihre Kommanditanteile. In ihrer Gewerbesteuererklärung 2002 erklärte die Beschwerdeführerin einen laufenden Verlust für beide Rumpfwirtschaftsjahre und Veräußerungsgewinne nach § 7 Satz 2 GewStG in Höhe von circa 663 Mio. €. Das FA setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf knapp 26 Mio. € und die Gewerbesteuer auf knapp 107 Mio. € fest.

Weiter aus der Entscheidung:

Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass § 7 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 GewStG den Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebsanteils eines Mitunternehmers der Gewerbesteuer unterwirft, davon aber den Veräußerungsgewinn ausnimmt, der auf natürliche Personen entfällt, die unmittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind. Diese Regelung benachteiligt zwar Mitunternehmerschaften, soweit an ihnen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften beteiligt sind, gegenüber solchen mit unmittelbar beteiligten natürlichen Personen. Der hierfür hinreichend gewichtige Rechtfertigungsgrund besteht in der Verhinderung von Umgehungsgestaltungen. Der Gesetzgeber durfte bei unmittelbar beteiligten natürlichen Personen ein von vornherein geringeres Umgehungspotential als bei Kapital- und Personengesellschaften annehmen. Daneben stützen auch Erwägungen der Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs die Besserstellung.

17. Literaturhinweise

Körner, Gewerbeertragsbesteuerung von Mitunternehmerschaften, INF 2004, 265; Bröder, Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht gem. § 2 GewStG, NWB Fach 5, 1543; Rogall, Ungereimtheiten bei der Gewerbesteuer im Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalgesellschaften, DB 2004, 2176; Tetzlaff u.a., Grundlagen der Gewerbesteuer, Steuer & Studium 2006, 576; Fehling, Die Gewerbesteuer nach der Unternehmensteuerreform 2008, NWB Fach 5, 1617; Ortmann-Babel u.a., Unternehmensteuerreform 2008 Teil I: Gewerbesteuerliche Änderungen und Besteuerung von Kapitalgesellschaften und deren Anteilseignern, BB 2007, 1869; Richter, Unternehmensteuerreformgesetz 2008: Gewerbesteuerliche innerorganschaftliche Leistungsbeziehungen, FR 2007, 1042; Fehling, Gewerbesteuer und Abfärberegelung sind verfassungskonform, NWB Fach 5, 1669; Brockmann u.a., Änderungen bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer – JStG 2009/Steuerbürokratieabbaugesetz, NWB 2009, 448; Ossinger in Preißer, StB-Prüfung 2018, Band 1, Kap. C.

18. Verwandte Lexikonartikel

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Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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