1 Steuerabzug vom Arbeitslohn
2 Verpflichtung zur Erhebung und Abführung der Lohnsteuer
2.1 Inländischer Arbeitgeber
2.2 Grundlage des Lohnsteuerabzugs
2.3 Inländischer Arbeitnehmer oder inländischer Arbeitslohn
3 Bemessungsgrundlage und Höhe der Lohnsteuer
4 Schuldner der Lohnsteuer
5 Haftung des Arbeitgebers
6 Lohnsteuererstattung
7 Lohnsteuerjahresausgleich
8 Lohnsteuer-Nachschau
8.1 Einführung einer Lohnsteuer-Nachschau
8.2 Zweck der Lohnsteuer-Nachschau
8.3 Rechte der Außenprüfer
8.4 Pflichten des Arbeitgebers/Arbeitnehmers
8.5 Verfahrensrechtliche Fragen
8.6 Lohnsteuer-Nachschau und Selbstanzeige
9 Literaturhinweise
10 Verwandte Lexikonartikel
Bei ArbN (→ Arbeitnehmer) wird die vom → Arbeitslohn zu zahlende ESt im Wege des Abzugs vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer; § 38 Abs. 1 EStG). Die LSt ist nur eine Erhebungsform der ESt, also keine Steuer eigener Art. Mit dem Steuerabzug ist das Besteuerungsverfahren im Allgemeinen abgeschlossen (§ 38a Abs. 2 EStG), es sei denn, dass für den ArbN nach Ablauf des Kj. noch eine Veranlagung zur ESt in Betracht kommt oder dass vom ArbG ein LSt-Jahresausgleich (s.u.) durchzuführen ist.
Rechtsgrundlage ist das Einkommensteuergesetz. Ergänzend zu den lohnsteuerlichen Vorschriften des EStG ist die Lohnsteuer-Durchführungsverordnung erlassen worden. Sie enthält zusätzliche Rechtsvorschriften zum Lohnsteuerabzug.
Der Verpflichtung zur Erhebung und Abführung der LSt unterliegt jeder inländische ArbG (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG). Der ArbG hat die LSt für Rechnung des ArbN bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 EStG). Dafür muss er die richtige Bemessungsgrundlage ermitteln und die richtigen Lohnsteuerabzugsmerkmale (in elektronischer Form, ELStAM, § 39e EStG) anwenden.
In den Fällen der internationalen Arbeitnehmerentsendung ist das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen inländischer ArbG, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt oder nach dem Fremdvergleichsgrundsatz hätte tragen müssen.
Grundlage des LSt-Abzugs ist die → Lohnsteuerkarte (s.a. § 39 EStG). Ab dem Kj. 2013 werden die LSt-Karten durch die elektronischen LSt-Abzugsmerkmale ersetzt (§ 39e EStG).
Die Gemeinden stellen ab 2011 keine LSt-Karten mehr aus. Von da an ist allein die Finanzverwaltung für die Bildung der LSt-Abzugsmerkmale und deren Bereitstellung für den Abruf durch den ArbG zuständig. Folglich können die derzeitigen Regelungen des § 39 EStG vollständig entfallen. Durch das BeitrRLUmsG vom 7.12.2011 (BGBl I 2011, 2592, BT-Drs. 17/6263, 74 ff. und 17/7524, 12 ff.) wird § 39 EStG komplett neu gefasst. Mit der Neufassung wird die Vorschrift an den Wegfall der LSt-Karten und deren Ersatz durch die elektronische Übermittlung der LSt-Abzugsmerkmale angepasst.
In den BMF-Schreiben vom 7.8.2013 (BStBl I 2013, 951, Rz. 104–106) sowie vom 25.7.2013 (BStBl I 2013, 943, Tz. III. 5) wird aus Vereinfachungsgründen auf die Möglichkeit einer besonderen Lohnsteuererhebung bei verschiedenartigen Bezügen hingewiesen (Nichtbeanstandungsregelung). Diese Regelung gilt bisher nur für die Kj. 2013 und 2014.
Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird diese Nichtbeanstandungsregelung aus Billigkeitsgründen für das Kj. 2015 verlängert. Folglich kann der ArbG solche Bezüge weiterhin wie Bezüge aus unterschiedlichen Dienstverhältnissen behandeln und die abgerufenen ELStAM nur für einen der gezahlten Bezüge anwenden. Für den anderen Bezug ist die Steuerklasse VI ohne weiteren Abruf von ELStAM zu Grunde zu legen. Wird für einen Versorgungsbezug die Lohnsteuer nach der Steuerklasse VI erhoben, ist § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen, wonach kein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag anzusetzen ist. Die Lohnsteuerbescheinigung ist jeweils für den getrennt abgerechneten Bezug auszustellen und an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Im Übrigen wird auf die o.g. Regelungen in den BMF -Schreiben vom 7.8.2013 und vom 25.7.2013 verwiesen. Diese Verlängerung gilt für die Lohnsteuererhebung auf den laufenden Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume, die vor dem 1.1.2016 enden, und für die Lohnsteuererhebung auf sonstige Bezüge, die vor dem 1.1.2016 zufließen.
Die LSt sämtlicher ArbN muss der ArbG in einer Summe zu bestimmten Fälligkeitstagen an das für den Betrieb zuständige FA abführen (→ Lohnsteueranmeldung, → Steueranmeldung; § 41a Abs. 1 EStG).
Die LSt ist nicht nur bei ArbN einzubehalten, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 39b und § 39c EStG), sondern auch bei ArbN, die im Inland zwar keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber deren Einkünfte zu 90 % der deutschen ESt unterliegen oder deren nicht der deutschen ESt unterliegende Einkünfte den Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht übersteigen (als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelte Personen i.S.d. § 1 Abs. 3 EStG) sowie bei ArbN, die im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, wenn sie entweder im Inland als ArbN tätig sind oder ihre ausländische Tätigkeit im Inland verwertet wird (beschränke Einkommensteuerpflicht; § 39d EStG). Das gleiche gilt, wenn die im Ausland lebenden ArbN Arbeitslohn aus inländischen öffentlichen Kassen erhalten.
Für im Inland nicht meldepflichtige Personen, wie z.B. beschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN, kann die Finanzverwaltung derzeit dem ArbG noch keine elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale zur Verfügung stellen. In diesen Fällen stellt das Betriebsstättenfinanzamt des ArbG auf Antrag eine Papierbescheinigung für den Lohnsteuerabzug aus.
Die Sonderregelungen in § 39d EStG für beschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN können im Verfahren der elektronischen LSt-Abzugsmerkmale teilweise entfallen. Soweit noch erforderlich, werden die Regelungen in den neu gefassten § 39 Abs. 2 und 3 EStG sowie den § 39a Abs. 4 EStG übernommen. Durch das BeitrRLUmsG vom 7.12.2011 (BGBl I 2011, 2592) wird § 39d EStG ab 1.1.2012 aufgehoben.
Der → Lohnsteuerabzug wird vom Arbeitslohn (→ Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) vorgenommen (§ 38 Abs. 1 EStG). Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem ArbN aus einem Dienstverhältnis (→ Arbeitnehmer) oder aus einem früheren Dienstverhältnis zufließen (§ 2 Abs. 1 LStDV). Zu den Einnahmen zählen nicht nur Barvergütungen, sondern auch → Sachbezüge (s. z.B. → Bewirtung und Mahlzeiten: Arbeitnehmer, → Firmenwagenüberlassung an Arbeitnehmer). Es kommt im Übrigen nicht darauf an, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt oder ob ein Rechtsanspruch besteht; auch die Bezeichnung oder Form, unter der die Einnahmen gewährt werden, ist unerheblich (§ 38a Abs. 3 EStG).
Die Jahres-LSt bemisst sich nach dem Arbeitslohn, den der ArbN im Kj. bezieht (Jahresarbeitslohn; § 38a Abs. 1 EStG).
Beim LSt-Abzug sind laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge zu unterscheiden. Laufender Arbeitslohn ist ein zeitraumbezogener, regelmäßig wiederkehrender dem ArbN zufließender Betrag. Er gilt in dem Kj. als zugeflossen bzw. bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Somit zählt die Zahlung für den Monat Januar, die bereits Ende Dezember erfolgt, in das folgende Kj. Damit wird das Zuflussprinzip von § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG durchbrochen. Es gilt die Spezialnorm des § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG i. V. m. § 38a Abs. 1 Satz 2, 3 EStG. Grundsätzlich setzt der LSt-Abzug aber immer den Zufluss von Arbeitslohn voraus. Durch die zeitliche Zuordnung des Arbeitslohnes zu dem Kj. wird der LSt-Abzug aber vereinfacht. Ob ein nach § 3 Nr. 39 EStG steuerfreies Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielt wird, beurteilt sich ausschließlich nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben. Die Geringfügigkeitsgrenze ist auch unter Einbeziehung tariflich geschuldeter, aber tatsächlich nicht ausgezahlter Löhne zu bestimmen (sozialversicherungsrechtliches »Entstehungsprinzip«). Der Einkommensteuer unterliegt auch bei einer geringfügigen Beschäftigung nur der tatsächlich zugeflossene Arbeitslohn (»Zuflussprinzip«); vgl. BFH vom 29.5.2008, VI R 57/05, BStBl II, 147.
Bei der Ermittlung der LSt werden die Besteuerungsgrundlagen des Einzelfalls durch die Einreihung der ArbN in Steuerklassen (§ 38b EStG), Feststellung von Freibeträgen und Hinzurechnungsbeträgen (§ 39a EStG) sowie Bereitstellung von elektronischen LSt-Abzugsmerkmalen (§ 39e EStG) oder Ausstellung von entsprechenden Bescheinigungen für den LSt-Abzug (§ 39 Abs. 3 und § 39e Abs. 7 und 8 EStG) berücksichtigt (§ 38a Abs. 4 EStG). Die redaktionelle Änderung des § 38a Abs. 4 EStG durch das BeitrRLUmsG vom 7.12.2011 (BGBl I 2011, 2592) ist aufgrund des Wegfalls der LSt-Karten und der Einführung des Verfahrens der elektronischen LSt-Abzugsmerkmale (§§ 39, 39e EStG) erforderlich.
Die Durchführung des Lohnsteuerabzugs richtet sich bei unbeschränkt steuerpflichtigen ArbN, das heißt bei ArbN, die in Deutschland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen des ArbN (Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Steuerfreibetrag, Religionszugehörigkeit etc.).
Beschränkt steuerpflichtige (meist ausländische) ArbN, die nur vorübergehend (= bis zu sechs Monate) in Deutschland arbeiten, ohne hier einen Wohnsitz zu begründen, müssen dem ArbG eine »Bescheinigung für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer« vorlegen. Diese Bescheinigung wird vom Betriebsstättenfinanzamt ausgestellt.
Schuldner der LSt ist der ArbN (§ 38 Abs. 2 EStG). Der ArbG ist jedoch für die ordnungsgemäße Einbehaltung und Abführung der LSt verantwortlich. Die Lohnsteuerschuld erlischt erst, wenn der ArbG die Schuld an das FA gezahlt hat. Allein die Anmeldung der Lohnsteuer und die Einbehaltung durch den ArbG reicht noch nicht. Stellt das FA bei einer Prüfung fest, dass LSt zu niedrig einbehalten wurde, so kann es den ArbG oder unmittelbar den ArbN für die Fehlbeträge in Anspruch nehmen (§ 42d EStG). Kommt der ArbG seiner Verpflichtung zur Einbehaltung der Lohnsteuer nicht nach, kann das FA diese beim ArbN nachfordern; vgl. § 38 Abs. 4 Satz 4 EStG. Bei Pauschalierung der Lohnsteuer i.S.d. § 37b, 40, 40a und 40b EStG ist der ArbG Schuldner der Lohnsteuer.
Nach § 42d Abs. 1 EStG haftet der ArbG u.a. für die LSt, die er einzubehalten und abzuführen hat, für die Lohnsteuer, die er beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat, für die Einkommensteuer (Lohnsteuer), die aufgrund fehlerhafter Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird, für die Lohnsteuer, die in den Fällen des § 38 Abs. 3a EStG der Dritte zu übernehmen hat.
Soweit die Haftung des ArbG reicht, sind der ArbG und der ArbN Gesamtschuldner (§ 42d Abs. 3 EStG). Der ArbN kann i.R.d. Gesamtschuldnerschaft nur in Anspruch genommen werden,
wenn der ArbG die LSt nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat,
wenn der ArbN weiß, dass der ArbG die einbehaltene LSt nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat. Dies gilt nicht, wenn der ArbN den Sachverhalt dem FA unverzüglich mitgeteilt hat.
Der Geschäftsführer einer GmbH kann sich gegenüber der Haftungsinanspruchnahme nicht darauf berufen, dass er aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen sei, den Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen. Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme der Geschäftsführung absehen bzw. das Amt niederlegen; vgl. BFH Beschluss vom 15.11.2022, VII R 23/19.
Die im laufenden Kj. zu viel erhobene LSt wird dem ArbN nach Ablauf des Jahres erstattet. Das geschieht im Wege des LSt-Jahresausgleichs (§ 42b EStG), den der ArbG in bestimmten Fällen durchzuführen hat, und/oder durch eine Antragsveranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). In bestimmten Fällen ist auch für ArbN zur Feststellung der Jahressteuerschuld eine Veranlagung zur ESt zwingend vorgeschrieben (→ Einkommensteuer-Veranlagungspflicht). Hierbei handelt es sich insbesondere um Fälle, in denen der ArbN noch andere Einkünfte bezogen hat oder ein Freibetrag auf der LSt-Karte eingetragen wurde (→ Lohnsteuerermäßigungsverfahren). Bei der Veranlagung zur ESt werden ebenfalls etwa zu viel einbehaltene Steuern erstattet, aber auch etwa zu wenig erhobene Steuern nachgefordert.
Der Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den ArbG ansehen ist eine rasche Möglichkeit zur Erstattung von zu viel gezahlter Lohnsteuer an den ArbN außerhalb der Einkommensteuer-Veranlagung. Nach Ablauf des Kj. ist der ArbG verpflichtet, in bestimmten Fällen auch berechtigt, für seine ArbN nach § 42b EStG einen LSt-Jahresausgleich durchzuführen. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016 (BGBl I 2016, 1679, BStBl I 2016. 694) ist der späteste Zeitpunkt für die Durchführung des betrieblichen Lohnsteuer-Jahresausgleichs von Ende März auf Ende Februar vorverlegt und damit an die Frist für die Übermittlung der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung durch den ArbG an die Finanzverwaltung angeglichen worden.
Beschränkt stpfl. ArbN (§ 1 Abs. 4 EStG) sind seit 2020 in die Regelungen für den betrieblichen Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den ArbG einbezogen worden, wenn sie das gesamte Kj. bei demselben ArbG beschäftigt sind. Entsprechendes gilt für die Durchführung eines permanenten Lohnsteuer-Jahresausgleichs.
Die Verpflichtung besteht für alle ArbG, die am 31.12. des Kj. mindestens zehn unbeschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN beschäftigen. Werden am 31.12. des Ausgleichsjahres weniger als 10 ArbN beschäftigt, so ist dem ArbG die Durchführung eines Lohnsteuer-Jahresausgleichs freigestellt. Mit Einführung der elektronischen LSt-Abzugsmerkmale darf ein LSt-Jahresausgleich nur noch dann durchgeführt werden, wenn der ArbN das gesamte Kj. im Dienst desselben ArbG gestanden hat. Im Verfahren der elektronischen LSt-Abzugsmerkmale sind dem ArbG stets nur die LSt-Abzugsmerkmale des aktuellen Dienstverhältnisses bekannt. Der ArbG kann nicht mehr, wie beim bisherigen Verfahren, anhand einer weitergegebenen LSt-Karte die Abzugsmerkmale erkennen, die ein anderer ArbG in einem früheren Dienstverhältnis dem LSt-Abzug zugrunde gelegt hat. Nicht erforderlich ist aber, dass der ArbN ununterbrochen gearbeitet hat. Das Dienstverhältnis besteht auch weiter, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer z.B. längere Zeit krank war (mit Lohnfortzahlung).
Die Durchführung des LSt-Jahresausgleichs ist u.a. unzulässig, wenn
der ArbN es beantragt (weil er ohnehin zur Einkommensteuer veranlagt wird) oder
für den ArbN nach § 46 EStG eine Veranlagung zur ESt durchzuführen ist (→ Einkommensteuer-Veranlagungspflicht);
das Faktorverfahren (§ 39f EStG) angewandt wurde;
der ArbN für einen Teil des Ausgleichsjahres nach den Steuerklassen II, III oder IV zu besteuern war. Die Steuerklasse II kann nach der Zwölftelungsregelung in § 24b Abs. 3 EStG (→ Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) nicht ganzjährig anzuwenden sein;
der ArbN für das Ausgleichsjahr oder für einen Teil des Ausgleichsjahres nach den Steuerklassen V oder VI zu besteuern war;
bei der LSt-Berechnung ein Freibetrag oder Hinzurechnungsbetrag zu berücksichtigen war;
der ArbN im Ausgleichsjahr Lohnersatzleistungen (z.B. Kurzarbeitergeld, Saisonkurzarbeitergeld, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften, Entschädigungen für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20.7.2000 (BGBl I 2000, 1045) oder nach § 3 Nr. 28 steuerfreie Aufstockungsbeträge oder Zuschläge bezogen hat;
die Anzahl der im Lohnkonto oder in der LSt-Bescheinigung eingetragenen »Großbuchstaben U« mindestens eins beträgt;
für den ArbN im Ausgleichsjahr i.R.d. → Vorsorgepauschale jeweils nur zeitweise Beträge nach § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. a bis d EStG oder der Beitragszuschlag nach § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. c EStG berücksichtigt wurde;
der ArbN im Ausgleichsjahr ausländische Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bezogen hat, die nach einem DBA oder unter Progressionsvorbehalt nach § 34c Abs. 5 EStG von der LSt freigestellt waren.
Grundlage für den LSt-Jahresausgleich ist der Jahresarbeitslohn des ArbN aus dem aktuellen Dienstverhältnis (§ 42b Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG). Dazu zählen:
der laufende Arbeitslohn,
sonstige Bezüge, die dem ArbN im Kj. zugeflossen sind. Sie gehören zum maßgebenden Jahresarbeitslohn, wenn sie nach der Jahreslohnsteuertabelle besteuert wurden,
→ Sachbezüge,
vermögenswirksame Leistungen.
Unberücksichtigt bleiben:
außerordentliche Einkünfte, es sei denn, der ArbN beantragt die Einbeziehung in den LSt-Jahresausgleich,
steuerfreier Arbeitslohn,
pauschal versteuerter Arbeitslohn (→ Pauschalierung der Lohnsteuer).
Der maßgebliche Arbeitslohn ist zu kürzen um:
den Versorgungsfreibetrag (→ Versorgungsbezüge),
den → Altersentlastungsbetrag.
Die Jahreslohnsteuer ist grundsätzlich nach der letzten als Lohnsteuermerkmal abgerufenen Lohnsteuerklasse zu ermitteln (§ 42b Abs. 2 Satz 4 EStG, § 39b Abs. 2 Satz 6 und 7 EStG). Der ermittelte Jahresausgleichsbetrag ist dem ArbN vom ArbG zu erstatten bzw. mit der Lohnsteuer für den aktuellen Lohnzahlungszeitraum zu verrechnen (§ 42b Abs. 2 Satz 5 EStG, R 42b LStR).
Die OFD Nordrhein-Westfalen nimmt in ihrem Schreiben vom 15.8.2018 Stellung zum Lohnsteuer-Jahresausgleich bei Nettolohnvereinbarungen:
Bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung hat der ArbG die zutreffende Jahreslohnsteuer durch Hochrechnung des Jahresnettolohns auf den entsprechenden Jahresbruttolohn zu ermitteln und diesen in der von ihm zu erstellenden elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b EStG i.V.m. § 93c AO) zu übermitteln. Führt die Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs zu Steuererstattungen, ist die zu bescheinigende einbehaltene Lohnsteuer entsprechend zu vermindern. Das beschriebene Verfahren berücksichtigt, dass eine im Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren vorgenommene Erstattung regelmäßig dem ArbG verbleibt und sich danach die zu bescheinigenden Bruttobezüge durch Rückzahlung von Arbeitslohn entsprechend mindern. Hat der ArbN im Ausgleichsjahr vor der Ausstellung bzw. Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung aufgrund der Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung eine Einkommensteuererstattung für ein Vorjahr erhalten und diese an seinen ArbG weitergeleitet, kann – im Lohnsteuerabzugsverfahren – der nach den vorgenannten Grundsätzen ermittelte Bruttoarbeitslohn um diesen Erstattungsbetrag gekürzt werden. Als vom ArbG einbehaltene Lohnsteuer ist dann die Lohnsteuer auszuweisen, die sich für den um den Erstattungsbetrag geminderten Bruttoarbeitslohn ergibt.
Wie bereits bei der Umsatzsteuer die Umsatzsteuer-Nachschau (§ 27b UStG) hat der Gesetzgeber mit Inkrafttreten des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften [AmtshilfeRLUmsG] vom 26.6.2013, BStBl I 2013, 1809 ff.) eine Form der Steuerprüfung auch für die LSt eingeführt. Soweit die Prüfung zur Nacherhebung von Lohnsteuer führt, ist zu entscheiden, ob der Steueranspruch gegenüber dem ArbN als Steuerschuldner (§ 38 Abs. 2 EStG) oder dem ArbG als Haftungsschuldner geltend gemacht wird. Mit Schreiben vom 16.10.2014 (BStBl I 2014, 1408) hat das BMF erstmals zu der mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) neu eingeführten Lohnsteuer-Nachschau (§ 42g EStG) Stellung genommen. Das BMF führt u.a. aus, in welchen Fällen eine Lohnsteuer-Nachschau in Betracht kommt, was bei der Durchführung zu beachten ist, inwieweit der Betroffene zur Mitwirkung verpflichtet ist und ob eine Verpflichtung zur Bereitstellung elektronischer Daten besteht.
Nach den statistischen Aufzeichnungen der obersten Finanzbehörden der Länder haben die Lohnsteuer-Außenprüfungen (inkl. Lohnsteuer-Nachschau) im Kj. 2020 zu einem Mehrergebnis von 663,2 Mio. € geführt.
Die sog. LSt-Nachschau nach § 42g EStG gibt der Finanzverwaltung nunmehr ein Instrument an die Hand, sich ohne vorangegangene Ankündigung und unabhängig von einer LSt-Außenprüfung einen Überblick über den Geschäftsbetrieb zu machen. Die Lohnsteuer-Nachschau soll der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer dienen. Sie ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte. Eine Außenprüfung muss nach § 197 AO rechtzeitig vor Prüfungsbeginn angekündigt werden. Eine derartige Ankündigung gibt steuerunehrlichen Unternehmen jedoch die Zeit, Vorkehrungen zu treffen, um gegenüber den Steuerbehörden einen normalen Geschäftsbetrieb vorzutäuschen oder den Geschäftsbetrieb einzustellen. Die Steuerbehörden sind nach geltendem Recht (§ 42f EStG i.V.m. §§ 193 bis 207 AO) nicht in dem notwendigen Maße in der Lage, sich spontan ein zuverlässiges Bild über ein Unternehmen zu machen. Eine wirksame Bekämpfung von Schwarzarbeit und die Feststellung von Scheinarbeitsverhältnissen macht die Kenntnis der tatsächlichen Sachverhalte im Unternehmen erforderlich. Das FA muss in die Lage versetzt werden, sich insbesondere einen Eindruck über die räumlichen Verhältnisse, das tatsächlich eingesetzte Personal und den üblichen Geschäftsbetrieb zu verschaffen. Dies dient auch der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen auf dem Arbeitnehmersektor. Die Beachtung lohnsteuerrechtlicher Pflichten wird regelmäßig in Zusammenarbeit der Prüfer der Bundeszollverwaltung mit Lohnsteuer-Außenprüfern der Landessteuerverwaltungen kontrolliert. Rechtsgrundlage hierfür sind die Regelungen über die Lohnsteuer-Außenprüfung (§ 42f EStG). Eine Außenprüfung muss nach § 197 AO rechtzeitig vor Prüfungsbeginn angekündigt werden. Eine derartige Ankündigung gibt steuerunehrlichen Unternehmen jedoch die Zeit, Vorkehrungen zu treffen, um gegenüber den Steuerbehörden einen normalen Geschäftsbetrieb vorzutäuschen oder den Geschäftsbetrieb einzustellen. Die Steuerbehörden sind nach geltendem Recht (§ 42f EStG i.V.m. den §§ 193 bis 207 AO) nicht in dem notwendigen Maße in der Lage, sich spontan ein zuverlässiges Bild über ein Unternehmen zu machen. Eine wirksame Bekämpfung von Schwarzarbeit und die Feststellung von Scheinarbeitsverhältnissen macht die Kenntnis der tatsächlichen Sachverhalte im Unternehmen erforderlich. Das FA muss in die Lage versetzt werden, sich insbes. einen Eindruck über die räumlichen Verhältnisse, das tatsächlich eingesetzte Personal und den üblichen Geschäftsbetrieb zu verschaffen. Dies dient auch der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen auf dem Arbeitnehmersektor. Die Steuerbehörden sind auch außerhalb von Kontrollen der Zollbehörden zur Durchführung einer Lohnsteuer-Nachschau befugt.
Außerdem ist dem FA erlaubt, die für den LSt-Abzug relevanten Unterlagen in den Geschäftsräumen zu sichten und ArbG sowie ArbN zu befragen. Bei Bedarf kann der Prüfer diese Nachschau in eine reguläre LSt-Außenprüfung überführen. Nach dem Willen des Gesetzgebers dient die LSt-Nachschau dazu, die ordnungsgemäße Einbehaltung und Abführung der LSt sicherzustellen (§ 42g Abs. 1 EStG). Im Gegensatz zur Umsatzsteuer-Nachschau ist eine Vornahme der Prüfung laut Gesetzeswortlaut außerhalb der Geschäftszeiten nicht möglich. Im Zuge der LSt-Nachschau kann der Prüfer die Vorlage der Lohn- und Gehaltsunterlagen, der Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und anderer Urkunden verlangen. Die Erkenntnisse aus einer LSt-Nachschau kann der Prüfer auch bei der Festsetzung anderer Steuern verwerten, z.B. bei der Einkommensteuer oder Umsatzsteuer (vgl. § 42g Abs. 5 EStG). Die Einführung von § 42g EStG dient der Schaffung einer gesicherten Rechtsgrundlage für die Beteiligung von Lohnsteuer-Außenprüfern an Einsätzen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (BT-Drucks. 17/10604, 13). Ziel ist eine wirksame Bekämpfung von Schwarzarbeit und die Feststellung von Scheinarbeitsverhältnissen. Das FA soll in die Lage versetzt werden, sich spontan ein zuverlässiges Bild über ein Unternehmen zu machen und sich insbesondere einen Eindruck über die räumlichen Verhältnisse, das tatsächlich eingesetzte Personal und den üblichen Geschäftsbetrieb zu verschaffen.
Die Lohnsteuer-Nachschau ist ein Verfahren zur zeitnahen Aufklärung eventueller steuererheblicher Sachverhalte. Dabei bedeutet zeitnah, dass sich die Lohnsteuer-Nachschau auf gegenwärtige, nicht weit zurückliegende Anmeldungszeiträume bezieht.
Hinweis:
Der ArbG ist verpflichtet, sich für die ELStAM zu authentifizieren und diese abzurufen (§ 39e Abs. 4 EStG). Allein das Unterlassen wird regelmäßig zu einer Lohnsteuer-Nachschau führen.
Eine Lohnsteuer-Nachschau kommt insbesondere in Betracht:
bei Beteiligung an Einsätzen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit,
zur Feststellung der Arbeitgeber- oder Arbeitnehmereigenschaft,
zur Feststellung der Anzahl der insgesamt beschäftigten ArbN,
bei Aufnahme eines neuen Betriebs,
zur Feststellung, ob der ArbG eine lohnsteuerliche Betriebsstätte unterhält,
zur Feststellung, ob eine Person selbstständig oder als ArbN tätig ist,
zur Prüfung der steuerlichen Behandlung von sog. Minijobs (vgl. § 8 Abs. 1 und 2 SGB IV), ausgenommen Beschäftigungen in Privathaushalten,
zur Prüfung des Abrufs und der Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) und
zur Prüfung der Anwendung von Pauschalierungsvorschriften, z. B. § 37b Abs. 2 EStG.
Nicht Gegenstand der Lohnsteuer-Nachschau sind:
Ermittlungen der individuellen steuerlichen Verhältnisse der ArbN, soweit sie für den Lohnsteuer-Abzug nicht von Bedeutung sind,
die Erfüllung der Pflichten des ArbG nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz und
Beschäftigungen in Privathaushalten.
Die Lohnsteuer-Nachschau richtet sich an Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausüben (§ 42g Abs. 2 Satz 2 EStG). Darunter ist zunächst jeder ArbG i.S.d. § 1 Abs. 2 LStDV zu verstehen, aber auch Personen, deren Arbeitgebereigenschaft festgestellt werden soll, solange diese einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit nachgehen. Personen, die eine vermögensverwaltende Tätigkeit (Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen) ausüben, sind nicht von der Lohnsteuer-Nachschau betroffen.
Der Außenprüfer ist berechtigt, ohne vorherige Ankündigung nach Vorlage des Dienstausweises Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausüben, zu betreten sowie Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen zu verlangen. Dabei ist zu beachten, dass die Lohnsteuer-Nachschau (im Gegensatz zu der Umsatzsteuer-Nachschau) während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten stattfinden muss (§ 42g Abs. 2 Satz 1 EStG). Geben die bei der Lohnsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 AO) zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung nach § 42f EStG übergegangen werden (§ 42g Abs. 4 Satz 1 EStG). Einer vorherigen Prüfungsanordnung bedarf es nicht. Auf den Übergang zur Außenprüfung ist schriftlich hinzuweisen (§ 42g Abs. 4 Satz 2 EStG). Die allgemeinen Grundsätze über den notwendigen Inhalt von Prüfungsanordnungen gelten entsprechend. Insbesondere sind der Prüfungszeitraum und der Prüfungsumfang festzulegen. Der Beginn einer Lohnsteuer-Außenprüfung nach erfolgter Lohnsteuer-Nachschau ist unter Angabe von Datum und Uhrzeit aktenkundig zu machen. Für die Durchführung der nachfolgenden Lohnsteuer-Außenprüfung gelten die §§ 199 ff. AO. Die Entscheidung zum Übergang zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung ist eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde (§ 5 AO).
Der Übergang zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung nach § 42f EStG kann insbesondere angezeigt sein,
wenn bei der Lohnsteuer-Nachschau erhebliche Fehler beim Steuerabzug vom Arbeitslohn festgestellt wurden,
wenn der für die Besteuerung maßgebliche Sachverhalt im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau nicht abschließend geprüft werden kann und weitere Ermittlungen erforderlich sind,
wenn der ArbG seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau nicht nachkommt oder
wenn die Ermittlung von Sachverhalten aufgrund des fehlenden Datenzugriffs nicht oder nur erschwert möglich ist.
Zum Zweck der Lohnsteuer-Nachschau können die mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragten Amtsträger Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausüben, betreten (§ 42g Abs. 2 Satz 2 EStG). Die Grundstücke und Räume müssen nicht im Eigentum der gewerblich oder beruflich tätigen Person stehen. Die Lohnsteuer-Nachschau kann sich auch auf gemietete oder gepachtete Grundstücke und Räume sowie auf andere Orte, an denen steuererhebliche Sachverhalte verwirklicht werden (z.B. Baustellen), erstrecken.
Gegen den Willen des ArbG darf der Prüfer dessen Privaträume nicht betreten. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden (§ 42g Abs. 2 Satz 3 EStG). Dies gilt allerdings nicht, wenn die berufliche Tätigkeit in den Privaträumen des ArbG ausgeübt wird oder der Prüfer der Meinung ist, dass die Gefahr der Verschleierung bedeutsamer Sachverhalte besteht, weil entsprechende Unterlagen in der Privatwohnung aufbewahrt werden.
Häusliche Arbeitszimmer oder Büros, die innerhalb einer ansonsten privat genutzten Wohnung belegen sind, dürfen auch dann betreten bzw. besichtigt werden, wenn sie nur durch die ausschließlich privat genutzten Wohnräume erreichbar sind.
Ein Betreten der Grundstücke und Räume ist während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zulässig. Die Nachschau kann auch außerhalb der Geschäftszeiten vorgenommen werden, wenn dort ArbN anzutreffen sind. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist das Betreten von Geschäfts- und Betriebsräumen und die Vornahme von Besichtigungen und Prüfungen nur in den Zeiten statthaft, zu denen die Räume normalerweise für die jeweilige geschäftliche oder betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen (BVerfG Urteil vom 13.10.1971, 1, BvR 280/66, BVerfGE 32, 54 Rn. 57), maßgebend sind die Verhältnisse des Einzelfalls. Eine Lohnsteuer-Nachschau kann somit u. E. auch während der Nachtzeiten, an Wochenenden oder Feiertagen durchgeführt werden, vorausgesetzt, dass diese Zeiten die üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten darstellen.
Das Betreten muss dazu dienen, Sachverhalte festzustellen oder zu überprüfen, die für den Steuerabzug vom Arbeitslohn erheblich sein können. Ein Durchsuchungsrecht gewährt die Lohnsteuer-Nachschau nicht. Das bloße Betreten oder Besichtigen von Geschäftsräumen, Betriebsräumen oder Grundstücken ist noch kein Durchsuchen. Eine weitere (wiederholte) Lohnsteuer-Nachschau beim selben ArbG ist möglich.
Nach § 42g Abs. 3 EStG hat der Amtsträger i.R.d. Nachschau die Befugnis, sich die Lohn- und Gehaltsunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Unterlagen vorlegen zu lassen, die im Zusammenhang mit dem der Nachschau unterliegenden Sachverhalt stehen, und Auskünfte zu diesen Sachverhalten zu erfragen. Dies geht zunächst nicht über die Pflichten hinaus, die die betroffenen Stpfl. auch im normalen Besteuerungsverfahren treffen (vgl. § 97 AO). Ausdrücklich nicht gewährt wird durch die Lohnsteuer-Nachschau ein digitaler Datenzugriff.
Im Rahmen einer LSt-Nachschau erlassene Verwaltungsakte sind grundsätzlich mit Zwangsmitteln (§§ 328 ff. AO) durchsetzbar. Ein Verwaltungsakt liegt dann vor, wenn der mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragte Amtsträger Maßnahmen ergreift, die den Stpfl. zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten sollen. Ein Verwaltungsakt liegt insbesondere vor, wenn der Amtsträger den Stpfl. auffordert, das Betreten der nicht öffentlich zugänglichen Geschäftsräume zu dulden, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere lohnsteuerlich relevante Urkunden vorzulegen oder Auskunft zu erteilen.
Fraglich ist, ob der mit der Nachschau Beauftragte Fotoaufnahmen anfertigen darf (zustimmend Wagner in Blümich, § 42g EStG, Rn. 38). Für die Umsatzsteuer-Nachschau bejaht die Finanzverwaltung dieses Recht unter engen Voraussetzungen (OFD Magdeburg Verfügung vom 20.2.2012). Das Fotografieren sei aus Beweissicherungs- und Dokumentationsinteressen zulässig, wenn sich der Fotografierende in einer gewissen Beweisnot befinde. Die gefertigten Lichtbilder müssen bei objektiver Betrachtung einen Beweiswert besitzen.
Auf Verlangen des Prüfers hat der ArbG sämtliche Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, die für die Feststellung lohnsteuerlich relevanter Sachverhalte erheblich sind (z.B. Arbeitsverträge, Lohnunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere etc.). Darüber hinaus haben die ArbN dem mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragten Amtsträger jede gewünschte Auskunft über Art und Höhe ihrer Einnahmen zu geben und auf Verlangen in ihrem Besitz befindliche Bescheinigungen über den Lohnsteuerabzug sowie Belege über bereits entrichtete Lohnsteuer vorzulegen (§ 42g Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 42f Abs. 2 Satz 2 EStG). Diese Pflichten gelten auch für Personen, bei denen es streitig ist, ob sie ArbN sind oder waren. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf alle Fragen, die für die Beurteilung von Bedeutung sind, ob und in welcher Höhe eine Pflicht zum Abzug von Lohnsteuer und Zuschlagsteuern besteht. Der mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragte Amtsträger darf nur dann auf elektronische Daten des ArbG zugreifen, wenn der ArbG zustimmt. Stimmt der ArbG dem Datenzugriff nicht zu, kann der mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragte Amtsträger verlangen, dass ihm die erforderlichen Unterlagen in Papierform vorgelegt werden. Sollten diese nur in elektronischer Form existieren, kann er verlangen, dass diese unverzüglich ausgedruckt werden (vgl. § 147 Abs. 5 zweiter Halbsatz AO).
Ab dem 1.1.2018 hat der ArbG die im Lohnkonto aufgezeichneten Daten der Finanzverwaltung nach einer amtlich vorgeschriebenen digitalen Schnittstelle elektronisch bereitzustellen; dies gilt auch im Rahmen einer LSt-Nachschau. Der bisherige Empfehlungscharakter für die Anwendung einer solchen Schnittstelle ist also ab 2018 verpflichtend (§ 4 Abs. 2a i.V.m. § 8 Abs. 3 LStDV). Der ArbG hat die im Lohnkonto aufgezeichneten Daten der Finanzverwaltung nach einer amtlich vorgeschriebenen digitalen Schnittstelle elektronisch bereitzustellen; dies gilt auch im Rahmen einer Lohnsteuer-Nachschau. Auf Antrag des ArbG kann das Betriebsstättenfinanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten zulassen, dass der ArbG die Daten in anderer auswertbarer Form bereitstellt. Die jeweils aktuelle Version der »Digitalen LohnSchnittstelle« mit weitergehenden Informationen steht auf der Internetseite des BZSt unter www.bzst.bund.de zum Download bereit.
Das Betriebsstättenfinanzamt kann die Lohnsteuer-Nachschau durchführen (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Die Lohnsteuer-Nachschau stellt hierbei keine Außenprüfung dar. Aus diesem Grund wird sie nicht durch eine Prüfungsanordnung (§ 196 AO) im Vorfeld angekündigt. Dementsprechend gibt es keine verfahrensrechtlichen Möglichkeiten, eine LSt-Nachschau im Vorhinein abzuwehren. Eine Schlussbesprechung (§ 201 AO) und ein Prüfungsbericht (§ 202 AO) sind ebenso nicht vorgesehen. Vor einer Änderung von Steuerbescheiden oder anderweitiger Inanspruchnahme des Stpfl. ist ihm gleichwohl rechtliches Gehör (§ 91 AO) zu gewähren. Der Beginn einer Lohnsteuer-Nachschau führt somit auch nicht zur Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO.
Sofern die bei der Lohnsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben (z.B. weil erhebliche Ungereimtheiten festgestellt werden), kann ohne vorherige Prüfungsanordnung an eine Lohnsteuer-Außenprüfung angeknüpft werden.
Die Anordnung der Lohnsteuer-Nachschau wird dem Betroffenen ohne vorherige Ankündigung mündlich zu Beginn der Nachschau bekannt gegeben. Gem. § 119 Abs. 2 Satz 2 AO hat der Betroffene einen Anspruch auf schriftliche Bestätigung der mündlichen Anordnung. Aus diesem Grund soll dem Betroffenen zu Beginn der Nachschau als schriftliche Bestätigung der bundeseinheitliche Vordruck »Durchführung einer Lohnsteuer-Nachschau« übergeben werden (BMF vom 16.10.2014, BStBl I 2014, 1408, Rn. 6).
Gem. § 164 Abs. 3 Satz 3 AO ist der Vorbehalt der Nachprüfung nach einer Außenprüfung aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben haben. Da die Lohnsteuer -Nachschau keine Außenprüfung darstellt, muss der Vorbehalt der Nachprüfung in Steuerbescheiden, die Gegenstand der Nachschau waren, nicht aufgehoben werden.
Gegen schlichtes Verwaltungshandeln (z.B. Betreten von Grundstücken und Räume zur Durchführung einer Lohnsteuer-Nachschau) ist kein Einspruch gegeben. Im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau ergangene Verwaltungsakte können gem. § 347 AO mit Einspruch angefochten werden. Der Amtsträger ist berechtigt und verpflichtet, den Einspruch entgegenzunehmen. Ein anfechtbarer (i.d.R. mündlicher) Verwaltungsakt liegt vor, wenn der Prüfer den von der Nachschau Betroffenen auffordert, etwas zu dulden, vorzulegen oder mitzuteilen, z.B. Aufforderung zur Duldung des Betretens von öffentlich nicht zugänglichen Geschäftsräumen, Aufforderung zur Duldung des Durchquerens von Wohnraum, um zu einem häuslichen Arbeitszimmer zu gelangen, Aufforderung, bestimmte Unterlagen (z.B. Bücher, Geschäftspapiere) vorzulegen, Aufforderung, Auskunft zu erteilen. Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung und hindert daher nicht die Durchführung der Lohnsteuer-Nachschau, es sei denn, die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts wurde ausgesetzt (§ 361 AO, § 69 FGO). Mit Beendigung der Lohnsteuer-Nachschau sind oder werden Einspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung der Lohnsteuer-Nachschau unzulässig; insoweit kommt lediglich eine Fortsetzungs-Feststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) in Betracht. Wurden die Ergebnisse der Lohnsteuer-Nachschau in einem Steuer- oder Haftungsbescheid berücksichtigt, muss auch dieser Bescheid angefochten werden, um ein steuerliches Verwertungsverbot zu erlangen.
Für Steuerbescheide, die aufgrund der Feststellungen einer Lohnsteuer-Nachschau ergangen sind, gilt § 173 Abs. 2 AO nicht. Diese Steuerbescheide können, soweit die weiteren Voraussetzungen des § 173 AO erfüllt sind, nach dieser Vorschrift geändert werden, auch wenn kein Fall einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung vorliegt. Gem. § 164 Abs. 3 Satz 3 AO ist der Vorbehalt der Nachprüfung nach einer Außenprüfung aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben haben. Da die Lohnsteuer-Nachschau keine Außenprüfung darstellt, muss der Vorbehalt der Nachprüfung in Steuerbescheiden, die Gegenstand der Nachschau waren, nicht aufgehoben werden.
In der BT-Drs. 17/14821, 19 wird die Frage beantwortet, inwieweit die Durchführung einer LSt-Nachschau nach § 42g EStG die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige nach § 371 AO ausschließt. Nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO ist eine strafbefreiende Selbstanzeige u.a. dann ausgeschlossen, wenn ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen ist. Die LSt-Nachschau bezweckt die Feststellung der zutreffenden gesetzlichen Besteuerungsgrundlagen. Sie fällt also unter den Begriff der steuerlichen Prüfung und löst deswegen die genannte Sperrwirkung aus, wenn der mit der Nachschau Beauftragte zur Prüfung erscheint. Entsprechend der Gesetzessystematik erstreckt sich der Ausschlussgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO auf alle strafrechtlich noch nicht verjährten Besteuerungszeiträume der Steuerart »Lohnsteuer«. Verfahrensrechtliche Möglichkeiten, eine Lohnsteuer-Nachschau im Vorhinein abzuwehren, gibt es nicht. Im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau ergangene Verwaltungsakte können nach § 347 AO mit dem Einspruch angefochten werden. Der Einspruch hat aber keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts wurde ausgesetzt.
Seit 1.1.2015 ist Folgendes zu beachten: § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1e AO ist eigenständiger Sperrgrund, wenn ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer LSt-Nachschau nach § 42g EStG (oder einer anderen Nachschau) erschienen ist und sich ausgewiesen hat. Sachlich erstreckt sich die Sperrwirkung m.E. auf lohnsteuerliche Sachverhalte. Zeitlich lebt die Selbstanzeigemöglichkeit mit dem ergebnislosen Ende der Nachschau, z.B. dem Verlassen des Ladenlokals, wieder auf.
Markl/Eisele, Die neue Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g EStG, BBK 2013, 864; Dißars, Die neue Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g EStG, NWB 2013, 3210; Hanning, Die Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g EStG, SteuerStud 2014, 715; Bergan/Jahn, Die Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g EStG, NWB 2015, 579.
→ Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
→ Lohnsteuerermäßigungsverfahren
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