1 Überblick
1.1 Begriff
1.2 Wirtschaftliche Bedeutung
1.3 Möglichkeiten der Verschmelzung
2 Handelsrecht
2.1 Formen der Verschmelzung
2.2 Verschmelzung zur Aufnahme
2.3 Verschmelzung durch Neugründung
2.4 Ablauf der Verschmelzung
2.5 Anzeigepflicht
3 Steuerrecht
3.1 Verschmelzung von Körperschaften
3.1.1 Steuerliche Regelungsnormen
3.1.2 Besteuerungskonzeption
3.2 Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder den Alleingesellschafter als natürliche Person
3.2.1 Steuerliche Regelungsnormen
3.2.2 Besteuerungskonzeption
3.2.2.1 Übernehmerin mit Betriebsvermögen
3.2.2.2 Übernehmer(in) mit Privatvermögen
3.3 Verschmelzung einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft oder (ab 13.12.2006) eine Genossenschaft (§§ 20 ff. UmwStG)
3.3.1 Steuerliche Regelungsnormen
3.3.2 Besteuerungskonzeption
3.4 Verschmelzung von Personengesellschaften
3.5 Grunderwerbsteuer
3.5.1 Verschmelzung als grunderwerbsteuerbarer Vorgang
3.5.2 Keine Steuervergünstigungen für vor dem 1.1.2010 im Register eingetragene Verschmelzungen
3.5.3 Steuervergünstigungen für nach dem 31.12.2009 im Register eingetragene Verschmelzungen (§ 6a GrEStG)
4 Steuerliches Verfahrensrecht
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel
Die Verschmelzung (Fusion) ist eine der Umwandlungsarten, die das UmwG für die Reorganisation von Gesellschaften zur Verfügung stellt. Der Begriff der Verschmelzung ist in § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 UmwG rechtsformneutral definiert. Danach ist eine Verschmelzung durch die Zusammenführung zweier oder mehrerer Rechtsträger auf einen übernehmenden Rechtsträger gekennzeichnet, wobei das ganze Gesellschaftsvermögen des/der übertragenden Rechtsträger(s) durch Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes übergeht und dieser übertragende Rechtsträger dadurch ohne Liquidation (→ Abwicklung einer Körperschaft) erlischt. Die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers erhalten als Gegenleistung für ihre untergehende Beteiligung Anteile oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Rechtsträger (s. auch tragende Strukturmerkmale einer Verschmelzung nach Verwaltungsauffassung, BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 01.30).
Zu den Motiven für eine Umwandlung allgemein s. → Umwandlung. Die Verschmelzung dient der Integration von Unternehmen, d.h. der Zusammenführung mehrerer Gesellschaften auf eine bestehende oder eine dadurch neu gegründete Gesellschaft. Eine Tochtergesellschaft kann mit der Muttergesellschaft zusammengeführt werden (sog. Upstream-Merger) oder umgekehrt (sog. Downstream-Merger). Ebenso ist die Vereinigung von Schwestergesellschaften möglich (sog. Sidestep-Merger). Im freiberuflichen Bereich wird die (Rück-)Umwandlung einer Freiberufler-GmbH (z.B. Steuerberater-GmbH, Rechtsanwalts-GmbH) auf deren Alleingesellschafter erleichtert (d.h. Vermögensübergang in Einzelpraxis kraft Gesetzes ohne Liquidation der KapGes). Gleiches gilt für den Wechsel von der KapGes in eine freiberufliche Partnerschaftsgesellschaft (und auch umgekehrt; s. z.B. Ostermayer/Herig, GmbH-Stpr 2007, 13). Die Umwandlungsart der Verschmelzung ermöglicht die Bereinigung einer bestehenden Konzernstruktur dadurch, dass mehrstufige Konstruktionen reduziert werden können oder die Anzahl von Schwestergesellschaften durch Zusammenlegung gemindert wird. Einer förmlichen Liquidation der übertragenden Gesellschaften bedarf es nicht. Durch Verschmelzung ist jedoch der Aufbau eines Über- und Unterordnungsverhältnisses von Gesellschaften nicht zu erreichen (hierzu dient das »Gegenstück« der Verschmelzung, nämlich die Spaltung). Auch die Errichtung einer Holdingstruktur kann durch eine Verschmelzung nicht realisiert werden. Ungünstig kann im Einzelfall die Tatsache sein, dass die Verschmelzung (zwingend) zum Untergang der übertragenden Gesellschaft führt (zur Möglichkeit, die Firma zu übernehmen, s. § 18 UmwG).
Ein wirtschaftlicher Nachteil der Verschmelzung ist die Belastung mit GrESt, wenn eine Grundbesitz haltende Gesellschaft übertragender Rechtsträger ist oder es als Folge der Verschmelzung zu einer Änderung im Gesellschafterbestand oder Anteilsvereinigung in einer unteren Beteiligungsebene kommt; ab 2010 wird bei Verschmelzungen im Konzern in bestimmten Fällen jedoch auf die Erhebung der GrESt verzichtet (§ 6a GrEStG).
Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen i.S.d. § 1 Abs. 1 KStG können an Verschmelzungsvorgängen als übertragende Unternehmen oder aufnehmende Rechtsträger beteiligt sein (§ 3 Abs. 1 und 2 UmwG). Die nachfolgende Übersicht zeigt die verschiedenen rechtlichen Möglichkeiten der Verschmelzung nach dem UmwG auf (beschränkt auf teilnehmende Körperschaften) und gibt zugleich Hinweise auf die steuerlichen Rechtsgrundlagen.
übertragende Gesellschaft |
übernehmende/neue Gesellschaft |
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OHG, KG |
Partnerschaft |
GmbH, AG, KGaA |
e.G. |
e.V. |
Natürliche Person |
VVaG |
Ausländische Kapital- gesellschaft (aus der EU/EWR) |
Ausländische »OHG, KG« (aus der EU/EWR) |
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OHG, KG |
Handelsrecht (§§ 39 bis 78 UmwG) Steuerrecht (§§ 20 bis 23 UmwStG; wenn es sich um eine optierende PersGes handelt: §§ 11 bis 13 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 39 bis 45, 79 bis 98 UmwG) Steuerrecht (§§ 20 bis 23 UmwStG i.d.F. des SEStEG ab 13.12.2006) |
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Partnerschaft |
Handelsrecht (§§ 45a bis 45e, 46 bis 77 UmwG) Steuerrecht (§§ 20 bis 23 UmwStG; wenn es sich um eine optierende PersGes handelt: §§ 11 bis 13 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 45a bis 45e, 79 bis 98 UmwG) Steuerrecht (§§ 20 bis 23 UmwStG i.d.F. des SEStEG ab 13.12.2006) |
– |
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GmbH, AG, KGaA |
Handelsrecht (§§ 39 bis 78 UmwG) Steuerrecht §§ 2 bis 8, 10, 18 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 45a bis 45e, 46 bis 78 UmwG) Steuerrecht (§§ 2 bis 7, 10, 18 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 46 bis 78 UmwG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 46 bis 98 UmwG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 120 bis 122 i.V.m. 46 bis 78 UmwG) Steuerrecht (§ 9 UmwStG, §§ 4 ff. UmwStG i.d.F. des SEStEG) |
Handelsrecht (§§ 122a bis 122l UmwG; ab 1.3.2023: §§ 305 bis 319 UmwG i.d.F. des UmRUG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG i.d.F. des SEStEG) |
Handelsrecht (§§ 122a bis 122l UmwG ab 1.1.2019; ab 1.3.2023: §§ 305 bis 319 UmwG i.d.F. des UmRUG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG i.d.F. des SEStEG) |
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e.G. |
Handelsrecht (§§ 39 bis 45, 79 bis 98 UmwG) Steuerrecht (§§ 2 bis 8, 10, 18 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 45a bis 45e, 79 bis 98 UmwG) Steuerrecht (§§ 2 bis 8, 10, 18 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 45 bis 98 UmwG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 79 bis 98 UmwG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
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e.V./wirt- schaftlicher Verein |
Handelsrecht (§§ 39 bis 45, 99 bis 104a UmwG) Steuerrecht (§§ 2 bis 8, 10, 18 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 45a bis 45e, 99 bis 104a UmwG) Steuerrecht (§§ 2 bis 8, 10, 18 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 45 bis 104a UmwG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 45 bis 104a UmwG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 79 bis 104a UmwG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
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VVaG |
Handelsrecht (§§ 60 bis 77, 109 bis 119 UmwG, nur auf Ver- sicherungs-AG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
Handelsrecht (§§ 109 bis 119 UmwG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
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Natürliche Person |
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– |
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Ausländische Kapital- gesellschaft (aus der EU/EWR) |
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Handelsrecht (§§ 122a bis 122l UmwG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG) |
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Handelsrecht (§§ 122a bis 122l UmwG; ab 1.3.2023: §§ 305 bis 319 UmwG i.d.F. des UmRUG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG i.d.F. des SEStEG bei Inlandsbezug) |
Handelsrecht (§§ 122a bis 122l UmwG ab 1.1.2019; ab 1.3.2023: §§ 305 bis 319 UmwG i.d.F. des UmRUG) Steuerrecht (§§ 11 bis 13, 19 UmwStG i.d.F. des SEStEG) |
Abb.: Verschmelzung unter Beteiligung von Körperschaften
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zählt die Verschmelzung als eine der abschließend im UmwG geregelten Umwandlungsmöglichkeiten auf und § 2 UmwG enthält die Wesensmerkmale einer Verschmelzung (mit zwei Arten der Verschmelzung):
Verschmelzung zur Aufnahme (§ 2 Nr. 1 UmwG) und
Verschmelzung durch Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG).
Beteiligt an der Verschmelzung sind grundsätzlich nur Rechtsträger mit (statuarischem) Sitz im Inland (§ 1 Abs. 1 UmwG). Durch eine Ergänzung des UmwG (§§ 122a bis 122l) ist ab 25.4.2007 auch eine grenzüberschreitende Verschmelzung möglich, die sich bis 31.12.2018 nur auf die in § 122b UmwG genannten (in- und ausländischen) EU-/EWR-Kapitalgesellschaften beschränkte. Ab 1.1.2019 können als übernehmende oder neue Gesellschaften auch bestimmte Personenhandelsgesellschaften beteiligt sein (Gesetzesänderung als Reaktion auf den Brexit; § 122b Abs. 1 Nr. 2 UmwG i.d.F. des Vierten Gesetz zur Änderung des UmwG; dazu Bungert/Wansleben, DB 2019, 49 und Lieder/Bialluch, NWB 2019, 805). Ausgenommen sind (nach wie vor) ausdrücklich Genossenschaften (§ 122b Abs. 2 Nr. 1 UmwG). Zur grenzüberschreitenden Verschmelzung s. → Umwandlung). Der Bundestag hat eine Änderung des UmwG und weiterer Gesetze zur Umsetzung der sog. EU-Umwandlungsrichtlinie beschlossen (UmRUG vom 22.2.2023, BGBl I 2023, Nr. 51 vom 28.2.2023). In einem neu eingefügten »Sechstes Buch« des UmwG sind Regelungen zur »grenzüberschreitenden Verschmelzung« in den §§ 305 bis 319 UmwG enthalten (die bisherigen Regelungen der §§ 122a bis 122l UmwG sind entfallen). Danach sind ab 1.3.2023 sowohl Verschmelzungen zur Neugründung als auch zur Aufnahme erfasst, wenn mindestens ein Rechtsträger beteiligt ist, der dem Recht eines anderen Mitgliedstaats des EU-/EWR-Bereichs unterliegt. Verschmelzungsfähige Gesellschaften sind in- und ausländische »Kapitalgesellschaften« des EWR-Bereichs (mit entsprechender Ansässigkeit) als übertragende und übernehmende/neu gegründete Gesellschaften (§ 306 Abs. 1 Nr. 2 UmwG i.d.F des UmRUG). Als aufnehmender Rechtsträger kommen auch Personenhandelsgesellschaften mit EU-/EWR-Bezug infrage (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 UmwG i.d.F des UmRUG). Genossenschaften sind weiterhin bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung ausgeschlossen (§ 306 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwG i.d.F des UmRUG).
Hinweis (zum Brexit):
Mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des UmwG (BGBl I 2018, 2694) wurde in § 122m UmwG eine Übergangsregelung für britische KapGes geschaffen. Danach ist eine Verschmelzung auch nach dem Brexit möglich, wenn der Verschmelzungsplan nach § 122c Abs. 4 UmwG vor dem Brexit notariell beurkundet worden ist und die Verschmelzung unverzüglich (spätestens innerhalb der nächsten zwei Jahre) zur Registereintragung angemeldet wird. Eine entsprechende Regelung enthält auch § 319 UmwG i.d.F. des UmRUG.
Nach § 1 Abs. 2 UmwG werden auch außerhalb des UmwG geregelte Umwandlungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften ausdrücklich zugelassen und in ihren Wesensmerkmalen den in § 1 Abs. 1 UmwG aufgezählten Umwandlungsarten vergleichbar sind, von den Vorschriften des UmwG erfasst. Daher sind die Bestimmungen für Verschmelzungen gem. §§ 2 ff. UmwG auch für bundes- und landesgesetzliche verschmelzungsähnliche Umwandlungen anzuwenden (z.B. Verschmelzungen von Sparkassen nach § 6 VermG oder landesrechtlichen Sparkassengesetzen).
Die Grundprinzipien aller Verschmelzungsvorgänge sind:
Vereinigung eines oder mehrerer Rechtsträger,
Übergang (ausnahmslos) aller Aktiva und Passiva in einem Akt kraft Gesetzes (Gesamtrechtsnachfolge) mit Eintragung der Verschmelzung in das öffentliche Register (Handelsregister, Genossenschaftsregister, etc.),
verbunden mit dem liquidationslosen Untergang des übertragenden Rechtsträgers und
dem Tausch von Anteilen dadurch, dass die Anteilseigner des übertragenden und somit erlöschenden Rechtsträgers kraft Gesetzes Anteile an dem neu gegründeten oder dem übernehmenden Rechtsträger erhalten (Ausnahmen möglich bei Verschmelzung zur Aufnahme).
Bei der Verschmelzung zur Aufnahme geht das gesamte Vermögen eines Unternehmens oder mehrerer Unternehmen in einem Akt (Gesamtrechtsnachfolge) auf ein (einziges) bereits bestehendes Unternehmen kraft Gesetzes über. Der übertragende Rechtsträger geht als Folge der Verschmelzung unter Ausschluss der Abwicklung unter. Das Prinzip des Anteilstauschs – nämlich die Gewährung von Anteilen an der aufnehmenden Gesellschaft als Gegenleistung an die Anteilsinhaber für den Untergang der Beteiligung an dem erlöschenden Rechtsträger – erfordert grundsätzlich eine Kapitalerhöhung bei dem aufnehmenden Rechtsträger (bare Zuzahlungen sind auf höchstens 10 % des Nennbetrags der gewährten Geschäftsanteile begrenzt, § 54 Abs. 4 UmwG). Eine Kapitalerhöhung unterbleibt jedoch, wenn eine 100%ige Tochtergesellschaft auf ihre Mutter verschmolzen wird und im Übrigen insoweit, als die Übernehmerin Anteile des übertragenden Rechtsträgers innehat, als der übertragende Rechtsträger eigene Anteile hält oder der übertragende Rechtsträger nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile an der übernehmenden KapGes hält (§§ 54 Abs. 1, 68 Abs. 1 UmwG). Bei Verschmelzungen ab Inkrafttreten des »Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes« (vom 19.4.2007, BGBl I 2007, 542) ab 25.4.2007 kann die übernehmende Gesellschaft auch in den übrigen Fällen von der Gewährung von Geschäftsanteilen absehen, wenn alle Anteilsinhaber eines übertragenden Rechtsträgers darauf verzichten; die Verzichtserklärungen sind notariell zu beurkunden (§§ 54 Abs. 1 Satz 3 und 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG; dazu s. auch Roß/Drögemüller, DB 2009, 580; Krumm, GmbHR 2010, 24).
Hinweis:
Die Beteiligten des Verschmelzungsvertrags werden regelmäßig ein angemessenes Umtauschverhältnis (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG) entsprechend der Relation der Unternehmenswerte zueinander (einschließlich der stillen Reserven) zugrunde legen (Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 6. A., § 5 Rz. 27 ff.; Lanfermann in Kallmeyer, UmwG, 7. A., § 5 Rz. 19) und auf diese Weise die notwendige Kapitalerhöhung nach § 55 UmwG berechnen. Zivilrechtlich ist aber auch eine nicht verhältniswahrende Verschmelzung – ebenso wie eine nicht verhältniswahrende Spaltung (§ 128 UmwG) – zulässig, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger zustimmen (Winter in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, 9. A., § 5 UmwG Rz. 8).
Bei der Verschmelzung zur Neugründung wird ein neues Unternehmen durch den Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gegründet. Hierzu sind mindestens zwei Unternehmen erforderlich, die jeweils ihr gesamtes Vermögen zu diesem Zweck übertragen und dadurch ohne Abwicklung aufgelöst werden. Hier ist ein »Ausweg« gegeben, wenn zwei oder mehrere »gleichgewichtige« Rechtsträger fusioniert werden sollen und keine Einigung darüber erzielt werden kann, welcher Rechtsträger untergehen und welcher Rechtsträger weiter bestehen soll.
Die Abwicklung der Verschmelzung ist in den §§ 2 bis 122l UmwG geregelt. Im Ersten Teil (§§ 2 bis 38 UmwG) finden sich die für alle Verschmelzungsarten geltenden (einheitlichen) allgemeinen Vorschriften. In den zehn Abschnitten des Zweiten Teils (§§ 39 bis 122l UmwG) sind die für die jeweiligen Verschmelzungsarten (zur Aufnahme oder durch Neugründung) und die für die unterschiedlichen teilnehmenden Unternehmen geltenden besonderen Bestimmungen enthalten. Unabhängig von den Besonderheiten der betroffenen Rechtsformen der Unternehmen setzt im Allgemeinen die Verschmelzung eine Vorbereitungsphase mit einem Bericht über die Verschmelzung und einen notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrag (§ 6 UmwG) mit einem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt (§ 5 UmwG) voraus. Es schließt sich ein Prüfungsverfahren durch unabhängige Sachverständige an (§§ 9 bis 12 UmwG). In der Beschlussphase erlangt der Verschmelzungsvertrag Wirksamkeit, wenn die Anteilsinhaber ihm durch Verschmelzungsbeschluss zustimmen. Den Abschluss bildet die Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung in das Handelsregister. Die Eintragung in das Register des Sitzes des übernehmenden Unternehmens lässt die Verschmelzung wirksam werden. Mängel der Verschmelzung (z.B. fehlende notarielle Beurkundung) werden geheilt (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 UmwG). Mit Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Unternehmens treten drei grundlegende Rechtsfolgen ein:
Das übertragende Unternehmen ist voll beendet (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Sind an einer Verschmelzung mehrere übertragende Unternehmen beteiligt, sind alle Unternehmen erloschen. Einer besonderen Löschung bedarf es nicht.
Die Anteilsinhaber des übertragenden Unternehmens werden kraft Gesetzes Anteilsinhaber des übernehmenden (bestehenden oder neuen) Unternehmens (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Das gilt nicht, soweit durch den Tausch von Anteilen eigene Geschäftsanteile entstehen. Rechte Dritter an den Anteilen des übertragenden Unternehmens setzten sich an den neuen aus der Verschmelzung hervorgehenden Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft fort (Schutz von Pfand- und Nießbrauchsberechtigten).
Das Vermögen der übertragenden Gesellschaft geht einschließlich der Verbindlichkeiten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Vergleichbar einem Erbfall tritt die übernehmende Gesellschaft in die Rechtsstellung des untergehenden Unternehmens ein. Sie übernimmt die bestehenden Vertragsverhältnisse. Die Gesamtrechtsnachfolge umfasst sämtliche Vermögensgegenstände. Sollen einzelne Gegenstände nicht an der Verschmelzung teilhaben, müssten diese vorher aus dem Vermögen des übertragenden Unternehmens ausscheiden. Aus dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge ergibt sich ein Vermögensübergang ohne Einzelübertragung. Bei den Betriebsschulden bedarf es weder eines Vertrags gem. § 414 BGB noch der Genehmigung durch den Gläubiger (§ 415 Abs. 2 BGB). Auch der Grundbesitz geht mit Eintragung der Verschmelzung kraft Gesetzes über. Bei Grundstücken ist unter Vorlage des beglaubigten Registerauszugs lediglich eine Berichtigung des Grundbuchauszugs gem. § 22 Grundbuchordnung durchzuführen. Das Grundbuchamt prüft nur die Identität des betroffenen Eigentümers anhand des Registerauszugs. Eine inhaltliche Prüfung der Verschmelzung erfolgt nicht.
Nach § 35 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sind dem Bundeskartellamt unter gewissen Voraussetzungen (ab bestimmten Umsatzgrenzen) Verschmelzungen (»Zusammenschlüsse«) anzuzeigen bzw. anzumelden (§ 39 GWB). Bei anmeldepflichtigen Verschmelzungen hat das Bundeskartellamt grds. die Umwandlung zu untersagen, sofern eine marktbeherrschende Stellung entstehen oder verstärkt werden könnte (§ 36 Abs. 1 GWB).
Auf eine Verschmelzung, die zur Eintragung in einem öffentlichen Register nach dem 12.12.2006 angemeldet worden ist, sind die Regelungen des UmwStG i.d.F. des SEStEG anzuwenden (s. § 27 Abs. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG). Dies gilt sowohl für Verschmelzungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 UmwG als auch für Verschmelzungen nach anderen Gesetzen (§ 1 Abs. 2 UmwG), wenn diese einer Verschmelzung i.S.d. § 2 UmwG entsprechen (s. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwStG; zur Vergleichbarkeitsprüfung s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 01.07). Im Gegensatz zu den bisherigen Bestimmungen werden auch die Verschmelzungen ausländischer »Körperschaften« (inkl. SE und SCE) von den §§ 11 ff. UmwStG i.d.F. des SEStEG erfasst, wenn sie die EU-/EWR-Ansässigkeitsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG erfüllen (zur Vergleichbarkeit der Rechtsform s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 01.26 bis 01.28). Dabei kann der Vermögensübergang auch durch einen Vorgang nach ausländischem Recht erfolgen, wenn er einer Verschmelzung gleichkommt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG; zur Vergleichbarkeit ausländischer Umwandlungsvorgänge vgl. 3.3.1). Mit Aufhebung von § 1 Abs. 2 UmwStG ist der Anwendungsbereich der §§ 2 bis 19 UmwStG durch Wegfall des EU-/EWR-Bezugs auf Körperschaften in Drittstatten ab 2022 erweitert worden (Globalisierung des UmwSt-Rechts durch das KöMoG). Maßgebend für die Globalisierung des UmwStG ist weder die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags noch der Antrag auf Eintragung der Verschmelzung in ein öffentliches Register, sondern einzig, dass der steuerliche Übertragungsstichtag (§ 2 UmwStG) nach dem 31.12.2021 liegt (§ 27 Abs. 18 UmwStG).
Hinweis 1 (zum Brexit):
§ 1 Abs. 2 Satz 3 UmwStG i.d.F. des Brexit-StBG stellt durch Fiktion eines EU-Bezugs sicher, dass eine übertragende Gesellschaft, die von der Übergangsregelung in § 122m UmwG Gebrauch macht, in den persönlichen Anwendungsbereich des UmwStG fällt, obwohl sich der Sitz der Gesellschaft nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland außerhalb der EU und des EWR befindet. Bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen ab dem 1.3.2023 mit einer übertragenden Gesellschaft nach dem Recht des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland gibt es handelsrechtlich gem. § 319 UmwG eine vergleichbare Übergangsregelung. Ertragsteuerlich gibt es hier keine Restriktionen, da der EU-/EWR-Bezug bei den beteiligten Rechtsträgern weggefallen ist (Aufhebung von § 1 Abs. 2 UmwStG durch das KöMoG).
Hinweis 2 (Verschmelzung auf eine Tochtergesellschaft):
Nach herrschender Auffassung im Schrifttum werden von §§ 11 ff. UmwStG unmittelbar auch »Abwärtsverschmelzungen« erfasst; es bedarf also keines Antrags auf Anwendung des § 11 UmwStG wie bei der Vorgängerregelung (z.B. Rödder/Schaden, Ubg 2011, 40; a.A. Rasche, GmbHR 2010, 1188; Bestätigung im UmwSt-Erlass (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 11.01) und im BFH Urteil vom 9.1.2013, I R 24/12, BStBl II 2018, 509 unter Rn 12).
Hinweis 3 (Verschmelzung einer optierenden Personengesellschaft):
Ob die Verschmelzung einer optierenden Gesellschaft i.S.d. § 1a KStG (zivilrechtlich eine PersGes, die ertragsteuerlich wie eine KapGes besteuert wird) auf eine Körperschaft (und umgekehrt) nach §§ 11 ff. UmwStG beurteilt wird, ist unklar (dazu s. Patt, EStB 2021, 391 und Cordes/Kraft, FR 2021, 401 unter VII.). Nach Verwaltungsauffassung sind die §§ 11 bis 13 UmwStG auf diese Vorgänge anzuwenden (BMF vom 10.11.2021, BStBl I 2021, 2212 unter Rn. 100 Buchst. a).
Sehen landesrechtliche Vorschriften z.B. die Vereinigung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute oder öffentlich-rechtlicher Versicherungsunternehmen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vor, sind die §§ 11 bis 13 UmwStG bei dieser Vereinigung entsprechend anzuwenden, wenn diese Vereinigung mit einer Verschmelzung i.S.d. § 2 UmwG vergleichbar ist (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 11.16).
Bei der Verschmelzung von Körperschaften tritt kein Systemwechsel in der Ertragsbesteuerung ein. Die übertragende und die übernehmende Gesellschaft unterliegen als Körperschaft- und Gewerbesteuersteuersubjekte der Besteuerung nach dem KStG und GewStG mit ihrem eigenen Einkommen. Die Verschmelzung wird im Ergebnis steuerlich so behandelt, als ob die Übernehmerin ohne Vermögensübergang an die Stelle der übertragenden Gesellschaft trete. Die Verschmelzung selbst kann steuerneutral (KSt und GewSt) erfolgen; die Besteuerung der stillen Reserven wird in die Zukunft verlagert. Die grundlegenden Eckpfeiler der Besteuerung sind:
Auf der Ebene der übertragenden Körperschaft (§ 11 UmwStG):
Wertansatz des Betriebsvermögens (Grundsatz): Bei nach dem 12.12.2006 angemeldeten Umwandlungen ist die übertragende Körperschaft zur Aufstellung einer steuerlichen Schlussbilanz auf den steuerlichen Verschmelzungsstichtag verpflichtet (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 11.01). Grundsätzlich muss der gemeine Wert des Betriebsvermögens (einschließlich selbst geschaffener immaterieller WG inkl. Geschäftswert) angesetzt werden, was zu einem entsprechenden Übertragungsgewinn führt.
Bewertungswahlrecht: Eine Maßgeblichkeit der Bewertung in der Handelsbilanz für die steuerliche Schlussbilanz ist nicht gegeben. Es besteht die Option, statt des gemeinen Werts der WG auf Antrag auch deren (niedrigeren) Buchwert oder einen Zwischenwert anzusetzen, wenn und soweit die uneingeschränkte Besteuerung des übergehenden Vermögens bei der Übernehmerin im Inland sichergestellt ist und keine sonstige (d.h. nicht in der Gewährung von Anteilen an der Übernehmerin bestehende) Gegenleistung gewährt wird. Zu weiteren Einzelheiten zur Bewertung nach »altem und neuem« Recht s. → Bewertungswahlrecht bei Umwandlungen.
Korrektur bei Abwärtsverschmelzung: In der steuerlichen Schlussbilanz sind Teilwertabschreibungen, § 6b EStG-Rücklagen und ähnliche Abzüge auf Anteile an der Übernehmerin rückgängig zu machen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.d.F. SEStEG; Einführung eines »Beteiligungskorrekturgewinns« bei der Abwärtsverschmelzung auf eine Tochter-Kapitalgesellschaft). Der Buchwert der Anteile an der Übernehmerin ist nämlich um diese Abschreibungen und Abzüge zu erhöhen (Höchstgrenze: gemeiner Wert der Anteile). Der Beteiligungskorrekturgewinn ist nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreit (§ 11 Abs. 2 Satz 3 UmwStG i.d.F. des SEStEG).
Verlustverwertung mit Übertragungsgewinn: Werden in der steuerlichen Schlussbilanz stille Reserven des Betriebsvermögens aufgedeckt, kann dieser Übertragungsgewinn mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften verrechnet oder ausgeglichen werden. § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG i.d.F. des JStG 2009 verhindert jedoch, dass eine Körperschaft, deren Verlustvortrag durch einen schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG verloren gehen würde, den Verlustuntergang dadurch umgeht, dass sie mit steuerlicher Rückwirkung vor dem Beteiligungserwerb auf eine andere Körperschaft unter Aufdeckung stiller Reserven verschmolzen wird. Rechtsfolge des § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG i.d.F. des JStG 2009 ist nämlich, dass eine Verrechnung des ohne Verschmelzung ansonsten untergehenden Verlustvortrags mit dem Übertragungsgewinn nicht möglich ist (dazu und zu Gestaltungsalternativen s. Sistermann/Brinkmann, Rückwirkende Verlustnutzung nach dem JStG 2009, DStR 2008, 2455 und s. Erlass des FinMin Brandenburg vom 28.5.2014, DStR 2015, 586).
Auf der Ebene der übernehmenden Körperschaft (§ 12 UmwStG):
Werteverknüpfung: Die Ansätze aus der steuerlichen Schlussbilanz werden übernommen (§ 12 Abs. 1 UmwStG). Dies gilt auch für den Anspruch auf Auszahlung aus einem KSt-Guthaben (→ Körperschaftsteuerguthaben). Ein in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers nach Verwaltungsauffassung entgegen § 5 EStG angesetztes WG (nicht passivierungsfähige stille Lasten) soll in der Steuerbilanz des übernehmenden Rechtsträgers auszuweisen sein (Werteverknüpfung), aber in der Folgezeit unter Anwendung des § 5 EStG ertragswirksam aufgelöst werden müssen (Verwaltungsauffassung, → Bewertungswahlrecht bei Umwandlungen).
Übernahmeergebnis: Ein Übernahmegewinn oder -verlust bleibt grundsätzlich außer Ansatz (Differenz zwischen dem Wert der übernommenen WG und dem Buchwert der Anteile an der übertragenden KapGes, abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang, § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG, s.u. Hinweis 1). Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Aufwärtsverschmelzung, sondern auch für Abwärts- und Seitwärtsverschmelzungen, wo ein »Buchwert der Beteiligung an der übertragenden Kapitalgesellschaft nicht« vorhanden ist (BFH vom 9.1.2013, I R 24/12, BStBl II 2018, 509). Soweit der Übernahmegewinn dem Anteil der übernehmenden Körperschaft an der übertragenden Körperschaft entspricht, fallen 5 % nichtabzugsfähige BA an (§ 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.d.F. des SEStEG). Ein Übernahmeverlust, (auch) soweit dieser dem Anteil der übernehmenden Körperschaft an der übertragenden Körperschaft entspricht, bleibt gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG außer Ansatz; § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ist hier nicht anwendbar (BFH vom 30.7.2014, BStBl II 2015, 199).
Hinweis 1 (Kosten für den Vermögensübergang):
Aufwendungen der Übernehmerin im Zusammenhang mit der Verschmelzung sind für steuerliche Zwecke in »Kosten für den Vermögensübergang« i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG und sonstige Kosten aufzuteilen. Bei den »Kosten für den Vermögensübergang« handelt es sich um objektiv der Übernehmerin zuzuordnende Aufwendungen, die nicht objektbezogen sind und durch die Verschmelzung »veranlasst« sind (dazu Stimpel, GmbHR 2012, 199 und Krohn, DB 2018, 1755). Verschmelzungskosten in diesem Sinne sind keine sofort abzugsfähigen BA; sie mindern – unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung – den Übergangsgewinn und erhöhen den Übergangsverlust gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG, sodass sie im Ergebnis außer Ansatz bleiben. Nach ständiger Rspr. des BFH erfolgt die Zuordnung von Aufwendungen zu den Verschmelzungskosten nach dem Veranlassungsprinzip. Die Grunderwerbsteuer aus einer verschmelzungsbedingten Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 GrEStG ist keine objektbezogene Aufwendung und rechnet folglich zu den »Kosten für den Vermögensübergang« i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG (BFH vom 23.11.2022, I R 25/20, BStBl II 2023, 612). Gebühren für eine verbindliche Auskunft zu den Rechtsfolgen einer Verschmelzung im Hinblick auf die KSt, ESt oder GewSt sind zwar auch »Kosten für den Vermögensübergangs« i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG; sie mindern aber nicht den Übernahmegewinn. Diese Gebühren sind nämlich nach allgemeinen Grundsätzen nicht abzugsfähig (s. BFH vom 8.12.2021, I R 24/19, BFH/NV 2022, 835 unter Rn. 48 ff.).
Hinweis 2 (Aufwärtsverschmelzung im Organkreis):
Wird eine KapGes auf ihre Muttergesellschaft verschmolzen, die ihrerseits Organgesellschaft einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft mit einer KapGes als Organträgerin ist, ist auf den Verschmelzungsgewinn weder auf der Ebene der Muttergesellschaft noch auf der Ebene der Organträgerin das pauschale Betriebsausgaben-Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG anzuwenden (BFH vom 26.9.2018, I R 16/16, BStBl II 2020, 206; dazu auch Weiss, GmbH-StB 2019, 121). Die FinVerw vertritt im sog. UmwSt-Erlass die gegenteilige Auffassung (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 12.07). Nunmehr hat der Gesetzgeber durch Ergänzung des § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG die von der Rspr. angenommene Regelungslücke im Sinne der Verwaltungsanweisung geschlossen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 und 2 KStG in der Fassung des »Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften«, BGBl I 2019, 2451). Die vorstehende Rspr. gilt damit nur noch für Umwandlungen, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register bis 12.12.2019 erfolgt ist.
Beteiligungskorrekturgewinn: Soweit die Übernehmerin an der übertragenden Körperschaft beteiligt ist, sind bis zur Höhe des gemeinen Werts der Anteile steuerwirksame Abschreibungen und Abzüge (gewinnerhöhend) rückgängig zu machen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 UmwStG i.d.F. des SEStEG). Insoweit erhöht sich der laufende Gewinn der Muttergesellschaft (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 12.03). Liegt der gemeine Wert der Anteile an der übertragenden Körperschaft unter dem Buchwert, muss vor der Verschmelzung eine Abstockung der Anteile vorgenommen werden (Beteiligungskorrekturverlust). Der Beteiligungskorrekturverlust gehört nicht zum Übernahmeergebnis (s. oben); er unterliegt daher den allgemeinen Regeln (d.h. auch § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG; BFH vom 30.7.2014, BStBl II 2015, 199).
Rechtsnachfolge: Die Übernehmerin tritt in die steuerliche Rechtsnachfolge sowie in die Anrechnung von Besitz- und Verbleibenszeiten hinsichtlich des übernommenen Betriebsvermögens ein (§ 12 Abs. 3 UmwStG).
Verlustverwertung: Bei Verschmelzungen, die unter § 11 UmwStG i.d.F. des SEStEG fallen, gehen Verlustvorträge nicht (mehr) über (§ 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.d.F. des SEStEG).
Zins- und EBITDA-Vortrag: Ein Zins- und EBITDA-Vortrag gem. § 4h Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG der übertragenden Körperschaft kann von der Übernehmerin nicht verwertet werden (§ 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.d.F. des URefG 2008/WachstumsBG).
Verluste im Rückbezugszeitraum: Bei der Übernehmerin gelten gem. § 2 Abs. 4 Sätze 2 ff. UmwStG Verlustnutzungsbeschränkungen in Bezug auf negative Einkünfte, die im Rückbezugszeitraum entstanden sind. Es gilt Folgendes: Wird eine »Verlust«-Körperschaft rückwirkend verschmolzen und erfolgt im Rückwirkungszeitraum (nach dem 28.11.2008) ein schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG, so gehen die Verluste der Überträgerin zwischen Einbringungszeitpunkt und Beteiligungserwerb für die übernehmende Körperschaft unter (§ 2 Abs. 4 Satz 2 UmwStG; korrespondierende Vorschrift zur Verlustsperre hinsichtlich des Übertragungsgewinns, s.o.). Wird eine »Gewinn«-Körperschaft rückwirkend auf eine bestehende Körperschaft verschmolzen (mit Anmeldung beim Registergericht nach dem 6.6.2013), können von der Übernehmerin (originär) erwirtschaftete Verluste nicht mit einem Gewinn aus dem eingebrachten Betriebsvermögen im Rückwirkungszeitraum ausgeglichen oder verrechnet werden (§ 2 Abs. 4 Satz 3 und § 27 Abs. 12 UmwStG i.d.F. AmtshilfeRLUmsG; Ausnahme: Verschmelzung bei »verbundenen Unternehmen«, § 2 Abs. 4 Satz 6 UmwStG i.d.F. AmtshilfeRLUmsG; dazu s. FinMin Brandenburg vom 28.5.2014, Der Konzern 2014, 364). Die Verlustnutzungsbeschränkung des § 2 Abs. 4 Satz 2 ff. UmwStG gilt auch für die Verschmelzung zur Neugründung einer Körperschaft (BFH vom 12.4.2023, I R 48/20, BFH/NV 2023, 1165 unter Rn. 17). Bisher war unklar, ob die Verlustnutzungsbeschränkung nur die KSt oder auch zusätzlich die GewSt erfasst; der BFH hat entschieden, dass § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG auch für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der GewSt gilt (BFH vom 12.4.2023, I R 48/20, BFH/NV 2023, 1165). Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG »gesperrte« Verluste gehen nicht unter; sie können in zukünftigen VZ/EHZ angezogen werden.
Nach dem Willen des Gesetzgebers widerspricht es dem Sinn und Zweck der Regelungen des UmwStG, wenn Wertverluste von WG, die der Übernehmerin als Folge einer unter das UmwStG fallenden Umstrukturierung zwar (steuerlich) rückwirkend zugerechnet werden, aber wirtschaftlich bereits beim Einbringenden eingetreten sind, mit Gewinnen der Übernehmerin saldiert werden. Daher enthält der durch das AbzStEntModG neu eingefügte Abs. 5 von § 2 UmwStG eine Sperre für den Ausgleich oder einer sonstigen Verrechnung von im Rückwirkungszeitraum erzielten Verlusten (KSt und GewSt) aus der Bewertung oder Veräußerung »umwandlungsbedingt« erworbener »Finanzinstrumente« oder Anteilen an KapGes (Liedgens, Ubg 2021, 283; zur erstmaligen Anwendung s. § 27 Abs. 16 UmwStG). Die Verlustabzugsbeschränkung ist widerlegbar (§ 2 Abs. 5 Satz 6 UmwStG).
Auf der Ebene des Anteilseigners (§ 13 UmwStG):
Anteilstausch: Bei Verschmelzungen, die unter § 11 UmwStG i.d.F. des SEStEG fallen, ist grundsätzlich eine Veräußerung/Anschaffung zum gemeinen Wert gegeben (§ 13 Abs. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG). Auf Antrag (§ 13 Abs. 2 UmwStG i.d.F. des SEStEG) können – unabhängig von der Ausübung des Bewertungswahlrechts gem. § 11 UmwStG (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 13.08) – der Buchwert oder die Anschaffungskosten fortgeführt werden (keine Zwischenwertmöglichkeit), wenn das inländische Besteuerungsrecht für die stillen Reserven der Anteile an der Übernehmerin nicht beschränkt wird oder wenn ein Fall des Art. 8 der EG-Fusionsrichtlinie gegeben ist (im letzteren Fall kann der Gewinn aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile später unbeschadet der DBA-Regelungen im Inland besteuert werden). In den Fällen der Aufwärtsverschmelzung ist § 13 UmwStG nicht anwendbar, soweit die übernehmende Körperschaft an der übertragenden Körperschaft beteiligt ist. Darüber hinaus findet § 13 UmwStG nur insoweit Anwendung, als dem Anteilseigner der übertragenden Körperschaft keine Gegenleistung oder eine in Gesellschaftsrechten bestehende Gegenleistung gewährt wird. § 13 UmwStG gilt auch nicht, soweit es aufgrund der Umwandlung zu einer Wertverschiebung zwischen den Anteilen der beteiligten Anteilseigner kommt. Insoweit handelt es sich um eine Vorteilszuwendung zwischen den Anteilseignern, für deren steuerliche Beurteilung die allgemeinen Grundsätze gelten (dazu s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 13.01 bis 13.03).
Rechtsnachfolge: Die steuerliche Qualität (z.B. Steuerverstrickung) und der steuerliche Status der Anteile im Übrigen (z.B. Fortführung von Verbleibensfristen und Sperrfristen und Beachtung von Wertaufholungsgeboten; weitere Beispiele s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 13.11) bleiben grundsätzlich erhalten (§ 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.d.F. des SEStEG; steuerliche »Infizierung«).
Der steuerliche Übertragungsstichtag – und damit auch die (rückwirkende) zeitliche Erfassung der Rechtsfolgen – ist der Tag, der dem handelsrechtlichen Verschmelzungsstichtag (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG) vorangeht (s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 02.02). Dieser kann bis zu acht Monate vor der Anmeldung der Verschmelzung liegen (§ 2 Abs. 1 UmwStG i.V.m. § 17 Abs. 2 UmwG, s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 02.02 und 02.03). Die Möglichkeit, den steuerlichen Übertragungsstichtag auf einen anderen Zeitpunkt als den Stichtag der der Verschmelzung zugrunde liegenden Schlussbilanz i.S.d. § 17 Abs. 2 UmwG zu legen, besteht nicht (kein steuerliches Wahlrecht, s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 02.03).
Hinweis 3 (Ausnahmen von der Rückwirkung):
Bei Auslandsachverhalten ist eine Rückbeziehung ausnahmsweise ausgeschlossen, soweit dadurch sog. weiße (d.h. keiner Besteuerung unterliegende) Einkünfte entstehen würden (§ 2 Abs. 3 UmwStG i.d.F. des SEStEG).
Die Verschmelzung einer optierenden Gesellschaft (i.S.d. § 1a KStG) auf eine Körperschaft oder umgekehrt ist nach den §§ 11 bis 13 UmwStG zu beurteilen (vgl. 3.1.1 unter Hinweis 3). Der in § 1a Abs. 2 Satz 3 KStG gesetzlich festgelegte steuerliche Einbringungszeitpunkt gilt nur für die Option selbst, d.h. den Übergang zur Körperschaftsbesteuerung. Bei der Verschmelzung unter Beteiligung »bereits optierter« Gesellschaften gelten die allgemeinen Rückbezugsregeln des § 2 UmwStG.
Hinweis 4 (Ausdehnung des Rückbezugszeitraums auf zwölf Monate in den Jahren 2020 und 2021):
Der Gesetzgeber hat zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie das Umwandlungsrecht gelockert. Die Frist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG ist für Anmeldungen im Kj. 2020 auf zwölf Monate verlängert worden (§ 4 und § 7 Abs. 4 Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie vom 27.3.2020, BGBl I 2020, 569), »um zu verhindern, dass aufgrund fehlender Versammlungsmöglichkeiten Umwandlungsmaßnahmen an einem Fristablauf scheitern« (s. BT-Drs. 19/18110 vom 24.3.2020, 5 unter 3. letzter Abs.). Auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 8 des Gesetzes ist die Geltung von § 4 des Gesetzes auf das Kj. 2021 ausgedehnt worden (Verordnung des BMJV vom 20.10.2020, BGBl I 2020, 2258). Da die Rückwirkungsregel des § 2 UmwStG auf das Handelsrecht verweist, gilt die (vorübergehende) Erweiterung der Rückwirkungsmöglichkeit in den Jahren 2020 und 2021 auch für das Steuerrecht (Bron, DStR 2020, 1009).
Hinweis 5 (nicht verhältniswahrende Verschmelzung):
Eine nicht den realen Wertverhältnissen entsprechende Verschmelzung, zu deren Durchführung das Kapital der aufnehmenden KapGes um den Nominalwert der Anteile der übertragenden KapGes erhöht wird, kann – anteilig – zu einer nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG steuerbaren verdeckten Einlage des WG »Geschäftsanteil« zugunsten neuer, im Zuge der Verschmelzung gewährter Geschäftsanteile führen, wenn die stpfl. natürliche Person sowohl am Übernehmenden als auch an der Anteilseignerin der übertragenden KapGes maßgebend beteiligt ist (BFH vom 9.11.2010, BStBl II 2011, 799).
Weiterhin ist nach Verwaltungsauffassung bei einer nicht verhältniswahrenden Verschmelzung hinsichtlich der Erbschaftsteuer zu prüfen, ob die Wertverschiebung zwischen den Anteilseignern eine freigebige Zuwendung darstellt (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 13.03 mit Hinweis auf den koordinierten Ländererlass vom 20.10.2010, BStBl I 2010, 1208 und R E 7.5 Abs. 3 ErbStR 2019).
Hinweis 6 (Auslandsverschmelzung in Drittstaaten bis 31.12.2021):
Wird eine beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Körperschaft eines Drittstaats (d.h. außerhalb der EU/EWR) auf eine andere Körperschaft desselben ausländischen Staats verschmolzen, sind nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 Satz 1 KStG die übergehenden WG mit dem Buchwert anzusetzen.
Nach der geänderten Fassung der Rn. 13.04 des UmwSt-Erlasses 2011 durch das BMF-Schreiben vom 10.11.2016 (BStBl I 2016, 1252) gelten für den Anteilseigner der übertragenden Körperschaft die Regelungen des § 13 UmwStG, wenn eine Verschmelzung von Körperschaften im Ausland gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG erfolgt. Dabei ist es – anders als bisher – unmaßgeblich, ob die übertragende Körperschaft im Inland beschränkt stpfl. ist (also über eine inländische Betriebsstätte verfügt). Somit ist auf eine Auslandsverschmelzung ohne Inlandsbezug bei der Körperschaft auf Gesellschafterebene § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG i.V.m. § 13 UmwStG anzuwenden (s. Benecke/Staats in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 12 KStG Tz. 413).
Ab 2022 gilt: § 12 Abs. 2 KStG ist durch das KöMoG aufgehoben worden. Mit Wegfall von § 1 Abs. 2 UmwStG i.d.F. des KöMoG ist die Anwendung der §§ 11 ff. UmwStG nunmehr auch für Drittstaaten-Gesellschaften eröffnet (vgl. 3.1.1).
Hinweis 7 (Verschmelzung als tauschähnlicher Vorgang):
Nach Auffassung der FinVerw sind (alle) Umwandlungen auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers sowie des übernehmenden Rechtsträgers Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge hinsichtlich des übergehenden Vermögens (s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 00.02). Dies hat der BFH für die Aufwärtsverschmelzung auf eine Mutter-Kapitalgesellschaft und die Seitwärtsverschmelzung auf eine Tochter-Kapitalgesellschaft bestätigt (BFH vom 24.1.2018, BStBl II 2019, 45). Diese Beurteilung hat insbesondere dann große Bedeutung, wenn die Beteiligung an der übertragenden KapGes beim Anteilseigner nach § 22 Abs. 1 oder 2 UmwStG sperrfristverhaftet ist. Die Verschmelzung führt selbst dann zu einer Sperrfristverletzung, wenn die Beteiligung an der übertragenden KapGes untergeht und beim Anteilseigner durch das Vermögen der Tochter-Kapitalgesellschaft ersetzt wird. Rechtsfolge ist gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 UmwStG die nachträgliche Versteuerung eines Gewinns aus dem Einbringungsvorgang, der zum Erwerb der Anteile an der Tochter-Kapitalgesellschaft geführt hat.
Bei der Verschmelzung einer Körperschaft auf eine PersGes oder auf eine natürliche Person (als Alleingesellschafter) sind die §§ 2 bis 8 und 18 UmwStG einschlägig. Voraussetzung für die Anwendung der steuerlichen Sonderregelungen des UmwStG ist, dass eine Verschmelzung i.S.d. § 2 UmwG oder ein vergleichbarer ausländischer Vorgang gegeben ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwStG).
Hinweis 1 (Verschmelzung einer optierenden Personengesellschaft):
Ob die Verschmelzung einer optierenden Gesellschaft i.S.d. § 1a KStG (zivilrechtlich eine PersGes, die ertragsteuerlich wie eine KapGes besteuert wird) auf eine (nicht optierende) PersGes nach vorgenannten Regeln beurteilt wird, ist unklar (dazu s. Patt, EStB 2021, 391). Da die FinVerw die Verschmelzung einer optierenden PersGes auf eine Körperschaft nach den §§ 11 ff. UmwStG behandeln will (BMF vom 10.11.2021, BStBl I 2021, 2212 unter Rn. 100 Buchst. a), dürfte dies nach Verwaltungsmeinung zu bejahen sein.
Hinweis 2 (Verschmelzung auf eine optierende Personengesellschaft):
Die optierende PersGes wird für Ertragsteuerzwecke als KapGes behandelt (s. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 1a Abs. 3 KStG i.d.F. des KöMoG). Daher ist die Verschmelzung einer GmbH/AG auf eine Personenhandelsgesellschaft, die für Steuerzwecke nach § 1a KStG optiert hat, nach den §§ 11 UmwStG zu beurteilen (vgl. 3.1.1 unter Hinweis 3).
Im Gegensatz zu den bisherigen Bestimmungen werden auch die »Verschmelzungen« ausländischer (EU-/EWR-)Körperschaften oder (ab 2022) ausländischer Drittstaaten-Körperschaften erfasst, vgl. 3.1.1; zur Vergleichbarkeit einer Auslands-Verschmelzung mit § 2 UmwG vgl. 3.3.1). Für die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit und Wirksamkeit einer ausländischen »Verschmelzung« ist regelmäßig von der Entscheidung der ausländischen Registerbehörden auszugehen. Das gilt nicht bei gravierenden Mängeln der Umwandlung (s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 01.23).
Die Körperschaft als Überträgerin unterliegt gem. § 1 KStG mit sämtlichen Einkünften der Körperschaftsteuer. Die Gesellschaft als solche ist unbeschränkt stpfl. und damit Subjekt der Besteuerung. Die Anteilsinhaber (Gesellschafter) sind ihrerseits selbst stpfl. mit den Ausschüttungen aus der Gesellschaft, an der sie beteiligt sind (§§ 1, 2 Abs. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 und 3 oder Abs. 3 EStG) und ggf. mit den stillen Reserven der Anteile an KapGes (Aktien oder GmbH-Anteile), wenn diese in einem BV oder aufgrund anderer Vorschriften (z.B. §§ 17, 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG, 21 UmwStG a.F.) steuerverhaftet sind. Die aus der Umwandlung hervorgehende (nicht optierende) PersGes (übernehmender Rechtsträger) hingegen ist kein Steuersubjekt. Die Gesellschafter versteuern persönlich das Ergebnis als eigene Einkünfte aus dem ertragsteuerlich ihnen zuzurechnenden Gesellschaftsvermögen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Bei einer unternehmerisch tätigen PersGes erfolgt zwar keine Zurechnung des Gesellschaftsvermögens bei den Gesellschaftern. Die PersGes ist ein von den Gesellschaftern abzugrenzendes Subjekt. Diese Selbstständigkeit der PersGes gilt jedoch nur für die Gewinnerzielung und Gewinnermittlung. Das auf der Ebene der PersGes ermittelte Ergebnis der unternehmerischen Tätigkeit wird jedoch bei den Gesellschaftern (steuerlich: Mitunternehmern) der Besteuerung unterworfen. Persönlich stpfl. mit dem »Einkommen« der PersGes sind demnach nur die Gesellschafter. Wird eine Körperschaft auf eine PersGes umgewandelt, geht aufgrund der unterschiedlichen Besteuerungskonzeption der Gesellschaften eine Besteuerungsebene verloren. Dies liegt daran, dass bei der PersGes die Gesellschaftsebene wegfällt. Die Beteiligung an der PersGes ist im Ertragsteuerrecht kein WG. Vielmehr sind die steuerverstrickten stillen Reserven unmittelbar in dem anteiligen Gesellschaftsvermögen des Mitunternehmers enthalten.
Die ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübertragung einer Körperschaft auf eine PersGes (oder den Alleingesellschafter) durch Verschmelzung bedeutet in erster Linie die Vermeidung der Realisierung stiller Reserven durch die Umstrukturierung. Es entsteht insoweit keine Steuerbelastung als die Steuerverstrickung der stillen Reserven in Gestalt der übernehmenden PersGes fortgeführt werden kann. Der Wegfall des Steuersubjekts »Körperschaft« bedeutet hinsichtlich der offenen Reserven der Körperschaft (Kapitalrücklage, Gewinnrücklagen, Gewinnvortrag, Jahresüberschuss), dass die Besteuerung auf die Ebene der übernehmenden natürlichen Person (d.h. ESt) oder der Mitunternehmer der übernehmenden PersGes (d.h. ESt oder KSt) überführt werden muss.
Die grundlegenden Eckpfeiler der Besteuerung sind (Einzelheiten s. Patt/Krause/Bernhagen, Finanz und Steuern Bd. 6, 6. A., S. 127 ff. für nach dem 12.12.2006 angemeldete Verschmelzungen; Praxisbeispiel zur Verschmelzung einer KapGes auf ein Personenunternehmen s. Leuken, DB 2013, 1509):
Auf der Ebene der übertragenden Körperschaft (§§ 2, 3 UmwStG):
Bei einer Verschmelzung, die zur Eintragung in einem öffentlichen Register nach dem 12.12.2006 angemeldet worden ist, sind grundsätzlich die gemeinen Werte in der steuerlichen Schlussbilanz anzusetzen. Auf Antrag ist eine Minderbewertung (einheitlich) mit den (niedrigeren) Buchwerten oder Zwischenwerten möglich. Dies gilt jedoch nur und insoweit, als die WG Betriebsvermögen der PersGes (oder der natürlichen Person als Alleingesellschafter) werden und somit der Besteuerung mit ESt/KSt unterliegen oder das inländische Besteuerungsrecht für die stillen Reserven der übertragenen WG weder ausgeschlossen noch beschränkt wird. Zu Einzelheiten zur Bewertung nach »altem und neuem« Recht, s. → Bewertungswahlrecht bei Umwandlungen.
§ 2 Abs. 1 UmwStG eröffnet die Möglichkeit der rückwirkenden Verschmelzung. Danach sind das Einkommen und das Vermögen der übertragenden Körperschaft sowie des übernehmenden Rechtsträgers so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag), auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen wäre. Dieser Bilanzstichtag darf höchstens acht (bzw. zwölf in den Jahren 2020 und 2021) Monate vor der Anmeldung der Verschmelzung liegen (§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG).
Es kommt zwingend zu einer Gewinnrealisierung, wenn nicht in Gesellschaftsrechten bestehende (sonstige) Gegenleistungen gewährt werden.
Bei Verschmelzungen nach § 3 UmwStG i.d.F. des SEStEG hat § 10 UmwStG – wegen der geänderten Konzeption bei der Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens (→ Körperschaftsteuerguthaben) – nur noch Bedeutung für eine Körperschaftsteuererhöhung bei Vorhandensein von EK 02. Bei Verschmelzungen mit einem steuerlichen Übertragungsstichtag ab 1.1.2007 ist § 10 UmwStG nicht mehr anzuwenden (§ 27 Abs. 6 UmwStG; Ausnahme s. § 27 Abs. 6 Satz 2 UmwStG; dazu → Kapitalveränderungen bei Umwandlung [a.E.]). Der Endbetrag des EK 02 wird nämlich letztmalig auf den 31.12.2006 festgestellt und der entsprechende Körperschaftsteuererhöhungsbetrag (§ 38 Abs. 5 KStG) ist in zehn gleichen Jahresbeträgen von der Körperschaft (oder deren Rechtsnachfolgerin) zu entrichten.
§ 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG i.d.F. des JStG 2009 verhindert, dass eine Körperschaft, deren Verlustvortrag durch einen schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG (nach dem 28.11.2008, § 27 Abs. 9 UmwStG) verloren gehen würde, den Verlustuntergang dadurch umgeht, dass sie mit steuerlicher Rückwirkung vor dem Beteiligungserwerb auf eine PersGes unter Aufdeckung stiller Reserven verschmolzen wird. Rechtsfolge des § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG i.d.F. des JStG 2009 ist nämlich, dass eine Verrechnung des ohne Verschmelzung ansonsten untergehenden Verlustvortrags mit dem Übertragungsgewinn nicht möglich ist (dazu und zu Gestaltungsalternativen s. Sistermann/Brinkmann, Rückwirkende Verlustnutzung nach dem JStG 2009, DStR 2008, 2455 und s. Erlass des FinMin Brandenburg vom 28.5.2014, DStR 2015, 586).
Auf der Ebene der übernehmenden PersGes oder der natürlichen Person (§§ 4 bis 7 UmwStG):
Die PersGes (oder der Alleingesellschafter) übernimmt die Ansätze aus der steuerlichen Übertragungsbilanz (Werteverknüpfung; § 4 Abs. 1 UmwStG). Soweit die Übernehmerin an der übertragenden Körperschaft beteiligt ist, sind bis zur Höhe des gemeinen Werts der Anteile steuerwirksame Abschreibungen und Abzüge (gewinnerhöhend) rückgängig zu machen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 UmwStG). Ein in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers nach Verwaltungsauffassung entgegen § 5 EStG angesetztes WG (nicht passivierungsfähige stille Lasten im Fall des Ansatzes eines Zwischenwerts oder des gemeinen Werts) soll in der Steuerbilanz des übernehmenden Rechtsträgers auszuweisen sein (Werteverknüpfung), aber in der Folgezeit unter Anwendung des § 5 EStG ertragswirksam aufgelöst werden müssen (dazu → Bewertungswahlrecht bei Umwandlungen).
Die Übernehmerin tritt in die steuerliche Rechtsnachfolge sowie in Besitz- und Verbleibenszeiten hinsichtlich des übernommenen BV für Zwecke der ESt/KSt und GewSt ein (§ 4 Abs. 2 Satz 1 und 3 UmwStG).
Wird eine »Verlust«-Körperschaft rückwirkend verschmolzen und erfolgt im Rückwirkungszeitraum (nach dem 28.11.2008) ein schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG, gehen die Verluste der Überträgerin zwischen Einbringungszeitpunkt und Beteiligungserwerb für die Übernehmerin verloren (§ 2 Abs. 4 Satz 2 UmwStG; korrespondierende Vorschrift zur Verlustsperre hinsichtlich des Übertragungsgewinns, s.o.). Auch ein Zins- und EBITDA-Vortrag gem. § 4h Abs. 1 Satz 3 und 5 EStG der übertragenden Körperschaft geht nicht auf die Übernehmerin über (§ 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.d.F. des URefG 2008/WachstumsBG).
Wird eine »Gewinn«-Körperschaft rückwirkend auf eine bestehende PersGes verschmolzen (mit Anmeldung beim Registergericht nach dem 6.6.2013), können im Rückwirkungszeitraum von der Übernehmerin (originär) erwirtschaftete negative Einkünfte nicht mit einem Gewinn aus dem eingebrachten BV im Rückwirkungszeitraum bei der PersGes oder auch den Gesellschaftern der PersGes (im Rahmen der ESt-/KSt-Veranlagung) ausgeglichen oder verrechnet werden (§ 2 Abs. 4 Satz 3 und 5 sowie § 27 Abs. 12 UmwStG i.d.F. AmtshilfeRLUmsG; Ausnahme: Verschmelzung bei »verbundenen Unternehmen«, § 2 Abs. 4 Satz 6 UmwStG i.d.F. AmtshilfeRLUmsG).
Für die übernehmende PersGes oder den Alleingesellschafter als natürliche Person ist ein steuerlicher Übernahmegewinn/-verlust aus dem Erwerb des Vermögens der übertragenden Körperschaft und dem Untergang der Anteile an der Übertragerin zu ermitteln. Bei einer Verschmelzung, die zur Eintragung in einem öffentlichen Register nach dem 12.12.2006 angemeldet worden ist (§ 27 Abs. 1 UmwStG), kommt es gem. §§ 4 Abs. 4–7 und 7 UmwStG i.d.F. des SEStEG zu einem Konzeptwechsel gegenüber der Vorgängerregelung bei der Ermittlung und Versteuerung des Übernahmeergebnisses. Dieses berechnet sich auf den regelmäßig zurückbezogenen Übertragungsstichtag (s.o.) und grundsätzlich wie im bisherigen Recht (Differenz zwischen dem Wert der übernommenen WG und dem Buchwert der durch die Verschmelzung wegfallenden Anteile an der übertragenden Körperschaft abzüglich Verschmelzungskosten (ggf. zuzüglich eines Sperrbetrags gem. § 50c EStG 1999 – auslaufendes Recht). Die offenen Rücklagen der übertragenden Körperschaft werden aber nunmehr allen Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligung am Nennkapital als (fiktive) Einnahmen gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zugerechnet (§ 7 UmwStG i.d.F. des SEStEG). Persönlich werden von § 7 UmwStG nämlich sämtliche Anteilseigner der übertragenden Körperschaft erfasst, die Gesellschafter der übernehmenden PersGes werden, und zwar unabhängig davon, ob für diese ein Übernahmeergebnis zu ermitteln ist oder nicht (s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 07.02). Die fiktiven Bezüge i.S.d. § 7 UmwStG unterliegen dem KapESt-Abzug und werden bei Anteilen an der übertragenden Körperschaft im BV (inkl. der Anteile gem. § 17 EStG, die als in die Übernehmerin eingelegt gelten, § 5 Abs. 2 UmwStG) in gewerbliche Beteiligungserträge umqualifiziert. In Höhe der Einkünfte nach § 7 UmwStG vermindert sich das Übernahmeergebnis (§ 4 Abs. 5 Satz 2 UmwStG i.d.F. des SEStEG). Gleiches gilt für die Kosten der Vermögensübertragung (§ 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG). Der Teil des Übernahmeverlustes, der auf die Kapitaleinkünfte i.S.d. § 7 UmwStG i.d.F. des SEStEG entfällt, ist unter Beachtung der Grundsätze des Halb-/Teileinkünfteverfahrens bzw. § 8b Abs. 2 oder Abs. 7, 8 KStG zu berücksichtigen. Im Übrigen ist der Übernahmeverlust nicht abziehbar, soweit er auf Körperschaften entfällt, in den übrigen Fällen ist er zur Hälfte (bzw. im Teileinkünfteverfahren zu 60 %) zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 6 Sätze 1 und 4 UmwStG i.d.F. des SEStEG/JStG 2009). Aber auch ein auf natürliche Personen entfallender Übernahmeverlust geht steuerlich verloren, wenn und soweit die Anteile an der übertragenden Körperschaft innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Umwandlung entgeltlich erworben worden sind (§ 4 Abs. 6 Satz 5 UmwStG i.d.F. des SEStEG, nunmehr § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG i.d.F. des JStG 2009). Auf den Übernahmegewinn sind die §§ 3 Nr. 40 EStG, 8b KStG anzuwenden (§ 4 Abs. 7 UmwStG i.d.F. des SEStEG). Der auf eine KapGes entfallende Übernahmegewinn ist demnach nicht (mehr) zu 100 %, sondern nur noch zu 95 % steuerbefreit (vorbehaltlich § 8b Abs. 7 und 8 KStG). Weitere Einzelheiten s. Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 7. A., Tz. 43 und 125 ff. zu § 4 UmwStG und Stimpel, GmbH-StB 2008, 74.
Hinweis (Rückbeziehung der Verschmelzung):
>Die Rückwirkung von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG gilt nicht für im Rückwirkungszeitraum ausgeschiedene Gesellschafter der übertragenden Körperschaft. Daher ist für einen früheren, nach dem Übertragungsstichtag verstorbenen, Gesellschafter kein Übernahmeergebnis zu ermitteln (BFH vom 8.9.2020, X R 36/18, BStBl II 2021, 359).
Hinweis (Übernahmeverluste):
Die Systematik der Nichtberücksichtigung von Übernahmeverlusten kann dazu führen, dass steuerliche Anschaffungskosten des Gesellschafters letztlich untergehen, wenn die Beteiligung an der übertragenden Körperschaft vor der Verschmelzung unter Vergütung stiller Reserven erworben worden ist. Nach Auffassung des BFH wird das objektive Nettoprinzip tangiert, wenn der Ausschluss des Übernahmeverlustes durch § 4 Abs. 6 UmwStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002 dazu führt, dass erwerbsbezogener Aufwand ohne nachvollziehbare sachliche Rechtfertigungsgründe endgültig der steuerliche Abzug versagt bleibt. In diesem Fall könnte Raum für die Prüfung eröffnet sein, ob wegen sachlicher Unbilligkeit von der Festsetzung oder der Erhebung von Ertragsteuern nach §§ 163, 227 AO abzusehen ist (so BFH vom 24.6.2014, BFH/NV 2014, 1660). Dies dürfte wohl für die aktuelle Rechtslage nicht gelten. Denn der BFH sieht in der Nichtberücksichtigung von Anschaffungskosten für die Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft zwar eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips als gegeben an; diese sei jedoch gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber sich hier innerhalb seiner Typisierungsbefugnis bewegt (BFH vom 22.10.2015, IV R 37/13, BStBl II 2016, 919 und vom 5.11.2015, III R 13/13, BStBl II 2016, 468; dazu s. Heurung/Kollmann/Schmidt, StuB 2016, 527).
Wird eine vermögensverwaltend tätige Körperschaft umgewandelt, verfügt die übernehmende PersGes (wenn sie nicht gewerblich geprägt ist oder bei einer bestehenden PersGes gewerblich infiziert ist) oder der Alleingesellschafter als natürliche Person über PV. Für die Zugehörigkeit der übergehenden WG zu einem BV des übernehmenden Rechtsträgers ist es unbeachtlich, ob das BV im In- oder im Ausland belegen ist. Die Beurteilung, ob es sich beim übernehmenden Rechtsträger um BV handelt, ergibt sich nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen (§§ 13, 15 oder 18 EStG). Ob das übertragene Vermögen BV wird, beurteilt sich nach den Verhältnissen am steuerlichen Übertragungsstichtag. Die bloße Absicht des übernehmenden Rechtsträgers, sich in diesem Zeitpunkt gewerblich zu betätigen, ist nicht ausreichend (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 08.02). Die übertragende Körperschaft hat in ihrer steuerlichen Schlussbilanz alle stillen Reserven aufzudecken und einen entsprechenden Übertragungsgewinn zu versteuern (gem. § 3 Abs. 1 UmwStG sind zwingend die gemeinen Werte – inkl. der selbst geschaffenen immateriellen WG – anzusetzen; eine Minderbewertung scheidet wegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG aus). Der Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts erfolgt in diesen Fällen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auch dann, wenn der Betrieb der übertragenden Körperschaft nicht fortgeführt wird (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 03.14).
Die Einkünfte des infolge der Verschmelzung auf die PersGes übergehenden Vermögens sind unmittelbar bei den Gesellschaftern zu ermitteln (§ 8 Abs. 1 UmwStG). Die Einkunftsart bestimmt sich je nach den individuellen Verhältnissen (Tätigkeit) der Gesellschafter (oder des Alleingesellschafters). Die Ermittlung der Einkünfte ergibt sich unter entsprechender Anwendung der §§ 4, 5 UmwStG (offene Rücklagen als Kapitaleinkünfte) und 7 UmwStG i.d.F. des SEStEG (Besteuerung der stillen Reserven in den Anteilen; dazu s. Herkens, GmbH-StB 2020, 333).
Für Verschmelzungen, die nach dem 12.12.2006 zur Eintragung in das Register beantragt worden sind, gilt § 20 UmwStG i.d.F. des SEStEG (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG; ausgenommen sind übertragende PersGes, die nach § 1a KStG optiert haben; dazu vgl. 3.1.1., Hinweis 3). Dies bedeutet, dass neben den »Inlandsverschmelzungen« nunmehr auch die Verschmelzung auf eine ausländische KapGes des EU-/EWR-Bereichs, die in den Mitgliedstaaten Sitz und Ort der Geschäftsleitung hat (→ Kapitalgesellschaften), von § 20 UmwStG erfasst wird (s. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwStG a.F./§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwStG i.d.F. des KöMoG).
Hinweis 1 (übernehmende Gesellschaft aus der EU/dem EWR):
Der EU-/EWR-Bezug der übernehmenden/neuen Gesellschaft ist durch Änderung von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwStG durch das KöMoG fortgeschrieben worden; damit scheidet eine Verschmelzung auf eine Drittstaatengesellschaft (weiterhin) aus (kritisch hierzu s. Hageböke/Stangl, Ubg 2021, 242, Prinz FR 2021, 561 und Desens, DStR 2022, 1588 unter 2.6 und 2.7).
Hinweis 2 (Verschmelzung auf eine optierende Personenhandelsgesellschaft oder Partnerschaftsgesellschaft):
Die optierende Gesellschaft i.S.d. § 1a KStG ist als übernehmende Gesellschaft einer Sacheinlage gem. § 20 Abs. 1 UmwStG zu beurteilen (BMF vom 10.11.2021, BStBl I 2021, 2212 unter Rn. 100 Buchst. e).
Weiterhin ist die Verschmelzung auf eine Genossenschaft begünstigt. Bei Verschmelzungen mit Auslandsbezug sind auch Vorgänge ausländischen Rechts betroffen, die einer Verschmelzung vergleichbar sind (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG; zur Vergleichbarkeit s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 01.20 ff.). Abzustellen ist auf die wesentlichen Strukturmerkmale der Umwandlung nach ausländischem Recht im Rahmen einer typusorientierten Gesamtbetrachtung (dazu BFH vom 14.2.2022, VIII R 44/18, BStBl II 2022, 636 unter Rn. 18 und 19).
Die (steuerliche) Notwendigkeit der zusätzlich zur Verschmelzung erforderlichen Miteinbringung von → Sonderbetriebsvermögen mit (funktional) wesentlichen WG (dazu → Wesentliche Betriebsgrundlage) besteht – wegen des unverändert gebliebenen Sacheinlagegegenstands in § 20 Abs. 1 UmwStG – weiterhin (BFH Urteil vom 16.2.1996, BStBl II 1996, 342 und vom 16.12.2009, BStBl II 2010, 808; weitere Einzelheiten s. Dötsch u.a., KSt, Rn. 124 ff. zu § 20 UmwStG). Anders als bei der Verschmelzung von Körperschaften kann also eine handelsrechtlich wirksame Verschmelzung alleine noch nicht die Zugangsvoraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen der §§ 20 ff. UmwStG bewirken, wenn (funktional) wesentliches Sonderbetriebsvermögen vorhanden ist.
Steuerlicher Gegenstand der Sacheinlage i.S.d. § 20 Abs. 1 UmwStG bei der Verschmelzung einer PersGes auf eine KapGes ist der »Betrieb« der PersGes (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 20.05; zu den Rechtsfolgen s. Schmitt/Keuthen, DStR 2015, 860).
Die Umwandlungsvorgänge in eine KapGes (bzw. Genossenschaft) werden durch § 20 UmwStG in der Weise begünstigt, dass entgegen den allgemeinen Regeln des Ertragsteuerrechts (insb. § 16 EStG) eine Aufdeckung stiller Reserven des übertragenen Vermögens bei der PersGes (auf Antrag) unterbleiben kann. Denn die Übertragung von BV auf eine KapGes gegen Erhalt von Anteilen ist ein tauschähnlicher Vorgang und damit nach den allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen eine gewinnrealisierende Veräußerung. § 20 UmwStG vermeidet jedoch eine Ertragsteuerbelastung im Zeitpunkt der Änderung der Unternehmensstruktur. Die steuerliche Entlastung der Einbringung wird systematisch dadurch erreicht, dass die aufnehmende Gesellschaft auch Antrag den Buchwert des eingebrachten Vermögens übernehmen darf (§ 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Gleichzeitig wird durch § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG dieser Buchwert als »Veräußerungspreis« der WG des hingegebenen Vermögens fingiert. Für den Einbringenden ergibt sich demnach kein Gewinn aus der Verschmelzung. Die Steuerbegünstigung geht aber nicht so weit, dass auf eine Erfassung der steuerverstrickten stillen Reserven im eingebrachten Vermögen letztlich verzichtet wird. Vielmehr wird die Besteuerung nur verschoben. § 20 UmwStG erfordert, dass als Gegenleistung für das übertragene Vermögen dem Einbringenden neue Anteile an der aufnehmenden KapGes/Genossenschaft gewährt werden (wie dies bei der Verschmelzung regelmäßig der Fall ist; Ausnahmen: 100 % Tochter-Personengesellschaft wird auf Mutter-Kapitalgesellschaft verschmolzen oder Verzicht auf Ausgabe neuer Anteile auf Antrag, § 54 Abs. 1 UmwG; in diesen Fällen ist der Tatbestand des § 20 Abs. 1 UmwStG nicht erfüllt). Diese (Geschäfts-)Anteile an der Übernehmerin dienen bei den Anteilseignern zukünftig als (Besteuerungs-)Repräsentant für die stillen Reserven des ehemaligen BV der PersGes (einbringungsgeborenen Anteile aus Verschmelzungen, die bis 12.12.2006 angemeldet worden sind, unterliegen gem. § 21 UmwStG 1995 einer besonderen Steuerverhaftung, die sich aus der Steuerneutralität der Einbringung erklärt. § 21 UmwStG 1995 gilt auch nach Inkrafttreten des UmwStG i.d.F. des SEStEG (zeitlich unbegrenzt) weiter, s. § 27 Abs. 2 und 3 Nr. 2 UmwStG. Der Wert der einbringungsgeborenen Anteile bei Einbringung entspricht regelmäßig dem Wert für das von der Gesellschaft übernommene Vermögen). Dass auch die stillen Reserven erhaltenen bzw. der (alt-)einbringungsgeborenen Anteile mit den stillen Reserven im eingebrachten Vermögen zum Einbringungszeitpunkt identisch sind (sog. Verdoppelung der stillen Reserven), wird steuersystematisch dadurch sichergestellt, dass der (Buch- oder Zwischen-)Wertansatz der aufnehmenden Gesellschaft für das übernommene Vermögen gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG als Anschaffungskosten der aus der Einbringung erworbenen Anteile gilt (materiell-rechtliche Werteverknüpfung).
Es besteht das (freie und vom Handelsrecht unabhängige) Wahlrecht, neben der Buchwerteinbringung bei der Sacheinlage einen beliebig bestimmbaren Teil der stillen Reserven aufzudecken bis hin zur Vollrealisierung der Reserven durch Ansatz des gemeinen Werts als Obergrenze (z.B. zur Ausnutzung von vorhandenen Verlustvorträgen), wenn die übernehmende Gesellschaft auf Antrag eine entsprechende Bewertung vornimmt (→ Bewertungswahlrecht bei Umwandlungen).
Von der Möglichkeit der steuerneutralen Verschmelzung infolge Buchwertfortführung bestehen in bestimmten Fällen gesetzliche Ausnahmen. Dies ist der Fall, wenn und soweit das eingebrachte BV über ein negatives Kapital in der Steuerbilanz verfügt (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG), wenn und soweit neben den neuen Gesellschaftsrechten an der Übernehmerin für die Einbringung noch andere Leistungen erbracht werden und der gemeine Wert der Zusatzleistungen den Buchwert der Sacheinlage übersteigt (§ 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG a.F. bis 2014) bzw. bei nach dem 31.12.2014 erfolgten Verschmelzungsbeschlüssen, wenn und soweit der Wert der sonstigen Gegenleistungen die Grenzen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG überschreitet, wenn und soweit die inländische Besteuerung bei der Übernehmerin mit KSt sichergestellt ist (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UmwStG) und wenn und soweit das inländische Besteuerungsrecht für das eingebrachte BV weder ausgeschlossen noch beschränkt wird (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UmwStG i.d.F. des SEStEG). Einzelheiten zur Einschränkung der Buchwertfortführung s. Dötsch u.a., KSt, Rn. 215 ff. zu § 20 UmwStG. Bei der Verschmelzung einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG oder einer gewerblich infizierten KG oder OHG (§ 15 Abs. 3 EStG) mit beteiligten natürlichen Personen aus dem Ausland auf eine KapGes/Genossenschaft gelten in Sonderfällen besondere Bewertungsregeln, wenn der Verschmelzungsbeschluss nach dem 31.12.2013 erfolgt ist. In den Fällen des § 50i Abs. 1 EStG ist die Verschmelzung gem. § 50i Abs. 2 EStG n.F. stets mit dem gemeinen Wert anzusetzen, wenn und soweit WG und Anteile i.S.d. § 50i Abs. 1 EStG enthalten sind und soweit das inländische Besteuerungsrecht für die erworbenen Anteile an der Übernehmerin ausgeschlossen oder beschränkt ist (dazu → Bewertungswahlrecht bei Umwandlungen).
Für die Besteuerung der erhaltenen Anteile aus einer Einbringung gem. § 20 UmwStG i.d.F. des SEStEG (d.h. eine nach dem 12.12.2006 angemeldete Verschmelzung) gilt eine gegenüber der Vorgängerregelung geänderte Konzeption. Die stillen Reserven der Anteile werden grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften der Einzelsteuergesetze behandelt. Nur wenn innerhalb von sieben Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag die erhaltenen Anteile veräußert werden (oder bestimmte Ersatztatbestände verwirklicht werden, z.B. verdeckte Einlage der Anteile in eine KapGes), kommt es zu einer rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinns (s. § 22 Abs. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG).
Die grundlegenden Eckpfeiler der Besteuerung sind (Einzelheiten s. Patt/Krause/Bernhagen, Finanz und Steuern Bd. 6, 6. A., S. 400 ff.):
Auf der Ebene der übernehmenden KapGes/Genossenschaft §§ 20 Abs. 2, 3, 5, 9 und 23 UmwStG):
Bewertung des übernommenen BV mit dem gemeinen Wert oder auf Antrag der Übernehmerin Ansatz mit dem Buchwert oder einem dazwischen liegenden Wert (Einzelheiten s. → Bewertungswahlrecht bei Umwandlungen);
Übernahme des BV nach den Grundsätzen der steuerlichen Rechtsnachfolge (selbst bei einem Ansatz mit dem gemeinen Wert ist bei einer Einbringung im Wege der Verschmelzung steuerlich keine weitere Gewinnermittlung nach dem Anschaffungsprinzip gegeben, § 23 Abs. 4 Halbsatz 2 UmwStG);
es erfolgt eine Anrechnung von Besitz- und Verbleibenszeiten des einbringenden Rechtsträgers beim Ansatz des Buchwerts und zusätzlich auch bei einem Zwischenwertansatz (Dötsch u.a., KSt, Rn. 23 zu § 23 UmwStG);
gewerbesteuerliche Verlustvorträge der übertragenden PersGes gehen verloren, sie können nicht von der Übernehmerin verwertet werden (§ 23 Abs. 5 UmwStG);
ein Zinsvortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG) des eingebrachten Betriebs geht nicht auf die Übernehmerin über (§ 20 Abs. 9 UmwStG i.d.F. des URefG 2008);
verursacht bei Verschmelzungen der Einbringende Gesellschafter der umgewandelten PersGes nachträglich einen Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG), kann die Übernehmerin nach Maßgabe des § 23 Abs. 2 Satz 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG auf Antrag die Buchwerte der übernommenen WG i.H.d. versteuerten Einbringungsgewinns aufstocken, wenn und soweit die Steuer hierauf entrichtet worden ist;
bei der Übernehmerin sind die Verlustverwertungsbeschränkungen des § 2 Abs. 4 Satz 2 und 3–6 und Abs. 5 UmwStG (i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG) entsprechend anzuwenden (BFH vom 12.4.2023, I R 48/20, BFH/NV 2023, 1165).
Auf der Ebene der übertragenden PersGes (§ 20 Abs. 2 bis Abs. 4 Satz 1 UmwStG):
Der von der Übernehmerin gewählte Ansatz für das eingebrachte BV (Buchwert, Zwischenwert oder gemeiner Wert) gilt als Veräußerungspreis der Betriebseinbringung (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 20.05) für Zwecke der Ermittlung eines Einbringungsgewinns;
ein in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der PersGes zu erfassender (positiver) Einbringungsgewinn entsteht nur, wenn und insoweit durch einen Ansatz zum gemeinen Wert oder einen Zwischenwertansatz stille Reserven aufgedeckt oder unwesentliche WG des Sonderbetriebsvermögens in das PV der ehemaligen Gesellschafter der PersGes überführt werden;
der Einbringungsgewinn ist nach § 34 EStG tarifbegünstigt und nach § 16 Abs. 4 EStG freibetragsbegünstigt, soweit an der PersGes natürliche Personen beteiligt sind und bei der Umwandlung der gemeine Wert angesetzt wird (§ 20 Abs. 4 UmwStG); die Begünstigungen sind selbst dann ausgeschlossen, wenn die PersGes einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt, soweit stille Reserven auf das Umlaufvermögen entfallen (BFH vom 25.8.2010, BFH/NV 2011, 258); die Tarifbegünstigung entfällt beim Ansatz des gemeinen Werts, wenn auf den Einbringungsgewinn § 6b oder § 6c EStG angewendet wird (§ 34 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 3 Satz 6 EStG), wenn und soweit Teile des Einbringungsgewinns dem Teileinkünfteverfahren unterliegen;
die Einbringung im Wege der Verschmelzung hat eine Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags i.S.d. § 34a Abs. 4 EStG zur Folge (§ 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG).
Auf der Ebene der Gesellschafter der übertragenden PersGes (§§ 20 Abs. 3, 22 Abs. 1, 3 UmwStG):
Die ehemaligen Gesellschafter an der PersGes erwerben Anteile an der übernehmenden Gesellschaft (bei Verschmelzung mit Rückwirkung – abweichend von der Zivilrechtslage – zum rückbezogenen Einbringungsstichtag, s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 20.14);
die Anschaffungskosten der Anteile werden durch den Ansatz des übernommenen BV (d.h. Buchwert, Zwischenwert oder gemeiner Wert) festgeschrieben (materiell-rechtliche Werteverknüpfung gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG); werden neben den neuen Anteilen andere Gegenleistungen gewährt (z.B. Darlehensforderungen oder eigene Anteile), ist der gemeine Wert der Zusatzleistung von den Anschaffungskosten in Abzug zu bringen; von den Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile sind im Fall der rückwirkenden Verschmelzung auch die Buchwerte der Entnahmen aus der PersGes im Rückwirkungszeitraum abzuziehen (§ 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG), durch den Abzug der Entnahmen können auch (sog.) negative Anschaffungskosten der Anteile entstehen (BFH vom 7.3.2018, BFH/NV 2018, 1063);
werden nicht sämtliche stillen Reserven bei der Verschmelzung aufgedeckt (d.h. bei Buchwertfortführung oder Zwischenwertansatz), entstehen gem. § 21 UmwStG 1995 sog. steuerverstrickte einbringungsgeborene Anteile bei Verschmelzungen, die bis 12.12.2006 zur Eintragung angemeldet worden sind. Die stillen Reserven der sog. einbringungsgeborenen Anteile werden im Fall der Veräußerung (§ 21 Abs. 1 UmwStG 1995) oder Eintritt anderer (Ersatz-)Realisationstatbestände (§ 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995) besteuert (auch wenn diese Vorgänge nach dem 12.12.2006 erfolgen). Werden einbringungsgeborene Anteile (alten Rechts) im Rahmen einer nach dem 12.12.2006 angemeldeten Verschmelzung wieder gem. § 20 Abs. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG übertragen, gelten die dadurch erworbenen neuen Anteile an der Übernehmerin wiederum als einbringungsgeborene Anteile i.S.d. § 21 UmwStG 1995 (§ 20 Abs. 3 Satz 4 UmwStG). Bei allen anderen erhaltenen Anteilen aus einer Verschmelzung, die nach dem 12.12.2006 zur Eintragung angemeldet worden ist, kommt es zu einer rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinns (s. § 22 Abs. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG), wenn die (»sperrfristverhafteten«) Anteile innerhalb von sieben Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag veräußert oder die in § 22 Abs. 1 Satz 6 UmwStG i.d.F. des SEStEG aufgezählten Ersatztatbestände realisiert werden. Der nachträgliche sog. Einbringungsgewinn I bestimmt sich nach den bei Einbringung noch nicht aufgedeckten stillen Reserven abzüglich der Einbringungskosten und abzüglich von je 1/7 für jedes abgelaufene Zeitjahr bis zur Veräußerung. Der nachträgliche Einbringungsgewinn I erhöht die Anschaffungskosten der veräußerten Anteile und mindert/erhöht damit den nach allgemeinen Grundsätzen zu bestimmenden Gewinn/Verlust aus der Anteilsveräußerung. Der Einbringende hat die Pflicht, die Zurechnung der erhaltenen sperrfristverhafteten Anteile während der gesamten siebenjährigen Sperrfrist jährlich nachzuweisen (§ 22 Abs. 3 UmwStG). Bei Nichterbringung des Nachweises gelten die Anteile als veräußert.
Die steuerlichen Rechtsfolgen der Verschmelzung können auf Antrag (für alle Beteiligten) bis zu acht Monate vor der Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung im Handelsregister zurückbezogen werden (§ 20 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 UmwStG; Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtags). Maßgebend ist die Bestimmung des Stichtags der Schlussbilanz der übertragenden PersGes i.S.d. § 17 Abs. 2 UmwG (wenn dieser innerhalb der in § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG festgelegten Acht-Monats-Frist liegt).
Hinweis (Ausdehnung des Rückbezugszeitraums auf 12 Monate in den Jahren 2020 und 2021):
Der Gesetzgeber hat zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie das Umwandlungsrecht gelockert. Die Frist des § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG ist für Anmeldungen im Kj. 2020 und 2021 auf zwölf Monate verlängert worden (Art. 2, § 4 und § 7 Abs. 4 Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020, BGBl I 2020, 569 und Verordnung des BMJV vom 20.10.2020, BGBl I 2020, 2258), »um zu verhindern, dass aufgrund fehlender Versammlungsmöglichkeiten Umwandlungsmaßnahmen an einem Fristablauf scheitern« (s. BT-Drs. 19/18110 vom 24.3.2020, 5 unter 3. letzter Abs.).
Da die Rückwirkungsregel des § 20 Abs. 6 Satz 1 UmwStG auf das Handelsrecht verweist, gilt die Erweiterung der Rückwirkungsmöglichkeit auch für das Steuerrecht. Allerdings enthält § 20 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 UmwStG die Aussage, dass der rückbezogene Übertragungsstichtag höchstens acht Monate vor der Anmeldung der Verschmelzung liegen darf. Der Gesetzgeber hat zur Angleichung an die Erleichterungen im Handelsrecht die Acht-Monats-Frist auf zwölf Monate erweitert, wenn die Anmeldung zur Eintragung der Verschmelzung im Kj. 2020 erfolgt (s. § 27 Abs. 15 Satz 1 UmwStG i.d.F. des Corona-Steuerhilfegesetzes). Die Verordnungsermächtigung in § 27 Abs. 15 Satz 2 UmwStG ermöglicht die Verlängerung der Zwölf-Monats-Frist bis höchstens 31.12.2021, wenn und soweit die Erleichterungen nach § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG für Umwandlungen gem. § 4 COVID-19-Gesetz durch Rechtsverordnung verlängert werden (Bron, DStR 2020, 1009). Dies ist durch Verordnung des BMF zu § 27 Abs. 15 UmwStG vom 18.12.2020 (BGBl I 2020, 3042) erfolgt.
Die Verschmelzung einer PersGes auf eine optierende PersGes wird als Sacheinlage i.S.d. § 20 Abs. 1 UmwStG beurteilt; es gelten die Ausführungen zu 3.3 (BMF vom 10.11.2021, BStBl I 2021, 2212 unter Rn. 100 Buchst. e; Patt, EStB 2021, 391).
Die Verschmelzung optierender PersGes beurteilt sich nach den §§ 11 ff. UmwStG (vgl. 3.1.1).
Die Verschmelzung (nicht optierender) PersGes (§§ 15, 16 EStG) erfüllt den Tatbestand von § 24 Abs. 1 UmwStG (BFH vom 12.5.2016, BFH/NV 2016, 1489 unter Rn. 19). Die Anwendung des § 24 Abs. 1 UmwStG erfordert zwingend den Erwerb (oder die Erweiterung) einer Mitunternehmerstellung an der übernehmenden Gesellschaft. Dies wird handelsrechtlich i.d.R. dadurch sichergestellt, dass bei der Verschmelzung die Anteilsinhaber der übertragenden PersGes mit Eintragung der Verschmelzung in das entsprechende Register kraft Gesetzes Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, z.B. weil die Übernehmerin die 100%ige Mutter-Personengesellschaft ist, ist der Tatbestand des § 24 Abs. 1 UmwStG mangels Erweiterung einer Mitunternehmerstellung nicht gegeben (dazu s. Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 24 UmwStG Rn. 79).
Die Regelungen des UmwStG gelten nur für die Steuern von Einkommen und Vermögen, nicht aber z.B. für Verkehrsteuern (USt, GrESt; s. BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 01.01). Das GrESt-Recht folgt in Ermangelung ausdrücklicher anders lautender Vorschriften den zivilrechtlichen Vorgaben des UmwG. Da bei der Verschmelzung einer Gesellschaft mit Grundbesitz ein Vermögensübergang stattfindet (wobei die gesetzlich bestimmte Gesamtrechtsnachfolge nur der rechtliche Vollzug des Vermögensübergangs darstellt), kommt es folglich zu einem Grundstückswechsel zwischen verschiedenen Rechtsträgern. Somit führt die Verschmelzung einer Grundbesitz haltenden Gesellschaft regelmäßig zu einem grunderwerbsteuerpflichtigen (Erwerbs-)Vorgang i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG (ständige Rspr.: z.B. BFH Beschluss vom 7.3.2012, II B 90/11, BFH/NV 2012, 998 und BFH Urteil vom 17.12.2014, BStBl II 2015, 504 m.w.N.; Ausnahme: Übertragung sicherungsübereigneter Gebäude auf fremden Grund und Boden, s. Ropohl, DB 2005, 972). Dies gilt auch dann, wenn die beteiligten Gesellschaften durch eine Organschaft verbunden sind oder zu einem Konzern gehören (BFH Beschluss vom 7.3.2012, II B 90/11, BFH/NV 2012, 998 unter Hinweis auf BFH Urteil vom 15.12.2010, BStBl II 2012, 292). Durch die Verschmelzung von KapGes kann es auch zu einer Anteilsvereinigung von Anteilen an Grundbesitz haltenden Tochter- oder Enkel-Kapitalgesellschaften kommen. Dies löst den grunderwerbsteuerlichen Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG aus (zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage s. Behrendt/Wischott, DStR 2009, 1512).
Hinweis:
Der BFH hat entschieden, dass es sich bei der Verschmelzung einer PersGes auf eine KapGes gegen Gewährung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft um einen tauschähnlichen und damit entgeltlichen Vorgang nach § 20 UmwStG handle. Deshalb gehöre die bei der Einbringung anfallende GrESt zu den Anschaffungsnebenkosten des übernommenen Grundbesitzes (BFH Urteil vom 17.9.2003, BStBl II 2004, 686). Der GrESt-Aufwand ist somit nicht sofort abziehbar, sondern bei den Gebäuden (steuerwirksam verteilt über die Abschreibungsdauer) und dem Grund und Boden (steuerwirksam erst bei Veräußerung) nachzuaktivieren (BMF vom 18.1.2010, BStBl I 2010, 70 und BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 23.01).
Dies gilt nicht, wenn die Verschmelzung zu einer Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG führt; hier ist ein sofortiger Betriebsausgabenabzug gegeben, wenn eine PersGes auf eine KapGes/Genossenschaft verschmolzen wird (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 23.01 mit Hinweis auf BFH vom 20.4.2011, BStBl II 2011, 761). Zur Behandlung der GrESt nach § 1 Abs. 3 GrEStG bei Verschmelzung von Körperschaften s. 3.1.2 unter Hinweis 1.
Kommt es infolge der Verschmelzung zu einem Erwerbstatbestand gem. § 1 Abs. 2a GrEStG (Wechsel im Gesellschafterbestand einer PersGes), sollten nach bisheriger Auffassung der FinVerw hingegen Anschaffungsnebenkosten zu erfassen sein (Ausnahme nur, wenn die Anteilsvereinigung auf einer unteren Beteiligungsebene erfolgt und eine KapGes zwischengeschaltet ist; Verfügung der OFD Rheinland vom 23.1.2012, FR 2012, 284, bundeseinheitlich; kritisch: Gadek/Mörwald, DB 2012, 2010). Der BFH hat sich dieser Meinung nicht angeschlossen und hinsichtlich der durch einen Gesellschafterwechsel ausgelösten Grunderwerbsteuer weder Anschaffungsnebenkosten der erworbenen Personengesellschaftsbeteiligung noch deren Grundbesitz angenommen (BFH vom 2.9.2014, IX R 50/13 BStBl II 2015, 260). Die FinVerw hat sich nunmehr dieser Auffassung angeschlossen und die Revision in einem Parallelverfahren (FG München Urteil vom 22.10.2013, EFG 2014, 478, nunmehr rkr.) zurückgenommen (OFD NRW vom 21.4.2015, FR 2015, 476 und Landesamt für Steuern Niedersachsen vom 16.7.2018, DB 2018, 2274).
Soll durch die Umstrukturierung keine Zusammenfassung von Unternehmen, sondern nur die Änderung der Rechtsform von einer PersGes in eine KapGes (oder umgekehrt) verfolgt werden, ist der Verschmelzung ein Formwechsel vorzuziehen. Aufgrund des identitätswahrenden Wechsels der Gesellschaftsform fällt beim Formwechsel keine GrESt an (FinMin Baden-Württemberg vom 18.9.1997, GmbHR 1997, 1016 und vom 19.12.1997, DB 1998, 167).
Im Rahmen der Gesetzgebung zum UntStFG war vorgesehen, die GrESt-Belastung als Umstrukturierungshemmnis bei Konzernsachverhalten zu beseitigen. Es solle kein steuerbarer Erwerbsvorgang vorliegen, wenn an der Umwandlung nur Konzernunternehmen beteiligt sind und die Grundstücke sowie das grundbesitzende Unternehmen mindestens fünf Jahre dem Konzern weiter angehören. Dieses Gesetzesvorhaben ist – ebenso wie spätere Initiativen in dieser Richtung (s. Behrens/Schmitt, DB 2005, 525) – nicht umgesetzt worden. Auch eine Steuererleichterung bei der Erhebung der GrESt gibt es nicht.
Der Erwerbstatbestand i.S.d. § 1 GrEStG wird im Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das maßgebende Register verwirklicht. Für Verschmelzungsfälle, die nach dem 31.12.2009 in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen werden, wird die GrESt unter bestimmten Voraussetzungen nicht erhoben (§§ 6a, 23 Abs. 8 GrEStG i.d.F. des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes).
Hinweis:
Der BFH hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG eine nach Art. 107 Abs. 1 AEUV verbotene Beihilfe ist (BFH vom 30.5.2017, II R 62/14, BStBl II 2017, 916). Soweit die Steuerbegünstigung nämlich an bestimmte Voraussetzungen anknüpft (z.B. Umwandlungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG), könnten Zweifel daran bestehen, ob die Vorschrift deswegen einen unzulässigen selektiven Vorteil verschafft. Die selektive Wirkung könnte sich zum einen daraus ergeben, dass die Vorschrift nur für Umwandlungen und nicht für andere Maßnahmen zur Umstrukturierung gilt. Zum anderen könnte die selektive Wirkung darin bestehen, dass konzernzugehörige Unternehmen vom Anwendungsbereich des § 6a GrEStG ausgeschlossen sind, wenn das herrschende Unternehmen im Konzern nicht die geforderte Beteiligung von mindestens 95 % an einer abhängigen Gesellschaft aufweisen kann oder die Beteiligung an einer abhängigen Gesellschaft nicht während der gesamten Frist von fünf Jahren, sondern nur während einer kürzeren Frist vor und nach dem Rechtsvorgang besteht. Der EuGH hat entschieden, dass die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG unter den dort genannten Voraussetzungen die Selektivität des Steuervorteils i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht erfüllt (EuGH vom 19.12.2018, C-374/17, DStR 2019, 49). § 6a GrEStG verstößt daher nicht gegen primäres EU-Recht.
Die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG erfasst alle Umwandlungen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, zu denen auch die Verschmelzung rechnet. Begünstigt sind gem. § 6a Satz 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgänge
aus dem »umwandlungsbedingten« Rechtsträgerwechsel bei Grundstücken (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG),
aus der Änderung im Gesellschafterbestand oder der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 2a, 2b und 3 GrEStG);
aus einer als Folge der Verschmelzung übergehenden Verwertungsbefugnis (§ 1 Abs. 2 GrEStG) und
aus dem Erwerb einer wirtschaftlichen Beteiligung von mindestens 95 % an einer Gesellschaft (§ 1 Abs. 3a GrEStG, seit 7.6.2013).
Die Nichterhebung der GrESt ist – entgegen einem ersten Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/15) – auf Konzernsachverhalte beschränkt (dazu s. Erlasse der Bundesländer vom 22.9.2020, BStBl I 2020, 960; Neitz-Hackstein/Lange, GmbHR 2011, 122 und GmbHR 2012, 998; Klass/Möller, BB 2011, 407; Behrens, Ubg 2020, 631; Broemel/Mörwald, DStR 2021, 140). Dies bedeutet, dass an dem Verschmelzungsvorgang ausschließlich ein wirtschaftlich tätiges herrschendes Unternehmen und ein (oder mehrere) abhängige Unternehmen (als übertragende und übernehmende Rechtsträger, oder umgekehrt) beteiligt sein müssen (§ 6a Satz 3 GrEStG). Es ist nicht erforderlich, dass der an der Umwandlung als herrschendes Unternehmen beteiligte Rechtsträger ein Unternehmer i.S.d. § 2 UStG ist. Unerheblich ist auch, ob das herrschende Unternehmen die Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft im Privat- oder im BV hält (BFH vom 30.5.2017, II R 62/14, BStBl II 2017, 916 unter Rn. 29; ebenso Erlasse der Bundesländer vom 25.5.2023, BStBl I 2023, 995 unter 3.1). Eine Beherrschungssituation in diesem Sinne ist bei einer unmittelbaren oder/und/teilweisen mittelbaren Beteiligung (auf jeder Stufe) am Kapital oder Vermögen einer Gesellschaft von mindestens 95 % gegeben (§ 6a Satz 4 GrEStG; s. Erlasse der Bundesländer vom 25.5.2023, BStBl I 2023, 995 unter 3.2.1; FG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.4.2013, EFG 2013, 1257). Um ungewollte Mitnahmeeffekte der Steuervergünstigung zu verhindern, ist in § 6a Satz 4 GrEStG einerseits eine Vorbehaltensfrist festgelegt und andererseits eine nachträgliche Versagung festgeschrieben (»Nachbehaltensfrist«). Die Beteiligung von mindestens 95 % muss nämlich ununterbrochen fünf Jahre vor und nach der Eintragung der Verschmelzung vorliegen (Einzelheiten zum Ganzen: Erlasse der Bundesländer vom 25.5.2023, BStBl I 2023, 995 unter 3.2.2; Wischott/Schönweiß, DStR 2009, 2638; Dettmeier/Geibel, NWB 8/2010, 582; Neitz/Lange, Ubg 2010, 17; Scheunemann/Denissen/Behrens, BB 2010, 23; Behrens/Bock, NWB 2011, 615; Behrens, DStR 2012, 2149; Jorde/Trinkaus, Ubg 2012, 649; Heine, Stbg 2012, 485; Lieber/Wagner, DB 2012, 1772; Schwedhelm/Zapf, DStR 2016, 1906 und 1967). Diese Regelung, die eine dem Zweck der Vorschrift entgegenstehende Ausweitung der Steuerbegünstigung verhindern soll, ist dahin auszulegen, dass die Fristen nur insoweit maßgebend sind, als sie aufgrund der Umwandlung auch eingehalten werden können (BFH vom 30.5.2017, II R 62/14, BStBl II 2017, 916 unter Rn. 30; ebenso Erlasse der Bundesländer vom 25.5.2023, BStBl I 2023, 995 unter 3.2.2). So kann beispielsweise bei einer Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen nur die Frist »vor« der Verschmelzung eingehalten werden. Nach der Verschmelzung besteht die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft nicht mehr. Daher muss für Zwecke der Anwendung des § 6a GrEStG eine Nachbehaltensfrist nicht eingehalten werden (BFH vom 21.8.2019, II R 15/19 und II R 50/13, BStBl II 2020, 329; ebenso Erlasse der Bundesländer vom 25.5.2023, BStBl I 2023, 995 unter 3.2.2.2).
Die Beherrschungsverhältnisse i.S.d. § 6a Satz 4 GrEStG sind anzeigepflichtig (§ 19 Abs. 2 Nr. 4a GrEStG).
Der Übergang von Vermögen im Wege der Verschmelzung erfolgt zivilrechtlich durch Gesamtrechtsnachfolge. Demgemäß gehen die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den aufnehmenden Rechtsträger (Rechtsnachfolger) über (§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO, AEAO zu § 45 Nr. 1). Hierzu gehört auch die Duldung einer Betriebsprüfung. Die Prüfungsanordnung für die Prüfung der steuerlichen Verhältnisse der durch Verschmelzung beendeten Gesellschaft ist dem aufnehmenden Rechtsträger unter Hinweis auf die Gesamtrechtsnachfolge bekannt zu geben (AEAO zu § 197 Nr. 9.2), soweit es sich um Betriebssteuern handelt. Ist übertragender Rechtsträger eine PersGes und soll die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung der verschmolzenen PersGes geprüft werden, richtet sich die Prüfungsanordnung hingegen an die ehemaligen Gesellschafter. Steuerbescheide, die noch der übertragenden Gesellschaft zugegangen sind, wirken auch gegenüber dem Rechtsnachfolger (die Rechtsbehelfsfrist beginnt mit Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge nicht neu zu laufen). Steuerbescheide für die gem. § 45 Abs. 1 AO auf den Rechtsnachfolger übergehende Steuerschuld des übertragenden Rechtsträgers sind an den Rechtsnachfolger bekannt zu geben (AEAO zu § 122 Nr. 2.12).
Bei einer Verschmelzung (Gesamtrechtsnachfolge i.S.d. § 45 AO) hat der übernehmende Rechtsträger (und seine Organe) die Pflicht, eine als unrichtig (oder unvollständig) erkannte Steuererklärung des übertragenden Rechtsträgers nach § 153 Abs. 1 AO zu berichtigen (s. § 153 Abs. 1 Satz 2 AO; dazu s. Jesse, BB 2011, 1431 und Binnewies/Schüller, Die Aktiengesellschaft 2017, 70).
Zur örtlichen Zuständigkeit der Finanzämter für die einzelnen Steuerarten im Fall der Verschmelzung von KapGes sowie der Verschmelzung einer KapGes auf eine PersGes und umgekehrt s. Erlass des FinMin NRW vom 20.4.2012, FR 2012, 739.
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S.a. Literaturhinweise zu den Stichworten → Umwandlungssteuererlass 2011 und → Umwandlung.
→ Bewertungswahlrecht bei Umwandlungen
→ Kapitalveränderungen bei Umwandlung
→ Wesentliche Betriebsgrundlage
Redaktioneller Hinweis:
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