Verschaffung der Verfügungsmacht

Stand: 2. Mai 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Gesetzliche Grundlagen und Folgen
2 Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums
3 Formen der Verschaffung der Verfügungsmacht
3.1 Verschaffung der Verfügungsmacht mit Eigentumsübertragung
3.2 Verschaffung der Verfügungsmacht ohne Eigentumsübertragung
3.2.1 Eigentumsvorbehalt
3.2.2 Leasing
3.2.3 Mietkauf
3.3 Keine Verschaffung der Verfügungsmacht trotz Eigentumsübertragung
3.3.1 Grundsätzliches
3.3.2 Bauten auf fremdem Grund und Boden
4 Sicherungsübereignung
4.1 Zivilrechtlicher Überblick
4.1.1 Bewegliche Sachen
4.1.2 Grundstücke
4.2 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung
4.2.1 Bewegliche Sachen
4.2.2 Grundstücke
4.3 Verwertung von Sicherungsgut außerhalb des Insolvenzverfahrens
4.3.1 Verwertung des Sicherungsguts durch den Sicherungsnehmer
4.3.2 Verwertung des Sicherungsguts durch den Sicherungsgeber
4.3.2.1 Veräußerung vor Eintritt der Verwertungsreife
4.3.2.2 Veräußerung nach Eintritt der Verwertungsreife
4.3.2.2.1 Bedeutung der Verwertungsreife
4.3.2.2.2 Veräußerung im Namen und für Rechnung des Sicherungsnehmers
4.3.2.2.3 Veräußerung im Namen des Sicherungsgebers, jedoch für Rechnung des Sicherungsnehmers
4.3.3 Veräußerung bzw. Zwangsvollstreckung von Grundstücken
4.3.3.1 Veräußerung von Grundstücken
4.3.3.2 Zwangsvollstreckung
4.4 Verwertung von Sicherungsgut im Insolvenzverfahrens
4.4.1 Grundsätzliches
4.4.2 Verwertung durch einen schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter
4.4.3 Verwertung durch einen starken vorläufigen bzw. einen Insolvenzverwalter
4.4.3.1 Starker vorläufiger Insolvenzverwalter
4.4.3.2 Insolvenzverwalter
4.4.3.3 Verwertung von beweglichem Vermögen
4.4.3.3.1 Grundsätzliches
4.4.3.3.2 Verwertung durch den Sicherungsnehmer
4.4.3.3.3 Anwendung bzw. Nichtanwendung des Reverse-Charge-Verfahrens
4.4.3.3.4 Verwertung durch den Insolvenzverwalter für die Masse
4.4.3.4 Verwertung von Grundstücken
5 Kommissionsgeschäft
6 Verschaffung der Verfügungsmacht bei Verkäufen über »Amazon«
7 Lieferzeitpunkt nach dem UStG
8 Literaturhinweise
9 Verwandte Lexikonartikel

1. Gesetzliche Grundlagen und Folgen

Nach § 3 Abs. 1 UStG liegt eine → Lieferung vor, wenn die Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft wird (Abschn. 3.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Zur Behandlung der Übertragung von Wertpapieren und Anteilen als sonstige Leistung s. BMF vom 30.11.2006 (BStBl I 2006, 793 sowie Abschn. 3.5 Abs. 8 UStAE) unter → Lieferung.

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Die Verschaffung der Verfügungsmacht kann wie folgt erfolgen:

Verschaffung der Verfügungsmacht

durch

an

den Unternehmer oder einen Dritten im Auftrag des Unternehmers

den Abnehmer oder einen Dritten im Auftrag des Abnehmers.

Abb.: Verschaffung der Verfügungsmacht

Kein Dritter i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG ist derjenige, der in eigenem Namen und für fremde Rechnung in den Lieferprozess eingebunden ist (→ Kommissionsgeschäfte mit Gegenständen).

Die Verfügungsmacht muss einer bestimmten Person verschafft werden. Der Abnehmer muss in der Lage sein, den Gegenstand wie ein Eigentümer nutzen und veräußern zu können (Abschn. 3.1 Abs. 2 UStAE). Ohne Verschaffung der Verfügungsmacht kann nicht geliefert werden. § 3 Abs. 1 UStG setzt Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL um. Danach gilt als Lieferung von Gegenständen die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den körperlichen Gegenstand zu verfügen.

2. Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums

Wer Verfügungsmacht verschaffen will, muss sie selbst besitzen (s. z.B. BFH Urteil vom 14.9.1989, V R 76/84, BStBl II 1989, 999 zum Reihengeschäft). Wie der Lieferer Verfügungsmacht erhalten hat, ist unerheblich (s.a. BFH vom 11.3.2020, XI R 7/18, BFH/NV 2020, 1288, LEXinform 0952085).

Die Verschaffung der Verfügungsmacht kann auch lediglich durch Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums ohne gleichzeitige Übertragung des bürgerlich-rechtlichen Eigentums erfolgen, so

  • beim Kaufleasing (→ Leasing);

  • bei Lieferung unter Eigentumsvorbehalt (Abschn. 3.1 Abs. 3 Satz 4 UStAE);

  • beim Verkauf von gestohlenen Sachen, obwohl zivilrechtlich an gestohlenen Sachen kein Eigentum verschafft werden kann.

Die Verschaffung der Verfügungsmacht beinhaltet den von den Beteiligten endgültig gewollten Übergang von wirtschaftlicher Substanz, Wert und Ertrag eines Gegenstands vom Leistenden auf den Leistungsempfänger (vgl. BFH Urteile vom 18.11.1999, V R 13/99, BStBl II 2000, 153 und vom 16.3.2000, V R 44/99, BStBl II 2000, 361; Abschn. 3.1 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Solange die Person des Abnehmers nicht bestimmt ist, kann demnach auch nicht die Verfügungsmacht verschafft werden. So liegt ein Verbringen vor, wenn ein Unternehmer einen Gegenstand seines Unternehmers zu seiner eigenen Verfügung befördert oder versendet (s.a. Abschn. 1a.2 Abs. 1 UStAE sowie → Innergemeinschaftliches Verbringen).

3. Formen der Verschaffung der Verfügungsmacht

3.1. Verschaffung der Verfügungsmacht mit Eigentumsübertragung

Zivilrechtlich sind verschiedene Formen der Übertragung des Eigentums zu unterscheiden:

§ 929 Satz 1 BGB

§ 929 Satz 2 BGB

§ 930 BGB

§ 931 BGB

§ 363 HGB

§ 454 Abs. 1 Satz 1 BGB

Einigung und Übergabe.

Einigung über die Eigentumsübertragung. Erwerber ist bereits Besitzer der Sache.

Besitzkonstitut. Bisheriger Eigentümer überträgt das Eigentum, bleibt aber im Besitz der Sache.

Herausgabeanspruch. Der neue Eigentümer wird nur mittelbarer Besitzer, da ein Dritter die Sache unmittelbar im Besitz hält.

Kaufmännische Orderpapiere.

Kauf auf Probe

§ 446 BGB: Gefahr des Untergangs geht auf Käufer über.

§ 446 BGB: Gefahr des Untergangs geht auf Käufer über.

Veräußerer behält unmittelbaren Besitz, Erwerber wird mittelbarer Besitzer und Eigentümer.

Übergabe wird ersetzt durch Abtretung des Herausgabeanspruchs an den Erwerber. Ein Dritter ist unmittelbarer Besitzer der Sache.

Eigentumsübertragung durch Indossament.

Empfänger erhält zunächst nur den Besitz. Eigentumsübertragung erfolgt erst nach Billigung.

Abb.: Eigentumsübertragung und Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht

Wird das Eigentum an einem unbeweglichen Gegenstand übertragen, erfolgt dies durch Einigung und Eintragung im Grundbuch (§§ 873, 925 BGB). Die Verschaffung der Verfügungsmacht erfolgt bereits mit dem Übergang von Besitz, Nutzung, Lasten und Gefahr (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO).

Im Rahmen einer Zwangsvollstreckung kommt es dann zu einer Verschaffung der Verfügungsmacht und somit zu einer Lieferung, wenn das staatliche Vollstreckungsorgan den Gegenstand öffentlich versteigert oder freihändig verkauft. Darin liegt jedoch keine Lieferung des Vollstreckungsschuldners an das jeweilige Bundesland, dem die Vollstreckungsorgane angehören, und keine Lieferung durch dieses an den Erwerber, sondern es handelt sich um eine Lieferung des Vollstreckungsschuldners unmittelbar an den Erwerber (Abschn. 1.2 Abs. 2 UStAE).

3.2. Verschaffung der Verfügungsmacht ohne Eigentumsübertragung

3.2.1. Eigentumsvorbehalt

Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird (§ 449 Abs. 1 BGB). Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts hat lediglich Sicherungsfunktion. Substanz, Wert und Ertrag sind bereits auf den Erwerber übergegangen. Der Kauf unter Eigentumsvorbehalt führt daher bereits zur Lieferung (Abschn. 3.1 Abs. 3 Satz 4 UStAE; BFH Urteil vom 16.4.1997, XI R 87/96, BStBl II 1997, 585 unter II.1).

3.2.2. Leasing

Zivilrechtlich bleibt der Leasinggeber grundsätzlich Eigentümer. Bei einem Leasingvertrag (→ Leasing) handelt es sich oft um eine Art »Mietvertrag«.

Werden Gegenstände im Leasing-Verfahren überlassen, ist die Übergabe des Leasing-Gegenstands durch den Leasing-Geber an den Leasing-Nehmer eine Lieferung, wenn

  1. der Vertrag ausdrücklich eine Klausel zum Übergang des Eigentums an diesem Gegenstand vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer enthält und

  2. aus den – zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung und objektiv zu beurteilenden – Vertragsbedingungen deutlich hervorgeht, dass das Eigentum am Gegenstand automatisch auf den Leasingnehmer übergehen soll, wenn der Vertrag bis zum Vertragsablauf planmäßig ausgeführt wird.

Hinweis:

Nach dem BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 18.3.2020 (BStBl I 2020, 286) zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Miet- und Leasingverträgen als Lieferung oder sonstige Leistung sind nach dem EuGH-Urteil vom 4.10.2017 (C-164/16, BStBl II 2020, 179) die Abs. 5 und 6 des Abschn. 3.5 UStAE nicht mehr anwendbar. Das BMF stellt dabei fest, dass die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Leasing- und Mietverträgen im bisherigen Abschn. 3.5 Abs. 5 und 6 UStAE teilweise nicht im Einklang mit der EuGH-Entscheidung steht.

Durch das BMF-Schreiben vom 18.3.2020 (BStBl I 2020, 286) werden die Abs. 5 und 6 des Abschn. 3.5 UStAE neu gefasst.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 18.3.2020 abgeschlossene Leasing- und Mietverträge wird es jedoch – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn die Beteiligten Abschnitt 3.5 Abs. 5 und 6 UStAE übereinstimmend in der am 17.3.2020 geltenden Fassung anwenden.

3.2.3. Mietkauf

Die Überlassung eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags, der die Vermietung oder die Verpachtung dieses Gegenstands (§ 535 BGB) während eines bestimmten Zeitraums oder den Verkauf dieses Gegenstands gegen eine nicht nur einmalige Zahlung vorsieht, ist eine Lieferung, wenn die Voraussetzungen des Abschn. 3.5 Abs. 5 Satz 1 bis 5 UStAE vorliegen. Die Regelungen zu den Leasingverträgen sind danach sinngemäß anzuwenden (Abschn. 3.5 Abs. 5 Satz 7 UStAE).

3.3. Keine Verschaffung der Verfügungsmacht trotz Eigentumsübertragung

3.3.1. Grundsätzliches

Eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne setzt die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand zugunsten des Leistungsempfängers voraus (§ 3 Abs. 1 UStG). Dazu muss der Lieferer dem Abnehmer Wert, Substanz und Ertrag des Gegenstands der Lieferung unbedingt und endgültig überlassen.

Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist zwar in der Regel mit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentumsübergang auf den Leistungsempfänger verbunden. Jedoch bezieht sich der Begriff der Lieferung nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer. Mit Urteil vom 21.4.2005 (V R 11/03, BStBl II 2007, 63) hat der BFH entschieden, dass trotz zivilrechtlicher Übereignung eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung noch nicht vorliegen kann, wenn dem neuen Eigentümer die wirtschaftliche Substanz und der Wert des Gegenstandes nicht endgültig zustehen und er nur mit Zustimmung des bisherigen Eigentümers über ihn verfügen kann.

3.3.2. Bauten auf fremdem Grund und Boden

Bauen auf fremdem Boden liegt vor, wenn der Besteller einer Baumaßnahme auf dem nicht in seinem oder nicht in seinem alleinigen Eigentum stehenden Grundstück ein Bauwerk errichtet. Für die Frage des Leistungsaustausches, der Steuerbefreiung und des Vorsteuerabzugs ist zu prüfen, ob eine Leistung des bauausführenden Unternehmers an den Besteller, ggf. eine weitere Leistung des Bestellers an den Grundstückseigentümer oder eine unmittelbare Leistung des bauausführenden Unternehmers an den Grundstückseigentümer vorliegt (s. BMF vom 23.7.1986, BStBl I 1986, 432 und → Gebäude auf fremdem Grund und Boden).

Wird auf einem Grundstück ein Bauwerk errichtet, so ist Leistungsempfänger einer Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG) derjenige, dem die Verfügungsmacht daran verschafft worden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, wer bürgerlich-rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks ist. Eine Lieferung an den Grundstückseigentümer liegt nicht schon deshalb vor, weil er das Eigentum am Gebäude oder an dem sonstigen Gegenstand der Werklieferung kraft der zivilrechtlichen Vorschriften (§§ 946, 94 BGB) erlangt hat.

Wächst dem Grundstückseigentümer das Eigentum am Bauwerk nach §§ 946 und 94 BGB zu, so ist darin nicht zwangsläufig eine Lieferung durch den Besteller an den Grundstückseigentümer zu sehen. Ein Übergang der Verfügungsmacht ist z.B. dann nicht anzunehmen, wenn der Besteller wirtschaftlicher Eigentümer (§ 39 Abs. 2 AO) des Bauwerks ist, d.h. wenn er auf Dauer die wirtschaftliche Verfügungsmacht und die Sachherrschaft unter Ausschluss des Eigentümers hat (vgl. BFH Urteil vom 26.1.1978, V R 137/75, BStBl II 1978, 280).

Beispiel 1:

E vermietet ein unbebautes Grundstück an den Unternehmer B. Der Mietvertrag ist auf 30 Jahre abgeschlossen. Es wird eine angemessene Miete gezahlt. B lässt auf dem Grundstück durch den Bauunternehmer U auf eigene Kosten eine Lagerhalle für Zwecke seines Unternehmens errichten. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Gebäudes entspricht der Dauer des Mietvertrages. Nach Ablauf des Mietvertrages fällt die Lagerhalle vereinbarungsgemäß entschädigungslos E zu.

Lösung 1:

B ist Empfänger der Werklieferung des U. Er ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Abzug der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt. B verwendet den Eingangsumsatz (Werklieferung) ausschließlich für eigenunternehmerische Zwecke (s.a. Schaubild zu Abschn. 15.2b Abs. 2 Satz 8 UStAE).

E ist zivilrechtlich Eigentümer der Lagerhalle geworden (§§ 946, 94 BGB). Die Lagerhalle ist nach dem Willen der Parteien nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck (§ 95 BGB) mit dem Grundstück verbunden worden.

B kann jedoch nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise den E, obwohl dieser bürgerlich-rechtlich Eigentümer geworden ist, auf Dauer von der Einwirkung auf das Gebäude ausschließen. B ist wirtschaftlicher Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) der Lagerhalle. Der entschädigungslose Übergang der Verfügungsmacht an der Lagerhalle erfolgt nicht gegen Entgelt. Es handelt sich dabei um eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG (entgegen BMF vom 23.7.1986, Beispiel 3; s.a. Zugmaier, Steuer & Studium 11/2008, 547), die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei ist, da die unentgeltliche Übertragung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden der GrESt unterliegt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 10 GrEStG). B kann nach § 9 Abs. 1 und 3 UStG auf die Steuerfreiheit verzichten (s. Abschn. 9.1 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abschn. 3.2 Abs. 2 Satz 4 UStAE).

Beispiel 2:

E vermietet ein unbebautes Grundstück an den Unternehmer B. Der Mietvertrag ist auf zehn Jahre abgeschlossen. Es wird eine angemessene Miete gezahlt. Unmittelbar nach der Anmietung lässt B auf dem Grundstück durch den Bauunternehmer U auf eigene Kosten für Zwecke seines Unternehmens eine Lagerhalle errichten, deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer 30 Jahre beträgt. E beteiligt sich nicht an den Baukosten. Nach den Vereinbarungen kann E nach Ablauf der Mietzeit wählen, ob er gegen Entschädigung die Lagerhalle übernimmt oder ob er deren Beseitigung verlangt. Die Beteiligten heben nach acht Jahren das Mietverhältnis auf. E übernimmt die Lagerhalle und entschädigt B.

Lösung 2:

B ist Empfänger der Werklieferung des U. B ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Abzug der ihm in Rechnung gestellten USt als Vorsteuer berechtigt. Eine Weiterlieferung der Lagerhalle findet zunächst nicht statt.

Die Lagerhalle ist nicht nur zu vorübergehenden Zwecken (§ 95 BGB) mit dem Grundstück verbunden worden, weil das Interesse des B von vornherein darauf gerichtet sein musste, dass E die Lagerhalle nach Ablauf des Mietvertrages gegen Zahlung einer Entschädigung übernimmt. Die entsprechende Vereinbarung steht wegen des noch vorhandenen Restwertes der Halle im Zeitpunkt der ursprünglich vorgesehenen Beendigung des Mietvertrages auch mit den tatsächlichen Umständen im Einklang. E hat demnach bereits mit der Errichtung nach §§ 946, 94 BGB bürgerlich-rechtlich das Eigentum an der Lagerhalle erlangt.

E ist auch wirtschaftlicher Eigentümer der Lagerhalle, da B ihn nicht auf Dauer von der Einwirkung auf das Gebäude ausschließen kann, sondern nur für die Dauer des Mietvertrages, nach dessen Ablauf – ursprünglich nach zehn Jahren – der Herausgabeanspruch des E noch einen wirtschaftlichen Wert hat.

Trotzdem wird E die Verfügungsmacht erst nach acht Jahren verschafft, wenn die Beteiligten die Lagerhalle zum Gegenstand einer Leistungsvereinbarung machen und sie damit dem E zugewendet wird. Erst von da an ist E auch in der Lage, die volle Sachherrschaft über die Halle auszuüben. Während der Mietzeit bleibt der wirtschaftliche Gehalt des Gebäudes ausschließlich bei B. Ihm stehen solange Nutzung und Ertrag zu. Die Lieferung nach acht Jahren unterliegt der Grunderwerbsteuer und ist daher nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG von der USt befreit. Da die Veräußerung innerhalb des Berichtigungszeitraums von zehn Jahren erfolgt, ist § 15a UStG zu beachten. Ggf. ist ein Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG nach § 9 UStG möglich. Bei einem Verzicht auf die Steuerbefreiung ist das Reverse-Charge-Verfahren des § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG anzuwenden.

4. Sicherungsübereignung

4.1. Zivilrechtlicher Überblick

4.1.1. Bewegliche Sachen

Die Sicherungsübereignung ist im BGB nicht vorgesehen (s. auf der Homepage des Rechtslexikons unter www.rechtslexikon.net). Für einen Kreditnehmer ist es vorteilhaft, wenn er dem Kreditgeber Sicherheiten, etwa in Form wertvoller beweglicher Sachen, bieten kann. Eigentlich käme in einem solchen Fall das Pfandrecht in Betracht, aber dieses bedingt, dass die Pfandsache an den Pfandgläubiger übergeben wird. Da der Schuldner aber oft den Besitz des betreffenden Sicherungsgegenstands benötigt – einem Fabrikanten ist z.B. nicht damit gedient, wenn er seine Maschinen als Sicherheit bei der Bank hinterlegt –, wurde die gesetzlich nicht geregelte Sicherungsübereignung »erfunden«. Dabei wird zwar das Eigentum an den Sicherungsgegenständen auf den Gläubiger übertragen, der Besitz jedoch verbleibt beim Schuldner. Der Gläubiger darf die Sache nur verwerten, wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. So darf ein Handelsvertreter etwa seinen an die Bank sicherungsübereigneten Pkw weiter nutzen, das Eigentum und der Kfz-Brief befinden sich jedoch bei der Bank. Erst wenn er seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, darf die Bank den Wagen verlangen und verwerten. Als Sicherungsübereignungsobjekte können nicht nur einzelne Gegenstände, sondern auch Sachgesamtheiten, wie z.B. ein Maschinenpark oder ein Warenlager, dienen. Erforderlich ist allerdings, dass sich das Sicherungsgut exakt bestimmen lässt (s.a. Rondorf, NWB 12/2014, 842).

4.1.2. Grundstücke

Ein Darlehen z.B. bei einer Bank kann auch mit einem Grundstück abgesichert werden. Eine Möglichkeit, der Bank diese Sicherheit zu bieten, ist die Eintragung einer Grundschuld (Grundpfandrecht) ins Grundbuch. Anders als bei der Sicherungsübereignung beweglicher Sachen erfolgt bei der Sicherung durch Grundpfandrechte aber keine Eigentumsübertragung des Grundstücks.

Bei der Grundschuld handelt es sich um ein sogenanntes beschränkt dingliches Recht. Die Verfügungsbefugnis ist demnach auf ganz bestimmte Einwirkungen begrenzt. Derjenige, zu dessen Gunsten die Grundschuld eingetragen wird (Grundpfandgläubiger), kann eine Zwangsvollstreckung anstreben, sollte der Schuldner nicht vertragsgemäß tilgen (§ 1192 Abs. 1 i.V.m. § 1147 BGB). Andere Rechte an dem Grundstück stehen ihm jedoch nicht zu. So kann der Eigentümer sein Grundstück weiterhin nutzen und auch Einnahmen erzielen, beispielsweise durch Vermietung. Auch ein Verkauf ist möglich, da die Grundschuld nicht an den Immobilieneigentümer gebunden ist, sondern nur an die Immobilie selbst (s. die Homepage von Dr. Klein unter www.grundbuch.de unter Grundbuch-Lexikon, Stichwort »Grundschuld«).

Merke:

Aufgrund des Pfandrechts ist der Grundpfandgläubiger nicht selbst zur Veräußerung des mit dem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks berechtigt (s.a. BFH Urteil vom 28.7.2011, V R 28/09, BStBl II 2014, 406, Rz. 17).

4.2. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung

4.2.1. Bewegliche Sachen

An einem zur Sicherheit übereigneten Gegenstand wird durch die Übertragung des Eigentums noch keine Verfügungsmacht verschafft (Abschn. 3.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE). Bei einer Sicherungsübereignung wird erst zu dem Zeitpunkt Verfügungsmacht verschafft, in dem der Sicherungsnehmer von seinem Verwertungsrecht Gebrauch macht (Abschn. 1.2 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Kommt der Sicherungsgeber (Kreditnehmer) seinen Verpflichtungen nach und wird die Sicherungsübereignung aufgehoben, handelt es sich um einen nicht steuerbaren Vorgang. Auch das Abholen des Gegenstands durch den Sicherungsnehmer (Bank) bei Vorliegen der Verwertungsreife ist (noch) nicht als Lieferung anzusehen. Erst die tatsächliche Veräußerung (Verwertung) des Sicherungsguts an einen Dritten (Erwerber) ist umsatzsteuerrechtlich als Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG anzusehen (s.a. Rondorf, NWB 12/2014, 842).

Die Rspr., wonach dem Sicherungsnehmer nicht schon durch die Einräumung von Sicherungseigentum i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG die Verfügungsmacht verschafft wird, sondern erst dann, wenn er selbst oder für seine Rechnung der Sicherungsgeber das Sicherungsgut veräußert, beruht darauf, dass der Sicherungsnehmer nach den Bestimmungen des Sicherungsvertrags bis zu diesem Zeitpunkt verpflichtet ist, dem Sicherungsgeber die Auslösung des Sicherungsgutes zu gestatten. Trotz Eigentumsübertragung besteht zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber darüber Einigkeit, dass dieser von der dem Eigentum innewohnenden Verfügungsmacht bis zum Eintritt des Sicherungsfalles keinen Gebrauch machen dürfe und werde. Bis zu diesem Zeitpunkt ist zugunsten des Sicherungsnehmers lediglich eine Rechtsstellung begründet, die dem Regelpfandrecht ähnlicher und damit schwächer ist als die Verfügungsmacht im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Denn erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Sicherungsgeber das Sicherungsgut nach dem Sicherungsvertrag nicht mehr auslösen kann, ist der Sicherungsnehmer wirtschaftlich in der Lage, die dem übertragenen Eigentum innewohnende Verfügungsmacht in auch umsatzsteuerrechtlich relevanter Weise auszuüben (BFH Urteile vom 6.10.2005, V R 20/04, BStBl II 2006, 931 und vom 23.7.2009, V R 27/07, BStBl II 2010, 859).

4.2.2. Grundstücke

Mit der Grundschuldeintragung geht das Eigentum an dem Grundstück nicht an den Gläubiger über. Umsatzsteuerrechtlich erfolgt durch die Sicherheitsgewährung keine Verschaffung der Verfügungsmacht. Da der Grundpfandgläubiger nicht das Recht hat, das Grundstück zu veräußern, sondern lediglich die Zwangsversteigerung betreiben kann, gilt die Anordnung der Zwangsversteigerung zugunsten des betreibenden Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks (§ 20 Abs. 1 Zwangsversteigerungsgesetz – ZVG). Dieser Beschlagnahme kommt die Wirkung eines relativen Veräußerungsverbotes zu (§§ 136, 135 Abs. 1 BGB, § 23 ZVG); im Übrigen bleibt die Verfügungsbefugnis des Eigentümers bestehen.

4.3. Verwertung von Sicherungsgut außerhalb des Insolvenzverfahrens

4.3.1. Verwertung des Sicherungsguts durch den Sicherungsnehmer

Die Verwertung der zur Sicherheit übereigneten Gegenstände durch den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens führt zu zwei Umsätzen (sog. Doppelumsatz):

  1. Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer und

  2. Lieferung des Sicherungsnehmers an den Erwerber (vgl. BFH Urteil vom 4.6.1987, V R 57/79, BStBl II 1987, 741 und BFH Beschluss vom 19.7.2007, V B 222/06, BStBl II 2008, 163 sowie Abschn. 1.2 Abs. 1 Satz 2 UStAE).

Beispiel 3:

Für den Unternehmer U in Leipzig finanziert eine Bank B in Dresden mit einem Darlehen i.H.v. 21 000 € die Anschaffung eines Pkw. Bis zur Rückzahlung des Darlehens lässt sich B den Pkw zur Sicherheit übereignen. Da U seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, verwertet B den Pkw durch Veräußerung an einen privaten Abnehmer A für 25 000 €.

Lösung 3:

Mit der Veräußerung des Pkw durch B liegen eine Lieferung des U (Sicherungsgeber) an B (Sicherungsnehmer) sowie eine Lieferung von B an A vor (vgl. Abschn. 1.2 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStAE). Für die Lieferung des U schuldet B als Leistungsempfänger die USt (§ 13b Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 UStG).

Ist der Erwerber seinerseits ein Unternehmer, der den Gegenstand für Zwecke seines Unternehmens erwirbt oder eine juristische Person, hat der SN über die Lieferung eine ordnungsgemäße Rechnung zu erteilen. Aus dieser Rechnung kann der Erwerber dann den Vorsteuerabzug unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG in Anspruch nehmen.

Abwandlung 1:

Der Sicherungsgeber U ist Nichtunternehmer, Kleinunternehmer oder steuerbefreiter Unternehmer.

Lösung:

Nach dem Wortlaut des § 13b Abs. 1 und Abs. 2 UStG setzt der Übergang der Steuerschuldnerschaft u.a. voraus, dass

  • ein leistender Unternehmer,

  • der im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im Ausland ansässig ist,

  • im Inland

  • steuerbare und steuerpflichtige Umsätze

erbringt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass nicht steuerbare oder steuerfreie Umsätze nicht dem Reverse-Charge-Verfahren unterliegen.

Mit der Lieferung 1 erwirbt die Bank als Sicherungsnehmer den Pkw für 25 000 €. U darf in der Rechnung an der Bank keine USt gesondert ausweisen.

Mit der Lieferung 2 tätigt die Bank einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz i.H.v. 25 000 €.

Da für die Lieferung an den SN (Bank) keine USt geschuldet wird, kann die Bank als Wiederverkäufer i.S.d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG (Abschn. 25a.1 Abs. 2 UStAE mit Beispiel) unter den weiteren Voraussetzungen des § 25a UStG die → Differenzbesteuerung anwenden (s.a. Vfg. der OFD Frankfurt vom 15.3.2016, S 7421 A – 5 – St 111, UR 2016, 695, Tz. 2.2).

Differenzbesteuerung bei SN:

Verkaufspreis

25 000,00 €

Einkaufspreis

25 000,00 €

Differenz gem. § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG

0,00 €

Die USt ist herauszurechnen

0,00 €

Wird die Differenzbesteuerung i.S.d. § 25a UStG angewandt, darf in der Rechnung die USt nicht gesondert auswiesen werden (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG). Die Rechnung muss die Angabe »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung« enthalten.

Abwandlung 2:

Der Sicherungsgeber U ist Unternehmer und Wiederverkäufer i.S.d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG, der seinerseits den Pkw für 20 000 € von einem Privatmann P erworben hatte. U übereignet den Pkw zur Sicherheit an die Bank, die Bank veräußert den Pkw nach Eintritt der Verwertungsreife für 25 000 € an K.

Lösung:

Werden bewegliche Unternehmensgegenstände zur betrieblichen Finanzierung an ein Kreditinstitut sicherungsübereignet (z.B. Gebrauchtfahrzeuge) und tritt die Verwertungsreife für diese Gegenstände ein, liegt im Zeitpunkt der Verwertung umsatzsteuerrechtlich ein sog. »Doppelumsatz« vor (Abschn. 1.2 Abs. 1 UStAE).

Der als Sicherungsgeber auftretende Unternehmer U kann unter den Voraussetzungen des Abschn. 25a.1 Abs. 4 UStAE die → Differenzbesteuerung für die Lieferung an das Kreditinstitut nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a UStG anwenden, da er den zur Sicherung übereigneten Pkw von einer Privatperson erworben hat.

Als Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich der Betrag anzusetzen, um den der Verkaufspreis

25 000,00 €

den Einkaufspreis

20 000,00 €

übersteigt.

5 000,00 €

Die USt ist herauszurechnen (Abschn. 25a.1 Abs. 8 UStAE).

798,32 €

Problematisch ist, dass grundsätzlich für die Lieferung 1 des SG an den SN die USt durch den SN im Reverse-Charge-Verfahren geschuldet wird. Im Beispielsfall müsste daher der SN die Differenzsteuer des SG ermitteln. Dafür benötigt die Bank (SN) den Einkaufspreis des SG.

In § 13b Abs. 5 Satz 9 UStG wird daher klargestellt, dass bei Lieferungen von u.a. in § 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Gegenständen, für die die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG vorliegen und der Unternehmer diese Regelung auch anwendet, der Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner wird. Die Anwendung der Steuerschuldnerschaft ist für den Leistungsempfänger in diesen Fällen de facto nicht möglich, weil er regelmäßig den Einkaufspreis der an ihn gelieferten Gegenstände nicht kennt und so die Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung nicht ermitteln kann (s.a. Abschn. 13b.1 Abs. 2 Nr. 4 UStAE; → Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers).

Der SG schuldet die Differenzsteuer i.H.v. 798,32 € nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG (s.a. OFD Frankfurt Vfg. vom 15.3.2016, S 7421 A – 5 – St 111, UR 2016, 695, Tz. 2.1).

Das Kreditinstitut als Sicherungsnehmer ist seinerseits berechtigt, auf den Weiterverkauf des Pkw die Differenzbesteuerung anzuwenden (§ 25a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. b UStG; Abschn. 25a.1 Abs. 2 UStAE mit Beispiel; OFD Frankfurt vom 15.3.2016, S 7421 A – 5 – St 111, UR 2016, 695, Tz. 2.2).

Als Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich der Betrag anzusetzen, um den der Verkaufspreis

25 000,00 €

den Einkaufspreis

25 000,00 €

übersteigt.

0,00 €

Die USt ist herauszurechnen (Abschn. 25a.1 Abs. 8 UStAE).

0,00 €

Wird die Differenzbesteuerung i.S.d. § 25a UStG angewandt, darf in der Rechnung die USt nicht gesondert auswiesen werden (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG). Die Rechnung muss die Angabe »Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung« enthalten.

4.3.2. Verwertung des Sicherungsguts durch den Sicherungsgeber

4.3.2.1. Veräußerung vor Eintritt der Verwertungsreife

Wird das Sicherungsgut vor Eintritt der Verwertungsreife vom Sicherungsgeber an einen Dritten geliefert, liegen kein Doppel- und auch kein Dreifachumsatz (s.u.) vor. Dies gilt nicht nur für den Fall der Auswechslung des Sicherungsnehmers unter Fortführung des Sicherungseigentums durch den Erwerber, sondern allgemein für Lieferungen des Sicherungsguts durch den Sicherungsgeber vor Eintritt der Verwertungsreife. Diese Beurteilung ist bereits aus Gründen der Rechtssicherheit geboten, da der Sicherungsnehmer in der Lage sein muss, anhand eindeutiger Kriterien festzustellen, ob er aus einer Verwertung des Sicherungsguts USt schuldet (BFH Urteil vom 23.7.2009, V R 27/07, BStBl II 2010, 859). Eine Verschaffung der Verfügungsmacht und somit eine Lieferung 1 zwischen dem SG und dem SN findet nicht statt. In diesen Fällen liegt eine bloße Lieferung des Sicherungsgebers an den Erwerber vor (s.a. Abschn. 1.2 Abs. 1a Satz 3 und 4 UStAE und Birgel in Weimann/Lang, Umsatzsteuer – national und international, § 1 Rz. 136, 5. A.).

4.3.2.2. Veräußerung nach Eintritt der Verwertungsreife
4.3.2.2.1. Bedeutung der Verwertungsreife

Inhalt der Verwertungsbefugnis bei Verwertungsreife ist, falls nicht zusätzliche Abreden über eine Nutzungsbefugnis getroffen worden sind, allein das Veräußerungsrecht. Es entsteht mit dem Eintritt der Verwertungsreife (vgl. BGH Urteil vom 24.10.1979, VIII ZR 298/78, DB 1979, 2415, LEXinform 0901251). Verwertet der Sicherungsnehmer – oder für dessen Rechnung der Sicherungsgeber – schließlich in Ausübung seines Veräußerungsrechts das Sicherungsgut, vollendet sich der mit der Sicherungsübereignung eingeleitete Liefervorgang (s.o.). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liefert der Sicherungsgeber das Sicherungsgut dem Sicherungsnehmer deshalb regelmäßig erst zu dem Zeitpunkt, in dem der Sicherungsnehmer von seinem Verwertungsrecht Gebrauch macht. Dies führt bei Lieferung des Sicherungsgutes an einen Dritten durch den Sicherungsnehmer zu zwei (s.o.), bei Lieferung an den Dritten durch den Sicherungsgeber für Rechnung des Sicherungsnehmers zu drei Umsätzen (BFH Urteil vom 23.7.2009, V R 27/07, BStBl II 2010, 859).

4.3.2.2.2. Veräußerung im Namen und für Rechnung des Sicherungsnehmers

Veräußert der SG das Sicherungsgut sowohl im Namen als auch für Rechnung des SN (Bank), findet ein gleichzeitiger Doppelumsatz statt (Abschn. 1.2 Abs. 1 Satz 4 UStAE).

4.3.2.2.3. Veräußerung im Namen des Sicherungsgebers, jedoch für Rechnung des Sicherungsnehmers

Veräußert der SG das Sicherungsgut im eigenen Namen auf Rechnung des SN, erstarkt die ursprüngliche Sicherungsübereignung hingegen zu einer Lieferung des SG an den SN, während zugleich zwischen dem SN (Kommittent) und dem SG (Kommissionär) eine Lieferung nach § 3 Abs. 3 UStG vorliegt, bei der der SG (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt; die entgeltliche Lieferung gegenüber dem Dritten wird in der Folge vom SG ausgeführt (Dreifachumsatz, vgl. BFH-Urteile vom 6.10.2005, V R 20/04, BStBl II 2006, 931 und vom 30.3.2006, V R 9/03, BStBl II 2006, 933). Voraussetzung für die Annahme eines Dreifachumsatzes ist, dass das Sicherungsgut erst nach Eintritt der Verwertungsreife durch den SG veräußert wird und es sich hierbei nach den Vereinbarungen zwischen SG und SN um ein Verwertungsgeschäft handelt, um die vom SG gewährten Darlehen zurückzuführen. Nicht ausreichend ist eine Veräußerung, die der SG im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit vornimmt und bei der er berechtigt ist, den Verwertungserlös anstelle zur Rückführung des Kredits anderweitig, z.B. für den Erwerb neuer Waren, zu verwenden (BFH Urteil vom 23.7.2009, V R 27/07, BStBl II 2010, 859), oder wenn die Veräußerung zum Zwecke der Auswechslung des SG unter Fortführung des Sicherungseigentums durch den Erwerber erfolgt (vgl. BFH Urteil vom 9.3.1995, V R 102/89, BStBl II 1995, 564). In diesen Fällen liegt eine bloße Lieferung des Sicherungsgebers an den Erwerber vor (Abschn. 1.2 Abs. 1a UStAE).

4.3.3. Veräußerung bzw. Zwangsvollstreckung von Grundstücken

4.3.3.1. Veräußerung von Grundstücken

Wie oben bereits erläutert, hat nur der Eigentümer das Recht, das Grundstück zu veräußern. Das Grundpfandrecht führt beim Grundpfandgläubiger lediglich zu dem Recht, die Zwangsvollstreckung anzustreben, sollte der Schuldner nicht vertragsgemäß seine Schuld tilgen.

Bei der Veräußerung des Grundstücks durch den Eigentümer liegt umsatzsteuerrechtlich nur eine Lieferung des Eigentümers an den Erwerber, nicht aber ein Doppelumsatz durch eine Lieferung an den Grundpfandgläubiger und durch diesen an den Erwerber vor (BFH Urteile vom 19.12.1985, V R 139/76, BStBl II 1986, 500 und vom 28.7.2011, V R 28/09, BStBl II 2014, 406, Rz. 20). Da kein Doppelumsatz vorliegt, ist auch ein Dreifachumsatz (Kommissionsgeschäft) nicht möglich.

4.3.3.2. Zwangsvollstreckung

Den Vollstreckungsorganen kommt (nur) die Aufgabe zu, die zum Zwecke der Zwangsvollstreckung beschlagnahmte Sache nach Maßgabe der für das Vollstreckungsverfahren geltenden Vorschriften mit dem Ziel der Befriedigung des Gläubigers wegen seiner Forderung und der Kosten zu verwerten. Auf Weisung des Gläubigers (vgl. §§ 30 ff ZVG) oder im Falle anderweitiger Tilgung der Schuld ist das Verfahren einzustellen. Führt das Zwangsversteigerungsverfahren zur Erteilung des Zuschlags, wird dem Ersteher dadurch (originär) Eigentum an dem versteigerten Grundstück übertragen (§ 90 Abs. 1 ZVG). Die Begründung des Eigentums des Erstehers ist hoheitliche Tätigkeit. Die Befugnis dazu ergibt sich aus den das Vollstreckungsverfahren regelnden Vorschriften. Hierfür ist die Übertragung der Verfügungsmacht i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG auf das Vollstreckungsorgan nicht erforderlich.

Auch eine Lieferung des Schuldners (Eigentümers) an den betreibenden Gläubiger kommt nicht in Betracht. Der Gläubiger ist vermöge seines Anspruchs und – soweit erforderlich – seines Titels berechtigt, die Durchführung der Zwangsversteigerung zu verlangen (§§ 15, 16 ZVG). Das Antragsrecht des Gläubigers hat nur Bedeutung für die Einleitung und Durchführung der Zwangsversteigerung als eines Verfahrens der Zwangsvollstreckung. Die Zwangsvollstreckung ist Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Das Antragsrecht bedeutet nicht, dass dem Gläubiger die Verfügungsmacht i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG über das zu versteigernde Grundstück zusteht. Sie wird ihm auch nicht durch die zu seinen Gunsten als Veräußerungsverbot wirkende Beschlagnahme des Grundstücks, die durch die Anordnung der Zwangsversteigerung (§ 20 Abs. 1 ZVG) herbeigeführt wird, verschafft.

Die Übertragung des Eigentums auf den Ersteher zu den Bedingungen des Meistgebots, die durch Zuschlag erfolgt (§ 90 Abs. 1 ZVG), stellt sich umsatzsteuerrechtlich als Umsatz des Schuldners an den Ersteher dar. Zwar beruht dieser Leistungsaustausch nicht auf einem (zweckgerichteten) Handeln des Schuldners, sondern auf hoheitlicher Tätigkeit; hierdurch entfällt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG jedoch nicht die Steuerpflicht. Zeitlich und tatsächlich ist der Ersteher Nachfolger des Schuldners (vgl. auch §§ 53, 56, 57 ZVG). Allein die Übertragung des Eigentums wird durch die hoheitliche Maßnahme ersetzt. Die Zwangsvollstreckung dient der Verwertung des Grundstücks in einem geordneten Verfahren. Sie ersetzt die entgeltliche Veräußerung des Grundstücks an den Ersteher. Ohne Belang ist deshalb, dass der Ersteher das Eigentum kraft des Zuschlags originär erwirbt (BFH Urteil vom 19.12.1985, V R 139/76, BStBl II 1986, 500 und Abschn. 1.2 Abs. 2 UStAE),

4.4. Verwertung von Sicherungsgut im Insolvenzverfahrens

4.4.1. Grundsätzliches

Nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO kann zur Sicherung der Vermögensmasse bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt werden. Es ist zwischen dem sog. »starken« und »schwachen« vorläufigen Insolvenzverwalter zu unterscheiden, da sich aufgrund seiner unterschiedlichen rechtlichen Stellung auch unterschiedliche Rechtsfolgen im Hinblick auf seine Tätigkeiten ergeben (→ Insolvenzen und Steuern, → Insolvenzverfahren).

4.4.2. Verwertung durch einen schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter

Das Insolvenzgericht sieht i.d.R. von einem allgemeinen Verfügungsverbot ab und bestimmt die Rechte des vorläufigen Verwalters individuell (§ 22 Abs. 2 InsO). Hierbei wird i.d.R. festgelegt, dass dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot erteilt wird, sondern dass seine Verfügung beispielsweise nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam wird. Der hieraus erwachsende »schwache« vorläufige Verwalter begründet keine Masseverbindlichkeiten, sondern lediglich Insolvenzverbindlichkeiten (→ Insolvenzverfahren).

Ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter ist somit nicht befugt, sicherungsübereignete Gegenstände zu verwerten. Die Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände erfolgt daher entweder durch den Sicherungsgeber (späterer Insolvenzschuldner) oder durch den Sicherungsnehmer im Fall der Verwertungsreife. Der vorläufige Insolvenzverwalter kann dabei als Vermittler auftreten.

Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung richtet sich nach den Regelungen, die für die Verwertung von Sicherungsgut außerhalb des Insolvenzverfahrens anzuwenden sind (s.o.). Die Verwertung kann dabei zu einem Doppel- oder auch Dreifachumsatz führen.

Das Insolvenzgericht hat auch die Möglichkeit, ein besonderes Verfügungsverbot zu erlassen. Hierdurch wird der »schwache« vorläufige Insolvenzverwalter ermächtigt, einzelne im Voraus genau festgelegte Verpflichtungen zulasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen (§ 22 Abs. 2 InsO). Unter anderem kann das Insolvenzgericht den »schwachen« vorläufigen Insolvenzverwalter ermächtigen, bestimmte sicherungsübereignete Gegenstände zu verwerten (veräußern). Macht ein vorläufiger Insolvenzverwalter hiervon Gebrauch, richtet sich die umsatzsteuerrechtliche Behandlung nach den gleichen Regeln, die auch für die Verwertung durch einen »starken« vorläufigen Insolvenzverwalter gelten (s.u.; s.a. Rondorf, NWB 12/2014, 842).

4.4.3. Verwertung durch einen starken vorläufigen bzw. einen Insolvenzverwalter

4.4.3.1. Starker vorläufiger Insolvenzverwalter

Das Insolvenzgericht kann die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO) mit dem Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO) verbinden, sodass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den Verwalter übergeht (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die von diesem »starken« vorläufigen Verwalter begründeten Verbindlichkeiten werden nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO zu latenten Masseverbindlichkeiten des künftigen Insolvenzverfahrens (→ Insolvenzverfahren).

4.4.3.2. Insolvenzverwalter

Sobald das Gericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet, verliert der Schuldner i.d.R. die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen (Ausnahme: Eigenverwaltung des Vermögens durch den Schuldner nach § 270 Abs. 1 InsO). Aus diesem Grunde wird vom Gericht ein Insolvenzverwalter bestellt (§ 80 Abs. 1 InsO). Der Insolvenzverwalter sichert, verwaltet, verwertet und verteilt die Insolvenzmasse. Der Insolvenzschuldner bleibt jedoch auch nach Insolvenzeröffnung der maßgebliche Unternehmer. Der Insolvenzverwalter nimmt hingegen die Stellung eines Vermögensverwalters i.S.v. § 34 Abs. 3 AO ein. Er hat daher nach § 34 Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen, d.h. u.a. Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen auch für Zeiträume vor der Insolvenzeröffnung, sowie das Leisten von Zahlungen nach den gesetzlichen Bestimmungen (→ Insolvenzverfahren).

4.4.3.3. Verwertung von beweglichem Vermögen
4.4.3.3.1. Grundsätzliches

Sind im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren sicherungsübereignete bewegliche Gegenstände vorhanden, ist der Sicherungsnehmer (Bank) gem. §§ 50, 51 Nr. 1 InsO zur abgesonderten Befriedigung aus dem beweglichen Vermögen berechtigt.

Der starke vorläufige bzw. der Insolvenzverwalter darf das Sicherungsgut gleichwohl freihändig verwerten. Nach § 166 Abs. 1 InsO darf der Insolvenzverwalter – auch der starke vorläufige – eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat. Der Insolvenzverwalter ist jedoch nicht zur freihändigen Verwertung verpflichtet, da er gem. § 170 Abs. 2 InsO Gegenstände, die er nach § 166 InsO trotz des Absonderungsrechts verwerten darf, weil er sie in Besitz hat, auch dem Gläubiger und damit dem Sicherungsnehmer zur Verwertung überlassen kann.

4.4.3.3.2. Verwertung durch den Sicherungsnehmer

Nach § 168 InsO hat der Insolvenzverwalter, bevor er den Gegenstand nach § 166 InsO selbst veräußert, dem absonderungsberechtigten Gläubiger (Sicherungsnehmer) Gelegenheit zu geben, auf eine andere, für den Gläubiger günstigere Möglichkeit der Verwertung des Gegenstands hinzuweisen (§ 168 Abs. 1 InsO). Die andere Verwertungsmöglichkeit kann auch darin bestehen, dass der Gläubiger (Sicherungsnehmer) den Gegenstand selbst übernimmt; günstiger ist eine Verwertungsmöglichkeit auch dann, wenn Kosten eingespart werden (§ 168 Abs. 3 InsO).

Übernimmt der Gläubiger (Sicherungsnehmer) die Veräußerung des Gegenstandes selbst (§ 168 Abs. 3 und § 170 Abs. 2 InsO), liegt regelmäßig eine Lieferung des Sicherungsguts an den Sicherungsnehmer (und des Sicherungsnehmers an den Käufer) vor (sog. Doppelumsatz).

Verwertet der Insolvenzverwalter die vom Insolvenzschuldner zur Sicherheit dem Gläubiger (Sicherungsnehmer) übertragenen Gegenstände sowohl im Namen als auch für Rechnung des Sicherungsnehmers, liegt ein sog. Doppelumsatz aufgrund einer Lieferung durch die Insolvenzmasse an den Gläubiger und durch den Gläubiger an den Erwerber vor. In diesem Fall gehören die vorweg zu begleichenden Kosten der Feststellung (§ 170 Abs. 2 InsO) nicht zum Entgelt (s.a. BMF vom 30.4.2014, BStBl I 2014, 816 und Abschn. 1.2 Abs. 4 Satz 5 UStAE). Die Grundsätze zum Doppel- und Dreifachumsatz finden auch bei der Verwertung von sicherungsübereigneten Gegenständen im Insolvenzverfahren Anwendung (Abschn. 1.2 Abs. 4 Satz 1 UStAE).

Zusätzlich erbringt der Insolvenzverwalter für die Masse eine Vermittlungsleistung an den SN.

4.4.3.3.3. Anwendung bzw. Nichtanwendung des Reverse-Charge-Verfahrens

Zum Anwendungsbereich des § 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG s. → Insolvenzen und Steuern unter dem Gliederungspunkt »Verwertung von Sicherungsgut« sowie → Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unter dem Gliederungspunkt »Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens«.

4.4.3.3.4. Verwertung durch den Insolvenzverwalter für die Masse

Nach dem BFH-Urteil vom 18.8.2005 (V R 31/04, BStBl II 2007, 183) handelt es sich im Fall des § 166 InsO um die Lieferung des Sicherungsguts von der Masse an den Erwerber und nicht um einen Doppel- oder Dreifachumsatz

Nach dem BFH-Urteil vom 23.7.2009 (V R 27/07, BStBl II 2010, 859) liegt ein Dreifachumsatz (Veräußerung für Rechnung des Sicherungsnehmers) erst vor, wenn aufgrund konkreter Sicherungsabrede oder einer hiervon abweichenden Vereinbarung die Verwertungsreife eingetreten ist. Im Urteilsfall lag nach der vertraglichen Vereinbarung Verwertungsreife vor, wenn der Sicherungsgeber seine Zahlungen eingestellt hat oder die Eröffnung eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt wurde.

Ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens Verwertungsreife eingetreten, erbringt der Insolvenzverwalter den Umsatz wie ein Kommissionär für Rechnung des Sicherungsnehmers/Gläubigers (Dreifachumsatz).

Nach der Verwaltungsmeinung im BMF-Schreiben vom 30.4.2014 (BStBl I 2014, 816 unter II.2.) ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens immer Verwertungsreife eingetreten. Bei der Verwertung beweglicher Gegenstände findet daher ein Dreifachumsatz statt, in welchem die Geschäftsbesorgungsleistung aufgeht.

Beispiel 4:

Über das Vermögen des Schuldners S wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Dem Gläubiger G stehen noch Forderungen i.H.v. 100 000 € zu, für die ihm ein Gegenstand zur Sicherung übereignet wurde. Als Insolvenzverwalter wurde I bestellt. I macht von seinem Verwertungsrecht nach § 166 Abs. 1 InsO Gebrauch und veräußert das Sicherungsgut im Namen der Masse und für Rechnung des G für 23 800 € an den Erwerber E. Bei der Verwertung des Sicherungsguts sind Kosten i.H.v. 1 000 € entstanden, welche neben den Kosten der Feststellung nach § 171 Abs. 1 InsO vereinbarungsgemäß vom Erlös einzubehalten sind. Da die Verwertung des Gegenstands zu einer Belastung der Masse mit Umsatzsteuer führt, hat I den Auskehrungsbetrag an G nach § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO entsprechend zu kürzen. I rechnet mit G im Gutschriftwege wie folgt ab:

Brutto-Veräußerungserlös

23 800,00 €

abzgl. USt (§ 171 Abs. 2 Satz 3 InsO)

./. 3 800,00 €

abzgl. Kosten der Feststellung (4 % vom Bruttobetrag)

./. 952,00 €

abzgl. Kosten der Verwertung

./. 1 000,00 €

Betrag der Schuldtilgung (Netto-Entgelt)

18 048,00 €

darauf USt

+ 3 429,12 €

ergibt Brutto-Entgelt

21 477,12 €

abzgl. USt (entsprechend § 171 Abs. 2 Satz 3Ins O)

./. 3 429,12 €

tatsächlicher Auskehrungsbetrag an G

18 048,00 €

Lösung 4:

Es liegen drei Lieferungen im Rahmen eines Dreifachumsatzes vor (Masse an G, G an Masse sowie Masse an E).

Das Entgelt für die Lieferung 1 besteht in der Schuldbefreiung, demnach 18 048 €. Die USt i.H.v. 3 429,12 € stellt eine Masseschuld dar. § 13b Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 Satz 1 UStG findet keine Anwendung, da es sich um Verwertungshandlungen innerhalb des Insolvenzverfahrens handelt. G kann den Vorsteuerabzug aus der Rechnung des I geltend machen, da dieser Eingangsleistung eine steuerpflichtige Ausgangleistung (Lieferung 2) gegenübersteht. Das Entgelt für diese fiktive Lieferung, bei der I (Kommissionär) nach § 3 Abs. 3 UStG als Abnehmer gilt, besteht gleichfalls in dem Betrag der Schuldbefreiung, mithin 18 048 €, da die einbehaltenen Kostenbeträge wie die Provisionszahlungen an einen Verkaufskommissionär zu behandeln sind. I steht ebenfalls der Vorsteuerabzug aus der Rechnung des G zu. I hat daneben die USt i.H.v. 3 800 € aus der Lieferung 3 an E als Masseschuld zu berücksichtigen.

Per Saldo ergeben sich für die Beteiligten I und G aus den Lieferungen 1 und 2 keine wirtschaftlichen Belastungen, da den jeweiligen Umsatzsteuerbeträgen grundsätzlich die abzugsfähigen Vorsteuerbeträge gegenüberstehen.

4.4.3.4. Verwertung von Grundstücken

Ein Darlehen z.B. bei einer Bank kann auch mit einem Grundstück abgesichert werden. Eine Möglichkeit, der Bank diese Sicherheit zu bieten, ist die Eintragung einer Grundschuld (Grundpfandrecht) ins Grundbuch. Anders als bei der Sicherungsübereignung beweglicher Sachen erfolgt bei der Sicherung durch Grundpfandrechte aber keine Eigentumsübertragung des Grundstücks.

Merke:

Aufgrund des Pfandrechts ist der Grundpfandgläubiger nicht selbst zur Veräußerung des mit dem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks berechtigt (s.a. BFH Urteil vom 28.7.2011, V R 28/09, BStBl II 2014, 406, Rz. 17). Derjenige, zu dessen Gunsten die Grundschuld eingetragen wird (Grundpfandgläubiger), kann eine Zwangsvollstreckung anstreben, sollte der Schuldner nicht vertragsgemäß tilgen (§ 1192 Abs. 1 i.V.m. § 1147 BGB). Andere Rechte an dem Grundstück stehen ihm jedoch nicht zu.

Abb.: Kalte Zwangsvollstreckung

Der Insolvenzverwalter ist zur freihändigen Veräußerung des grundpfandrechtsbelasteten Grundstücks nicht verpflichtet, da er sich gem. § 165 InsO darauf beschränken kann, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden. Duldet der Insolvenzverwalter nicht lediglich die Zwangsvollstreckung, sondern veräußert er das Grundstück freihändig (kalte Zwangsvollstreckung), erhält der Grundpfandgläubiger hierdurch die Möglichkeit, eine weiter gehende Tilgung seiner Forderung als bei einer Zwangsversteigerung zu erlangen, und damit einen Vorteil, den der Grundpfandgläubiger ohne die Leistung des Insolvenzverwalters nicht erhalten kann, da er aufgrund seines Pfandrechts nicht selbst zur Veräußerung des mit dem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks berechtigt ist.

Hinweis:

Bei der sog. kalten Zwangsvollstreckung bzw. -verwaltung handelt es sich um nicht feststehende Rechtsbegriffe, die im Wesentlichen die verschiedenen Verwertungshandlungen eines Insolvenzverwalters bei der Verwertung grundpfandrechtsbelasteter Grundstücke im Insolvenzverfahren außerhalb einer Zwangsvollstreckung zum Inhalt haben. Ziel der jeweiligen Handlung ist die freihändige Veräußerung des Grundstückes bzw. der Mieteinzug zugunsten der Gläubiger durch den Insolvenzverwalter (BMF Schreiben vom 30.4.2014, BStBl I 2014, 816 unter I.).

Sowohl die Zwangsversteigerung als auch die freihändige Veräußerung des grundpfandrechtsbelasteten Grundstücks erfolgt nicht für Rechnung des Grundpfandgläubigers, sondern für Rechnung des Schuldners (Grundstückseigentümers), denn in beiden Fällen werden die Verbindlichkeiten des Grundstückseigentümers durch den Verwertungserlös getilgt.

Sowohl bei einer Zwangsversteigerung als auch bei der freihändigen Veräußerung des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter liegt umsatzsteuerrechtlich nur eine Lieferung des Eigentümers, dieser vertreten kraft Amtes durch den Insolvenzverwalter, an den Erwerber, nicht aber ein Doppelumsatz durch eine Lieferung an den Grundpfandgläubiger und durch diesen an den Erwerber vor (BFH Urteil vom 19.12.1985, V R 139/76, BStBl II 1986, 500). Handelt hiernach der Insolvenzverwalter nicht für Rechnung des Grundpfandgläubigers, liegen die Voraussetzungen eines Kommissionsgeschäftes (§ 3 Abs. 3 UStG) nicht vor und führt daher die freihändige Veräußerung im Namen des Grundstückseigentümers auch nicht nach den Regeln über Kommissionsgeschäfte zu einem sog. Dreifachumsatz.

Auch wenn der Insolvenzverwalter mit der freihändigen Veräußerung und der hierdurch bewirkten Schuldtilgung für Rechnung des Insolvenzschuldners tätig ist, schließt dies die Annahme einer sonstigen Leistung an den Grundpfandgläubiger nicht aus. Denn anstelle der Zwangsvollstreckung zur Befriedigung des Grundpfandgläubigers aus dem Grundstück, auf die der Grundpfandgläubiger auch im Rahmen des Insolvenzverfahrens verwiesen ist (§§ 1147, 1192 BGB), können Grundpfandgläubiger und Grundstückseigentümer, vertreten durch den Insolvenzverwalter, im Rahmen eines entgeltlichen Geschäftsbesorgungsauftrags gem. § 675 BGB vereinbaren, dass der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Grundpfandberechtigten das überschuldete Grundstück im Namen des Grundstückseigentümers veräußert und den Veräußerungserlös abzüglich eines vereinbarten Entgelts zur Tilgung der gesicherten Forderung herauszugeben hat.

Da die Vorschriften über die freihändige Verwertung sicherungsübereigneter beweglicher Gegenstände (§§ 166 i.V.m. 170, 171 InsO) bei der Verwertung von unbeweglichem Vermögen grundsätzlich keine Anwendung finden und somit auch keine gesetzlichen Kostenregelungen greifen, erfolgt die freihändige Verwertung bzw. Verwaltung eines grundpfandrechtsbelasteten Grundstücks auf Basis einer Vereinbarung, die regelmäßig auch eine Beteiligung der Masse am Erlös der Verwertung bzw. Verwaltung vorsieht.

Mit Urteil vom 28.7.2011 (V R 28/09, BStBl II 2014, 406) hat der BFH entschieden, dass in den Fällen, in denen der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren aufgrund einer mit dem Grundpfandgläubiger getroffenen Vereinbarung ein Grundstück freihändig veräußert und er vereinbarungsgemäß vom Veräußerungserlös für die Masse einen »Massekostenbeitrag« einbehält, neben der Grundstückslieferung an den Erwerber eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare und auch steuerpflichtige Leistung vorliegt (s.a. Abschn. 1.2 Abs. 4 UStAE).

Beispiel 5:

Über das Vermögen des Schuldners S wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Dem Gläubiger G stehen noch Forderungen i.H.v. 200 000 € zu. Als Insolvenzverwalter wurde I bestellt. In Absprache mit G und mit Zustimmung der Gläubigerversammlung verwertet I ein grundpfandrechtsbelastetes Grundstück und erzielt dabei einen Veräußerungserlös i.H.v. 100 000 €. Nach Abzug eines mit dem Gläubiger vereinbarten Massekostenbeitrags i.H.v. 5 % des Verwertungserlöses zzgl. Umsatzsteuer zahlt I den verbleibenden Betrag aus.

Daneben zieht I bis zum Zeitpunkt der Veräußerung Kaltmieten i.H.v. 1 000 € ein und leitet diese vereinbarungsgemäß unter Abzug eines Anteils von 10 % zzgl. Umsatzsteuer zugunsten der Masse an den Gläubiger weiter.

Lösung 5:

Es liegt eine Grundstückslieferung der durch I vertretenen Masse an den Erwerber im Wege der kalten Zwangsvollstreckung vor, welche mangels Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG steuerfrei ist (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG). Das Entgelt für die steuerfreie Lieferung beträgt 100 000 €. Daneben erbringt die Masse durch die Verwertungshandlungen ihres Vertreters I eine steuerbare und steuerpflichtige Geschäftsbesorgungsleistung an G. Das Entgelt ist i.H. des vereinbarten Massekostenbeitrags anzusetzen, mithin 5 000 € (5 % von 100 000 €). Die bis zur Grundstücksveräußerung im Rahmen der kalten Zwangsverwaltung erzielten Mietumsätze sind der Masse zuzurechnen, weil diese den Mietern gegenüber – vertreten durch I – im eigenen Namen für eigene Rechnung auftritt. Daneben führt die Masse durch die Verwaltungstätigkeiten ihres Vertreters I eine weitere steuerbare und steuerpflichtige Geschäftsbesorgungsleistung aus. Das Entgelt für diese Leistung besteht im vereinbarten Anteil an den Mieteinnahmen i.H.v. 100 € (10 % von 1 000 €).

Die sich aus den Geschäftsbesorgungsleistungen ergebende Umsatzsteuer ist als Masseschuld zu berücksichtigen.

5. Kommissionsgeschäft

Beim Kommissionsgeschäft (→ Kommissionsgeschäfte mit Gegenständen; § 3 Abs. 3 UStG) liegt eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär erst in dem Zeitpunkt der Lieferung des Kommissionsgutes an den Abnehmer vor (Abschn. 3.1 Abs. 3 Satz 7 UStAE).

6. Verschaffung der Verfügungsmacht bei Verkäufen über »Amazon«

Mit Beschluss vom 29.4.2020 (XI B 113/19, BStBl II 2020, 476) hat der BFH zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Warenlieferungen im paneuropäischen Versand über die Internetplattform Amazon entschieden, dass bei der Lieferung von Waren eines Verkäufers über die Internetseite der der Amazon Services Europe s.a.r.l. (Amazon) im Rahmen des Modells »Verkauf durch Händler, Versand durch Amazon« (auch »fulfillment by amazon« bzw. »Paneuropäischer Versand durch Amazon«), Leistungsempfänger der Warenlieferung des Verkäufers nicht Amazon, sondern der Endkunde ist, dem die Verfügungsmacht am Gegenstand der Lieferung verschafft wird.

Mit Einführung des § 3 Abs. 3a UStG durch Art. 14 Nr. 2 Buchst. a des JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird Art. 14a MwStSystRL in nationales Recht umgesetzt (s.o.). Nach § 27 Abs. 33 UStG i.d.F. des JStG 2020 ist § 3 Abs. 3a UStG erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30.6.2021 ausgeführt werden.

Hinweis:

Mit Schreiben vom 1.4.2021 (BStBl I 2021, 629) nimmt das BMF Stellung zur Umsetzung der zweiten Stufe des Mehrwertsteuer-Digitalpakets und fügt dabei u.a. Abschn. 3.18 UStAE neu ein. Die Verwaltung setzt dabei die Regelungen bezgl. der Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten i.S.d. § 3 Abs. 3a UStG um.

§ 3 Abs. 3a Satz 1 und 2 UStG regelt die Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen (z.B. Amazon) in fiktive Lieferketten. Nach § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG werden Unternehmer, die mittels ihrer elektronischen Schnittstelle Lieferungen von Gegenständen durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer unterstützen, deren Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, so behandelt, als ob sie diese Gegenstände für ihr Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätten. Während tatsächlich lediglich ein einziges Verkaufsgeschäft vorliegt, werden für umsatzsteuerliche Zwecke zwei Lieferungen fingiert, indem eine (erste) Lieferung von dem Unternehmer an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle sowie eine (zweite) Lieferung von dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle an den Enderwerber angenommen werden (Abschn. 3.18 Abs. 1 UStAE).

S. dazu → Lieferung unter dem Gliederungspunkt »Lieferfiktion nach § 3 Abs. 3a UstG« sowie die Beispiele 1 bis 4 zu Abschn. 3.18 Abs. 2 UStAE.

7. Lieferzeitpunkt nach dem UStG

Der Lieferzeitpunkt ist u.a. maßgeblich für die Entstehung der Steuer (§ 13 Abs. 1 und 2 UStG), während der Lieferort erheblich ist für die Steuerbarkeit der Lieferung. § 3 Abs. 6 UStG enthält keine Aussage zur Frage des Zeitpunkts der Lieferung. Der Lieferzeitpunkt bestimmt sich nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 390/96) nach den Vorgaben des Zivilrechts. Nach dieser Auffassung entspricht der Lieferzeitpunkt dem Zeitpunkt des Gefahrübergangs (§§ 446 und 447 BGB) und des Übergangs von Nutzen und Lasten. Nach dem BFH-Urteil vom 6.12.2007 (V R 24/05, BStBl II 2009, 490 unter II.1.b.) regeln die Abs. 6 und 7 des § 3 UStG den Leistungsort und zugleich auch den Zeitpunkt der Leistung (s.a. Abschn. 13.1 Abs. 2 Satz 1 und 2 und Abschn. 3.12 Abs. 7 UStAE); dies gilt hinsichtlich der Verschaffung der Verfügungsmacht auch in den Fällen einer Beförderungs- oder Versendungslieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, in denen der Liefergegenstand nach dem Beginn der Beförderung oder Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungs- oder Konsignationslager gelagert wird (Abschn. 3.12. Abs. 7 Satz 1 UStAE; s.a. → Ort der Lieferung).

Beispiel 6:

A erwirbt am 30.1.06 bei Kfz-Händler K in Mannheim einen gebrauchten Pkw und nimmt ihn sofort mit nach Hause. Auf der Heimfahrt hat A mit dem Pkw einen Totalschaden.

Lösung 6:

Der Ort und der Zeitpunkt der »bewegten Lieferung« bestimmen sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG. Die Lieferung wird in Mannheim ausgeführt, da dort die Beförderung beginnt.

Beispiel 7:

A aus Edenkoben/Pfalz erwirbt am 30.1.06 bei Kfz-Händler K in Mannheim einen gebrauchten Pkw. Am 1.2.06 beauftragt A das Abschleppunternehmen S aus Edenkoben, den Pkw in Mannheim abzuholen, um ihn nach Edenkoben zu transportieren. Auf der Heimfahrt von Mannheim hat S am 1.2.06 einen Unfall. Der Pkw hat Totalschaden.

Lösung 7:

Der Ort und der Zeitpunkt der Lieferung befinden sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Mannheim. Die Gefahr des Untergangs geht mit Beginn der Beförderung an A über. In der Rechnung ist als Lieferzeitpunkt (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG) der 1.2.06 anzugeben. Mit Ablauf des Februar 06 entsteht die USt bei K. Der Abnehmer kann mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Februar den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG beantragen, da die Lieferung an sein Unternehmen ausgeführt wurde und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt.

Beispiel 8:

A aus Edenkoben erwirbt am 30.1.06 bei Kfz-Händler K in Mannheim einen gebrauchten Pkw. Am 1.2.06 bringt K den Pkw nach Edenkoben, um ihn dort vereinbarungsgemäß an A zu übergeben. Die Transportgefahr trägt vereinbarungsgemäß K. Auf der Fahrt von Mannheim nach Edenkoben hat K einen Unfall. Der Pkw hat Totalschaden.

Lösung 8:

Nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG bestimmt sich der Ort der Lieferung nach dem Beginn der Beförderung und befindet sich daher in Mannheim. Mit Beginn der Beförderung am 1.2.06 gilt die Lieferung als ausgeführt. Da der Lieferer die Transportgefahr trägt, ist der Abnehmer A nicht zur Zahlung des Entgelts verpflichtet. Die im Februar ausgeführte Lieferung ist daher mangels Entgelts nicht steuerbar. Obwohl der Abnehmer A eventuell eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis besitzt, kann er keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Als Vorsteuer abziehbar ist nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für eine Lieferung von einem anderen Unternehmer an sein Unternehmen. Da bei der Ausführung einer nicht steuerbaren Lieferung keine USt entsteht, hat der Leistungsempfänger daher keinen Vorsteueranspruch).

8. Literaturhinweise

Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt); Hummel, Verschaffung der Verfügungsmacht im Umsatzsteuerrecht, UR 2007, 757; Lippross, Verfügungsmacht und Sachgefahr, UR 2008, 495; Brete u.a., Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Organlieferungen, UR 2009, 781; Weimann, Verwertung von Sicherungsgut, UStB 1/2011, 29; Rondorf, Umsatzsteuerliche Behandlung der Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände, NWB 12/2014, 842; Nießen, Umsatzsteuerliche Folgen bei der Verwertung von beweglichem Sicherungsgut, NWB 39/2014, 2917.

9. Verwandte Lexikonartikel

Bauleistungen in der Umsatzsteuer

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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