1 Überblick
2 Persönlicher Anwendungsbereich des § 38 KStG
3 Körperschaftsteuererhöhung nach dem JStG 2008
3.1 Entrichtung in Jahresbeträgen
3.2 Entrichtung in einer Summe
4 Körperschaftsteuererhöhungen bis zum 31.12.2006
4.1 Fortführung des Alt-EK 02 im Einzelnen
4.1.1 Gesonderte Feststellung
4.1.2 Zeitlicher Anwendungsbereich
4.1.3 Steuererklärungspflicht
4.2 Leistungserbringung als Auslöser der Körperschaftsteuererhöhung
4.3 Ermittlung der Körperschaftsteuererhöhung
4.3.1 Prüfung einer Verwendung von Alt-EK 02
4.3.2 Bemessung der Körperschaftsteuererhöhung
4.4 Ausnahme von der Körperschaftsteuererhöhung
4.4.1 Steuerbefreiung der leistenden Körperschaft
4.4.2 Steuerbefreiung des Anteilseigners
4.4.3 Kürzung des als verwendet geltenden fortgeschriebenen EK 02
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel
Durch das StSenkG vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433) wurde ab dem Jahr 2001 (bzw. bei abweichendem Wirtschaftsjahr ab 2002) bei der Körperschaftsteuer der Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren festgelegt. Während eines 18-jährigen Übergangszeitraums vom Anrechnungs- zum → Halbeinkünfteverfahren (d.h. bis einschließlich VZ 2019) sollte es bei einer Kapitalgesellschaft (→ Kapitalgesellschaften) zu einer Erhöhung der → Körperschaftsteuer kommen können, wenn bei der Kapitalgesellschaft ein positiver Endbestand des ehemaligen EK 02 festgestellt wurde. Dies liegt darin begründet, dass unter dem Anrechnungsverfahren unbelastete Teilbeträge des EK 02 im Fall ihrer Verwendung auf Gesellschaftsebene der KSt-Ausschüttungsbelastung von 30 % unterlagen. Damit diese »Nachversteuerung« auch unter dem neuen Recht erfolgen konnte, war das ehemalige EK 02 (auch: Alt-EK 02) zum Schluss eines jeden Wirtschaftsjahrs, letztmalig zum 31.12.2006 fortzuschreiben und gesondert festzustellen (Umgliederung des verwendbaren Eigenkapitals; BMF vom 6.11.2003, IV A 2-S 1910-156/03, BStBl I 2003, 575). Durch das Jahressteuergesetz 2008 (JStG 2008) wurde ab dem 1.1.2007 schließlich eine verwendungsunabhängige Körperschaftsteuererhöhung eingeführt. Wann eine Körperschaftsteuererhöhung nach altem und neuem Recht eintrat, regelt insbes. § 38 KStG.
Wenn § 38 Abs. 1 Satz 1 KStG die Fortführung eines nach § 36 Abs. 7 KStG gesondert auszuweisenden und festzustellenden EK 02 vorschreibt, konnte dies nur für Körperschaften gelten, die unter dem Anrechnungsverfahren das Eigenkapital gliedern und damit § 36 KStG beachten mussten. Damit kam eine Erhöhung der Körperschaftsteuer nur bei Steuerpflichtigen in Betracht, die Leistungen an ihre Anteilseigner erbringen, insbes. Kapitalgesellschaften und Genossenschaften.
Durch das Jahressteuergesetz 2008 (JStG 2008) vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150) wurde das bisherige System der Körperschaftsteuererhöhung durch eine leistungsunabhängige Entrichtung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrages ersetzt, sodass es ab 2008 zu einer Zwangsbesteuerung des Alt-EK 02 kam. Diese zwangsweise Besteuerung des Alt-EK 02 ist nicht verfassungswidrig (FG Düsseldorf vom 6.11.2012, 6 K 384/10, GmbHR 2013, 770; FG Schleswig-Holstein vom 31.1.2013, 1 K 123/10, EFG 2013, 548; FG Berlin-Brandenburg vom 27.8.2013, 8 K 8289/10; BFH vom 10.12.2014, I R 76/12, BStBl II 2016, 237; BFH vom 28.10.2015, I R 65/13, BStBl II 2016, 414). Insbes. ist die unechte Rückwirkung der Regelung verfassungsrechtlich gerechtfertigt (BFH vom 10.12.2014, I R 76/12, BStBl II 2016, 237).
Zur Ermittlung des Erhöhungsbetrags war der Endbetrag des Alt-EK 02 auf den 31.12.2006 letztmalig zu ermitteln und festzustellen (§ 38 Abs. 4 Satz 1 KStG). Von dem am 31.12.2006 vorhandenen Bestand des Alt-EK 02 wurde pauschal ein Anteil von 10 % mit einem Steuersatz von 30 % besteuert (d.h. 3/100 des Bestands). Der festzusetzende Körperschaftsteuererhöhungsbetrag betrug somit 3 % des Endbetrages an Alt-EK 02 (§ 38 Abs. 5 Satz 1 KStG). Der Restbestand des Alt-EK 02 entfiel und löste folglich keine weitere Körperschaftsteuererhöhung aus.
Eine Festsetzung und nachfolgende Erhebung entfiel, wenn der Betrag 1 000 € oder weniger betrug, d.h. das am 31.12.2006 festgestellte Alt-EK 02 maximal 33 333 € betrug.
Der (unverzinsliche) Anspruch des Fiskus auf Entrichtung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags entstand nach § 38 Abs. 6 Satz 3 und 8 KStG am 1.1.2007 und war folglich bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr erstmals zum 31.12.2007 zu passivieren. Die zu zahlenden Körperschaftsteuererhöhungsbeträge waren steuerlich nicht abzugsfähig (§ 38 Abs. 10 i.V.m. § 37 Abs. 7 KStG), sodass eine außerbilanzielle Neutralisierung erforderlich war.
Hinweis:
Der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag war gem. § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG zudem begrenzt auf den Betrag der bei Vollausschüttung am 31.12.2006 nach alten Regelungen theoretisch eintretenden Körperschaftsteuererhöhung. Dabei war in die Bemessungsgrundlage nur das ausschüttbare Eigenkapital zum 31.12.2006, nicht aber das Nennkapital und das steuerliche Einlagekonto einzubeziehen (BFH vom 27.9.2017, I R 65/15, BFH/NV 2018, 437; BFH vom 12.10.2011, I R 107/10, BStBl II 2012, 610; H 38 KStH).
Der festgesetzte Körperschaftsteuererhöhungsbetrag war grundsätzlich in zehn gleichen Jahresbeträgen im Zahlungszeitraum 2008 bis 2017 an das Finanzamt zu entrichten (§ 38 Abs. 6 Satz 1 KStG). Der Jahresbetrag war grundsätzlich am 30.9. eines jeden Jahres fällig; erfolgte die Bekanntgabe des Bescheids jedoch nach dem 31.8.2008, war der erste Jahresbetrag innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe fällig.
Alternativ zur Zahlung in gleichen Jahresbeträgen konnte der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag auf Antrag auch in einer Summe entrichtet werden (§ 38 Abs. 7 Satz 1 KStG). In diesem Fall war beim der Antragstellung folgenden Zahlungstermin (grundsätzlich der nächste 30.9.) der restliche Körperschaftsteuererhöhungsbetrag abgezinst mit einem Zinssatz von 5,5 % zu entrichten. Folge der Zahlung war das Erlöschen des gesamten Anspruchs.
Ein positiver Endbestand des EK 02 i.S.d. § 36 Abs. 7 KStG war zum Schluss der folgenden Wirtschaftsjahre, letztmalig zum 31.12.2006 fortzuschreiben und gesondert festzustellen (§ 38 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 KStG). Der Feststellung nach § 36 Abs. 7 KStG kam daher nach § 171 Abs. 10 AO Grundlagenfunktion zu. Einwendungen gegen die Höhe des Anfangsbestands des Alt-EK 02 mussten daher immer gegen den Feststellungsbescheid zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres erhoben werden, da der dort festgestellte Betrag für die Fortentwicklung bindend ist. In der Praxis wurde der Feststellungsbescheid mit den Feststellungen nach §§ 27, 28 und 37 KStG verbunden. War nach § 36 Abs. 7 KStG ein negativer Betrag des Alt-EK 02 festzustellen, wurde dieser nicht fortgeführt.
Hinweis:
Die unter dem Anrechnungsverfahren bei einem Verlustrücktrag systematisch zwingende Erhöhung des Bestandes an EK 02 im Jahr des Verlustabzugs war, nachdem im Halbeinkünfteverfahren die entsprechende Minderung des EK 02 im Verlustentstehungsjahr nicht mehr in Betracht kam, durch eine entsprechende Kürzung im Rahmen der Umgliederung des EK gem. § 36 KStG 2002 zu korrigieren (FG Berlin-Brandenburg Gerichtsbescheid vom 25.3.2010, 12 K 8366/05, EFG 2010, 1725, entgegen FG Köln vom 28.2.2007, 13 K 4826/03, EFG 2007, 1357).
§ 38 Abs. 1 bis 3 KStG war ursprünglich während eines 18-jährigen Übergangszeitraums zu beachten. Nach § 38 Abs. 2 Satz 3 KStG war somit 2019 das letzte Jahr des Übergangszeitraums. Durch das JStG 2008 wurde die leistungsabhängige Körperschaftsteuererhöhung jedoch durch eine leistungsunabhängige, grundsätzlich ratierliche Körperschaftsteuererhöhung ersetzt (§ 38 Abs. 4 bis 10 KStG).
Für die gesonderte Feststellung des Alt-EK 02 war eine Feststellungserklärung auf amtlichem Vordruck abzugeben (§ 38 Abs. 1 Satz 2 KStG i.V.m. § 27 Abs. 2 KStG, § 150 Abs. 1 AO). Die Erklärung war vom gesetzlichen Vertreter (§ 34 AO) eigenhändig zu unterschreiben. Dies ist der Vorstand einer AG (§ 78 AktG) bzw. der Geschäftsführer bei der GmbH (§ 35 GmbHG).
Körperschaftsteuererhöhungen wurden vor dem 1.1.2007 durch die Erbringung von »Leistungen« seitens der Kapitalgesellschaft ausgelöst, wenn für diese Leistungen Alt-EK 02 als verwendet galt (§ 38 Abs. 2 Satz 1 KStG). Die verursachte Körperschaftsteuererhöhung betrug grundsätzlich 3/7 des Betrags der Leistungen.
Unter Leistungen waren – wie bei der Verwendung des steuerlichen Einlagekontos (→ Steuerliches Einlagekonto) – im Gesellschaftsverhältnis begründete Auskehrungen zu verstehen (BMF vom 6.11.2003, IV A 2-S 1910-156/03, BStBl I 2003, 575, Tz. 44). Darunter fielen insbesondere:
offene Gewinnausschüttungen;
verdeckte Gewinnausschüttungen (→ Verdeckte Gewinnausschüttung);
Vorabausschüttungen;
Rückzahlung von → Nennkapital;
Einlagenrückgewähr;
Auskehrungen anlässlich einer Liquidation (→ Abwicklung einer Körperschaft) oder einer → Kapitalherabsetzung;
Ausgleichszahlungen an außenstehende Anteilseigner einer Organgesellschaft;
Vorvertraglich verursachte Mehrabführungen einer Organgesellschaft (§ 14 Abs. 3 KStG).
Sämtliche Leistungen, die in einem → Wirtschaftsjahr abgeflossen sind, waren für die Ermittlung der Körperschaftsteuererhöhung zusammenzufassen.
Hinweis:
Der umwandlungsbedingte Vermögensübergang von einer unbeschränkt steuerpflichtigen auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft und die Beendigung der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht durch Verlegung des Sitzes oder des Ortes der Geschäftsleitung ins Ausland führten ebenfalls zu einer Körperschaftsteuererhöhung (§ 40 Abs. 5 und 6 KStG i.d.F. des SEStEG).
Zu der Entstehung eines Körperschaftserhöhungsbetrags gem. § 37 Abs. 3 KStG a.F. konnte beim Vorliegen sonstiger Voraussetzungen bereits ein Rechtsformwechsel von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft führen (BFH Urteil vom 25.11.2014, I R 78/12, BFH/NV 2015, 523).
Eine Körperschaftsteuererhöhung durch Verwendung von Alt-EK 02 trat ein, wenn die Summe der von der Kapitalgesellschaft erbrachten Leistungen in einem → Wirtschaftsjahr den um den Bestand des Alt-EK 02 verminderten ausschüttbaren Gewinn überstieg (§ 38 Abs. 1 Satz 4 KStG). Ob dies der Fall war, konnte mit Hilfe der sog. Differenzrechnung leicht ermittelt werden. Hierfür war auf Basis der Bestände zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres folgende Berechnung anzustellen (BMF vom 6.11.2003, IV A 2-S 1910-156/03, BStBl I 2003, 575, Tz. 45):
EK lt. Steuerbilanz |
|
./. |
gezeichnetes Kapital |
./. |
Bestand des steuerlichen Einlagekontos, falls positiv |
ausschüttbarer Gewinn |
|
./. |
Bestand des Alt-EK 02 |
verminderter ausschüttbarer Gewinn |
|
./. |
Summe der Leistungen |
Differenz |
Zur Berechnung des sog. ausschüttbaren Gewinns war das → Eigenkapital der Steuerbilanz ausgehend von der Handelsbilanz unter Berücksichtigung der speziell steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften zu ermitteln. Sonderposten mit Rücklageanteil i.S.v. § 247 Abs. 3 HGB stellten dabei genauso wie → Rückstellungen und Verbindlichkeiten Fremdkapital dar. Als gezeichnetes Kapital war das Grund- bzw. Stammkapital der Kapitalgesellschaft anzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob es bereits vollständig eingezahlt wurde. Um zum sog. verminderten ausschüttbaren Gewinn bzw. zur sog. Differenz zu gelangen, waren noch der Bestand des Alt-EK 02 zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs und anschließend die Summe der Leistungen zu subtrahieren.
Hinweis:
Der BFH hat mit Urteil vom 11.2.2009 (I R 67/07, BStBl II 2010, 57) entschieden, dass der ausschüttbare Gewinn nur insoweit um den Bestand des Alt-EK 02 zu vermindern ist, als das Alt-EK 02 nicht bereits aufgrund einer vorangegangenen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln als Abzugsposten bei der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns berücksichtigt worden ist.
Das »Vorzeichen« der ermittelten Differenz gab nun Aufschluss darüber, ob eine Körperschaftsteuererhöhung eintrat:
Bei einer positiven Differenz kam es zu keiner Körperschaftsteuererhöhung, da Alt-EK 02 nicht als für die Leistungserbringung verwendet galt.
Bei einer negativen Differenz galt Alt-EK 02 als für die Leistungen verwendet, sodass eine Körperschaftsteuererhöhung eintrat.
Die Verwendung von Alt-EK 02 erfolgte so lange und insoweit, als noch ein positiver Bestand an Alt-EK 02 vorhanden war.
Für die Ermittlung des Betrags der Verwendung von Alt-EK 02, der Körperschaftsteuererhöhung und der Minderung des Bestands an Alt-EK 02 war wie folgt vorzugehen:
Ermittlung der Verwendung von Alt-EK 02
Berechnung von 7/10 des Bestands an Alt-EK 02
Vergleich mit negativer Differenz lt. Differenzrechnung
Alt-EK 02 gilt max. i.H.v. 7/10 seines Bestands als verwendet, ansonsten i.H.d. negativen Differenz
Ermittlung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags
3/7 des unter 1. ermittelten Verwendungsbetrags
Ermittlung der Minderung des Bestands an Alt-EK 02
Summe aus ermitteltem Verwendungsbetrag unter 1. und ermitteltem Körperschaftsteuererhöhungsbetrags unter 2.
Wie das Schema zeigt, minderte sowohl der als verwendet geltende Betrag an Alt-EK 02 als auch der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag den Bestand an Alt-EK 02, der zum Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres gesondert festzustellen war (§ 38 Abs. 1 Satz 3, § 38 Abs. 2 Satz 2 KStG). Eine Minderung des Alt-EK 02 kam nur bis zum vollständigen Verbrauch in Betracht. Ein Negativbetrag an Alt-EK 02 konnte nicht entstehen. Ein Zugang zum Alt-EK 02 erfolgte nur in Sonderfällen (z.B. im Rahmen einer Verschmelzung). Daraus folgt letztlich, dass von einem bestimmten Alt-EK 02 maximal 7/10 als verwendet gelten konnten, da der Rest (3/10) noch für die Anwendung des § 38 Abs. 2 Satz 2 KStG (Abzug des Erhöhungsbetrags) zur Verfügung stehen musste.
Beispiel:
Die X-GmbH (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) verfügte zum 31.12.2005 über folgende Bestände:
EK lt. Steuerbilanz |
170 000 € |
Nennkapital |
35 000 € |
Steuerliches Einlagekonto |
45 000 € |
Alt-EK 02 |
50 000 € |
Im Wirtschaftsjahr 2006 wurde eine Gewinnausschüttung i.H.v. 80 000 € beschlossen und ausgezahlt. Zusätzlich lag eine vGA i.H.v. 20 000 € vor, die im Jahr 2006 abgeflossen ist.
Lösung:
Die Gewinnausschüttung und die vGA stellen Leistungen i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 3 KStG dar, die zu einer Körperschaftsteuererhöhung führen, wenn die Summe der Leistungen (100 000 €) den ausschüttbaren Gewinn abzüglich des Bestandes an Alt-EK 02 übersteigt. Ob dies der Fall ist, konnte anhand der sog. Differenzrechnung ermittelt werden:
EK lt. Steuerbilanz |
170 000 € |
|
./. |
gezeichnetes Kapital |
./. 35 000 € |
./. |
Bestand des steuerlichen Einlagekontos, falls positiv |
./. 45 000 € |
ausschüttbarer Gewinn |
90 000 € |
|
./. |
Bestand des Alt-EK 02 |
./. 50 000 € |
verminderter ausschüttbarer Gewinn |
40 000 € |
|
./. |
Summe der Leistungen |
./. 100 000 € |
Differenz |
./. 60 000 € |
Da die ermittelte Differenz negativ ist, gilt insoweit Alt-EK 02 für die → Ausschüttungen (besser: Leistungen) als verwendet. Jedoch kommt eine Verwendung max. i.H.v. 7/10 des Bestandes an Alt-EK 02 zum Schluss des Vorjahres in Betracht. Die max. Verwendung beträgt demnach 35 000 € (7/10 von 50 000 €). Die Körperschaftsteuererhöhung beträgt 15 000 € (3/7 von 35 000 € oder 3/10 von 50 000 €). I.H.d. Summe aus Körperschaftsteuererhöhung und Verwendung von Alt-EK 02 von insgesamt 50 000 € minderte sich der Bestand an Alt-EK 02, sodass dieses per 31.12.2006 mit Null festzustellen war.
Hinweis:
Das KStG sah für die Verwendung des Alt-EK 02 keine Steuerbescheinigung vor. Da allerdings i.d.R. ein Kapitalertragsteuer-Abzug vorzunehmen war, war eine Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 2 EStG zu erteilen.
Eine Körperschaftsteuererhöhung unterblieb nach § 38 Abs. 3 KStG, soweit eine von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaft Leistungen an einen unbeschränkt steuerpflichtigen, von der Körperschaftsteuer befreiten Anteilseigner oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts erbrachte. Diese Ausnahme ist darauf zurückzuführen, dass die erbrachte → Leistung im steuerfreien Bereich verblieb. Die steuerbefreite Körperschaft hatte aber dennoch die gesonderte Feststellung (→ Gesonderte Feststellung) und Fortschreibung des festgestellten Alt-EK 02 vorzunehmen, da die Steuerbefreiung in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen entfallen konnte. Grundsätzlich hatte der Anteilseigner der ausschüttenden Körperschaft seine Befreiung von der → Körperschaftsteuer durch eine Bescheinigung des Finanzamts nachzuweisen. Nach § 38 Abs. 3 Satz 3 KStG galt die Ausnahme von der Körperschaftsteuererhöhung nicht, wenn der Anteilseigner die Anteile in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb hielt, für den die Steuerbefreiung ausgeschlossen war oder soweit die Beteiligung in einem nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betrieb gewerblicher Art (→ Betrieb gewerblicher Art) gehalten wurde.
Die Steuerbefreiung der leistenden Körperschaft ergab sich i.d.R. aus § 5 Abs. 1 KStG. Sie konnte aber auch auf außersteuerlichen Vorschriften beruhen. Die Steuerbefreiung musste im Zeitpunkt der Leistung vorliegen. Die Ausschüttung des Gewinns für einen Zeitraum, für den die Steuerbefreiung noch vorlag, reichte nicht aus, wenn im Zeitpunkt der Ausschüttung die Steuerpflicht eingetreten war (BFH Urteil vom 5.4.1995, I R 29/94, BStBl II 1995, 740).
Wenn § 38 Abs. 3 Satz 1 KStG weiter die fehlende Steuerpflicht eines unter das KStG fallenden steuerpflichtigen Anteilseigners verlangte, musste dieses Merkmal ebenfalls im Zeitpunkt der Leistung vorliegen. Damit die Körperschaftsteuererhöhung unterbleiben konnte, hatte der Anteilseigner seine Steuerbefreiung der leistenden Körperschaft auf dem Vordruck NV 2 nachzuweisen (§ 38 Abs. 3 Satz 2 KStG). Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts war dieser Nachweis nicht erforderlich, da hier die Steuerbefreiung grundsätzlich gegeben ist.
Auch wenn nach § 38 Abs. 3 Satz 1 KStG die Körperschaftsteuererhöhung unterblieb, war die Verwendungsregel des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG zu beachten, sodass die Leistung das Alt-EK 02 auch in diesen Fällen minderte. Da allerdings keine Steuer anfiel, die ebenfalls zur Minderung des Alt-EK 02 führen würde (§ 38 Abs. 2 Satz 2 KStG), konnte das Alt-EK 02 in voller Höhe um die Leistung gemindert werden (nicht nur zu 7/10).
Lang, Körperschaftsteuererhöhung und -minderung bei offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen während der fünfzehnjährigen Übergangszeit, DB 2001, 2110; Kußmaul/Richter/Meyering, Probleme bei der Ermittlung der Körperschaftsteuererhöhung im Rahmen von § 38 Abs. 2 KStG (EK 02), DB 2004, 1907; Kußmaul/Richter/Meyering, Verwendung des steuerlichen Einlagekontos bei Körperschaftsteuererhöhung (EK 02): Existenz einer Gesetzeslücke!?, DB 2005, 685; Frotscher, Zur Europarechtswidrigkeit der »Nachversteuerung« nach § 38 KStG, BB 2006, 861; Häuselmann, Steuerliche Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 8.11.2007, BB 2008, 20; Ott, Gesetzliche Zwangsbesteuerung des Alt-EK 02 nach den Änderungen durch das JStG 2008, DStZ 2008, 274; Bolik/Zöller, Etappensieg gegen Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 Abs. 5 KStG, DStR 2012, 738; Binnewies, Körperschaftsteuer-Guthaben und kein Ende?, GmbHR 2014, 1184; Forchhammer, Verfassungsmäßigkeit der ausschüttungsunabhängigen Nachbelastung des Endbestandes des EK 02 durch das JStG 2008, SteuK 2015, 237.
→ Steuerbefreite Körperschaften
Redaktioneller Hinweis:
Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.
Zum Newsletter anmelden