1 Bilanzierungsvorschriften
1.1 Grundsätzliches Bilanzierungsgebot
1.2 Bilanzierungsverbot
1.2.1 Rechtslage nach dem BilMoG
1.2.2 Auswirkungen auf das Steuerrecht
1.2.3 Ausschüttungssperre
1.3 Entgeltlicher Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts
1.4 Einlage eines immateriellen Wirtschaftsgutes
1.4.1 Gegenstand der Einlage (allgemein)
1.4.2 Die Bewertung eines eingelegten immateriellen Wirtschaftsgutes
2 Immaterielle Einzelwirtschaftsgüter
3 Geschäfts- und Firmenwert
3.1 Definition und wesentliche Aussage
3.1.1 Behandlung nach HGB
3.1.2 Behandlung nach EStG
3.2 Berechnung des Firmenwerts
3.2.1 Indirekte Methode
3.2.2 Direkte Methode
3.2.3 Gegenüberstellung der beiden Methoden
3.3 Firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter
3.3.1 Abschreibbare firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter
3.3.2 Nicht abschreibungsfähige firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter
4 Bedeutung für das Ertragsteuerrecht
4.1 Immaterielles Wirtschaftsgut als wesentliche Betriebsgrundlage bei § 16 EStG?
4.2 Gegenstand der sachlichen Verflechtung bei einer Betriebsaufspaltung
5 Kassenärztliche Zulassung als untrennbarer Teil des Praxiswerts
6 Umsatzsteuerliche Behandlung
7 Literaturhinweise
8 Verwandte Lexikonartikel
Generell sind sämtliche Vermögensgegenstände zu aktivieren (§ 246 Abs. 1 Satz 1 HGB). Das gilt folglich für die immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens als auch für die des Umlaufvermögens. Das Bilanzierungsgebot gilt über die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz gem. § 5 Abs. 1 EStG auch für die Steuerbilanz (→ Maßgeblichkeitsgrundsatz). Bei den selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens erfolgt jedoch eine Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes. Während handelsrechtlich gem. § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB ein Wahlrecht besteht, schließt § 5 Abs. 2 EStG die Aktivierung dieser nicht entgeltlich erworbenen Wirtschaftsgüter aus. Handelsrechtlich besteht jedoch ein Aktivierungsverbot gem. § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare, d. h. urheberrechtsnahe, immaterielle Vermögensgegenstände.
Auf der handelsrechtlichen Ebene sind durch das BilMoG die bereits genannten wesentlichen Änderungen erfolgt. Gem. § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB wurde das grundsätzliche Verbot der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter aufgehoben. Das jetzt bestehende Aktivierungswahlrecht für die selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände auf der handelsrechtlichen Ebene erfordert jedoch eine klare Abgrenzung der Herstellungskosten von den Forschungskosten. Die Definition der Herstellungskosten (HK) ist § 255 Abs. 2a HGB zu entnehmen. Können Forschungs- und Entwicklungsphase und die damit einhergehenden Kosten nicht verlässlich voneinander getrennt werden, ist die Aktivierung ausgeschlossen.
HK eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens sind die bei dessen Entwicklung anfallenden Aufwendungen nach § 255 Abs. 2 HGB. Durch das BilMoG wurde der AK/HK-Begriff des HGB an den steuerrechtlichen angepasst. Forschungs- und Vertriebskosten dürfen demnach nicht in die Ermittlung der AK/HK einbezogen werden.
Forschung ist die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können.
Entwicklung ist die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern oder Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Änderungen.
Die Unterscheidung der beiden Phasen ergibt sich daraus, dass die VG-Qualität des reinen Forschungsergebnisses regelmäßig (noch) sehr unsicher ist. Der Gesetzgeber wollte demnach eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung des künftigen Vermögensgegenstandes zur Voraussetzung für die Aktivierung machen. Dies sei demzufolge erst in der Entwicklungsphase gegeben. Die Aufwendungen und insbesondere der Übergang der beiden Phasen müssen hinreichend dokumentiert werden.
Ferner enthält § 248 Abs. 1 HGB Aufwendungen, für die ein Bilanzansatz weiterhin ausscheidet. Diese sind
Aufwendungen für die Gründung eines Unternehmens,
Aufwendungen für die Beschaffung des Eigenkapitals und
Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen.
Steuerrechtlich ergeben sich hingegen keine Änderungen, da § 5 Abs. 2 EStG nicht verändert wurde. Demzufolge besteht für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter auf der steuerrechtlichen Ebene weiterhin ein Aktivierungsverbot, was zu einer Abweichung der Handels- von der Steuerbilanz führt (Durchbrechung der Maßgeblichkeit).
Macht ein Unternehmen vom Wahlrecht gem. § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB Gebrauch und aktiviert selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände, so besteht i.H.d. angesetzten Betrages abzüglich der darauf gebildeten passiven latenten Steuern eine Ausschüttungssperre gem. § 268 Abs. 8 HGB. Dies gilt nicht für entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände, da deren Wert durch das Entgelt des Erwerbs belegt ist.
Ein immaterielles Wirtschaftsgut ist entgeltlich erworben worden (sog. derivatives immaterielles Wirtschaftsgut), wenn es durch ein Rechtsgeschäft oder einen Hoheitsakt gegen Hingabe einer bestimmten Gegenleistung übergegangen oder eingeräumt worden ist (R 5.5 Abs. 2 Satz 2 EStR 2015). Als i.S.d. Aktivierungspflicht unschädlicher unentgeltlicher Erwerb kommen gem. R 5.5 Abs. 3 EStR 2019 in Betracht:
Übergang im Rahmen der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils (Geschäfts- oder → Firmenwert, → Praxiswert): Aktivierung mit dem Buchwert des Rechtsvorgängers (§ 6 Abs. 3 EStG);
→ Unentgeltlicher Erwerb als Einzelwirtschaftsgut aus betrieblichem Anlass: Aktivierung mit dem gemeinen Wert (§ 6 Abs. 4 EStG i.V.m. § 9 Abs. 2 BewG);
Einlage in den Betrieb: Aktivierung mit dem Einlagewert, d.h. Teilwert bzw. fortgeschriebene → Anschaffungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG).
Beispiel 1:
Der schwäbische Tüftler D erfindet in seinem Zuliefererbetrieb für Nutzfahrzeuge einen Motor, der eine Direkteinspritzung bei gleichzeitiger Verwendung von Raps und Dieselöl erlaubt (das sog. Kombi-Einspritzverfahren). Um sich für die Geschäftskontakte zu bedanken, überlässt er dieses Verfahren kostenlos dem Tuner B. Die neu getunten Hochleistungs-Traktoren sind ab diesem Zeitpunkt nur noch mit dem Kombi-Einspritzverfahren unterwegs.
Lösung 1:
D konnte die Idee (das Patent) bis zur Überlassung an B nicht aktivieren (§ 5 Abs. 2 EStG). Mit der Überlassung an B liegt eine betrieblich bedingte unentgeltliche Übertragung eines Einzelwirtschaftsgutes in ein anderes → Betriebsvermögen vor. Gem. § 6 Abs. 4 EStG ist der gemeine Wert des Patents in der → Bilanz des B anzusetzen; § 5 Abs. 2 EStG steht in diesem Fall nicht entgegen. Dies führt umgekehrt (und anders als bei § 6 Abs. 3 EStG) auch zu Steuerfolgen für D.
§ 6 Abs. 4 EStG geht (ebenso wie die Lösung zum Beispiel) von einem betrieblich veranlassten Ausscheiden des Einzelwirtschaftsgutes aus dem Betrieb des Übergebers aus. Sollte der Anlass privater Natur sein, so liegt beim Schenker-Betrieb eine → Entnahme vor, die zum Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) beim Schenker anzusetzen ist und spiegelbildlich beim Empfänger zum Teilwert einzulegen ist.
Der BFH hat am 9.8.2000 für einen Sachverhalt, in dem nach Erlöschen der Befreiung von der KSt eine Schluss- und Anfangsbilanz gem. § 13 Abs. 2 KStG zu erstellen war, entschieden (BFH Urteil vom 9.8.2000, BStBl II 2001, 71), dass auch hier kein originärer → Firmenwert (im Beispiel: Gewinnchancen aufgrund des akquirierten Auftragsvolumens) angesetzt werden darf. Obwohl die Wertungsparallele zur → Einlage (ausnahmsweise zulässige Aktivierung) nahe gelegen hätte, verbietet § 5 Abs. 2 EStG eine Aktivierung und damit eine → Abschreibung.
Als Abgrenzung zwischen selbstgeschaffenen und erworbenen immateriellen Wirtschaftsgütern ist ein Urteil des FG München vom 26.4.2010 (7 K 3217/07; das Verfahren wurde nach Rücknahme der Beschwerde eingestellt, BFH-Beschluss vom 28.7.2010, I B 76/10) zu nennen. Demnach liegen nach § 5 Abs. 2 EStG sofort abzugsfähige Betriebsausgaben für die Herstellung eines immateriellen Wirtschaftsguts und keine aktivierungspflichtigen Anschaffungskosten für ein entgeltlich erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut vor, wenn der Stpfl. die Entwicklung eines Wirtschaftsguts von einem Dritten vornehmen lässt, er aber weiterhin das Herstellungsgeschehen beherrscht und das wirtschaftliche Risiko trägt. Ob das Vertragsverhältnis mit dem Dritten zivilrechtlich als Dienstvertrag oder Werkvertrag zu qualifizieren ist, ist hierbei unerheblich.
Immer wieder spielt die Frage eine Rolle, ob die beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer → Mitunternehmerschaft bezahlten Beträge, soweit sie die Verkehrswerte der Wirtschaftsgüter überschreiten, einen entgeltlichen Erwerb des (anteiligen) Firmen- (oder Geschäfts-)wertes darstellen. Während dies für die regulären Fälle des Personengesellschafters bejaht wird, gelangt der BFH (BFH Urteil vom 16.5.2002, BStBl II 2003, 10) für einen Fall nach dem UmwStG 1977 (Ausscheiden eines atypischen stillen Gesellschafters aus einer Kapitalgesellschaft & still) zu dem Ergebnis, dass hier kein entgeltlicher Erwerbsvorgang vorliegt (keine Aktivierung in der Umwandlungsbilanz der Kapitalgesellschaft). Dazu s.a. BFH Urteil vom 10.8.1978 (IV R 54/74, BStBl II 1979, 74).
Entgegen der umfangreichen Regelung bei den Entnahmen sind die gesetzlichen Anwendungsfälle bei der → Einlage gem. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG auf zwei Beispiele, nämlich die Bareinzahlungen und die sonstigen Wirtschaftsgüter, beschränkt.
Beispiel 2:
Kann der → Unternehmer H folgende Vorteile einlegen, ggf. als immaterielle Wirtschaftsgüter?
→ Kosten, die ihm anlässlich der betrieblichen Nutzung seines Privat-Pkw entstehen,
Kosten, die seiner Frau anlässlich seiner betrieblichen Nutzung ihres Pkw entstehen,
Arbeitsleistung seiner in den Schulferien im Hotel unentgeltlich mitarbeitenden Kinder.
Dabei argumentiert H in allen Fällen wie folgt: »Das, was bei der → Entnahme für das Finanzamt möglich ist (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG), müsse bei der → Einlage (Satz 8) für den Unternehmer auch ermöglicht werden«.
Das aus dem Gleichheitssatz geborene Petitum des H würde zu hohen Vergünstigungen führen. Mit dem Buchungssatz (Aufwand an Einlage) ist ein eindeutiges verlustwirksames Ergebnis erzielt, da die neutrale Einlage-Einbuchung (als laufender Geschäftsvorfall) durch den einseitigen Abzug der → Einlage nach dem Betriebsvermögensvergleich (nach dem Kapitalienvergleich) ein steuerliches Negativergebnis ergibt. Das Hauptproblem liegt dabei in der fehlenden Überprüfbarkeit (Praktikabilitätsargument), während andererseits die eindeutig vorliegende betriebliche Veranlassung (§ 4 Abs. 4 EStG) nicht zu verleugnen ist.
Lösung 2:
Nach der Auffassung des Großen Senates sind – anders als bei der → Entnahme – nur bilanzierungsfähige Wirtschaftsgüter einlagefähig. Damit sind zwar Nutzungsrechte (z.B. eine Nutzungsüberlassung aufgrund gesicherter Rechtsposition) einlagefähig, nicht aber bloße Nutzungen (wie z.B. eine bloße Kapitalüberlassung). Diese Aussage gilt auch für reine Dienstleistungen. Hauptentscheidendes Argument war neben der identischen Auslegung der Begriffe Wirtschaftsgut und Vermögensgegenstand (§ 246 HGB), dass nur das als Korrekturposten nach § 4 Abs. 1 EStG abgezogen werden könne, was vorher eben dieses → Betriebsvermögen angereichert habe. Damit sind bloße Nutzungen fremden Vermögens bzw. fremder Dienstleistungen nicht als → Einlage zu berücksichtigen. Mangels »Wirtschaftsgut-Fähigkeit« können die (bloßen) Nutzungen auch nicht als immaterielles Wirtschaftsgut eingelegt werden.
Anders sieht die Situation bei der betrieblichen Nutzung des eigenen Privatvermögens aus. Die Rspr. des BFH lässt hier die Aufwendungen einschließlich der anteiligen Absetzung für Abnutzung (!) zum Betriebsausgaben-Abzug zu (so auch R 4.7 Abs. 1 Satz 2 EStR 2015). Damit können die betrieblich veranlassten durchschnittlichen Pkw-Kosten des eigenen Kfz des H qua »Aufwand an Einlage« aufwandswirksam werden.
Der vom BFH 1987 entschiedene Sachverhalt betraf ein zinsverbilligtes Darlehen, das innerhalb eines internationalen Konzernverbundes von einer Schwestergesellschaft – grenzüberschreitend – der anderen Schwestergesellschaft gewährt wurde, wonach der empfangene Zinsvorteil als Einlage bei der Muttergesellschaft geltend gemacht wurde. Für diese – enorm praxisrelevante – Fallgruppe der Darlehensgewährung ist damit entschieden (zuletzt durch BFH Beschluss vom 4.7.2001, BFH/NV 2001, 1553 bestätigt), dass die (bloße) Darlehensgewährung nicht mittels Einlage erfolgt. Dies ist erst dann der Fall, wenn auf die Rückgriffsforderung verzichtet wird (bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut).
Reine Nutzungen (bzw. Nutzungsmöglichkeiten) stellen kein immaterielles Wirtschaftsgut dar und sind somit nicht einlagefähig.
Der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts einer natürlichen Person stellt unabhängig davon, ob er zivilrechtlich übertragbar ist, ertragsteuerrechtlich ein Wirtschaftsgut dar und ist einlagefähig (vgl. BFH vom 12.6.2019, X R 2017, BStBl II 2020, 3). Vom Einlagewert des kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts können AfA vorgenommen werden.
Die Grundregel der Bewertung der eingelegten Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG (und nicht mit den historischen → Anschaffungskosten) verfolgt den Zweck, nur die während der Zugehörigkeit des Wirtschaftsgutes zum → Betriebsvermögen akkumulierten stillen Reserven zu besteuern. Eine Ausnahme (Ansatz »höchstens« mit den niedrigeren Anschaffungskosten) wird für drei Wirtschaftsgut-Kategorien gemacht:
»Kurzzeit«-Wirtschaftsgut (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1a EStG: Wirtschaftsgüter, die innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung oder Herstellung eingelegt werden) und
»wesentliche Kapitalgesellschafts«-Beteiligungen nach § 17 EStG (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1b EStG)
Wirtschaftsgüter i.S.d. § 20 Abs. 2 EStG.
Beispiel 3:
Die frisch diplomierte Diplom-Ingenieurin I startet ihre selbstständige Beratungstätigkeit in 04 mit einem im Studium vor zwei Jahren selbst entwickelten Patent (geschätzter Wert: 20 000 €).
Unabhängig von der konkreten Gewinnermittlung (→ Einnahmen-Überschussrechnung oder Betriebsvermögensvergleich) ist § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu befolgen. Die Vorfrage nach der Einlagefähigkeit des Gegenstandes nach § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG kann bejaht werden: § 5 Abs. 2 EStG verbietet nicht die → Einlage eines im Privatbereich entwickelten, immateriellen Wirtschaftsgutes, da die Zuordnung des Wirtschaftsgutes (zum Privat- oder → Betriebsvermögen) Vorrang vor einem etwaigen Ansatzverbot hat, das ohnehin nur für die im Betrieb entwickelten, immateriellen Wirtschaftsgüter gilt.
Lösung 3:
Beim Patent stellt sich die Frage, ob I das Patent selbst oder lediglich die Nutzung des Patents, das ansonsten in ihrem Privatvermögen verbleibt, einlegen will. Eine Abspaltung der Nutzung des immateriellen Wirtschaftsgutes vom Eigentum des Wirtschaftsgutes dürfte aber bei Personenidentität (Inhaber des Patents und Lizenznehmerin wäre jeweils I) nicht zulässig sein. Für diesen Zweck müsste I eine GmbH als Lizenznehmerin gründen. Von daher ist das Patent mit dem Teilwert (Marktwert) im Einlagezeitpunkt (d.h. mit 20 T€) anzusetzen, auch wenn die Gestehungskosten in 02 niedriger gewesen sein mögen, da insoweit keine Anschaffung oder Herstellung vorlag. Bei dieser gesetzeskonformen Lösung ist aber zu bedenken, dass der BFH in dieser Frage vom sog. finalen Einlagebegriff ausgeht (BFH Beschluss vom 26.10.1987, BStBl II 1988, 348 sowie BFH Urteil vom 20.9.1990, BStBl II 1991, 82). Danach darf nur steuerfrei gebildetes oder bereits versteuertes Vermögen mit dem Teilwert angesetzt werden; ansonsten, wenn etwa ein Einnahmeverzicht eines Dritten vorliegt, ist der Teilwert mit »0« anzusetzen, da hier kein Abschreibungspotential kreiert werden darf. Danach hat I während ihrer Studienzeit mit dem Patent steuerfreies Vermögen gebildet, sodass die gesetzliche Lösung (→ Einlage: 20 T€) auch mit der wertenden Äußerung des BFH übereinstimmt.
Das immaterielle Einzelwirtschaftsgut tritt als selbstständiges Wirtschaftsgut in Erscheinung. Es ist regelmäßig einzeln veräußerbar. Immaterielle Einzelwirtschaftsgüter sind danach:
Patente,
ungeschützte Erfindungen,
Gebrauchsmuster,
Warenzeichen,
Urheberrechte,
Verlagsrechte,
Domain-Name
Belieferungsrechte,
Fabrikationsverfahren,
Rezepturen,
Know-how,
kommerzialisierbarer Teil des Namensrechts (BFH vom 12.6.2019, X R 2017, BStBl II 2020, 3),
Wiederbepflanzungsrecht im Weinbau (BFH Urteil vom 6.12.2017, VI R 65/15, BStBl II 2018, 353, LEXinform 0951137),
Lizenzen und Software. Kein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut stellt die Sendelizenz nach dem Landesmediengesetz Baden-Württemberg dar (BFH vom 22.3.2022, IV R 13/18, BStBl II 2022, 656; LEXinform 0951964),
Personenverkehrsgenehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz (s. BMF vom 20.11.1986, BStBl I 1986, 536),
Markerschließungszuschuss? (FG Mecklenburg-Vorpommern vom 1.2.2023, 3 K 398/19, EFG 2023, 990; Revision eingelegt, Az. des BFH: IV R 8/23).
Hinweis:
Trivialprogramme sind abnutzbare bewegliche und selbstständig nutzbare Wirtschaftsgüter; Computerprogramme, deren → Anschaffungskosten nicht mehr als 410 € betragen, sind wie Trivialprogramme zu behandeln (R 5.5 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStR 2022).
Die sonstigen immateriellen Einzelwirtschaftsgüter sind regelmäßig abnutzbar und entsprechend ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer linear abzuschreiben (s. hierzu auch BMF vom 20.11.1986, BStBl I 1986, 536, zu Personenverkehrsgenehmigung). Für die materiellen Wirtschaftsgüter »Computerhardware« sowie die immateriellen Wirtschaftsgüter »Betriebs- und Anwendersoftware« ist lt. BMF-Schreiben vom 26.2.2021 (BStBl I 2021, 298) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde zu legen. Diese Regelung gilt für Gewinnermittlungen für Wj., die nach dem 31.12.2020 enden. Eine degressive Abschreibung ist steuerlich nicht zulässig. Außerplanmäßige Abschreibungen (→ Degressive Abschreibung; Teilwertabschreibungen) sind zulässig und handelsrechtlich ggf. geboten.
Eine Ausnahme macht der BFH für entgeltlich erworbene Domain-Namen, die nicht abnutzbar sein sollen (BFH Urteil vom 19.10.2006, III R 6/05, BStBl II 2007, 301).
Bei Warenzeichen und entgeltlich erworbenen Arzneimittelzulassungen ist gem. BMF-Schreiben (BMF vom 12.7.1999, BStBl I 1999, 686) von einer Nutzungsdauer von 15 Jahren auszugehen, wenn der Steuerpflichtige keine kürzere Nutzungsdauer darlegt und ggf. nachweist.
Ein ERP-(Enterprise Resource Planning-)Software-System ist nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 18.11.2005, BStBl I 2005, 1025, grundsätzlich über fünf Jahre abzuschreiben. Sofort abziehbare Betriebsausgaben sollen bei dieser Software nur dann vorliegen, wenn der Softwareanwender selbst das Herstellerrisiko trägt.
Bei dem Erwerb einer Vertragsarztpraxis ist die Vertragsarztzulassung grds. kein eigenständiges immaterielles WG neben dem Praxiswert (BFH Urteil vom 21.2.2017, VIII R 56/14, BStBl II 2017, 694). Ist die Vertragsarztzulassung ausnahmsweise alleiniger Gegenstand des privatrechtlichen Übertragungsvertrages, so konkretisiert sich der Vorteil aus dieser zu einem selbstständigen WG, das mangels Abnutzung nicht abschreibungsfähig ist.
Immaterielle Einzelwirtschaftsgüter sind von firmenwertähnlichen Wirtschaftsgütern zu unterscheiden.
Zur Abgrenzung zwischen sofort abziehbaren Betriebsausgaben und aktivierungspflichtigen immateriellen Wirtschaftsgütern sei noch auf die folgenden Urteile verwiesen:
Gemäß BFH vom 14.3.2006 (I R 109/04, BFH/NV 2006, 1812) ist ein geleisteter Baukostenzuschuss u.U. aktivierungspflichtig. Im Urteilsfall wurde die Möglichkeit, Tankraum zu eigenbetrieblicher Verwendung gegen Entgelt zu nutzen, geschaffen. Der BFH sah hierfür die Voraussetzungen für ein aktivierungspflichtiges immaterielles Wirtschaftsgut als erfüllt an. Ebenso als aktivierungspflichtiges immaterielles Wirtschaftsgut sah der BFH in seinem Urteil vom 20.7.2010 (IX R 4/10, BStBl II 2011, 35) die Zahlung eines Grundstückseigentümers an seinen Nachbarn für eine Zufahrtsbaulast, da damit ein zweiter Zugang zum Grundstück eröffnet wurde. Ausschlaggebend war die zeitlich unbegrenzte Nutzung einer Teilfläche des städtischen Grundstücks als Zufahrt zu dem Grundstück. Damit führte die Zahlung zu Anschaffungskosten des Grund und Bodens.
Leistet hingegen der künftige Mieter eines Grundstücks eine Abfindung an den Erbbauberechtigten zur Ablösung eines noch bestehenden Erbbaurechts, damit das Mietverhältnis begründet werden kann, so ist die Zahlung hingegen sofort als Betriebsausgabe abziehbar und nicht etwa als Anschaffungskosten eines »Rechts auf Anmietung« zu aktivieren (FG München vom 6.7.2006, 7 K 1546/03).
Der → Firmenwert ist der Inbegriff von Gewinnchancen, die einem Unternehmen innewohnen und die der (gedachte) Erwerber des Unternehmens über die Teilwerte der übrigen Wirtschaftsgüter hinaus dem Veräußerer vergüten würde. Der Geschäftswert ist ein einheitliches Wirtschaftsgut, das von den persönlichen Eigenschaften des Unternehmers losgelöst ist und nur mit dem Unternehmen veräußerbar und übertragbar ist (BFH Urteil vom 10.11.1960, BStBl III 1961, 95).
Man kann auch wie folgt definieren: Geschäftswert ist der Wert, um den der Ertragswert des Unternehmens die Summe der Zeitwerte aller aktivierbaren Vermögensgegenstände – vermindert um die Schulden – übersteigt.
Unter dem Geschäfts- oder → Firmenwert ist ein immaterielles Gesamtwirtschaftsgut zu verstehen, das den Inbegriff einer Anzahl von im Einzelnen nicht messbaren Faktoren wie Kundenkreis, Ruf des Unternehmens, Absatzorganisation usw. bildet und das deshalb auch dann nicht zerlegt werden kann, wenn die den Geschäftswert ergebenden Faktoren im Lauf der Zeit wechseln (BFH Urteil vom 16.9.1970, BStBl II 1971, 175).
Das grundsätzliche Verbot der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter und damit des originären Firmenwerts wurde aufgehoben (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB) und der derivative Firmenwert wurde kraft Fiktion zum Vermögensgegenstand erklärt (§ 246 Abs. 1 Satz 3 HGB). Zum selbst geschaffenen Firmenwert äußert sich das HGB nicht explizit. Die h.M. der Literatur sieht hierin jedoch ein impliziertes Aktivierungsverbot. Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da der Gesetzgeber ansonsten keine Differenzierung zwischen dem entgeltlichen und dem unentgeltlichen bzw. selbst geschaffenen Firmenwert hätte vornehmen müssen. In der Praxis verbleibt demnach für die Zukunft die Problematik der Abgrenzung zwischen den nun teilweise aktivierungsfähigen einzelnen immateriellen Vermögensgegenständen (s. unten) und dem nicht aktivierbaren Geschäfts- und Firmenwert.
Das bisherige Ansatzwahlrecht beim derivativen Firmenwert wurde durch die Aufhebung des § 255 Abs. 4 HGB und die Fiktion des Firmenwertes als VG gem. § 246 Abs. 1 Satz 3 HGB zu einer Ansatzpflicht. Diese Regelung findet auf alle nach dem 31.12.2009 beginnenden Geschäftsjahre Anwendung (Art. 66 Abs. 3 Satz 2 EGHGB). Die Nachaktivierung vorheriger aufwandswirksam verbuchter entsprechender Aufwendungen ist nicht möglich.
Die Abschreibung erfolgt nach neuem Recht nach den allgemeinen Regelungen des § 253 HGB. Demnach richtet sich die Abschreibung nach der voraussichtlichen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Firmenwertes. Außerplanmäßige Abschreibungen bleiben möglich, wohingegen eine spätere Wertaufholung beim entgeltlich erworbenen Firmenwert gem. § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB ausdrücklich nicht zulässig ist.
Für die Steuerbilanz wurde vor dem Inkrafttreten des BilMoG das handelsrechtliche Bilanzierungswahlrecht über den Maßgeblichkeitsgrundsatz lt. Grundsatzbeschluss (BFH Beschluss vom 3.2.1969, BStBl II 1969, 291) zum Bilanzierungsgebot. Durch das BilMoG ergeben sich auf Grund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (Aktivierung nun zwingend auch im Handelsrecht) keine Änderungen bei einem derivativen Firmenwert. Ein originärer oder unentgeltlich erworbener Firmenwert ist weiterhin nicht aktivierungsfähig (§ 5 Abs. 2 EStG).
Im Folgenden erfolgt nur noch die Darstellung eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes.
Immaterielle Wirtschaftsgüter gehören nicht zu den beweglichen Wirtschaftsgütern und können somit nur linear nach § 7 Abs. 1 EStG abgeschrieben werden. Nach Steuerrecht muss eine lineare → Abschreibung auf 15 Jahre vorgenommen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG). Für den Geschäftswert einer Freiberuflerpraxis (→ Praxiswert) lässt der BFH eine → Abschreibung auf drei bis zehn Jahre zu. Außerplanmäßige Abschreibungen (→ Teilwertabschreibung) sind zulässig und handelsrechtlich ggf. geboten. Eine Wertaufhellung des derivativen Firmen- und Geschäftswertes ist jedoch entgegen dem allgemeinen Wertaufholungsgrundsatz im Steuerbilanzrecht nicht zulässig. Das handelsrechtliche Zuschreibungsverbot greift über die Maßgeblichkeit ins Steuerrecht durch. Dieses Zuschreibungsverbot liegt der Annahme zu Grunde, dass die Wertsteigerung eines Firmenwertes immer auf die Initiative des Unternehmers zurückzuführen ist und somit eine Wertaufholung (auch nach einer Teilwertabschreibung) der Aktivierung eines originären Firmenwertes gleichkommen würde, für den ohnehin ein Aktivierungsverbot besteht.
Eine Unternehmensbewertung mit Ermittlung des Geschäfts- oder Firmenwerts (→ Firmenwert) ist u.a. immer dann von Bedeutung, wenn ein ganzes Unternehmen oder ein Teilbetrieb veräußert wird und über den reinen Substanzwert hinaus Zahlungen geleistet werden. Das Gleiche gilt beim Gesellschaftereintritt in eine Personengesellschaft, beim Austritt eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft oder beim Gesellschafterwechsel innerhalb einer Personengesellschaft. Die Steuerrechtsprechung hat zwei Berechnungsmethoden als brauchbare Hilfsmittel angesehen:
die indirekte Methode – Mittelwertmethode – (BFH Urteil vom 19.2.1965, BStBl III 1965, 248) und
die direkte Methode (BFH Urteil vom 24.4.1980, BStBl II 1980, 690).
Die Formel lautet:
Ertragswert ./. Substanzwert |
= |
Geschäftswert |
2 |
Der Ertragswert (E) wird bei der indirekten Methode durch die Kapitalisierung des geschätzten, nachhaltig erzielbaren Reinertrags ermittelt, also als Barwert einer »ewigen« Rente angesehen (d.h. die zukünftigen Reinerträge werden als Rentenbeträge betrachtet).
nachhaltiger jährlicher Zukunftsertrag × 100 |
= |
E |
Kapitalisierungszinsfuß |
Der Ertragswert hängt also von zwei Faktoren ab: vom jährlichen Reinertrag und vom Kapitalisierungszinsfuß. Bei der → Schätzung des nachhaltig erzielbaren Zukunftsertrags geht man von den Ergebnissen der letzten drei bis fünf Jahre aus, bereinigt diese um die Beträge, die auf Sondereinflüsse zurückzuführen sind, und setzt – soweit erforderlich – einen angemessenen Unternehmerlohn ab.
Die Frage, ob vom nachhaltig erzielbaren Ertrag bei → Kapitalgesellschaften die KSt abgesetzt werden kann, wird strittig diskutiert. Bei der Festsetzung des Kapitalisierungszinsfußes wird zunächst ein Basiszinssatz ermittelt, der in der Regel dem Zinssatz für risikofreie Geldanlagen (z.B. Pfandbriefe) entspricht. Der Basiszinssatz wird wegen der schwierigen Mobilisation des im Betrieb gebundenen Kapitals um einen Immobilitätszuschlag erhöht. Schließlich wird noch ein Zuschlag für das Unternehmerwagnis vorgenommen.
Die Ermittlung des Kapitalisierungszinsfußes könnte wie folgt aussehen:
Basiszinssatz |
6,5 % |
+ Immobilitätszuschlag |
+ 1,5 % |
+ Wagniszuschlag |
+ 2,0 % |
Kapitalisierungszinsfuß |
10,0 % |
Die vorgenannten Prozentsätze sind nicht verbindlich (obwohl der BFH mehrfach 10 % als angemessen angesehen hat). Sie sind der jeweiligen Entwicklung auf dem Kapitalmarkt anzupassen. Der Substanzwert ist der Reproduktions- oder Zeitwert des investierten Kapitals, d.h. unter Aufdeckung aller stillen Reserven (ohne → Firmenwert).
Beispiel 4:
Nachhaltig erzielbarer jährlicher Gewinn: 60 000 €
Kapitalisierungszinsfuß: 10 %
Substanzwert: 200 000 €
Lösung 4:
Ertragswert |
60 000 € × 100 |
= |
600 000 € |
10 |
Firmenwert |
600 000 € ./. 200 000 € |
= |
200 000 € |
2 |
Die direkte Methode zur Errechnung des Firmenwerts geht von der Kapitalisierung des sog. »Übergewinns« aus, der sich ergibt, wenn der erzielbare Reingewinn eine angemessene Verzinsung des investierten Kapitals (= Substanzwert) und ggf. den Unternehmerlohn übersteigt.
Beispiel 5:
Substanzwert: 200 000 €
Verzinsung 10 %: 20 000 €
durchschnittlicher Jahresgewinn: 60 000 €
Lösung 5:
Durchschnittlicher Jahresgewinn |
60 000 € |
./. Verzinsung |
./. 20 000 € |
Übergewinn |
40 000 € |
Kapitalisierung des Übergewinns:
40 000 € × 100 = 400 000 € = Firmenwert
Die Gegenüberstellung verdeutlicht, dass beide Methoden von den gleichen Grundsätzen ausgehen, aber dennoch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Beispiel 6:
Berechnet werden soll der Geschäftswert auf der Grundlage der von der → BFH-Rechtsprechung entwickelten Methoden, nach der indirekten und direkten Methode.
Die Buchführung des Unternehmens liefert dafür folgendes Zahlenmaterial:
Gewinn des Jahres 01: 185 000 € (außerordentlicher Ertrag: 11 000 €),
Gewinn des Jahres 02: 172 000 € (außerordentlicher Aufwand: 4 000 €),
Gewinn des Jahres 03: 204 000 €,
Gewinn des Jahres 04: 161 000 € (außerordentlicher Ertrag: 14 000 €, außerordentlicher Aufwand: 2 500 €).
Reproduktionswert (Substanzwert) des Unternehmens: 280 000 €,
angemessener Unternehmerlohn: 100 000 €.
Zur Berechnung des Kapitalisierungszinsfußes sollen folgende Zinssätze verwendet werden:
Basiszinssatz 8 %,
Immobilitätszuschlag 2 %,
Wagniszuschlag 2 %.
Lösung 6:
a) Indirekte Methode
Gewinn 01 |
./. 11 000 € |
174 000 € |
+ Gewinn 02 |
+ 4 000 € |
+ 176 000 € |
+ Gewinn 03 |
+ 204 000 € |
|
+ Gewinn 04 |
+ 2 500 € ./. 14 000 € |
149 500 € |
Zwischensumme |
703 000 € |
|
× 1/4 |
||
nachhaltig erzielbarer Jahresgewinn |
175 875 € |
|
./. Unternehmerlohn |
./. 100 000 € |
|
nachhaltiger Jahresertrag |
75 875 € |
Ertragswert |
75 875 € × 100 |
= |
632 292 € |
12 |
Ertragswert |
632 292 € |
./. Reproduktionswert (Substanzwert) |
./. 280 000 € |
Zwischensumme |
352 292 € |
./. Abschlag |
./. 50 % |
Firmenwert |
176 146 € |
b) Direkte Methode
Kapitaleinsatz (Substanzwert) |
280 000 € |
Verzinsung: 12 % |
33 600 € |
+ angemessener Unternehmerlohn |
+ 100 000 € |
Summe |
133 600 € |
durchschnittlich erzielter Jahresgewinn (vor Abzug des Unternehmerlohns) |
175 875 € |
./. 133 600 € |
|
Übergewinn |
42 275 € |
Kapitalisierung des Übergewinns:
42 275 € × 100 |
= |
352 292 € |
= Firmenwert |
12 |
Der nach der direkten Methode berechnete → Firmenwert ist doppelt so hoch wie der sich nach der indirekten Methode ergebende Wert. Das ist darin begründet, dass der BFH bei der indirekten Methode einen Abschlag von 50 % wegen Fehlerquellen und Risiken vornimmt, was er bei der direkten Methode unterlässt. Da die beiden Methoden von den gleichen Grundsätzen beherrscht sind, müssten sie auch zum gleichen Ergebnis führen. Deshalb dürfte es gerechtfertigt sein, auch bei Anwendung der direkten Methode einen Abschlag von 50 % vorzunehmen.
Im Unterschied zum Firmen- oder Geschäftswert handelt es sich bei den firmenwertähnlichen Wirtschaftsgütern um verdinglichte Geschäftschancen des Unternehmens, die losgelöst vom Unternehmen übertragen werden können.
Im Vergleich zu den immateriellen Einzelwirtschaftsgütern sind diese geschäftswertähnlichen Wirtschaftsgüter jedoch nicht einheitlich abnutzbar. Dies (planmäßige → Abschreibung) ist nur bei denjenigen Wirtschaftsgütern möglich, deren Nutzungsdauer bestimmt oder zumindest bestimmbar ist.
Hierzu zählen:
der Kundenstamm (Kundenkartei), soweit er nicht untrennbar mit dem Geschäftswert verbunden ist. Die → Abschreibung bestimmt sich nach der jährlichen Beendigung der konkreten Kundenkontakte,
ein isoliertes Wettbewerbsverbot,
der sog. Verlagswert, womit die Kundennachfrage nach einem Verlagsprodukt gemeint ist (nach BMF vom 20.11.1986, BStBl I 1986, 532 auf 15 Jahre abschreibungsfähig),
Personenverkehrsgenehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz (s. BMF vom 20.11.1986, BStBl I 1986, 536).
Hierunter fasst die Rspr. Konzessionen für den Güternah- und -fernverkehr, ebenso wie Linienbuskonzessionen.
Allerdings sind sie einer Teilwertabschreibung zugänglich (BMF vom 12.3.1996, BStBl I 1996, 372).
Bei der → Betriebsveräußerung nach § 16 EStG müssen alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen werden, wenn der Veräußerer von den Steuervorteilen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG profitieren will.
Generell subsumiert der BFH auch immaterielle Werte unter die »wesentlichen Betriebsgrundlagen« (vgl. BFH Urteil vom 18.12.1996, BStBl II 1997, 573). Bei der Abgrenzung einer begünstigten Betriebsveräußerung zu einer nicht begünstigten Veräußerung von Einzelwirtschaftsgütern spielt es – bei der Neugründung eines anderen Betriebs durch den gleichen → Unternehmer – eine Rolle, ob von einer innerbetrieblichen Strukturveränderung oder von einer → Betriebsveräußerung(-aufgabe) auszugehen ist.
Die Rspr. hierzu ist nicht eindeutig, sie tendiert bei zurückbehaltenen immateriellen wesentlichen Betriebsgrundlagen aber zur innerbetrieblichen Strukturänderung mit der Folge, dass eine nicht begünstigte Veräußerung von Einzelwirtschaftsgütern anzunehmen ist. Dies ist entschieden für:
den Handelsvertreter, der sich von seinen bisherigen Vertretungen trennt und alsbald eine neue Vertretung übernimmt (BFH Urteil vom 19.4.1966, BStBl III 1966, 459)
eine Druckerei, die ihr → Anlagevermögen auswechselt, aber weiterhin für denselben Großabnehmer tätig ist (BFH Urteil vom 3.10.1984, BStBl II 1985, 245) und
für den Frachtführer, der nach Veräußerung seiner Lastzüge für dieselben Kunden als Spediteur tätig ist (BFH Urteil vom 22.11.1988, BStBl II 1989, 357).
Die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis (§ 18 Abs. 3 i.V.m. § 34 EStG) setzt voraus, dass der Stpfl. die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen (hierzu zählt auch der Mandantenstamm) entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt (vgl. BFH Urteil vom 21.8.2018, VIII R 2/15, BStBl II 2019, 64). Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen.
Immaterielle Wirtschaftsgüter, die von der Besitzgesellschaft zur Nutzung überlassen sind, können eine wesentliche Betriebsgrundlage (→ Wesentliche Betriebsgrundlage) darstellen (BFH vom 6.11.1991, BStBl II 1992, 415 und H 15.7 Abs. 5 EStR 2015).
Danach ist die sachliche Verflechtung gegeben, wenn bereits der Firmenname und die Erfindungen von den Besitzgesellschaftern der Betriebs-GmbH überlassen werden().
Wird vom Erwerber einer Vertragsarztpraxis ein Zuschlag zum Verkehrswert (Überpreis) gezahlt, spricht dies wie eine Zahlung, die sich ausschließlich am Verkehrswert orientiert, dafür, dass Gegenstand der Übertragung die Praxis des Übergebers als Chancenpaket ist. Auch in diesem Fall ist in einem durch den Kaufpreis abgegoltenen Praxiswert der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt untrennbar enthalten (BFH Urteil vom 21.2.2017, VIII R 7/14, BStBl II 2017, 689; Anschluss an BFH Urteil vom 9.8.2011, VIII R 13/08, BStBl II 2011, 875). Ist die Vertragsarztzulassung ausnahmsweise alleiniger Gegenstand des privatrechtlichen Übertragungsvertrages, so konkretisiert sich der Vorteil aus dieser zu einem selbstständigen WG, das mangels Abnutzung nicht abschreibungsfähig ist.
Die Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter wie z.B. Firmenwert, Kundenstamm oder Lebensrückversicherungsverträge (vgl. EuGH vom 22.10.2009, BStBl II 2011, 559) ist gem. Abschn. 3.1 Abs. 4 Satz 2 UStAE als → Sonstige Leistung zu behandeln (BMF vom 8.6.2011, BStBl I 2011, 582).
Cremer, Immaterielle Wirtschaftsgüter in der Handels- und Steuerbilanz – Wie erfolgen Abgrenzung, Ansatz und Bewertung, Beilage zu NWB 52/2018, 38; Cremer, Immaterielle Vermögensgegenstände im Handels- und Steuerrecht, NWB 44/2023, Beilage Seite 8.
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