1 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen
2 Steuerbare Umsätze i.S.d. § 1 UStG im Überblick
3 Die Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
3.1 Allgemeiner Überblick
3.2 Leistungsaustausch
3.2.1 Allgemeine Grundsätze
3.2.2 Verfallene Flugscheine
3.2.3 Betrugs- und Untreuehandlungen des Arbeitnehmers
3.2.4 Umsätze beliehener Unternehmer
3.2.5 Zwangsversteigerung
3.2.6 Verbilligte Zinsen bzw. Leasingraten zum Zwecke der Absatzförderung in der Automobilindustrie
3.2.7 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Bitcoin
3.2.8 Vermietung von virtuellem Land in einem Online-Spiel
3.2.9 Verwaltungsregelung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen
3.2.10 Kartenpfand für elektronische Zahlungskarten
3.3 Schadensersatz
3.4 Mitgliedsbeiträge
3.5 Kommunale Zuschüsse an Sportvereine
3.5.1 Zuschüsse für die Errichtung eines Sportplatzes
3.5.2 Zuschüsse zur Bewirtschaftung der selbstgenutzten Sportanlage
3.6 Entschädigungen und Vergütungen für Zeugen und Sachverständige
3.7 Sachzuwendungen
3.8 Sicherungsübereignung
3.9 Grundstücksveräußerungen nach einem Zwangsvollstreckungsverfahren
3.10 Personalgestellungen
3.10.1 Nichtsteuerbare Personalgestellungen
3.10.2 Abgrenzung zwischen steuerbarer und nichtsteuerbare Personalgestellung
3.10.3 Personalgestellung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts
3.11 Leistungsaustausch bei Gesellschaftsverhältnissen
3.12 Umsatzsteuerliche Behandlung von Regionen- und Städte-Chipkarten
3.12.1 Grundsätzliches zum Einsatz der Chipkarten
3.12.2 Sachverhaltsdarstellung
3.12.3 Leistungen des Systemanbieters
3.12.3.1 Verkauf der Chipkarte
3.12.3.2 Inkassoleistungen
3.12.3.3 Marketingleistungen
3.12.4 Leistungen des Vertragspartners
3.12.5 Leistungen des Kartenverkäufers
3.13 Durchführung von Hauptuntersuchungen nach § 29 StVZO in Prüfstützpunkten
3.14 Leistungen der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger
3.15 Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen
3.15.1 Überlassung von Transportbehältnissen gegen ein gesondert vereinbartes Entgelt
3.15.2 Überlassung von Transporthilfsmitteln im Rahmen reiner Tauschsysteme
3.15.2.1 Überblick über das Tauschsystem
3.15.2.2 Art der Leistungen
3.15.2.3 Vorsteuerabzug
3.15.2.4 Leistungsstörung
3.15.2.5 Reparatur-Tausch-Programm
3.16 Wärme- und Kältenetzförderung
3.17 Leistungsaustausch zwischen Kommunen im Zusammenhang mit der Errichtung von »Park-and-Ride«-Stellplätzen
3.18 Finanzierung des öffentlichen Rundfunks durch eine gesetzlich vorgeschriebene obligatorische Gebühr
3.19 Preisgelder
3.20 Internetdienste
3.21 Lieferung illegaler Drogen
3.22 Zusammenfassung
4 Die steuerbare Einfuhr nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG
5 Der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG
6 Geschäftsveräußerung im Ganzen
7 Organschaft
8 Literaturhinweis
9 Verwandte Lexikonartikel
§ 1 UStG beruht auf den Vorgaben der Art. 1 ff. MwStSystRL. Während Art. 2 MwStSystRL den Steueranwendungsbereich der Mehrwertsteuer regelt, definiert § 1 Abs. 1 UStG in sinngemäßer Anwendung die Steuerbarkeit der dort bezeichneten Umsätze.
Als »steuerbare« Umsätze bezeichnet man Sachverhalte (tatsächliche Vorgänge, Geschehnisabläufe), die die in § 1 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 UStG genannten Voraussetzungen erfüllen, nämlich
Lieferungen und sonstige Leistungen (→ Lieferung; → Sonstige Leistung),
Einfuhr (→ Einfuhrumsatzsteuer) und
innergemeinschaftlicher Erwerb (→ Innergemeinschaftlicher Erwerb).
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der USt
die Lieferungen und
sonstigen Leistungen,
die ein → Unternehmer
im Inland
gegen Entgelt (→ Bemessungsgrundlage)
im Rahmen seines Unternehmens
ausführt. S.a. → Unentgeltliche Wertabgabe.
Für die Steuerbarkeit eines Umsatzes muss ein → Leistungsaustausch vorliegen. Ein Leistungsaustausch setzt voraus, dass Leistender und Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenübersteht. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch i.S.d. gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Es bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet.
Für die Annahme eines Leistungsaustausches müssen Leistung und Gegenleistung in einem wechselseitigen Zusammenhang stehen. Ein Leistungsaustausch kann nur zu Stande kommen, wenn sich die Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet und damit die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung auslöst, sodass schließlich die wechselseitig erbrachten Leistungen miteinander innerlich verbunden sind (Abschn. 1.1 Abs. 1 UStAE).
Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG regelmäßig erfüllt, falls der leistende Vertragspartner Unternehmer ist (BFH vom 18.12.2008, V R 38/06, BStBl II 2009, 749, Rz 34, vom 16.1.2014, V R 22/13, BFH/NV 2014, 736, Rz 21, vom 13.12.2017, XI R 3/16, BStBl II 2018, 727, Rz 35 und vom 22.5.2019, XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, Rz. 17).
Zur Umsatzsteuerbarkeit von sog. Donations für Streamingleistungen bei Computer-/Videospielen hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 4.3.2022 (1 K 2812/19, LEXinform 5024835) Stellung genommen. Der Kläger ist als Streamer im Internet im Rahmen einer Partnerschaft mit der Streamingplattform Z aktiv.
Auf der Seite des Kanals hatte der Zuschauer durch das Anklicken von Panels die Möglichkeit, dem Kläger entweder live oder als Video dabei zuzusehen, wie er an Computer-/Videospielen teilnahm und in unterschiedlichen Rollen das jeweilige Rollenspiel (RP = roleplay) fortentwickelte. Der Kläger nahm in unterschiedlichen Rollen überwiegend an dem Rollenspiel A (A) und B (B) teil. Zudem bestand die Möglichkeit, dem Kläger auch bei anderen Tätigkeiten (ebenfalls im Livestream oder als Video) zuzusehen. Hierbei hatten die Zuschauer während des Livestreams die Möglichkeit, mit dem Kläger zu chatten. Zuschauer mit bestimmten Abonnements konnten auch eigene Emoticons des Klägers nutzen.
Auf der Seite des Klägers befinden sich weitere Panels, bei denen man durch Anklicken auf die Bestellseiten der Werbepartner des Klägers und auf die Accounts des Klägers bei C, D, E und F gelangt. Durch Anklicken des Panels »Subscribers« gelangt der Zuschauer zur Möglichkeit, ein Abonnement für die Z Seite des Klägers abzuschließen. Durch Anklicken des Panels »Donation« gelangt der Zuschauer zur Möglichkeit, unabhängig von einem Abonnement Geldbeträge an den Kläger zu übermitteln.
Bei freiwilligen Geldzuwendungen von Zuschauern (sog. Donations), die ein mit einem eigenen Kanal auf einer Streamingplattform als Teilnehmer an Computer-/Videorollenspielen tätiger Spieler vereinnahmt, handelt es sich um umsatzsteuerbare und -pflichtige Entgelte für die von ihm gegenüber den zielgerichtet seinen Kanal aufsuchenden Zuschauern erbrachten und aufgrund innerer kausaler Verknüpfung in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen Geldzuwendungen stehenden Unterhaltungsleistungen.
Hinsichtlich der Streamingleistungen lässt sich die Entscheidung des FG Düsseldorf wie folgt zusammenfassen:
Der Kläger erbringt mit seiner Streaming-Aktivität auf seinem Kanal … bei Z bestimmbare sonstige Leistungen i.S.d. § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG in Form von Unterhaltungsleistungen.
Die Zuschauer, die dem Kläger freiwillig Donations zuwenden, stellen auch identifizierbare Leistungsempfänger seiner Streamingleistungen dar.
Zwischen dem Kläger und den Zuschauern seines Kanals besteht auch ein Rechtsverhältnis.
Die Zuschauer rufen die Streamingplattform Z zielgerichtet mit dem Zweck auf, sich durch das Verfolgen von Streams unterhalten zu lassen. Wie auf jeder anderen Internetseite muss sich der Besucher auf Z mit den Nutzungsbedingungen einverstanden erklären. Er akzeptiert die Bedingungen und nutzt die Internetseite zum bestimmungsgemäßen Zweck, indem er Streamern zuschaut und bzw. oder mit anderen Nutzern oder Streamern interagiert. Begibt sich ein Zuschauer sodann auf den Kanal des Klägers …, entsteht kraft der Nutzungsbedingungen von Z auch zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Zuschauer ein Rechtsverhältnis, im Rahmen dessen der Zuschauer den Kanal des Klägers als Unterhaltungsportal akzeptiert und sich entsprechend der Nutzungsbedingungen des Klägers und anderen Usern gegenüber verhält.
Zwischen den Unterhaltungsleistungen des Klägers und den von den Zuschauern freiwillig gezahlten Donations besteht auch ein unmittelbarer Zusammenhang.
Das Unterhaltungsportal Z ist mit einer virtuellen Fußgängerzone vergleichbar. Entscheidet sich der Zuschauer sodann für das Aufrufen des Kanals des Klägers und der Verfolgung des gezielt gesuchten Streams, verlässt der Zuschauer die Startseite von Z als virtuelle Fußgängerzone und betritt das virtuelle »Ladenlokal« des Klägers, um bewusst und gewollt eine seiner Unterhaltungsleistungen zu beziehen, indem er diesem live beim Roleplay zuschaut oder seinen Lifestyle verfolgt.
Da die Zahlungen der Donations durch die Zuschauer kausal auf den Unterhaltungsleistungen des Klägers auf Z beruhen, sind sie auch nicht mit den Zahlungen von Spenden eines Passanten an einen Straßenmusiker vergleichbar.
Dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Unterhaltungsleistung und Donation steht nicht entgegen, dass die Zahlung der jeweiligen Donation auf freiwilliger Basis erfolgt und auch die Höhe in das Ermessen des Zuschauers gestellt ist.
Denn ein Leistungsaustausch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gegenleistung, in welcher Höhe auch immer, freiwillig erbracht wird, sofern zwischen ihr und der Leistung eine innere Verknüpfung besteht.
Unbeachtlich ist, dass der Empfang der Unterhaltungsleistung des Klägers für einen Zuschauer auch unentgeltlich, ohne Abonnement und ohne Donation, möglich ist. Dies steht der Annahme der Entgeltlichkeit der Leistung an einen anderen Zuschauer, der eine Donation erbringt, nicht entgegen, weil umsatzsteuerlich jede Leistung eines Unternehmers gesondert zu beurteilen ist. Nur für den Zuschauer, der kein Entgelt erbringt, erfolgt diese Leistung unentgeltlich und nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches.
Die Unterhaltungsumsätze des Klägers an seine Zuschauer sind auch umsatzsteuerpflichtig. Steuerbefreiungsvorschriften sind nicht einschlägig.
Ein steuerbarer Verzicht liegt insbes. vor, wenn der Vermieter (Leistungsgeber) der Auflösung des Mietvertrags gegen Abfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrags verzichtet oder – was den umgekehrten Fall betrifft – die Pächter eine Abfindung vom Verpächter erhalten dafür, dass sie der vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrags zustimmen (BFH vom 22.5.2019, XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, Rz. 21).
Der Verzicht auf die Ausübung einer Tätigkeit durch den Leistungsgeber (Unternehmer; vgl. BFH vom 6.5.2004, V R 40/02, BStBl II 2004, 854, vom 7.7.2005, V R 34/03, BStBl II 2007, 66 und vom 24.8.2006, V R 19/05, BStBl II 2007) kann steuerbar sein. Mit Urteil vom 11.6.2020 (C-43/19 – Vodafone Portugal, UR 2020, 678, LEXinform 0651662) hat der EuGH entschieden, dass der vertraglich geschuldete Betrag im Fall der vorzeitigen Kündigung eines Vertrags mit Mindestbindungsfrist durch den Kunden zum Entgelt für die Erbringung von Dienstleistungen gehört (s.a. Anmerkung vom 11.6.2020, LEXinform 0402229).
Mit Urteil vom 23.12.2015 (C-250/14, C-289/14, UR 2016, 93, LEXinform 0589521) hat der EuGH zum Steuertatbestand und Steueranspruch in den Fällen verfallener Flugscheine entschieden. Die Fluggesellschaft (Air France) führte keine Mehrwertsteuer mehr auf den Verkaufserlös aus den Flugscheinen ab, die von den Fluggästen nicht benutzt wurden und für die keine Erstattung erfolgte.
Der EuGH weist darauf hin, dass die Mehrwertsteuer anfällt, sobald zum einen der von dem Kunden an die Fluggesellschaft gezahlte Betrag unmittelbar mit einer Leistung (im vorliegenden Fall der Beförderung als Fluggast) verbunden ist und zum anderen die betreffende Leistung erbracht wird. Der Gerichtshof führt jedoch weiter aus, dass die Gegenleistung für den beim Erwerb des Flugscheins entrichteten Preis nicht von der körperlichen Anwesenheit des Fluggastes beim Anbordgehen abhängt, sondern in dem sich daraus ergebenden Recht des Fluggastes besteht, in den Genuss der Durchführung der Beförderungsleistung zu kommen, unabhängig davon, ob er dieses Recht wahrnimmt. Mit anderen Worten: Die Mehrwertsteuer wird bereits geschuldet, wenn die Fluggesellschaft den Fluggast in die Lage versetzt, die Beförderungsleistung in Anspruch zu nehmen. Der Gerichtshof präzisiert insoweit, dass der Mehrwertsteueranspruch mit der Vereinnahmung des Preises für den Flugschein entsteht.
Außerdem stellt der Gerichtshof fest, dass dann, wenn ein Dritter die Flugscheine einer Fluggesellschaft im Rahmen eines Franchisevertrags vertreibt und an Letztere für ausgegebene und verfallene Flugscheine einen Pauschalbetrag zahlt, auch auf diesen Pauschalbetrag Mehrwertsteuer anfällt (Pressemitteilung des EuGH Nr. 153/15 vom 23.12.2015, LEXinform 0443943; s.a. Verein für Internationale Steuern und Finanzen, München, Anmerkung vom 8.2.2016, LEXinform 0401922).
Es liegt keine umsatzsteuerpflichtige Leistung vor, wenn ein ArbN mit einem externen Dritten zu Lasten seines ArbG Betrugs- und Untreuehandlungen unter Vortäuschung fiktiver Geschäfte vornimmt. Die jeweiligen Tatbeiträge dienen ausschließlich der Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks, nämlich der Aufteilung der erlangten Gelder und stellen somit keine umsatzsteuerpflichtigen Leistungen gegen Entgelt dar (Hessisches FG vom 16.2.2016, 1 K 2513/12, EFG 2016, 937, LEXinform 5019065, rkr.; Pressemitteilung des Hessischen FG vom 9.5.2016, LEXinform 0444436; Anmerkung vom 31.5.2016, LEXinform 0947841; → Leistungsaustausch).
Die Steuerbarkeit einer Lieferung oder sonstigen Leistung entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Eine Tätigkeit, die der Erfüllung von Hoheitsaufgaben dient, ist steuerbar, wenn sie nicht von einer jPöR, sondern von Unternehmern des privaten Rechts (z.B. von sog. beliehenen Unternehmern) ausgeübt wird (Abschn. 2.11 Abs. 3 Satz 1 UStAE). So unterliegen die Umsätze eines beruflich selbstständigen Notars der USt (BFH Urteil vom 10.11.1997, V R 115/74, BStBl II 1978, 80). S.a. unten den Gliederungspunkt »Leistungen der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger«.
Ein Unternehmer, der die Verpflichtung eines kommunalen Zweckverbands zur Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser übernimmt und dafür einen vertraglichen Anspruch gegen den Zweckverband auf Weiterleitung von Fördermitteln erlangt, die dieser erhält, erbringt grundsätzlich eine steuerbare Leistung gegen Entgelt (BFH Urteil vom 10.8.2016, XI R 41/14, BStBl II 2017, 590; Abschn. 1.1 Abs. 13b UStAE).
Die Übertragung des Eigentums auf den Ersteher zu den Bedingungen des Meistgebots, die durch Zuschlag erfolgt (§ 90 Abs. 1 ZVG), stellt sich umsatzsteuerrechtlich als Umsatz des Schuldners an den Ersteher dar. Zwar beruht dieser Leistungsaustausch nicht auf einem (zweckgerichteten) Handeln des Schuldners, sondern auf hoheitlicher Tätigkeit; hierdurch entfällt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG jedoch nicht die Steuerpflicht. Zeitlich und tatsächlich ist der Ersteher Nachfolger des Schuldners (vgl. auch §§ 53, 56, 57 ZVG). Allein die Übertragung des Eigentums wird durch die hoheitliche Maßnahme ersetzt. Die Zwangsvollstreckung dient der Verwertung des Grundstücks in einem geordneten Verfahren. Sie ersetzt die entgeltliche Veräußerung des Grundstücks an den Ersteher. Ohne Belang ist deshalb, dass der Ersteher das Eigentum kraft des Zuschlags originär erwirbt (BFH Urteil vom 19.12.1985, V R 139/76, BStBl II 1986, 500 und Abschn. 1.2 Abs. 2 UStAE).
Zur Behandlung der verbilligten Zinsen bzw. Leasingraten zum Zwecke der Absatzförderung in der Automobilindustrie s. BMF vom 28.9.2011 (BStBl I 2011, 935) sowie die Erläuterungen unter → Bemessungsgrundlage.
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Bitcoin und anderen sog. virtuellen Währungen vgl. BMF-Schreiben vom 27.2.2018 (BStBl I 2018, 316; Abschn. 1.1 Abs. 5a UStAE) sowie Erläuterungen unter → Leistungsaustausch.
Der BFH hat mit Urteil vom 18.11.2021 (V R 38/19, BFH/NV 2022, 548, LEXinform 0952583) entschieden, dass die virtuelle Vermietung innerhalb eines Online-Spiels keine Leistung i.S.d. UStG darstellt.
Im Urteilsfall ist U Nutzer eines Online-Computerspiels, das B mit Sitz in den USA auf dort befindlichen Servern betreibt. Im Spiel erwirbt U virtuelles Land, parzelliert dieses und »vermietet« es an andere Nutzer gegen Zahlung eines virtuellen Währung (C-Dollar). Die erworbenen C-Dollar können über eine von B verwaltete Börse gegen US-Dollar auf andere Nutzer übertragen werden. Bei Abschluss eines Verkaufs von C-Dollar über die von der Spielbetreiberin B verwaltete Börse wird der jeweilige Geldbetrag dem Guthabenkonto gutgeschrieben, das der die C-Dollar übertragende Nutzer bei der Spielbetreiberin führt. Ein Guthaben auf diesem Konto kann mit Gebührenforderungen der Spielbetreiberin verrechnet oder auf das PayPal-Konto des jeweiligen Nutzers überwiesen werden.
Spielinterne »Umsätze« zwischen Personen, die sich auf die bloße Teilnahme an dem Spiel und damit darauf beschränken, in der Interaktion mit anderen Spielteilnehmern das Spielerlebnis zu gestalten, stellen sich in der Regel nicht als Beteiligung am – realen – Wirtschaftsleben dar. Eine wesentliche Eigenschaft des Spielens ist es gerade, in Abgrenzung zur realen Welt eine Subwelt mit eigenen Regeln, Rollen und Zielen zu schaffen. Reine Spielvorteile, die ein Spieler im Rahmen des Spielgeschehens einem anderen Spieler nach den insoweit geltenden Regeln verschafft, können daher regelmäßig keinen Kostenfaktor für dessen wirtschaftliche Tätigkeit bilden. Sie begründen dann keinen Verbrauch i.S.d. gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts, sondern stellen lediglich nicht wirtschaftliche Vorteile der Spielwelt dar (BFH V R 38/19, Rz. 30).
Mit der entgeltlichen Übertragung von C-Dollar über die von der Spielbetreiberin B angebotene Börse hat der Nutzer U sonstige Leistungen ausgeführt (BFH V R 38/19, Rz. 42 ff.). Die entgeltliche Übertragung der C-Dollar, eines vertraglichen Rechts, erfolgt im Wege der Abtretung. Bei einer solchen Rechtsübertragung gegen Entgelt handelt es sich um eine sonstige Leistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Anders als die spielinterne »Vermietung« von virtuellem Land erfolgt die Übertragung der C–Dollar an einem realen Markt. Die Übertragung der C-Dollar über die von der Spielbetreiberin B betriebene Börse ist nicht auf die reine Teilnahme an einem Spielgeschehen beschränkt. Vielmehr verschafft der Nutzer U dem jeweiligen Empfänger mit den C–-ollar ein virtuelles Spielobjekt zur späteren Nutzung im Spiel und damit einen verbrauchsfähigen Vorteil. Der Nutzer U übernimmt mit der Übertragung der C-Dollar einen Aspekt der Spielvorbereitung, wie dies üblicherweise auch der Veranstalter eines Spiels tun würde, der die erforderlichen Spielutensilien zur Verfügung stellt.
Als Empfängerin dieser sonstigen Leistungen gilt die Spielbetreiberin B, weil sie als Kommissionärin in die Übertragung der C-Dollar durch den Nutzer eingeschaltet war. Die von der Spielbetreiberin als Kommissionärin – fiktiv – erbrachten Dienstleistungen sowie die Dienstleistungen, die der Nutzer als Kommittent getätigt hat, sind auch gleichartig. Beide Fälle betreffen mit der Veräußerung der C-Dollar die Übertragung von Lizenzrechten (→ Dienstleistungskommission).
Der Ort der – fiktiv – von dem Nutzer gegenüber der Spielbetreiberin als Unternehmer erbrachten Leistung richtet sich nach dem Ort, an dem die Spielbetreiberin ihr Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 Satz 1 UStG). Dieser liegt hier nicht im Inland, sondern in den USA, wo die Spielbetreiberin ansässig ist und auch die Server für das Programm betreibt (s.a. Anmerkung vom 22.3.2022, LEXinform 0653927).
Mit Schreiben vom 1.10.2021 (BStBl I 2021, 1859) nimmt das BMF Stellung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen bei Urheberrechtverletzungen und bei unlauteren Wettbewerbshandlungen sowie zur Anwendung der BFH-Urteile vom 21.12.2016 (XI R 27/14, BStBl II 2021, 779) sowie vom 13.2.2019 (XI R 1/17, BStBl II 2021, 785). In Abschn. 1.3 UStAE wird ein neuer Abs. 16a sowie in Abschn. 13.1 UStAE wird einer neuer Abs. 7 eingefügt.
Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 1.10.2021 (BStBl I 2021, 1859) sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Beteiligten bei der Zahlung für vor dem 1. November 2021 durchgeführte Abmahnleistungen übereinstimmend, d.h. auch hinsichtlich eines Vorsteuerabzugs beim Abgemahnten, von einem nicht steuerpflichtigen Entgelt ausgehen.
Zahlungen, die an einen Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs geleistet werden, und Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern als Aufwendungsersatz aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und dem von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren Im Fall einer unberechtigten Abmahnung schuldet der Abmahnende die Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG, wenn und solange er diese in einer Rechnung ausgewiesen ha (Abschn. 1.3 Abs. 16a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2021, BStBl I 2021, 1859; → Schadensersatz).
Mit Urteil vom 26.1.2022 (XI R 19/19, XI R 12/17, LEXinform 0952472) hat der BFH entschieden, dass bei dem im Rahmen eines bargeldlosen Zahlungssystems für die Überlassung elektronischer Zahlungskarten in Stadien erhobenen Kartenpfand es sich nicht um pauschalierten (durch die Kartenrückgabe auflösend bedingten) → Schadensersatz handelt, sondern um eine steuerbare sonstige Leistung, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG als Umsatz im Zahlungs- und Überweisungsverkehr steuerfrei ist, wenn der leistende Unternehmer selbst die Übertragung von Geldern vornimmt (s.a. Anmerkung vom 14.6.2022, LEXinform 0653950).
Im Fall einer echten Schadensersatzzahlung (→ Schadensersatz) fehlt es an einem Leistungsaustausch (Abschn. 1.3 Abs. 1 UStAE). Auch echte → Zuschüsse (Abschn. 10.2 Abs. 7 UStAE) stellen kein Entgelt dar, sodass kein Leistungsaustausch gegeben ist.
Nach dem EuGH-Urteil vom 21.3.2002 (C-174/00, UR 2002, 320) erbringt ein Verein, der seinen Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, entgeltliche Leistungen, die die Mitglieder z.B. durch ihre Jahresbeiträge vergüten, ohne dass es für die Steuerbarkeit dieses Leistungsaustausches darauf ankommt, ob der Verein »auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt«. Mit Urteilen vom 9.8.2007 (V R 27/04, DStR 2007, 1719, LEXinform 0585736) und vom 11.10.2007 (V R 69/06, BFH/NV 2008, 322, LEXinform 0588096) hat sich der BFH der EuGH-Rechtsprechung angeschlossen. Danach können Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren Entgelt für die Leistungen eines Sportvereins an seine Mitglieder sein. Mit dieser Rechtsprechung ist die Verwaltungsauffassung, nach der es bei »echten Mitgliederbeiträgen« allgemein an einem Leistungsaustausch fehlt (Abschn. 1.4 Abs. 1 Satz 1 UStAE) nicht vereinbar (s.a. FG Berlin-Brandenburg vom 11.4.2019, 7 K 7194/17, LEXinform 5022209).
Mit Urteil vom 20.3.2014 (V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470; Anmerkung von Walkenhorst, UStB 2014, 224) bestätigt der BFH seine o.g. Rspr. und definiert darüber hinaus den Begriff der Vermögensverwaltung speziell für die USt neu. Nach der bisherigen Verwaltungsregelung in Abschn. 12.9 Abs. 3 Satz 6 UStAE wird bisher hinsichtlich der Vermögensverwaltung i.S.d. § 14 AO die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht ausgeschlossen. Der BFH legt den Begriff der Vermögensverwaltung nunmehr für die USt einschränkend dahingehend aus, dass es sich um nichtunternehmerische (nichtwirtschaftliche) Tätigkeiten handeln muss. Vermögensverwaltung ist danach z.B. das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen, nicht aber auch die entgeltliche Überlassung von Sportanlagen (Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Stichwort »Sportanlagen«).
Beachte:
Beruft sich eine Vereinigung unmittelbar auf die MwStSystRL und behandelt die anfallenden Mitgliederbeiträge in der Folge abweichend von Abschn. 1.4 UStAE als steuerbares Entgelt für die von ihr gegenüber den Mitgliedern erbrachten Leistungen, kommt die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG grundsätzlich in Betracht (→ Mitgliedsbeitrag, → Sportliche Veranstaltungen). Zur Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG für sportliche Veranstaltungen, die gemeinnützige Sportvereine gegen Mitgliederbeiträge durchführen, nimmt das BMF mit Schreiben vom 4.2.2019 (BStBl II 2019, 115) Stellung.
Die steuerbaren Mitgliedsbeiträge sind nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG steuerfrei, wenn die Mitgliedsbeiträge als Gegenleistung für sportliche Veranstaltungen gewährt werden. Eine sportliche Veranstaltung ist die organisatorische Maßnahme einer begünstigten Einrichtung, die es aktiven Sportlern erlaubt, Sport zu treiben (Abschn. 4.22.2 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Deshalb können schon das bloße Training, Sportkurse und Sportlehrgänge eine sportliche Veranstaltung sein (Abschn. 4.22.2 Abs. 2 Satz 4 UStAE).
Eine sportliche Veranstaltung ist nicht gegeben, wenn die Maßnahme nur eine Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen bzw. -anlagen zum Gegenstand hat (Abschn. 4.22.2 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UStAE). Mitgliedsbeiträge, die lediglich auf die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen entfallen, sind demnach steuerbar und steuerpflichtig.
Nach dem EuGH-Urteil vom 10.12.2020 (C-488/18, UR 2021, 158, LEXinform 0651609) kann sich der Verein nicht unmittelbar auf die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL berufen, da diese Norm keine unmittelbare Wirkung hat. In der Nachfolgeentscheidung des BFH vom 21.4.2022 (V R 48/20, LEXinform 0953237) zum EuGH-Urteil C-488/18 hat der BFH entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass sich Sportvereine gegenüber einer aus dem nationalen Recht folgenden Umsatzsteuerpflicht nicht auf eine allgemeine, aus der MwStSystRL abgeleitete Steuerfreiheit berufen können (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 20/2022 vom 12.5.2022, LEXinform 0462160).
Zur Behandlung der Mitgliedsbeiträge s. die Erläuterungen unter → Leistungsaustausch. S. dort auch das BFH-Urteil vom 13.12.2018 (V R 45/17, BStBl II 2019, 460) zur Unterscheidung der Erbringung entgeltlicher Leistungen gegen Mitgliedsbeiträge an seine Mitglieder zwischen Berufsverbänden (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG) und Vereinen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG).
Berufsverband |
Verein |
Leistungen einer Vereinigung zur Förderung bestimmter Branchenerzeugnisse, die die gemeinsamen Interessen der branchenangehörigen Mitglieder betreffen, die dem gesamten Wirtschaftszweig zugutekommen und bei denen sich eine Wirkung zugunsten der einzelnen Mitglieder nur mittelbar aus den Vorteilen ableitet, die allgemein dem gesamten Wirtschaftszweig erwachsen, führen nicht zu einer entgeltlichen Leistungserbringung an die Mitglieder (EuGH vom 8.3.1988, 102/86, LEXinform 0095612, Rz 14). Dies gilt grds. für die Wahrnehmung der allgemeinen Mitgliederinteressen (EuGH vom 12.2.2009 (C-515/07, UR 2009, 865, LEXinform 0589164, Rz 34). |
Ein Verein kann gegenüber seinen Mitgliedern entgeltliche Leistungen z.B. dadurch erbringen, dass er diesen dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, die die Mitglieder z.B. durch ihre Jahresbeiträge vergüten, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob der Verein »auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt« (EuGH vom 21.3.2002 (C-174/00, LEXinform 0164636, Rz 40, s.o.). |
Zur steuerbaren Tätigkeit einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder hat der BFH mit Urteil vom 23.9.2020 (XI R 35/18, BStBl II 2022, 344) entschieden, dass ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur vorliegt, wenn ein identifizierbarer Leistungsempfänger vorhanden ist, der einen Vorteil erhält, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt.
Die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Gesellschafter (hier: christliche Kirche und kirchennaher Verein) durch eine gemeinnützige GmbH ist keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit, wenn die Tätigkeit der GmbH einer bestimmten Personengruppe (hier: allen christlichen Kirchen) zugutekommt und sich eine Wirkung zugunsten der einzelnen Gesellschafter nur mittelbar aus diesen Vorteilen ableitet (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 7/2021 vom 11.3.2021, LEXinform 0460260).
Die Vfg. des LfSt Niedersachsen vom 16.7.2019 (S 7200 – 449 – St 175, UR 2019, 870, SIS 19 13 56) äußert sich zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Fällen, in denen Sportvereine kommunale Zuschüsse für die Errichtung eines Kunstrasenplatzes auf fremdem Grund und Boden erhalten (→ Verein unter dem Gliederungspunkt »Umsatzsteuerrechtliche Behandlung kommunaler Zuschüsse für die Errichtung eines Sportplatzes«).
Wird ein Kunstrasenplatz durch einen Sportverein im eigenen Namen und für eigene Rechnung auf fremdem Grund und Boden errichtet und erhält der Sportverein von der Grundstückseigentümerin (i.d.R. die Gemeinde) Zuwendungen, die im Rahmen der Anteilsfinanzierung für die Errichtung des Kunstrasenplatzes gewährt werden, stellen diese Zuwendungen eine Vorauszahlung auf eine spätere Weiterlieferung bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses dar, soweit der Kunstrasenplatz oder Teile des Bauwerks (z.B. der Unterbau) zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbraucht sind.
Nutzt der Besteller der Baumaßnahme (Verein) das auf eigene Kosten errichtete Bauwerk (Kunstrasenplatz) für sein Unternehmen, ohne hierfür eine Miete oder Pacht zu bezahlen, so wird die Übertragung in ihrem wirtschaftlichen Gehalt regelmäßig erst nach Ablauf des Miet- oder Pachtvertrages für den Boden erfolgen. Während dessen Dauer jedenfalls ist der zivilrechtliche Eigentümer davon ausgeschlossen, das Bauwerk zu nutzen und dessen Früchte zu ziehen. Die rechtliche Möglichkeit, den Boden samt aufstehenden Gebäuden zu jeder Zeit zu veräußern, ändert hieran nichts (BMF vom 23.7.1986, BStBl I 1986, 432 unter C.II.2 und 3).
Beruft sich der Sportverein darauf, dass ein Kunstrasenplatz eine Betriebsvorrichtung sei, liegt eine Lieferung des Bauwerks durch den Verein an die Gemeinde erst dann und zu dem Zeitpunkt vor, in dem von den Beteiligten gewollt Substanz, Wert und Ertrag des Bauwerks auf den Grundstückseigentümer übergehen.
Nur in dem Fall, in dem der Grundstückseigentümer (Gemeinde) dem Besteller (Verein) die Herstellungskosten des Bauwerks ersetzt und ihm mit Fertigstellung und Ingebrauchnahme hierfür eine Miete berechnet, liegt unmittelbar mit der Lieferung des Bauwerks an den Besteller eine Weiterlieferung des Bauwerks durch den Besteller an den Grundstückseigentümer vor (s. BMF vom 23.7.1986, BStBl I 1986, 432 unter C.II.1).
Die Zuwendungen der Gemeinde stellen eine Vorauszahlung auf eine spätere Weiterlieferung bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses dar, soweit der Kunstrasenplatz zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbraucht ist. S. das Beispiel dazu unter → Verein.
Nach dem BFH-Urteil vom 18.11.2021 (V R 17/20, BFH/NV 2022, 553, LEXinform 0953143) können Zahlungen einer Gemeinde an einen Sportverein im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung einer zur langfristigen Eigennutzung überlassenen Sportanlage, die es dem Sportverein ermöglichen sollen, sein Sportangebot aufrechtzuerhalten, nicht umsatzsteuerbare (echte) Zuschüsse für die Tätigkeit des Sportvereins darstellen. Weitere Erläuterungen zu dem Urteil V R 17/20 s. unter → Zuschüsse.
Zur Behandlung der Entschädigungen und Vergütungen für Zeugen und Sachverständige nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) s. den Erlass des FinMin Brandenburg vom 11.6.2008 (31 – S 7170 – 12/00, UR 2008, 670, LEXinform 5231884) unter → Schadensersatz unter dem Gliederungspunkt »Zeugenentschädigung nach dem JVEG« sowie Abschn. 1.3 Abs. 15 UStAE.
Beachte:
Durch Art. 6 i.V.m. Art. 13 Abs.3 des Gesetzes zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3229) wird u.a. ab 1.1.2021 das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz geändert.
Sachzuwendungen und sonstige Leistungen eines ArbG an seine ArbN (→ Sachbezüge) können steuerbar, aber auch nicht steuerbar sein. Keine steuerbaren Umsätze sind Aufmerksamkeiten und Leistungen, die überwiegend durch das betriebliche Interesse des ArbG veranlasst sind (Abschn. 1.8 Abs. 2 Satz 7 und Abs. 4 UStAE).
Zur Sicherungsübereignung und Sachverwertung s. → Verschaffung der Verfügungsmacht.
Zur Unternehmereigenschaft bzw. zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit Grundstücksveräußerungen nach einem Zwangsvollstreckungsverfahren hat der EuGH die Vorlagefrage des rumänischen Gerichts mit Urteil vom 20.1.2021 (C-655/19, LEXinform 5217224) beantwortet.
Entscheidungssachverhalt:
A gewährte X mehrere Darlehen, die durch Grundpfandrechte an mehreren Immobilien gesichert waren. Da die Darlehen nicht zurückgezahlt werden konnten, wurden die Immobilien im Kj. 09 versteigert und A erhielt für drei von ihnen den Zuschlag. In den Kj. 10 bis 12 verkaufte A die Immobilien.
Aus den dem Entscheidungssachverhalt ergibt sich, dass
der Darlehensgeber A des Ausgangsverfahrens die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsgeschäfte vorgenommen hat, um sein Vermögen wiederherzustellen und seine Forderungen beizutreiben, nachdem die gewährten Darlehen nicht zurückgezahlt worden waren;
der Darlehensgeber A des Ausgangsverfahrens, der die Beitreibung seiner Forderungen und die Wiederherstellung seines Vermögens zum Ziel hat, keine aktiven Schritte zur Vermarktung von Grund und Boden unternommen und sich insbesondere keiner ähnlichen Mittel bedient hat wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL.
Beantwortung der Vorlagefrage:
Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL sind dahin auszulegen, dass der Umsatz, bei dem eine Person den Zuschlag für eine Immobilie erhält, die in einem zur Beitreibung eines zuvor gewährten Darlehens eingeleiteten Zwangsvollstreckungsverfahren beschlagnahmt wurde, und diese Immobilie später verkauft, für sich genommen keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, wenn dieser Umsatz zur bloßen Ausübung des Eigentumsrechts und der ordnungsgemäßen Verwaltung des Privatvermögens gehört, sodass diese Person in Bezug auf diesen Umsatz nicht als Stpfl. angesehen werden kann.
Personalgestellungen und -überlassungen gegen Entgelt, auch gegen Aufwendungsersatz, erfolgen grundsätzlich im Rahmen eines Leistungsaustauschs. In den folgenden Beispielsfällen liegt bei der Freistellung von ArbN durch den Unternehmer gegen Erstattung der Aufwendungen wie Lohnkosten, Sozialversicherungsbeiträge und dgl. jedoch mangels eines konkretisierten Leistungsempfängers kein Leistungsaustausch vor (Abschn. 1.1 Abs. 16 Satz 2 UStAE):
Freistellung
für Luftschutz- und Katastrophenschutzübungen;
für Sitzungen des Gemeinderates oder seiner Ausschüsse;
an das Deutsche Rote Kreuz, das Technische Hilfswerk, den Malteser-Hilfsdienst, die Johanniter-Unfallhilfe oder den Arbeiter-Samariter-Bund;
an die Feuerwehr für Zwecke der Ausbildung, zu Übungen und zu Einsätzen;
für Wehrübungen;
zur Teilnahme an der Vollversammlung einer Handwerkskammer, an Konferenzen, Lehrgängen und dgl. einer Industriegewerkschaft, für eine Tätigkeit im Vorstand des Zentralverbands Deutscher Schornsteinfeger e.V., für die Durchführung der Gesellenprüfung im Schornsteinfegerhandwerk;
für Sitzungen der Vertreterversammlung und des Vorstands der Verwaltungsstellen der Bundesknappschaft;
für die ehrenamtliche Tätigkeit in den Selbstverwaltungsorganen der Allgemeinen Ortskrankenkassen, bei Innungskrankenkassen und ihren Verbänden;
als Heimleiter in Jugenderholungsheimen einer Industriegewerkschaft;
von Bergleuten für Untersuchungen durch das Berufsgenossenschaftliche Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA);
für Kurse der Berufsgenossenschaft zur Unfallverhütung;
Personalkostenerstattung nach § 147 Abs. 2a SGB V für die Überlassung von Personal durch den Arbeitgeber an eine Betriebskrankenkasse;
für die Entsendung von Mitgliedern in die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werks und des Deutschen Caritasverbandes (Abschn. 1.1 Abs. 16 Satz 2 Nr. 13 UStAE i.d.F des BMF-Schreibens vom 15.12.2015, BStBl I 2015, 1067).
Dies gilt entsprechend für Fälle, in denen der Unternehmer zur Freistellung eines ArbN für öffentliche oder gemeinnützige Zwecke nach einem Gesetz verpflichtet ist, soweit dieses Gesetz den Ersatz der insoweit entstandenen Lohn- und Lohnnebenkosten vorschreibt (Abschn. 1.1 Abs. 16 Satz 3 UStAE).
Zur Freistellung von ArbN gegen Aufwendungsersatz nimmt die OFD Hannover mit Vfg. vom 17.6.2008 (S 7100 – 37 – StO 171, UR 2008, 709, LEXinform 5231571) Stellung. ArbN sind für die Ausübung von Ehrenämtern oder die Erfüllung anderer Aufgaben häufig darauf angewiesen, von ihren ArbG zeitweise dafür freigestellt zu werden. Für die vorgenannten Tätigkeiten können die ArbN vielfach Ersatz des entgangenen Arbeitslohnes beanspruchen. Zur Vermeidung sozialversicherungsrechtlicher Nachteile wird dieser Lohnersatz üblicherweise in der Form gewährt, dass die ArbG für die Dauer der Freistellung den Lohn weiterzahlen und dafür eine Erstattung ihrer Kosten erhalten. Die Kostenerstattung umfasst regelmäßig auch die Aufwendungen für Beiträge zur Sozialversicherung, für Urlaubsgeld oder Weihnachtsgratifikationen, wobei diese Kosten entweder einzeln oder in Form eines Zuschlags zu den Lohnkosten berechnet werden. Zusätzlich zu den oben aufgeführten dreizehn Fällen des Abschn. 1.1 Abs. 16 UStAE nennt die Vfg. sieben weitere Fälle, in denen kein Leistungsaustausch gegeben ist.
Auch die OFD Münster nimmt mit Vfg. vom 3.7.2008 (S 7100 –USt 9/2008, UR 2008, 709) zur Freistellung von ArbN gegen Aufwendungsersatz Stellung. Wird für die Freistellung eines ArbN zur Mitwirkung im Gesellenausschuss ein Entgelt – auch Aufwendungsersatz – gezahlt, handelt es sich um keinen Leistungsaustausch. Das BMF nahm im Einzelnen dazu Stellung, ob die Erstattung von Lohnkosten (§ 73 HwO) im Rahmen eines steuerpflichtigen Leistungsaustauschs i.S.d. UStG erfolgt, und ob in diesem Fall bei der Abrechnung von Lohnausfallkosten die Möglichkeit besteht, auf den gesonderten Ausweis der Steuer zu verzichten. Personalgestellungen und -überlassungen gegen Entgelt, auch gegen Aufwendungsersatz, erfolgen grundsätzlich im Rahmen eines Leistungsaustauschs. In den in Abschn. 1.1 Abs. 16 UStAE bezeichneten Fällen (s.o.) liegt bei der Freistellung von ArbN durch den Unternehmer gegen Erstattung der Aufwendungen wie Lohnkosten, Sozialversicherungsbeiträge und dergleichen jedoch kein Leistungsaustausch vor. Dies gilt beispielsweise, wenn diese Freistellung zur Teilnahme an der Vollversammlung einer Handwerkskammer, an Konferenzen, Lehrgängen und dergleichen einer Gewerkschaft oder für die Durchführung der Gesellenprüfung erfolgt. Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist die Freistellung eines Gesellen zur Mitwirkung im Gesellenausschuss (§ 69 Abs. 4 HwO) den in Abschn. 1.1 Abs. 16 UStAE aufgezählten Beispielsfällen vergleichbar und vollzieht sich daher nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses. Bei der Abrechnung der Kostenerstattung durch den ArbG/Unternehmer gegenüber der Innung darf dementsprechend kein gesonderter Ausweis der USt erfolgen.
Bei der Abgrenzung zwischen steuerbarer Leistung und nicht steuerbarer Beistellung von Personal des Auftraggebers ist unter entsprechender Anwendung der Grundsätze der sog. Materialbeistellung (vgl. Abschn. 3.8 Abs. 2 bis 4 UStAE) darauf abzustellen, ob der Auftraggeber an den Auftragnehmer selbst eine Leistung (als Gegenleistung) bewirken oder nur zur Erbringung der Leistung durch den Auftragnehmer beitragen will. Soweit der Auftraggeber mit der Beistellung seines Personals an der Erbringung der bestellten Leistung mitwirkt, wird dadurch zugleich auch der Inhalt der gewollten Leistung näher bestimmt. Ohne entsprechende Beistellung ist es Aufgabe des Auftragnehmers, sämtliche Mittel für die Leistungserbringung selbst zu beschaffen. Daher sind Beistellungen nicht Bestandteil des Leistungsaustauschs, wenn sie nicht im Austausch für die gewollte Leistung aufgewendet werden (Abschn. 1.1 Abs. 6 UStAE).
Eine nicht steuerbare Beistellung von Personal des Auftraggebers setzt voraus, dass das Personal nur im Rahmen der Leistung des Auftragnehmers für den Auftraggeber eingesetzt wird (BFH Urteil vom 6.12.2007, V R 42/06, BStBl II 2009, 493). Der Einsatz von Personal des Auftraggebers für Umsätze des Auftragnehmers an Drittkunden muss vertraglich und tatsächlich ausgeschlossen sein. Der Auftragnehmer hat dies sicherzustellen und trägt hierfür die objektive Beweislast. Die Entlohnung des überlassenen Personals muss weiterhin ausschließlich durch den Auftraggeber erfolgen. Ihm allein muss auch grundsätzlich das Weisungsrecht obliegen. Dies kann nur in dem Umfang eingeschränkt und auf den Auftragnehmer übertragen werden, soweit es zur Erbringung der Leistung erforderlich ist (Abschn. 1.1 Abs. 7 UStAE).
Mit Vfg. vom 8.2.2021 (S 7107 2.2-39/5 St 33, DStR 2021, 542, LEXinform 7012626) nimmt das BayLfSt zur Personalgestellung von und zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts Stellung. Danach erfüllt die auf Dauer angelegte oder wiederholte Überlassung von Personal durch die öffentliche Hand gegen Kostenerstattung oder anderes Entgelt als nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gewöhnlich alle Merkmale des allgemeinen Unternehmerbegriffs i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG, unabhängig davon, ob die Personalüberlassung im Wege der Amtshilfe, Zuweisung, Abordnung oder in sonstiger Weise erfolgt. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Personalbeistellungen i.S.d. Abschn. 1.1 Abs. 6 und 7 UStAE, die keinen Leistungscharakter haben (s.o.).
Wird die Personalüberlassung im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung durchgeführt (häufig in Fällen der Amtshilfe oder Abordnung von Beamten), kann die Unternehmereigenschaft über § 2b UStG eingeschränkt sein. Eine Anwendung des § 2b Abs. 2 Nr. 1 oder 2 UStG wird dabei i.d.R. ausscheiden. Ein gesetzlicher Wettbewerbsausschluss i.S.v. § 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG wird ebenfalls nur in Ausnahmefällen vorliegen. Die gesetzlichen Grundlagen müssen dabei so gefasst sein, dass die konkret von der anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts benötigte Personalgestellung ausschließlich von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erbracht werden darf. Ein allgemein gehaltenes Kooperationsgebot reicht nicht aus (Abschn. 2b.1 Abs. 8 UStAE).
Keine Wettbewerbsverzerrungen liegen vor, wenn private Anbieter entweder keine vergleichbaren Leistungen erbringen oder aber die Leistungen privater Anbieter – wie z.B. bei der Überlassung von Einrichtungen und der damit verbundenen Gestellung von medizinischem Hilfspersonal nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG als mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundener Umsatz – steuerfrei sind (vgl. zur Steuerfreiheit Abschn. 4.14.6 Abs. 2 Nr. 5 und 7 UStAE). Denn die Nichtbesteuerung der öffentlichen Hand kann für den Fall, dass die Leistungen privater Wettbewerber steuerfrei sind, nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.
Zur Personalgestellung gegen Kostenerstattung durch jPöR bei Zuweisungen i.S.d. § 123a Abs. 2 BRRG (Beamtenrechtsrahmengesetz) nimmt die OFD Karlsruhe mit Vfg. vom 13.8.2019 (S 7106 – Karte 1, UR 2019, 791) Stellung.
Abgesehen von den in Abschn. 2.11 Abs. 15 UStAE bezeichneten Fällen erfolgt eine Personalgestellung durch eine jPöR im Rahmen eines Leistungsaustausches. Unter den sonstigen in Abschn. 2.11 Abs. 15 UStAE genannten Voraussetzungen begründet die entgeltliche Personalgestellung einen umsatzsteuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art (§§ 4 KStG, 2 Abs. 3 UStG).
Erfolgt eine Personalzuweisung durch die zuständige oberste Dienstbehörde im dringenden öffentlichen Interesse (§ 123a Abs. 2 BRRG), liegt unter folgenden Voraussetzungen kein Leistungsaustausch vor:
die entgeltliche Personalgestellung ist eine Folge organisatorisch bedingter äußerer Zwänge (z.B. Rechtsformwechsel, Unkündbarkeit des Bediensteten),
die Beschäftigung gegen Kostenerstattung erfolgt im Interesse der betroffenen Bediensteten zur Sicherung der aus dem Dienstverhältnis bei einer jPdöR erworbenen Rechte,
die Personalgestellung ist begrenzt auf den zum Zeitpunkt einer Umwandlung vorhandenen Personalbestand, sodass sich der Personalbestand mit Ausscheiden der betreffenden Mitarbeiter von Jahr zu Jahr verringert und
die Gestellung des Personals nimmt nicht das äußere Bild eines Gewerbebetriebs an.
Zum Leistungsaustausch bei Gesellschaftsverhältnissen s. Abschn. 1.6 UStAE. Zur Geschäftsführertätigkeit s. Abschn. 2.2 Abs. 2 UStAE.
Die bloße Beteiligung an Personen- und Kapitalgesellschaften stellt keine unternehmerische Tätigkeit dar (Abschn. 2.3 Abs. 2 UStAE).
Eine Personengesellschaft erbringt bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bar- oder Sacheinlage an diesen keinen steuerbaren Umsatz und damit auch keinen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfreien Umsatz (Abschn. 1.6 Abs. 2 Satz 1 UStAE; vgl. BFH Urteil vom 1.7.2004, V R 32/00, BStBl II 2004, 1022). Das gilt auch für die Ausgabe von neuen Aktien zur Aufbringung von Kapital und die Aufnahme von atypisch stillen Gesellschaftern (Abschn. 4.8.10 Abs. 2 UStAE; EuGH Urteil vom 26.5.2005, C-465/03, Kretztechnik, LEXinform 0175745 sowie BMF vom 4.10.2006, BStBl I 2006, 614 und Becker u.a., UR 2009, 701). Auch eine Kapitalgesellschaft erbringt bei der erstmaligen Ausgabe von Anteilen keinen steuerbaren Umsatz (Abschn. 1.6 Abs. 2 Satz 2 UStAE).
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Regionen- und Städtechipkarten nimmt die OFD Hannover mit Vfg. vom 22.12.2009 (S 7110 – 56 – StO 171, UR 2010, 352, LEXinform 5232488) Stellung.
Tourismusverbände sowie andere Anbieter betreiben in verschiedenen Regionen und Städten ein elektronisches Kartensystem mit dem Ziel, die Bezahlung touristischer Leistungen durch den Einsatz einer Chipkarte zu vereinfachen.
Der Sachverhalt gestaltet sich regelmäßig wie folgt.
1. Vertrag zwischen dem Systemanbieter und einem Vertragspartner
Der Systemanbieter schließt einen Vertrag mit einem Vertragspartner ab, der ein Hotel, ein Museum, ein Theater, ein Denkmal, ein Schwimmbad, einen Zoo, eine Seilbahn o.Ä. betreibt. Im Vertrag sind die touristischen Leistungen, die der Tourist über die Chipkarte in Anspruch nehmen kann, festgelegt.
Der Systemanbieter stellt die Chipkarte her, betreibt das Marketing und wickelt die Zahlungsvorgänge ab. Der Systemanbieter, der Vertragspartner oder eine andere Verkaufsstelle verkaufen die Chipkarte (Kaufkarte) gegen Entgelt an den Touristen.
Nimmt der Tourist eine Leistung in Anspruch, zahlt er kein oder nur ein verbilligtes Entgelt an den Vertragspartner. Der Vertragspartner erhält vom Systemanbieter monatlich Vorabausschüttungen/Abschlagszahlungen in einer geschätzten Höhe für seine Leistung an den Touristen. Die endgültige Abrechnung erfolgt am Ende des Kalenderjahres auf der Grundlage vorgegebener Kriterien. Der Systemanbieter behält von den Erlösen aus den Kartenverkäufen monatlich eine Gebühr ein.
2. Vertrag zwischen dem Systemanbieter und einem Kartenverkäufer
Der Kartenverkäufer behält für seine Tätigkeit vom Kaufpreis der Chipkarte einen bestimmten Betrag ein. Den Restbetrag leitet er an den Systemanbieter weiter.
Der Verkauf der Chipkarte begründet keinen Leistungsaustausch zwischen dem Systemanbieter und dem Touristen. Durch diesen Vorgang wird lediglich Geld in ein »elektronisches Zahlungsmittel« umgetauscht.
Der Systemanbieter erbringt mit dem technischen Betrieb und der Abwicklung der Zahlungsvorgänge eine Inkassoleistung an den Vertragspartner. Gegenleistung ist die vom Systemanbieter einbehaltene Gebühr, abzüglich der USt. Der Systemanbieter erbringt die auf unbestimmte Zeit vereinbarte Inkassoleistung durch jährlich abzurechnende Teilleistungen. Die monatlich einbehaltene Gebühr unterliegt als Abschlagszahlung der Besteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Vereinnahmung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG).
Aus der Rechnung des Systemanbieters über die Inkassoleistung kann der Vertragspartner unter den Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Zum Entgelt der Inkassoleistung gehören nicht die vom Systemanbieter an den Vertragspartner ausgeschütteten Beträge. Weist der Systemanbieter in einer Rechnung über diese Beträge die USt gesondert aus, steht dem Vertragspartner insoweit kein Vorsteuerabzug zu. Der Systemanbieter schuldet die zu hoch ausgewiesene USt nach § 14c Abs. 1 UStG.
Der Systemanbieter erbringt mit dem Marketing eine sonstige Leistung an den Vertragspartner. Der Vertragspartner ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug aus der Leistung berechtigt.
Erst wenn der Tourist mit Einsatz der Chipkarte Leistungen des Vertragspartners in Anspruch nimmt, kommt es zu einer konkreten Leistungsbeziehung zwischen dem Vertragspartner und dem Touristen. Der vom Anbieter an den Vertragspartner ausgeschüttete Betrag ist Entgelt von dritter Seite für die an den Touristen erbrachte Leistung. Die Leistung kann steuerfrei sein (z.B. Museum, Tierpark, § 4 Nr. 20 UStG) oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (z.B. Schwimmbad, Bahnfahrt, § 12 Abs. 2 Nr. 9 und 10 UStG).
Die endgültige Berechnung der Umsatzanteile am Ende des Kj. kann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage führen. Der Vertragspartner hat dann seine USt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen.
Weist der Systemanbieter in seiner Abrechnung an den Vertragspartner auf die Ausschüttungsbeträge USt gesondert aus, ist der Vertragspartner nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (s.o.). Der Anbieter schuldet die unberechtigt ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG. Ein Vorsteuerabzug steht allenfalls dem Touristen als Leistungsempfänger aufgrund einer Rechnung des Vertragspartners zu, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind.
Ist der Vertragspartner auch Kartenverkäufer, erbringt er zwei getrennt voneinander zu beurteilende Leistungen. Zum einen erbringt er gegenüber dem jeweiligen Touristen eine Leistung, für die er die Gegenleistung nicht vom Touristen, sondern vom Systemanbieter erhält (Entgelt von dritter Seite). Zum anderen erbringt der Vertragspartner durch den Kartenverkauf eine Leistung gegenüber dem Systemanbieter, die dieser bezahlt. Diese Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz. Denn sie ist keine Nebenleistung zur Leistung des Vertragspartners an den Touristen.
Der Verkauf der Chipkarte begründet keinen Leistungsaustausch zwischen dem Kartenverkäufer und dem Touristen. Durch diesen Vorgang wird lediglich Geld in ein »elektronisches Zahlungsmittel« umgetauscht.
Der Kartenverkäufer erbringt mit dem Verkauf der Chipkarte im Namen und für Rechnung des Systemanbieters eine sonstige Leistung an den Systemanbieter. Er erhält dafür den einbehaltenen Betrag abzüglich der darin enthaltenen USt als Entgelt. Unter den Voraussetzungen des § 15 UStG steht dem Anbieter der Vorsteuerabzug aus der Leistung des Kartenverkäufers zu (s.a. Sterzinger, UStB 2020, 94).
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Durchführung von Hauptuntersuchungen nach § 29 StVZO in Prüfungsstützpunkten nimmt die OFD Frankfurt mit Vfg. vom 24.6.2010 (S 7100 A – 228 – St 110, UR 2010, 784, LEXinform 5232835) Stellung.
Im Zusammenhang mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen nach § 29 StVZO stellt sich die Frage, ob autorisierte Prüfingenieure der Überwachungsorganisation (z.B. DEKRA, TÜV) in Kfz-Werkstätten oder Fachbetrieben (sog. Prüfstützpunkten) Leistungen gegenüber dem Kfz-Halter oder der Kfz-Werkstatt erbringen.
Die Überwachungsorganisation als beliehener Unternehmer erlässt gegenüber dem Kfz-Halter einen Hoheitsakt. Daher liegt insoweit ein Leistungsaustausch nur gegenüber dem Kfz-Halter, nicht jedoch gegenüber der Werkstatt vor (s.a. Abschn. 2.11 Abs. 3 UStAE).
Soweit der Kfz-Halter von der Kfz-Werkstatt eine Rechnung erhalten hat, in der USt auf die TÜV-Gebühren berechnet und ausgewiesen wurde, ist in Höhe dieses Betrages der Vorsteuerabzug zu versagen.
Ebenso steht der Kfz-Werkstatt kein Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Überwachungsorganisation über durchgeführte Hauptuntersuchungen für Kundenfahrzeuge zu.
Der Hinweis, dass die Überwachungsorganisation als beliehener Unternehmer gegenüber dem Kfz-Halter einen »Hoheitsakt« erlässt, soll verdeutlichen, dass die Überprüfung von Kundenfahrzeugen keine Leistungsbeziehung zwischen der Überwachungsorganisation und der Kfz-Werkstatt begründet. In dem Abrechnungspapier der Überwachungsorganisation an die Kfz-Werkstatt ist daher USt nicht auszuweisen.
Vereinnahmt die Kfz-Werkstatt das Prüfentgelt von den Fahrzeughaltern tatsächlich, weil es für den Kunden die Untersuchung bezahlt hat (Inkassofunktion), handelt es sich bei ihr um einen durchlaufenden Posten nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG.
Beachte:
Gegen die Verwaltungsauffassung in der Vfg. der OFD Frankfurt vom 24.6.2010 (S 7100 A – 228 – St 110, UR 2010, 784, LEXinform 5232835) hat das FG Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 24.10.2018 (3 K 937/15, LEXinform 5021992) entschieden.
Lässt eine Kfz-Werkstatt nach den Abrechnungsmodalitäten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung für bei ihr in Auftrag eines Kunden zur Reparatur bzw. Inspektion befindliche Fahrzeuge von der DEKRA die Hauptuntersuchung durchführen, so steht der Werkstatt hinsichtlich der ihr von der DEKRA mit Umsatzsteuerausweis erstellten Rechnung der Vorsteuerabzug zu (gegen Vfg. der OFD Frankfurt/Main vom 24.6.2010 – S 7100 A – 228 – St 110).
Nach § 10 Abs. 1 UStG gehören durchlaufende Posten nicht zum Entgelt (→ Durchlaufender Posten). Der Unternehmer muss die in fremdem Namen und für fremde Rechnung vereinnahmten Beträge in seiner Buchführung als durchlaufende Posten behandelt haben. Dem Unternehmer steht damit letztlich ein Wahlrecht zu, ob er die im Namen und für Rechnung seiner Leistungsempfänger verauslagten Beträge als Teil der Besteuerungsgrundlage erfasst wissen will oder nicht. Nimmt er diese Behandlung in seiner Buchführung nicht vor, fallen die Beträge in die Bemessungsgrundlage für seine Leistung (vgl. BFH vom 3.7.2014, V R 1/14, BFH/NV 2014/2014, LEXinform 0934451, Rz. 34).
Hat die Kfz-Werkstatt die ihr von der DEKRA in Rechnung gestellten Kosten nicht in ihrer Buchführung als durchlaufenden Posten behandelt, so hat sie zu Recht in den von ihr an den Kunden gestellten Rechnungen die Kosten der Durchführung der Hauptuntersuchungen in das umsatzsteuerpflichtige Entgelt für ihre an den Kunden erbrachten Lieferungen und Leistungen einbezogen.
Neben allgemeinen Schornsteinfegerarbeiten, die von allen nach § 2 Abs. 1 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG) zugelassenen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern erbracht werden können, erlassen die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger als beliehene Unternehmer im Rahmen der Feuerstättenschau Verwaltungsakte in Gestalt von Feuerstättenbescheiden (§ 14 SchfHwG) und rechnen die erbrachten Leistungen mittels einer gesetzlich regulierten Gebühr ab.
Die durch die Beleihung erbrachten Leistungen im Rahmen der Feuerstättenschau unterliegen, wie auch die allgemeinen Schornsteinfegerarbeiten, der USt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG; vgl. Abschn. 2.11. Abs. 3 UStAE).
Bereits in § 6 Abs. 2 der Kehr- und Überprüfungsordnung (KÜO) wird klargestellt, dass auch die anlässlich der Feuerstättenschau ausgeführten Leistungen, trotz ihrer hoheitlichen Elemente, umsatzsteuerbar sind (s.a. OFD Frankfurt vom 9.4.2014, S 7100 A – 319 – St 110, UR 2014, 786, LEXinform 5235013; Hessischer Verwaltungsgerichtshofs Urteil vom 31.1.2017, 7 B 2828/16, UR 8/2017, 300, LEXinform 5215356).
Mit Schreiben vom 8.12.2020 (BStBl I 2020, 1367) hat das BMF zur bilanzsteuerrechtlichen Beurteilung vereinnahmter und verausgabter Pfandgelder unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 9.1.2013 (I R 33/11, BStBl II 2019, 150) Stellung genommen (s.a. Anmerkung vom 20.1.2021, LEXinform 0889982).
Mit Schreiben vom 20.10.2014 (BStBl I 2014, 1372) nimmt das BMF zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen Stellung. Das BMF hat dabei die Ausführungen zur Überlassung von Transportbehältnissen gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld in Abschn. I des BMF-Schreibens vom 5.11.2013 (BStBl I 2013, 1386) überarbeitet und die Abschn. 3.10 Abs. 5a und 10.1 Abs. 8 UStAE geändert (s.a. Anmerkung vom 28.10.2014, LEXinform 0652496).
Die nachfolgende Übersicht fasst das BMF-Schreiben vom 20.10.2014 (BStBl I 2014, 1372) zusammen.
Transportbehältnisse: |
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Transporthilfsmittel |
Warenumschließung |
Transporthilfsmittel dienen grundsätzlich der Vereinfachung des Warentransports und der Lagerung. Transporthilfsmittel sind z.B. Getränke-Paletten, Kisten (z.B. Ernteboxen), Steigen und Container für Blumen, Obst und Gemüse, Rollcontainer, Fleischkästen, Fischtransportkisten, Boxen für Kartoffeln und Zwiebeln, Quattro-Boxen etc. Diesen Transporthilfsmitteln ist gemeinsam, dass sie für logistische Aktivitäten innerhalb des Unternehmens, aber auch beim Durchlaufen von Handelsstufen, an denen mehrere Unternehmer beteiligt sind (Hersteller – Großhändler – Einzelhändler), eingesetzt werden. Sie werden grundsätzlich nicht an den Endverbraucher geliefert. |
Es liegen lediglich Warenumschließungen vor, wenn aufgrund der Eigenart einer Ware eine bestimmte Umschließung erforderlich ist, um diese für den Endverbraucher verkaufs- und absatzfähig zu machen. Hierbei handelt es sich überwiegend um innere und äußere Behältnisse, Aufmachungen, Umhüllungen und Unterlagen, welche für die Lieferbarkeit von Waren an den Endverbraucher notwendig (z.B. Flaschen) oder üblich (z.B. Getränkekasten) sind oder unabhängig von ihrer Verwendung als Verpackung keinen dauernden selbstständigen Gebrauchswert haben. Ob der Gebrauchswert geringfügig ist oder nicht, ist ohne Bedeutung. |
Die Hingabe gegen Pfandgeld ist als eigenständige Lieferung zu beurteilen (Abschn. 3.10 Abs. 5a Satz 1 UStAE), die dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG unterliegt. |
Warenumschließungen teilen stets das Schicksal der Hauptleistung (Abschn. 3.10 Abs. 5a Satz 2 UStAE) und unterliegen den steuerlichen Regelungen der eigentlichen Hauptleistung. |
Bei Rückgabe und Rückzahlung des Pfandgeldes liegen sowohl bei Transporthilfsmitteln als auch bei Warenumschließungen Entgeltminderungen vor (Abschn. 3.10 Abs. 5a Satz 3 UStAE). |
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Die Entgeltminderung entfällt auf den Regelsteuersatz der Lieferung des Transporthilfsmittels. |
Die Entgeltminderung muss dem für die vorherige Hauptleistung geltenden Steuersatz zugeordnet werden. Beachte Abschn. 10.1 Abs. 8 Satz 5 Nr. 1 Satz 10 UStAE. |
Zum Berichtigungsverfahren nach § 17 Abs. 1 UStG s. Abschn. 10.1 Abs. 8 UStAE). |
Die Einordnung des Transportbehältnisses anhand der oben dargestellten Abgrenzungskriterien hat auf allen Handelsstufen (Pfandbetreiber – Hersteller – Großhändler – Einzelhändler) einheitlich zu erfolgen. Wird danach das Transportbehältnis als Transporthilfsmittel eingeordnet und dieses gegen ein Pfandgeld überlassen, handelt es sich bei der Hingabe um eine entgeltliche Lieferung. Eine spätere Umqualifizierung in der Lieferkette als (unselbstständige) Warenumschließung oder umgekehrt findet nicht statt. Dem steht nicht entgegen, dass das Transporthilfsmittel beispielsweise in der ersten Stufe gegen ein Pfandgeld (entgeltliche Lieferung) überlassen und in einer späteren Stufe der Lieferkette in ein Tauschsystem integriert wird und somit den in Tz. II des BMF-Schreibens vom 5.11.2013 (BStBl I 2013, 1386) aufgeführten Regelungen unterliegt (Abschn. 3.10 Abs. 5 Satz 5 i.V.m. Abschn. 3.5 Abs. 3 Nr. 18 UStAE).
Erfolgt die Überlassung von Transporthilfsmitteln im Rahmen reiner Tauschsysteme, gelten die in Tz. II des BMF-Schreibens vom 5.11.2013 (BStBl I 2013, 1386) dargestellten Grundsätze weiter (BMF vom 20.10.2014, BStBl I 2014, 1372 unter Tz. II sowie Abschn. 3.5 Abs. 3 Nr. 18 UStAE).
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Tauschs und der Reparatur im Rahmen des Epal-Paletten-Tauschsystems nimmt die OFD Frankfurt mit Vfg. vom 12.3.2010 (S 7119 A – 008 – St 110, UR 2010, 784, LEXinform 5232835) Stellung.
Im Logistik-, Transport- und Lagerungsgewerbe haben Europoolpaletten (auch als Europalette, Euroflachpalette oder Flachpalette bezeichnet) weite Verbreitung gefunden. Diese werden von lizenzierten Betrieben nach vorgegebenen Kriterien hergestellt und haben einen Neuwert von bis zu 25 €.
Die European Pallet Association (Epal) hat mit dem Europäischen Paletten-Pool ein Tauschsystem entwickelt, bei dem Versender/Verlader die von ihnen beladenen Europaletten dem Empfänger überlassen und von diesem andere Paletten gleicher Art und Güte zurückerhalten, ohne dass eine Abrechnung oder buchmäßige Erfassung erfolgt. Der Tausch vollzieht sich dabei entweder Palette für Palette (sog. »Kölner Palettentausch« oder über auszugleichende Palettenkonten, die gesondert geführt werden (sog. »Bonner Palettentausch«).
Nach herrschender Meinung liegt dem Palettentausch zivilrechtlich ein Sachdarlehensvertrag nach § 607 BGB zugrunde. Umsatzsteuerrechtlich stellt die Gewährung eines Sachdarlehens keine Lieferung und Rücklieferung, sondern eine sonstige Leistung dar, die in der Nutzungsüberlassung des Sachwertes vom Darlehensgeber an den Darlehensnehmer besteht (vgl. BFH Urteil vom 14.7.1966, V 16/64, BStBl III 1966, 615). Erhebt der Darlehensgeber für die Nutzungsüberlassung ein Entgelt, ist der Vorgang grundsätzlich steuerbar und regelmäßig auch steuerpflichtig. Gleiches gilt, wenn ein Entgelt für die Palettenabwicklung (sog. »Handling«), z.B. eine Palettentauschgebühr, in Rechnung gestellt wird. Sofern der Palettentausch zwischen Versender, Verlader und Empfänger im Rahmen von Palettentauschsystemen unentgeltlich erfolgt, ist die darin liegende Nutzungsüberlassung nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar. Es liegt in diesen Fällen auch keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG vor, weil die Nutzungsüberlassung aus unternehmerischen Gründen erfolgt.
Werden die Paletten dem Darlehensnehmer im Rahmen des Sachdarlehensverhältnisses entgeltlich im Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zur Nutzung überlassen, steht dem leistenden Unternehmer unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung, Herstellung und Reparatur der Paletten zu.
Werden die Paletten im Rahmen des Sachdarlehensverhältnisses hingegen unentgeltlich überlassen, ist für den Vorsteuerabzug des leistenden Unternehmers dessen unternehmerische Gesamttätigkeit entscheidend (Abschnitt 15.15 Abs. 1 Satz 2 UStAE).
Kommt der Darlehensnehmer seiner vertraglichen Verpflichtung zur Rückgabe von Paletten gleicher Art, Güte und Menge nicht nach (§ 607 BGB), weil z.B. Paletten durch Diebstahl, nicht mehr reparierbaren Defekt oder aus anderen Gründen aus dem Tauschsystem ausgeschieden sind, ist er nach den §§ 280 ff. BGB gegenüber dem Darlehensgeber zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet. Zahlungen in Erfüllung dieser Verpflichtung sind kein Entgelt für eine steuerbare Leistung des geschädigten Darlehensgebers, sondern echter Schadensersatz. Das gilt auch für den Ausgleich von Palettenkonten, auf denen der jeweilige Saldo zwischen erhaltenen und zurückgewährten Paletten auf Basis von Aufzeichnungen ermittelt und in Geld ausgeglichen wird.
Hiervon abzugrenzen sind jedoch Sachverhalte, bei denen kein Fall einer Leistungsstörung vorliegt. So ist auch weiterhin von einem Leistungsaustauschverhältnis auszugehen, wenn der Darlehensgeber im Nachhinein auf eine Rückgabe gegen Ausgleichzahlung im gegenseitigen Einvernehmen verzichtet. Der Charakter eines Sachdarlehens bleibt grundsätzlich hiervon unberührt. Vielmehr schließt sich der Darlehensgewährung die entgeltliche Palettenlieferung an den (ursprünglichen) Darlehensnehmer an.
Verbrauchte, nicht mehr tauschfähige Europaletten können – soweit noch möglich – bei eingetragenen und von der EPAL lizenzierten Betrieben repariert werden. Anschließend werden diese Europaletten wieder dem Tauschsystem zugeführt. Hierzu hat die Epal ein Reparatur-Tauschprogramm eingeführt, in dessen Rahmen (bis zu) drei defekte Europaletten gegen eine reparierte kostenfrei eingetauscht werden können. Den Reparaturaufwand finanzieren die Reparaturbetriebe über den Verkauf der hereingenommenen defekten Europaletten nach deren Reparatur.
Werden defekte Paletten gegen reparierte und damit einsatz- und tauschfähige Paletten eingetauscht, liegt ein umsatzsteuerrechtlicher Leistungsaustausch in Form eines Tausches nach § 3 Abs. 12 Satz 1 UStG vor. Dies gilt auch dann, wenn Leistung und Gegenleistung zu unterschiedlichen Zeitpunkten erbracht werden.
Beispiel:
Unternehmer U übergibt dem Reparaturbetrieb am 15.12.01 sechs defekte Paletten (Lieferung 1). U bekommt am 5.1.02 vom Reparaturbetrieb zwei reparierte Paletten zurück (Lieferung 2).
Lösung:
Es liegt ein Tauschgeschäft i.S.d. § 3 Abs. 12 Satz 1 UStG vor, bei dem der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz gilt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Der Wert des anderen Umsatzes wird durch den subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene und in Geld ausdrückbare Gegenleistung bestimmt (Abschn. 10.5 Abs. 1 UStAE). Dieser Wert kann aus Vereinfachungsgründen für beide Lieferungen mit dem gemeinen Wert der reparierten Paletten geschätzt werden.
Berechnen beide Unternehmer ihre Steuer nach vereinbarten Entgelten, entsteht die Steuer für beide Lieferungen grundsätzlich mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Lieferung jeweils ausgeführt wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG). Im Rahmen des Tauschgeschäftes gilt jedoch Lieferung 1 als Anzahlung für Lieferung 2 i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG, sodass die Steuer für beide Lieferungen mit Ablauf des 31.12.01 entsteht.
Beachte:
Einwegverpackungen und Einwegtransporthilfsmittel (wie z.B. Kartonagen), in denen die Waren transportiert werden und für die der Händler ggf. ein Entgelt zahlen muss, fallen nicht unter die oben erläuterten Regelungen des BMF-Schreibens vom 5.11.2013. Diese Behältnisse sind nicht dazu bestimmt, zum Endabnehmer zu gelangen. Sie werden nach Gebrauch oft der Papierverwertung zugeführt und können nicht zurückgegeben werden. Die Lieferung dieser Behältnisse ist als Nebenleistung zur Lieferung der Waren zu qualifizieren (s.a. Vfg. der OFD Frankfurt vom 10.7.2014, S 7200 A – 2 – St 111, LEXinform 5235130).
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Wärme- und Kältenetzförderung sowie der Wärme- und Kältenetzspeicherförderung nach dem Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) nimmt das BMF-Schreiben vom 26.3.2013 (BStBl I 2013, 450) Stellung. Das BMF-Schreiben erläutert zunächst unter den Gliederungspunkten I und II die Förderung des Neu- und Ausbaus von Wärme- und Kältenetzen sowie die Förderung des Neu- und Ausbaus von Wärme- und Kältespeichern und fügt dann im Gliederungspunkt III in Abschn. 1.7 UStAE einen neuen Abs. 3 an, der die umsatzsteuerrechtliche Förderung regelt.
Bei den nach den §§ 5a und 5b KWKG gewährten Zuschüssen der Netzbetreiber an die Wärme- und Kältenetzbetreiber handelt es sich um echte Zuschüsse (s.a. Abschn. 1.7 Abs. 3 UStAE).
Gewährt eine Stadt aus den eingenommenen Geldern für Parkplatzablösungen einen Zuschuss an eine Umlandgemeinde für die Herstellung zusätzlicher Parkeinrichtungen, liegt ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch vor (Urteil FG Hessen vom 9.5.2006, 6 K 2462/01, LEXinform 5003587, rkr.). S.a. die Vfg. der OFD Frankfurt vom 9.12.2014 (S 7100 A – 269 – St 110, UR 2015, 365, LEXinform 5235392).
Mit Urteil vom 22.6.2016 (C-11/15, UR 2016, 632, LEXinform 5214138) hat der EuGH entschieden, dass zwischen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt und den Schuldnern der Rundfunkgebühr kein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, noch besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser öffentlichen Rundfunkdienstleistung und der Gebühr. Die Entscheidung ist im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Tschechischen Republik und dem tschechischen Rundfunk ergangen.
Im Rahmen der Erbringung dieser Dienstleistung sind die Rundfunkanstalt und die Schuldner der Rundfunkgebühren weder durch eine vertragliche Beziehung oder Vereinbarung über einen Preis oder einen Gegenwert noch durch eine rechtliche Verpflichtung verbunden, die die eine mit der anderen Seite freiwillig eingegangen ist. Im Übrigen ergibt sich die Verpflichtung zur Entrichtung der Rundfunkgebühr nicht aus der Erbringung einer Dienstleistung, deren unmittelbaren Gegenwert sie darstellte, da diese Verpflichtung nicht an die Nutzung der von der Rundfunkanstalt erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung durch die Personen, die dieser Verpflichtung unterliegen, gebunden ist, sondern allein an den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts, und das ungeachtet der Art und Weise, in der dieses genutzt wird.
Zudem ist festzustellen, dass der Zugang zu der von der Rundfunkanstalt erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung frei ist und sie in keiner Weise von der Entrichtung der Rundfunkgebühr abhängt.
Der EuGH hat durch Urteil vom 10.11.2016 (C-432/15, UR 2016, 913, LEXinform 0651500) entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb (dort: Pferderennen) keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer (dort: die Eigentümer der Pferde) mit einer erfolgreichen Platzierung ein – sei es auch ein im Voraus festgelegtes – Preisgeld erhalten; denn die Ungewissheit einer Zahlung sei geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben. Der EuGH führt zur Begründung aus, in einem Fall, in dem für die Teilnahme an einem Wettbewerb weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass für die (bloße) Teilnahme eine tatsächliche Gegenleistung erbracht werde.
Die Teilnahme an einem Pferderennen ist nicht umsatzsteuerbar, wenn dem Eigentümer der Rennpferde lediglich ein platzierungsabhängiges Preisgeld gezahlt wird. Mit Urteil vom 2.8.2018 (V R 21/16, BStBl II 2019, 339) hat sich der BFH der Rspr. des EuGH angeschlossen, wonach die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) grundsätzlich keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung darstellt. Etwas anderes gilt lediglich, wenn für die Teilnahme ein Antrittsgeld oder eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird (BFH Pressemitteilung Nr. 65/2018 vom 5.12.2018, LEXinform 0449033).
Beachte:
Zahlt der Turnierveranstalter Preisgelder, Antrittsgelder o.Ä., geschieht dies nach den einschlägigen Leistungsprüfungsordnungen im Hinblick auf einen Anspruch des Eigentümers, nicht des Reiters.
Das EuGH-Urteil vom 10.11.2016 (C-432/15, UR 2016, 913) und ähnliche bzw. weiterführende Rechtsprechung betreffen nur das Leistungsverhältnis Pferdeeigentümer/Turnierveranstalter. Hat der Turnierveranstalter ausschließlich ein platzierungsabhängiges Preisgeld gezahlt, welchem nach der EuGH-Entscheidung und der neueren BFH-Rspr. keine steuerbare Leistung zugrunde liegt, betrifft auch dies nur das Verhältnis Pferdeeigentümer/Turnierveranstalter.
Nach dem BFH-Urteil vom 10.6.2020 (XI R 25/18, BFH/NV 2020, 1388, LEXinform 0952229) liegt eine Leistung gegen Entgelt aber ebenfalls nicht vor, wenn der Pferdeeigentümer das Pferd dem Reitstallbetreiber überlässt, der damit ein Rennen bestreitet und lediglich im Erfolgsfall vom Eigentümer einen Teil des Preisgeldes erhält (s.a. Anmerkung vom 14.10.2020, LEXinform 0889788).
Mit Urteil vom 19.9.2019 (5 K 2510/18, LEXinform 5022521, Revision eingelegt, Az. BFH: V R 40/20, LEXinform 4239141) gelangt das FG Münster zu einer anderslautenden Entscheidung als der BFH in seinem Urteil vom 10.6.2020 (XI R 25/18, BFH/NV 2020, 1388, LEXinform 0952229).
Den Einnahmen des Klägers aus abgetretenen Turniergewinnen, die er wegen der Teilnahme an in- und ausländischen Turnieren mit fremden Pferden erzielte, liegen vollumfänglich steuerbare und stpfl. Umsätze zugrunde. Sie stellen das Entgelt für an die jeweiligen Pferdeeigentümer erbrachte steuerbare und stpfl. sonstige, einheitliche Leistungen des Klägers, welche dem Regelsteuersatz unterliegen, dar.
Im Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG Münster vom 19.9.2019 (5 K 2510/18, LEXinform 5022521) hat der V. Senat des BFH das Verfahren ausgesetzt und mit Beschluss vom 27.7.2021 (V R 40/20, BFH/NV 2022, 92, LEXinform 4239141) dem EuGH zur Turnierteilnahme mit fremden Pferden folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az. C-713/21, LEXinform 0953059):
»Erbringt der Inhaber eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde an den Pferdeeigentümer eine einheitliche Leistung, die aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden besteht, auch insoweit gegen Entgelt, als der Pferdeeigentümer diese Leistung durch hälftige Abtretung des ihm bei einer erfolgreichen Turnierteilnahme zustehenden Anspruchs auf Preisgeld vergütet?«. S. die ausführlichen Erläuterungen zu der angeführten Rspr. unter → Leistungsaustausch unter dem Gliederungspunkt »Fehlender Leistungsaustausch« und dort »Preisgelder«.
Nach dem BFH-Urteil vom 30.8.2017 (XI R 37/14, BFH/NV 2017, 1689, LEXinform 0950192) erbringt ein »Berufspokerspieler« keine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustausches »gegen Entgelt« i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, wenn er an Spielen fremder Veranstalter teilnimmt und ausschließlich im Falle der erfolgreichen Teilnahme Preisgelder oder Spielgewinne erhält. Zwischen der bloßen Teilnahme am Kartenspiel und dem im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeld oder Gewinn fehlt dann der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 66/2017 vom 25.10.2017, LEXinform 0447292).
Hinweis:
Die Teilnahme an einem Pokerspiel ist jedoch eine im Rahmen eines Leistungsaustausches gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung unabhängige Vergütung zahlt. In einem solchen Fall ist die vom Veranstalter geleistete Zahlung die tatsächliche Gegenleistung für die vom Spieler erbrachte Dienstleistung, an dem Pokerspiel teilzunehmen.
Mit Schreiben vom 27.5.2019 (BStBl I 2019, 512) nimmt das BMF Stellung zu den Grundsätzen der BFH-Urteile vom 30.8.2017 (XI R 37/14, BStBl II 2019, 336) und vom 2.8.2018 (V R 21/16, BStBl II 2019, 339). Danach erfolgt die Teilnahme an Turnieren zur Erzielung von platzierungsabhängigen Preisgeldern nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschs. Abschn. 1.1 UStAE wird entsprechend ergänzt. Nach Abschn. 1.1 Abs. 23 werden die Abs. 24 und 25 UStAE eingefügt.
Zur Behandlung der Preisgelder s.a. die Erläuterungen unter → Leistungsaustausch.
Der Mehrwertsteuer-Ausschuss hat Leitlinien zu den Bedingungen für das Vorliegen eines steuerbaren Umsatzes bei Bereitstellung von Internet-Diensten im Austausch für Nutzerdaten veröffentlicht (EU-Kommission vom 30.11.2018, taxud.c.1(2019)3722302-967, UR 2019, 575).
Erteilt eine Person einem Stpfl. die Erlaubnis zur Nutzung ihrer personenbezogenen Daten, um ohne finanzielle Gegenleistung Zugang zu IT-Diensten dieses Stpfl. zu erhalten, so ist der MwSt-Ausschuss einstimmig der Auffassung, dass die Bereitstellung von Daten durch diese Person keine wirtschaftliche Tätigkeit und damit keine stpfl. Erbringung von Dienstleistungen darstellt, es sei denn, die Person nutzt für diese Tätigkeit ähnliche personelle oder materielle Ressourcen wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender i.S.v. Art. 9 Abs.1 Unterabs. 2 MwStSystRL.
Erbringt ein Stpfl. für einen Internetnutzer IT-Dienstleistungen ohne finanzielle Gegenleistung im Austausch für die Erlaubnis, die personenbezogenen Daten dieses Nutzers zu verwenden, so ist der MwSt-Ausschuss einstimmig der Auffassung, dass die Erbringung dieser IT-Dienstleistungen keinen mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz darstellt, solange diese Dienstleistungen allen Nutzern des Internets unter denselben Bedingungen – ungeachtet der Menge und der Qualität der von den einzelnen Nutzern gelieferten personenbezogenen Daten – angeboten werden, sodass keine direkte Verbindung zwischen den erbrachten IT-Dienstleistungen und der Gegenleistung in Form der erhaltenen personenbezogenen Daten hergestellt werden kann.
Achtung:
Bitte beachten Sie, dass Leitlinien, die vom MwSt-Ausschuss herausgegeben werden, lediglich die Ansichten eines beratenden Ausschusses wiedergeben. Sie stellen weder eine offizielle Auslegung des Unionsrechts dar, noch stimmt ihnen die Europäische Kommission unbedingt zu. Sie binden weder die Europäische Kommission noch die Mitgliedstaaten, denen es freisteht, sie nicht zu befolgen.
Zur Umsatzbesteuerung bei der Lieferung illegaler Drogen hat das FinMin Mecklenburg-Vorpommern mit Erlass vom 9.3.2021 (S 7100 – 00000 – 2019/13, UR 2021, 607, SIS 21 07 47) Stellung genommen.
Grds. ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 40 AO).
Aufgrund des EuGH-Urteils vom 5.7.1988 (C-269/86; Stößel u.a., Cannabis und Umsatzsteuer, UR 2020, 825) unterliegt jedoch die Lieferung von Waren (wie z.B. illegalen Drogen), deren Einführung in den Wirtschafts- und Handelskreislauf der Gemeinschaft bereits dem Grunde nach völlig ausgeschlossen ist und die nur Anlass zu Strafverfolgungsmaßnahmen geben kann, nicht der Umsatzbesteuerung.
Dies gilt nicht für die Vermittlung von Lieferungen illegaler Waren, bei denen der Handel in allen Mitgliedstaaten einem vollständigen Verkehrsverbot unterliegt.
Mangelt es an Tatbestandsmerkmalen, wenn z.B. eine Lieferung im Ausland bewirkt worden ist, dann ist der Vorgang »nicht steuerbar«.
Steuerbare Umsätze können im weiteren Verlauf »steuerfrei« sein, wenn eine Befreiungsvorschrift der §§ 4–8 UStG in Betracht kommt (→ Steuerbefreiungen gem. § 4 UStG). Ist das nicht der Fall, dann ist der steuerbare Umsatz auch »steuerpflichtig«.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG unterliegt »die Einfuhr von Gegenständen« im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg der USt (→ Einfuhrumsatzsteuer). Zur Verwirklichung eines umsatzsteuerrechtlichen Einfuhrtatbestandes siehe Abschn. 15.8 Abs. 2 UStAE.
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb setzt insbes. voraus, dass an den Erwerber eine Lieferung ausgeführt wird und der Gegenstand dieser Lieferung aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete gelangt (§ 1a UStG; Abschn. 1a Abs. 1 UStAE).
Die → Geschäftsveräußerung im Ganzen stellt unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG einen nicht steuerbaren Umsatz dar (Abschn. 1.5 UStAE).
Die aus Organträger und Organgesellschaften bestehenden – im Inland gelegenen – Unternehmensteile (Abschn. 2.9 Abs. 1 UStAE) sind als ein Unternehmer zu behandeln (s.a. BFH Urteil vom 14.3.2012, XI R 28/09, BFH/NV 2012, 1493, Rz. 24). Die Rechtsfolgen der Organschaft sind nach allgemeiner Auffassung nicht auf Innenleistungen beschränkt, sondern führen dazu, dass dem Organträger die Umsätze seiner Organgesellschaften zugerechnet werden (BFH Urteil vom 29.10.2008, XI R 74/07, BStBl II 2009, 256 unter II.2.d); Unternehmer ist der Organträger (Abschn. 2.8 Abs. 1 Satz 6 UStAE). Auch die Leistungsbezüge der Organgesellschaften für Zwecke des Vorsteuerabzugs sind dem Organträger zuzurechnen; er ist vorsteuerabzugsberechtigt (BFH Urteile vom 3.4. 2003, V R 63/01, BStBl II 2004, 434 unter II.1 und vom 10.11.2010, XI R 25/08, BFH/NV 2011, 839 unter II.1.b aa). Allein der Organträger ist Umsatzsteuersubjekt, das die USt für den Organkreis schuldet (BFH Urteile vom 21.6.2001, V R 68/00, BStBl II 2002, 255 unter II.5.a und vom 28.10.2010, V R 7/10, BStBl II 2011, 391 unter II.1.a bb; Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Stichwort »Organschaft«, Loseblatt).
Hinweis:
Die OFD Frankfurt erläutert mit Vfg. vom 27.10.2021 (S 7279 A – 1 – St 113, DStR 2022, 2978, SIS 21 20 84) Anwendungsfragen zu den Regelungen zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG in bestimmten Fällen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft (→ Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers sowie → Organschaft).
Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Loseblatt; Becker u.a., Zur Umsatzsteuerbarkeit der Geschäftsführung für Personengesellschaften, UR 2009, 701; Sterzinger, Umsatzsteuerliche Behandlung von touristischen Gästekarten-Modellen, UStB 2020, 94.
Redaktioneller Hinweis:
Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.
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