1 Allgemeines
2 Die Ansprüche im Einzelnen
3 Entstehung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis
3.1 Allgemeines
3.2 Entstehung nach den Einzelsteuergesetzen
3.3 Bedeutung der Entstehung
4 Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis
4.1 Steuerfestsetzungen
4.2 Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO
4.3 Festsetzungen von steuerlichen Nebenleistungen
4.3.1 Verspätungszuschlag
4.3.2 Zinsen
4.3.3 Säumniszuschläge
4.3.4 Zwangsgelder
4.3.5 Kosten
5 Festsetzungsverjährung
6 Fälligkeit der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis
6.1 Folgen der Nichtleistung
6.2 Fälligkeiten nach den Einzelsteuergesetzen
6.3 Fehlende Fälligkeitsregelung im Gesetz
6.4 Abweichende Fälligkeitsbestimmung durch die Verwaltung
6.5 Bedeutung des Fälligkeitstags
7 Stundung
7.1 Wirkung der Stundung
7.2 Stundungsvoraussetzungen
7.3 Stundungsfolgen
7.4 Verwaltungsregelungen
7.5 Säumniszuschläge bei Stundung gem. § 222 AO
7.6 Stundungen im Rahmen der Corona-Krise
7.6.1 Form des Stundungsantrags
7.6.2 Stundungsfähige Ansprüche
7.6.3 Ab wann und wie lange kann Stundung erfolgen?
7.6.4 Stundung bei nicht fristgerecht gezahlten Stundungsraten oder anderen Steueransprüchen
7.6.5 Sicherheitsleistungen
7.6.6 Stundungszinsen
8 Erlöschen von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis
8.1 Überblick über die Erlöschensgründe
8.2 Tag der Zahlung
9 Zahlungsverjährung
10 Berücksichtigung gestiegener Energiekosten als Folge des russischen Angriffskriegs
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Das Steuerschuldverhältnis ist in den §§ 37 bis 50 AO geregelt und stellt einen Unterfall des Steuerschuldrechts dar. In § 37 AO sind die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis gesetzlich definiert und erschöpfend aufgezählt.
Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind:
Der Steueranspruch. Der Steueranspruch ist der bedeutsamste Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis. Ob ein solcher Anspruch besteht, richtet sich nach den Einzelsteuergesetzen (§ 43 AO).
Der Steuervergütungsanspruch (§ 18 Abs. 9 UStG, → Vorsteuervergütungsverfahren; § 15 EigZulG, → Eigenheimzulage; § 31 Satz 3 EStG, → Familienleistungsausgleich, § 62 ff. EStG, → Kindergeld).
Die Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 UStG (→ Vorsteuerabzug) begründet keinen Vorsteuervergütungsanspruch, sondern allein einen Anspruch auf Vorsteuerabzug, wie sich aus § 15 Abs. 1, § 16 Abs. 2 UStG ergibt. Einzelne Vorsteuerbeträge sind umsatzsteuerrechtlich lediglich unselbstständige Besteuerungsgrundlagen, die bei der Berechnung der Umsatzsteuer mitberücksichtigt werden und in die Festsetzung der Umsatzsteuer eingehen (BFH Urteile vom 16.1.2007, VII R 7/06, BStBl II 2007, 745 sowie VII R 4/06, BStBl II 2007, 747).
Nach § 14 InvZulG 2010 sind für die InvZul die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO sinngemäß anzuwenden (→ Investitionszulagengesetz). Ein InvZul-Anspruch des Stpfl. ist nach § 233a AO nicht zu verzinsen, da die Verzinsung i.S.d. § 233a AO nur für Steuernachforderungen und Steuererstattungen anzuwenden ist. Die entsprechende Anwendung des § 233a AO folgt auch nicht aus der Verweisung in § 14 InvZulG 2010 auf die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO. Denn der Regelungsbereich des § 233a AO bezieht sich nicht auf Steuervergütungen (BFH Urteil vom 23.2.2006, III R 66/03, BStBl II 2006, 741).
Nach § 14 Abs. 2 VermBG sind für die ArbN-Sparzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO sinngemäß anzuwenden (→ Vermögenswirksame Leistungen).
Nach § 8 Abs. 1 WoPG sind für die Wohnungsbauprämie die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO sinngemäß anzuwenden (→ Bausparförderung).
Der Haftungsanspruch (§§ 69 ff. und §§ 191, 192 AO, → Haftung). Haften bedeutet, dass man mit seinem eigenen Vermögen für eine fremde Steuerschuld einstehen muss (vgl. § 191 Abs. 1 AO).
Der Anspruch auf steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 3 AO).
Die steuerlichen Nebenleistungen sind keine Steuern (§ 3 Abs. 1 AO). Sie sind in § 3 Abs. 4 AO abschließend aufgezählt. Es sind:
→ Zinsen,
Zwangsverfahren (→ Zwangsmittel),
→ Kosten.
Der → Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO (irrtümliche Doppelzahlung).
Erstattungsansprüche nach Einzelsteuergesetzen (§ 36 Abs. 4 EStG, § 49 KStG).
Die Ansprüche aus Strafen und Geldbußen gehören nicht zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis. Außerdem stellt der Steuerentrichtungsanspruch, wie z.B. der Anspruch gegen den Arbeitgeber auf die von ihm einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer seiner Arbeitnehmer, keinen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis dar (BFH vom 24.3.1998, I R 120/97, BStBl II 1999, 3). Wenn der Entrichtungsschuldner diesen Anspruch jedoch nicht erfüllt, haftet er regelmäßig für die Steuer. Ab diesem Zeitpunkt liegt dann ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i.S.d. § 37 Abs. 1 AO vor.
Nach § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in dem Augenblick, in dem der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Der Anspruch entsteht auch ohne die Festsetzung, die lediglich deklaratorische Bedeutung hat. Bei steuerlichen Nebenleistungen kann die Festsetzung auch konstitutive Bedeutung haben. Erst durch die Festsetzung kommen diese Ansprüche zur Entstehung (Verspätungszuschläge, Zwangsgelder). Säumniszuschläge (→ Säumniszuschlag) entstehen aber kraft Gesetzes. Der Verspätungszuschlag entsteht mit der Bekanntgabe seiner Festsetzung (§ 124 Abs. 1 AO; s.a. AEAO zu § 152 Nr. 11, Fassung vom 20.1.2021).
Der Zeitpunkt der Steuerentstehung muss aus dem Einzelsteuergesetz entnommen werden:
§ 36 Abs. 1 EStG für die zu veranlagende ESt: Entstehung mit Ablauf des Veranlagungszeitraums;
§ 38 Abs. 2 Satz 2 EStG für die LSt: Die LSt entsteht mit Zufluss des Arbeitslohns;
§ 30 KStG für die KSt: wie ESt;
§ 13 UStG für die USt: → Sollversteuerung, → Istversteuerung. Der Vorsteuerabzugsanspruch ist kein eigenständig abtretbarer Anspruch und deshalb nicht pfändbar (→ Erstattungsanspruch);
§ 18 GewStG für die GewSt: mit Ablauf des Erhebungszeitraums, für den die Festsetzung vorgenommen wird;
§ 9 ErbStG für die ErbSt: mit dem Tode des Erblassers bzw. mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung;
§ 14 GrEStG für die GrESt.
Die Entstehung der Steueransprüche hat u.a. Bedeutung für:
den Beginn der Festsetzungsverjährung (§ 170 Abs. 1 AO),
die Fälligkeit (§ 220 Abs. 2 Satz 1 AO),
die → Aufrechnung,
die → Haftung (§§ 69 ff. AO),
die Zinsberechnung nach § 233a Abs. 2 AO (→ Zinsen),
die Pfändung von Erstattungsansprüchen (§ 46 AO, → Erstattungsanspruch).
Von der Entstehung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu unterscheiden sind
die Festsetzung durch Steuerbescheid (§§ 155 ff. AO),
die Fälligkeit (§ 220 AO) sowie
die Verwirklichung im Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO).
Die Steuern (→ Steuer) werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt (§ 155 Abs. 1 Satz 1 AO). Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 AO bekannt gegebene → Verwaltungsakt. Die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sind auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden (§ 155 Abs. 4 AO).
Bei Fälligkeitssteuern wird die Steuer ohne Rücksicht auf die erforderliche Steuerfestsetzung oder Steueranmeldung fällig. Dies ist der Fall bei der Umsatzsteuer, Lohnsteuer und der Kapitalertragsteuer. Eine Säumnis für die Berechnung der Säumniszuschläge (→ Säumniszuschlag) tritt nach § 240 Abs. 1 Satz 3 AO nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist.
Zu Form und Inhalt der Steuerbescheide siehe § 157 AO.
Das Absehen von der Steuerfestsetzung nach § 156 AO bringt den Steueranspruch nicht zum Erlöschen. Das → Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens enthält Neuregelungen für das Absehen von der Steuerfestsetzung gem. § 156 Abs. 2 AO n.F. i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Kleinbetragsverordnung.
Das Bundesministerium der Finanzen kann gem. § 156 Abs. 1 AO zur Vereinfachung der Verwaltung durch Rechtsverordnung bestimmen, dass eine Steuer nicht festgesetzt wird, wenn der eigentlich festzusetzende Betrag 25 € nicht übersteigt. Das Gleiche gilt für die Änderung einer Steuerfestsetzung, wenn der Betrag, der sich als Differenz zwischen der geänderten und der bisherigen Steuerfestsetzung ergeben würde, 25 € nicht übersteigt.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Kleinbetragsverordnung unterbleibt die Steuerfestsetzung, wenn die Abweichung von der bisherigen Festsetzung bei einer Änderung oder Berichtigung zugunsten des Steuerpflichtigen mindestens 10 € oder bei einer Änderung oder Berichtigung zuungunsten des Steuerpflichtigen mindestens 25 € beträgt.
Steuerfestsetzungen können auf verschiedene Art erfolgen.
Gesetzlicher Regelfall ist der endgültige Bescheid, der keine Einschränkungen bzw. Nebenbestimmungen enthält.
Gem. § 164 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 120 Abs. 1 AO können Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen (→ Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung, → Steueranmeldung, → Voranmeldung).
Gem. § 165 AO kann die Steuerfestsetzung vorläufig erfolgen (→ Vorläufige Steuerfestsetzung).
Zur Änderung der Steuerfestsetzungen s. → Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden.
Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Außerdem kann mit Zustimmung des Stpfl. bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.
Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO ist dabei ein Grundlagenbescheid für den entsprechenden Steuer- oder Feststellungsbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO, der Bindungswirkung gegenüber den Folgebescheiden nach § 182 Abs. 1 AO entfaltet (→ Gesonderte Feststellung). Das bedeutet, dass die von der Billigkeitsmaßnahme betroffenen Steuern und Feststellungsbescheide der Billigkeitsmaßnahme entsprechen müssen. Ggf. muss eine Anpassung über § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO erfolgen (→ Änderung von Steuerbescheiden nach § 175 AO).
Verjährungsregelungen sind auf § 163 AO nicht anzuwenden. Dennoch ist eine Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO nicht zeitlich unbegrenzt möglich. Bei der Ermessensentscheidung ist der Zeitraum zwischen Entstehung des Steueranspruchs und der Antragstellung zu berücksichtigen. Es ist nach der Nr. 4 AEAO zu § 163 regelmäßig ermessensgerecht, eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO abzulehnen, sobald für den Folgebescheid die Festsetzungs- oder Feststellungsfrist abgelaufen ist (BFH vom 17.3.1987, VII R 26/84, BFH/NV 1987, 620). Nach diesem Zeitpunkt kann eine Billigkeitsmaßnahme ausnahmsweise getroffen werden, wenn der ihr zugrunde liegende Antrag vor Ablauf der Festsetzungs- oder Feststellungsfrist gestellt worden war. Dies entspricht dem Rechtsgedanken des § 171 Abs. 3 AO im Billigkeitsverfahren.
Der → Verspätungszuschlag gem. § 152 AO ist regelmäßig mit der Steuer festzusetzen (§ 152 Abs. 11 AO). Bei verspäteter Abgabe einer Steueranmeldung (§ 168 AO) ist der Verspätungszuschlag durch besonderen Verwaltungsakt festzusetzen (AEAO zu § 152 Nr. 11).
→ Zinsen werden gem. § 239 Abs. 1 AO durch Zinsbescheid festgesetzt; die Formvorschriften für Steuerbescheide gelten entsprechend (AEAO zu § 239 Nr. 1).
Säumniszuschläge werden nicht festgesetzt, sie entstehen kraft Gesetzes (AEAO zu § 240 Nr. 5).
Zwangsmittel sind nach § 333 AO durch die Finanzbehörde festzusetzen.
Zur Festsetzung der → Kosten siehe die Ausführungen unter dem maßgeblichen Stichwort.
Durch die Verjährung erlöschen nach § 47 AO die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. Erfolgt die Steuerfestsetzung, ihre Änderung oder Aufhebung nach Eintritt der → Festsetzungsverjährung, ist der Bescheid zwar fehlerhaft und damit rechtswidrig, aber nicht nichtig i.S.d. § 125 Abs. 1 AO. Damit ist der Bescheid gem. § 124 Abs. 3 AO i.U. wirksam. Wird der Steuerbescheid durch zulässigen Einspruch (→ Einspruchsverfahren) angefochten, muss er ersatzlos aufgehoben werden. Wird der Steuerbescheid bestandskräftig, wird der Steueranspruch fällig und kann vollstreckt werden. Zu weiteren detaillierten Erläuterungen vgl. → Festsetzungsverjährung.
Nach § 220 Abs. 1 AO richtet sich die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis nach den Vorschriften über die Einzelsteuergesetze.
Nach Ablauf des Fälligkeitstages
können Säumniszuschläge (→ Säumniszuschlag) entstehen (§ 240 AO),
kann der Gläubiger aufrechnen (→ Aufrechnung),
kann vollstreckt werden (→ Zwangsvollstreckung).
Nach den Einzelsteuergesetzen ergeben sich u.a. folgende Fälligkeiten:
Abschlusszahlung bei der ESt (→ Einkommensteuer; § 36 Abs. 4 EStG): ein Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids (→ Fristen und Termine);
ESt-Vorauszahlungen (§ 37 Abs. 1 EStG): am 10.3., 10.6., 10.9. und 10.12. Die fünfte Vorauszahlung ist gem. § 37 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Monat nach Bekanntgabe des Vorauszahlungsbescheides fällig;
Lohnsteuer (§ 41a Abs. 1 Nr. 2 EStG): 10 Tage nach Ablauf des maßgeblichen LSt-Anmeldungszeitraums (→ Lohnsteueranmeldung);
KSt-Vorauszahlungen (§ 49 Abs. 1 KStG): wie ESt-Vorauszahlungen;
KSt-Abschlusszahlung (§ 49 Abs. 1 KStG): wie ESt-Abschlusszahlung;
GewSt-Vorauszahlungen (§ 19 Abs. 1 GewStG): 15.2, 15.5., 15.8., 15.11.;
GewSt-Abschlusszahlung (§ 20 Abs. 2 GewStG): wie ESt-Abschlusszahlung;
USt-Vorauszahlungen (§ 18 Abs. 1 Satz 3 UStG): 10 Tage nach Ablauf des maßgebenden Voranmeldungszeitraums;
USt-Abschlusszahlung (§ 18 Abs. 4 UStG): ein Monat nach Eingang der Erklärung beim FA oder ein Monat nach Bekanntgabe des USt-Bescheids;
→ Kapitalertragsteuer (§ 44 Abs. 1 Satz 5 EStG): 10 Tage des auf den Zufluss der Kapitalerträge folgenden Kalendermonats.
Bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist die einbehaltene Steuer in dem Zeitpunkt abzuführen, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen.
→ Grunderwerbsteuer (§ 15 GrEStG) einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids;
Kraftfahrzeugsteuer (§ 11 KraftStG): im Voraus für die Dauer eines Jahres;
Grundsteuervorauszahlungen (→ Grundsteuer; §§ 28, 29 GrStG): am 15.2., 15.5., 15.8., 15.11.;
Grundsteuer-Nachzahlungen (§§ 30, 31 GrStG): einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids.
Fehlt eine besondere gesetzliche Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig (§ 220 Abs. 2 Satz 1 AO). Dies gilt insbes. für steuerliche Nebenleistungen. Allerdings muss hier ein Leistungsgebot ergehen, in dem eine Zahlungsfrist eingeräumt wird. Dies gilt wiederum nicht für Säumniszuschläge (→ Säumniszuschlag). Die Fälligkeit ergibt sich dann aus dem Leistungsgebot. Säumniszuschläge entstehen kraft Gesetzes und bedürfen keiner Bekanntgabe. Sie werden gem. § 220 Abs. 2 Satz 1 AO gleichzeitig mit ihrer Entstehung fällig.
Nach § 221 AO ist bei Verbrauchsteuern und bei der USt eine von den gesetzlichen Regelungen abweichende Fälligkeitsbestimmung zulässig. Ist die Steuer mehrfach nicht rechtzeitig entrichtet worden, so kann das FA den Fälligkeitstag vorverlegen, sodass sie vor dem gesetzlichen Fälligkeitstag zu entrichten ist. Der Fälligkeitstag muss aber nach dem Entstehungstag für die Steuer liegen.
Der Fälligkeitstag ist der letzte Tag der Zahlungsfrist. Der Zahlungszeitpunkt kann durch Stundung oder Zahlungsaufschub über den Tag der gesetzlichen Fälligkeit hinausgeschoben werden.
S. wegen der Corona-Krise hierzu www.bundesfinanzministerium.de – Themen – Steuern FAQ »Corona« (Steuern), Stand 31.1.2022
Stundung ist die Gewährung einer Zahlungsfrist. Sie schiebt die Fälligkeit eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis hinaus.
Die Stundung setzt nach § 222 AO voraus, dass die Einziehung des Betrags mit erheblicher Härte für den Schuldner verbunden ist und der Steueranspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird. Die Härte kann in sachlichen Gründen oder in den persönlichen Verhältnissen des Stpfl. begründet sein. Abzugsteuern können nach § 222 Satz 3 AO nicht gestundet werden
Für die Dauer der gewährten Stundung werden → Zinsen nach § 234 Abs. 1 AO erhoben.
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben Regelungen zur Zuständigkeit für Stundungen, Erlasse, Billigkeitsmaßnahmen nach den §§ 163, 234 Abs. 2, 237 Abs. 4 AO, Absehen von Festsetzungen nach § 156 Abs. 2 AO und Niederschlagungen von Landessteuern und der sonstigen durch Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern und Abgaben herausgegeben (BMF vom 2.11.2021, BStBl I 2021, 2153).
Die Finanzämter sind befugt zu stunden:
in eigener Zuständigkeit
Beträge bis 100 000 € einschließlich zeitlich unbegrenzt,
höhere Beträge bis zu 6 Monaten;
mit Zustimmung der Oberfinanzdirektion
Beträge bis 250 000 € einschließlich zeitlich unbegrenzt,
höhere Beträge bis zu 12 Monaten;
mit Zustimmung der obersten Landesfinanzbehörde in allen übrigen Fällen.
Stundungen sind stets unter dem Vorbehalt des Widerrufs auszusprechen.
Mit Schreiben vom 1.10.2020 (BStBl I 2020, 989) hat das BMF geregelt, dass bei der Festsetzung oder Erhebung von Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, und von Zinsen auf solche Steuern in folgenden Fällen die vorherige Zustimmung des BMF eingeholt werden muss:
Bei Stundungen nach § 222 AO und § 6 Abs. 4 AStG, wenn der zu stundende Betrag höher ist als 500 000 € und für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten gestundet werden soll;
bei Erlassen nach § 227 AO, wenn der Betrag, der erlassen (erstattet, angerechnet) werden soll, 200 000 € übersteigt;
bei abweichender Festsetzung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn der Betrag, um den abweichend festgesetzt werden soll, 200 000 € übersteigt;
bei Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO, wenn die Höhe der Besteuerungsgrundlagen, die nicht in dem gesetzlich bestimmten Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden sollen, 400 000 € übersteigt;
bei Billigkeitsrichtlinien der obersten Finanzbehörden der Länder, die die abweichende Festsetzung, die Stundung oder den Erlass betreffen und sich auf eine Mehrzahl von Fällen beziehen.
Die Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen ist nicht einzuholen, wenn
einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zugestimmt werden soll,
eine Billigkeitsmaßnahme über Insolvenzforderungen im Verbraucherinsolvenzverfahren oder im Regelinsolvenzverfahren gewährt wird oder
die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme nach §§ 163, 222 oder 227 AO durch BMF-Schreiben allgemein angeordnet oder durch eine im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlichte BFH-Entscheidung vorgegeben ist.
Wird eine Stundung bis zur Fälligkeit beantragt, aber erst nach Fälligkeit bewilligt, so ist die Stundung mit Wirkung vom Fälligkeitstag an auszusprechen. Vom neuen Fälligkeitstag an gilt nach § 240 Abs. 3 AO wieder eine Schonfrist (vgl. AEAO zu § 240 Nr. 6; BMF vom 20.1.2021, BStBl I 2021, 128).
Bei einem innerhalb der Schonfrist nach § 240 Abs. 3 AO eingegangenen Stundungsantrag sind für die Zeit von der Fälligkeit bis zum Beginn der Stundung keine Säumniszuschläge zu erheben. Das Gleiche gilt, wenn der Stundungsantrag am ersten Werktag nach Ablauf der Schonfrist eingegangen ist und die Stundung daher unmittelbar an die Schonfrist anschließt.
Bei Zahlung bis zum Ablauf dieser Schonfrist sind keine Säumniszuschläge zu erheben.
Bis zum Beginn der Stundung entstandene und zu erhebende Säumniszuschläge sind in die Stundungsverfügung einzubeziehen.
Bei der aktuellen Entwicklung ab April 2020 ist davon auszugehen, dass in der Corona-Krise fast alle Branchen und Personen finanzielle Einbußen durch z.B. Umsatzrückgänge oder Kurzarbeitergeld erleiden. Die Finanzverwaltung stundet daher derzeit großzügig, wenn die Corona-Krise den Steuerpflichtigen unmittelbar und nicht unerheblich trifft. Zu den Beweiserleichterungen s. das BMF-Schreiben vom 19.3.2020 (BStBl I 2020, 262), ergänzt durch BMF-Schreiben vom 31.1.2022 (BStBl I 2022, 132) für bis zum 31.3.2022 fällige Steuern. Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Stpfl. können bis zum 31.3.2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zum 31.3.2022 fälligen Steuern stellen. Die Stundungen sind längstens bis zum 30.6.2022 zu gewähren (vgl. BMF vom 31.1.2022, BStBl I 2022, 132).
Der Stundungsantrag kann mittels des Antragsvordrucks (im Internet abrufbar) oder auch formlos schriftlich gestellt werden. Telefonisch beantragte Stundungen oder Anträge ohne Benennung von Ansprüchen werden von den Finanzämtern abgelehnt.
Wichtig ist aktuell nur, dass der Stpfl. schlüssig seine finanzielle Betroffenheit von der Corona-Krise darlegt. Dabei ist weder ein Nachweis noch eine Konkretisierung der finanziellen Einbußen erforderlich.
Der Stpfl. hat für jeden fälligen Steueranspruch einen gesonderten neuen Antrag zu stellen. Noch nicht entstandene Steueransprüche können nicht gestundet werden.
Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Stpfl. können bis zum 31.1.2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zum 31.1.2022 fälligen Steuern stellen. Die Stundungen sind längstens bis zum 31.3.2022 zu gewähren. § 222 Satz 3 und 4 AO bleibt unberührt. Über den 30.6.2022 hinaus können Anschlussstundungen für die bis zum 31.3.2022 fälligen Steuern im Zusammenhang mit einer angemessenen, längstens bis zum 30.9.2022 dauernden Ratenzahlungsvereinbarung gewährt werden. Vgl. BMF vom 31.1.2022 (BStBl I 2022, 132).
Bei nicht fristgerechter Zahlung der Stundungsrate endet die Stundung aufgrund der auflösenden Bedingung im Stundungsbescheid einen Tag nach Fälligkeit. Da die Voraussetzungen für die Stundung (unmittelbare und nicht unerhebliche Betroffenheit) jedoch weiterhin vorliegen, sollen keine Vollstreckungsmaßnahmen erfolgen und die Stundung soll weiterlaufen. Dies gilt ebenso für während der Stundung nicht fristgerecht gezahlte laufend fällig werdende Steueransprüche.
Grundsätzlich sind für Stundungen, die aufgrund der Corona-Krise gewährt werden, keine Sicherheitsleistungen zu fordern.
Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in den vorgenannten Fällen verzichtet werden (vgl. BMF vom 31.1.2022, BStBl I 2022, 132).
Nach § 47 AO erlöschen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch
Zahlung (§§ 224 ff. AO),
→ Aufrechnung,
Verjährung (zur → Festsetzungsverjährung s.o., zur → Zahlungsverjährung s.u.).
Nach § 224 Abs. 2 AO gilt eine wirksam geleistete Zahlung als entrichtet:
Bei Übergabe oder Übersendung von Zahlungsmitteln am Tag des Eingangs. Mit dem Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) wird nach § 224 Abs. 2 Nr. 1 AO die Zahlungsfiktion bei Schecks geändert. Danach gilt die Zahlung bei Hingabe von Schecks für nach dem 31.12.2006 bei der Finanzbehörde eingegangene Schecks erst drei Tage nach dem Tag des Eingangs als bewirkt. Geht z.B. am Fälligkeitstag 15.12. ein Scheck ein, gilt die Zahlung erst am 18.12. als bewirkt. Da die Säumnisfrist von drei Tagen des § 240 Abs. 3 AO nicht bei Scheckzahlungen gilt (§ 240 Abs. 3 Satz 2 AO), sind Säumniszuschläge entstanden (→ Säumniszuschlag).
Bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Finanzkasse und bei Einzahlung mit Zahlschein oder Postanweisung an dem Tag, an dem der Betrag der Finanzkasse gutgeschrieben wird.
Bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung am Fälligkeitstag.
Nach § 228 AO unterliegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis einer besonderen → Zahlungsverjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre. Nach Ablauf der Verjährungsfrist erlöschen der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis und die von ihm abhängenden → Zinsen (§ 232 AO). Zur ausführlichen Darstellung hinsichtlich Beginns, Hemmung, Unterbrechung sowie zur Wirkung der Zahlungsverjährung bei der Anrechnungsverfügung vgl. → Zahlungsverjährung.
Das BMF gibt mit Schreiben vom 5.10.2022 (BStBl I 2022, 1402; LEXinform 7013315) folgende Hinweise: »Der völkerrechtswidrige Überfall Russlands auf die Ukraine stellt eine Zäsur dar. Die daraufhin erfolgten Sanktionen der EU waren und sind notwendig. Die Folgewirkungen des Krieges und der Sanktionen sind auch für die Bevölkerung und Unternehmen in Deutschland schwerwiegend. Die Finanzämter werden diese besondere Situation bei nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Steuerpflichtigen angemessen berücksichtigen. Den Finanzämtern stehen im Rahmen der allgemeinen rechtlichen Vorgaben neben der Herabsetzung von Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer eine Reihe von Billigkeitsmaßnahmen zur Verfügung, um sachgerechte Entscheidungen treffen zu können. Genannt seien hier insbesondere die Stundung oder die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung (Vollstreckungsaufschub). In jedem Einzelfall ist unter Würdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, inwieweit ggf. die Voraussetzungen für eine steuerliche Billigkeitsmaßnahme vorliegen. Die Finanzämter schöpfen den ihnen hierbei zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum verantwortungsvoll aus. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind bei bis zum 31.3.2023 eingehenden Anträgen keine strengen Anforderungen zu stellen. Über Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen oder Anpassung der Vorauszahlungen unter Einbeziehung der aktuellen Situation soll zeitnah entschieden werden. Auch eine rückwirkende Herabsetzung von Vorauszahlungen für das Jahr 2022 ist im Rahmen der Ermessensentscheidung möglich.« Des Weiteren gelten die verlängerten Steuererklärungsfristen für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2024 (Art. 97 § 36 Abs. 3 EGAO). Näheres hierzu ergibt sich aus dem BMF-Schreiben vom 23.6.2022 (BStBl I 2022, 938).
→ Antragsveranlagungen zur Einkommensteuer
→ Eidesstattliche Versicherung
→ Haftung
→ Kosten
→ Steuer
→ Zinsen
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