Leistungsaustausch

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei einem Leistungsaustausch handelt es sich um eine Leistung zwischen zwei Personen, die mit einer Gegenleistung (Entgelt) verbunden ist.
  • Das Erbringen einer Leistung ist zwingend notwendig.
  • Unter den handelnden Akteuren muss sich außerdem ein Unternehmer befinden.
  • Die Verhältnismäßigkeit von Leistung und Gegenleistung spielt dabei keine Rolle.

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeiner Überblick
2 Die Voraussetzungen im Einzelnen
2.1 Leistungsbegriff
2.1.1 Grundsätzliches
2.1.2 Zahlungen aus öffentlichen Kassen
2.1.3 Abmahnungen
2.1.3.1 Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
2.1.3.2 Nach dem Urheberrechtsgesetz
2.1.3.3 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen und bei unlauteren Wettbewerbshandlungen
2.2 Leistungsempfänger
2.3 Leistender
2.3.1 Überblick über die Bewirkung der Leistung im Innen- und Außenverhältnis
2.3.2 Handeln als Strohmann
2.3.3 Handeln als Subunternehmer
2.4 Zwei Beteiligte
2.5 Leistung und Gegenleistung
2.6 Wirtschaftliche Verknüpfung
3 Fehlender Leistungsaustausch
3.1 Allgemeines
3.2 Fehlende Leistung
3.2.1 Schadensersatz
3.2.2 Preisgelder
3.3 Zahlungen an Verwertungsgesellschaften und deren Ausschüttungen
3.3.1 Ausschüttungen an Urheber
3.3.1.1 Nationale Regelung bis 31.12.2018
3.3.1.2 EuGH-Rechtsprechung und nationale Regelung ab 1.1.2019
3.3.2 Vergütungsansprüche der Verleger an die Verwertungsgesellschaften
3.3.3 Verwaltungsregelung zur Beurteilung des Verlegeranteils an Einnahmen aus Vergütungsansprüchen und aus Nutzungsrechten
3.3.3.1 Grundsätzliches
3.3.3.2 Gesetzliche Vergütungsansprüche
3.3.3.3 Urheberrechtliche Nutzungsrechte
3.4 Fehlende Gegenleistung
4 Besonderheiten bei Arbeitgeberleistungen an Arbeitnehmer
4.1 Leistungen gegen Entgelt im Leistungsaustausch
4.2 Unentgeltliche Leistungen
4.3 Nicht steuerbare Leistungen
5 Gesellschaftliche Leistungen
6 Vereine
6.1 Sponsoring
6.2 Mitgliedsbeiträge
7 Leistungsaustausch bei Verkaufswettbewerben
7.1 Preisvergaben bei von Herstellern oder Lieferanten zur Absatzsteigerung für Händler durchgeführten Verkaufswettbewerben
7.1.1 Grundsätzliches
7.1.2 Preisvergabe an einen Verkaufsagenten
7.1.3 Gewinn eines Preises durch den Händler aufgrund eines Verkaufswettbewerbs seines Lieferanten.
7.1.4 Preisvergabe an Arbeitnehmer des Händlers aufgrund eines Verkaufswettbewerbs seines Lieferanten
7.2 Verkaufswettbewerbe im Vertrieb von Haushaltsware
8 Leistungsaustausch bei der Ausgabe von Hotelschecks
9 Ökopunkte-Handel
10 Umtausch der virtuellen Währung »Bitcoin« in konventionelle Währung
11 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Leistungen von Börsen
11.1 Allgemeine Grundsätze
11.2 Leistungen einer Börse als »Zentraler Kontrahent«
11.3 Börsenbetreiber als Abwickler und technischer Anbieter im Börsengeschäft
11.4 Börsenbetreiber als technischer Anbieter der IT-Börsenprogramme
11.5 Anwendung des BMF-Schreibens vom 3.5.2021
12 Crowdfunding
12.1 Definition des Crowdfundings
12.2 Mehrwertsteuerliche Behandlung von Crowdfunding
13 Überwachung der Parkfristen auf Kundenparkplätzen
13.1 EuGH-Entscheidung C-90/20
13.2 Zivilrechtliches Vertragsverhältnis
13.3 Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung
14 Literaturhinweise
15 Verwandte Lexikonartikel

1. Allgemeiner Überblick

Eine → Leistung ist nur dann zur USt heranzuziehen, wenn sie im Rahmen des Leistungsaustausches erbracht wird. Danach unterliegen der USt die folgenden Umsätze:

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Ein Leistungsaustausch setzt danach voraus, dass

  • Leistender und Leistungsempfänger vorhanden sind und

  • der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenübersteht (Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE).

Die Zahlung von »Spenden« für eine Tätigkeit als Rechtsbeistand ist ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt, unabhängig davon, wie die Beteiligten die Zahlung bezeichnen (FG Baden-Württemberg vom 12.2.2015, 1 K 1103/13, LEXinform 5017667).

Im Urteilsfall 1 K 1103/13 ist der Kläger als »Rechtsbeistand« tätig, klärt auf, schickt Briefe zurück und lebt von »Spenden«, die ihm für seine Tätigkeiten bezahlt werden. Die Zahlung von »Spenden« für eine Tätigkeit ist ein Entgelt, unabhängig davon, wie die Beteiligten die Zahlung bezeichnen. Wird der Kläger nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen, im Streitfall als »Spenden« bezeichnet, tätig, ist er Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG, unabhängig davon, ob er ein Gewerbe angemeldet hat. Er führt mit seinen »Aufklärungen« Beratungsleistungen, sonstige Leistungen i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG, im Inland gem. § 3a Abs. 1 und 2 UStG und damit steuerbare Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus.

Zum Leistungsaustausch s. auch die Verwaltungsanweisungen in Abschn. 1.1 bis 1.4 UStAE.

Zum Leistungsaustausch gehören somit drei Merkmale:

  1. zwei Personen, der Leistende und der Leistungsempfänger. Dabei muss der Leistende → Unternehmer sein, damit ein steuerbarer Umsatz (→ Steuerbarkeit) entsteht;

  2. eine Leistung und eine Gegenleistung. Fehlt es an einer Gegenleistung, so kann dies zu einer unentgeltlichen Wertabgabe (→ Unentgeltliche Wertabgabe) führen;

  3. eine ursächliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung. Die Gegenleistung muss um der Leistung willen erbracht werden. Daran fehlt es z.B. bei Schadensersatzleistungen (→ Schadensersatz).

Mit Urteil vom 27.11.2008 (V R 8/07, BStBl II 2009, 397) nimmt der BFH ausführlich zu den Grundsätzen eines steuerbaren Leistungsaustauschs Stellung. S.a. BFH Urteil vom 18.12.2008 (V R 38/06, BStBl II 2009, 749) zur Annahme eines Leistungsaustausch bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen (s.u.).

Zu den Voraussetzungen eines Leistungsaustauschs befasst sich der EuGH mit Urteil vom 27.10.2011 (C-93/10, BStBl II 2015, 978; Vorabentscheidungsersuchen des BFH mit Beschluss vom 10.12.2009, V R 18/08, BStBl II 2010, 654) und auch der BFH mit Nachfolgeentscheidung vom 26.1.2012 (V R 18/08, BStBl II 2015, 962). Mehrwertsteuerbare Umsätze setzen eine Vereinbarung zwischen den Parteien über den Preis oder eine Gegenleistung voraus. Beschränkt sich die Tätigkeit des Dienstleistenden ausschließlich darauf, Leistungen ohne unmittelbare Gegenleistung zu erbringen, fehlt es daher an einer Besteuerungsgrundlage und die Leistungen unterliegen nicht der Mehrwertsteuer. Damit handelt es sich bei einer Dienstleistung nur dann um einen steuerbaren Umsatz, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem empfangenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Der EuGH nimmt Bezug zum Urteil vom 26.6.2003 in der Rs. MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring (C-305/01, BStBl II 2004, 688), wo er entschied, dass es als wirtschaftliche Tätigkeit und entgeltliche Dienstleistung anzusehen ist, wenn ein Factor über einen bestimmten Zeitraum einem Kunden gegenüber für die Erfüllung von Forderungen einsteht, indem er z.B. das Ausfallrisiko übernimmt, und für diese Factoringdienstleistungen eine Vergütung, nämlich eine Factoringgebühr und eine Delkrederegebühr, erhält (→ Factoring). Im streitgegenständlichen Verfahren aber erhält der Erwerber der Forderungen vom Veräußerer keine Gegenleistung, sodass er weder eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt noch eine entgeltliche Dienstleistung erbringt. Zwar besteht eine Differenz zwischen Nennwert der Forderungen und dem Kaufpreis, anders als bei der Factoringgebühr und der Delkrederegebühr, stellt diese Differenz aber keine Vergütung dar, mit der unmittelbar eine vom Käufer der veräußerten Forderung erbrachte Dienstleistung entgolten werden soll. Die Differenz spiegelt lediglich den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Übertragung wider, der auf die Zahlungsstörungen und ein erhöhtes Ausfallrisiko der Schuldner zurückzuführen ist.

Nach der MwStSystRL erbringt ein Wirtschaftsteilnehmer, der auf eigenes Risiko zahlungsgestörte Forderungen zu einem unter ihrem Nennwert liegenden Preis kauft, keine entgeltliche Dienstleistung und übt auch keine wirtschaftliche Tätigkeit aus, wenn die Differenz zwischen dem Nennwert dieser Forderungen und deren Kaufpreis den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der betreffenden Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Übertragung widerspiegelt.

Es liegt keine umsatzsteuerpflichtige Leistung vor, wenn ein ArbN mit einem externen Dritten zu Lasten seines ArbG Betrugs- und Untreuehandlungen unter Vortäuschung fiktiver Geschäfte vornimmt. Die jeweiligen Tatbeiträge dienen ausschließlich der Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks, nämlich der Aufteilung der erlangten Gelder und stellen somit keine umsatzsteuerpflichtigen Leistungen gegen Entgelt dar (Hessisches FG vom 16.2.2016, 1 K 2513/12, EFG 2016, 937, LEXinform 5019065, rkr.; Hessisches FG Pressemitteilung vom 9.5.2016, LEXinform 0444436; Anmerkung vom 31.5.2016, LEXinform 0947841).

2. Die Voraussetzungen im Einzelnen

2.1. Leistungsbegriff

2.1.1. Grundsätzliches

Zur Leistung als Teil des Leistungsaustauschs s. die Erläuterungen zu → Leistung. Zum Leistungsaustausch gehört, dass die Leistung ausgeführt wird. Maßgeblich ist die Erfüllung, nicht das Verpflichtungsgeschäft. Der Unternehmer muss die Leistung in der erkennbaren Erwartung auf eine Gegenleistung ausführen. Von diesem Grundsatz macht das UStG in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG eine Ausnahme. Danach entfällt die Steuerbarkeit nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt.

Eine Leistung kann sich auf all das beziehen, was Gegenstand des Rechtsverkehrs sein kann (Abschn. 1.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE). Mit Urteil vom 24.8.2006 (V R 19/05, BStBl II 2007, 187) nimmt der BFH zu den Voraussetzungen eines Leistungsaustauschs Stellung. Danach sind bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrages (§ 320 ff. BGB), durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG regelmäßig erfüllt. Leistungen im Rechtssinne unterliegen aber nur insoweit der USt, als sie auch Leistungen im wirtschaftlichen Sinne sind, d.h. Leistungen, bei denen ein über die reine Entgeltentrichtung hinausgehendes eigenes wirtschaftliches Interesse des Entrichtenden verfolgt wird. Die bloße Entgeltentrichtung, insbes. die Geldzahlung oder Überweisung, ist keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne (Abschn. 1.1 Abs. 3 Satz 2 und 3 UStAE). Zu den Leistungen im wirtschaftlichen Sinne s.a. Abschn. 2.3 Abs. 1 Satz 2 ff. UStAE.

2.1.2. Zahlungen aus öffentlichen Kassen

Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen kann es an einem Leistungsaustausch fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers allgemein – aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen – dient und nicht der Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber ist (s.a. BFH Urteil vom 18.12.2008, V R 38/06, BStBl II 2009, 749). Die Zahlung wird in diesen Fällen zur Förderung des leistenden Unternehmers und nicht im überwiegenden Interesse des Leistungsempfängers geleistet. Auch der Umstand, dass die Zahlungen aus haushaltsrechtlichen Gründen an die Erfüllung der Auflage einer zweckentsprechenden Verwendung oder einer Erfolgskontrolle geknüpft werden (Zweckbestimmung), führt allein nicht zu einem Leistungsaustausch (BFH Urteil vom 28.7.1994, V R 19/92, BStBl II 1995, 86). Anders ist es jedoch, wenn die Zahlungen zur Ausführung bestimmter Leistungen im Interesse des Zahlenden geleistet werden (BFH Urteil vom 27.11.2008, V R 8/07, BStBl II 2009, 397, II.1.c).

Nach dem BFH-Urteil vom 18.12.2019 (XI R 31/17, BFH/NV 2020, 565, LEXinform 0951575) können »Zuschüsse« einer Stadt an einen Fremdenverkehrsverein zu einem Leistungsaustausch führen.

Im Urteilsfall bestand der satzungsmäßige Zweck eines eingetragen Vereins darin, den Fremdenverkehr in der Stadt X zu fördern und dieser dadurch zu dienen sowie nützlich zu sein. Es kam u.a. zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen der Stadt X und dem Verein. Dieser übernahm danach für die Stadt X im Einzelnen definierte Aufgaben und Dienstleistungen im Bereich Stadtmarketing, Kongress und Touristik. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt X u.a., einen jährlichen »Sachkostenzuschuss« i.H.v. ca. 225 000 € (Bruttobetrag) und einen jährlichen »Miet- und Mietnebenkostenzuschuss« i.H.v. 45 000 € (Bruttobetrag) zu zahlen.

Der BFH sah die Voraussetzungen für einen stpfl. Leistungsaustausch als erfüllt an. Eine Leistung gegen Entgelt ist nach ständiger Rspr. des EuGH und BFH gegeben, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet. Ob das Entgelt dem Wert der Leistung entspricht, ist unerheblich (BFH XI R 31/17, Rz. 13; s.a. BFH vom 10.8.2016, XI R 41/14, BStBl II 2017, 590, Rz. 32 und vom 22.2.2017, XI R 17/15, BStBl II 2017, 812, Rz. 22).

Von einem Leistungsaustausch ist grundsätzlich auszugehen, wenn es sich – wie im Urteilsfall XI R 31/17 – um Leistungen handelt, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben (BFH vom 10.8.2016, XI R 41/14, BStBl II 2017, 590, Rz. 33). Dieser Grundsatz gilt auch, wenn der leistende Unternehmer – wie der Verein – aufgrund eines Vertrags zwischen ihm und einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gegen Entgelt bestimmte öffentliche Aufgaben wahrnimmt.

Eine Leistung gegen Entgelt liegt dagegen nicht vor, wenn ein »Zuschuss« lediglich der Förderung des Zahlungsempfängers im allgemeinen Interesse dient und nicht Gegenwert für eine steuerbare Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber sein soll (BFH XI R 31/17, Rz. 14).

Für die Annahme eines Leistungsaustauschs ist die Bezeichnung der Zuwendung – z.B. als Zuschuss – ohne Bedeutung. Erfolgen Zahlungen nicht nach Maßgabe individueller Leistungen, sondern pauschal und auf jährlicher Basis zur Deckung der Betriebskosten, steht dies nicht zwangsläufig der Annahme eines unmittelbareren Zusammenhangs im Sinne eines Leistungsaustauschs entgegen. Unbeachtlich ist es auch, wenn ein gemeinnütziger Unternehmer mit dem Leistungsaustausch Satzungszwecke verwirklichen will oder die Allgemeinheit Vorteile aus den Leistungen ziehen soll. Im Urteilsfall XI R 31/17 war auch ein individueller Leistungsempfänger – die Stadt X – vorhanden, der aus den Leistungen einen Vorteil zog. Denn die Stadt X musste die betreffenden Dienstleistungen weder selbst erbringen noch externe Dienstleister damit kostenpflichtig beauftragen (s.a. Anmerkung vom 1.4.2010, LEXinform 0889308).

Hinweis:

Beachte aber die Entscheidung des FG Köln vom 21.11.2012 (4 K 526/11, EFG 2013, 888, LEXinform 5014902, rkr.) zu der Frage der Umsatzsteuerpflicht eines durch eine städtische Behörde an einen Fremdenverkehrsverein gezahlten Betriebskostenzuschusses.

Die unternehmerische Tätigkeit des Fremdenverkehrsvereins wäre den steuerlichen Unterlagen des Vereins zufolge ohne den Betriebskostenzuschuss der Stadt nicht möglich. Nach dem Ergebnis der Verhandlung dienten die Zahlungen der Stadt dazu, dem Verein eine unternehmerische Tätigkeit als solche auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs, des Messe- und Veranstaltungswesens zu ermöglichen und ihn im Hinblick auf die von ihm betriebene – aber nicht kostendeckend durchführbare – Förderung der vorgenannten Bereiche am Markt zu halten. Demzufolge fehlt es nach Rechtsprechung des EuGH und BFH für einen steuerbaren Umsatz am notwendigen Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt. Der Zuschuss wird in diesen Fällen zur Förderung des leistenden Unternehmers und nicht im überwiegenden Interesse des Leistungsempfängers gezahlt.

2.1.3. Abmahnungen

2.1.3.1. Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern als Aufwendungsersatz aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Wettbewerbern – und nicht als nicht steuerbare Schadensersatzzahlungen – zu qualifizieren (BFH Urteil vom 21.12.2016, XI R 27/14, BStBl II 2021, 779). Mit den Abmahnungen hat der Unternehmer seinen Mitbewerbern einen Weg gewiesen, ihn als Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen und ihnen hiermit einen konkreten Vorteil verschafft, der zu einem Verbrauch i.S.d. gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führte (→ Schadensersatz).

2.1.3.2. Nach dem Urheberrechtsgesetz

Der BFH hat durch Urteil vom 13.2.2019 (XI R 1/17, BStBl II 2021, 785) entschieden, dass Zahlungen, die an einen Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs geleistet werden, umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren sind. Auf welche nationale zivilrechtliche Grundlage der Zahlungsanspruch gestützt wird, spielt für die Frage, ob ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vorliegt, keine Rolle. Gegenleistung für die Abmahnleistung ist der vom Rechtsverletzer gezahlte Betrag.

Abmahnungen sind als Leistungen im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Abmahner und den von ihm abgemahnten Personen zu qualifizieren. Die Abmahnung erfolgt zumindest auch im Interesse des jeweiligen Rechtsverletzers, weil er die Möglichkeit erhält, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Dies ist als umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen. Für das Ergebnis ist es unerheblich, dass im Zeitpunkt der Abmahnung nicht sicher feststeht, ob die Abmahnung erfolgreich sein wird. Auch wenn ungewiss ist, ob die abgemahnte Person ein Rechtsverletzer ist und zahlen wird, besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abmahnung als sonstige Leistung und der dafür erhaltenen Zahlung.

Damit überträgt der BFH seine ständige Rechtsprechung zu Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf Abmahnungen nach dem Urheberrechtsgesetz (BFH Pressemitteilung Nr. 28/2019 vom 8.5.2019, LEXinform 0449738).

2.1.3.3. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen und bei unlauteren Wettbewerbshandlungen

Das BMF-Schreiben vom 1.10.2021 (BStBl I 2021, 1859) greift die o.a. Rspr. des BFH (BFH vom 21.12.2016, XI R 27/14 und vom 13.2.2019, XI R 1/17) auf und bezieht Stellung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen und bei unlauteren Wettbewerbshandlungen. Das BMF bezieht dabei Stellung zu folgenden Punkten:

  • Leistung: Die Leistung des Abmahnenden besteht darin, dass der Abgemahnte mit der Abmahnung nicht nur die Gelegenheit erhält, möglichst kostengünstig Geldansprüche des Abmahnenden zu befriedigen, sondern ihm werden (möglicherweise erstmals) der Rechtsverstoß zur Kenntnis gebracht und die notwendigen Informationen gegeben, um durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung den (nicht auf Geld gerichteten) Unterlassungsanspruch zu erfüllen. Außerdem wird mit der auf Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gerichteten Abmahnung weder eine Urheberrechtsverletzung, eine unlautere Wettbewerbshandlung noch ein Schaden ausgeglichen, sondern dem Rechtsverletzer aufgrund der Warn-, Streitbeilegungs- und Kostenvermeidungswirkung der Abmahnung ein Vorteil zugewendet. Er kann auf diese Weise einen Prozess vermeiden (Abschn. 1.3 Abs. 16a Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2021, BStBl I 2021, 1859).

  • Leistungszeitpunkt. Das ist der Fall, wenn dem Abgemahnten ein wirtschaftlicher Vorteil zugewandt wird. Zeitpunkt der Leistung ist der Zugang der Abmahnung bei dem Abgemahnten. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn der Stpfl. die Besteuerung für die Abmahnleistung in demjenigen Voranmeldungszeitraum vornimmt, in dem die Abmahnung an den Abgemahnten abgesendet wurde. Bestreitet der Abgemahnte substantiiert die Rechtsverletzung, hat der Abmahnende den Steuerbetrag im Besteuerungszeitraum, in dem die Abmahnung bestritten wird, zu berichtigen (Abschn. 13.1 Abs. 7 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2021, BStBl I 2021, 1859).

  • Bemessungsgrundlage. Zum steuerbaren Entgelt für die Leistung des Abmahnenden gehören alle hierfür erhaltenen Zahlungen, d.h. auch der Ersatz von Ermittlungskosten zur Identifizierung des Rechtsverletzers (z.B. Gerichtskosten des richterlichen Gestattungsverfahrens sowie Kosten für die Auskunftserteilung durch den Internetprovider) (Abschn. 1.3 Abs. 16a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2021, BStBl I 2021, 1859).

    In der Abmahnung sind die geltend gemachten Zahlungsansprüche in Schadensersatz und Aufwendungsersatz aufzuschlüsseln. Unterbleibt diese Aufteilung, ist der Gesamtbetrag als Aufwendungsersatz und damit als Entgelt der steuerbaren Abmahnleistung zu behandeln.

  • Steuersatz: Die Abmahnleistung unterliegt nach § 12 Abs. 1 UStG dem allgemeinen Steuersatz.

  • Unberechtigter Steuersatz: Erfolgt die Zusendung einer Abmahnung an einen potenziellen Rechtsverletzer nicht aufgrund eines berechtigten Anspruchs (unberechtigte Abmahnung) und erteilt der Abmahnende hierüber eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, liegt ein unberechtigter Steuerausweis gem. § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG vor. Der Abmahnende schuldet bis zur Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens den ausgewiesenen Steuerbetrag (Abschn. 1.3 Abs. 16a Satz 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2021, BStBl I 2021, 1859).

  • Nichtbeanstandungsregelung: Es wird nicht beanstandet, wenn die Beteiligten bei der Zahlung für vor dem 1. November 2021 durchgeführte Abmahnleistungen übereinstimmend, d.h. auch hinsichtlich eines Vorsteuerabzugs beim Abgemahnten, von einem nicht steuerpflichtigen Entgelt ausgehen.

Das BMF ergänzt Abschn. 1.3 UStAE um einen neuen Abs. 16a und Abschn. 13.1 UStAE um einen neuen Abs. 7.

Zur Erstattungsfähigkeit der USt bei Abmahnkosten hat der BGH mit Beschluss vom 21.1.2021 (I ZR 87/20, LEXinform 4228863) Stellung genommen. Im Entscheidungsfall hatte der Kläger Abmahnkosten i.H.v. 1 752,90 € zzgl. 19 % USt = 333,05 € geltend gemacht. Die Vorinstanz hatte die USt nicht als erstattungsfähig angesehen.

Zunächst stellt der BGFH in Rz. 10 seines Beschlusses fest, dass die o.g. Rspr. des BFH, die sich konkret nur auf das Wettbewerbs- und das Urheberrecht bezieht, auf den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes auszudehnen ist und findet insbes. auch im Kennzeichenrecht Anwendung.

Als Folge der BFH-Rspr. müssen als künftig zwei Rechnungen geschrieben werden (Rz. 12 des BGH-Beschlusses): Die Rechtsanwältin, die den Rechtsverletzer im Auftrag des Rechtsinhabers abgemahnt hat, rechnet in eigenem Namen gegenüber dem Rechtsinhaber ab. Dieser rechnet sodann über seine eigene Leistung (»Vermeidung eines Gerichtsverfahrens«) gegenüber dem Abgemahnten ab. Die Rechnung weist dabei regelmäßig den Nettobetrag der anwaltlichen Rechnung zzgl. USt aus. Die in der Rechnung an den Abgemahnten ausgewiesene USt muss der Rechtsinhaber an das FA abführen; er kann aber die in der Rechnung seiner Bevollmächtigten enthaltene USt im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen.

Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf einerseits im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (→ Schadensersatz).

Diese Grundsätze finden unmittelbar zwar nur im Schadensersatzrecht Anwendung. Der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung muss jedoch auch im Entscheidungsfall beachtet werden. So wie der Geschädigte durch eine Schadensersatzleistung nicht bessergestellt werden soll, als wenn das zum Ersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre, so soll auch derjenige, der Ersatz der ihm entstandenen Aufwendungen verlangen kann, durch den Aufwendungsersatz keinen Vorteil erlangen.

Die Voraussetzungen einer Vorteilsausgleichung liegen im Entscheidungsfall nicht vor. Insbesondere wird die Klägerin nicht bessergestellt, wenn der Beklagte ihr die USt zu erstatten hat. Die Klägerin ist zwar vorsteuerabzugsberechtigt. Das führt aber lediglich dazu, dass sie die an ihre anwaltlichen Bevollmächtigten gezahlte USt im Rahmen des Vorsteuerabzugs gegenüber dem FA geltend machen kann. Die vom Beklagten an sie zu zahlende USt muss die Klägerin dagegen an das FA abführen, sodass sie insoweit keinen Vorteil hat, insbes. die USt nicht zweimal zurückerstattet bekommt. Ist der Beklagte ebenfalls vorsteuerabzugsberechtigt, kann er die von ihm – aufgrund einer die USt ausweisenden Rechnung – an die Klägerin gezahlte USt im Rahmen des Vorsteuerabzugs gegenüber dem FA ebenfalls geltend machen. Es sind mithin zwei steuerbare Leistungen zu unterscheiden: »Anwalt – Klägerin/Rechtsinhaber« einerseits und »Klägerin/Rechtsinhaber – Beklagter/Abgemahnter« andererseits.

Der Fall der Abmahnkostenerstattung unterscheidet sich insoweit vom typischen schadensersatzrechtlichen Fall der Beschädigung einer Sache, für deren Reparatur dem Geschädigten eine Rechnung inklusive USt gestellt wird. Ist der Geschädigte in einem derartigen Fall vorsteuerabzugsberechtigt, kann er vom Schädiger nur den Nettobetrag verlangen, weil ihm das FA die gezahlte USt erstattet (→ Schadensersatz).

2.2. Leistungsempfänger

Ein Leistungsaustausch setzt u.a. voraus, dass Leistender und Leistungsempfänger vorhanden sind (Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Das Wort Austausch deutet darauf hin, dass Leistender und Leistungsempfänger nicht identisch sein dürfen, sonst liegt ein Innenumsatz vor. Vielmehr muss eine »andere Person« vorhanden sein, der das Rechtsgut zugewendet wird. Personen sind dabei alle Gebilde, die fähig sind, im Wirtschaftsleben Leistungen zu bewirken oder zu empfangen. Das sind nicht nur natürliche und juristische Personen, sondern auch andere Gebilde, z.B. Personengesellschaften und Vereinigungen jeder Art. Nur der Leistende muss Unternehmer sein, damit ein steuerbarer Umsatz entsteht, nicht auch der Leistungsempfänger.

Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein (BFH Urteil vom 27.11.2008, V R 8/07, BStBl II 2009, 397, II.1.c). Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch i.S.d. gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.

Zu den Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen s. Abschn. 1.1 Abs. 2 UStAE sowie → Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO.

2.3. Leistender

2.3.1. Überblick über die Bewirkung der Leistung im Innen- und Außenverhältnis

Voraussetzung für die Steuerbarkeit des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist, dass der Leistende ein → Unternehmer ist, der im Inland Umsätze gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Zum Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft s. Abschn. 2.6 UStAE sowie → Unternehmer. Der Leistende i.S.d. UStG ergibt sich im Allgemeinen aus den zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen. Wer gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt, wird auch zivilrechtlich und umsatzsteuerrechtlich Leistender sein.

Der Leistende kann einen Leistungsaustausch wie folgt bewirken:

  1. Handeln im eigenen Namen auf eigene Rechnung (s.a. Abschn. 3.7 UStAE):

    Es handelt sich um ein Eigengeschäft.

    Mit Urteil vom 15.3.2012 (XI R 16/10, BStBl II 2013, 49) hat der BFH entschieden, dass ein Unternehmer, der über seine Internetseite den Nutzern die Möglichkeit verschafft, kostenpflichtige erotische oder pornografische Bilder und Videos zu beziehen, auch dann umsatzsteuerrechtlich Leistender ist, wenn der Nutzer hierzu auf Internetseiten anderer Unternehmer weitergeleitet wird, ohne dass dies in eindeutiger Weise kenntlich gemacht wird.

    Die inländische Klägerin betrieb eine Internetseite. Sie verschaffte Nutzern des Internets die Möglichkeit, kostenpflichtige Bilder und Videos mit erotischen oder pornografischen Inhalten anzusehen. Die Nutzer, die die Internetseite der Klägerin aufgerufen hatten, wurden von dort auf die Internetseite eines Unternehmens mit Sitz in Spanien und von dieser auf die Internetseite einer GmbH weitergeleitet, auf der die Bilder und Videos enthalten waren. Das spanische Unternehmen stellte eine gebührenpflichtige Sonderrufnummer nebst Einwahlplattform zur Verfügung, über die Nutzer mit Hilfe eines sog. Webdialers über ihre Telefonrechnungen Gebühren für die bezogenen kostenpflichtigen Internetangebote entrichteten, und kehrte die eingezogenen Entgelte nach Abzug einer Provision an die Klägerin aus. Die Klägerin behandelte die vorbezeichneten Umsätze als nicht steuerbar. Sie war der Ansicht, dass mit einer Internetseite, die einladend auf eine andere verweise bzw. auf eine andere Internetseite weiterleite, gegenüber dem Nutzer keine Leistungen erbracht würden.

    Dem folgte der BFH nicht. Der Betreiber einer Internetseite, der dort kostenpflichtige Leistungen anbiete, sei vergleichbar mit einem Unternehmer, der im eigenen Laden Waren verkaufe. So wie dieser umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler anzusehen sei, sei der Betreiber einer Internetseite als derjenige zu behandeln, der die dort angebotenen kostenpflichtigen Leistungen erbracht habe. Nur wenn der Betreiber einer Internetseite in eindeutiger Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gebe, dass er für einen anderen tätig werde, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handele, und der Kunde, der dies erkannt habe, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erkläre, könne dessen Vermittlereigenschaft umsatzsteuerrechtlich anerkannt werden (Pressemitteilung des BFH Nr. 74/12 vom 7.11.2012, LEXinform 0438701).

  2. Handeln im eigenen Namen für fremde Rechnung:

    Es handelt sich um ein Kommissionsgeschäft nach § 3 Abs. 3 UStG (→ Kommissionsgeschäfte mit Gegenständen; Abschn. 3.1 Abs. 3 Satz 7 und 8 UStAE).

  3. Handeln in fremdem Namen auf fremde Rechnung:

    Es handelt sich um ein Agenturgeschäft (→ Agenturgeschäfte, s.a. Abschn. 3.7 UStAE).

    Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist. Allein die durch eine Vollmacht eines Unternehmers legitimierte Entgegennahme von Zahlungen durch eine andere Person reicht nicht dazu aus, diese Person als leistenden Unternehmer anzusehen (FG München Urteil vom 17.2.2016, 3 K 2395/13, EFG 2016, 934, LEXinform 5018959, rkr.);

  4. Handeln in fremdem Namen auf eigene Rechnung:

    Es handelt sich um einen unechten Agenten. Der unechte Agent wird wie ein Eigenhändler behandelt, d.h. er vermittelt nicht die betreffende Leistung, sondern führt sie selbst aus (Abschn. 3.7 Abs. 1 Satz 4 UStAE).

  5. Ein Unternehmer ist in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung: Es handelt sich dabei um eine Leistungseinkaufs- oder eine Leistungsverkaufskommission nach § 3 Abs. 11 UStG (→ Dienstleistungskommission, → Agenturgeschäfte, Abschn. 3.15 UStAE). Die Leistung gilt als an ihn und von ihm erbracht (§ 3 Abs. 11 UStG). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Erbringen oder das Beschaffen einer sonstigen Leistung in Auftrag gegeben wird.

2.3.2. Handeln als Strohmann

Mit rkr. Beschluss vom 15.3.2012 (14 V 102/12, LEXinform 5013636) hat das FG München entschieden, dass auch ein Strohmann als den Umsatz ausführender Unternehmer anzusehen sein kann. Wer Beteiligter eines Leistungsaustausches i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist, richtet sich grundsätzlich nach den zwischen den Beteiligten bestehenden zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen (vgl. BFH Urteil vom 27.1.2011, V R 7/09, BFH/NV 2011, 1030). Da die Begriffe der Lieferung oder sonstigen Leistung an tatsächliche Vorgänge anknüpfen, kann die Person des leistenden Unternehmers im Einzelfall auch abweichend von den Ergebnissen des Zivilrechts zu bestimmen sein (vgl. BFH Urteil vom 28.11.1990, V R 31/8, BStBl II 1991, 381). In der Regel ist jedoch derjenige als Leistender anzusehen, der die Lieferung oder sonstige Leistung im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob und aus welchem Grund der im eigenen Namen Auftretende dabei im Innenverhältnis für fremde Rechnung handelt, ist grundsätzlich unbeachtlich (vgl. BFH Beschluss vom 31.1.2002, V B 108/01, BStBl II 2004, 622). Danach kann auch ein vorgeschobener, aber erkennbar im eigenen Namen nach außen auftretender »Strohmann« als den Umsatz ausführender Unternehmer anzusehen sein. Das vorgeschobene »Strohmanngeschäft« ist allerdings unbeachtlich, wenn es zwischen dem Leistungsempfänger und dem Strohmann i.S.v. § 177 BGB nur zum Schein (d.h. bei in Wirklichkeit gewolltem Eintritt der Rechtsfolgen gegenüber dem Hintermann) abgeschlossen wurde und der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen musste, dass der Strohmann keine eigene (ggf. auch durch Einschaltung von Subunternehmern zu erfüllende) Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen und insoweit auch keine eigenen Leistungen versteuern wollte (vgl. BFH Beschluss vom 31.1.2002, V B 108/01, BStBl II 2004, 622).

2.3.3. Handeln als Subunternehmer

Zum Handeln des Subunternehmers im Umsatzsteuerrecht hat der BFH mit Beschluss vom 26.11.2019 (V B 70/18, BFH/NV 2020, 388, LEXinform 5908947) Stellung genommen.

Dem Begriff des Subunternehmers kommt im Umsatzsteuerrecht keine eigenständige Bedeutung zu. Er umschreibt unterschiedliche Fallgestaltungen, bei denen der Unternehmer (»Hauptunternehmer«) eine Leistung nicht selbst, sondern unter Einschaltung eines anderen Unternehmers (»Subunternehmer«) erbringt. Auch bei einer Leistungserbringung durch Haupt- und Subunternehmer bestimmen sich Leistender und Leistungsempfänger – wie sonst auch – entsprechend ständiger BFH-Rspr. nach dem der Leistung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis (BFH vom 28.8.2014, V R 49/13, BStBl II 2021, 825 und vom 22.11.2018, V R 65/17, BFH/NV 2019, 359, LEXinform 0951786). Maßgeblich ist, wer aus diesem Rechtsverhältnis berechtigt und verpflichtet ist. Dies ist bei einem Handeln im eigenen Namen der Handelnde und beim Handeln im fremden Namen der – mit Vertretungsmacht – Vertretene (BFH vom 10.8.2016, V R 4/16, BStBl II 2017, 135). Eine Leistungserbringung durch Haupt- und Subunternehmer setzt danach voraus, dass beide ein Rechtsverhältnis zu ihrem jeweiligen Auftraggeber eingehen und dabei im Verhältnis zum jeweiligen Auftraggeber im eigenen Namen tätig sind. Von diesem Handeln des Subunternehmers im eigenen Namen gegenüber dem Hauptunternehmer ist zu unterscheiden, dass der Subunternehmer, wenn er in unmittelbarem Kontakt zum Kunden des Hauptunternehmers tritt, als dessen Gehilfe erscheint und insoweit in dessen Namen handelt. Es ist daher zwischen Innen- und Außenverhältnis zu unterscheiden. Im Innenverhältnis zum Hauptunternehmer handelt der Subunternehmer bei der Erbringung seiner Leistung im eigenen Namen, während er seine Tätigkeit im Außenverhältnis zum Kunden des Hauptunternehmers in dessen Namen als dessen Erfüllungsgehilfe ausübt. Somit leistet der durch den Hauptunternehmer eingeschaltete Subunternehmer umsatzsteuerrechtlich ausschließlich im Innenverhältnis gegenüber seinem Auftraggeber, nicht aber im Außenverhältnis gegenüber dem Kunden des ihn beauftragenden Unternehmers (s.a. Anmerkung vom 27.2.2020, LEXinform 0889217).

2.4. Zwei Beteiligte

Für einen steuerbaren Leistungsaustausch müssen zwei Beteiligte – ein leistender Unternehmer und ein Leistungsempfänger – vorhanden sein. Der Leistungsempfänger muss vom Leistenden rechtlich unabhängig sein. Nicht steuerbar sind daher Umsätze desselben Unternehmers zwischen seinen Betrieben. Es handelt sich dabei um Innenumsätze.

2.5. Leistung und Gegenleistung

Der Leistung (Tun, Dulden oder Unterlassen) muss eine Gegenleistung (Entgelt) gegenüberstehen (Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Die Gegenleistung kann ebenfalls eine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne darstellen; in diesen Fällen handelt es sich um einen Tausch bzw. tauschähnlichen Umsatz (§ 3 Abs. 12 UStG, → Tausch und tauschähnlicher Umsatz: Besonderheiten bei der Umsatzsteuer). Auch wenn die Gegenleistung für die Leistung des Unternehmers nur im nichtunternehmerischen Bereich verwendbar ist (z.B. eine zugewendete Reise), kann sie Entgelt sein (Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 5 UStAE). Grundsätzlich unterliegt eine Leistung im Rechtssinne nicht der USt (Abschn. 1.1 Abs. 3 Satz 2 UStAE). Bei Leistungen, zu denen sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor (BFH Urteil vom 18.12.2008, V R 38/06, BStBl II 2009, 749).

Eine Personenvereinigung kann auch dann steuerbare Leistungen ausführen, wenn sie nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhanges im Sinne eines Austausches von Leistung und Gegenleistung genügt es nicht schon, dass die Mitglieder der Personenvereinigung lediglich gemeinschaftlich die Kosten für den Erwerb und die Unterhaltung eines Wirtschaftsgutes tragen, das sie gemeinsam nutzen wollen oder nutzen. Eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft liegt insoweit nur vor, wenn die Nutzungsüberlassung selbst gegen Entgelt erfolgt. Ist mangels entgeltlicher Leistungen die Personenvereinigung nicht Unternehmerin, kommt u.U. ein anteiliger → Vorsteuerabzug der Gesellschafter in Betracht (BFH Urteil vom 28.11.2002, V R 18/01, BStBl II 2003, 443).

2.6. Wirtschaftliche Verknüpfung

Für die Annahme eines Leistungsaustauschs müssen Leistung und Gegenleistung in einem wechselseitigen Zusammenhang stehen (Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 2 UStAE). Maßgeblich ist, dass sich das Erbringen einer Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet (s.a. BFH Urteil vom 27.11.2008, V R 8/07, BStBl II 2009, 397, II.1.a). Dabei brauchen Leistung und Gegenleistung sich nicht gleichwertig gegenüberzustehen. In der Praxis wird es oft schwierig sein, in den Fällen, in denen kein gegenseitiger Vertrag besteht, festzustellen, ob der Leistende vom Leistungsempfänger eine Gegenleistung erwartet. Geprüft werden muss dabei, ob die erbrachte Leistung üblicherweise vergütet wird oder nach den Umständen eine Vergütung erwarten lässt (BFH Beschluss vom 10.7.1997, V B 152/96, BFH/NV 1998, 357).

Der unmittelbare Zusammenhang muss sich aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergeben, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch i.S.d. gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (BFH vom 22.5.2019, XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, Rz. 16). Steuerbar sind danach z.B. auch Leistungen, die gegen Gewährung von Aufwendungsersatz erfolgen (vgl. z.B. BFH Urteile vom 16.1.2003, V R 92/01, BStBl II 2003, 732 und vom 18.3.2004, V R 101/01, BStBl II 2004, 798).

Zum Leistungsaustausch zwischen Fluggesellschaft und Fluggästen bei Nichtantritt des Fluges hat der EuGH mit Urteil vom 23.12.2015 (C-250/14, C-289/14, UR 2016, 93, LEXinform 0589521) entschieden, dass die Mehrwertsteuer anfällt, sobald zum einen der von dem Kunden an die Fluggesellschaft gezahlte Betrag unmittelbar mit einer Leistung (im vorliegenden Fall der Beförderung als Fluggast) verbunden ist und zum anderen die betreffende Leistung erbracht wird. Der EuGH führt jedoch weiter aus, dass die Gegenleistung für den beim Erwerb des Flugscheins entrichteten Preis nicht von der körperlichen Anwesenheit des Fluggastes beim Anbordgehen abhängt, sondern in dem sich daraus ergebenden Recht des Fluggastes besteht, in den Genuss der Durchführung der Beförderungsleistung zu kommen, unabhängig davon, ob er dieses Recht wahrnimmt. Mit anderen Worten: Die Mehrwertsteuer wird bereits geschuldet, wenn die Fluggesellschaft den Fluggast in die Lage versetzt, die Beförderungsleistung in Anspruch zu nehmen. Der EuGH präzisiert insoweit, dass der Mehrwertsteueranspruch mit der Vereinnahmung des Preises für den Flugschein entsteht (s.a. Pressemitteilung des EuGH Nr. 153/15 vom 23.12.2015, LEXinform 0443943).

Zur wirtschaftlichen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung s. EuGH Urteil vom 7.10.2010 (C-53/09 und C-55/09, UR 2010, 857, LEXinform 0589225) unter → Bemessungsgrundlage. Der EuGH hat hier zur Umsatzbesteuerung eines Verkaufsförderungssystems bzw. eines Kundenbindungsprogramms, das dem Kunden die Möglichkeit bietet, bei Händlern Punkte zu sammeln und gegen Treueprämien einzulösen, Stellung genommen.

Zur Abgrenzung des Schadensersatzes vom Leistungsaustausch hat der BFH mit Beschluss vom 17.5.2011 (V B 73/10, BFH/NV 2011, 1544, LEXinform 5906227) entschieden, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt, wenn ein Anwaltshonorar großen Umfangs wegen Zahlungsschwierigkeiten des Mandanten durch eine lebenslange Rente ersetzt wird und ein anderer Grund als die Erbringung der Beratungsleistung für die Einräumung des Rentenstammrechts nicht ersichtlich ist und es sich somit lediglich um die modifizierte Erfüllung der Hauptverbindlichkeit handelt. Unerheblich ist, ob die Einräumung des Rentenstammrechts nach nationalem Zivilrecht als Schadensersatz zu beurteilen wäre.

Der BFH hat mit Urteil vom 24.8.2006 (V R 19/05, BStBl II 2007, 187) zum Vorliegen eines Leistungsaustauschs bei einem entgeltlichen Verzicht auf die Ausübung eines Rechts danach differenziert, ob die Zahlung für eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemein-politischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers oder auf einer im allgemeinen Interesse erbrachten Leistung an einen individuellen Leistungsempfänger erbrachten Leistung beruht. Danach ist der entgeltliche Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben, eine sonstige Leistung (s.a. § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG).

Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG regelmäßig erfüllt, falls der leistende Vertragspartner Unternehmer ist (BFH vom 18.12.2008, V R 38/06, BStBl II 2009, 749, Rz 34, vom 16.1.2014, V R 22/13, BFH/NV 2014, 736, Rz 21, vom 13.12.2017, XI R 3/16, BStBl II 2018, 727, Rz 35 und vom 22.5.2019, XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, Rz. 17).

Ein steuerbarer Verzicht liegt insbesondere vor, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrags gegen Abfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrags verzichtet oder – was den umgekehrten Fall betrifft – die Pächter eine Abfindung vom Verpächter erhalten dafür, dass sie der vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrags zustimmen BFH vom 22.5.2019, XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256, Rz. 21).

3. Fehlender Leistungsaustausch

3.1. Allgemeines

Zum Leistungsaustausch bzw. fehlenden Leistungsaustausch s. die Ausführungen in Abschn. 1.1 Abs. 3 bis 25 UStAE).

3.2. Fehlende Leistung

3.2.1. Schadensersatz

Die Verwaltungsrichtlinien unterteilen in Abschn. 1.3 Abs. 1 UStAE den → Schadensersatz in echten sowie unechten Schadensersatz. Der echte Schadensersatz wird nicht geleistet, weil der Leistende eine Lieferung oder sonstige Leistung erhalten hat, sondern weil er nach dem Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat.

3.2.2. Preisgelder

Mit Urteil vom 30.8.2017 (XI R 37/14, BStBl II 2019, 336) nimmt der BFH zur Verknüpfung der Teilnahme an einem Wettbewerb oder Gewinnspielen und den dabei erzielten Gewinnen Stellung. Erforderlich ist eine beliebige Vorteilsgewährung, die zu einem Verbrauch führen kann; der Vorteil muss dabei einem identifizierbaren Leistungsempfänger eingeräumt werden.

Der EuGH hat in ständiger Rspr. entschieden, dass ein »Umsatz gegen Entgelt« das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dieser Leistung und einer tatsächlich vom Stpfl. empfangenen Gegenleistung voraussetzt. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet.

Der EuGH hat durch Urteil vom 10.11.2016 (C-432/15, UR 2016, 913, LEXinform 0651500) entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb (dort: Pferderennen) keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer (dort: die Eigentümer der Pferde) mit einer erfolgreichen Platzierung ein – sei es auch ein im Voraus festgelegtes – Preisgeld erhalten; denn die Ungewissheit einer Zahlung sei geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben. Der EuGH führt zur Begründung aus, in einem Fall, in dem für die Teilnahme an einem Wettbewerb weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass für die (bloße) Teilnahme eine tatsächliche Gegenleistung erbracht werde.

Nach dem BFH-Urteil vom 30.8.2017 (XI R 37/14, BStBl II 2019, 336) erbringt ein »Berufspokerspieler« keine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustausches »gegen Entgelt« i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, wenn er an Spielen fremder Veranstalter teilnimmt und ausschließlich im Falle der erfolgreichen Teilnahme Preisgelder oder Spielgewinne erhält. Zwischen der bloßen Teilnahme am Kartenspiel und dem im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeld oder Gewinn fehlt dann der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 66/2017 vom 25.10.2017, LEXinform 0447292 sowie Anmerkung vom 30.10.2017, LEXinform 0949138). Die Ungewissheit einer Zahlung ist geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben.

Hinweis:

Die Teilnahme an einem Pokerspiel ist jedoch eine im Rahmen eines Leistungsaustausches gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung unabhängige Vergütung zahlt. In einem solchen Fall ist die vom Veranstalter geleistete Zahlung die tatsächliche Gegenleistung für die vom Spieler erbrachte Dienstleistung, an dem Pokerspiel teilzunehmen.

Der BFH wendet mit seinem Urteil vom 2.8.2018 (V R 21/16, BStBl II 2019, 339) die EuGH-Rechtsprechung vom 10.11.2016 (C-432/15, UR 2016, 913, LEXinform 0651500) zu Preisgeldern bei Pokerturnieren auch auf Pferdewettrennen an. Danach liegt kein Leistungsaustausch vor, wenn bei einem Pferdewettrennen nur ein Preisgeld gezahlt wird, aber keine weitere Vergütung (z.B. Antrittsgeld; s.a. Anmerkung vom 14.12.2018, LEXinform 0880421).

Mit Schreiben vom 27.5.2019 (BStBl I 2019, 512) nimmt das BMF zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von platzierungsabhängigen Preisgeldern Stellung und passt den UStAE an die geänderte BFH-Rspr. entsprechend an (s.a. Oldiges, NWB 31/2019, 2271).

Platzierungsabhängige Preisgelder des Veranstalters stellen kein Entgelt für die Teilnahme an einem Wettbewerb dar, da sie nicht für die Teilnahme gezahlt werden, sondern für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses (Abschn. 1.1 Abs. 24 Satz 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 27.5.2019). Betroffen hiervon sind Preisgelder für die Teilnahme an folgenden Wettbewerben:

  • Pferderennen,

  • Pokerturniere,

  • sportliche Wettbewerbe,

  • Schönheitskonkurrenzen,

  • Ausscheidungsspielen und Ähnlichem.

Die Teilnahme an solchen Wettbewerben stellt nur dann eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung unabhängige Vergütung zahlt (z.B. Antrittsgelder oder platzierungsunabhängige Preisgelder). Eine Staffelung der Vergütung ist insoweit unschädlich (Abschn. 1.1 Abs. 24 Satz 1 und 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 27.5.2019).

Stellt die Teilnahme an Turnieren zur Erzielung von Preisgeldern keine wirtschaftliche Tätigkeit dar, ist diese Tätigkeit auch nicht zur Begründung der Unternehmerstellung geeignet. Denn bei richtlinienkonformer Auslegung erfordert die Unternehmereigenschaft (Steuerpflichtiger) die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit i.S.d. Art. 9 Abs. 1, Abs. 2 MwStSystRL. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn Leistungen gegen Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbracht werden. Da die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 UStG eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (Erbringung von Leistungen gegen Entgelt) voraussetzt, ist sie ausgeschlossen, wenn es an einem Leistungsaustausch fehlt (BFH vom 2.8.2018, V R 21/16, BStBl II 2019, 339, Rz.29).

Beachte:

Zahlt der Turnierveranstalter Preisgelder, Antrittsgelder o.Ä., geschieht dies nach den einschlägigen Leistungsprüfungsordnungen im Hinblick auf einen Anspruch des Eigentümers, nicht des Reiters.

Das EuGH-Urteil vom 10.11.2016 (C-432/15, UR 2016, 913) und ähnliche bzw. weiterführende Rspr. betreffen nur das Leistungsverhältnis Pferdeeigentümer/Turnierveranstalter. Hat der Turnierveranstalter ausschließlich ein platzierungsabhängiges Preisgeld gezahlt, welchem nach der EuGH-Entscheidung und der neueren BFH-Rspr. keine steuerbare Leistung zugrunde liegt, betrifft auch dies nur das Verhältnis Pferdeeigentümer/Turnierveranstalter (s.a. FG Münster vom 19.9.2019, 5 K 2510/18, LEXinform 5022521).

Nach dem BFH-Urteil vom 10.6.2020 (XI R 25/18, BFH/NV 2020, 1388, LEXinform 0952229) sind Preisgelder, die ein Reiter im Falle einer erfolgreichen Teilnahme an einem Turnier (vom Veranstalter oder vom Eigentümer des Pferdes) erhält, kein Entgelt für eine steuerbare Leistung des Reiters. Der BFH bestätigt in seinem Urteil die Rechtsauffassung des FG Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil vom 17.5.2018 (2 K 6/13, EFG 2018, 1835, LEXinform 5021496).

Beachte:

Preisgelder, die der Reiter vom Veranstalter erhält, betreffen das Leistungsverhältnis Pferdeeigentümer/Turnierveranstalter (s.o.)

Entscheidungssachverhalt des BFH-Urteils XI R 25/18:

Entscheidungsgründe:

Mit der Frage, inwieweit bei der Teilnahme an einem Wettbewerb ein unmittelbarer Zusammenhang vorliegt und inwieweit nicht, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 10.11.2016 (C-432/15, UR 2016, 913, s.o.) befasst.

In Rz. 33 seiner Entscheidung XI R 25/18 stellt der XI. Senat des BFH fest, dass der EuGH eine Entscheidung zu den Anteilen an den Preisgeldern für fremde Pferde nicht getroffen hat. Der Tenor der EuGH-Entscheidung C-432/15 betrifft nicht die Fallgruppe fremder Pferde.

In Rz. 45 seines Urteils XI R 25/18 gelangt der XI. Senat des BFH zu dem Ergebnis, dass in dem Fall, in dem der Leistende – der Kläger – selbst an dem Wettbewerb teilnimmt und seinen Anteil an dem Preisgeld, das für das von ihm selbst erzielte Wettbewerbsergebnis an einen Dritten gezahlt wird, von dem Dritten erhält, die Ausführungen des EuGH-Urteils C-432/15 entsprechend gelten.

Beachte:

Nach Art. 128 der »General Regulations« der FEI (Fédération Equestre Internationale = Internationale Reiterliche Vereinigung) stehen alle Preisgelder den Eigentümern »Owners«) der Pferde zu. Diese Regelung entspricht der nationalen Regelung in § 24 Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V., wonach die Preise an die »Besitzer« auszuzahlen sind. Besitzer eines Pferdes i.S.d. LPO ist nach § 12 LPO im Zweifelsfall der Eigentümer i.S.d. BGB. Dies gilt unabhängig davon, dass der Reiter die Einladung zum Turnier erhält, die Anmeldung im eigenen Namen vornimmt und die Preisgelder vereinnahmt. Bei der Vereinnahmung des Preisgelds durch den Reiter und die (teilweise) Weiterleitung an den Eigentümer handelt es sich aus Sicht des Reiters lediglich um einen durchlaufenden Posten.

Mit Urteil vom 19.9.2019 (5 K 2510/18, LEXinform 5022521, Revision eingelegt, Az. BFH: V R 40/20, LEXinform 4239141) gelangt das FG Münster zu einer anderslautenden Entscheidung als der BFH in seinem Urteil vom 10.6.2020 (XI R 25/18, BFH/NV 2020, 1388, LEXinform 0952229).

Der Urteilsfall des FG Münster entspricht dem des BFH-Urteils vom 10.6.2020 (XI R 25/18, BFH/NV 2020, 1388).

Entscheidungsgründe:

Den Einnahmen des Klägers aus abgetretenen Turniergewinnen, die er wegen der Teilnahme an in- und ausländischen Turnieren mit fremden Pferden erzielte, liegen vollumfänglich steuerbare und stpfl. Umsätze zugrunde. Sie stellen das Entgelt für an die jeweiligen Pferdeeigentümer erbrachte steuerbare und stpfl. sonstige, einheitliche Leistungen des Klägers, welche dem Regelsteuersatz unterliegen, dar.

Soweit der Kläger Turniergewinne wegen der Teilnahme an Turnieren mit fremden Pferden für sich behalten durfte, erhielt er diese vorliegend nicht aufgrund einer bestehenden Zahlungsverpflichtung des jeweiligen Turnierveranstalters, sondern aufgrund eigener vertraglicher Beziehungen mit dem jeweiligen Pferdeeigentümer. Insoweit hat sich die Sach- und Rechtslage auch vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils vom 10.11.2016 (C-432/15, s.o.) und ähnlicher bzw. weiterführender Rspr. (BFH vom 2.8.2018, V R 21/16, BStBl II 2019, 174) nicht geändert. Zahlt der Turnierveranstalter Preisgelder, Antrittsgelder o.Ä., geschieht dies nach den einschlägigen Leistungsprüfungsordnungen im Hinblick auf einen Anspruch des Eigentümers, nicht des Reiters (s.o. unter Beachte). Der Reiter (Kläger) durfte die Hälfte der Turniergewinne nur aufgrund eines eigenen Leistungsaustauschverhältnisses zwischen ihm und dem Pferdeeigentümer behalten bzw. gegenrechnen.

Das EuGH-Urteil vom 10.11.2016 (C-432/15) sowie das BFH-Urteil vom 2.8.2018 (V R 21/16, BStBl II 2019, 174) betreffen nur das Leistungsverhältnis Pferdeeigentümer/Turnierveranstalter. Hat der Turnierveranstalter ausschließlich ein platzierungsabhängiges Preisgeld gezahlt, welchem nach der EuGH-Entscheidung und der neueren BFH-Rspr. keine steuerbare Leistung zugrunde liegt, betrifft auch dies nur das Verhältnis Pferdeeigentümer/Turnierveranstalter. Soweit der Eigentümer solche Preisgelder an den Reiter bzw. Reitstallbetreiber abgetreten hat, betrifft dies eine eigene Leistungsbeziehung, nämlich die zwischen Eigentümer und Reiter bzw. Reitstallbetreiber.

Im Verhältnis Pferdeeigentümer/Reiter hat der Reiter einheitliche Leistungen gegen Entgelt erbracht. Zu diesem Entgelt gehören auch von Turnierveranstaltern etwa gezahlte Turniergewinne, die der Pferdeeigentümer (bereits im Vorhinein) i.H.v. 50 % an den Reiter abgetreten hat. Auch sie sind ausdrücklich vereinbarter Entgeltsbestandteil für die von diesem erbrachten Leistungen z.B. in Bezug auf die Teilnahme an Turnieren. Da keine weitere Gegenleistung für die Ausbildung und das Training der Pferde im Stall des Klägers vereinbart wurde, umfasst die Gewinnbeteiligung zwangsläufig auch diese Leistungen des Klägers. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers können die Turnierteilnahme einerseits und das vorherige Training des Pferdes anderseits nicht voneinander getrennt werden.

Im Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG Münster vom 19.9.2019 (5 K 2510/18, LEXinform 5022521) hat der V. Senat des BFH das Verfahren ausgesetzt und mit Beschluss vom 27.7.2021 (V R 40/20, BFH/NV 2022, 92, LEXinform 4239141) dem EuGH zur Turnierteilnahme mit fremden Pferden folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az. C-713/21):

»Erbringt der Inhaber eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde an den Pferdeeigentümer eine einheitliche Leistung, die aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden besteht, auch insoweit gegen Entgelt, als der Pferdeeigentümer diese Leistung durch hälftige Abtretung des ihm bei einer erfolgreichen Turnierteilnahme zustehenden Anspruchs auf Preisgeld vergütet?«

Vorlagebegründung des V. Senats:

Der V. Senat des BFH verweist in Rz. 25 seiner Vorlagefrage V R 40/20 auf die Urteilsbegründung des XI. Senats (XI R 25/18), der die Beurteilung des EuGH (EuGH vom 10.11.2016, C-432/15) zum Verhältnis des Turnierveranstalters zum Pferdeeigentümer auf das Verhältnis zwischen dem Pferdeeigentümer und dem Inhaber eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde übertragen hat, wenn der Pferdeeigentümer Preisgelder zur Hälfte an den Inhaber des Ausbildungsstalls für Turnierpferde abtritt.

Dem V. Senat erscheint aber eine Übertragung der Beurteilung zum Preisgeld aus dem Verhältnis zwischen Turnierveranstalter und Pferdeeigentümer auf das Verhältnis von Pferdeeigentümer und Inhaber des Ausbildungsstalls für Turnierpferde zweifelhaft (BFH V R 40/20, Rz. 32).

Diese Zweifel ergeben sich daraus, dass sich dem EuGH-Urteil C-432/15 nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen lässt, ob der EuGH seine Beurteilung mit dem Fehlen eines Entgelts oder mit dem Fehlen einer Leistung begründet.

Es steht fest, dass der Kläger als Inhaber eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde eine einheitliche Leistung erbracht hat, die die Unterbringung und das Training der Pferde sowie die Turnierteilnahme umfasst hat. Für dieses Leistungsbündel habe er vom Eigentümer des jeweiligen Pferdes zum einen Kostenersatz für Unterhalt, Turnier– und Transportkosten, Hufschmied und Tierarzt und zum anderen eine hälftige Beteiligung an den Turniererlösen erhalten. Diese Würdigung entspricht den vom EuGH aufgestellten Rechtsgrundsätzen zur Abgrenzung einer einheitlichen Leistung zu einer Mehrheit von Leistungen (vgl. z.B. EuGH vom 4.9.2019, C-71/18, UR 2019, 769, LEXinform 0651602, Rz 34 ff.).

Ist das EuGH-Urteil C-432/15 dahingehend zu verstehen, dass das Fehlen eines Entgelts maßgeblich ist, könnte sich die rechtliche Beurteilung durch das FG Münster vom 19.9.2019 (5 K 2510/18, LEXinform 5022521) als unzutreffend erweisen. Es wären dann die Rechtsgrundsätze des XI. Senats im Urteil vom 10.6.2020 (XI R 25/18, BFH/NV 2020, 1388) anzusetzen und das Urteil des FG Münster vom 19.9.2019 aufzuheben.

Kommt es demgegenüber nach Maßgabe des EuGH-Urteils C-432/15 auf das Fehlen einer Leistung an, würde sich das Urteil des FG Münster (5 K 2510/18) als zutreffend erweisen. Im Streitfall handelt es sich nicht nur um eine Leistung, die nur für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses, die erfolgreiche Platzierung des Pferdes, gezahlt wird und damit gewissen Unwägbarkeiten unterliegt. Stattdessen geht es im Streitfall um eine einheitliche Gesamtleistung, bestehend aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden. Diese Leistung ist in ihrer Gesamtheit frei von Unwägbarkeiten, da diese nur den Teilbereich der Turnierteilnahme betreffen. Da eine einheitliche Gesamtleistung vorliegt, erfolgt die hälftige Preisgeldabtretung nicht für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses, sondern für die von diesem Ergebnis unabhängige Gesamtleistung (bestehend aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme). Diese einheitliche Leistung hat der Kläger unabhängig von den Wettbewerbsergebnissen erbracht. Damit liegt eine Dienstleistung vor, die, wie vom EuGH gefordert, objektiven Charakter hat. Auf den Umfang der Preisgeldabtretung kommt es dabei auch aus Sicht des V. Senats nicht an.

Fazit des V. Senats:

Es ist davon auszugehen, dass die hälftigen Preisgeldabtretungen die Gesamtleistung des Klägers vergüten sollten und die Parteien zudem davon ausgingen, dass nachhaltig Preisgelder erzielt werden.

Die Veranstaltung von Glücksspielen fällt grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer, ob sie erlaubt ist oder nicht. Die Leistung des Veranstalters (Automatenaufsteller, Spielbankbetreiber etc.) an die Spieler besteht in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance (BFH Urteil vom 20.1.1997, V R 20/95, BFH/NV 1997, 240 sowie Abschn. 1.1 Abs. 25 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 27.5.2019).

3.3. Zahlungen an Verwertungsgesellschaften und deren Ausschüttungen

3.3.1. Ausschüttungen an Urheber

3.3.1.1. Nationale Regelung bis 31.12.2018

Bisher führten die Verwertungsgesellschaften und die Urheber sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG aus. Es handelte sich dabei um die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen durch eine Verwertungsgesellschaft (z.B. GEMA oder VG-Wort) nach § 27 und 54 UrhG. Zur Anwendung des § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG nimmt das FinMin Sachsen mit Erlass vom 23.4.1992 (35 S 7100 172 – 14325, LEXinform 0105794) Stellung.

Die Regelung des § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG ist nach einer Entscheidung des EuGH vom 18.1.2017 (C-37/16, UR 2017, 230, LEXinform 0589552, s.u.) in dem polnischen Vorabentscheidungsverfahren nicht mit dem Unionsrecht vereinbar und wurde daher durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) aufgehoben. Die Gesetzesänderung ist am 1.1.2019 in Kraft getreten.

Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst haben grundsätzlich das ausschließliche Recht, ihre Werke zu verwerten (§§ 1, 15 UrhG). Wegen der besonderen Natur des »geistigen Eigentums« stößt eine Verwertung aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen auf praktische Schwierigkeiten. Der Gesetzgeber hat deshalb dem Urheber in bestimmtem Umfang ein Duldungsrecht bezüglich der Verwertung seiner Werke auferlegt, der als Gegenleistung ein gesetzlicher Anspruch auf Vergütung gegenübersteht (§§ 27 und 54 bis 54h UrhG).

So gibt § 54 Abs. 1 UrhG dem Urheber das Recht auf eine angemessene Vergütung für die durch die Veräußerung von Bild- oder Tonträgern geschaffene Möglichkeit, Vervielfältigungen vorzunehmen. Zur Zahlung verpflichtet sind die Hersteller der entsprechenden Geräte bzw. Bild- und Tonträger (§ 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG). § 54h UrhG bestimmt, dass der Vergütungsanspruch nur durch eine Verwertungsgesellschaft (VG) geltend gemacht werden kann.

Entsprechende Regelungen enthält der § 27 UrhG für das Vermieten oder Verleihen von Vervielfältigungsstücken. Nach dieser Vorschrift ist dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen, wenn das Vermieten oder Verleihen Erwerbszwecken des Vermieters oder Verleihers dient oder die Vervielfältigungsstücke durch eine der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung (Bücherei, Schallplattensammlung oder Sammlung anderer Vervielfältigungsstücke) vermietet oder verliehen werden. Auch in diesen Fällen kann der Vergütungsanspruch nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.

Umsatzsteuerrechtlich ist davon auszugehen, dass zwischen

  • dem Urheber und der Verwertungsgesellschaft (§§ 27 Abs. 3 und 54h UrhG) einerseits und

  • der Verwertungsgesellschaft und dem Vermieter/Verleiher (§ 27 UrhG) bzw. dem Gerätehersteller (§ 54 UrhG) andererseits

jeweils ein Leistungsaustausch anzunehmen ist.

Mit dieser Fiktion wird verhindert, dass die Verwertungsgesellschaft nicht nur eine nichtsteuerbare Geschäftsbesorgung durch Entgelteinziehung an den Urheber ausführt.

Die Einräumung, Übertragung und die Wahrnehmung von Urheberrechten nach dem UrhG unterliegen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG dem ermäßigten Steuersatz. Unter die Steuersatzermäßigung fallen alle Rechte, die sich aus dem UrhG ergeben. Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen auch die Umsätze der Verwertungsgesellschaften, die nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) Nutzungsrechte, Einwilligungsrechte oder Vergütungsansprüche wahrnehmen (Abschn. 12.7 Abs. 2 UStAE).

3.3.1.2. EuGH-Rechtsprechung und nationale Regelung ab 1.1.2019

Zur mehrwertsteuerrechtlichen Behandlung der Entrichtung von Abgaben an Verwertungsgesellschaften hat der EuGH mit Urteil vom 18.1.2017 (C-37/16, UR 2017, 230, LEXinform 0589552) entschieden, dass die durch Verwertungsgesellschaften erhobene »Urheberrechtsabgabe« mangels Dienstleistung gegen Entgelt nicht mehrwertsteuerpflichtig ist.

In dem polnischen Entscheidungsfall ging es um die Frage der Erbringung von Dienstleistungen i.S.v. Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 Buchst. a MwStSystRL durch die Urheber, ausübende Künstler und andere Rechtsinhaber an Hersteller und Importeure von Tonbandgeräten und ähnlichen Geräten sowie unbespielten Datenträgern, von denen Verwertungsgesellschaften für Rechnung der Rechtsinhaber, aber im eigenen Namen Abgaben auf den Verkauf dieser Geräte und Datenträger erheben.

Der EuGH ist der Auffassung, dass kein Leistungsaustausch vorliegt, da die Dienstleistung nicht gegen Entgelt ausgeführt wurde. Eine Dienstleistung wird nur dann i.S.d. Mehrwertsteuerrichtlinie gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (EuGH vom 18.1.2017 (C-37/16, UR 2017, 230, LEXinform 0589552, Rz. 25).

Im vorliegenden Fall ist aber kein Rechtsverhältnis ersichtlich, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen zwischen einerseits den Inhabern der Vervielfältigungsrechte oder gegebenenfalls der Verwertungsgesellschaft und andererseits den Herstellern und Importeuren von unbespielten Datenträgern und Geräten zur Aufzeichnung und Vervielfältigung ausgetauscht werden. Die Pflicht, Abgaben der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art zu entrichten, besteht nämlich für die Hersteller und Importeure aufgrund des nationalen Rechts, das auch die Höhe der Abgaben festlegt.

Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Pflicht der Hersteller und Importeure von unbespielten Datenträgern und Geräten zur Aufzeichnung und Vervielfältigung, Abgaben zu entrichten, auf der Erbringung einer Dienstleistung beruht, für die sie den unmittelbaren Gegenwert darstellt. Die Abgaben dienen dazu, den gerechten Ausgleich zugunsten der Inhaber von Vervielfältigungsrechten zu finanzieren. Der gerechte Ausgleich stellt aber nicht den unmittelbaren Gegenwert irgendeiner Dienstleistung dar, denn er steht in Zusammenhang mit dem Schaden, der sich für die Rechtsinhaber aus der ohne ihre Genehmigung erfolgenden Vervielfältigung ihrer geschützten Werke ergibt.

Demzufolge kann nicht angenommen werden, dass ein Umsatz wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende gegen Entgelt i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL erfolgt.

Die Regelung des § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG ist nach der Entscheidung des EuGH vom 18.1.2017 (C-37/16, UR 2017, 230, LEXinform 0589552, s.o.) in dem polnischen Vorabentscheidungsverfahren nicht mit dem Unionsrecht vereinbar und wurde daher durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) aufgehoben.

3.3.2. Vergütungsansprüche der Verleger an die Verwertungsgesellschaften

Mit Urteil vom 21.4.2016 (I ZR 198/13, NJW 2016, 2418, LEXinform 5214288) hatte der BGH die bisherige Beteiligung der Verleger an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen nach § 27 sowie §§ 54, 54a und 54c UrhG für rechtswidrig erklärt. Den Verlegern stünden nach dem UrhG keine eigenen Rechte oder Ansprüche zu, die von den Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden könnten. Dieses Urteil hat der Gesetzgeber in § 27a Abs. 1VGG entsprechend umgesetzt (s.a. BGH Pressemitteilung Nr. 75/2016 vom 21.4.2016, LEXinform 0444360). Danach wird der Verleger nur noch dann an den Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt, wenn der Urheber nach Veröffentlichung eines verlegten Werkes oder mit der Anmeldung des Werkes bei der Verwertungsgesellschaft dieser Beteiligung zustimmt. Darüber hinaus kann der Urheber den Vergütungsanspruch nachträglich an den Verleger abtreten.

Das Kammergericht Berlin hat mit Urteil vom 14.11.2016 (24 U 96/14, LEXinform 1659136) auch für die urheberrechtlichen Nutzungsrechte entschieden, dass die Verwertungsgesellschaft (GEMA) nicht berechtigt sei, die den Künstlern als Urhebern zustehenden Vergütungsanteile an die Verleger auszuschütten (s.a. Pressemitteilungen Nr. 58/2016 vom 14.11.2016, LEXinform 0445386 und vom 1.12.2016, LEXinform 0445498). Der Verleger erbringt keine Leistung an die Verwertungsgesellschaft, für die die Zahlung als Entgelt angesehen werden könnte. Der Beitrag der Musikverleger zum Vergütungsaufkommen der Verwertungsgesellschaft sei noch weniger fassbar als bei der Wahrnehmung der gesetzlichen Vergütungsansprüche. Es bestehe daher kein Grund, zwischen den Erlösen aus der Verwertung urheberrechtlicher Nutzungsrechte und der Einziehung gesetzlicher Vergütungsansprüche zu unterscheiden.

3.3.3. Verwaltungsregelung zur Beurteilung des Verlegeranteils an Einnahmen aus Vergütungsansprüchen und aus Nutzungsrechten

3.3.3.1. Grundsätzliches

Mit Schreiben vom 14.10.2021 (BStBl I 2021, 2133) nimmt das BMF zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Verlegeranteils an den Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen nach § 27 sowie §§ 54, 54a und 54c UrhG sowie aus urheberrechtlichen Nutzungsrechten Stellung (s.a. Abschn. 1.1 Abs. 5b UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 17.12.2021, BStBl I 2021, 2504).

3.3.3.2. Gesetzliche Vergütungsansprüche

Die gesetzlichen Vergütungsansprüche ergeben sich aus § 27 sowie §§ 54, 54a, 54c und 63a UrhG.

Die gesetzlichen Vergütungsansprüche im Überblick:

§ 27 Abs. 1 UrhG: Hat der der Urheber das Vermietrecht (§ 17 UrhG) an einem Bild- oder Tonträger dem Tonträger- oder Filmhersteller eingeräumt, so hat der Vermieter gleichwohl dem Urheber eine angemessene Vergütung für die Vermietung zu zahlen. Auf den Vergütungsanspruch kann nicht verzichtet werden. Er kann im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden.

§ 54 Abs. 1 UrhG: Lässt die Art des Werkes eine nach § 53 Abs.1 oder 2 UrhG oder den §§ 60a bis 60f UrhG erlaubte Vervielfältigung erwarten, so hat der Urheber des Werkes gegen den Hersteller von Geräten und von Speichermedien, deren Typ allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme solcher Vervielfältigungen benutzt wird, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung.

Die §§ 54a und 54c UrhG regeln die Vergütungshöhe.

§ 63a Abs. 1 bis 3 UrhG regelt die Behandlung der gesetzlichen Vergütungsansprüche:

Auf gesetzliche Vergütungsansprüche kann der Urheber im Voraus nicht verzichten. Sie können im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden.

Hat der Urheber einem Verleger ein Recht an seinem Werk eingeräumt, so ist der Verleger in Bezug auf dieses Recht angemessen an den gesetzlichen Vergütungsansprüchen zu beteiligen. In diesem Fall können gesetzliche Vergütungsansprüche nur durch eine gemeinsame Verwertungsgesellschaft von Urhebern und Verlegern geltend gemacht werden. Dies gilt entsprechen auf den Vergütungsanspruch nach § 27 Abs. 2 UrhG.

Nach der Veröffentlichung eines verlegten Werks oder mit der Anmeldung des Werks bei der Verwertungsgesellschaft kann der Urheber gegenüber der Verwertungsgesellschaft zustimmen, dass der Verleger an den Einnahmen aus den in § 63a Abs. 1 UrhG genannten gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt wird (§ 27a Abs. 1 VGG – Verwertungsgesellschaftengesetz).

Die Verwertungsgesellschaft legt die Höhe des Verlegeranteils fest (§ 27a Abs. 2 VGG). Dies gilt entsprechen auf den Vergütungsanspruch nach § 27 Abs. 2 UrhG.

§ 27b VGG regelt die Mindestbeteiligung des Urhebers bzw. der Verleger. Ist der Verleger nach § 63a Abs. 2 und 3 UrhG oder nach § 27a UrhG an der angemessenen Vergütung zu beteiligen, so stehen dem Urheber mindestens zwei Drittel der Einnahmen zu, sofern die Verwertungsgesellschaft keine andere Verteilung festlegt.

Umsatzsteuerrechtlich sind die gesetzlichen Vergütungsansprüche wie folgt zu behandeln (BMF vom 14.10.2021, BStBl I 2021, 2133 unter 1.):

Nach dem BMF-Schreiben vom 14.10.2021 (BStBl I 2021, 2133) wird es hinsichtlich aller bis einschließlich 31.12.2021 entstandener gesetzlicher Vergütungsansprüche – auch für Zwecke des Vorsteuerabzug – nicht beanstandet, wenn die Beteiligten übereinstimmend von sonstigen steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungen der Verleger an die Verwertungsgesellschaften ausgehen.

3.3.3.3. Urheberrechtliche Nutzungsrechte

Die Verteilung von Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften aus urheberrechtlichen Nutzungsrechten sind wie folgt zu behandeln (BMF vom 14.10.2021, BStBl I 2021, 2133 unter 2.):

Die Grundsätze des EuGH-Urteils vom 18.1.2017 (s.o.) sind auf Ansprüche aus urheberrechtlichen Nutzungsrechten nicht übertragbar (s.a. EuGH vom 21.1.2021, C-501/19, LEXinform 5217222).

§ 27 VGG regelt die Verteilung von Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften aus urheberrechtlichen Nutzungsrechten. Dies setzt voraus, dass die Verwertungsgesellschaft in ihrem jeweiligen Verteilungsplan eine Ausschüttung des Verlegeranteils vorgibt. Die Regelung gilt unabhängig davon, ob die Rechte vom Urheber oder vom Verleger in die Verwertungsgesellschaft eingebracht wurden. Der Verlegeranteil im Rahmen der urheberrechtlichen Nutzungsrechte ist daher die Ausschüttung, die auf Grund des Verteilungsplans der Verwertungsgesellschaft für den Verleger vorgesehen ist.

Zur mehrwertsteuerrechtlichen Behandlung der Einziehung der urheberrechtlichen Nutzungsrechten beim Endnutzer im eigenen Namen der Verwertungsgesellschaft und für Rechnung der Rechteinhaber hat der EuGH mit Urteil vom 21.1.2021 (C-501/19, LEXinform 5217222) in diesen Fällen das Vorliegen einer Dienstleistungskommission gem. Art. 28 MwStSystRL bestätigt (s.a. die nationale Verwaltungsregelung im BMF-Schreiben vom 14.10.2021 (BStBl I 2021, 2133, s.o.).

Nach dem BMF-Schreiben vom 14.10.2021 (BStBl I 2021, 2133) wird es hinsichtlich aller bis einschließlich 31.12.202 entstandener Vergütungsansprüche aus urheberrechtlichen Nutzungsrechten – auch für Zwecke des Vorsteuerabzug – nicht beanstandet, wenn die Beteiligten übereinstimmend von sonstigen steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungen der Verleger an die Verwertungsgesellschaften ausgehen.

3.4. Fehlende Gegenleistung

Fehlt es an der Gegenleistung, so kann die unentgeltliche Leistungsabgabe (Schenkung) auf unternehmerischen oder auf privaten Motiven beruhen. Haben unternehmerische Gründe den Ausschlag gegeben, dann liegt kein Leistungsaustausch vor. Solche Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 EStG können aber zu einem Vorsteuerabzugsverbot nach § 15 Abs. 1a UStG führen (→ Vorsteuerabzug). Zur Abgrenzung zwischen der Anwendung des § 3 Abs. 1b Nr. 3 und § 15 Abs. 1a UStG s. → Unentgeltliche Wertabgabe. Wird die Leistung aus privaten Erwägungen unentgeltlich bewirkt, dann ist regelmäßig eine unentgeltliche Wertabgabe anzunehmen.

Ein entgeltlicher Leistungsaustausch liegt nicht vor, wenn ein Unternehmer einen Gutschein in Umlauf gibt, der dessen Besitzer berechtigt, eine Leistung des Unternehmers kostenlos in Anspruch zu nehmen (BFH Urteil vom 19.11.2014, V R 55/13, BStBl II 2015, 944).

4. Besonderheiten bei Arbeitgeberleistungen an Arbeitnehmer

4.1. Leistungen gegen Entgelt im Leistungsaustausch

Der Unternehmer (Arbeitgeber) bewirkt mit einer Sachzuwendung eine entgeltliche Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, wenn der ArbN einen Teil seiner Arbeitsleistung als Gegenleistung für den Erhalt der Sachzuwendung erbringt (Abschn. 1.8 Abs. 1 UStAE). Dies kommt dann in Betracht, wenn die Sachzuwendungen als Vergütung für geleistete Dienste gewährt werden (s. Abschn. 4.18.1 Abs. 7 Satz 2 ff. UStAE). Die Verwaltung geht z.B. bei der Gestellung eines Firmenwagens grundsätzlich davon aus, dass es sich um entgeltliche Leistungen des ArbG im Leistungsaustausch handelt (Abschn. 1.8 Abs. 18 i.V.m. Abschn. 15.23 Abs. 8 UStAE; → Firmenwagenüberlassung an Arbeitnehmer, → Fahrradüberlassung an Arbeitnehmer).

Beachte:

Der MwSt-Ausschuss hat in seinen Leitlinien aus der 101. Sitzung vom 20.10.2014 (Dokument H – taxud.c.1(2016)1136484 – 832 REV) mit großer Mehrheit beschlossen (Tz. 4.1 unter 1.), dass eine Dienstleistung gegen Entgelt erfolgt und nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL zu besteuern ist, wenn der Beschäftigte für eine solche Nutzung

  1. eine Zahlung leisten muss oder

  2. einen Teil seiner Barvergütung aufwenden muss oder

  3. gem. einer Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach der Anspruch auf die Nutzung dieser Gegenstände mit dem Verzicht auf andere Vorteile verbunden ist, zwischen verschiedenen vom ArbG angebotenen Vorteilen wählen muss.

Nach fast einstimmiger Auffassung des MwSt-Ausschusses bedeuten weder die Tatsache, dass der Beschäftigte für den ArbG tätig ist, noch die Tatsache, dass die Nutzung gem. dem jeweiligen nationalen Einkommensteuerrecht als Einkommen des Beschäftigten gilt, dass die Nutzung gegen Entgelt erfolgt (s.a. EuGH C-288/19, Rz. 43).

Mit Urteil vom 20.1.2021 (C-288/19, LEXinform 0651670) hat der EuGH die Vorlagefrage des FG Saarbrücken vom 18.3.2019 (1 K 1208/16, EFG 2019, 986, LEXinform 5022079) beantwortet. Gegenstand der Vorlagefrage des FG war die Anwendung des Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG) im Zusammenhang mit der langfristigen »Vermietung« eines Beförderungsmittels. Obwohl sich die Vorlagefrage allein auf die Ortsbestimmungsregel des Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL bezog, prüfte der EuGH zunächst, ob der Vorgang überhaupt der MwSt unterliegt. Der EuGH vergleicht in seinem Urteil die folgenden Konstellationen:

Firmenwagenüberlassung für dienstliche und private Zwecke

kostenfrei an ArbN A

an ArbN B;

vom Gehalt wird ein jährlicher Betrag von 5 700 € einbehalten

Eine Dienstleistung wird nur dann i.S.d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) »gegen Entgelt« erbracht und ist somit steuerbar, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (EuGH C-288/19, Rz. 29).

Es handelt sich um eine Fahrzeugüberlassung, für die der Mitarbeiter

Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang kann sich in den Beziehungen zwischen einem ArbG und seinem ArbN durch einen Teil der Barvergütung konkretisieren, auf den Letzterer als Gegenleistung für eine Leistung des Ersteren verzichten muss (Rz. 30).

  • weder eine Zahlung geleistet,

  • noch einen Teil seiner Barvergütung verwendet

  • und auch nicht nach einer Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach der Anspruch auf Nutzung des Firmenfahrzeugs mit dem Verzicht auf andere Vorteile verbunden ist, zwischen verschiedenen vom ArbG angebotenen Vorteilen gewählt hat.

Diese Leistung kann nicht als eine Dienstleistung gegen Entgelt i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL eingestuft werden (Rz. 32).

Es handelt sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL.

Ebenfalls nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar sind Leistungen, die der Unternehmer an seine ArbN auf Grund des Dienstverhältnisses gegen besonders berechnetes Entgelt, aber verbilligt, ausführt (Abschn. 1.8 Abs. 1 Satz 3 UStAE). In diesen Fällen ist als Entgelt die Mindestbemessungsgrundlage zu prüfen.

4.2. Unentgeltliche Leistungen

Zuwendungen von Gegenständen (Sachzuwendungen) und sonstigen Leistungen an das Personal für dessen privaten Bedarf sind nach § 3 Abs. 1b Nr. 2 und § 3 Abs. 9a UStG auch dann steuerbar, wenn sie unentgeltlich sind. Typischerweise erbringt der ArbG bei der unentgeltlichen Abgabe von Kantinenmahlzeiten an ArbN eine unentgeltliche sonstige Leistung für den Privatbedarf des Personals i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (→ Bewirtung und Mahlzeiten: Arbeitnehmer).

4.3. Nicht steuerbare Leistungen

Keine steuerbaren Umsätze sind → Aufmerksamkeiten und Leistungen, die überwiegend durch das betriebliche Interesse des ArbG veranlasst sind (Abschn. 1.8 Abs. 2 Satz 7 und Abs. 3 und 4 UStAE; → Betriebsveranstaltungen ab VZ 2015).

5. Gesellschaftliche Leistungen

Zum Leistungsaustausch bei Gesellschaftsverhältnissen s. die Verwaltungsanweisungen in Abschn. 1.6 UStR sowie unter → Gesellschafter-Geschäftsführer und → Vorsteuerabzug.

Mit Urteil vom 3.3.2011 (V R 24/10, BStBl II 2011, 950) hat der BFH entschieden, dass die Festvergütung, die der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär einer KG von dieser für seine Haftung nach §§ 161, 128 HGB erhält, als Entgelt für eine einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst, umsatzsteuerpflichtig ist.

Die Haftungsübernahme besitzt ihrer Art nach Leistungscharakter und kann im Falle einer isolierten Erbringung Gegenstand eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustausches zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sein (Abschn. 1.6 Abs. 6 UStAE).

Die steuerbare Haftungsübernahme der GmbH ist nicht steuerbefreit. Insbes. greift nicht die Vorschrift des § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG ein. Nach dieser Rechtsnorm sind steuerfrei die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze. Die Haftungsübernahme der GmbH stellt keine Übernahme einer »anderen Sicherheit« im Sinne dieser Vorschrift dar (so auch Abschn. 4.8.12 Abs. 2 Satz 2 UStAE).

Wird eine Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern tätig, kommt es nicht darauf an, ob sich das – für die Annahme eines Leistungsaustausches erforderliche – der Leistung zugrundeliegende Rechtsverhältnis aus schuld- oder gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen ergibt. Die Entgeltlichkeit bestimmt sich gleichfalls nach dem Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung (FG Münster vom 12.1.2017, 5 K 23/15, EFG 2017, 703, LEXinform 5019990, rkr.).

Sachverhalt und Entscheidungsgründe:

Eine GbR wurde von drei Berufsbetreuern gegründet. Die Betreuer erbringen Dienstleistungen an hilfsbedürftige Personen, die geschäftsunfähig sind oder in ihrer Geschäftsfähigkeit eingeschränkt sind.

Die Betreuer hatten die GbR (Klägerin) zu dem Zweck gegründet, Bürodienstleistungen für ihre Tätigkeit einzukaufen und an die Gesellschafter weiterzuleiten. Die Gesellschaft erfüllte damit den Zweck einer sog. Bürogemeinschaft. Sie mietete u.a. Räume an und beschäftigte eine Bürofachkraft.

Vorliegend besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Die GbR hat auf Grundlage gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen Bürodienstleistungen gegenüber ihren Gesellschaftern erbracht und damit im konkreten Individualinteresse gehandelt. Die Gesellschafter nutzten die Leistungen der GbR, um ihrerseits Leistungen an Dritte zu erbringen. Hierfür hat die GbR Zahlungen erhalten, die vom Umsatz der einzelnen Gesellschafter abhängig waren.

Die Abhängigkeit vom Umsatz führt aber – anders als die GbR (Klägerin) meint – nicht zu einer anderen Bewertung. Im Gegensatz zu Leistungen eines Gesellschafters, bei denen sich die Nichtsteuerbarkeit aus einer gewinnabhängigen Vergütung ergeben kann, besteht diese Möglichkeit für Leistungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter nicht. Grundsätzlich führt jede Art von Aufwendungsersatz des Gesellschafters an die Gesellschaft für deren Leistung umsatzsteuerrechtlich zur Beurteilung als Entgelt (BFH vom 5.12.2007, V R 60/05, BStBl II 2009, 486, Rz. 30).

6. Vereine

6.1. Sponsoring

Die Vfg. der OFD Karlsruhe vom 29.2.2016 (S 7100 – Karte 17, UR 2016, 568) nimmt ergänzend zum BMF-Schreiben vom 13.11.2012 (BStBl I 2012, 1169) zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Sponsorings Stellung. Das BMF-Schreiben vom 13.11.2012 beleuchtet dabei das Sponsoring aus der Sicht des Vereins als Leistungsempfänger (s.a. Abschn. 1.1 Abs. 23 UStAE).

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Sponsorings aus der Sicht des Sponsors s. das BMF-Schreiben vom 25.7.2014 (BStBl I 2014, 1114) sowie Abschn. 1.1 Abs. 23 Satz 3 und 4 UStAE.

Aus der Definition des Begriffs »Sponsoring« ergibt sich, dass umsatzsteuerlich häufig ein steuerbarer Leistungsaustausch vorliegt. Der Sponsor erhält für seine Leistung als Gegenleistung in der Regel eine Werbeleistung des Begünstigten. Maßgebend für die umsatzsteuerliche Beurteilung, sind die vertraglichen (schriftlichen oder mündlichen) Vereinbarungen zwischen dem Sponsor und dem Begünstigten (→ Sponsoring; Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Stichwort »Sponsoring«).

Kein Leistungsaustausch liegt vor, wenn der Empfänger von Zuwendungen aus einem Sponsoringvertrag auf Plakaten, in Veranstaltungshinweisen, in Ausstellungskatalogen, auf seiner Internetseite oder in anderer Weise auf die Unterstützung durch den Sponsor lediglich hinweist. Dieser Hinweis kann unter Verwendung des Namens, Emblems oder Logos des Sponsors, jedoch ohne besondere Hervorhebung oder Verlinkung zu dessen Internetseiten, erfolgen (vgl. Abschn. 1.1 Abs. 23 Satz 1 und 2 UStAE).

Zahlungen im Rahmen des Sponsorings sind Entgelt für steuerpflichtige Leistungen an den Sponsor (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), wenn nach dem jeweiligen Sponsoring-Vertrag konkrete Leistungen (z.B. Banden- oder Trikotwerbung, Anzeigen, Vorhalten von Werbedrucken, Lautsprecherdurchsagen, Überlassung von Eintrittskarten usw.) vereinbart sind (s.a. BFH Urteil vom 7.11.2007, I R 42/06, BStBl II 2008, 949).

Hinweis:

Zur Berücksichtigung von Werbedienstleistungen des Sponsors, die von der Steuerbehörde als überteuert und nutzlos eingestuft werden, hat der EuGH mit Urteil vom 25.11.2021 (C-334/20, LEXinform 0953654) entschieden, dass der Sponsor die Vorsteuer für Werbedienstleistungen in Abzug bringen kann, sofern eine derartige Erbringung von Dienstleistungen einen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsatz i.S.v. Art. 2 MwStSystRL darstellt und mit einem oder mehreren stpfl. Ausgangsumsätzen oder der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Stpfl. als allgemeine Aufwendungen in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang steht, ohne dass zu berücksichtigen wäre, dass der für derartige Dienstleistungen in Rechnung gestellte Preis gegenüber einem von der nationalen Steuerbehörde definierten Referenzwert überhöht ist oder dass diese Dienstleistungen nicht zu einer Steigerung des Umsatzes des Stpfl. geführt haben.

Weist umgekehrt der Sponsor auf seine Unterstützung ohne besondere Hervorhebung lediglich hin, liegt kein Leistungsaustauschverhältnis vor. Von einem zu vernachlässigenden Hinweis i.d.S. kann jedoch nicht ausgegangen werden, sofern dem Sponsor das ausdrückliche Recht eingeräumt wird, die Sponsoringmaßnahme im Rahmen eigener Werbung zu vermarkten. In diesem Fall ist von einer Leistung des Vereins (Zuwendungsempfängers) an den Sponsor auszugehen (Abschn. 1.1 Abs. 23 Satz 3 und 4 UStAE).

6.2. Mitgliedsbeiträge

Nach dem EuGH-Urteil vom 21.3.2002 (C-174/00, UR 2002, 320) erbringt ein Verein, der seinen Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, entgeltliche Leistungen, die die Mitglieder z.B. durch ihre Jahresbeiträge vergüten, ohne dass es für die Steuerbarkeit dieses Leistungsaustausches darauf ankommt, ob der Verein »auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt«. Mit Urteilen vom 9.8.2007 (V R 27/04, DStR 2007, 1719, LEXinform 0585736) und vom 11.10.2007 (V R 69/06, BFH/NV 2008, 322, LEXinform 0588096) hat sich der BFH der EuGH-Rechtsprechung angeschlossen. Danach können Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren Entgelt für die Leistungen eines Sportvereins an seine Mitglieder sein. Mit dieser Rechtsprechung ist die Verwaltungsauffassung, nach der es bei »echten Mitgliederbeiträgen« allgemein an einem Leistungsaustausch fehlt (Abschn. 1.4 Abs. 1 Satz 1 UStAE) nicht vereinbar.

Mit Urteil vom 20.3.2014 (V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470; Anmerkung von Walkenhorst, UStB 2014, 224) bestätigt der BFH seine o.g. Rechtsprechung und definiert darüber hinaus den Begriff der Vermögensverwaltung speziell für die USt neu. Nach der bisherigen Verwaltungsregelung in Abschn. 12.9 Abs. 3 Satz 6 UStAE wird bisher hinsichtlich der Vermögensverwaltung i.S.d. § 14 AO die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht ausgeschlossen. Der BFH legt den Begriff der Vermögensverwaltung nunmehr für die USt einschränkend dahingehend aus, dass es sich um nichtunternehmerische (nichtwirtschaftliche) Tätigkeiten handeln muss. Vermögensverwaltung ist danach z.B. das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen, nicht aber auch die entgeltliche Überlassung von Sportanlagen (Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Stichwort »Sportanlagen«).

Beachte:

Beruft sich eine Vereinigung unmittelbar auf die MwStSystRL und behandelt die anfallenden Mitgliederbeiträge in der Folge abweichend von Abschn. 1.4 UStAE als steuerbares Entgelt für die von ihr gegenüber den Mitgliedern erbrachten Leistungen, kommt die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG grundsätzlich in Betracht (→ Mitgliedsbeitrag, → Sportliche Veranstaltungen). Zur Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG für sportliche Veranstaltungen, die gemeinnützige Sportvereine gegen Mitgliederbeiträge durchführen, nimmt das BMF mit Schreiben vom 4.2.2019 (BStBl II 2019, 115) Stellung.

In Fortsetzung seiner Rechtsprechung führt der EuGH mit Urteil vom 12.2.2009 (C-515/07, UR 2009, 199, LEXinform 0589164) aus, dass es außer Frage steht, dass Tätigkeiten wie die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Mitglieder durch eine Vereinigung keine »der Mehrwertsteuer unterliegende« Tätigkeiten i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL sind, da sie nicht in der entgeltlichen Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen bestehen.

Mit Verweis auf die EuGH-Rechtsprechung u.a. auf das Urteil vom 12.2.2009 (C-515/07, LEXinform 0589164) hat der BFH mit Urteil vom 24.9.2014 (V R 54/13, BFH/NV 2015, 364, LEXinform 0934368) entschieden, dass eine Leistungsbeziehung zwischen Verein und seinen Mitgliedern nicht dadurch entsteht, dass die Verfolgung der Vereinsziele mittelbar auch den wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder dienen.

Sachverhalt und Entscheidung:

Der BFH hat sich mit dem Problem des Vorsteuerabzugs bei einem eingetragenen Verein auseinandergesetzt, der im Wesentlichen Standortförderung betreibt. Die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers sind:

»die Steigerung der Zusammenarbeit, Entwicklungsdynamik und der Anstoß innovativer Projekte am Wissenschafts- und Technologiestandort [des Bundeslandes X] im Bereich der Luft- und Raumfahrt sowie der Satellitennavigation […] und anderer […] Technologien, in denen die Mitglieder besondere Kompetenzen haben«.

Der Verein strebt in diesem Bereich die bestmögliche Koordinierung zwischen Forschung und Lehre, Verwaltung, Politik, Unternehmen und Wirtschaftsverbänden an. Dabei agiert er unabhängig vom Erfolg Einzelner, von Unternehmen oder Institutionen. Zudem enthält er sich der unternehmerischen Marktteilnahme.

Der Verein finanzierte sich im Streitjahr aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Zuschüssen und öffentlichen Fördermitteln. Er machte in seiner Umsatzsteuerjahreserklärung den vollen Vorsteuerabzug u.a. aus der Anmietung und Einrichtung eines Büros sowie aus Werbe- und Reisekosten geltend.

Der BFH kürzt den Vorsteuerabzug im Ergebnis auf eine Quote von 16 %. Lediglich in diesem Umfang ist der Kläger unternehmerisch tätig geworden. Sofern der Verein nur die allgemeinen Interessen der Mitglieder wahrgenommen hat, liegt eine nicht wirtschaftliche Tätigkeit vor. Daher kann insoweit kein Vorsteuerabzug beansprucht werden (s.a. Anmerkung vom 26.2.2015, LEXinform 0946641).

In einem weiteren Urteil vom 13.12.2018 (V R 45/17, BStBl II 2019, 460) hat der BFH zur Erbringung von entgeltlichen Leistungen sowie zur Vorsteuerabzugsberechtigung eines Berufsverbandes folgenden Fall entschieden:

Sachverhalt:

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung als Bundesverband die Interessen eines Industriezweigs vertritt. Er »hat die Aufgabe, seine Mitglieder in sozial-, wirtschafts- und branchenpolitischen sowie fachlichen Fragen national und international zu vertreten und bei ihren wirtschaftlichen Zielen zu unterstützen, soweit sich diese nicht auf den Bereich eines angeschlossenen Landesverbandes beschränken« (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Er »vertritt keine Individual- oder Mehrheitsinteressen einzelner oder mehrerer Mitglieder, die nicht mit den Interessen der gesamten deutschen [X-]Industrie im Einklang stehen. Insbes. ist es ihm untersagt, die Interessen eines oder mehrerer Mitglieder gegenüber einem Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar zu vertreten bzw. durchzusetzen« (§ 2 Abs. 6 der Satzung).

Entsprechend seiner Beitragsordnung stellte der Kläger seinen Mitgliedern hinsichtlich der Mitgliedsbeiträge Rechnungen mit gesondertem Ausweis einer USt von 19 % aus.

Mit seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 14 machte der Kläger für seine Tätigkeit den Vorsteuerabzug geltend. Das FA versagte den Vorsteuerabzug. Der Kläger sei bei seiner Tätigkeit für seine Mitglieder nicht als Unternehmer tätig geworden. Die in den Rechnungen ausgewiesene Steuer schulde er nach § 14c Abs. 2 UStG.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Berufsverband nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG. Dieser muss die allgemeinen Belange aller Berufsangehörigen und nicht nur die besonderen Belange einzelner Angehöriger wahrnehmen.

Entscheidungsgründe:

Als Vorinstanz hat das FG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 13.9.2017 (2 K 2164/15, EFG 2018, 63, LEXinform 5020613) entschieden, dass der Berufsverband einer Wirtschaftsbranche in der Rechtsform eines nicht gemeinnützigen eingetragenen Vereins Unternehmer und zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, soweit er mit seinem sich an alle Mitglieder richtenden Leistungsangebot die Voraussetzungen eines steuerbaren Leistungsaustauschs erfüllt und in den gegenüber seinen Mitgliedern erlassenen Beitragsrechnungen USt gesondert ausweist.

Entscheidend für die Annahme entgeltlicher Leistungen ist, dass der Berufsverband seinen Mitgliedern im Rahmen deren freiwilliger Mitgliedschaft als Gegenleistung für ihre Mitgliedsbeiträge die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Leistungsangebote eröffnet.

Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und entscheiden, dass ein Berufsverband i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG entgeltliche Leistungen an seine Mitglieder oder Dritte im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur erbringen kann, wenn sein Verbandszweck nicht hierauf gerichtet ist, sondern es sich hierbei um eine Nebentätigkeit handelt.

Bei Vereinen, die gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG auch gegenüber ihren Mitgliedern durch Erbringung entgeltlicher Leistungen tätig sein können, ist in Bezug auf das Erfordernis einer entgeltlichen Leistungstätigkeit für die Unternehmereigenschaft wie folgt zu unterscheiden:

  • Leistungen einer Vereinigung zur Förderung bestimmter Branchenerzeugnisse, die die gemeinsamen Interessen der branchenangehörigen Mitglieder betreffen, die dem gesamten Wirtschaftszweig zugutekommen und bei denen sich eine Wirkung zugunsten der einzelnen Mitglieder nur mittelbar aus den Vorteilen ableitet, die allgemein dem gesamten Wirtschaftszweig erwachsen, führen nicht zu einer entgeltlichen Leistungserbringung an die Mitglieder (s.o. EuGH Urteil vom 12.2.2009, C-515/07, UR 2009, 199, LEXinform 0589164).

  • Demgegenüber kann ein Verein gegenüber seinen Mitgliedern entgeltliche Leistungen z.B. dadurch erbringen, dass er diesen dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, die die Mitglieder z.B. durch ihre Jahresbeiträge vergüten, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob der Verein »auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt« (s.o. BFH Urteil vom 20.3.2014, V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470 sowie BMF vom 4.2.2019, BStBl II 2019, 115.

Dies ist auch bei Berufsverbänden i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG zu beachten.

Die Steuerfreiheit des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG der Berufs- und Wirtschaftsverbände beruht auf der gesetzespolitischen Anerkennung ihres Wirkens für die allgemeinen wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder als eines Wirkens im Interesse der Allgemeinheit. Daher muss der Berufsverband die wirtschaftlichen Interessen aller Angehörigen des Berufs- oder Wirtschaftszweigs wahrnehmen und nicht nur Interessen einzelner Angehöriger des Berufs- oder Wirtschaftszweigs als Individualinteressen vertreten.

Somit kann der Berufsverband ohne Verlust der Körperschaftsteuerbefreiung entgeltliche Leistungen an seine Mitglieder oder Dritte im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur erbringen, wenn sein Verbandszweck nicht hierauf gerichtet ist, sondern es sich hierbei um eine Nebentätigkeit handelt. Dementsprechend hat sich die Haupttätigkeit des Berufsverbands auf die Wahrnehmung der allgemeinen Mitgliederinteressen zu beschränken, wobei sich eine Wirkung zugunsten der einzelnen Mitglieder dann nur mittelbar aus den Vorteilen ableiten darf, die sich allgemein aus der Verbandstätigkeit ergeben, sodass es nicht zu einer weitergehenden Leistungserbringung an die Mitglieder kommt. Eine derartige Leistungstätigkeit gegen Entgelt darf – im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs – nur Nebenzweck des körperschaftsteuerfreien Berufsverbands sein.

Damit nicht vereinbar ist, dass die von den Mitgliedern mit ihren Beiträgen bezahlte Verbandsarbeit des Berufsverbands in allen ihren Ausprägungen den individuellen Vorteilen der Mitglieder wirtschaftlich förderlich ist, diesen nicht nur mittelbar zugutekommt, sondern das Tätigkeitsangebot Leistungen vergleichbar ist, wie sie ansonsten auch externe Dienstleister wie Werbeagenturen, Lobbyisten, Interessenvertreter, Networker, technische und wissenschaftliche Berater, Marktanalysten u.a. im Interesse ihrer Auftraggeber gegen Entgelt erbringen. Ebenso entspricht es nicht der Stellung eines körperschaftsteuerbefreiten Berufsverbands, wenn die Mitglieder diesem entsprechend dem Vortrag des Verbandes vorrangig in Erwartung eines individualisierten Nutzens beitreten, es ihnen darum geht, einen Mehrwert für sich zu erhalten, für den sie sonst anderweitige Aufwendungen tätigen müssen, sie eigene Aufgaben zentral durch den Berufsverband erledigen lassen wollen und hierfür Entgelte entrichten, sodass dem Verband in der Gesamtschau die Funktion eines Dienstleisters zukommt.

Hinweis:

Das FG hat im zweiten Rechtsgang über die Unternehmereigenschaft des Berufsverbands dem Grunde und dem Umfang nach neu zu entscheiden.

Der BFH weist darauf hin, dass das FG dabei zu zwei möglichen Entscheidungen gelangen kann:

  1. Das FG kann zu dem Ergebnis einer vollumfänglichen Unternehmerstellung des Klägers kommen. Das FA hätte dann allerdings – ggf. unter Anwendung von § 174 Abs. 2 AO – die sich hieraus ergebenden körperschaftsteuerrechtlichen Konsequenzen zu ziehen.

  2. Sollte das FG demgegenüber von einer nur teilweisen Unternehmerstellung des Klägers bei der Tätigkeit gegenüber den Mitgliedern ausgehen, wäre dies zum einen für die Körperschaftsteuerfreiheit unbeachtlich und würde zum anderen dazu führen, dass die Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerrechtlich teilweise als Entgelt für steuerbare Leistungen anzusehen und dementsprechend aufzuteilen wären. Bei einer derartigen Aufteilung ist dann auch die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG in Betracht zu ziehen. Für den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG kommt es im Übrigen vorrangig auf das Bestehen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Eingangsleistungen und einzelnen nichtsteuerbaren, steuerfreien oder steuerpflichtigen Tätigkeitsbereichen an. Eine Vorsteueraufteilung ist nur für die Leistungsbezüge vorzunehmen, die mit mehreren dieser Bereiche direkt und unmittelbar zusammenhängen.

Das FG Berlin-Brandenburg hat erneut zum umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustausch zwischen einer EWIV (s.u.) und ihren Mitgliedern gegen Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren Stellung genommen (FG Berlin-Brandenburg vom 11.4.2019, 7 K 7194/17, LEXinform 5022209). Anders als in der Revisionsentscheidung vom 13.12.2018 (V R 45/17, BStBl II 2019, 460, Vorinstanz FG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 13.9.2017, 2 K 2164/15, EFG 2018, 63, LEXinform 5020613) handelt es sich bei der EWIV nicht um einen Berufsverband, sodass aus dem BFH-Urteil vom 13.12.2018 (V R 45/17, BStBl II 2019, 460) kein abweichendes Ergebnis abzuleiten ist. Anders als dies möglicherweise bei den Leistungen des dort verfahrensgegenständlichen Berufsverbandes der Fall war, hat die EWIV an ihre Mitglieder nicht lediglich Leistungen erbracht, welche allgemein den wirtschaftlichen Interessen aller Angehörigen eines Berufs- oder Wirtschaftszweigs dienten, sondern im Kern die Individualinteressen nur ihrer Mitglieder vertreten.

Im Urteilsfall handelt es sich um eine Europäische wirtschaftliche Interessenvertretung (EWIV), deren Zweck die europaweite Unterstützung des unternehmerischen Mittelstandes in EU-, EWR- und Drittländern bei allen kaufmännischen, wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Angelegenheiten umfasst, außerdem die Entwicklung und Koordination gemeinsamer Projekte und Strategien, die Markterschließung, die Markt- und Meinungsforschung, die Lobbyarbeit, den Wissens- und Technologietransfer innerhalb des Mitgliederkreises, die Information und Kommunikation und die Revitalisierung und strukturelle Liegenschaftsentwicklung und die hierauf bezogene Prüfung der Einholung von öffentlichen und privaten Fördermitteln.

Die Finanzierung erfolgt durch regelmäßige oder andere Beiträge der Mitglieder, Fördermittel und Aufnahme- und Lizenzgebühren für neue Mitglieder. Abgesehen von den Gründungsmitgliedern kann nur Vollmitglied werden, wer für die Vereinigung nachhaltig aktiv tätig ist und durch regelmäßige, mindestens im 2-Jahres-Turnus zu erwerbende bzw. aufzufrischende Zertifizierung die Eignung für diese Vereinigung nachweist.

Im Streitjahr handelte es sich bei den Mitgliedern der EWIV um Unternehmer (Rechtsanwälte, sonstige Berater, eine Bank) aus Deutschland und dem europäischen Ausland. Die EWIV stellte ihren Mitgliedern jeweils Rechnungen aus, bei den Mitgliedern mit Sitz in Deutschland mit gesondertem Ausweis von 19 % USt, bei den ausländischen Mitgliedern ohne Steuerausweis und mit Hinweis »Reverse Charges (Übertragung der Steuerschuld)«.

Entscheidungsgründe:

Für eine umsatzsteuerbare Leistung der EWIV reicht es aus, wenn sie den Mitgliedern ein Netzwerk zur Kontaktaufnahme mit den anderen Mitgliedern und Anbahnung von Geschäften untereinander zur Verfügung gestellt hat, die Mitglieder auf ihrer Homepage zu Werbezwecken vorgestellt und Veranstaltungen durchgeführt hat, welche die Mitglieder zur Akquise eigener Kunden nutzen konnten. Dies waren die wirtschaftlichen Vorteile, welche die EWIV ihren Mitgliedern zur Verfügung gestellt hat und für die diese die Mitgliedbeiträge und Aufnahmegebühren zu zahlen bereit waren. Die Vernetzung hatte ebenso wie die übrigen Tätigkeiten der EWIV den Zweck, den Mitgliedern konkrete neue Aufträge zu verschaffen. Anders als im Fall des EuGH (EuGH vom 12.2.2009, C-515/07, LEXinform 0589164) beschränken sich die Leistungen der EWIV von daher auch nicht auf die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Mitglieder im Sinne einer reinen Lobbyarbeit. Soweit die Rechtsprechung davon spricht, dass konkrete Individualinteressen der Mitglieder bedient werden müssen, bedeutet dies nicht, dass die Leistungen für jedes Mitglied unterschiedlich sein müssen; vielmehr geht es darum, dass die Leistung dem Mitglied unmittelbar selbst zugutekommen muss, selbst wenn sie unterschiedslos für jedes Mitglied gleich ausgestaltet ist. Dass die Leistungen der EWIV an ihre Mitglieder gleichermaßen auch ihrem eigenen Satzungszweck entsprachen, ist unschädlich. Die EWIV hat auch neben der vorstehend dargelegten wirtschaftlichen Tätigkeit keine nichtwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, der die Eingangsleistungen wenigstens anteilig zugeordnet werden könnten.

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von sog. »Mitgliedsbeiträgen«, welche den Kunden eines zu einer Unternehmensgruppe gehörenden Biosupermarkts den verbilligten Bezug in allen Supermärkten der Unternehmensgruppe ermöglichen, hat das FG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 13.6.2018 (7 K 7226/15, EFG 2018, 1491, LEXinform 5021416, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 21/18, LEXinform 0952091) erneut zum Leistungsaustausch von Mitgliedsbeiträgen Stellung genommen. Mit Urteil vom 18.12.2019 (XI R 21/18, BStBl II 2020, 723; BFH Pressemitteilung Nr. 24/2020 vom 22.5.2020, LEXinform 0456640) hat der BFH die Rechtsauffassung des FG Berlin-Brandenburg bestätigt.

Urteilssachverhalt:

Im Urteilsfall wird den Kunden einer Biosupermarktkette (Kläger) eine Mitgliedschaft angeboten. Dabei zahlen die Kunden eine einmalige Kaution (51,13 €), die sie bei Beendigung der Mitgliedschaft zurückerhalten, und einen monatlichen festen Mitgliedsbeitrag (je nach Einkommen und Familienstand zwischen 10,20 € und 20,40 €) und erhalten einen personalisierten Mitgliedausweis. Die Waren in den Märkten sind jeweils mit einem regulären Preis (sog. VK 1) und einem niedrigeren Preis für Mitglieder (sog. VK 2) ausgezeichnet (sog. Zweipreissystem). Die Mitgliedschaft ermöglicht den verbilligten Einkauf in allen Märkten aller Gesellschaften der B-Gruppe. Die Preise sind in allen Märkten gleich.

Die Warenlieferungen unterliegen zu mehr als 80 % dem ermäßigten Steuersatz und im Übrigen dem Regelsteuersatz; die Mitgliedsbeiträge wurden entsprechend aufgeteilt.

Nach Auffassung des Klägers dienten die Mitgliedbeiträge ausschließlich als Vorauszahlungen für den Warenverkauf, sodass die Einräumung der Mitgliedschaft gegen Zahlung der Mitgliedsbeiträge eine Nebenleistung zu den Warenverkäufen darstelle.

Das beklagte FA meint, in der Einräumung der Mitgliedschaft gegen Zahlung der Mitgliedsbeiträge sei eine eigenständige, in voller Höhe dem Regelsteuersatz unterliegende Leistung zu sehen. Inhalt der Leistung sei die Einräumung eines eigenständigen, persönlichen Rechts zum Erwerb preisermäßigter Waren. Auf eine Veräußerbarkeit des Rechts komme es nicht an. Die Mitgliedschaft stelle aus Sicht des Kunden einen eigenständigen Zweck dar, und eine solche Mitgliedschaft sei auch keine übliche Leistung in Supermärkten. Ein Erwerb der Waren der Klägerin sei auch ohne Mitgliedschaft möglich. FA und FG gingen davon aus, dass die eingeräumte Rabattberechtigung als selbstständige Leistung in vollem Umfang dem Regelsteuersatz unterliege.

Entscheidung des BFH:

Soweit die Zahlung für die Bereitschaft der Klägerin gezahlt worden sei, Waren verbilligt zu liefern, habe die Klägerin eine selbständige Leistung erbracht, an der die Kunden ein gesondertes Interesse gehabt hätten. Ein monatlicher pauschaler Mitgliedsbeitrag sei insbesondere keine Anzahlung auf künftige Warenlieferungen, da das »Ob und Wie« der künftigen Lieferungen bei Abschluss der »Mitgliedschaft« nicht hinreichend bestimmt sei.

Das Urteil des BFH hat wirtschaftlich zur Folge, dass sich die Kosten des Supermarktbetreibers für das von ihm angebotene Rabattmodell erhöhen. Der Verbraucher ist nicht unmittelbar betroffen. Keine Aussage hat der BFH zu anderen Rabatt-Modellen getroffen, bei denen z.B. der Mitgliedsbeitrag vom Umsatz des Kunden abhängt oder mit dem Kaufpreis der Waren verrechnet wird. Auch musste der BFH nicht entscheiden, ob der Fall anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn sich der Rabatt nur auf Waren bezogen hätte, die dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen.

7. Leistungsaustausch bei Verkaufswettbewerben

7.1. Preisvergaben bei von Herstellern oder Lieferanten zur Absatzsteigerung für Händler durchgeführten Verkaufswettbewerben

7.1.1. Grundsätzliches

Zur Steigerung ihrer Umsätze führen Hersteller/Lieferanten von Waren häufig Verkaufswettbewerbe für ihre selbstständigen Verkaufsagenten, für ihre Verkaufshändler oder für deren Verkäufer durch, bei denen sog. Anreize (incentives) in Form von Preisen, z.B. Erlebnisreisen, für die erfolgreichsten Agenten, Händler oder Verkäufer vergeben werden.

Zur umsatzsteuerlichen Beurteilung solcher Preisvergaben hat der BFH in einer Reihe von Urteilen Stellung genommen. Die OFD Frankfurt fasst mit ihrer Vfg. vom 2.9.2015 (S 7109 A – 14 – St 110, UR 2015, 925) die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zusammen.

7.1.2. Preisvergabe an einen Verkaufsagenten

Der im Rahmen eines Verkaufswettbewerbs erhaltene Preis ist neben der vereinbarten Vermittlungsprovision zusätzliches Entgelt für erbrachte Vermittlungsleistung der Verkaufsagenten. Denn die Gewährung des Preises stellt beim Auftraggeber weiteren Aufwand für die Vermittlungsleistung dar, der dem Agenten ohne diese Vermittlungsleistung nicht zugewendet worden wäre (s. BFH Urteil vom 28.7.1994, V R 16/92, BStBl II 1995, 274). Die nachträgliche Entgelterhöhung seiner Vermittlungsleistungen ist vom Agenten nach § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG in dem Besteuerungszeitraum zu erfassen, in dem er Anspruch auf die Werbeprämie erlangt.

Es liegen dann tauschähnliche Umsätze i.S.v. § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG vor, bei denen die Leistungen des Vermittlers durch die Provisionszahlungen und die Zuwendung der Sachpreise (Zuwendung von Gegenständen oder Reisen) vergütet werden. Der für die Begründung eines steuerbaren Zusammenhangs zwischen Vermittlung und Zuwendung des Sachpreises erforderliche unmittelbare Zusammenhang ergibt sich dabei bereits daraus, dass die Sachpreise ohne die Vermittlungstätigkeit nicht versprochen worden wären (BFH Urteile vom 27.1.2011, V R 7/09, BFH/NV 2011, 1030, Rz. 35 sowie V R 6/09, BFH/NV 2011, 1733, Rz. 32).

Die Verwendung des Preises für private Zwecke führt beim Verkaufsagenten nicht zu einer unentgeltlichen Wertabgabe i.S.d. § 3 Nr. 9a Nr. 2 UStG, wenn der Preis – wie z.B. eine Erlebnisreise – lediglich die privaten Interessen des Verkaufsagenten befriedigt und für seine Unternehmertätigkeit ohne wirtschaftliche Bedeutung ist. In diesem Falle ist der Preis von vornherein seinem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen, sodass für einen Eigenverbrauch kein Raum verbleibt.

Beispiel 1:

Ein Küchengerätehersteller K vertreibt seine Produkte u.a. durch selbstständige Verkaufsagenten. K wendet dem Agenten A im Dezember 17 eine Werbeprämie in Form eines Handys (alternativ: Eintrittskarte zu einem Handballspiel) zu. K erwirbt die Prämie zu einem Netto-Preis von 1 000 € zzgl. 190 € USt. A schenkt die Prämie seine Ehefrau zu Weihnachten.

Lösung 1:

Die Zuwendung der Prämie erfolgt im Leistungsaustausch. K führt im Dezember 17 eine steuerpflichtige Leistung aus und schuldet im Voranmeldungszeitraum Dezember 17 USt. Bei einem tauschähnlichen Umsatz (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Der Wert des anderen Umsatzes (die erhöhten Vermittlungsleistungen) ist all das, was K aufgewendet hat, um die erhöhten Vermittlungsleistungen von A zu erhalten (1 000 € Netto). Die von K abzuführende USt beträgt somit 190 €.

Der Agent A hat dem K eine Rechnung über die erhöhten Vermittlungsleistungen zu erteilen, in der er die 190 € gesondert als USt ausweist. K kann diese USt unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuer abziehen.

Aus dem Erwerb der Prämien steht dem K ebenfalls der Vorsteuerabzug zu.

Als Gegenleistung für den Erhalt der Prämie erbringt A die um den Wert der Prämie erhöhten Vermittlungsleistungen. Im Dezember 17 schuldet A zusätzlich 190 € USt.

Das Handy bzw. die Eintrittskarte soll zur Ausführung einer unentgeltlichen Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 bzw. Abs. 9a Nr. 1 UStG verwendet werden. Da A die unternehmensfremde Verwendung bereits beim Erhalt der Prämie beabsichtigt, kann A die Prämie nicht seinem Unternehmen zuordnen und ist demnach nicht zum Vorsteuerabzug i.H.v. 190 € berechtigt. Dafür entfällt die Wertabgabenbesteuerung (s.a. Moldan, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Werbeprämien – Verkaufswettbewerbe von Herstellern und Lieferanten, UStB 3/2016, 78).

7.1.3. Gewinn eines Preises durch den Händler aufgrund eines Verkaufswettbewerbs seines Lieferanten.

Die Zuwendung einer Werbeprämie durch den Hersteller/Lieferanten an einen Wiederverkäufer (Unternehmer, der die Produkte des Herstellers/Lieferanten im eigenen Namen verkauft) führt nach Ansicht des BFH nicht zu einem gesonderten Leistungsaustausch »Werbeprämie gegen Werbeleistung«, da der Wiederverkäufer die Produkte des Herstellers/Lieferanten nicht deshalb vertreibt und bewirbt, um von ihm als Gegenleistung eine Prämie zu erhalten, sondern weil er an einer Umsatz- und Gewinnverbesserung im eigenen Unternehmen interessiert ist (s. dazu Abschn. 10.3. Abs. 2 Sätze 8 und 9 UStAE). Die Zuwendung der (im Rahmen eines Verkaufswettbewerbs) ausgelobten Werbeprämie stellt beim Wiederverkäufer einen Preisnachlass für die zuvor vom Hersteller/Lieferanten erworbenen Produkte dar, und es daher bei ihm zu einer Vorsteuerminderung nach § 17 UStG kommt (s. Abschn. 17.2 UStAE).

Die Bemessungsgrundlage der Leistung des den Preisnachlass gewährenden Unternehmers wird um den Betrag des Preisnachlasses/der Preiserstattung abzüglich der Umsatzsteuer gemindert, die sich nach dem Umsatzsteuersatz berechnet, der auf den Umsatz Anwendung findet, für den der Preisnachlass/die Preiserstattung gewährt wird. Die Minderung der Bemessungsgrundlage beim Unternehmer, der den Preisnachlass/die Preiserstattung gewährt, ist nicht davon abhängig, dass der den Preisnachlass/die Preiserstattung empfangende Abnehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (Abschn. 17.2 Abs. 2 Satz 1 und 6 UStAE).

7.1.4. Preisvergabe an Arbeitnehmer des Händlers aufgrund eines Verkaufswettbewerbs seines Lieferanten

Wendet der Lieferant bei einem Verkaufswettbewerb einen ausgelobten Preis (z.B. Erlebnisreise) einem Händler unter der Auflage zu, den Preis bestimmten ArbN zukommen zu lassen (mittelbare Zuwendung), ist der Händler hinsichtlich der Reise als Leistungsempfänger zu betrachten. Kommt der Preis einem seiner ArbN zugute (indem dieser die gewonnene Reise antritt), erbringt der Händler an seinen ArbN eine steuerbare und steuerpflichtige Zuwendung (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 und § 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG).

Für den Fall der Zuwendung einer Reiseleistung kommt § 25 UStG zur Anwendung. Im Falle einer unentgeltlichen Wertabgabe des ArbG an sein Personal ergibt sich jedoch eine Marge von 0 €, weil sich die Kosten nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG mit den Aufwendungen des Unternehmers für den Erwerb der Reise decken.

Erlangt im Rahmen eines Verkaufswettbewerbs nicht der Händler, sondern einer seiner ArbN einen zivilrechtlichen Anspruch auf den ausgelobten Preis (z.B. Anspruch auf eine Reiseleistung), ist der ArbN als Leistungsempfänger zu betrachten (unmittelbare Zuwendung). Für den Händler ergeben sich mangels einer Zuwendung an ihn keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen im Verhältnis zu seinen Lieferanten weder in Form eines zusätzlichen Entgelts noch in Form eines Preisnachlasses. Der Händler erbringt in diesem Fall auch keine steuerbaren Umsätze durch Zuwendungen an seinen ArbN.

Zwischen Lieferanten und den ArbN der Händler (= Empfänger des ausgelobten Preises) findet ein Leistungsaustausch statt. Die Arbeitnehmer veräußern die Waren durch die Zurverfügungstellung ihrer Arbeitskraft, um den ausgelobten Preis vom Lieferanten zu erhalten (s.a. Abschn. 3.3 Abs. 20 Spiegelstrich 4 UStAE).

Beispiel 2:

Ein Küchengerätehersteller K vertreibt seine Produkte u.a. durch selbstständige Händler. K wendet einem Händler-Arbeitnehmer A im Dezember 17 eine Werbeprämie in Form eines Handys (alternativ: Eintrittskarte zu einem Handballspiel bzw. eine Reise) zu, ohne dass der Händler als Arbeitgeber in die Leistungskette eingeschaltet ist. K erwirbt die Prämie zu einem Netto-Preis von 1 000 € zzgl. 190 € USt.

Lösung 2:

Die Zuwendung der Prämie erfolgt im Leistungsaustausch. K führt im Dezember 17 eine steuerpflichtige Leistung aus und schuldet im Voranmeldungszeitraum Dezember 17 die USt. Bei einem tauschähnlichen Umsatz (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Der Wert des anderen Umsatzes (die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers A) ist all das, was K aufgewendet hat, um die Arbeitskraft von A zu erhalten (1 000 € Netto). Die von K abzuführende USt beträgt somit 190 €.

Der ArbN A tätigt eine nichtsteuerbare Leistung an K.

Aus dem Erwerb der Prämien steht dem K der Vorsteuerabzug zu, da er die Prämie zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze im Leistungsaustausch verwendet.

Als Gegenleistung für den Erhalt der Prämie erbringt A die um den Wert der Prämie erhöhte Arbeitskraft. Da die Leistung des ArbN nicht steuerbar ist (fehlende Unternehmereigenschaft) schuldet A keine USt.

Mit der Reise bewirkt K eine Reiseleistung, die der Margenbesteuerung nach § 25 UStG unterliegt. Da sich insoweit jedoch keine positive Marge ergibt, muss K keine USt abführen. Dafür kann er aber nach § 25 Abs. 4 UStG keine Vorsteuer (190 €) aus dem Erwerb der Reise abziehen.

7.2. Verkaufswettbewerbe im Vertrieb von Haushaltsware

Gerade im Vertrieb von Haushaltsware (Tupperware) werden Bezirkshändlerinnen im eigenen Namen und auf Rechnung (Kommissionärin) der Haushaltswaren-GmbH (GmbH) tätig, indem sie Haushaltsware an Endverbraucher liefern. Die Bezirkshändlerin beauftragt wiederum Beraterinnen und Gruppenberaterinnen, Warenlieferungen an Endverbraucher zu vermitteln, und vergütet die Vermittlungsleistungen mit einer bestimmten Provision des von ihnen vermittelten Umsatzes. Die Gruppenberaterinnen erhalten zusätzlich eine Provision gemessen an der Höhe des Umsatzes ihrer Gruppe.

Neben der Provision erhalten die Beraterinnen Wettbewerbspreise. Sie können diese Preise im Rahmen sog. Umsatzwettbewerbe bei Erreichen bestimmter Umsatzgrenzen und im Rahmen sog. Rekrutierungswettbewerbe, bei denen es um die Anwerbung neuer Beraterinnen geht, erhalten. Bei den Wettbewerbspreisen handelt es sich um Gegenstände oder Reisen. Für die Wettbewerbe stellt die GmbH der Bezirkshändlerin Prospekte zur Verfügung, in denen die einzelnen Wettbewerbspreise und die entsprechenden Wettbewerbsbedingungen für das Erreichen bestimmter Umsatzgrenzen oder für die Rekrutierung neuer Beraterinnen für den jeweils vorgegebenen Zeitraum beschrieben werden. Die Prospekte richten sich direkt an die Beraterinnen. Auf den Prospekten befinden sich Name, Adresse und Internetadresse der GmbH. Die Bezirkshändlerin erhält von der GmbH die ausgeschriebenen Preise sowie eine Rechnung darüber als »Sonderofferte«. Die Beraterin beantragt die Preise bei der Bezirkshändlerin, die dann, nach Prüfung der Zielerreichung, die Preise aushändigt. Die GmbH stellt der Bezirkshändlerin die an die jeweiligen Beraterinnen übergebenen Wettbewerbspreise stückweise in Rechnung.

Neben den Wettbewerbspreisen erhalten auch Gastgeberinnen, die Räumlichkeiten für Verkaufspartys zur Verfügung stellen, Geschenke. Welches Geschenk die einzelne Gastgeberin erhält, hängt insbes. von den auf der Party erzielten Umsätzen und der Anzahl der durchgeführten Partys ab. Die Gastgebergeschenke werden von der GmbH in der gleichen Weise abgerechnet wie die von den Beraterinnen gewonnenen Wettbewerbsgeschenke.

Mit Urteil vom 27.1.2011 (V R 7/09, BFH/NV 2011, 1030, LEXinform 0927366) hat der BFH zum Leistungsaustausch bei Verkaufswettbewerben entschieden, dass dann, wenn der Handelsvertreter zugunsten seiner Verkaufsvermittler Wettbewerbspreise im eigenen Namen auslobt, diese zusätzliches Entgelt für die Vermittlungsleistungen sind, die der den Preis erhaltene Vermittler an den Handelsvertreter erbringt.

Nach ständiger Rspr. sind entgeltliche Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (s.a. Abschn. 1.1 Abs. 1 UStAE). Nach diesem Rechtsverhältnis bestimmt sich auch die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers (BFH Urteil vom 23.9.2009, XI R 14/08, BStBl II 2010, 243). Dies gilt auch für die Abgabe von Sachleistungen im Rahmen von Verkaufswettbewerben. Es ist dann nach Maßgabe der zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen dem Fall einer »Leistungskette« und dem Fall einer Direktleistung zu differenzieren.

Der BFH hat sein Urteil darauf gestützt, dass die GmbH die Geschenke nicht unmittelbar an die Beraterinnen auslobte, sondern zivilrechtliche und dementsprechend umsatzsteuerrechtliche Leistungsbeziehungen nur zwischen der GmbH und der Bezirkshändlerin einerseits und der Bezirkshändlerin und den Beraterinnen andererseits bestanden. Die Abgabe der Preise erfolgt im Rahmen tauschähnlicher Umsätze nach § 3 Abs. 12 UStG, bei denen die Bezirkshändlerin die Abgabe der Sachpreise als eigene Leistung zu versteuern hat. Gleiches gilt auch für die Gastgeberinnengeschenke, bei denen sich der unmittelbare Zusammenhang daraus ergibt, dass sie nur abgegeben werden, wenn eine Gastgeberin Räumlichkeiten für Verkaufsaktionen zu Verfügung stellt.

8. Leistungsaustausch bei der Ausgabe von Hotelschecks

Der Stpfl. vertreibt für einen Betrag von 49,90 € sog. »Hotelschecks«. Er verpflichtet sich gegenüber den Erwerbern der »Hotelschecks«, ihnen die Buchung von drei kostenlosen Übernachtungen in einem der im Hotelkatalog des Stpfl. genannten über 2 500 Hotels unter den dort genannten Bedingungen zu ermöglichen. Der Kunde muss pro Kopf und Tag einen je nach Qualität des Hotels unterschiedlichen Betrag für Frühstück und Abendessen (zuzüglich Getränke) entrichten.

Das Hotelzimmer hat der Kunde beim Vertragshotel selbstständig zu buchen. Nach erfolgreicher Buchung muss er das Original des um den Namen des Hotels ergänzten »Hotelschecks« als Buchungsbestätigung an den Stpfl. zurücksenden, der den Scheck dann als Vermittler im Namen des Kunden dem Hotel übersendet.

Der Stpfl. ist der Auffassung, eine entgeltliche Leistung liege nicht vor, weil im Zeitpunkt der Ausgabe der »Hotelschecks« noch nicht feststehe, ob der Erwerber von dem Angebot Gebrauch mache und welches Hotel er wähle.

Mit Urteil vom 8.9.2011 (V R 42/10, BStBl II 2012, 248) hat der BFH entschieden, dass nach ständiger Rspr. dann ein Leistungsaustausch vorliegt, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarerer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Aufgrund der rechtsgeschäftlichen Verknüpfung zwischen der vom Stpfl. versprochenen Leistung und der Zahlung des jeweiligen Vertragspartners bejaht der BFH einen unmittelbaren Zusammenhang. Der Stpfl. tätigt Vermittlungsleistungen. Das von den Erwerbern der »Hotelschecks« bei deren Erwerb bezahlte Entgelt unterliegt als Anzahlung im Inland der USt.

9. Ökopunkte-Handel

Gebietskörperschaften und private Eingriffsverursacher sind nach dem Baugesetzbuch, dem Bundesnaturschutzgesetz und den Naturschutzgesetzen der Länder verpflichtet, Ausgleichsmaßnahmen für die mit der Bebauung von Grundstücksflächen verbundenen Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild zu schaffen. Durch die Novellierung des BauGB können diese Ausgleichsmaßnahmen sowohl räumlich als auch zeitlich unabhängig von dem Eingriff selbst durchgeführt werden.

Die räumliche Flexibilisierung erfolgt im Rahmen der Einrichtung von Ersatzflächenpools. Die zeitliche Flexibilisierung erfolgt durch die Schaffung von Ökokontenmodellen.

Die Ausgleichsmaßnahme kann insoweit bereits zu einem Zeitpunkt durchgeführt werden, in welchem mit dem ausgleichspflichtigen Eingriff noch gar nicht begonnen wurde. Die Ausgleichsmaßnahmen werden in Ökopunkte umgerechnet, die auf sog. Ökokonten gutgeschrieben werden, um sie späteren Eingriffen zuzurechnen. Voraussetzungen für die Einrichtung eines Ökokontos sind eine Freiwilligkeit der durchzuführenden Maßnahme, eine dauerhaft günstige Wirkung auf den Naturhaushalt und die vorherige Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde zur geplanten Maßnahme.

Die Ökopunkte sind handelbar und können einerseits als Kompensationsmaßnahmen für eigene, künftige Eingriffe in die Natur und Landschaft herangezogen werden oder andererseits an fremde Dritte veräußert werden. Der Handel mit derartigen »Aufwertungsrechten« wird »Ökopunkte-Handel« genannt. Abnehmer der Ökopunkte sind Bauherren, die durch die Bebauung von Grundstücken aufgrund des Baugesetzbuches des Bundesnaturschutzgesetzes als Eingriffsverursacher verpflichtet sind, Ausgleichsflächen für den Eingriff zu schaffen.

Zu der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Ökopunkte-Handels nimmt die OFD Frankfurt mit Vfg. vom 7.7.2020 (S 7100 A – 266 – St 110, UR 2021, 369) Stellung.

Zwischen der zuständigen Behörde einerseits und den Verkäufern der Ökopunkte bzw. dem Eingriffsverursacher andererseits besteht kein Leistungsaustausch, da sowohl die Erteilung der Ökopunkte als auch die Abbuchung der Ökopunkte vom Ökokonto eine hoheitliche Maßnahme darstellt. Ein Leistungsaustausch erfolgt jedoch zwischen dem Verkäufer der Ökopunkte und dem Eingriffsverursacher.

Der Verkäufer ist von dem Zeitpunkt an als Unternehmer anzusehen, in dem er sich ernsthaft, nach außen objektiv erkennbar, zum Handel mit seinen Ökopunkten entschieden hat. Ab diesem Zeitpunkt können Vorsteuerbeträge für durchgeführte Ersatzmaßnahmen geltend gemacht werden. Der Verkauf der Ökopunkte stellt eine sonstige Leistung dar, veräußert wird der Anspruch auf Anrechnung als Ersatzmaßnahme, vergleichbar mit dem Handel von Treibhausgasemissionszertifikaten.

In dem Fall, in dem eine gemeinnützige Einrichtungen Ökopunkte verkauft und die Erlöse dem ideellen Bereich zuordnen kann, sind die Umsätze dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG).

Zu der Frage, wie die einer steuerbegünstigten Körperschaft zur Verfügung gestellten Mittel für den Ankauf einer Fläche und deren biotopgerechten Gestaltung steuerlich zu behandeln sind, wenn das zahlende gewerbliche Unternehmen damit seiner Verpflichtung zur Schaffung von Ausgleichsflächen für einen Eingriff in die Natur nachkommt, nimmt die Vfg. der OFD Frankfurt vom 6.8.2019 (S 0184 A – 20 – St 53, DStR 2019, 2542) Stellung.

10. Umtausch der virtuellen Währung »Bitcoin« in konventionelle Währung

Mit Urteil vom 22.10.2015 (C–264/14, BStBl II 2018, 211) hat sich der EuGH mit der Frage der schwedischen Steuerbehörde befasst, ob der Umtausch einer virtuellen Währung in eine konventionelle Währung und umgekehrt ein steuerbarer Umsatz des Herrn H ist, wenn für die bezeichneten Umsätze eine Vergütung zu entrichten ist, die der Spanne entspricht, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Währungen ankauft, und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird.

»Bitcoins« sind eine virtuelle Währung, die im Internet für Zahlungen zwischen Privatpersonen sowie in bestimmten Internetshops, die diese Währung akzeptieren, verwendet wird. Die Nutzer können diese Währung auf der Grundlage eines Wechselkurses kaufen und verkaufen. Nach Auffassung dieser Kommission sind »Bitcoins« ein Zahlungsmittel, das wie gesetzliche Zahlungsmittel verwendet wird.

In seinem Urteil geht der EuGH davon aus, dass Umsätze in Form des Umtauschs konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung »Bitcoin« (und umgekehrt) Dienstleistungen gegen Entgelt i.S.d. Richtlinie darstellen, da sie im Umtausch verschiedener Zahlungsmittel bestehen und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der von Herrn H erbrachten Dienstleistung und dem von ihm erhaltenen Gegenwert besteht, d.h. der Spanne, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem er die Währungen ankauft, und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird.

Der EuGH stellt in Rz. 24 ff. seiner Entscheidung C-264/14 fest, dass die virtuelle, beidseitig handelbare Währung »Bitcoin«, die im Rahmen der Umtauschgeschäfte gegen konventionelle Währungen getauscht wird, nicht als Gegenstand i.S.v. Art. 14 MwStSystRL eingestuft werden kann, da der Zweck dieser virtuellen Währung ausschließlich in der Verwendung als Zahlungsmittel besteht. Gleiches gilt für konventionelle Währungen, da es sich um Geld handelt, das gesetzliches Zahlungsmittel ist.

Folglich fallen die in Rede stehenden Umsätze, die im Umtausch verschiedener Zahlungsmittel bestehen, nicht unter den Begriff »Lieferung von Gegenständen«, der in dem genannten Art. 14 MwStSystRL verwendet wird. Unter diesen Umständen stellen diese Umsätze Dienstleistungen i.S.v. Art. 24 MwStSystRL dar.

Hinzuweisen ist noch darauf, dass die o.g. Dienstleistungen, die im Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung »Bitcoin« und umgekehrt bestehen und die gegen die Zahlung eines Betrags ausgeführt werden, der der Spanne entspricht, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Währungen ankauft, und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird, nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL von der Mehrwertsteuer befreit sind.

Nach dem BMF-Schreiben vom 27.2.2018 (BStBl I 2018, 316) sind die Grundsätze des EuGH-Urteils vom 22.10.2015 (C-264/14, BStBl II 2018, 211) in Deutschland entsprechend anzuwenden. Bei dem Umtausch von konventionellen Währungen in Bitcoin und umgekehrt handelt es sich um eine steuerbare sonstige Leistung, die im Rahmen einer richtlinienkonformen Gesetzesauslegung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei ist. Dies gilt nicht für virtuelles Spielgeld (sog. Spielwährungen oder Ingame-Währungen, insbes. in Onlinespielen), da dieses kein Zahlungsmittel i.S.d. MwStSystRL darstellt (s.a. Abschn. 4.8.3 Abs. 3a UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 27.2.2018).

Die Verwendung von Bitcoin wird der Verwendung von konventionellen Zahlungsmitteln gleichgesetzt, soweit sie keinem anderen Zweck als dem eines reinen Zahlungsmittels dienen. Die Hingabe von Bitcoin zur bloßen Entgeltentrichtung ist somit nicht steuerbar.

Bei Zahlung mit Bitcoin bestimmt sich das Entgelt beim Leistenden grundsätzlich nach dem Gegenwert in der Währung des Mitgliedsstaates, in dem die Leistung erfolgt und zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Leistung ausgeführt wird. In analoger Anwendung des Art. 91 Abs. 2 MwStSystRL soll die Umrechnung zum letzten veröffentlichten Verkaufskurs (z.B. auf entsprechenden Umrechnungsportalen im Internet) erfolgen. Dieser ist vom leistenden Unternehmer zu dokumentieren.

Das BMF-Schreiben vom 27.2.2018 (BStBl I 2018, 316) befasst sich neben den oben zitierten Themen wie Umtausch von Bitcoins und die Verwendung von Bitcoin als Entgelt mit den Aspekten

  • Transaktionsgebühren der »Miner«. Die sog. »Miner« erfüllen in dem auf mathematischen Algorithmen beruhenden Programm des Bitcoin-Systems eine zentrale Aufgabe, da die Leistung ihrer Rechnernetzwerke Grundvoraussetzung für die Aufrechterhaltung des Systems ist. Miner stellen für das »Schürfen« von Bitcoin dem sog. Miningpool ihre Rechnerleistung zur Verfügung, zeichnen Transaktionen in einem sog. »Block« auf und transferieren diesen anschließend in die sog. »Blockchain«.

    Bei den Leistungen der Miner handelt es sich um nicht steuerbare Vorgänge. Die sog. Transaktionsgebühr, welche die Miner von anderen Nutzern des Systems erhalten können, wird freiwillig gezahlt und steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Leistungen der Miner.

    Auch die Entlohnung in Form des Erhalts neuer Bitcoin durch das System selbst ist nicht als Entgelt für die Minerleistungen anzusehen, da die Minerleistungen nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden. Dieses setzt neben dem Leistenden das Vorhandensein eines identifizierbaren Leistungsempfängers voraus.

  • Zahlungen für »Wallets«. Die »Wallets« (elektronische Geldbörsen) werden auf dem Computer, Tablet oder Smartphone gespeichert und dienen der Aufbewahrung der sog. virtuellen Währung.

    Eine Wallet kann z.B. eine App für ein Smartphone sein, die aus einem Appstore heruntergeladen werden kann. Soweit Anbieter für die digitalen Wallets eine Zahlung von Gebühren verlangen, liegen auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG vor, die nach Maßgabe des § 3a Abs. 2 bzw. Abs. 5 Satz 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig sind, soweit der Leistungsort im Inland liegt (vgl. hierzu auch Abschnitt 3a.9a Abs. 1 bis 8 UStAE).

  • Zur Verfügung stellen einer Handelsplattform für Bitcoins. Stellt der Betreiber einer Handelsplattform seine Internetseite als technischen Marktplatz zum Erwerb bzw. Handel von Bitcoin den Marktteilnehmern zur Verfügung, handelt es sich um die Ermöglichung der rein EDV-technischen Abwicklung. Nach der bisherigen Verwaltungsregelung des BMF-Schreibens vom 27.2.2018 (BStBl I 2018, 316) kam eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG hierfür nicht in Betracht.

    Mit BMF-Schreiben vom 3.5.2021 (BStBl I 2021, 713) zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Leistungen von Börsen und anderen Handelsplattformen für Finanzprodukte wird Tz. I Buchst. c des BMF-Schreibens vom 27.2.2018 (BStBl I 20218, 316) aufgehoben.

    Stellt z.B. der Betreiber einer Handelsplattform für virtuelle Währungen den Marktteilnehmern seine Internetseite als technischen Marktplatz zum Erwerb bzw. Handel, z.B. von Bitcoin, zur Verfügung, kann unter Zugrundelegung der Grundsätze des BMF-Schreibens vom 3.5.2021 (BStBl I 2021, 713) die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG in Betracht kommen (BMF vom 3.5.2021, BStBl I 2021, 713 unter III.). S.a. den nachfolgenden Gliederungspunkt.

11. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Leistungen von Börsen

11.1. Allgemeine Grundsätze

Zur umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Leistungen von Börsen und anderen Handelsplattformen für Finanzprodukte s. BMF vom 3.5.2021 (BStBl I 2021, 713).

In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob die betreffenden Leistungen umsatzsteuerrechtlich eine einheitliche Leistung bilden oder ob von mehreren getrennt zu beurteilenden selbstständigen Einzelleistungen auszugehen ist (vgl. Abschn. 3.10 Abs. 1 bis 4 UStAE).

Für die nach diesen Grundsätzen beurteilten Leistungen von Akteuren im Börsengeschäft ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob eine Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 UStG, insbes. § 4 Nr. 8 Buchstabe e UStG, anzuwenden ist. Nach § 4 Nr. 8 Buchstabe e UStG sind Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze steuerfrei.

Umsatzsteuerbefreite Finanzdienstleistungen sind von rein materiellen oder technischen Leistungen zu unterscheiden. Hierbei ist insbes. der Umfang der Verantwortung des Dienstleistungserbringers gegenüber dem Leistungsempfänger sowie die Frage, ob sich diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt oder auf spezifische und wesentliche Elemente der Umsätze erstreckt, zu berücksichtigen (BFH vom 16.11.2016, XI R 35/14, BStBl II 2017, 327).

11.2. Leistungen einer Börse als »Zentraler Kontrahent«

Der Börsenbetreiber kann als zentraler Kontrahent in eine Wertpapierabwicklung eintreten, indem er die Wertpapiere von den betroffenen Handelsteilnehmern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ankauft und weiterverkauft. Darüber hinaus stellt der Börsenbetreiber die Handelsplattform zur Verfügung und erbringt damit IT-Dienstleistungen.

Die IT-Dienstleistungen sind Nebenleistungen zu der Hauptleistung zum Wertpapierhandel oder im Derivatehandel. Für den Wertpapierhandel ist eine elektronische Anbindung des Nutzers an die jeweilige Handelsplattform zwingend erforderlich. Diese Anbindung erfolgt aus Sicht des Kunden ausschließlich zu dem Zweck, den Wertpapierhandel oder den Derivatehandel durchzuführen. Eine eigene wirtschaftliche Bedeutung kommt ihr nicht zu. Sie stellt für den Nutzer lediglich das (technische) Hilfsmittel dar, um unter optimalen Bedingungen Wertpapieran- bzw. -verkäufe zu tätigen.

Die technische Anbindung von Marktteilnehmern an den Börsenbetrieb und das Bereitstellen der Börsenprogramme ist Teil der einheitlichen Gesamtleistung, die nach den Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG insgesamt umsatzsteuerfrei sein kann, soweit die Leistung im Inland umsatzsteuerbar ist (BMF vom 3.5.2021, BStBl I 2021, 713 unter Tz. II.1).

Der leistende Unternehmer kann unter den Voraussetzungen des § 9 UStG zur Umsatzsteuerpflicht optieren, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht wird.

Sofern der Unternehmer wirksam zur Steuerpflicht optiert, steht ihm unter den übrigen Voraussetzungen aus den entsprechenden Eingangsleistungen ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG zu. Erfolgt keine Option, richtet sich der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG. In diesem Fall steht dem Unternehmer unter den übrigen Voraussetzungen nur dann ein Vorsteuerabzug zu, wenn die sonstige Leistung an einen im Drittland ansässigen Empfänger erbracht wird (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG; → Vorsteuerabzug).

11.3. Börsenbetreiber als Abwickler und technischer Anbieter im Börsengeschäft

Es handelt sich um sonstige Leistungen eines Börsenbetreibers, bei denen dieser die IT-Dienstleistungen zur Abwicklung des Matchings, des Clearings und der Darstellung des Settlements erbringt, die Handelsplattform bereitstellt und die Abwicklung der Transaktionen vornimmt. Der Börsenbetreiber kauft oder verkauft keine Wertpapiere im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Stattdessen handeln die Handelsteilnehmer unmittelbar untereinander (Kauf und Verkauf von Wertpapieren).

Verfahrensbeschreibung:

Für das Matching (= elektronisches Verfahren zur Zusammenführung von Kauf- und Verkaufsorder) erhebt der Börsenbetreiber eine Transaktionsgebühr.

Anschließend übernimmt der Börsenbetreiber das Clearing (= Prozess der Erstellung von Positionen, darunter die Berechnung von Nettoverbindlichkeiten und die Gewährleistung, dass zur Absicherung des aus diesen Positionen erwachsenden Risikos Finanzinstrumente, Bargeld oder beides zur Verfügung stehen), indem er das Matching abwickelt.

Danach erfolgt das Settlement (= Darstellung des Erfüllungsgeschäftes bei den Depotbanken des Käufers und Verkäufers).

S. Tz. II.2 des BMF-Schreibens vom 3.5.2021 (BStBl I 2021, 713).

Werden Matching, Clearing und Settlement durch einen einzigen Leistungserbringer erbracht, liegt eine einheitliche sonstige Leistung vor. Das Clearing und das Settlement dienen der Abwicklung des Matchings. Es handelt sich dabei um Nebenleistungen zur Hauptleistung Matching, da sie für die Erfüllung des Börsengeschäfts durch den Börsenbetreiber zwingend erforderlich sind und es beim Erbringen von Matching, Clearing und Settlement durch einen einzigen Leistenden gerade um die Verbindung dieser Elemente geht.

Es handelt sich um eine im Inland umsatzsteuerbare, sonstige Leistung, bei der grundsätzlich die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG vorliegen, da die Durchführung des Matchings den wirtschaftlichen Gehalt dieser Leistung prägt.

11.4. Börsenbetreiber als technischer Anbieter der IT-Börsenprogramme

Stellt der Börsenbetreiber als technischer Anbieter die IT-Börsenprogramme zur Verfügung und betreibt diese, handelt es sich um sonstige Leistungen. Der Börsenbetreiber erbringt dabei gegenüber den Leistungsempfängern nur IT-Dienstleistungen (z.B. technische Anbindung an den Börsenbetrieb zur Nutzung der Börsenprogramme), ohne dass die Leistungsempfänger selbst Transaktionen auf dem Börsenplatz vornehmen (z.B. Hochschulen für Forschungszwecke, Presseberichterstattung, Planung von Vermögensanlagen).

In diesen Fällen handelt es sich bei den Leistungen des Börsenbetreibers um eine reine Weiterüberlassung von Datenkapazität und IT-Zugängen (technische Anbindung/Bereitstellung von IT) ohne Zusammenhang mit einem Handelsgeschäft (Kauf oder Verkauf von Wertpapieren). Diese Leistungen sind als eigenständige sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 UStG zu beurteilen. Liegt der Ort dieser sonstigen Leistungen nach § 3a Abs. 1 – vorbehaltlich der Abs. 2 bis 8 und der §§ 3b, 3e UStG – im Inland, sind diese Leistungen – mangels Vorliegen der Voraussetzungen einer Umsatzsteuerbefreiung – auch umsatzsteuerpflichtig (s. Tz. II.3 des BMF-Schreibens vom 3.5.2021, BStBl I 2021, 713).

11.5. Anwendung des BMF-Schreibens vom 3.5.2021

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden (s. Tz. II.4 des BMF-Schreibens vom 3.5.2021, BStBl I 2021, 713).

Hat der Börsenbetreiber (leistender Unternehmer) die vor dem 1.7.2021 erbrachten unselbstständigen Nebenleistungen in Form der IT-Dienstleistungen als eigenständige Leistungen angesehen und entsprechend USt gesondert ausgewiesen und diesen Steuerbetrag abgeführt, ohne dass für die eigentlichen (Haupt-)Leistungen in Form der nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umsatzsteuerfreien Umsätze im Wertpapierhandel nach § 9 Abs. 1 UStG optiert wurde, wird diese Behandlung der Ausgangsumsätze nicht beanstandet. Es wird auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers nicht beanstandet, wenn er aus derartigen Rechnungen unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG einen Vorsteuerabzug vornimmt.

Hat der Börsenbetreiber die vor dem 1.7.2021 erbrachten unselbstständigen Nebenleistungen in Form der IT-Dienstleistungen als eigenständige Leistungen angesehen und entsprechend USt gesondert ausgewiesen und diesen Steuerbetrag abgeführt, wird es nicht beanstandet, wenn die Vorsteuerbeträge aus bezogenen Leistungen für diese IT-Dienstleistungen unter Anwendung eines zulässigen Aufteilungsschlüssels sachgerecht geschätzt werden (§ 15 Abs. 4 UStG).

12. Crowdfunding

12.1. Definition des Crowdfundings

Auf der Homepage des Crowdfunding-Informationsportals (www.crowdfunding.de/was-ist-crowdfunding) finden sich Erläuterungen zum Crowdfunding. Crowd (aus dem Englischen für (Menschen-)Menge und funding (für Finanzierung) – zusammen Crowdfunding – bedeutet somit eine Finanzierung bestimmter Projekte durch eine Vielzahl von Menschen. Die Crowdfunding-Projekte werden meist über das Internet organisiert (s.a. DATEV-Lexikon Wirtschaft unter Innovationen in Finanzmärkten – Crowd Funding, LEXinform 2299393; DATEV Redaktion LEXinform, Finanzierung für Startups – Internet-Tipp, LEXinform 2500098).

Zur Definition des Crowdfunding s.a. das BMF-Schreiben vom 15.12.2017 (BStBl I 2018, 246) zur spendenrechtlichen Beurteilung von »Crowdfunding« (§ 10b EStG). Crowdfunding bezeichnet eine Form der Mittelakquise unter Nutzung internetbasierter Strukturen, die die Beteiligung einer Vielzahl von Personen (der »Crowd«) ermöglicht. Dabei werden die einzelnen durch einen Dritten (»Projektveranstalter«) durchzuführenden Projekte oder zu entwickelnden Produkte auf einer Internetplattform (sog. »Crowdfunding-Portal«) vorgestellt und gezielt Gelder zur Erreichung eines häufig festen Finanzierungsziels eingeworben. Organisation und Abwicklung der einzelnen Akquisemethoden können dabei sehr unterschiedlich gestaltet sein (s.a. → Spendenabzug).

12.2. Mehrwertsteuerliche Behandlung von Crowdfunding

Der Mehrwertsteuer-Ausschuss der EU hat eine Leitlinie zur mehrwertsteuerlichen Behandlung von Crowdfunding verabschiedet (EU-Kommission vom 30.3.2015, taxud.c.1(2015)5528628–870, SIS 15 26 21).

Beim Crowdfunding werden vier verschiedene Modelle unterschieden:

Crowdfunding-Modelle:

reward-based Crowdfunding

donation-based Crowdfunding

equity-based Crowdfunding

lending-based Crowdfunding

Crowdfunding auf Belohnungsbasis: eine Person (Beitragsleistender) leistet einen finanziellen Beitrag zu einer Crowdfunding-Kampagne und erhält als Gegenleistung von der Person, an die die finanziellen Beiträge der Beitragsleistenden zur Crowdfunding-Kampagne fließen (Unternehmer), eine nichtfinanzielle Belohnung in Form von Gegenständen oder Dienstleistungen.

Crowdfunding auf Spendenbasis: Crowdfunding kann einer Spende gleichgestellt werden, wenn der Normalwert der Gegenstände oder Dienstleistungen, die der Unternehmer als Gegenleistung für den geleisteten Beitrag liefert bzw. erbringt, niedriger als der erhaltene Beitrag ist; dies trifft jedoch nur dann zu, wenn die Gegenleistung zugunsten des Beitragsleistenden unerheblich ist oder in keinem Zusammenhang mit der Höhe des Beitrags steht.

Crowdfunding mit Gewinnbeteiligung (Crowdinvesting): der Beitragsleistende erhält in einer Crowdfunding-Kampagne vom Unternehmer eine finanzielle Vergütung in Form einer Beteiligung an künftigen Gewinnen mittels Rechten des geistigen Eigentums.

Crowdfunding mit Kreditgewährung (Crowdlending): der Beitragsleistende erhält in einer Crowdfunding-Kampagne vom Unternehmer eine finanzielle Vergütung in Form von Darlehenszinsen erhält.

Dies stellt ein mehrwertsteuerpflichtiger Umsatz dar, sofern zwischen der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung von Dienstleistungen und dem entsprechenden im Rahmen der Crowdfunding-Kampagne eingesammelten Beitrag ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und der Unternehmer eine steuerpflichtige Person ist, die als solche handelt.

Unter den Umständen, dass die von dem Beitragsleistenden erhaltene Leistung aus Gegenständen besteht, die dem Unternehmensvermögen des Unternehmers zugeordnet sind, bei denen es sich nicht um Muster oder Geschenke von geringem Wert handelt, oder aus Dienstleistungen, die der Unternehmer erbringt, unterliegt die Lieferung dieser Gegenstände oder die Erbringung dieser Dienstleistungen gemäß Art. 16 oder 26 MwStSystRL der Mehrwertsteuer.

Die Übertragung solcher Rechte des geistigen Eigentums stellt einen steuerbaren Umsatz dar, vorausgesetzt, die Bedingungen des Art. 2 MwStSystRL sind erfüllt. Erhält der Beitragsleistende in einer Crowdfunding-Kampagne vom Unternehmer jedoch eine finanzielle Vergütung in Form von Wertpapieren wie Aktien oder Schuldverschreibungen, so werden die Lieferung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL je nach Art des Wertpapiers von der Mehrwertsteuer befreit.

Soweit es sich bei dem Beitragsleistenden um eine steuerpflichtige Person handelt, stellt die Gewährung von Krediten an den Unternehmer einen steuerbaren Umsatz darstellt, der gem. Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL von der Mehrwertsteuer befreit werden kann.

13. Überwachung der Parkfristen auf Kundenparkplätzen

13.1. EuGH-Entscheidung C-90/20

Mit Urteil vom 20.1.2022 (C-90/20, UR 2022, 172) hat der EuGH entschieden, dass sog. Kontrollgebühren, die eine mit dem Betrieb privater Parkplätze betraute Gesellschaft des Privatrechts in dem Fall erhebt, das Kraftfahrer die allgemeinen Nutzungsbedingungen für diese Parkplätze nicht beachten, als Gegenleistung für eine Dienstleistung anzusehen sind, die gegen Entgelt erbracht wird und als solche der Mehrwertsteuer unterliegt.

13.2. Zivilrechtliches Vertragsverhältnis

Mit Urteil vom 18.12.2015 (V ZR 160/14, LEXinform 1653083) hat der BGH entschieden, dass bei einem Vertrag über die kurzzeitige Nutzung eines jedermann zugänglichen privaten Parkplatzes, bei dem der Parkplatzbetreiber das Parken von der Zahlung der Parkgebühr und dem Auslegen des Parkscheins abhängig macht, derjenige verbotene Eigenmacht begeht, wenn er das Fahrzeug abstellt, ohne sich daran zu halten.

In Fortführung des BGH-Urteils vom 18.12.2015 (V ZR 160/14) hat der BGH mit Urteil vom 18.12.2019 (XII ZR 13/19, LEXinform 1680966) entschieden, dass zwischen dem Betreiber eines privaten Parkplatzes und dem Fahrzeugführer ein Vertrag über die Nutzung eines Fahrzeugabstellplatzes zustande kommt, indem der Fahrzeugführer das als Realofferte in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs annimmt.

Wird der Parkplatz unentgeltlich zur Verfügung gestellt, handelt es sich nicht um einen Miet-, sondern um einen Leihvertrag. Durch die Hinweisschilder wird das »erhöhte Parkentgelt« als Vertragsstrafe in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen. Die Festlegung mit mindestens z.B. 30 € ist hinreichend bestimmt und der Höhe nach nicht unangemessen (s.a. BGH Pressemitteilung Nr. 164/2019 vom 18.12.2019, LEXinform 0450814).

13.3. Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung

Lippross/Janzen setzen sich in ihrem Beitrag (UR 2022, 165) »Umsatzsteuerliche Behandlung der Vertragsstrafen bzw. ‘erhöhten Parkentgelte’ bei Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen von Kundenparkplätzen« mit den Auswirkungen der EuGH-Entscheidung vom 20.1.2022 (C-90/20) auf das nationale Umsatzsteuerrecht auseinander.

Die Filialen der Handelsketten (Aldi, Lidl u.Ä.) stellen ihren Kunden Kundenparkplätze zur Verfügung, die für die Dauer des Einkaufs genutzt werden können, aber nicht durch Dauerparker blockiert werden sollen. Dazu werden Schilder mit den Nutzungsbedingungen für die Inanspruchnahme der Kundenparkplätze in der Einfahrt zum Parkplatz aufgestellt; diese Schilder verweisen auf die Sanktionen (Vertragsstrafen/erhöhte Parkentgelte) bei Verstößen gegen die Parkordnung, insbesondere bei Überschreiten der gestatteten Parkzeit. Die Überwachung der Parkzeiten kann elektronisch durch Erfassung der Fahrzeuge erfolgen oder auch in der Weise, dass die Nutzer eine sog. Parkscheibe auslegen, aus der sich der Beginn der Parkzeit ergibt.

Die Händler beauftragen Dienstleister, die Einhaltung der Parkordnung im eigenen Namen zu überwachen und bei Verstößen gegen die Parkordnung Vertragsstrafen bzw. erhöhte Nutzungsentgelte von den Fahrzeugführern zu erheben. Der Dienstleister erhält von dem Händler für seine Überwachungstätigkeit eine Vergütung. Diese Vergütung kann darin bestehen, dass der Dienstleister von ihm vereinnahmte Vertragsstrafen/erhöhte Parkentgelte nicht an den Händler herausgeben muss, sondern als Vergütung für seine Überwachungstätigkeit behalten darf.

Hinweis:

In Rz. 20 des EuGH-Urteils C-90/20 sind 13 Fallkonstellationen aufgeführt, in denen der Dienstleister Gebühren für die Kontrolle vorschriftswidrigen Parkens erheben könnte. Dabei sind auch Fälle aufgeführt, in denen das Parken für eine begrenzte Dauer unentgeltlich ist, aber eine Parkscheibe als Nachweis für den Zeitpunkt des Abstellen der Fahrzeugs erforderlich ist.

Häufig erfolgt die Überwachung der Parkzeiten elektronisch durch Erfassung des Fahrzeugs.

Nach der EuGH-Entscheidung C-90/20 (Rz. 30) stellt eine eventuell zu erhebende Parkgebührt und die Gebühr für die Kontrolle vorschriftswidrigen Parkens die Gegenleistung für die Bereitstellung des Parkplatzes dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Fahrer die vorgeschriebene Parkscheibe nutzt bzw. die vorgeschriebene Parkdauer einhält und somit die Parkfläche unentgeltlich nutzt.

Da der Dienstleister im eigenen Namen tätig wird, erbringt der Dienstleister eine sonstige Leistung an den Fahrzeugführer. Der Dienstleister gestattet im eigenen Namen die Nutzung von Abstellplätzen und vereinnahmt dafür die Nutzungsentgelte.

Hält der Fahrzeugführer die Parkregeln ein, schuldet er dafür kein Nutzungsentgelt. In der Einzelfallbetrachtung erbringt der Dienstleister damit eine unentgeltliche sonstige Leistung an den Fahrzeugführer. Diese sonstige Leistung ist nicht steuerbar nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, da der Dienstleister die Parkfläche aus unternehmerischen Gründen überlässt.

Der BGH hat in Rz. 40 seiner Entscheidung XII ZR 13/19 zur rechtlichen Einordnung der Parkplatzüberlassung Stellung genommen.

Beim Parken auf einem privaten Parkplatz handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft, bei dem der Parkplatz nicht einem bestimmten Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit zur – regelmäßig kurzzeitigen – Nutzung angeboten wird. Zu einem persönlichen Kontakt zwischen Betreiber und Fahrer als den beiden Vertragsparteien kommt es regelmäßig nicht. Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass dem Verleiher die Person des Fahrzeugführers als des Entleihers nicht bekannt ist. Dass der Parkplatzbetreiber das Abstellen des Fahrzeugs nicht von einer vorherigen Identifizierung des Fahrzeugführers abhängig macht, ist Bestandteil dieses Massengeschäfts und liegt im Interesse der auf den einfachen Zugang auch zu privaten Parkplätzen angewiesenen Verkehrsöffentlichkeit. Er hat keine zumutbare Möglichkeit, die Identität seines Vertragspartners bei Vorliegen eines unberechtigten Abstellvorgangs und damit einer Verletzung seiner letztlich aus dem Eigentum folgenden Rechte im Nachhinein in Erfahrung zu bringen.

Übertragen auf die Umsatzsteuer führt diese rechtliche Einordnung dazu, dass der Dienstleister seine Leistung nicht gegenüber jedem einzelnen Fahrzeughalter, sondern gegenüber sämtlichen Fahrzeughaltern, die das Angebot nutzen, ausführt. Das Überwachungsunternehmen erbringt einerseits entgeltliche oder unentgeltliche Leistungen in Form der Nutzungsüberlassung von Stellplätzen an die Fahrzeugführer.

Entgelt für die sonstige Leistung des Dienstleisters, die er im eigen Namen an die Allgemeinheit ausführt, sind die vereinnahmen Kontrollgebühren/vereinnahmte Vertragsstrafen bzw. erhöhte Parkentgelte.

Beachte:

Lippross/Janzen weisen in ihrem Beitrag (UR 2022, 165) zu Recht darauf hin, dass in der Praxis der Dienstleister häufig vom Händler beauftragt wird, gegenüber den Nutzern als Betreiber der Parkfläche aufzutreten und im eigenen Namen, aber für Rechnung des Händlers bei Verstößen Vertragsstrafen/erhöhte Parkentgelte zu erheben. Als Gegenleistung verbleiben dem Dienstleister die erhöhten Parkgebühren.

Der Dienstleister erbringt somit Nutzungsüberlassungen von Stellplätzen an die Fahrzeugführer und Geschäftsbesorgungsleistungen an den Händler.

In diesem Fall bin ich mit den Autoren (UR 2022, 165) der Auffassung, dass nach § 3 Abs. 11 UStG eine → Dienstleistungskommission vorliegt. Die von dem Dienstleister ausgeführte Nutzungsüberlassung von Stellplätzen wird vom Händler an den Dienstleister und gleichzeitig vom Dienstleister an die Fahrzeugführer erbracht (Abschn. 3.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Die vom Dienstleister an den Händler erbrachte Geschäftsbesorgungsleistung bleibt umsatzsteuerrechtlich unberücksichtigt (Abschn. 3.15 Abs. 4 Satz 1 UStAE).

Entgelt für die Leistung des Dienstleisters an die Fahrzeugführer sind die erhöhten Parkgebühren. Entgelt für die fingierte Leistung des Händlers an den Dienstleister ist alles, was der Dienstleister (Kommissionär) aufgrund der ausgeführten Leistung an den Händler (Kommittenten) als Erlös herausgibt. Das sind die von den Fahrzeugführern gezahlten erhöhten Parkgebühren abzüglich der Provision des Dienstleisters (Kommissionärs). Da der Dienstleister nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag die vereinnahmten erhöhten Parkentgelte nicht an den Händler herausgeben muss, sondern als Vergütung für seine Dienstleistung behalten darf, hat der Händler für seine fingierte Leistung kein Entgelt erhalten und damit eine unentgeltliche Leistung erbracht. Da die unentgeltliche Leistung des Händlers aus unternehmerischen Gründen erfolgt, kann die Leistung nicht unter § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG subsumiert werden. Die Leistung ist nicht steuerbar. Der Vorsteuerabzug richtet sich in diesen Fällen nach der wirtschaftlichen Tätigkeit des Händlers.

Zu den möglichen Auswirkungen des EuGH-Urteils vom 20.1.2022 (C-90/20, UR 2022, 172) s. den Beitrag von Georg von Streit, Das Dahinsiechen des Schadensersatzes im Mehrwertsteuerrecht, UStB 2021, 261.

14. Literaturhinweise

Prätzler u.a., Die umsatzsteuerliche Behandlung von Sachprämien im Rahmen von Verkaufswettbewerben, UStB 2014, 150; Scheller u.a., Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Beiträgen an Berufsverbände – eine Fallstudie, UR 4/2018, 152; Oldiges, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Preisgeldern, NWB 31/2019, 2271; Stelzer, Abmahnungen im Fokus der Umsatzsteuer, UR 2021, 812.

15. Verwandte Lexikonartikel

Arbeitnehmerüberlassung

Zuschüsse

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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