1 Veranlagungsverfahren
2 Veranlagungszeitraum
3 Veranlagungspflicht
4 Steuererklärungsfristen
5 Veranlagungsformen
6 Verwandte Lexikonartikel
Als sog. Veranlagung wird im Besteuerungsverfahren (→ Abgabenordnung) die Zusammenfassung von Ermittlungsverfahren und Festsetzungsverfahren bezeichnet. Zunächst ermittelt das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen i.S.d. § 199 Abs. 1 AO. Als Besteuerungsgrundlagen werden alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zugunsten sowie zuungunsten des Stpfl. bezeichnet, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind. Die Basis der Ermittlungen bilden insbesondere die Inhalte der dem Finanzamt einzureichenden Steuererklärungen (→ Steuererklärung). Insoweit kann einerseits eine Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärungen bestehen (→ Einkommensteuer-Veranlagungspflicht). Andererseits kann auch in den Fällen, in denen keine Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung besteht, freiwillig eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingereicht werden, insbesondere um durch die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen auf die im → Steuerbescheid festgesetzte Einkommensteuer eine Erstattung zu erwirken (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG).
Das Ermittlungsverfahren mündet regelmäßig in das Festsetzungsverfahren. Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, gem. § 155 Abs. 1 AO von dem Finanzamt durch → Steuerbescheid festgesetzt. Davon abweichend kann eine Steuerfestsetzung auch durch Vorlage einer → Steueranmeldung erfolgen (§ 168 AO).
Die wichtigsten Veranlagungssteuern sind die
→ Umsatzsteuer.
Die weiteren nicht mehr zur Veranlagung gehörenden Verfahrensabschnitte sind das Erhebungsverfahren, in dem die Steuerschuld geltend gemacht wird, und das Vollstreckungsverfahren, in dem sie zwangsweise durchgesetzt wird.
Veranlagungszeitraum ist jeweils das Kalenderjahr. Die Einkommensteuer wird gem. § 25 Abs. 1 EStG nach Ablauf des Kalenderjahres nach dem Einkommen veranlagt, das der Stpfl. in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat.
Die Körperschaftsteuer ist gem. § 7 Abs. 3 KStG eine Jahressteuer. Nach § 30 Nr. 3 KStG entsteht die Körperschaftsteuer für die veranlagte Steuer mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, soweit nicht die Steuer früher entstanden ist (Steuerabzugsbeträge sowie Vorauszahlungen).
Sowohl die Gewerbesteuer als auch die Umsatzsteuer ist eine Veranlagungssteuer. An Stelle des Veranlagungszeitraums tritt bei der Gewerbesteuer begrifflich der sog. Erhebungszeitraum, bei der Umsatzsteuer der Besteuerungszeitraum. Die Gewerbesteuer entsteht gem. § 18 GewStG mit Ablauf des Erhebungszeitraums, für den die Festsetzung vorgenommen wird. Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr (§ 14 Satz 2 GewStG). Die Umsatzsteuer hat der Unternehmer gem. § 149 Abs. 1 AO i.V.m. § 18 Abs. 3 UStG für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, selbst zu berechnen hat (→ Steueranmeldung).
Grundsätzlich hat nach § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG der Stpfl. für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, wird eine Veranlagung nur unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 EStG durchgeführt. Ohne nichtselbstständige Arbeit besteht eine Veranlagungspflicht nur unter den Voraussetzungen des § 56 EStDV. Zu den Verpflichtungen zur Abgabe der Einkommensteuererklärung im Einzelnen vgl. → Einkommensteuer-Veranlagungspflicht und → Steuererklärung.
Fordert die Finanzbehörde den Steuerpflichtigen zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung auf, so ist er gem. § 149 Abs. 1 Satz 2 AO hierzu gesetzlich verpflichtet mit der Folge, dass sich der Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO richtet (BFH Urteil vom 4.10.2017, VI R 53/15, BStBl II 2018, 123).
Die Steuererklärungspflicht der Körperschaftsteuer ergibt sich aus § 31 KStG. Danach sind die Vorschriften des EStG vorbehaltlich der Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes auf die Durchführung der Besteuerung der Körperschaftsteuer entsprechend anzuwenden.
Gem. § 14a GewStG ist für stpfl. Gewerbebetriebe eine Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrages abzugeben.
Gem. § 18 Abs. 3 UStG hat der → Unternehmer für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung abzugeben (= Umsatzsteuer-Jahreserklärung).
Das → Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016 (BGBl I 2016, 1679) hat bei den Abgabefristen zu Änderungen geführt (→ Fristen und Termine). Die Steuererklärungsfrist nicht beratener Steuerpflichtiger wird nach § 149 Abs. 2 AO n.F. um zwei Monate verlängert bis zum 31.7. des Folgejahres. In Beraterfällen wird die Steuererklärungsfrist gem. § 149 Abs. 3 AO n.F. um zwei Monate verlängert bis zum 28.2. des Zweitfolgejahres. Für die Besteuerungszeiträume 2019 bis 2024 bestehen Sonderregelungen; hier gelten die im AEAO zu § 149 Nr. 1 (BMF vom 23.1.2023, BStBl I 2023, 187) genannten Termine und Zeiträume. Erstmals für das Jahr 2025 gelten wieder die regulären Erklärungsfristen.
Als zeitliche Grenze ist die Festsetzungsverjährungsfrist (→ Festsetzungsverjährung) nach § 169 AO zu beachten. Danach ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Diese beläuft sich grundsätzlich bei den Besitz- und Verkehrssteuern auf vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung, wird der Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO gehemmt (= Anlaufhemmung). In diesen Fällen ist z.B. eine Steuerfestsetzung bis zu sieben Jahren nach Steuerentstehung zulässig.
Ist der Stpfl. berechtigt, aber nicht verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben, wie z.B. bei der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, greift die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht (AEAO zu § 170 Nr. 3; BFH Urteil vom 14.4.2011, VI R 53/10, BStBl II 2011, 746). Das BVerfG hat in seinem Nichtannahmebeschluss vom 18.9.2013 (1 BvR 924/12, NJW 2014, 139, HFR 2013, 1157) festgestellt, dass es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, dass bei der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG – anders als in Fällen der Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG – die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht anwendbar ist.
Die zwischen der Antragsveranlagung und der Pflichtveranlagung bestehenden Unterschiede rechtfertigen die unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Anlaufhemmung.
Der Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG dient primär dem Interesse des Stpfl. Das Ziel der Anlaufhemmung für die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, den der Finanzverwaltung zur Verfügung stehenden Zeitraum zur Geltendmachung des Einkommensteueranspruchs zu wahren, greift zwar in den Fällen der Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG, hingegen typischerweise nicht bei der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG. Das rechtfertigt es, in den Fällen der Pflichtveranlagung eine Anlaufhemmung vorzusehen, nicht jedoch bei Antragsveranlagungen nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG.
Im Einkommensteuerrecht werden folgende Veranlagungsarten unterschieden:
Einzelveranlagung (als grundsätzliche Veranlagungsart des Einkommensteuerrechts),
Ehegatten-Veranlagung (§ 26 EStG), nach der Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, zwischen Einzelveranlagung (§ 26a EStG) oder Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) wählen können.
Zur ausführlichen Darstellung vgl. → Einkommensbesteuerung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften.
→ Antragsveranlagungen zur Einkommensteuer
→ Einkommensbesteuerung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften
→ Einkommensteuer-Veranlagungspflicht
→ Einkünfteermittlung bei der Einkommensteuer
→ Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
Redaktioneller Hinweis:
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