Gutscheine

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • §3 Abs. 13 UStG definiert einen Gutschein als Mittel, dass zur Zahlung verwendet wird, um Gegenstände oder Dienstleistungen zu erwerben. Instrumente, die dem Preisnachlass dienen, fallen nicht darunter.
  • Für die Erhebung der Umsatzsteuer ist seit der neuen Richtlinie (EU) 2016/1065 des Rates, die im Juli 2016 in Kraft getreten ist, maßgeblich, ob es sich um einen Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein handelt.
  • Ein Einzweck-Gutschein liegt vor, wenn bereits zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststeht, wie die mit dem Gutschein zu beziehenden Waren oder Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen (§ 3 a Abs. 14 UStG. n. F.). Die bezogene Lieferung oder Leistung, mit dem Einzweck-Gutschein unterliegt nicht der Umsatzsteuer.
  • Sind die Voraussetzungen für einen Einzweck-Gutschein nicht erfüllt, handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein (§ 3 a Abs. 15 UStG. n. F.). Leistungen oder Lieferungen, die mit einem Mehrzweck-Gutschein bezogen werden, unterliegen der Umsatzsteuer.

Inhaltsverzeichnis

1 Unionsrecht
2 Nationales Recht
2.1 Überblick über die Gesetzeslage bis 31.12.2018
2.2 Überblick über die Gesetzeslage ab 1.1.2019
3 Definition der Gutscheine im Allgemeinen
4 Unterschied zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen
4.1 Einzweck-Gutscheine
4.2 Mehrzweck-Gutscheine
5 Unterscheidung bei Besteuerung von Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen im Überblick
5.1 Einzweck-Gutscheine
5.2 Mehrzweck-Gutscheine
6 Leistungsausführung bei der Übertragung bzw. Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen
6.1 Begriffsbestimmungen
6.2 Die Übertragung bzw. Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen im Überblick
6.3 Rechnungsausstellung
6.4 Handeln im eigenen Namen
6.4.1 Umsatzsteuersätze in der Corona-Krise
6.4.2 Besteuerungszeitpunkt und Bemessungsgrundlage
6.5 Handeln im fremden Namen als Vermittler
6.5.1 Gutscheinübertragung im fremden Namen
6.5.2 Gutscheinausgabe im fremden Namen
6.6 Handeln im eigenen Namen auf fremde Rechnung
6.7 Gutscheinausstellung im eigenen Namen für eine fremde Leistung
6.8 Nicht eingelöste Gutscheine
6.9 Gutscheinrückgabe
7 Die Übertragung von Mehrzweck-Gutscheinen
7.1 Gutscheinausstellung durch den leistenden Unternehmer
7.2 Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen
7.3 Leistungsort bei Mehrzweck-Gutscheinen
7.4 Unentgeltliche Übertragung bzw. Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins
7.4.1 Übertragung bzw. Ausgabe durch den leistenden Unternehmer
7.4.2 Gutscheinausgabe durch den nicht leistenden Unternehmer
7.5 Mehrfache Gutscheinübertragung
7.6 Nicht eingelöste Gutscheine
7.7 Rückgabe von Mehrzweck-Gutscheinen
8 Gutscheine in der Gastronomie
8.1 Grundsätzliches zur Klassifizierung der Gutscheine
8.2 Gutscheinausstellung vor dem 1.7.2020
8.3 Gutscheinausstellung ab dem 1.7.2020
9 Wert- und Sachgutscheine für Arbeitnehmer
9.1 Ertragsteuerrechtliche Behandlung
9.2 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung
10 Hotelschecks
11 Telekommunikationsgutscheine
12 Preisnachlass- und Preiserstattungsgutscheine
13 Literaturhinweise
14 Verwandte Lexikonartikel

1. Unionsrecht

Am 1.7.2016 wurde die Richtlinie (EU) 2016/1065 des Rates vom 27.6.2016 zur Änderung der MwStSystRL hinsichtlich der Behandlung von Gutscheinen (Gutschein-Richtlinie) veröffentlicht (ABl EU 2016, Nr. L 177/9). Um eine bestimmte, einheitliche Behandlung zu gewährleisten, um den Grundsätzen einer allgemeinen, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionalen Verbrauchsteuer Rechnung zu tragen, um Inkohärenzen, Wettbewerbsverzerrungen, Doppelbesteuerung oder Nichtbesteuerung zu vermeiden und die Gefahr von Steuerumgehung zu vermindern werden für die mehrwertsteuerliche Behandlung von Gutscheinen spezielle Vorschriften benötigt (Begründung des Rats der Europäischen Union zum Erlass der Gutschein-Richtlinie vom 27.6.2016, ABl EU 2016, Nr. L 177/9, Abs. 2).

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Die EU-Regelungen betreffen nur Vorschriften, die zur Einlösung gegen Gegenstände oder Dienstleistungen verwendet werden können. Sie gelten dagegen nicht für Instrumente, die den Inhaber zu einem Preisnachlass beim Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen berechtigen, aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten (Begründung der Gutschein-Richtlinie, Abs. 4).

Nach Art. 410b MwStSystRL gelten die neuen Art. 30a, 30b und 73a MwStSystRL für nach dem 31.12.2018 ausgestellte Gutscheine.

Nach Art. 2 der Gutschein-Richtlinie 2016/1065 erlassen und veröffentlichen die Mitgliedstaaten spätestens bis zum 31.12.2018 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um der Richtlinie 2016/1065 nachzukommen. Die Mitgliedstaaten wenden die Rechtsvorschriften ab dem 1.1.2019 an.

2. Nationales Recht

2.1. Überblick über die Gesetzeslage bis 31.12.2018

Bei Gutscheinen wurde bisher im Umsatzsteuerrecht zwischen Wertgutscheinen und Waren- oder Sachgutscheinen unterschieden. Während Wertgutscheine über einen bestimmten Nennbetrag bei dem ausstellenden Händler gegen eine beliebige Ware oder Dienstleistung eingetauscht werden können, beziehen sich Waren- oder Sachgutscheine auf eine konkret bezeichnete Ware oder Dienstleistung.

Die Ausgabe eines Wertgutscheins wurde bislang lediglich als Tausch von Zahlungsmitteln behandelt und stellte selbst keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne dar. Die Umsatzsteuer entstand erst im Fall der Einlösung des Wertgutscheins und damit bei Ausführung des konkreten Umsatzes (s.a. BFH vom 15.3.2022, V R 35/20, BStBl II 2023, 150, Leitsatz 2).

Bei Waren- oder Sachgutscheinen ist der Bezug zu der im Gutschein bezeichneten Leistung bereits bei Ausgabe des Gutscheins gegeben. Daher stellte der bei Erwerb eines Warengutscheins gezahlte Betrag eine Anzahlung auf die bezeichnete Leistung dar, die der Anzahlungsbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG unterlag (s. BT-Drs. 19/445, 58).

2.2. Überblick über die Gesetzeslage ab 1.1.2019

Durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) wird § 3 UStG um die Absätze 13 bis 15 ergänzt. Die Änderung soll eine einheitliche steuerliche Behandlung von im europäischen Binnenmarkt gehandelten Gutscheinen gewährleisten. Sie dient der Umsetzung von Art. 30a, 30b und 73a MwStSystRL in der Fassung der sog. Gutschein-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2016/1065) in nationales Recht. Die Umsetzung muss bis zum 31. Dezember 2018 erfolgen.

Nach § 27 Abs. 23 UStG sind die in § 3 Abs. 13 bis 15 und § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG enthaltenen Regelungen bezüglich der Gutscheine erstmals auf solche Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden. Für vor dem 1.1.2019 ausgestellten Gutscheine gilt die bisherige Verwaltungsauffassung unverändert fort.

Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist, ob bei dem Gutschein die Verpflichtung besteht, ihn als Gegenleistung – ganz oder teilweise anstelle einer regulären Zahlung – für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von sonstigen Leistungen anzunehmen. Das Gesetz sieht ebenso wie die Gutschein-Richtlinie per Definition Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine vor.

Mit BMF-Schreiben vom 2.11.2020 (BStBl I 2020, 1121) wird der UStAE geändert, insbes. wird ein neuer Abschn. 3.17 UStAE (Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine) eingefügt. Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind erstmals auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden.

3. Definition der Gutscheine im Allgemeinen

§ 3 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG definiert den Gutschein. Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

  1. die Verpflichtung besteht, es als Gegenleistung oder Teil einer solchen für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von Dienstleistungen anzunehmen und

  2. die zu liefernden Gegenstände oder zu erbringenden Dienstleistungen oder die Identität der möglichen Lieferer oder Dienstleistungserbringer entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind (Art. 30a Nr. 1 MwStSystRL).

Nach § 3 Abs. 13 UStG handelt es sich dann um einen Gutschein, wenn der Inhaber berechtigt ist, diesen an Zahlungs statt zur Einlösung gegen Gegenstände oder Dienstleistungen zu verwenden.

Diese Instrumente können körperlicher Art sein (z.B. Papierdokumente oder Plastikkarten) oder in elektronischer Form bestehen. Ein Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 13 UStG kann auch dann vorliegen, wenn der auf dem Gutschein aufgedruckte Nennwert nicht zur vollständigen Begleichung der Leistung ausreicht und der Gutscheininhaber im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Gutscheins eine Zuzahlung leisten muss (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStAE).

Die Regelung gilt ausdrücklich nicht für Instrumente, die den Erwerber zu einem Preisnachlass berechtigen, ihm aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten (§ 3 Abs. 13 Satz 2 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 4 und Abschn. 17.2 UStAE; s.u. den Gliederungspunkt »Preisnachlass- und Preiserstattungsgutscheine«).

Nach dem EuGH-Urteil vom 28.4.2022 (C-637/20, UR 2022, 375, LEXinform 4251152) sind Citycards für Touristen als Gutschein einzuordnen.

Entscheidungssachverhalt:

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens vertrieb eine sog. Citycard, die für Touristen gedacht war, die Stockholm besuchten. Diese Karte gab ihrem Inhaber während eines begrenzten Zeitraums und bis zu einem bestimmten Wert das Recht auf Zugang zu rund 60 touristischen Attraktionen und rund zehn Personenbeförderungsleistungen, etwa Rundfahrten mit »Hop-on-hop-off«-Bussen oder anderen Sightseeing-Touren. Einige dieser Dienstleistungen unterlagen der Mehrwertsteuer mit einem Steuersatz von 6 % bis 25 %, während andere von der Mehrwertsteuer befreit waren. Der Inhaber der Karte verwendet sie quasi als Zahlungsmittel; er zahlt nichts zusätzlich, sondern die Karte wird schlicht von einem hierfür entwickelten Lesegerät eingelesen.

Die Karte musste innerhalb eines Jahres nach ihrem Kauf genutzt werden. Der Dienstleistungserbringer erhielt von der Klägerin für jeden Zugang oder jede Nutzung eine Gegenleistung in Höhe eines Prozentsatzes des normalen Zugangs- oder Nutzungsentgelts (s.a. Anmerkungen vom 4.5.2022, LEXinform 0402274 sowie vom 11.5.2022, LEXinform 0888159).

Entscheidungsgründe:

Nach Art. 30a Nr. 1 MwStSystRL ist zu prüfen, ob bei dem in Rede stehenden Instrument die Verpflichtung besteht, es als Gegenleistung oder als Teil einer solchen für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von Dienstleistungen anzunehmen, und zum anderen, ob die zu erbringenden Leistungen oder die Identität der möglichen Leistungserbringer entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen angegeben sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (EuGH C-637/20, Rz. 21).

Dem Vorbringen der Finanzbehörde, die Karte könne kein Gutschein i.S.d. Art. 30a Nr. 1 MwStSystRL sein, weil es einem Durchschnittsverbraucher aufgrund der begrenzten Gültigkeitsdauer dieser Karte nicht möglich sei, alle angebotenen Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, kann nicht gefolgt werden. Aus der Definition des »Gutscheins« in Art. 30a Nr. 1 MwStSystRL geht nicht hervor, dass die Gültigkeitsdauer der betreffenden Karte oder die Möglichkeit, alle damit angebotenen Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, für die Einstufung der Karte als »Gutschein« im Sinne dieser Bestimmung relevant wäre (EuGH C-637/20, Rz. 24 und 27).

Die Citycard ermöglicht den Zugang zu verschiedenen Dienstleistungen, die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen unterliegen oder von der Mehrwertsteuer befreit sind, und es lässt sich nicht vorhersehen, welche Leistungen der Inhaber dieser Karte auswählen wird.

In diesem Fall ist festzustellen, dass die Mehrwertsteuer, die für die vom Inhaber der in Rede stehenden Karte in Anspruch genommenen Dienstleistungen geschuldet wird, zum Zeitpunkt der Ausstellung der Karte nicht feststeht, was ihre Einstufung als »Einzweck-Gutschein« i.S.v. Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL ausschließt. Folglich ist diese Karte, da sie einen Gutschein darstellt, als »Mehrzweck-Gutschein« i.S.v. Art. 30a Nr. 3 MwStSystRL einzustufen (EuGH C-637/20, Rz. 30, 31).

§ 3 Abs. 14 und 15 UStG grenzen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine voneinander ab und bestimmen den Zeitpunkt der Steuerentstehung.

4. Unterschied zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen

4.1. Einzweck-Gutscheine

Ein Einzweck-Gutschein ist ein Gutschein,

  • bei dem der Ort der Lieferung der Gegenstände oder der Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, und

  • die für diese Gegenstände oder Dienstleistungen geschuldete Mehrwertsteuer

  • zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins

feststehen (Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL; § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG).

Ein Einzweck-Gutschein ist danach ein Gutschein, bei dem bereits bei dessen Ausstellung alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG).

Definition des Ausstellers:

Aussteller des Gutscheins ist derjenige, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 9 UStAE).

Für die Annahme eines Einzweck-Gutscheins ist

  • die Identität des leistenden Unternehmers anzugeben sowie

  • die Leistung dahingehend zu konkretisieren, dass

    • der steuerberechtigte Mitgliedstaat und

    • der auf die Leistung entfallende Steuersatz und

    • damit der zutreffende Steuerbetrag

    mit Sicherheit bestimmt werden können.

Zudem muss zur zutreffenden Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung, deren Ortsbestimmung vom Status des Empfängers abhängt, feststehen, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist und diese für sein Unternehmen bezieht (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStAE).

Wichtig:

Berechtigt der Gutschein zum Bezug einer sonstigen Leistung, muss bei der Gutscheinausstellung der Empfänger der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, angegeben werden. Für eine genaue Ortsbestimmung bei der Ausgabe bzw. erstmaligen Übertragung eines Einzweck-Gutscheins muss bei sonstigen Leistungen, deren Ortsbestimmung vom Status des Empfängers abhängt, feststehen, ob der Empfänger der sonstigen Leistung ein Unternehmer ist und diese für sein Unternehmen bezieht.

Definition der Ausgabe:

Der Verkauf eines Gutscheins an Kunden wird als Ausgabe bezeichnet (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 11 UStAE).

Definition der Übertragung:

Der Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern wird als Übertragung bezeichnet (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 10 UStAE).

Der Leistungsgegenstand muss für die Annahme eines Einzweck-Gutscheins zumindest im Hinblick auf die Gattung des jeweiligen Leistungsgegenstands auf dem Gutschein angegeben sein. Unter Gattung ist in diesem Zusammenhang die Gesamtheit von Arten von Waren oder sonstigen Leistungen zu verstehen, die in ihren wesentlichen Eigenschaften derart übereinstimmen, dass hieraus der zutreffende Steuersatz eindeutig bestimmbar ist (Abschn. 13.17 Abs. 2 Satz 4 und 5 UStAE).

Der Gutschein soll vom Aussteller sichtbar als Einzweck-Gutschein gekennzeichnet werden (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 6 UStAE). Grundlage dieser Kennzeichnung ist die rechtliche Einordnung des Gutscheins durch den leistenden Unternehmer. Auf die rechtliche Einordnung und die darauf basierende Kennzeichnung dürfen der Aussteller des Gutscheins sowie die nachfolgenden Unternehmer der Leistungskette vertrauen. Dies gilt nicht, soweit die Unternehmer der Leistungskette Kenntnis hatten oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes hätten Kenntnis haben müssen, dass die rechtliche Einordnung bzw. die Kennzeichnung des Gutscheins als Einzweck-Gutschein zu Unrecht erfolgt ist (s.a. das Beispiel in Abschn. 3.17 Abs. 2 UStAE).

4.2. Mehrzweck-Gutscheine

Alle Gutscheine, bei denen im Zeitpunkt der Ausstellung nicht alle Informationen für die zuverlässige Bestimmung der Umsatzsteuer vorliegen, sind Mehrzweck-Gutscheine (Art. 30a Nr. 3 MwStSystRL; § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 1 UStAE).

Beispiel 1:

Das Modehaus M aus Deutschland betreibt in mehreren Ländern der EU sowie in der Schweiz Filialen. M stellt am 5.2.2022 in seinem Modehaus in Aachen einen Gutschein für Bekleidung im Nennwert von 200 € an einen Kunden K aus. Der Kunde kann den Gutschein im allen Filialen einlösen. Am 15.5.2022 kauft K in der Filiale in Aachen ein Kleidungsstück im Wert von 250 €.

Lösung 1:

Es handelt sich um einen Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG, da bezüglich des Gutscheins die Verpflichtung besteht, ihn als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Kleiderlieferung anzunehmen und der Liefergegenstand (Kleidung) oder die Identität des leistenden Unternehmers (Modehaus M) auf dem Gutschein selbst angegeben sind.

Da der Ort der Kleiderlieferung, auf die sich der Gutschein bezieht, zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins nicht feststeht, stellt der Gutschein keinen Einzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG, sondern einen Mehrzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG dar. Der Ort der Lieferung könnte sich im Inland, in einem EU-Mitgliedsstaat oder im Drittland Schweiz befinden.

Demzufolge steht die gesetzlich geschuldete USt zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest.

Beispiel 2:

Das Modehaus M aus Deutschland betreibt in mehreren Ländern der EU sowie in der Schweiz Filialen. M stellt am 5.2.2022 in seinem Modehaus in Roermond (Niederlande) einen Gutschein für Bekleidung im Nennwert von 200 € an einen Kunden K aus. Der Kunde kann den Gutschein nur in der Filiale in Aachen einlösen. Am 15.5.2022 kauft K in der Filiale in Aachen ein Kleidungsstück im Wert von 250 €.

Lösung 2:

Der Ort dieser Lieferung ist in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG hinsichtlich des steuerberechtigten Mitgliedstaates hinreichend bestimmt ((Aachen). Da die mit dem Gutschein verkörperte Leistung (Lieferung Bekleidung), und die für den Umsatz (Verkauf des Kleidungsstücks) geschuldete USt zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG).

Zum Besteuerungszeitpunkt s. Beispiel 6.

Beispiel 3:

Das Modehaus M aus Deutschland betreibt in mehreren Ländern der EU sowie in der Schweiz Filialen. M stellt am 5.2.2022 in seinem Modehaus in Singen (Bodensee) einen Gutschein für Bekleidung im Nennwert von 200 € an einen Kunden K aus. Der Kunde kann den Gutschein nur in der Filiale in Singen einlösen. Am 15.5.2022 kauft K in der Filiale in Singen ein Kleidungsstück im Wert von 250 €. Der Kunde K aus der Schweiz lässt die Ausfuhr des Kleidungsstücks von der deutschen Grenzzollstelle nach § 6 Abs. 3a und 4 UStG i.V.m. § 17 UStDV bestätigen. Am 25.5.2022 sendet der Schweizer Kunde K den Ausfuhrbeleg an das Modehaus M in Singen.

Lösung 3:

Da die mit dem Gutschein verkörperte Leistung (Lieferung Bekleidung), der Ort dieser Lieferung (§ 3 Abs. 7 Satz 1 UStG: Singen) und die für den Umsatz (Verkauf des Kleidungsstücks) geschuldete USt zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG).

Berechtigt der Einzweck-Gutschein den Leistungsempfänger zum Bezug einer Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG, so bestimmt sich der Ort der fiktiven Lieferung aufgrund fehlender Warenbewegung im Zeitpunkt der Ausgabe bzw. erstmaligen Übertragung in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG. Die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a oder b UStG kommt daher nicht in Betracht (Abschn. 3.17 Abs. 5 Satz 1 und 2 UStAE).

Mit Ausgabe des Gutscheins am 5.2.2022 hat M den Gutschein im Voranmeldungszeitraum Februar 2022 zu versteuern.

Zum Besteuerungszeitpunkt und zur »Ausfuhrlieferung« s. Beispiel 7.

5. Unterscheidung bei Besteuerung von Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen im Überblick

5.1. Einzweck-Gutscheine

Ein Einzweck-Gutschein ist ein Gutschein, bei dem bereits bei dessen Ausstellung alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Die Besteuerung erfolgt bereits im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins (§ 3 Abs. 14 Satz 2 ff. UStG; Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 12 UStAE).

Definition der Ausgabe:

Der Verkauf eines Gutscheins an Kunden wird als Ausgabe bezeichnet (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 11 UStAE).

Definition der Übertragung:

Der Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern wird als Übertragung bezeichnet (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 10 UStAE).

Die spätere Gutscheineinlösung, also die tatsächliche Lieferung bzw. Leistungserbringung, ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt. Sollte eine Zuzahlung durch den Gutscheininhaber bei Einlösung des Gutscheins erfolgen, so ist lediglich die bislang noch nicht versteuerte Differenz zu versteuern (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 14 und 15 UStAE und dort das Beispiel 3).

5.2. Mehrzweck-Gutscheine

Mehrzweck-Gutscheine sind solche, bei denen im Zeitpunkt der Ausstellung nicht alle Informationen für die zuverlässige Bestimmung der Umsatzsteuer vorliegen. Bei dieser Art von Gutscheinen unterliegt erst die tatsächliche Lieferung bzw. die tatsächliche Ausführung der sonstigen Leistung der Umsatzsteuer, die Besteuerung wird also erst bei Einlösung des Gutscheins, nicht schon bei dessen Ausgabe durchgeführt. Die Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins und alle bis dahin erfolgten Übertragungen sind steuerlich unbeachtlich (§ 3 Abs. 15 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Sätze 1 bis 3 UStAE).

6. Leistungsausführung bei der Übertragung bzw. Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen

6.1. Begriffsbestimmungen

Hinsichtlich der Ausstellung und Übertragung von Gutscheinen nimmt der UStAE die folgenden Definitionen vor:

6.2. Die Übertragung bzw. Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen im Überblick

Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen des § 3 Abs. 14 Sätze 1 bis 4 UStG nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 14 UStAE).

Die folgende Übersicht zeigt die Übertragungs- bzw. Ausgabemöglichkeiten von Einzweck-Gutscheinen nach den Sätzen 2 bis 4 des § 3 Abs. 14 UStG.

6.3. Rechnungsausstellung

In einer Rechnung über die Übertragung bzw. Ausgabe eines Einzweck-Gutscheins nach § 3 Abs. 14 UStG ist die Bezeichnung der Gutscheinart (Einzweck-Gutschein) sowie eine kurze Beschreibung der Lieferung oder der sonstigen Leistung, zu deren Bezug der Gutschein berechtigt, ausreichend (Abschn. 14.5 Abs. 15 Satz 8 und Abschn. 3.17 Abs. 2 UStAE).

Beispiel 4:

Unternehmer K aus Deutschland betreibt ein Kaufhaus mit Waren, die dem Regelsteuersatz und dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. K stellt Gutscheine aus über einen Nennwert von 50 € zum Erwerb von Büchern, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. K veräußert am 15.2.09 einen Gutschein an Unternehmer A für 40 €.

Lösung 4:

Es handelt sich um einen Einzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG. K überträgt den Gutschein im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG).

K muss für den VZ Februar 09 die Ausgabe des Gutscheins als »fiktive« Bücherlieferung zum Steuersatz von 7 % erklären. Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der leistende Unternehmer K vom Leistungsempfänger A (Käufer des Einzweck-Gutscheins) dafür erhält, abzüglich der USt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Bemessungsgrundlage ist somit nicht der Nennwert des Gutscheins (50 €), sondern der aufgewendete Betrag (40 € abzgl. 7 % USt). Die Bemessungsgrundlage beträgt demnach (40 € : 107 × 100 =) 37,38 €, die USt 2,62 €.

Die tatsächliche Bücherlieferung, für die der Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wurde, gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG).

K stellt dem A eine Rechnung, die u.a. folgende Angaben enthält:

Firma Kaufhaus K

Steuernummer:

Sandstraße 25

11111/123/4567/8

67433 Neustadt a.d. Weinstraße

DE 987654321

An

Firma Karl Adam (A)

Herbststraße 33

67483 Edesheim

Neustadt, 17.2.09

Rechnung Nr. 123 – K – 134

Die Lieferung erfolgte am 15.2.09

Steuersatz 7 %

1 Einzweck-Gutschein nach § 3 Abs. 14 Satz 1 und 2 UStG über »fiktive« Bücherlieferung

37,38 €

Umsatzsteuer 7 %

2,62 €

Rechnungsbetrag insgesamt

40,00 €

Möglich wäre auch eine Kleinbetragsrechnung:

Kleinbetragsrechnung i.S.d. § 33 UStDV

Firma Kaufhaus K

Sandstraße 25

67433 Neustadt a.d. Weinstraße

Neustadt, 17.2.09

Steuersatz 7 %

1 Einzweck-Gutschein über Bücherlieferung

40,00 €

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG hat A einen Vorsteuerabzug i.H.v. 2,62 €.

6.4. Handeln im eigenen Namen

6.4.1. Umsatzsteuersätze in der Corona-Krise

Mit Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19.6.2020 (BGBl I 2020, 1385) wird in § 12 Abs. 2 UStG eine neue Nr. 15 angefügt. Danach ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.

Mit Art. 3 des Dritten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Drittes Corona-Steuerhilfegesetz) vom 10.3.2021 (BGBl I 2021, 330) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 15 die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Restaurant- und Verpflegungsleistungen bis zum 31.12.2022 verlängert (BT-Drs. 19/26544).

Hinweis:

Mit Art. 12 Nr. 1 des Achten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 24.10.2022 (BGBl I 2022, 1838) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bis zum 31.12.2023 verlängert.

Mit einem Zweiten Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) vom 29.6.2020 (BGBl I 2020, 1512) werden die Umsatzsteuersätze befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 % gesenkt (§ 28 Abs. 1 bis 3 UStG). S.a. → Umsatzsteuersatzänderungen in der Corona-Krise (s.u. Beispiel 6a).

6.4.2. Besteuerungszeitpunkt und Bemessungsgrundlage

§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG (Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL) bestimmt, dass jede Ausgabe bzw. Übertragung eines Einzweck-Gutscheins durch einen Stpfl., der im eigenen Namen handelt, als eine Lieferung der Gegenstände oder Erbringung der Dienstleistungen gilt, auf die sich der Gutschein bezieht. Demzufolge wird bereits zu diesem Zeitpunkt die mit dem Gutschein verkörperte Leistung »fiktiv« erbracht (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 12 UStAE). Die spätere (tatsächliche) Lieferung oder Dienstleistung für die der Einzweck-Gutschein angenommen wird, gilt nach § 3 Abs. 14 Satz 5 UStG »nicht als unabhängiger Umsatz« (Abschn. 3.7 Abs. 2 Satz 14 UStAE). Im Zeitpunkt der Leistungserbringung kommt es somit zu keiner Umsatzbesteuerung mehr. Sollte eine Zuzahlung durch den Gutscheininhaber bei Einlösung des Gutscheins erfolgen, so ist lediglich die bislang noch nicht versteuerte Differenz zu versteuern (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 15 UStAE und dort Beispiel 3).

Bei der entgeltlichen Ausgabe bzw. Übertragung eines Einzweck-Gutscheins bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach den allgemeinen Vorschriften des § 10 Abs. 1 UStG (Abschn. 3.17 Abs. 6 UStAE; s.o. den Gliederungspunkt »Rechnungsausstellung«).

Unternehmer A

Gutscheinaussteller eines Einzweck-Gutscheins (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 9 UStAE) zum Bezug einer Lieferung i.H.v. 350 € zum Regelsteuersatz

Im März des Kj. 01 Verkauf an

Kunden K für 300 €

Unternehmer B für 250 €

(Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 11 UStAE)

(Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 10 UStAE)

Gutscheinausgabe

Gutscheinübertragung

Es handelt sich um eine Gutscheinübertragung vor dessen Ausgabe.

Bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten entsteht die USt für die durch den Einzweck-Gutschein geschuldete Leistung im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins im März 01 (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 12 UStAE).

Bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten entsteht die USt für die durch den Einzweck-Gutschein geschuldete Leistung im Zeitpunkt der Übertragung des Gutscheins im März 01 (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 13 UStAE).

Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der Unternehmer A vom Käufer K des Einzweck-Gutscheins dafür erhält, abzüglich der USt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Bemessungsgrundlage ist somit nicht der Nennwert des Gutscheins (350 €), sondern der dafür erhaltene Betrag (300 € abzgl. 19 % USt).

Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der Unternehmer A vom Unternehmer B (Käufer) des Einzweck-Gutscheins dafür erhält, abzüglich der USt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Bemessungsgrundlage ist somit nicht der Nennwert des Gutscheins (350 €), sondern der dafür erhaltene Betrag (250 € abzgl. 19 % USt).

Stellt der leistende Unternehmer (A) einen Einzweck-Gutschein aus und überträgt ihn auf einen anderen Unternehmer (B), der ihn im eigenen Namen an den Kunden (C) ausgibt (Handeln in Vertriebsketten), gilt auch der ausgebende Unternehmer (B) als Leistender der auf dem Gutschein bezeichneten Leistung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Besteuerung der Leistungsfiktion des leistenden Unternehmers (A) an den ausgebenden Unternehmer (B) ist derjenige, in dem der ausstellende und leistende Unternehmer (A) den Gutschein an den ausgebenden Unternehmer (B) überträgt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Besteuerung der Leistungsfiktion des ausgebenden Unternehmers (B) ist die Ausgabe des Gutscheins an den Kunden C (Abschn. 3.17 Abs. 3 Satz 1 bis 3 UStAE).

Hinweis:

Bereits durch Beschluss vom 16.8.2022 (XI S 4/21 (AdV), BFH/NV 2022, 1261) hat der BFH wegen ernstlicher Zweifel an der Auslegung des § 3 Abs. 14 Satz 1 und 2 UStG Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung gewährt.

Vorlagebegründung des BFH XI R 21/21:

Zur Verdeutlichung seiner Vorlagefragen bildet der BFH in Rz. 30 ff. folgendes Beispiel einer Leistungskette:

Nach Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 3 Satz 1 bis 3 UStAE) kommt es hier zu einer Umsatzverdoppelung. Es gelten dann sowohl die Übertragung des Gutscheins von A auf B als auch die Übertragung von B auf C als Erbringung der Dienstleistung, auf die sich der Gutschein bezieht, während die (ggf. später erfolgende) tatsächliche Erbringung der Dienstleistung wiederum nicht mehr zu besteuern ist.

Damit ein Einzweck-Gutschein i.S.v. Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL vorliegt, muss der Ort der Dienstleistung, auf den sich der Gutschein bezieht, feststehen (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG). Damit stellt sich die Frage, ob es aufgrund einer derart mehrfachen Leistungserbringung für Zwecke des Art. 30a Nr. 2 MwStSystRL nur einen oder auch mehrere Leistungsorte geben kann.

Die Auslegungsmöglichkeiten der Fiktionswirkung des Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MwStSystRL zeigt der BFH in Rz. 34 ff. seines Vorlagebeschlusses vom 3.11.2022 (XI R 21/21, LEXinform 4256844) auf.

Erste Auslegung (Rz. 36 und 37):

Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Fiktionswirkung des Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MwStSystRL lediglich auf die im Gutschein in Bezug genommene Dienstleistung nur ihrer Art nach (im Beispielsfall auf die Erbringung einer elektronischen Dienstleistung) bezieht. In diesem Fall blieben die notwendigen Angaben auf dem Gutschein unberücksichtigt. Nach Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 3 UStAE muss u.a. zur zutreffenden Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung, deren Ortsbestimmung vom Status des Empfängers abhängt, feststehen, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist und diese für sein Unternehmen bezieht.

In einem solchen Fall kann es zu unterschiedlichen Leistungsorten kommen, wenn sich die Ortsbestimmung für die im Gutschein in Bezug genommene Dienstleistung nach dem Empfängerort richtet. Das bedeutet, dass sich bei der oben im Schaubild aufgezeigten Leistungsfiktion I der Ort der elektronisch erbrachten Dienstleistung nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG richten würde. Die Dienstleistung würde in Frankreich als ausgeführt gelten.

Ist der Empfänger der in § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG bezeichneten sonstigen Leistung hingegen kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird – wie oben bei der Leistungsfiktion II –, wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat (§ 3a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStG). Daraus folgt, dass für Leistungen an Unternehmer, die als solche handeln, und für Leistungen an Nichtunternehmer sowie an Unternehmer, die nicht als solche handeln, unterschiedliche Leistungsorte vorgesehen sind.

Ergebnis der ersten Auslegung:

Diese Auslegung des Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MwStSystRL würde dazu führen, dass kein Einzweck-Gutschein vorliegt, da bei seiner Ausgabe der Ort der sonstigen Leistung sowie die geschuldete USt nicht feststehen. Danach hätten sowohl A als auch B einen Mehrzweck-Gutschein übertragen, bei dem gem. § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer A einem Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, der USt unterliegt, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der USt unterliegt. Die Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins und alle bis dahin erfolgten Übertragungen sind dann steuerrechtlich unbeachtlich (vgl. Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 3 UStAE; s.a. BFH Beschluss vom 16.8.2022, XI S 4/21 (AdV), LEXinform 4251098, Rz. 37; s.u. den Gliederungspunkt »Die Übertragung von Mehrzweck-Gutscheinen«).

Zweite Auslegung (Rz. 39 und 40):

Möglich ist, dass bei einem Gutschein, der sich auf eine an einen Endverbraucher zu erbringende Dienstleistung bezieht, auch bei einer Übertragung zwischen zwei Unternehmern der Leistungsort der Übertragungsleistung am Ort der an den Endverbraucher zu erbringenden Dienstleistung liegt. In diesem Fall befände sich danach der Ort der Übertragung von A an B (Leistungsfiktion I) im Inland, da hier die Dienstleistung erbracht werden soll, auf die sich der Gutschein bezieht. Ein nicht im Inland ansässiger Zwischenhändler könnte sich dann im Inland registrieren, inländische USt sich im Inland anmelden und ggf. einen Vorsteuerabzug vornehmen oder Vorsteuer-Vergütung beantragen müssen.

Ergebnis der zweiten Auslegung:

Diese Auslegung des Art. 30b Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MwStSystRL würde dazu führen, dass ein Ein-zweck-Gutschein vorliegt. Denn der Ort der elektronischen Dienstleistung, auf die sich der Gutschein bezieht, wird sich bei Einlösung nicht nach Art. 44 MwStSystRL (§ 3a Abs. 2 UStG) bestimmen, da selbst dann, wenn die einlösende Person an sich ein Stpfl. i.S.d. Art. 2 und 9 MwStSystRL wäre, sie nicht i.S.d. Art. 44 MwStSystRL als solcher handeln wird, weil sie die elektronisch erbrachte Dienstleistung des A für private Zwecke beziehen wird. Der Leistungsort bei Einlösung wird daher nach Art. 58 Unterabs. 1 Buchst. c MwStSystRL zu bestimmen sein (§ 3a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStG).

Der Ort dieser Leistung steht fest, da nur eine Einlösung durch im Inland ansässige Endverbraucher in Betracht kommt.

Wenn die Gutschiene deshalb Einzweck-Gutscheine wären, hätte A als Aussteller der Gutscheine (über eine elektronisch erbrachte Dienstleistung), indem er diese an Vertriebshändler entgeltlich übertrug, diesen gegenüber eine entgeltliche, auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG) im Inland erbracht. Ebenso wäre jede weitere Übertragung (von B an C) eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung im Inland.

Beispiel 5:

Unternehmer K aus Deutschland betreibt ein Kaufhaus mit Waren, die dem Regelsteuersatz und dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

K stellt Gutscheine aus über einen Nennwert von 50 € zum Erwerb

  1. der Waren aus seinem Sortiment bzw.

  2. von Büchern, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

K veräußert am 15.2.22 einen Gutschein an A für 40 €.

Am 16.5.22 erwirbt A bei K ein Buch für 60 € und leistet nach Hingabe des Gutscheins noch einen Betrag von 10 €.

Lösung 5:

K ist Aussteller des Gutscheins (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 9 UStAE). Der Verkauf des Gutscheins durch K an den Kunden A wird als Ausgabe bezeichnet (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 11 UStAE).

Die mehrwertsteuerrechtliche Behandlung des Gutscheins ist abhängig von der Einteilung der Gutscheine in Einzweck- oder Mehrzweck-Gutscheine.

Im Fall a) handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein, da die für die Gegenstände geschuldete Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins nicht feststeht (Umkehrschluss aus § 3 Abs. 14 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 1 UStAE). Zur Behandlung der Mehrzweck-Gutscheine s.u. Beispiel 11.

Im Fall b) handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG. Jede Übertragung eines Einzweck-Gutscheins durch einen Stpfl., der im eigenen Namen handelt, gilt als eine Lieferung der Gegenstände oder Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG; Art. 30b Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL). Der Ort der »fiktiven Bücherlieferung« bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG (ruhende Lieferung; s. Abschn. 3.17 Abs. 5 Satz 1 UStAE).

K muss in diesem Fall die USt auf die Gegenleistung abführen, die er für den Einzweck-Gutschein erhalten hat. Entgelt für die fiktive Bücherlieferung im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll.

Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der Käufer des Einzweck-Gutscheins dafür aufwendet, abzüglich der USt. Bemessungsgrundlage ist somit nicht der Nennwert des Gutscheins (50 €), sondern der aufgewendete Betrag (40 € abzgl. 7 % USt). Die Bemessungsgrundlage beträgt demnach (40 € : 107 × 100 =) 37,38 €, die USt 2,62 € (Abschn. 3.17 Abs. 6 Satz 1 UStAE mit Beispiel 1).

Nach § 3 Abs. 14 Satz 2 UStG muss K für den VZ Februar 22 die Ausgabe des Gutscheins als »fiktive« Bücherlieferung zum Steuersatz von 7 % erklären (ruhende Lieferung nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG). Die tatsächliche Bücherlieferung, für die der Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wurde (im Wert von 50 €), gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 14 UStAE).

Im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung im VZ Mai 22 ist der Differenzbetrag von 10 € abzüglich USt zu versteuern (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 15 UStAE mit Beispiel 3). Die USt beträgt (10 € : 107 × 100 =) 0,65 €.

Beispiel 6:

S.a. Beispiel 2.

Das Modehaus M aus Deutschland betreibt in mehreren Ländern der EU sowie in der Schweiz Filialen. M stellt am 5.2.2022 in seinem Modehaus in Roermond (Niederlande) einen Gutschein für Bekleidung im Nennwert von 200 € zum Preis von 180 € an einen Kunden K aus. Der Kunde kann den Gutschein nur in der Filiale in Aachen einlösen. Am 15.5.2022 kauft K in der Filiale in Aachen ein Kleidungsstück im Wert von 250 €.

Lösung 6:

Da die mit dem Gutschein verkörperte Leistung (Lieferung Bekleidung), der Ort dieser Lieferung (Aachen) und die für den Umsatz (Verkauf des Kleidungsstücks) geschuldete USt zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG).

Jede Übertragung eines Einzweck-Gutscheins durch einen Stpfl., der im eigenen Namen handelt, gilt als eine Lieferung der Gegenstände oder Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG; Art. 30b Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL). Die »fiktive« Lieferung des M ist in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. Der Ort der »fiktiven Kleiderlieferung« bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG. Die »fiktive Lieferung« wird dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (in der Filiale in Aachen).

M muss in diesem Fall die USt auf die Gegenleistung abführen, die er für den Einzweck-Gutschein erhalten hat. Entgelt für die fiktive Kleiderlieferung im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll.

Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der Käufer des Einzweck-Gutscheins dafür aufwendet, abzüglich der USt. Bemessungsgrundlage ist somit nicht der Nennwert des Gutscheins (200 €), sondern der aufgewendete Betrag (180 € abzgl. 19 % USt). Die Bemessungsgrundlage beträgt demnach (180 € : 119 × 100 =) 151,26 €, die USt 28,74 €.

M muss für den VZ Februar 2022 die Ausgabe des Gutscheins als »fiktive« Kleiderlieferung zum Steuersatz von 19 % erklären (ruhende Lieferung nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG). Die tatsächliche Kleiderlieferung, für die der Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wurde (im Wert von 200 €), gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG).

Im Februar muss M eine Rechnung über einen »Einzweck-Gutschein für Kleidungsstücke« ausstellen. In der Rechnung weist M 28,74 € USt aus.

Im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung im VZ Mai 2022 ist der Differenzbetrag von 50 € abzüglich USt zu versteuern (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 15 UStAE mit Beispiel 3). Die USt beträgt (50 € : 119 × 100 =) 7,98 €.

Im Mai erstellt M eine Rechnung über ein Kleidungsstück unter Ausweis von 7,98 € USt.

Weist M in der Rechnung die USt auf den Gesamtbetrag des Kleidungsstücks i.H.v. 250 € : 119 × 19 = 39,92 € aus (statt 28,84 € + 7,98 € = 36,72 €), schuldet er nach § 14c Abs. 1 USt auch dem Mehrbetrag von 3,20 €.

Beachte den Hinweis nach dem Beispiel 6a.

Beispiel 6a:

Das Modehaus M aus Deutschland betreibt in mehreren Ländern der EU sowie in der Schweiz Filialen. M stellt am 21.12.2020 in seinem Modehaus in Roermond (Niederlande) einen Gutschein für Bekleidung im Nennwert von 200 € zum Preis von 180 € an einen Kunden K aus. Der Kunde kann den Gutschein nur in der Filiale in Aachen einlösen. Am 11.1.2021 kauft K in der Filiale in Aachen ein Kleidungsstück im Wert von 250 €.

Lösung 6a:

Zum Ort und Zeitpunkt der fiktiven Kleiderlieferung im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe s.o. Lösung 6.

In der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 beträgt der Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG 16 % (§ 28 Abs. 1 UStG).

Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der Käufer des Einzweck-Gutscheins dafür aufwendet, abzüglich der USt. Bemessungsgrundlage ist somit nicht der Nennwert des Gutscheins (200 €), sondern der für den Gutschein aufgewendete Betrag (180 € abzgl. 16 % USt). Die Bemessungsgrundlage beträgt demnach (180 € : 116 × 100 =) 155,17 €, die USt 24,83 €.

M muss für den VZ Dezember 2020 die Ausgabe des Gutscheins als »fiktive« Kleiderlieferung zum Steuersatz von 16 % erklären. Die tatsächliche Kleiderlieferung, für die der Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wurde, gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 14 UStAE).

Im Zeitpunkt der Leistungserbringung im VZ Januar 2021 ist der Differenzbetrag von 50 € nach dem zum Zeitpunkt der Gutscheineinlösung wieder geltenden Steuersatz von 19 % zu versteuern (Rz. 30 letzter Satz des BMF-Schreibens vom 30.6.2020, BStBl I 2020, 584). Die USt beträgt (50 € : 119 × 19 =) 7,98 € (s.a. Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 15 UStAE; s. dort auch das Beispiel 3).

Hinweis:

Ist bei Einlösung des Gutscheins noch eine Zuzahlung durch den Kunden zu leisten, geht die Finanzverwaltung in Rz. 30 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 2020, 584) bei der Anwendung des Steuersatzes für die Zuzahlung davon aus, dass die bisher noch nicht versteuerte Differenz nach der zum Zeitpunkt der Gutscheineinlösung geltenden Umsatzsteuersätzen zu versteuern ist.

In dem maßgeblichen BMF-Schreiben vom 2.11.2020 (BStBl I 2020, 1121) lässt die Finanzverwaltung die Frage offen, wie die Zuzahlung durch den Gutscheininhaber bei Einlösung der Gutscheins zu behandeln ist. In Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 15 UStAE und dort in Beispiel 3 trifft die Finanzverwaltung lediglich die Aussage, dass »lediglich die bislang noch nicht versteuerte Differenz zu versteuern ist«.

M.E. gilt die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird – im Beispielsfall die Lieferung von Bekleidung i.H.v. 200 € – nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG). Die Ortsbestimmung für diese »fiktive« Kleiderlieferung i.H.v. 200 € erfolgt nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG (Abschn. 3.17 Abs. 5 Satz 1 UStAE).

Der Wortlaut in Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 14 und 15 UStAE könnte aber so ausgelegt werden, dass im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung bezüglich der Zuzahlung keine weitere (neue) Lieferung vorliegt. Die tatsächliche Lieferung gilt insgesamt – und nicht nur i.H.d. Gutscheinwerts – nicht als unabhängiger Umsatz.

Nach der in Rz. 30 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 getroffenen Verwaltungsanweisung, muss die Zuzahlung aber ein weiterer unabhängiger Umsatz darstellen.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG sind Änderungen des UStG – hier die Steuersatzänderungen wegen der Corona-Krise – auf Umsätze anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten der maßgeblichen Änderungsvorschrift ausgeführt werden.

Der Beispielsfall 6a stellt sich wie folgt dar:

21.12 2020:

ab 01.01.2021

11.01.2021

Steuersatz 16 % (§ 28 Abs. 1 UStG

Steuersatz 19 %

Gutscheineinlösung und Zuzahlung i.H.v. 50 €

Ausstellung Einzweck-Gutschein über 180 €.

Bei Einzweckgutscheinen i.S.d. § 3 Abs. 13 und 14 UStG ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Besteuerung der Leistungsfiktion und damit die Bestimmung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes die Gutscheinausgabe des ausgebenden Unternehmers an den Kunden. Folglich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins entscheidend (s.a. Rz. 6 des BMF-Schreibens vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129). Ändern sich die Verhältnisse im Nachhinein, ist dies irrelevant. Die spätere Gutscheineinlösung ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt.

Wenn die tatsächliche Lieferung am 11.1.2021 nicht als unabhängige Lieferung gelten soll, dann müsste für die Zuzahlung der Steuersatz anzuwenden sein, der im Zeitpunkt der Leistungsausführung galt (s.a. Rz. 4 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020).

Bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ist der bis zum 31.12.2020 geltende Steuersatz anzuwenden (Rz. 27 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020).

Sollte bei Einlösung des Einzweck-Gutscheins jedoch eine Zuzahlung durch den Gutscheininhaber erfolgen, so ist die bislang noch nicht versteuerte Differenz nach den zum Zeitpunkt der Gutscheineinlösung geltenden Umsatzsteuersätzen zu versteuern (Rz. 30 letzter Satz des BMF-Schreibens vom 30.6.2020).

Mit der Verwaltungsregelung in Rz. 30 letzter Satz bringt die Verwaltung m.E. zum Ausdruck, dass mit der Zuzahlung einer weiterer (neuer) Umsatz ausgeführt wird, da für die Zuzahlung der bisherige Steuersatz für die bisherige fiktive Lieferung nicht mehr anzuwenden ist.

Wenn somit die Zuzahlung im Zusammenhang mit der tatsächlichen Lieferung als neue (weitere) Lieferung anzusehen ist, dann wäre der Zeitpunkt und der Ort dieser weiteren Lieferung nicht nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG, sondern nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG zu bestimmen. Da diese tatsächliche Lieferung dann kein unabhängiger Umsatz darstellt, käme in diesem Fall auch die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a oder b UStG in Betracht (entgegen der Verwaltungsregelung in Abschn. 3.17 Abs. 5 Satz 2 UStAE). Die Steuerbefreiung käme dann allerdings nur hinsichtlich der zu leistenden Zuzahlung in Betracht. Der Gutscheinverkauf selbst bleibt besteuert und von der eventuellen Steuerbefreiung unberührt (s.a. Huschens, DB 9/2019 unter III.3.a).

In der Lösung des folgenden Beispiels 7 wird auf diese Problematik eingegangen.

Beispiel 7:

S.a. Beispiel 3.

Das Modehaus M aus Deutschland betreibt in mehreren Ländern der EU sowie in der Schweiz Filialen. M stellt am 5.2.2022 in seinem Modehaus in Singen (Bodensee) einen Gutschein für Bekleidung im Nennwert von 200 € zum Preis von 180 € an einen Kunden K aus. Der Kunde kann den Gutschein nur in der Filiale in Singen einlösen. Am 15.5.2022 kauft K in der Filiale in Singen ein Kleidungsstück im Wert von 250 €. Der Kunde K aus der Schweiz lässt die Ausfuhr des Kleidungsstücks von der deutschen Grenzzollstelle nach § 6 Abs. 3a und 4 UStG i.V.m. § 17 UStDV bestätigen. Am 25.6.2022 sendet der Schweizer Kunde K den Ausfuhrbeleg an das Modehaus M in Singen.

Lösung 7:

Da die mit dem Gutschein verkörperte Leistung (Lieferung Bekleidung), der Ort dieser Lieferung (Singen) und die für den Umsatz (Verkauf des Kleidungsstücks) geschuldete USt zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG). Um einen Einzweck-Gutschein handelt es sich auch dann, wenn im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins nicht feststeht, ob das Kleidungsstück im Inland bleibt oder ausgeführt wird.

Jede Übertragung eines Einzweck-Gutscheins durch einen Stpfl., der im eigenen Namen handelt, gilt als eine Lieferung der Gegenstände oder Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG; Art. 30b Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL). Die »fiktive« Lieferung des M ist in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. Der Ort der »fiktiven Kleiderlieferung« bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG. Die »fiktive Lieferung« wird dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (in der Filiale in Singen). Eine Steuerbefreiung für die fiktive Kleiderlieferung kann nicht geltend gemacht werden, da der Gegenstand nicht in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet wird.

M muss in diesem Fall die USt auf die Gegenleistung abführen, die er für den Einzweck-Gutschein erhalten hat. Entgelt für die fiktive Kleiderlieferung im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll.

Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der Käufer des Einzweck-Gutscheins dafür aufwendet, abzüglich der USt. Bemessungsgrundlage ist somit nicht der Nennwert des Gutscheins (200 €), sondern der aufgewendete Betrag (180 € abzgl. 19 % USt). Die Bemessungsgrundlage beträgt demnach (180 € : 119 × 100 =) 151,26 €, die USt 28,74 €.

M muss für den VZ Februar 2022 die Ausgabe des Gutscheins als »fiktive« Kleiderlieferung zum Steuersatz von 19 % erklären (ruhende Lieferung nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG). Die tatsächliche Kleiderlieferung, für die der Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wurde (im Wert von 200 €), gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG).

Im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung im VZ Mai 2022 ist der Differenzbetrag von 50 € abzüglich USt zu versteuern (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 15 UStAE mit Beispiel 3). Die USt beträgt (50 € : 119 × 100 =) 7,98 €.

Zur Behandlung der Zuzahlung s. den Hinweis vor diesem Beispiel.

Hinsichtlich der Zuzahlung (50 €) liegt ein von der Versteuerung des Einzweck-Gutscheins unabhängiger Umsatz vor. Der Ort für diese »weitere Kleiderlieferung« bestimmt sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 UStG (Abhollieferung). Lieferungen, bei denen der Lieferort nach § 3 Abs. 6 UStG bestimmt wird, werden im Zeitpunkt des Beginns der Beförderung oder Versendung des Gegenstands – hier am 15.5.2022 – ausgeführt (Abschn. 13.1 Abs. 2 Satz 2 UStAE).

Für die steuerbare Übertragung eines Einzweck-Gutscheins kommt eine Steuerbefreiung für Ausfuhrliefe-rungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr – unabhängig von der Überschreitung der Wertgrenze – nicht in Betracht (ruhende Lieferung), da der Gegenstand der fiktiven Lieferung nicht in das Ausland bewegt wird (Abschn. 6.11 Abs. 6 Satz 1 UStAE mit Beispiel). Die tatsächliche Warenbewegung (am 15.5.2022) i.H.v. 200 € gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG).

Für den von der Versteuerung des Einzweck-Gutscheins unabhängigen Umsatz i.H.v. 50 € kann die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 3a UStG nicht geltend gemacht werden, da der Gesamtwert der Lieferung einschließlich USt 50 € nicht übersteigt. Der unabhängige Umsatz i.H.v. 50 € ist stpfl. (s.a. Abschn. 6.11 Abs. 2 UStAE).

Hinweis:

Mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) wurde § 6 Abs. 3a UStG durch Art. 12 Nr. 6 geändert. Diese Änderung sieht die zeitlich befristete Einführung einer Wertgrenze für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr vor.

Danach werden Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr mit Wirkung zum 1.1.2020 erst ab einem Gesamtwert der Lieferung einschließlich USt von 50 € von der USt befreit (§ 6 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3 UStG n.F.). Die Wertgrenze entfällt zum Ende des Jahres, in dem das bereits in Vorbereitung befindliche IT-Verfahren zur automatisierten Erteilung der Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigungen in Deutschland in den Echtbetrieb geht (§ 6 Abs. 3a Satz 2 UStG n.F.).

Mit Schreiben vom 10.1.2020 (BStBl I 2020, 184) nimmt das BMF zur Einführung einer Wertgrenze von 50 € für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr Stellung und ergänzt Abschn. 6.11 Abs. 2 bis 6 UStAE um entsprechende Verwaltungsregelungen.

Auch bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen greift die Steuerbefreiung erst dann, wenn der Gesamtwert der Lieferung einschließlich USt 50 € übersteigt. Für die Feststellung, ob die maßgebliche Wertgrenze überschritten wurde, wird der Rechnungsbetrag zugrunde gelegt (Abschn. 6.11 Abs. 3 Satz 1 UStAE).

Die Änderungen von § 6 Abs. 3a UStG sind erstmals auf Lieferungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 bewirkt werden.

Zur Beachtung der Wertgrenze i.S.d. § 6 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3 UStG s. → Ausfuhrlieferung im nichtkommerziellen Reiseverkehr.

6.5. Handeln im fremden Namen als Vermittler

6.5.1. Gutscheinübertragung im fremden Namen

Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt (§ 3 Abs. 14 Satz 3 UStG). Der Gutscheinvermittler wird nicht Teil der Leistungskette (Abschn. 3.17 Abs. 4 Satz 1 UStAE).

Definition der Übertragung:

Der Verkauf eines Gutscheins zwischen Unternehmern wird als Übertragung bezeichnet (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 10 UStAE).

Beispiel 8:

März 2022:

Unternehmer U stellt einen Gutschein über 50 € aus (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 9 UStAE). Damit kann der Gutscheininhaber Bücher aus dem Sortiment des U erwerben (Einzweck-Gutschein).

April 2022:

U überträgt den Gutschein an Unternehmer B (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 10 UStAE) für 40 €.

Mai 2022:

B überträgt den Gutschein im Namen und für Rechnung des Unternehmers U an Unternehmer C für 42 €.

B erhält von U 10 % Vermittlungsprovision.

Juni 2022:

C gibt den Gutschein im eigenen Namen an Endkunden E aus (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 11 UStAE). E entrichtet dafür an C 44 €.

Juli 2022:

E löst den Gutschein bei U ein.

Lösung 8:

Unternehmer B überträgt einen Einzweck-Gutschein im Namen des Unternehmers U an Unternehmer C. Diese Übertragung von B an C gilt als Bücherlieferung durch den Unternehmer U, da auf dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt (§ 3 Abs. 14 Satz 3 UStG).

Unternehmer B wird nicht Teil der Leistungskette (s.a. Abschn. 3.17 Abs. 4 Satz 1 UStAE).

Die USt für die Gutscheinübertragung des U an C entsteht im Übertragungszeitpunkt Mai 2022 (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 13 und Abs. 3 Satz 2 UStAE). Bemessungsgrundlage für die »fiktive« Bücherlieferung des U an C (Gutscheinübertragung) ist der Betrag, den U von C erhält, abzüglich USt. Die Bemessungsgrundlage beträgt somit (42 € : 107 × 100 =) 39,25 €, die USt beträgt 2,75 €.

Problematisch ist, dass C den Kaufpreis i.H.v. 42 € nicht direkt an U, sondern an B entrichtet. B muss dem leistenden Unternehmer U zur fristgerechten Versteuerung mitteilen, zu welchem Zeitpunkt Einzweck-Gutscheine übertragen werden, da der leistende Unternehmer U zu diesem Zeitpunkt die fiktiv erbrachte Leistung zu versteuern hat (s. Abschn. 3.17 Abs. 4 Satz 3 UStAE).

B muss für die Vermittlung des Gutscheins 4,20 € abzüglich 19 % USt versteuern.

C gibt den Gutschein im eigenen Namen an den Kunden E aus. C als ausgebender Unternehmer gilt ebenfalls als Leistender der auf dem Gutschein bezeichneten Bücherlieferung (Abschn. 3.17 Abs. 3 Satz 1 UStAE). Besteuerungszeitpunkt der Leistungsfiktion des ausgebenden Unternehmers C ist die Ausgabe des Gutscheins an den Kunden E im Juni 2022 (Abschn. 3.17 Abs. 3 Satz 3 UStAE). C hat im Juni eine »fiktive« Bücherlieferung i.H.v. 44 € abzgl. 7 % USt zu versteuern.

Die Gutscheineinlösung im Juli 2022, also die tatsächliche Bücherlieferung, ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 14 UStAE).

6.5.2. Gutscheinausgabe im fremden Namen

Gibt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im fremden Namen aus, wird er nicht Teil der Leistungskette. Vielmehr gilt die Ausgabe des Gutscheins an den Kunden als Leistung desjenigen, in dessen Namen der Unternehmer handelt (Abschn. 3.17 Abs. 4 Satz 1 und 2 UStAE).

Beispiel 9:

März 2022:

Unternehmer U stellt einen Gutschein über 50 € aus (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 9 UStAE). Damit kann der Gutscheininhaber Bücher aus dem Sortiment des U erwerben (Einzweck-Gutschein).

April 2022:

U überträgt den Gutschein an Unternehmer B (Abschn. 3.17 Abs. 1 Satz 10 UStAE) für 40 €.

Mai 2022:

B gibt den Gutschein an den Endkunden E im Namen und für Rechnung des Unternehmers U für 44 € aus.

B erhält von U 10 % Vermittlungsprovision.

Juni 2022:

E löst den Gutschein bei U ein.

Lösung 9:

B verkauft den Gutschein des U in dessen Namen und für dessen Rechnung. B ist nicht in die Bücherlieferung des U involviert (Abschn. 3.17 Abs. 4 Satz 1 UStAE). B erbringt lediglich eine Vermittlungsleistung. Der Vermittler B erbringt keinen steuerbaren Umsatz gegenüber dem Erwerber E des Gutscheins. B erbringt allerdings Absatzförderungsleistungen als Vermittler gegenüber dem vertretenen Unternehmer U. Das Entgelt des Vermittlers B bestimmt sich nach dem Betrag, den er vom Leistungsempfänger U für die Vermittlungsleistung erhält (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG gehören die von B im Namen und für Rechnung des U vereinnahmten Beträge als durchlaufende Posten nicht zum Entgelt des B. B erstellt gegenüber U monatliche Abrechnungen über die veräußerten Gutscheine und gibt diese zusammen mit seiner eigenen Provisionsabrechnung an U weiter.

Das Entgelt des B beträgt 10 % des Bruttoverkaufspreises von 44 € = 4,40 € abzgl. 19 % USt (4,40 € : 119 × 100) = 3,70 €.

Die Ausgabe des Gutscheins an den Endkunden E gilt als Leistung des U. U führt im Mai 2022 eine »fiktive« Bücherlieferung an E aus.

Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der Käufer E des Einzweck-Gutscheins dafür aufwendet, abzüglich der USt. Bemessungsgrundlage ist somit nicht der Nennwert des Gutscheins (50 €), sondern der aufgewendete Betrag (44 € abzgl. 7 % USt). Die Bemessungsgrundlage beträgt demnach (44 € : 107 × 100 =) 41,12 €, die USt 2,88 €.

U muss für den VZ Mai 2022 die Ausgabe des Gutscheins als »fiktive« Bücherlieferung zum Steuersatz von 7 % erklären. Die tatsächliche Bücherlieferung im Juni 2022, für die der Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wurde, gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG). Für eine fristgerechte Versteuerung des Umsatzes muss U wissen, zu welchem Zeitpunkt der Gutscheinverkauf durch B erfolgte. Durch die monatliche Abrechnung des B ist die fristgerechte Versteuerung durch U gewährleistet (s.a. das Beispiel in Abschn. 3.17 Abs. 4 UStAE).

6.6. Handeln im eigenen Namen auf fremde Rechnung

Die Gutscheinübertragung erfolgt im Rahmen einer Verkaufskommission in eigenem Namen und auf fremde Rechnung (s.o. den Gliederungspunkt »Handeln im eigenen Namen« und dort »Besteuerungszeitpunkt und Bemessungsgrundlage«). Maßgeblicher Zeitpunkt der Leistungsfiktion und damit der Besteuerung beider Leistungen ist der Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins an den Kunden. Der Gutscheinaussteller muss dem letztendlich leistenden Unternehmer zur fristgerechten Versteuerung mitteilen, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe Einzweck-Gutscheine an Kunden ausgegeben wurden (Abschn. 3.17 Abs. 3 Satz 4 ff. UStAE mit Beispiel 1).

6.7. Gutscheinausstellung im eigenen Namen für eine fremde Leistung

Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht (§ 3 Abs. 14 Satz 4 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 3 Satz 4 UStAE). Maßgeblicher Zeitpunkt der Leistungsfiktion und damit der Besteuerung beider Leistungen ist der Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins an den Kunden. Der Gutscheinaussteller muss dem letztendlich leistenden Unternehmer zur fristgerechten Versteuerung mitteilen, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe Einzweck-Gutscheine an Kunden ausgegeben wurden (Abschn. 3.17 Abs. 3 Satz 4 ff. UStAE mit Beispiel).

Zur Berücksichtigung der Mindestbemessungsgrundlage bei der Gutscheinübertragung i.S.d. § 3 Abs. 14 Satz 4 UStG s. Beispiel 14.

Beispiel 10:

Unternehmer A veräußert am 15.2.09 an X einen von A ausgestellten Gutschein über einen Nennwert von 50 € für 45 €. Der Gutschein berechtigt den X im Kaufhaus des K zum Erwerb eines Buches. Nach dem Verkauf des Gutscheins durch A an X leitet A vereinbarungsgemäß einen Betrag von 40 € an K weiter. Die von A einbehaltenen Differenz von 5 € steht A als Vermittlungsgebühr zu.

Am 16.5.09 erwirbt X bei K ein Buch für 50 €.

Lösung 10:

Unternehmer A stellt im eigenen Namen einen Einzweck-Gutschein über den Erwerb eines Buches aus. Die im Gutschein versprochene Bücherlieferung erbringt A jedoch nicht selbst, sie wird vielmehr vom Kaufhaus des K ausgeführt. Der spätere Leistungserbringer K wird so behandelt, als habe er die in dem Gutschein genannte Bücherlieferung an den Gutscheinersteller A erbracht (§ 3 Abs. 14 Satz 4 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 3 Satz 4 UStAE).

Bei Ausgabe des Gutscheins durch A an X im Februar 09 entsteht die USt für die durch den Einzweck-Gutschein geschuldete Leistung im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 12 UStAE).

Im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe durch A an X im Februar 09 erfolgt auch die Lieferfiktion des späteren Leistungserbringers K an den Gutscheinaussteller A. Beide »fiktive« Bücherlieferungen erfolgen somit im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins durch A an den Kunden X im Februar 09.

Im VZ der Veräußerung des Gutscheins (Februar 09) entsteht für A eine USt i.H.v. 2,94 € (7/107 des Verkaufspreises i.H.v. 45 €). A ist somit nach den Grundsätzen eines Kommissionsgeschäfts (Verkaufskommission) in die Lieferkette eingebunden.

Weiterhin wird fingiert, dass K eine Bücherlieferung an A erbracht hat, ebenfalls im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe im VZ Februar 09. Als Entgelt hierfür sind nach den Grundsätzen der Verkaufskommission 100/107 von 40 € = 37,83 € anzusetzen (Differenz zwischen Veräußerungserlös von 45 € und dem Provisionsanspruch des A von 5 €). Die zivilrechtliche Vermittlungsleistung des A gegenüber K ist nach den Grundsätzen der Verkaufskommission umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich.

Die tatsächliche Bücherlieferung, für die der Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wurde, gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG).

6.8. Nicht eingelöste Gutscheine

Sollte ein Einzweck-Gutschein vom Gutscheininhaber nicht (innerhalb der Gültigkeitsdauer) eingelöst werden und somit verfallen, ergeben sich hieraus allein keine weiteren umsatzsteuerlichen Folgen, da die ursprüngliche Leistung bereits bei Übertragung bzw. Ausgabe des Gutscheins als erbracht gilt und demzufolge in diesem Zeitpunkt zu versteuern ist. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG kommt nur dann in Betracht, wenn das Entgelt ausnahmsweise zurückgezahlt wird (Abschn. 3.17 Abs. 7 UStAE mit den Beispielen 1 und 2).

6.9. Gutscheinrückgabe

Wird ein Einzweck-Gutschein zurückgegeben und erhält der Kunde den Gutscheinwert ausnahmsweise zurückerstattet, so wird der ursprüngliche Umsatz rückgängig gemacht. Die USt ist nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG beim Gutscheinaussteller, beim leistenden Unternehmer sowie ggf. beim Kommissionär zu berichtigen (Abschn. 3.17 Abs. 8 UStAE).

Wird allerdings der Gutscheinbetrag rückerstattet, liegt eine Änderung der Bemessungsgrundlage gem. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG vor, da die »fiktive« Leistung rückgängig gemacht wird.

7. Die Übertragung von Mehrzweck-Gutscheinen

7.1. Gutscheinausstellung durch den leistenden Unternehmer

Bei einem Mehrzweck-Gutschein liegen nicht alle Informationen vor, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung des durch den Gutschein verkörperten Umsatzes zu bestimmen (Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 1 UStAE). Ein Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 13 UStG, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein (§ 3 Abs. 15 Satz 1 UStG).

Bei einem Mehrzweck-Gutschein unterliegt erst die tatsächliche Lieferung oder sonstige Leistung der USt; die Besteuerung wird also erst bei Einlösung des Gutscheins, nicht aber bei dessen Ausgabe durchgeführt (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 1 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 2 UStAE). Jede vorangegangene Übertragung des Mehrzweck-Gutscheins unterliegt nicht der Umsatzsteuer (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 2 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 3 UStAE).

Der Gutschein soll vom Aussteller sichtbar als Mehrzweck-Gutschein gekennzeichnet werden. Grundlage dieser Kennzeichnung ist die rechtliche Einordnung des Gutscheins durch den leistenden Unternehmer. Auf die rechtliche Einordnung und die darauf basierende Kennzeichnung dürfen der Aussteller des Gutscheins sowie die nachfolgenden übertragenden und der ausgebende Unternehmer der Leistungskette vertrauen. Dies gilt nicht, soweit die Unternehmer der Leistungskette Kenntnis hatten oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes hätten Kenntnis haben müssen, dass die rechtliche Einordnung bzw. die Kennzeichnung des Gutscheins als Mehrzweck-Gutschein zu Unrecht erfolgt ist (Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 6 ff.).

7.2. Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen

Die Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen bestimmt sich nach den Regelungen in § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Wird ein Mehrzweck-Gutschein, der über Vertriebsketten übertragen wurde, vom Gutscheininhaber eingelöst und liegen beim leistenden Unternehmer im Zeitpunkt der Einlösung keine Angaben über die Höhe der vom Kunden an den letzten Unternehmer in der Vertriebskette gezahlten Gegenleistung vor, bemisst sich das Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG. Haben der leistende Unternehmer und der gutscheinausgebende Unternehmer keine Vereinbarungen über die Höhe der Vergütung für die Vermittlungsleistung getroffen, ergibt sich diese aus der Differenz zwischen dem Gutscheinausgabepreis und dem Einkaufspreis des gutscheinausgebenden Unternehmers (Abschn. 3.17 Abs. 12 Satz 1 bis 3 UStAE mit Beispielen).

7.3. Leistungsort bei Mehrzweck-Gutscheinen

Bei einem Mehrzweck-Gutschein unterliegt erst bei dessen Einlösung die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung der Umsatzsteuer; über diese Leistung ist dann nach den allgemeinen Regelungen abzurechnen. Die Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins und alle bis dahin erfolgten Übertragungen sind umsatzsteuerlich unbeachtlich.

Richtet sich der Mehrzweck-Gutschein auf die Ausführung einer Lieferung, so bestimmt sich der Ort der Lieferung nach den allgemeinen Bestimmungen (§ 3 Abs. 5a UStG). Richtet sich der Mehrzweck-Gutschein auf die Erbringung einer sonstigen Leistung, so bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistung nach den Vorschriften des § 3a Abs. 1 UStG vorbehaltlich der Abs. 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e UStG.

Handelt ein Unternehmer bei der Ausgabe oder der Übertragung von Mehrzweck-Gutscheinen erkennbar im Namen des ausstellenden/übertragenden Unternehmers, erbringt er als Vermittler im Zeitpunkt der Übertragung und Ausgabe eine grundsätzlich steuerbare Vermittlungsleistung. Der Ort der Vermittlungsleistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 UStG (Abschn. 3.17 Abs. 11 UStAE mit Beispiel).

Beispiel 11:

Unternehmer K aus Deutschland betreibt ein Kaufhaus mit Waren, die dem Regelsteuersatz und dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

K stellt Gutscheine aus über einen Nennwert von 50 € zum Erwerb

  1. der Waren aus seinem Sortiment bzw.

  2. von Büchern, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

K veräußert am 15.2.09 einen Gutschein an A für 40 €.

Am 16.5.09 erwirbt A bei K für insgesamt 60 € Waren aus dem Sortiment und leistet nach Hingabe des Gutscheins noch einen Betrag von 10 €. Davon entfällt ein Bruttobetrag von 45 € auf Waren mit dem Regelsteuersatz und 15 € auf Waren mit dem ermäßigten Steuersatz.

Lösung 11:

Die mehrwertsteuerrechtliche Behandlung des Gutscheins ist abhängig von der Einteilung der Gutscheine in Einzweck- oder Mehrzweck-Gutscheine.

Im Fall b) handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG. Zur Behandlung der Einzweck-Gutscheine s.o. Beispiel 5.

Im Fall a) handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein, da die für die Gegenstände geschuldete Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins nicht feststeht (Umkehrschluss aus § 3 Abs. 14 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 4 und 5 UStAE; s.a. Beispiel 2 zu Abschn. 3.17 Abs. 9 UStAE). Der Gutschein soll vom Aussteller sichtbar als Mehrzweck-Gutschein gekennzeichnet werden.

Die tatsächliche Übergabe der Waren aus dem Sortiment an A, für die der Lieferer K der Gegenstände einen Mehrzweck-Gutschein als Gegenleistung annimmt, unterliegt der Mehrwertsteuer (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 1 UStG).

Als Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich der für den Gutschein gezahlte Betrag von 40 € anzusetzen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG; Art. 73a Alt. 1 MwStSystRL). Wenn K diesen Betrag nicht kennt, kann K den Nennwert des Gutscheins als Bemessungsgrundlage ansetzen (§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG; Art. 73a Alt. 2 MwStSystRL). Im Beispielsfall kennt K den Betrag der Gutscheinausgabe i.H.v. 40 €.

7.4. Unentgeltliche Übertragung bzw. Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins

7.4.1. Übertragung bzw. Ausgabe durch den leistenden Unternehmer

Bei der unentgeltlichen Übertragung bzw. Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Erbringung der Leistung bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen von einer unentgeltlichen Wertabgabe auszugehen. Dies gilt auch in dem Fall, in dem der leistende Unternehmer einen anderen Unternehmer mit der unentgeltlichen Ausgabe eines Gutscheins beauftragt. Die Bemessungsgrundlage ist nach den allgemeinen Regelungen in § 10 Abs. 4 Satz 1 UStG zu bestimmen (Abschn. 3.17 Abs. 12 Satz 4 bis 6 UStAE).

7.4.2. Gutscheinausgabe durch den nicht leistenden Unternehmer

Gibt ein Unternehmer, der nicht personenidentisch mit dem leistenden Unternehmer ist, einen Mehrzweck-Gutschein aus eigener Entscheidung für unternehmensfremde (private) Zwecke unentgeltlich aus, handelt es sich um eine Entnahme eines Zahlungsmittels, die nicht Gegenstand einer unentgeltlichen Wertabgabe ist. Umsatzsteuerrelevant ist in diesen Fällen allein die tatsächliche Lieferung oder sonstige Leistung durch den die Leistung erbringenden Unternehmer an den Empfänger des unentgeltlich ausgegebenen Mehrzweck-Gutscheins. Dieser Umsatz ist grds. mit dem Betrag zu bemessen, den der ausgebende Unternehmer beim Einkauf des Gutscheins aufgewendet hat (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Hat der die Leistung erbringende Unternehmer von diesem Betrag und der unentgeltlichen Gutscheinausgabe keine Kenntnis, ist die tatsächliche Lieferung oder sonstige Leistung nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG mit dem Gutscheinwert zu versteuern (Abschn. 3.17 Abs. 12 Satz 7 ff. UStAE).

Beispiel 12:

Der Unternehmer A betreibt ein Hotel, in dem er am Wochenende ein Brunchbuffet anbietet. A überträgt an den Unternehmer B, der ein Gutscheinportal betreibt, Gutscheine im Wert von jeweils 50 € für 25 €. Die Gutscheine können sowohl für die Übernachtungsleistung (Steuersatz 7 %) als auch für das Buffet (Steuersatz 19 %) eingelöst werden. B gibt einen Gutschein für unternehmensfremde (private) Zwecke an seinen Freund C unentgeltlich ab. C löst den Gutschein bei A für eine Übernachtung ein.

Lösung 12:

S. das Beispiel 3 in Abschn. 3.17 Abs. 12 UStAE.

Ist dem A bekannt, dass B den Gutschein unentgeltlich ausgegeben hat, so hat A im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins die von B erhaltenen 25 € abzüglich USt zu versteuern. Hat A keine Kenntnis von der unentgeltlichen Gutscheinausgabe, richtet sich die Bemessungsgrundlage für seine an C erbrachte Leistung nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG und beträgt damit 50 € abzüglich USt.

Hinweis:

S.u. den Gliederungspunkt »Gutscheine in der Gastronomie«.

7.5. Mehrfache Gutscheinübertragung

Jede vorangegangene Übertragung des Mehrzweck-Gutscheins ist ein nicht steuerbarer Vorgang und unterliegt nicht der Mehrwertsteuer (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 2 UStG; Art. 30b Abs. 2 MwStSystRL).Es handelt sich dabei um einen Tausch von Zahlungsmitteln (Abschn. 3.17 Abs. 10 Satz 1 UStAE).

Wird ein Mehrzweck-Gutschein von einem anderen Stpfl. als dem Stpfl., der den maßgeblichen Umsatz erbringt, übertragen, so unterliegen alle bestimmbaren Dienstleistungen wie etwa Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen der Mehrwertsteuer (Art. 30b Abs. 2 Unterabs. 2 MwStSystRL). Dies gilt sowohl bei der Übertragung im fremden als auch im eigenen Namen (Abschn. 3.17 Abs. 10 Satz 2 und 3 UStAE mit Beispiel).

Beispiel 13:

Unternehmer K aus Deutschland betreibt ein Kaufhaus mit Waren, die dem Regelsteuersatz und dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

K stellt Gutscheine aus über einen Nennwert von 50 € zum Erwerb von Waren aus dem Sortiment.

K veräußert am 15.2.09 einen Gutschein an Unternehmer A für 40 €.

  1. K und A vereinbaren, dass A die Gutscheine im eigenen Namen zum Preis von 45 € ausgibt.

  2. K und A haben keinerlei Vereinbarungen getroffen.

A veräußert am 17.3.09 den Gutschein an ArbN X für 45 €.

Am 16.5.09 erwirbt X bei K ein Buch für 60 € und leistet nach Hingabe des Gutscheins noch einen Betrag von 10 €.

Lösung 13:

Es handelt sich um einen Mehrzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG, da die für den Umsatz geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins nicht feststeht. Die Übertragungen des Gutscheins von K an A sowie von A an X unterliegen nicht der USt (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 2 UStG). Erst die tatsächliche Bücherlieferung, für die K den Mehrzweck-Gutschein als Gegenleistung annimmt, unterliegt der USt (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 1 UStG).

Lösung a):

K muss für den VZ Mai 09 die tatsächliche Bücherlieferung zum Steuersatz von 7 % erklären. Als Bemessungsgrundlage für die Bücherlieferung durch K ist der Betrag maßgeblich, den X für den Gutschein aufgewendet hat. K muss somit grundsätzlich den Betrag zugrunde legen, den X an A bezahlt (45 €).

Da lt. Sachverhalt K diesen Betrag kennt, hat er als Bemessungsgrundlage den Betrag von 45 € zzgl. der Zuzahlung von 10 €, insgesamt 55 € abzgl. USt (55 : 107 × 7 = 3,60), somit 51,40 € zugrunde zu legen (Abschn. 3.17 Abs. 12 Satz 1 UStAE).

A hat im VZ März einen Umsatz i.H.v. 5 € abzgl. USt zu versteuern (Abschn. 3.17 Abs. 10 Satz 3 UStAE). Die USt beträgt (5 : 119 × 19 =) 0,80 €.

Lösung b):

Falls K nicht weiß, welchen Betrag X für den Gutschein an A bezahlt hat, bestimmt § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG, dass in diesen Fällen der Nennwert des Gutscheins, abzüglich der USt, die auf die gelieferten Bücher entfällt, anzusetzen ist.

Bemessungsgrundlage ist der Nennwert des Gutscheins i.H.v. 50 € zzgl. die Zuzahlung von 10 €, abzüglich der USt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 und 6 UStG). Die Bemessungsgrundlage beträgt demnach (60 € : 107 × 100 =) 56,07 €, die USt 3,93 € (s. Abschn. 3.17 Abs. 12 UStAE mit Beispielen).

Wird ein Mehrzweck-Gutschein von einem anderen Stpfl. als dem Stpfl., der den maßgeblichen Umsatz erbringt, übertragen, so unterliegen alle bestimmbaren Dienstleistungen wie etwa Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen der Mehrwertsteuer (Art. 30b Abs. 2 Unterabs. 2 MwStSystRL).

K versteuert einen Gutscheinbetrag von 50 €, obwohl er lediglich 40 € von A erhalten hat. Der Differenzbetrag i.H.v. 10 € ist die bestimmbare Dienstleistung wie etwa Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen des A an K (Abschn. 3.17 Abs. 12 Satz 3 UStAE).

Da A nicht weiß, wann K die Leistung auf Grund des Gutscheins erbracht hat, wird K unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG mittels Gutschrift gegenüber A abrechnen. Danach muss A für die Vertriebs- bzw. Absatzleistungen aus dem Bruttobetrag von 10 € die USt mit 19 % rausrechnen (10 € : 119 × 19). A schuldet im VZ Mai 09 1,60 € USt. K wiederum kann unter den Voraussetzungen des § 15 UStG den Betrag i.H.v. 1,60 € als Vorsteuer abziehen.

Nach Erteilung der Gutschrift muss A einen Bruttobetrag von 10 € versteuern, obwohl er beim Verkauf des Gutscheins lediglich 5 € erhalten hat. Dies bleibt auch so, solange A der Gutschrift nicht widerspricht.

A kann nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG der Gutschrift widersprechen. Mit dem Widerspruch verliert die Gutschrift die Wirkung als Rechnung (s. Abschn. 14.3 Abs. 4 UStAE). Da K danach keine wirksame Rechnung besitzt, muss er den Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG korrigieren.

Mit dem Widerspruch teilt A dem K den Verkaufspreis des Gutscheins i.H.v. 45 € mit. K wird nun seinerseits die Bemessungsgrundlage für den Verkauf des Buches von 60 € auf 55 € nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ändern und seine USt von bisher 3,93 € auf 3,60 € ändern.

K wird dem A eine neue Gutschrift über 5 € erteilen. A muss die USt mit 19 % herausrechnen und schuldet im Voranmeldungszeitraum der neuen Gutschrifterteilung eine USt i.H.v. 0,80 €. K hat in dieser Höhe einen Vorsteuerabzug.

7.6. Nicht eingelöste Gutscheine

Die Hingabe des Gutscheins stellt keine Leistung und auch keine Anzahlung dar. Das bedeutet, dass es bei nicht eingelösten Gutscheinen nie zu einer Besteuerung kommt, da der »steuerauslösende Umsatz« fehlt (Abschn. 3.17 Abs. 13 Satz 1 UStAE).

Die Nichteinlösung des Gutscheins hat allerdings Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage einer Vermittlungsleistung, wenn der auf den leistenden Unternehmer entfallende Entgeltanteil bei Nichteinlösung beim Vermittler verbleibt und das Entgelt für die Vermittlungsleistung sich erhöht (Abschn. 3.17 Abs. 13 Satz 2 UStAE mit Beispiel).

7.7. Rückgabe von Mehrzweck-Gutscheinen

Wird ein Mehrzweck-Gutschein zurückgegeben und erhält der Kunde ausnahmsweise den Gutscheinwert zurückerstattet, so ergeben sich hieraus keine umsatzsteuerlichen Auswirkungen, da lediglich ein Rücktausch von Zahlungsmitteln erfolgt (Abschn. 3.17 Abs. 14 UStAE).

8. Gutscheine in der Gastronomie

8.1. Grundsätzliches zur Klassifizierung der Gutscheine

Gutscheine in der Gastronomie dienen oftmals als Geschenk zu allen möglichen Anlässen. Ein Gutschein lautet i.d.R. über einen festen Betrag, z.B. 100 €, zum Verzehr von Speisen und Getränken in einer bestimmten Gaststätte.

Bei der Ausgabe von Gutscheinen durch den Unternehmer ist zu unterscheiden, ob es sich um Einzweck- oder Mehrzweck-Gutscheine handelt. Wie oben erläutert, liegt ein Einzweck-Gutschein nur dann vor, wenn die USt für den Umsatz, auf den sich der Gutschein bezieht, zum Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins feststeht. Dies ist insbes. dann der Fall, wenn der spätere Umsatz nur einem Steuersatz unterliegt und die Höhe der USt feststeht. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Unternehmer (Gastwirt, Hotelier) bei der Ausgabe des Einzweck-Gutscheins einem zu dem betreffenden Steuersatz stpfl. (fiktiven) Umsatz ausgeführt. Die spätere tatsächlich ausgeführte Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 1 und 5 UStG).

Bei einem Mehrzweck-Gutschein unterliegt erst die tatsächliche Leistungserbringen der USt. Die Übertragung des Mehrzweck-Gutscheins ist kein steuerbarer Umsatz.

8.2. Gutscheinausstellung vor dem 1.7.2020

Gutscheinausgabe am 15.6.2020 i.H.v. 100 € über

Steuersatz bis 30.6.2020

Erläuterung:

Verpflegung

19 %

Es handelt sich um einen Einzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 14 UStG, da die Höhe der USt feststeht (100 € : 119 x 19) = 15,97 €. Die Bemessungsgrundlage beträgt 84,03 €.

Getränke

19 %

Gutscheineinlösung am 16.7.2020:

Bei Einzweck-Gutscheinen i.S.d. § 3 Abs. 13 und 14 UStG ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Besteuerung der Leistungsfiktion und damit die Bestimmung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes die Gutscheinausgabe des ausgebenden Unternehmers an den Kunden. Die spätere Gutscheineinlösung ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt. Dies gilt auch, obwohl die Steuersätze ab 1.7.2020 für Restaurationsumsätze auf 5 % und für Getränke auf 16 % gesenkt wurden (BMF vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 6; → Restaurationsumsätze).

8.3. Gutscheinausstellung ab dem 1.7.2020

Gutscheinausgabe am 2.7.2020 i.H.v. 100 € über

Steuersatz ab 1.7.2020 / ab 1.1.2021

Erläuterung:

Verpflegung

5 % / 7 %

Im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins am 2.7.2020 unterliegen die Leistungen des Gastronomen (Ausgabe von Speisen und Getränke) unterschiedlichen Steuersätzen. Es handelt sich demnach um einen Mehrzweck-Gutschein, da bei dessen Ausstellung nicht alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe tätigt der Gastronom keinen Umsatz. Erst wenn der Gutschein eingelöst wird, unterliegt die tatsächlich ausgeführte Leistung der USt (BMF vom 4.11.2020, BStBl I 2020, 1129, Rz. 6 Abs. 2).

Getränke

16 % / 19 %

Gutscheineinlösung am 16.12.2020 bzw. am 2.1.2021:

Auf Verpflegung entfallen 70 € und auf Getränke 30 €.

Bei Mehrzweck-Gutscheinen i.S.d. § 3 Abs. 15 UStG wird die jeweilige Leistung erst bei der Einlösung des Gutscheins erbracht und ist erst dann der USt zu unterwerfen.

Bei der Gutscheineinlösung am 16.12.2020 beträgt die Bemessungsgrundlage für die Verpflegung (70 € : 105 × 100) 66,66 € und die USt 3,34 € und für die Getränke (30 € : 116 × 100) 25,86 € und die USt 4,14 € (→ Restaurationsumsätze).

Bei der Gutscheineinlösung am 2.1.2021 beträgt die Bemessungsgrundlage für die Verpflegung (70 € : 107 × 100) 65,42 € und die USt 4,58 € und für die Getränke (30 € : 119 × 100) 25,21 € und die USt 4,79 €.

S.u. auch den Gliederungspunkt »Hotelschecks«.

In der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2022 ausgegebene Gutscheine für Restaurationsleistungen können nur dann als Einzweck-Gutscheine behandelt werden, wenn die Gutscheine auf den Bezug von Speisen oder den Bezug von Getränken explizit beschränkt werden. Gutscheine für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen einschließlich Getränke gelten erst wieder als Einzweck-Gutscheine, wenn sie für den Zeitraum ab dem 1.1.2023 ausgestellt werden.

Beachte:

Mit Art. 3 des Dritten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Drittes Corona-Steuerhilfegesetz) vom 10.3.2021 (BGBl I 2021, 330) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 15 die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Restaurant- und Verpflegungsleistungen bis zum 31.12.2022 verlängert (BT-Drs. 19/26544).

Mit Art. 12 Nr. 1 des Achten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 24.10.2022 (BGBl I 2022, 1838) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bis zum 31.12.2023 verlängert. Durch die Änderung des § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG unterliegen Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken, auch nach dem 31.12.2022 dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.

Beispiel 14:

Der Unternehmer A betreibt ein Hotel, in dem er am Wochenende ein Brunchbuffet anbietet. A überträgt im Kj. 2021 an den Unternehmer B, der ein Gutscheinportal betreibt, Gutscheine im Wert von jeweils 50 € für 25 €. Die Gutscheine können sowohl für die Übernachtungsleistung als auch für das Buffet eingelöst werden. B gibt einen Gutschein für unternehmensfremde (private) Zwecke an seinen Freund C unentgeltlich ab. C löst den Gutschein im Kj. 2022 bei A für eine Übernachtung ein.

Lösung 14:

S. das Beispiel 3 in Abschn. 3.17 Abs. 12 UStAE.

Im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins im Kj. 2021 unterliegen die Leistungen des Hoteliers (Ausgabe von Speisen und Getränke sowie Übernachtungen) unterschiedlichen Steuersätzen. Es handelt sich demnach um einen Mehrzweck-Gutschein, da bei dessen Ausstellung nicht alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen.

Gutscheinausgabe im Kj. 20201

Steuersatz ab 1.7.2020/ab 1.1.2021 / ab 1.1.2023

Verpflegung

5 %/7 %/19 %

Getränke

16 %/19 %/19 %

Übernachtung

5 %/7 %/7 %

Ist dem A bekannt, dass B den Gutschein unentgeltlich ausgegeben hat, so hat A im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins die von B erhaltenen 25 € abzüglich 7 % USt zu versteuern. Hat A keine Kenntnis von der unentgeltlichen Gutscheinausgabe, richtet sich die Bemessungsgrundlage für seine an C erbrachte Leistung nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG und beträgt damit 50 € abzüglich 7 % USt.

Abwandlung:

Statt für eine Übernachtung löst C den Gutschein im Kj. 2022 bei A für ein Brunchbuffet ein.

Lösung:

Nach dem BMF-Schreiben vom 2.7.2020 (BStBl I 2020, 610) ist Abschn. 10.1 Abs. 12 UStAE für die befristete Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken wie folgt anzuwenden:

Es ist nicht zu beanstanden, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von sogenannten Kombiangeboten aus Speisen inklusive Getränken (z.B. Buffet, All-inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises angesetzt wird.

Ist dem A bekannt, dass B den Gutschein unentgeltlich ausgegeben hat, so hat A im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins die von B erhaltenen 25 € wie folgt zu versteuern:

Brutto

Netto

USt

Getränke (19 %)

7,50 €

6,30 €

1,20 €

Speisen (7 %)

17,50 €

16,36 €

1,14 €

Summe

25,00 €

22,66 €

2,34 €

Hat A keine Kenntnis von der unentgeltlichen Gutscheinausgabe, richtet sich die Bemessungsgrundlage für seine an C erbrachte Leistung nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG und beträgt damit 50 €.

Brutto

Netto

USt

Getränke (19 %)

15,00 €

12,60 €

2,40 €

Speisen (7 %)

35,00 €

32,71 €

2,29 €

Summe

50,00 €

45,31 €

4,69 €

9. Wert- und Sachgutscheine für Arbeitnehmer

9.1. Ertragsteuerrechtliche Behandlung

Mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) wird u.a. in § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG der Begriff der Geldleistung in Abgrenzung zum Begriff des Sachbezugs neu definiert.

Mit der neuen gesetzlichen Definition der »Einnahmen, die in Geld bestehen« in § 8 Abs. 1 Satz 2 EStG wird gesetzlich festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten grds. keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind.

In § 8 Abs. 1 Satz 3 EStG werden bestimmte zweckgebundene Gutscheine (einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps) oder entsprechende Geldkarten (einschließlich Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten) hingegen als Sachbezug gesetzlich definiert. Voraussetzung ist, dass die Gutscheine oder Geldkarten ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem ArbG oder bei einem Dritten berechtigen und zudem ab dem 1.1.2022 die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen.

Zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug nimmt das BMF mit Schreiben vom 15.3.2022 (BStBl I 2022, 242) Stellung (s. → Sachbezüge; s.a. Scherf, NWB 4/2020, 228).

9.2. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung ist danach zu unterscheiden, ob es sich bei dem ausgegebenen Gutschein um einen Einzweck- oder einen Mehrzweck-Gutschein handelt (s.o.).

Beispiel 15:

Der ArbG erstellt auf eigenem Briefpapier Benzingutscheine, die er an seine ArbN ausgibt. Auf dem Gutschein sind Art und Menge des Kraftstoffs genau bezeichnet (z.B. 40 l Superbenzin). Der ArbN löst diesen Gutschein bei der auf dem Gutschein bezeichneten Tankstelle ein. Mit dieser Tankstelle hat der ArbG eine Rahmenvereinbarung über die Einlösung von Kraftstoffgutscheinen abgeschlossen. Laut dieser Vereinbarung erfolgt die Abrechnung über die eingelösten Gutscheine mittels einer in der Tankstelle verbleibenden Kundenkarte des ArbG.

Auf dem Gutschein ist folgender Hinweis aufgedruckt: Dieser Warengutschein berechtigt Sie, bei der Tankstelle (genaue Bezeichnung) 40 l Superbenzin für Rechnung des Rechnungsnehmers (ArbG) zu tanken. Der Tankstellenpächter bzw. die Mineralölfirma handelt im Namen des Rechnungsnehmers.

Lösung 15:

Ertragsteuerrechtliche Lösung:

Bei dem Beispielsfall liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines Sachbezugs und der Berücksichtigung der 50-€-Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG vor (Rz. 5 ff. und Rz. 9 des BMF-Schreibens vom 15.3.2022, BStBl I 2022, 242).

Der Tankstellenbetreiber rechnet mit dem ArbG wie folgt ab:

40 l Superbenzin am 15.5.2022 für 1,899 €/Liter = 75,96 €. Darin enthalten sind 19 % USt.

Der ArbG fordert 25,96 € vom ArbN ein, so dass die Sachbezugsfreigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG erfüllt ist, wenn dem ArbN in diesem Monat keine weiteren Sachbezüge gewährt werden.

Von einem Barlohn wäre nur dann auszugehen, wenn die ArbN statt des Tankens an der Tankstelle auch einen Barlohn i.H.d. Werts des Sachlohns beanspruchen könnten. S.a. das BFH-Urteil vom 4.7.2018 (VI R 16/17, BStBl II 2019, 373, Rz. 16; BMF vom 15.3.2022, BStBl I 2022, 242, Rz. 5).

Umsatzsteuerrechtliche Lösung:

Zunächst ist die Gutscheinart zu bestimmen. Je nach Gutscheinart, nämlich Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein, richtet sich die weitere umsatzsteuerrechtliche Behandlung.

Nach § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG ist ein Gutschein i.S.v. § 3 Abs. 13 UStG, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ein Einzweck-Gutschein. Dem Gutschein liegt eine Benzinlieferung im Inland mit dem Regelsteuersatz zugrunde. Da aber die Höhe des Benzinpreises im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins nicht feststeht, kann auch die USt für den Umsatz zu diesem Zeitpunkt nicht ermittelt werden. Bei dem vom ArbG an den ArbN ausgegebenen Gutschein handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG (Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 1 UStAE).

Der Mehrzweck-Gutschein wird im eigenen Namen des ArbG an die ArbN übergeben. Die Übertragungen der Gutscheine vom ArbG an die ArbN unterliegen nicht der USt (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 2 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 2 und 3 UStAE). Erst die tatsächliche Benzinlieferung, für die der Tankstellenbetreiber den Mehrzweck-Gutschein als Gegenleistung annimmt, unterliegt der USt (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 1 UStG).

Der Tankstellenbetreiber rechnet mit dem ArbG wie folgt ab:

40 l Superbenzin am 15.5.2022 für 1,899 €/Liter = 75,96 €. Darin enthalten sind 19 % USt. Die darin enthaltene USt beträgt 12,12 € (75,96 € : 119 × 19). Ob der ArbG zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, hängt von der weiteren Verwendung der Benzinlieferung ab.

Mit der Betankung des Fahrzeugs erfolgt eine Benzinlieferung an den ArbG und von diesem an den ArbN. Der ArbG wendet dem ArbN einen Sachlohn i.H.v. 75,96 € zu.

Der Sachlohn »Benzinlieferung« des ArbG erfolgt gegen Entgelt. Der ArbN zahlt einen Betrag von 25,96 €. Eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UStG liegt nicht vor. Für die entgeltliche Lieferung ist die → Mindestbemessungsgrundlage i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG zu beachten. Nach Abschn. 10.7 Abs. 7 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121) findet die Mindestbemessungsgrundlage auch bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage bei Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen i.S.d. § 3 Abs. 13 bis 15 UStG Anwendung. Als Bemessungsgrundlage ist danach mindestens der Einkaufspreis abzüglich der USt nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG anzusetzen (Abschn. 1.8 Abs. 6 Satz 1 bis 3 UStAE). Als Mindestbemessungsgrundlage für die Benzinlieferung des ArbG an den ArbN ist ein Betrag von 63,83 € (75,96 € : 119 × 100) anzusetzen. Da bereits bei dem Leistungsbezug durch den ArbG die beabsichtigte entgeltliche Lieferung an den ArbN feststand, ist das Benzin dem Unternehmensvermögen zuzuordnen, so dass auch ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht.

Beispiel 16:

Der ArbG stellt seinen ArbN Tankgutscheine über 42 € zur Verfügung. Der ArbN löst diesen Gutschein bei einer genau bestimmten Tankstelle ein. Der ArbN bezahlt im Wege des abgekürzten Zahlungsweges die Tankrechnung namens und im Auftrag des ArbG und lässt sich den eingelösten Tankgutschein vom Tankwart bestätigen. Nach Vorlage des unterzeichneten Gutscheines und der Quittung beim ArbG erhält der ArbN den ausgelegten Betrag zurück.

Lösung 16:

Ertragsteuerrechtliche Lösung:

Ab dem 1.1.2020 ist nach § 8 Abs. 1 Satz 2 EStG bei nachträglichen Kostenerstattungen kein begünstigter Sachlohn mehr anzunehmen (Rz. 20 und 22 des BMF-Schreibens vom 15.3.2022, BStBl I 2022, 242). Es handelt sich um eine Geldleistung i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG.

Umsatzsteuerrechtliche Lösung:

Zunächst ist die Gutscheinart zu bestimmen. Je nach Gutscheinart, nämlich Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein, richtet sich die weitere umsatzsteuerrechtliche Behandlung.

Nach § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG ist ein Gutschein i.S.v. § 3 Abs. 13 UStG, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ein Einzweck-Gutschein. Dem Gutschein liegt eine Benzinlieferung für 42 € im Inland mit dem Regelsteuersatz zugrunde. Bei dem vom ArbG an den ArbN ausgegebene Gutschein handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 1 UStAE).

Der Einzweck-Gutschein wird im eigenen Namen des ArbG an die ArbN übergeben. Die in dem Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung wird von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat. Die Leistungsausführung bestimmt sich daher nach § 3 Abs. 14 Satz 4 UStG. Danach wird fingiert, dass die Mineralölfirma die Benzinlieferung an den ArbG als Aussteller des Gutscheins erbracht hat. Die fiktive Lieferung erfolgt im Zeitpunkt der Gutscheinausstellung (Abschn. 3.17 Abs. 3 Satz 4 und 5 UStAE).

Der Tankstellenbetreiber rechnet mit dem ArbG wie folgt ab:

25,276 l Superbenzin am 15.5.2022 für 1,899 €/Liter = 48,00 €. Darin enthalten sind 19 % USt. Die darin enthaltene USt beträgt 7,66 € (48,00 € : 119 × 19). Ob der ArbG zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, hängt von der weiteren Verwendung der Benzinlieferung ab.

Die Ausgabe des Gutscheins vom ArbG an den ArbN wird so behandelt, als habe der ArbG die Benzinlieferung an den ArbN ausgeführt (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 12 und Abs. 3 Satz 5 UStAE). Der ArbG wendet dem ArbN im Zeitpunkt der Gutscheinübergabe eine unentgeltliche Lieferung zu. Die tatsächliche Benzinlieferung an den ArbN gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 5 UStG).

Die »fiktive« Benzinlieferung – im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe – des ArbG erfolgt unentgeltlich für den privaten Bedarf des ArbN (Abschn. 1.8 Abs. 2 UStAE). Es handelt sich um eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UStG. Eine Aufmerksamkeit i.S.d. R 19.6 LStR ist nicht gegeben, da kein besonderer Anlass vorliegt. Da bereits bei dem »fiktiven« Leistungsbezug durch den ArbG – ebenfalls im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe –die beabsichtigte unentgeltliche Lieferung an den ArbN feststand, bestand kein Recht auf Zuordnung des Benzins zum Unternehmensvermögen. Ein Recht auf Vorsteuerabzug bestand nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht (Abschn. 1.8 Abs. 4a i.V.m. Abschn. 3.3 Abs. 1 Satz 7 und Abschn. 15.15 UStAE). Eine Wertabgabe an ArbN unterliegt in diesen Fällen nicht der USt.

Erfolgt die Benzinlieferung des ArbG ausnahmsweise als Vergütung für geleistete Dienste (Abschn. 1.8 Abs. 1 i.V.m. Abschn. 4.18.1 Abs. 7 UStAE), handelt es sich um eine entgeltliche Benzinlieferung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage s. Abschn. 1.8 Abs. 6 UStAE.

10. Hotelschecks

Mit Urteil vom 8.9.2011 (V R 42/10, BStBl II 2012, 248) hat der BFH zur Steuerbarkeit der Abgabe von Hotelschecks mit Preisvergünstigung entschieden.

Beispiel 17:

Im Urteilsfall vom 8.9.2011 (V R 42/10, BStBl II 2012, 248) erwarb der Kunde bei einem Unternehmer U für einen Betrag von 50 € einen »Hotelscheck« sowie einen Hotelkatalog, in dem über 2 500 Hotels im In- und Ausland aufgeführt waren, die bereit waren, das Hotelzimmer nicht gesondert in Rechnung zu stellen, sofern der Kunde pro Kopf und Tag einen je nach Qualität des Hotels unterschiedlichen Betrag für Frühstück und Abendessen (zzgl. Getränke) entrichtet. Den im Katalog für das betreffende Hotel angegebenen Betrag für die Mahlzeiten musste der Gast auch entrichten, wenn er die Mahlzeiten nicht einnahm.

Das Hotelzimmer hatte der Kunde beim Vertragshotel selbstständig zu buchen. Nach erfolgreicher Buchung musste er das Original des um den Namen des Hotels ergänzten »Hotelschecks« als »Buchungsbestätigung« an den Unternehmer U zurücksenden, der den Scheck dann »als Vermittler« im Namen des Kunden dem Hotel übersandte. Für mangelhafte Leistungen des Hotels schloss U die Haftung aus. Ausgeschlossen war auch die Rückvergütung bei Nichtgebrauch des »Hotelschecks« oder in den Fällen, in denen weniger als drei Übernachtungen vom Kunden in Anspruch genommen werden.

Lösung 17:

Es handelt sich um einen Mehrzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 15 Satz 1 UStG, da der Ort der sonstigen Leistung, auf den sich der Gutschein bezieht zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins nicht feststeht. Die Übertragungen des Gutscheins von Unternehmer U an den Kunden sowie von U an das Hotel unterliegen nicht der USt (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 2 UStG). Erst die tatsächliche Erbringung der Übernachtungsleistung mit Verpflegung, für die das Hotel den Mehrzweck-Gutschein als Gegenleistung annimmt, unterliegt der USt (§ 3 Abs. 15 Satz 2 Halbsatz 1 UStG; Abschn. 3.17 Abs. 9 Satz 1 UStAE).

Als Bemessungsgrundlage für die Leistung des Hotels durch das Hotel ist der Betrag maßgeblich, den der Kunde für den Gutschein aufgewendet hat. Das Hotel muss somit grundsätzlich den Betrag zugrunde legen, den der Kunde an den Unternehmer U bezahlt (50 €). Das Hotel kennt diesen Betrag und muss daher 50 € für den Gutschein und zusätzlich die Beträge für die Mahlzeiten ansetzen (Abschn. 3.17 Abs. 12 UStAE). Dabei hat das Hotel zu berücksichtigen, dass der Gutscheinbetrag in voller Höhe auf die Übernachtungen entfällt und damit dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Die zusätzlich vereinbarten Beträge für die Mahlzeiten unterliegen nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG nach dem 30.6.2020 ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz; dies gilt nicht für Getränke.

Wird ein Mehrzweck-Gutschein von einem anderen Stpfl. als dem Stpfl., der den maßgeblichen Umsatz erbringt, übertragen, so unterliegen alle bestimmbaren Dienstleistungen wie etwa Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen der Mehrwertsteuer (Art. 30b Abs. 2 Unterabs. 2 MwStSystRL; Abschn. 3.17 Abs. 10 UStAE mit Beispiel).

Der Hotelier versteuert einen Gutscheinbetrag von 50 €, obwohl er die Übernachtungen unentgeltlich erbringt. Er muss dafür 3,27 € USt (50 € : 107 × 7) entrichten. Der Gutscheinbetrag i.H.v. 50 € ist die bestimmbare Dienstleistung wie etwa Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen des Unternehmers U an das Hotel. Das Hotel wird dem Unternehmer U über den Betrag von 50 € für die Vermittlungsleistung eine Rechnung erteilen. Danach muss Unternehmer U für die Vertriebs- bzw. Absatzleistungen aus dem Bruttobetrag von 50 € die USt mit 19 % rausrechnen (50 € : 119 × 19). U schuldet 7,98 € USt. Der Hotelier wiederum kann unter den Voraussetzungen des § 15 UStG den Betrag i.H.v. 7,98 € als Vorsteuer abziehen.

Beispiel 18:

Hotelier H stellt Frau F am 25.6.2022 einen Gutschein aus über eine Übernachtung im Doppelzimmer Classic zzgl. Frühstück. F zahlt dafür für das Zimmer 154 € und für das Frühstück 14,50 €. F schenkt den Gutschein ihrer Tochter, die den Gutschein am 18.8.2022 beim Hotelier H einlöst.

Lösung 18:

Ein Einzweck-Gutschein liegt dann vor, wenn die USt für den Umsatz, auf den sich der Gutschein bezieht, zum Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins feststeht. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Unternehmer (Gastwirt, Hotelier) bei der Ausgabe des Einzweck-Gutscheins einem zu dem betreffenden Steuersatz steuerpflichtigen (fiktiven) Umsatz ausgeführt. Die spätere tatsächlich ausgeführte Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt nicht als unabhängiger Umsatz (§ 3 Abs. 14 Satz 1 und 5 UStG).

Es handelt sich um einen Einzweck-Gutschein i.S.d. § 3 Abs. 14 UStG, da die Höhe der USt feststeht. Im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe beträgt der Steuersatz für die Beherbergungsleistung 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG). Die USt beträgt (154 € : 107 × 7) = 10,07 €. Die Bemessungsgrundlage beträgt 143,93 €.

Im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe beträgt der Steuersatz für die Frühstücksleistung 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG). Die USt beträgt (14,50 € : 107 × 7) = 0,95 €. Die Bemessungsgrundlage beträgt 13,55 €.

Bei Einzweck-Gutscheinen i.S.d. § 3 Abs. 13 und 14 UStG ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Besteuerung der Leistungsfiktion und damit die Bestimmung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes die Gutscheinausgabe des ausgebenden Unternehmers an den Kunden. Die spätere Gutscheineinlösung ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt (Abschn. 3.17 Abs. 2 Satz 12 und 14 UStAE).

Beispiel 19:

Hotelier H stellt Frau F am 27.8.2020 einen Gutschein über insgesamt 170 € aus. Hotelier H biete in seinem Hotel folgende Leistungen an:

  • Beherbergungsleistungen,

  • Wellness-Leistungen,

  • Frühstücksbuffet,

  • Gaststättenbetrieb

    • mit Essen à la Carte,

    • mit Abendbuffet,

  • Cocktailbar

sowie weitere Leistungen i.S.d. Abschn. 12.16 Abs. 12 UStAE (Business-Package).

F schenkt den Gutschein ihrer Tochter, die den Gutschein am 18.8.2021 beim Hotelier H einlöst.

Nach der Abrechnung des H nimmt die Tochter folgende Leistungen zu folgenden Rechnungsbeträgen in Anspruch:

Übernachtungsleistung für

154,00 €

Frühstück für

14,50 €

Verzehr in der Gaststätte:

für Speisen

56,80 €

für Getränke

18,90 €

insgesamt

244,20 €

Lösung 19:

Im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins am 27.8.2020 unterliegen die Leistungen des Hoteliers unterschiedlichen Steuersätzen. Es handelt sich demnach um einen Mehrzweck-Gutschein, da bei dessen Ausstellung nicht alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe tätigt der Gastronom keinen Umsatz. Erst wenn der Gutschein eingelöst wird, unterliegt die tatsächlich ausgeführte Leistung der USt.

Bei der Gutscheineinlösung am 18.8.2021 beträgt der Steuersatz für die Beherbergungsleistung 7 %. Die USt beträgt (154 € : 107 × 7) = 10,74 €. Die Bemessungsgrundlage beträgt 143,26 €.

Im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe beträgt der Steuersatz für die Restaurationsleistung (Frühstück und Speisen in der Gaststätte) 7 %. Die USt beträgt (71,30 € : 107 × 7) = 4,66 €. Die Bemessungsgrundlage beträgt 66,64 €.

Im Zeitpunkt der Gutscheinausgabe beträgt der Steuersatz für die Getränke 19 %. Die USt beträgt (18,90 € : 119 × 19) = 3,02 €. Die Bemessungsgrundlage beträgt 15,88 €.

11. Telekommunikationsgutscheine

Gutscheine erreichen den Verbraucher häufig über eine ganze Reihe von Vertriebshändlern (insbes. Prepaid-Telekommunikations-Gutscheine). S. die Erläuterungen unter → Telekommunikationsleistungen zu dem Gliederungspunkt »Telekommunikationsdienstleistungen bei Abgabe von Startpaketen im Mobilfunkbereich und bei Abgabe von Zahlkarten«.

Hinweis:

Mit der Guthabenkarte kann man im Telekommunikationsbereich schon vorab bezahlte (prepaid) Dienstleistungen wahrnehmen.

Das BMF stellt in seinem Schreiben vom 24.9.2012 (BStBl I 2012, 947) unter Beachtung der EuGH-Rspr. vom 3.5.2012 (C-520/10, BStBl II 2012, 755) darauf ab, ob es sich bei der Guthabenkarte um eine Einzweck- oder um eine Mehrzweckguthabenkarte handelt. Bei der Einzweckguthabenkarte ist die Verwendung des Guthabens für andere Leistungen als die Möglichkeit Telefonanrufe tätigen zu können, technisch ausgeschlossen. Die Karte enthält alle zur Tätigung der Anrufe notwendigen Informationen. In diesem Fall liegt die Leistung in Form der Ermöglichung der Inanspruchnahme von Telefondienstleistungen bereits im Zeitpunkt der Abgabe der Telefonkarte vor. Die tatsächliche Inanspruchnahme des Guthabens ist unbeachtlich. Auch der Verkauf über einen oder mehrere Händler führt auf jeder Handelsstufe zu einer die USt gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG auslösenden Telekommunikationsdienstleistung. Nur für den Fall, dass der Händler im fremden Namen und für fremde Rechnung agiert, liegt eine Vermittlungsleistung des Händlers an den Telefonanbieter oder Vorhändler vor. Auch die Vermittlungsleistung ist ausgeführt im Zeitpunkt der Abgabe der Telefonkarte.

Der Erwerb einer Multifunktionskarte (Mehrzweckguthabenkarte), die zur Inanspruchnahme unterschiedlicher Leistungen benutzt werden kann (z.B. Telefondienstleistungen, Parken in Parkhäusern, Benutzung von Parkscheinautomaten, Inanspruchnahme von Leistungen im öffentlichen Personennahverkehr), erschöpft sich in dem Umtausch eines Zahlungsmittels »Bargeld« in ein anderes Zahlungsmittel »elektronisches Geld«. Dieser Vorgang ist nicht steuerbar. Die Besteuerung der einzelnen Leistungen ist bei der konkreten Leistungserbringung durch die jeweiligen Unternehmer vorzunehmen (s.a. OFD Niedersachsen vom 19.2.2016, S 7100 – 407 – St 171, UR 2016, 569, LEXinform 5235878; → Telekommunikationsleistungen).

12. Preisnachlass- und Preiserstattungsgutscheine

Als Gutscheine i.S.d. Abschn. 17.2 UStAE und in Abgrenzung zur Gutscheindefinition in § 3 Abs. 13 UStG bzw. Abschn. 3.17 UStAE gelten allgemein schriftlich zugesicherte Rabatt- oder Vergütungsansprüche, z.B. in Form von Coupons, die ein Unternehmer zur Förderung seiner Umsätze ausgibt und die auf der gleichen oder nachfolgenden Umsatzstufe den Leistungsempfänger berechtigen, die Leistung im Ergebnis verbilligt um den Nennwert des Gutscheins in Anspruch zu nehmen. Der Nennwert des Gutscheins entspricht einem Bruttobetrag, d.h., er schließt die USt ein Das Einlösen des Gutscheins kann in der Weise erfolgen, dass der begünstigte Abnehmer den Gutschein beim Erwerb der Leistung an Zahlung statt einsetzt und der Zwischenhändler sich den Nennwert des Gutscheins vom Unternehmer, der den Gutschein ausgegeben hat, oder in dessen Auftrag von einem anderen vergüten lässt (Preisnachlassgutschein) oder dass der begünstigte Abnehmer direkt vom Unternehmer, der den Gutschein ausgegeben hat, oder in dessen Auftrag von einem anderen eine nachträgliche Vergütung erhält (Preiserstattungsgutschein). Bei den in § 3 Abs. 13 bis 15 UStG definierten Gutscheinarten (Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine) handelt es sich im Gegensatz zu den Preisnachlass-bzw. Erstattungsgutscheinen um Gutscheine, die zur Einlösung gegen eine Lieferung von Gegenständen oder zur Erbringung einer sonstigen Leistung verwendet werden können. Die in Abschn. 3.17 UStAE dargestellten Grundsätze sind nicht auf Gutscheine des Abschn. 17.2 UStAE anzuwenden (Abschn. 17.2 Abs. 4 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.11.2020, BStBl I 2020, 1121; s. → Änderung der Bemessungsgrundlage unter dem Gliederungspunkt »Gutscheinausgabe«).

13. Literaturhinweise

Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Loseblatt; Hechl u.a., Luther, Die neue Gutschein-Richtlinie, UStB 9/2016, 272; Huschens, Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine in der USt – Praktische Auswirkung der ab 1.1.2019 geltenden Neuregelungen, DB 9/2019, 446; Sterzinger, Änderungen des UStG durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet, UR 1/2019, 1; Thiele u.a., Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gutscheinen, UR 24/2018, 933; Slapio u.a., Temporäre Senkung der Mehrwertsteuersätze – Gestaltungsmöglichkeiten durch Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen?, UR 2020, 703; Meißner, Praxisprobleme bei Mehrzweckgutscheinen in (grenzüberschreitenden) Vertriebsketten, UR 2020, 914; Scherf u.a., Gutscheine im neuen Sachbezugsrecht, NWB 4/2020, 228; Hammerl u.a., Umsatzsteuerliche Behandlung von Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen, NWB 48/2020, 3538; Kirchinger u.a., Städte-Cards als Gutscheine i.S.d. Gutschein-Richtlinie?, UStB 2021, 22.

14. Verwandte Lexikonartikel

Sachbezüge

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Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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